A. Lerndaten 10. Teil: Rechtswidrigkeit B. Inhaltsübersicht 10. Teil C ...
A. Lerndaten 10. Teil: Rechtswidrigkeit B. Inhaltsübersicht 10. Teil C ... A. Lerndaten 10. Teil: Rechtswidrigkeit B. Inhaltsübersicht 10. Teil C ...
Lernprogramm Strafrecht 10. Teil 246 ____________________________________________________ 153 Festnahmerechte a) § 127 StPO Problem: Genügt auch bei der Festnahme durch Privatpersonen (§ 127 I StPO) der dringende Tatverdacht (vgl. § 127 II StPO) oder ist die Festnahme nur zulässig, wenn wirklich eine Straftat begangen wurde? • BGH NJW 1981, 745 (Zivilsenat) und wohl h.L.: Ja - Arg. u.a.: Der Private nimmt Aufgaben der öffentlichen Hand wahr, vgl. § 127 II StPO) OLG Hamm NStZ 1998, 370: Für das Merkmal "auf frischer Tat betroffen" in § 127 I StPO reicht es aus, wenn die Zusammenschau aller erkennbaren äußeren Umstände im Tatzeitpunkt nach der Lebenserfahrung im Urteil des Festnehmenden ohne vernünftige Zweifel den Schluss auf ein rechtswidrige Tat zulässt. • a.A.: Es bedarf stets einer tatsächlich begangenen Straftat (Verweis auf Erlaubnistatbestandsirrtum!). S. auch BGHSt 45, 378 [„Schwitzkasten“]: § 127 I 1 StPO gilt unabhängig von der Gewichtigkeit der Tat und vom Wert der Beute bei allen Verbrechen oder Vergehen. Allerdings muss das angewendete Mittel zum Festnahmezweck in einem angemessenen Verhältnis stehen. Unzulässig ist es daher regelmäßig, die Flucht eines Straftäters durch Handlungen zu verhindern, die zu einer ernsthaften Beschädigung seiner Gesundheit oder zu einer unmittelbaren Gefährdung seines Lebens führen. Derartige Handlungen können dem Festnehmenden unter Umständen jedoch durch das Recht zur Notwehr erlaubt sein. Ein etwaig vorliegender Erlaubnistatbestandsirrtum ist wie ein den Vorsatz ausschließender Irrtum über Tatumstände nach § 16 I 1 zu bewerten. Das Festnahmerecht nach § 127 StPO rechtfertigt bei einer Festnahme zum Zwecke der Zuführung des Festgenommenen zu seiner Strafverfolgung nicht nur die mit der Festnahme regelmäßig verbundene Nötigung nach § 240 und Freiheitsberaubung nach § 239, sondern auch leichte Körperverletzungen, sofern der Einsatz des Mittels der Festnahme verhältnismäßig zum Festnahmezweck ist [eine sehr wichtige Entscheidung, falls nicht bekannt, bitte nachlesen!]. © Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. U. Schlegel 2006
Lernprogramm Strafrecht 10. Teil 247 ____________________________________________________ BGHSt 45, 378 - Kurzzusammenfassung " § 127 I 1 StPO gilt bei allen Verbrechen und Vergehen " Angewendetes Mittel muss zum Festnahmezweck in angemessenem Verhältnis stehen " § 127 I StPO rechtfertigt auch leichte Körperverletzungen, sofern der Einsatz des Mittels verhältnismäßig zum Festnahmezweck ist. " U.U. Notwehr nach § 32 " U.U. Erlaubnistatbestandsirrtum b) § 164 StPO (Störung von Amtshandlungen) - v.a. bei der Durchsuchung, Beschlagnahme, Einnahme des Augenscheins usw. c) § 229 i.V.m. § 230 BGB i.V.m. §§ 916, 918 ZPO (Selbsthilfe unter den Voraussetzungen des persönlichen Sicherheitsarrests) 154 Rechtfertigungsgründe bei Fahrlässigkeitsdelikten Prüfungsvorgehen: a) 1. Schritt: Hypothese: Was wäre, wenn der Täter vorsätzlich gehandelt hätte? b) 2. Schritt: Wenn die Vorsatztat gerechtfertigt wäre, dann kann im Wege eines Erst-Recht-Schlusses auch auf die Rechtfertigung der Fahrlässigkeitstat geschlossen werden! u.U.: c) 3. Schritt: Wenn die Gegenprobe nicht aufgeht, ist die Gefahrenträchtigkeit des Verteidigungsmittels zu überprüfen: • Wenn das Risiko des Verteidigungsmittels in vorwerfbarer Weise nicht gemildert worden ist, bleibt der Täter wegen des Fahrlässigkeitsdelikts strafbar (z.B. Zuschlagen mit einer nicht gesicherten Pistole). • Wenn die Gefahrenträchtigkeit des Verteidigungsmittels zulässigerweise hingenommen werden durfte, ist die Tat gerechtfertigt (z.B. Zuschlagen mit einer gesicherten Pistole, aus der sich gleichwohl ein Schuss löst). © Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. U. Schlegel 2006
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153 Festnahmerechte<br />
a) § 127 StPO<br />
Problem: Genügt auch bei der Festnahme durch Privatpersonen<br />
(§ 127 I StPO) der dringende Tatverdacht (vgl. § 127 II<br />
StPO) oder ist die Festnahme nur zulässig, wenn wirklich eine<br />
Straftat begangen wurde?<br />
• BGH NJW 1981, 745 (Zivilsenat) und wohl h.L.: Ja - Arg. u.a.:<br />
Der Private nimmt Aufgaben der öffentlichen Hand wahr, vgl.<br />
§ 127 II StPO)<br />
OLG Hamm NStZ 1998, 370: Für das Merkmal "auf frischer Tat betroffen"<br />
in § 127 I StPO reicht es aus, wenn die Zusammenschau aller erkennbaren<br />
äußeren Umstände im Tatzeitpunkt nach der Lebenserfahrung<br />
im Urteil des Festnehmenden ohne vernünftige Zweifel den<br />
Schluss auf ein rechtswidrige Tat zulässt.<br />
• a.A.: Es bedarf stets einer tatsächlich begangenen Straftat<br />
(Verweis auf Erlaubnistatbestandsirrtum!).<br />
S. auch BGHSt 45, 378 [„Schwitzkasten“]: § 127 I 1 StPO gilt unabhängig<br />
von der Gewichtigkeit der Tat und vom Wert der Beute bei allen<br />
Verbrechen oder Vergehen. Allerdings muss das angewendete Mittel<br />
zum Festnahmezweck in einem angemessenen Verhältnis stehen. Unzulässig<br />
ist es daher regelmäßig, die Flucht eines Straftäters durch<br />
Handlungen zu verhindern, die zu einer ernsthaften Beschädigung seiner<br />
Gesundheit oder zu einer unmittelbaren Gefährdung seines Lebens<br />
führen. Derartige Handlungen können dem Festnehmenden unter<br />
Umständen jedoch durch das Recht zur Notwehr erlaubt sein. Ein etwaig<br />
vorliegender Erlaubnistatbestandsirrtum ist wie ein den Vorsatz<br />
ausschließender Irrtum über Tatumstände nach § 16 I 1 zu bewerten.<br />
Das Festnahmerecht nach § 127 StPO rechtfertigt bei einer Festnahme<br />
zum Zwecke der Zuführung des Festgenommenen zu seiner Strafverfolgung<br />
nicht nur die mit der Festnahme regelmäßig verbundene<br />
Nötigung nach § 240 und Freiheitsberaubung nach § 239, sondern<br />
auch leichte Körperverletzungen, sofern der Einsatz des Mittels der<br />
Festnahme verhältnismäßig zum Festnahmezweck ist [eine sehr wichtige<br />
Entscheidung, falls nicht bekannt, bitte nachlesen!].<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. U. Schlegel 2006