pdf-Datei - Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas
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Aufgrund vieler Besucheranfragen war es ein Ziel der <strong>Stiftung</strong>, das Gedenkstättenportal zu Orten<br />
der Erinnerung in Europa auch online zugänglich zu machen. Dafür wurden <strong>die</strong> Datenbank und <strong>die</strong><br />
Anwendung vollständig neu programmiert. Das Portal präsentiert nun seit Sommer 2011 in der<br />
aktualisierten Version etwa 400 exemplarische Orte der Erinnerung aus ganz Europa in deutscher<br />
und englischer Sprache. Es bietet Texte und umfassendes Bildmaterial zu den historischen Hintergründen,<br />
den Opfern und zur Entstehungsgeschichte der jeweiligen Gedenkzeichen. Die Besucherzahlen<br />
der Webseite entwickeln sich sehr positiv und haben mittlerweile <strong>die</strong> Zahl von 8.000 Besuchern<br />
pro Monat überschritten. Das Gedenkstättenportal ist unter www.memorialmuseums.org<br />
zu erreichen.<br />
Werkstattbericht<br />
Ein Onlineprojekt wie das Gedenkstättenportal steht und fällt mit dem gezeigten Bildmaterial. In<br />
den meisten Fällen sind wir darauf angewiesen, dass uns andere ihre Bilder zur Verfügung stellen.<br />
Wann immer möglich, machen wir uns jedoch vor Ort lieber selbst ein Bild – vor allem, wenn es<br />
um weniger bekannte, aber historisch wichtige Orte der Erinnerung geht.<br />
Eine solche Entdeckungsreise führte uns im Juni 2010 nach Polen. Bei Recherchen zu den bis<br />
heute verhältnismäßig wenig erforschten Patientenmorden waren wir auf <strong>die</strong> Ereignisse im Wald<br />
bei Spengawsken (Szpęgawsk) gestoßen: Hier wurden Patienten der nahegelegenen psychiatrischen<br />
Anstalt Konradstein (Kocborowo) ermordet. Bald wurde klar, dass <strong>die</strong>s auch einer der zentralen<br />
Orte der »Intelligenzaktion« war, der Vernichtung polnischer Eliten nach dem Einmarsch der<br />
deutschen Wehrmacht 1939. Auch <strong>Juden</strong> gehörten zu den Opfern. An der Landstraße, <strong>die</strong> einst<br />
Berlin mit Königsberg (Kaliningrad) verband, weist heute zwischen Preußisch Stargard (Starogard<br />
Gdański) und Dirschau (Tczew) eine kleine Plastik den Weg zu einer <strong>Denkmal</strong>anlage. Nach etwa<br />
zwei Kilometern erreichten wir eine Lichtung mit einem großen Gedenkstein und einem Kreuz.<br />
Bestürzend ist jedoch der Anblick der etwa 40 Massengräber in unmittelbarer Nähe. Sie sind<br />
sehr gepflegt – kleine Tafeln weisen <strong>die</strong> Organisationen aus, <strong>die</strong> sich um <strong>die</strong> Gräber kümmern. Es<br />
handelt sich hier vor allem um Pfadfinderverbände.<br />
GEDENKSTÄTTENPORTAL<br />
Das Gedenkstättenportal macht an sechs Terminals Informationen zu Orten der Erinnerung in Europa<br />
zugänglich. Seit 2009 wurden <strong>die</strong> Inhalte der Anwendung nach einem neuen Konzept inhaltlich und<br />
technisch vollständig überarbeitet und erweitert.<br />
Im Wald bei Spengawsken ruhen schätzungsweise 7.000 Opfer des nationalsozialistischen Terrors.<br />
Der Gedanke liegt nahe, dass ein solcher Ort allein schon aufgrund <strong>die</strong>ser Opferzahlen in jedem<br />
Land Westeuropas tief im kollektiven Bewusstsein verankert wäre. In Polen hingegen, das mit<br />
ehemaligen Stätten der Vernichtung geradezu übersät ist, erwecken <strong>die</strong> Massengräber von Spengawsken<br />
höchstens regionale Aufmerksamkeit. Das Land hat eine außerordentlich reiche Erinnerungskultur,<br />
und dennoch lassen <strong>die</strong> schieren Dimensionen der Verbrechen, <strong>die</strong> hier verübt wurden,<br />
einen Ort wie den Wald von Spengawsken beinahe in Vergessenheit geraten. Auch <strong>die</strong>sem<br />
Spannungsfeld versuchen wir mit dem Gedenkstättenportal gerecht zu werden, indem wir solche<br />
weniger bekannten, für <strong>die</strong> jeweilige nationale Erinnerungskultur aber dennoch charakteristischen<br />
Orte entdecken und in unsere Sammlung aufnehmen.<br />
Adam Kerpel-Fronius<br />
30 ERINNERUNG AN DIE ERMORDETEN JUDEN EUROPAS 31