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drei Millionen, die Unternehmen stellen<br />
wieder ein.<br />
Zugegeben, es fehlt nicht an mahnenden<br />
Statistiken. Danach gehen hierzulande in<br />
den nächsten Jahren mehr Ingenieure in<br />
den Ruhestand als junge nachrücken. In<br />
anderen OECD-Ländern ist das Verhältnis<br />
genau umgekehrt. Indien „produziert“<br />
300 000 Ingenieure pro Jahr, China<br />
400 000. Bald könnte es eine Million sein.<br />
Und wenn man den neuesten Pisa-Test<br />
liest, bei dem die ostasiatischen Staaten<br />
am besten abschnitten, dann wächst dort<br />
ein gewaltiger intellektueller Rohstoff<br />
nach. Wogegen die Ergebnisse von<br />
Deutschlands Schülern eher durchwach-<br />
sen waren. Übrigens wurde jüngst an der<br />
LMU München errechnet, dass sich bis<br />
2030 das durch unser Bildungsdefizit<br />
entgangene Bruttoinlandsprodukt auf 69<br />
Milliarden Euro summiert.<br />
Ideen sind<br />
gefragt!<br />
Schon vor zehn Jahren war<br />
die Ingenieurslücke ein<br />
Thema. Das Nachwuchspro-<br />
blem wurde nie gelöst. Inzwi-<br />
schen ist in Deutschland<br />
nicht einmal jeder<br />
vierte Ingenieur<br />
laut Institut der<br />
Deutschen Wirt-<br />
schaft jünger als<br />
35 Jahre. Ein<br />
Alter, in dem<br />
das technologi-<br />
scheInnovati- onspotential am<br />
produktivsten<br />
und die fluide<br />
Intelligenz am flexi-<br />
belsten sein soll. Der<br />
wesentliche Unterschied<br />
zu früheren Zeiten liegt in<br />
der dramatischen Be-<br />
■ Innovation/Umwellt<br />
schleunigung des Wandels. Da zählt der Aus-<br />
tausch von Erfahrung wenig. Da sind Anpas-<br />
sungsfähigkeit und Ideen gefragt.<br />
Als Gründe für den Mangel werden die hohen<br />
Abbrecherquoten im Bereich der Ingenieur-<br />
wissenschaften von 30 Prozent und mehr<br />
beklagt, das Fehlen von Ingenieurinnen, der<br />
Exodus jüngerer Ingenieure. Doch sind dies<br />
nur Symptome eines tiefer liegenden Pro-<br />
blems. So die Ursachen im Bereich der Bil-<br />
dungspolitik und Hochschule liegen, wird<br />
sich die Begeisterung für den Ingenieurberuf<br />
noch länger in Grenzen halten. Eine neue<br />
Green Card Regelung findet politisch kein<br />
entsprechendes Echo. Auch ist Deutschland<br />
als Einwanderungsziel für Hochqualifizierte<br />
aus dem Ausland nicht gerade erste Wahl.<br />
Den Weckruf<br />
verstehen!<br />
Die sich abzeichnenden Wettbewerbsvor-<br />
teile aus der Humankapitalausstattung<br />
der Ostasiaten und deren Industriein-<br />
vestitionen – China plant laut Reu-<br />
ters in den nächsten fünf Jahren<br />
Industrieinvestitionen von bis zu 1,5<br />
Billionen Dollar, um sich zu einem<br />
führenden Technologieanbieter<br />
zu wandeln –, sollte man als<br />
Foto: privat<br />
Dipl.-Ing. Sebastian Wendt, ist Gründer<br />
und Geschäftsführender Gesellschafter<br />
der KWest GmbH in Schlitz, einem Unternehmen<br />
für Embedded Systems und innovative<br />
Multimedia-Anwendungen.<br />
Weckruf verstehen. Als<br />
Unternehmer, der eine<br />
intellektuelle und soziale<br />
Verantwortung gegen-<br />
über seinem Land und<br />
den nachwachsenden<br />
Generationen empfin-<br />
det, sucht man nach<br />
Antworten, wie dem<br />
zu begegnen sei. Da<br />
stellen sich mir<br />
zwei Fragen: Wie<br />
kann man das<br />
Interesse für die<br />
Ingenieurkunst<br />
steigern? Und wie<br />
lassen sich die<br />
Aufmacher<br />
knappen Ingenieur-Ressourcen optimal<br />
nutzen?<br />
Erstens: Das verhaltene Studieninteresse<br />
am Ingenieurwesen hat auch eine Menge<br />
damit zu tun, dass die Lobby dieses Berufs-<br />
standes offensiver und kreativer sein könn-<br />
te. Dass es dem Ingenieurberuf an Leitbil-<br />
dern fehlt. Und es fehlt im Land an Leucht-<br />
turmprojekten, die den Pioniergeist und die<br />
Kreativität herausfordern.<br />
Was fehlt ist die Leidenschaft für Verände-<br />
rungen. In der Außenkommunikation der<br />
Unternehmen dominiert das Design. Die<br />
Ingenieurleistung kommt nicht vor. Allen-<br />
falls bei Rückrufaktionen. „Innovation“ ist<br />
heute das Schlüsselwort. Eigentlich die<br />
Kernkompetenz des Ingenieurs. Doch<br />
wurde in der Vergangenheit das Kernge-<br />
schäft vernachlässigt und börsentrunken<br />
lieber Kurspflege betrieben. So landete in<br />
jedem vierten Betrieb einer Umfrage zufol-<br />
ge die Zuständigkeit für Innovation gar<br />
beim Marketing.<br />
Wenn die Biografie großer Erfinder und<br />
Tüftler eines lehrt, dann doch dies: Das<br />
wichtigste für Innovation ist Leidenschaft!<br />
Die kommt kaum auf in Unternehmen mit<br />
einer vielschichtigen Managementstruktur,<br />
deren Bürokratie und Befehlskette Innova-<br />
tion nur verhindert. Sie liefern den intel-<br />
lektuellen Rohstoff, den es in Konzernen<br />
kaum noch gibt.<br />
Zweitens: Eine leidenschaftliche Innovati-<br />
onskultur herrscht dort, wo sich Talente<br />
und Technologie, Phantasie und Erfin-<br />
dungskraft zu einer Einheit verbinden.<br />
Diesen Pioniergeist trifft man in for-<br />
schungs- und entwicklungszentrierten<br />
High-Tech-Schmieden an, wo sich junge<br />
Ingenieure und Tüftler auf zukunftswei-<br />
sende Produkte und Problemlösungen spe-<br />
zialisiert haben. Wo eine lebhafte Projekt-<br />
kultur herrscht und Innovationsentwick-<br />
lung ein individueller, iterativer und kon-<br />
tinuierlicher Prozess ist. Die auch über ein<br />
exzellentes Netzwerk von kooperierten<br />
Betrieben und freischaffenden Spezialisten<br />
verfügen.<br />
www.giessen-friedberg.ihk.de · 5/2011 9