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Aufmacher<br />
DIHK-Umfrage: 90 Prozent der Industrieunternehmen sehen Versorgungsproblem<br />
Rohstoffversorgung mit<br />
Seltenen Erden wird zum Nadelöhr<br />
Sie klingen wie Namen aus einem Science<br />
Fiction-Film, sind aber schon heute von der<br />
Industrie heiß begehrt: Scandium, Yttrium,<br />
Cerium, Tantal, Niob, Lanthan, Neodym,<br />
Europium oder Terbium. Um diese sogenann-<br />
ten seltenen Erden hat ein Wettlauf der Volks-<br />
wirtschaften eingesetzt, denn sie sind unver-<br />
zichtbar für viele Hochtechnologieprodukte<br />
wie Computer, Handys und Bildschirme. Aber<br />
auch in der Medizintechnik, Solarenergie oder<br />
der Chemieindustrie werden sie dringend<br />
benötigt.<br />
Der Begriff „Seltene Erden“ ist dabei irrefüh-<br />
rend, denn es handelt sich chemisch um eine<br />
Gruppe von 17 Metallen. Der Name stammt<br />
aus der Zeit der Entdeckung dieser Elemente,<br />
die als Beimischungen in anderen seltenen<br />
Mineralien gefunden wurden und zunächst in<br />
Form ihrer Oxide (früher „Erden“ genannt)<br />
isoliert wurden. Obwohl einige der Metalle der<br />
Seltenen Erden wie Cer, Yttrium und Neodym<br />
in der Erdkruste häufiger vorkommen als bei-<br />
spielsweise Blei oder Arsen, hat die Bezeich-<br />
nung „Metalle der Seltenen Erden“ gleichwohl<br />
ihre Berechtigung. Denn größere Lagerstätten<br />
von geeigneten Mineralien sind tatsächlich<br />
selten. Die Elemente kommen zumeist nur<br />
jeweils in kleinen Mengen, in sehr vielen, weit<br />
verstreut lagernden Mineralien sowie als Bei-<br />
mischungen in anderen Mineralien vor. Die<br />
größten Vorkommen von Seltenen Erden wer-<br />
den mit 2,9 Millionen Tonnen in China ver-<br />
mutet. Aber auch Australien, die USA und<br />
Kasachstan haben bedeutende Vorkommen.<br />
Obwohl sie nur in kleinen Mengen verwendet<br />
werden, sind sie neben den oben genannten<br />
Produkten auch für die Herstellung von Halb-<br />
leitern, Handys oder Windturbinen eminent<br />
wichtig. Weiterhin brauchen Autozulieferer<br />
Seltene Erden für die Herstellung leistungs-<br />
starker Akkus von Elektromotoren. Der mit<br />
Abstand größte Produzent ist China. Im Jahr<br />
2008 wurden dort 120 000 Tonnen gefördert,<br />
das waren 97 Prozent der weltweiten<br />
Menge. Davon exportiert das Land<br />
gut 30 000 Tonnen – seit 2007<br />
allerdings mit rückläufiger<br />
Tendenz. Unter dem<br />
Protest der Industrie-<br />
staaten hat die asiati-<br />
sche Wirtschaftsnation<br />
Ende 2010 angekün-<br />
digt, den Export der für<br />
die Technologiebranche<br />
unersetzbaren Metalle<br />
weiter zu drosseln,<br />
allein in der ersten<br />
Jahreshälfte 2011 um<br />
weitere 35 Prozent.<br />
Weltmarktpreise<br />
explodieren<br />
Zur sinkenden Produktion kommt die steigen-<br />
de Nachfrage der schnell wachsenden Schwel-<br />
lenländer nach den begehrten Metallen. Die<br />
Folge: die Weltmarktpreise explodieren. Nach<br />
einer Studie des Darmstädter Öko-Instituts<br />
stiegen die Preise innerhalb eines Jahres um<br />
mehrere Hundert Prozent. Zahlten Einkäufer<br />
der „günstigen“ Seltenen Erden wie Cer, Lan-<br />
than oder Neodym Anfang 2010 noch 10 Dol-<br />
lar je Kilogramm, mussten sie Ende des Jahres<br />
schon 90 Dollar dafür hinlegen. Auch die<br />
Preise für „teure“ Oxide wie Dysprosium<br />
Europium oder Terbium verachtfachten sich<br />
auf bis zu 800 Dollar je Kilo. Neben den größ-<br />
ten Verbrauchern China, Japan und den Ver-<br />
einigten Staaten wird die Rohstoffversorgung<br />
an Seltenen Erden für viele deutsche Firmen<br />
immer mehr zum Nadelöhr. Das ergab im<br />
Herbst 2010 eine Umfrage des<br />
Deutschen Industrie- und<br />
Handelskammertages<br />
(DIHK) unter rund<br />
1 100 Unternehmen<br />
aller Branchen.<br />
Immer mehr Un-<br />
ternehmen haben<br />
demnach Proble-<br />
me, sich ausrei-<br />
chend mit Res-<br />
sourcen zu versor-<br />
gen. Neun von<br />
zehn Industrie-<br />
unternehmenbe- zeichneten die<br />
Rohstoffpreise als<br />
zunehmendes Problem. In der<br />
Gesamtwirtschaft bemängeln das immerhin<br />
noch knapp 60 Prozent. Die Firmen müssen<br />
laut Umfrage allein 2010 rund 30 Milliarden<br />
Euro mehr für Rohstoffe ausgeben als im Jahr<br />
zuvor. Darüber hinaus habe mehr als jedes<br />
zweite Industrieunternehmen Probleme, über-<br />
haupt noch ausreichend Rohstoffe zu bekom-<br />
men. „Im kommenden Jahr rechne ich mit<br />
einem weiteren kräftigen Anstieg der Roh-<br />
stoffausgaben, da nicht nur die Preise weiter<br />
steigen, sondern auch die Nachfragemenge<br />
wegen der weiteren konjunkturellen Verbes-<br />
serung eher noch zunehmen dürfte“, sagt<br />
DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann.<br />
Preissprünge und Zugangsschwierigkeiten<br />
machten die Rohstoffversorgung für die<br />
Unternehmen zunehmend unkalkulierbar.<br />
6 www.giessen-friedberg.ihk.de · 5/2011<br />
■ Innovation/Umwellt<br />
Foto: ©Felix - Fotolia com