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Diskussion – Kapitel 5.5.<br />
Neolithisierung vor etwa 10.000 Jahren die Frequenzen nur gering durch die oben<br />
genannten Ereignisse beeinflusst worden sind, zumindest im kontinentalen Maßstab<br />
(Semino et al. 2000, Underhill et al. 2000, Soares et al. 2010). Seit Mitte der 1990er<br />
Jahre werden mt- und Y-Haplogruppen für die Besiedlungsgeschichte einzelner Länder<br />
oder Regionen herangezogen, dabei werden nur sehr selten Ereignisse der letzten<br />
Jahrhunderte als Erklärung bemüht, meistens sind es Jahrtausende (siehe dazu Roewer<br />
et al. 2005). Bisher gibt es nur vereinzelt Hinweise auf die Richtigkeit dieser<br />
Annahmen. So z.B. wurden in einer Studie von Csanyi et al. (2008) an einem hochmittelalterlichen<br />
Skelettkollektiv aus Ungarn keine signifikanten Unterschiede zu<br />
einer heutigen ungarischen Population in Bezug auf die Haplogruppenverteilung gefunden.<br />
Auch die Herkunft zeitlich älterer Individuen als das Kasseler Skelettkollektiv<br />
wurde aufgrund heutiger Haplogruppenverteilung eingeordnet, so z.B. durch Fu et<br />
al. (2009) an einem Kollektiv aus dem 13. Jahrhundert. Aus der Studie von Roewer<br />
et al. (2005) geht hervor, dass die Kolonisierungsversuche von westeuropäischen<br />
Populationen nach Osten keine signifikanten Spuren in Osteuropa hinterlassen haben<br />
und dass das 20. Jahrhundert zu einer Homogenisierung der vorher eher variableren<br />
genetischen Landschaft geführt haben soll. In Hinblick auf diese Studien erhält ein<br />
Vergleich rezenter Frequenzen mit einer geschätzt 200 Jahre alten Population eine<br />
solide Grundlage, auch wenn das grundlegende Problem weiterhin besteht.<br />
5.5. Hinweise auf die Todesursache<br />
Anhand der morphologischen Untersuchungen konnte kein ultimativer Hinweis auf<br />
die Todesursache der Individuen gefunden werden. An einigen Maxillenfragmenten<br />
konnte ein Hinweis auf apikale Zystenbildung gefunden werden, was durch die Gefahr<br />
einer Sepsis als mögliche Todesursache in Betracht kommen könnte, dies betraf<br />
jedoch nur fünf Individuen. Im Weiteren konnte jedoch ein allgemein schlechter gesundheitlicher<br />
Zustand aufgezeigt werden. In diesem Zusammenhang lieferte der<br />
molekulargenetische Nachweis von Humanpathogenen einen entscheidenden Hinweis.<br />
Bei drei Individuen konnte Bartonella quintana, bei einem Individuum Salmonella<br />
typhi und bei einem weiteren Individuum Salmonella enterica spec. nachgewiesen<br />
werden.<br />
Die PCR-gestützten Nachweissysteme basieren dabei auf der Spezifität der Primer,<br />
so dass falsch-positive Ergebnisse vermieden werden sollten. Da zwar in der Theorie<br />
die Primer nur bei Anwesenheit der spezifischen Erreger-DNA amplifizieren, das<br />
System aber neu entwickelt wurde und keine Referenzen vorliegen, wurden die Produkte<br />
sequenziert und so bestätigt, dass es sich tatsächlich um die spezifische DNA<br />
handelt. Die Koamplifikation von Bodenextrakten und menschlicher Kontroll-DNA<br />
soll zeigen, dass nur bei Anwesenheit von spezifischer Erreger-DNA das System<br />
amplifizieren kann und falsch-positive Ergebnisse nicht zu befürchten sind. Dabei<br />
sollen die Bodenextrakte die mikrobielle Fauna repräsentieren, welcher die Knochen<br />
ausgesetzt waren. Da im Gegensatz zum menschlichen Erbgut die genetische Variabilität<br />
der Mikrooganismen erst im Ansatz bekannt ist, ist es durchaus möglich, dass<br />
zwar laut Datenbanken ein entwickeltes Primerset spezifisch ist, ein noch nicht er-<br />
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