Kreditsicherungsrecht
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<strong>Kreditsicherungsrecht</strong><br />
1. Kapitel: Einleitende Bemerkungen<br />
A. Ausgangslage<br />
Überlässt eine Partei einer anderen zeitlich vorübergehend Geldmittel<br />
in Form eines Darlehens (s. §§ 488 ff. BGB), so steht dem Kreditgeber<br />
gegenüber dem Kreditnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung<br />
des gewährten Darlehens zu. Kommt der Schuldner seiner<br />
Verpflichtung zur Rückzahlung nicht nach, kann der Gläubiger den Anspruch<br />
gerichtlich geltend machen und die titulierte Forderung gegebenenfalls<br />
im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen versuchen<br />
(s. dazu 8. Buch der Zivilprozessordnung, §§ 704 ff. ZPO). Ist der<br />
Schuldner zu diesem Zeitpunkt mittellos, wird der Gläubiger mit seiner<br />
Forderung ausfallen, wenn nicht eine anderweitige Möglichkeit der Befriedigung<br />
seiner finanziellen Interessen besteht. Um für einen solchen<br />
Fall der nachträglich eintretenden Leistungsunfähigkeit des<br />
Schuldners vorzubeugen, besteht die Möglichkeit, dass sich der Gläubiger<br />
im Zusammenhang mit der Gewährung eines Kredites eine Sicherheit<br />
bestellen lässt. Als Sicherungsgeber kommt dabei sowohl<br />
• der Schuldner selbst wie auch<br />
• ein Dritter in Betracht.<br />
Sicherungsgeber<br />
Schuldner selbst (z.B. Bestellung<br />
einer Grundschuld an schuldereigenem<br />
n Grundstück)<br />
Dritter (z.B. Bürge); bei den sog.<br />
Personalsicherheiten (s. dazu<br />
nachfolgend B.I.)<br />
gar nicht anders möglich<br />
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B. Arten der Sicherungsmittel<br />
Nachfolgend zunächst eine kurze Darstellung der unterschiedlichen<br />
Sicherungsmittel, eingeteilt in rechtlich bedeutsame Gruppen.<br />
I. Personalsicherheiten<br />
Personalsicherheiten verschaffen dem Gläubiger neben dem Anspruch<br />
aus Darlehen einen weiteren schuldrechtlichen Anspruch gegen<br />
einen Dritten. Dadurch entsteht eine lediglich relativ geschützte<br />
Rechtstellung, die durch eine mögliche Vermögenslosigkeit auch des<br />
Dritten bedroht ist. Fälle der Personalsicherheit sind<br />
• Bürgschaft<br />
• Schuldbeitritt und<br />
• Garantievertrag.<br />
II. Realsicherheiten<br />
Realsicherheiten gewähren dem Gläubiger ein dingliches Recht an<br />
einem bestimmten Gegenstand des Sicherungsgebers. Hier erhält<br />
der Gläubiger im Gegensatz zur Personalsicherheit ein absolut geschütztes<br />
Recht, das er bei Eintritt des Sicherungsfalles verwerten<br />
kann. Zu den Realsicherheiten zählen<br />
• Pfandrecht an beweglichen Sachen<br />
• Pfandrecht an Rechten<br />
• Grundpfandrechte<br />
• Sicherungsübereignung<br />
• Sicherungsabtretung<br />
• Eigentumsvorbehalt.<br />
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Bei den Realsicherheiten wird weiter unterschieden zwischen<br />
• Mobiliarsicherheiten (solche an beweglichen Sachen) und<br />
• Immobiliarsicherheiten (solche an Grundstücken) sowie<br />
• Sicherheiten an Rechten.<br />
III. Akzessorietät<br />
Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der zu sichernden Forderung<br />
und der bestellten Sicherheit ist zwischen<br />
• akzessorischen und<br />
• nicht-akzessorischen<br />
Sicherungsmitteln zu unterscheiden. Die akzessorischen Sicherheiten<br />
sind in ihrem Entstehen, im Umfange sowie im Fortbestehen von der<br />
gesicherten Forderung abhängig. Die bedeutsamsten akzessorischen<br />
Sicherungsmittel sind<br />
• Bürgschaft,<br />
• Hypothek sowie<br />
• Pfandrecht.<br />
Bei der Hypothek ist zu beachten, dass der Grundsatz der Akzessorietät<br />
zu Gunsten der Verkehrsfähigkeit partiell durchbrochen ist (vgl.<br />
§§ 1138, 1156 BGB).<br />
Die nicht-akzessorischen Sicherheiten sind von der zu Grunde liegenden<br />
Forderung unabhängig. Eine Verbindung zwischen gesicherter<br />
Forderung und Sicherungsmittel wird hier lediglich durch den Sicherungsvertrag<br />
erreicht. Zu den nicht-akzessorischen Sicherungsmitteln<br />
zählen<br />
• der Schuldbeitritt,<br />
• die Sicherungsgrundschuld,<br />
• die Sicherungsübereignung sowie<br />
• die Sicherungszession.<br />
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! Achtung: Die Unterscheidung zwischen akzessorischen und<br />
nicht-akzessorischen Sicherheiten ist äußerst bedeutsam:<br />
• Für die akzessorischen Sicherungsmittel sind die Sicherungsrechte<br />
Nebenrechte zur Forderung. Dies hat weitreichende<br />
rechtliche Folgen (s. z.B. §§ 765, 767 I 1, 1204, 1210, 401<br />
BGB).<br />
• Die nicht-akzessorischen Sicherungsmittel sind teilweise gesetzlich<br />
nicht geregelt (z.B. die Sicherungsübereignung). Dennoch<br />
gibt es auch hier einen Zusammenhang zwischen der zu<br />
sichernden Forderung und dem Sicherungsmittel. Da das nichtakzessorische<br />
Sicherungsrecht allerdings abstrakt wirksam ist<br />
und dies auch bleibt, werden beispielsweise Rückgewähransprüche<br />
und Einreden auf den Sicherungsvertrag gestützt.<br />
C. Die Beteiligten<br />
Wenn eine Forderung durch ein Sicherungsmittel gesichert wird, sind<br />
zwei Rechtsbeziehungen voneinander zu unterscheiden:<br />
• Das Schuldverhältnis, das die zu sichernde Forderung des Gläubigers<br />
gegen den Schuldner begründet (der Kreditvertrag) und<br />
• das Verhältnis zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber.<br />
Bei den Realsicherheiten verpflichtet sich der Sicherungsgeber gegenüber<br />
dem Sicherungsnehmer in einem Sicherungsvertrag zur Bestellung<br />
der Sicherheit. Die Bestellung der Sicherheit erfolgt sodann durch<br />
dingliche Abrede (z.B. nach § 873 oder – bei beweglichen Sachen -<br />
nach § 929 S. 1 BGB). Sicherungsvertrag und dinglicher Vertrag<br />
sind voneinander abstrakt. Der Sicherungsvertrag ist das Kausalgeschäft,<br />
das durch ein Verfügungsgeschäft erfüllt wird.<br />
Bei den Personalsicherheiten begründet nur ein schuldrechtlicher Vertrag<br />
zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber die Sicherheit.<br />
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Es ist also nur ein Rechtsgeschäft notwendig, das sowohl als Sicherungsvertrag<br />
wie auch zur Begründung der Sicherheit als solcher dient.<br />
! Achtung: Gläubiger und Sicherungsnehmer sind nicht notwendigerweise<br />
miteinander identisch, vgl. o. A.. Bei den Personalsicherheiten<br />
ist dies aus rechtlichen Gründen erst gar nicht möglich.<br />
D. Zur Darstellung<br />
Das Skript orientiert sich in der Reihenfolge der Darstellung nicht an<br />
der jeweiligen Sicherheit, sondern an prüfungsrelevanten Fragestellungen.<br />
Innerhalb der Fragestellung wird sodann zwischen akzessorischen<br />
und nicht-akzessorischen Sicherungsmitteln unterschieden. Innerhalb<br />
der akzessorischen und nicht-akzessorischen Sicherungen<br />
werden zunächst die Personal-, dann die Immobiliar- und schließlich<br />
die übrigen Realsicherheiten abgehandelt werden.<br />
Die zu behandelnden Fragen stellen sich im einzelnen wie folgt dar:<br />
- Wie kommt es zur wirksamen Entstehung eines Sicherungsmittels?<br />
→ s. 2. Kapitel<br />
- Welche Folgen hat die etwaige Unwirksamkeit eines Sicherungsvertrages<br />
für die Sicherung als solche?<br />
→ s. 3. Kapitel<br />
- Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn die zu sichernde Forderung<br />
nicht wirksam entstanden ist?<br />
→ s. 4. Kapitel<br />
- Welche rechtlichen Folgen ergeben sich für den Sicherungsgeber,<br />
wenn die zu sichernde Forderung erlischt?<br />
→ s. 5. Kapitel<br />
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6<br />
- Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen für den Sicherungsgeber,<br />
wenn er die Inanspruchnahme durch den Sicherungsnehmer<br />
verhindern möchte?<br />
→ s. 6. Kapitel<br />
- Welche Konsequenzen ergeben bei der Übertragung von Forderung<br />
bzw. Sicherungsmittel auf Dritte?<br />
→ s. 7. Kapitel<br />
- Wie gestaltet sich die Rechtsbeziehung zwischen dem Sicherungsgeber<br />
und dem Schuldner, wenn ersterer von dem Gläubiger aus<br />
der Sicherheit in Anspruch genommen wird?<br />
→ s. 8. Kapitel<br />
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7<br />
2. Kapitel: Wirksames Entstehen einer Sicherheit<br />
A. Bürgschaft (§§ 765 ff. BGB)<br />
I. Grundlegendes<br />
Bei der Bürgschaft fallen Hauptschuldner und der Bürge als Sicherungsgeber<br />
stets auseinander, d.h. es muss sich zwingend um zwei<br />
verschiedene Rechtspersönlichkeiten handeln.<br />
§§ 765 ff. BGB weisen zwei Voraussetzungen für das wirksame Entstehen<br />
einer Bürgschaftsverpflichtung auf:<br />
• Der wirksame Abschluss eines Bürgschaftsvertrages zwischen Sicherungsgeber<br />
(Bürge) und Sicherungsnehmer (Gläubiger);<br />
• das Bestehen einer zu sichernden Forderung (vgl. § 765 I BGB).<br />
II. Bürgschaftsvertrag<br />
Der Bürgschaftsvertrag stellt die Sicherungsabrede dar, durch die eine<br />
schuldrechtliche Verpflichtung des Sicherungsgebers (Bürgen) gegenüber<br />
dem Gläubiger begründet wird. Diese Verpflichtung ist von der<br />
des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger rechtlich zu unterscheiden.<br />
Verpflichtung<br />
des Bürgen ggü. Gläubiger<br />
aus Bürgschaftsvertrag<br />
(§§ 765 ff. BGB)<br />
des Schuldners ggü. Gläubiger<br />
= zu sichernde Forderung<br />
(z.B. § 433 BGB)<br />
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8<br />
1. Form der Bürgschaftserklärung<br />
Für die Erklärung des Bürgen ist nach §§ 766 S. 1, 126 I BGB Schriftform<br />
vorgeschrieben (s. auch § 766 S. 2 BGB!). Zu berücksichtigen ist,<br />
dass der Bürgschaftsvertrag selbst keiner Formvorschrift unterliegt. Eine<br />
ohne Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgegebene<br />
Bürgschaftserklärung ist nach § 125 S. 1 BGB nichtig.<br />
Zweck der Schriftform ist vor allem der Schutz des Bürgen vor Übereilung.<br />
Vom Schriftformerfordernis nicht erfasst sind lediglich solche Abreden,<br />
die die Haftung beschränken, da hier die Schutzfunktion der Formvorschrift<br />
nicht ausgelöst wird.<br />
Bedeutsam ist, dass nach § 350 HGB der Kaufmann (§§ 1 ff. HGB –<br />
nicht zu verwechseln mit dem Unternehmer nach § 14 BGB!) zur formfreien<br />
Verpflichtung in der Lage ist, dies allerdings nur unter der Voraussetzung,<br />
dass sich die Bürgschaftserklärung für ihn als Handelsgeschäft<br />
i.S.d. §§ 343 f. HGB darstellt.<br />
Nach Auffassung der Rechtsprechung (BGH NJW 1997, 3169) reicht<br />
ein Telefax dem Schriftformerfordernis nicht, da hier das Erfordernis<br />
einer eigenhändigen Unterschrift nicht gegeben ist.<br />
2. Inhalt der Erklärung des Bürgen<br />
Das Schriftformerfordernis bedingt die Notwendigkeit der eigenhändigen<br />
Unterschrift des Bürgen und umfasst alle wesentlichen Bestandteile<br />
der Erklärung des Bürgen. Danach muss die Erklärung mindestens<br />
beinhalten:<br />
• Den Gläubiger,<br />
• den Hauptschuldner,<br />
• die zu sichernde Forderung,<br />
• den Bürgen und<br />
• die Erklärung des Bürgen, dass er sich für die Forderung verbürge.<br />
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Fehlt es auch nur an einem Element der Bürgschaftserklärung, so leidet<br />
der Bürgschaftsvertrag an Formnichtigkeit.<br />
! Achtung: Bereits die Verpflichtung des Sicherungsgebers zum<br />
Abschluss eines Bürgschaftsvertrages (Vorvertrag) unterliegt der<br />
Formvorschrift des § 766 BGB!<br />
Nach § 766 S. 3 BGB wird die Formnichtigkeit einer Bürgschaftserklärung<br />
durch Leistung des Bürgen an den Gläubiger geheilt. Der<br />
Leistung gleichgestellt sind Erfüllungssurrogate, wie beispielsweise<br />
die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB).<br />
3. Das Problem der Blankobürgschaft<br />
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 132, 119) genügt eine<br />
blankett unterschriebene Urkunde nicht den Anforderungen des § 766<br />
BGB. Der BGH verlangt, dass bei Formbedürftigkeit der Bürgschaft<br />
auch die Ermächtigung im gem. § 766 S. 1 BGB gebotenem Umfang<br />
schriftlich erteilt ist. Eine nachträgliche Genehmigung ist nach h.M.<br />
nicht möglich.<br />
Füllt der Schuldner oder ein Dritter die Urkunde abredewidrig und/oder<br />
ohne eine formgültige Ermächtigung aus und gibt sie an den Gläubiger<br />
weiter, der dies nicht erkennen kann, muss der Bürge die Erklärung<br />
aber gegen sich gelten lassen (§ 172 II BGB analog, BGH, a.a.O.).<br />
! Achtung: Nach BGH ist zu differenzieren:<br />
• Füllt der Schuldner bzw. ein Dritter das Blankett abredewidrig<br />
aus und kann der Gläubiger dies nicht erkennen, so muss der<br />
Bürge die Erklärung gleichwohl gegen sich gelten lassen (§ 172<br />
II BGB analog).<br />
• Konnte der Gläubiger das abredewidrige Ausfüllen des Blanketts<br />
erkennen oder hat der Gläubiger gar selbst das Blankett<br />
abredewidrig vervollständigt, gilt § 172 II BGB nicht.<br />
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10<br />
4. Sonderproblem Anfechtung<br />
Hat sich der Bürge bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages über die<br />
Kreditwürdigkeit des Schuldners geirrt, so berechtigt ihn dies nicht zur<br />
Anfechtung nach § 119 II BGB unter dem Gesichtspunkt des Irrtums<br />
über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person. § 119 II BGB<br />
ist nicht einschlägig, da der Bürge bewusst das Risiko übernimmt, das<br />
der Hauptschuldner seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt. Würde man<br />
eine Anfechtung zulassen, wäre der für die Bürgschaft typische Sicherungszweck<br />
in Frage gestellt.<br />
Täuscht der Hauptschuldner den Bürgen über seine Kreditwürdigkeit,<br />
so berechtigt dies den Bürgen nur dann zur Anfechtung wegen arglistiger<br />
Täuschung nach § 123 BGB, wenn der Gläubiger „bösgläubig“ ist.<br />
Es ist nämlich i.Ü. davon auszugehen, dass der Hauptschuldner als<br />
am Bürgschaftsvertrag nicht beteiligter Dritter im Sinne des § 123 II<br />
BGB anzusehen ist.<br />
5. Sonderproblem Sittenwidrigkeit<br />
Bürgschaftsverträge sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />
unwirksam, wenn sie erkennbar Ausdruck einer<br />
strukturellen Unterlegenheit des Bürgen sind und für ihn eine nicht<br />
hinnehmbare, mit seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen<br />
unvereinbare Belastung begründen (BVerfG, Beschl. v. 19.10.1993,<br />
NJW 1994, 36, 2749 gegen die frühere Rechtsprechung des BGH!).<br />
Der BGH setzt diese Vorgabe durch Anwendung des § 138 BGB um.<br />
Dabei ist zu beachten, dass die Annahme der Sittenwidrigkeit die Ausnahme<br />
ist. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann sie bejaht<br />
werden.<br />
Grundvoraussetzung für die Annahme einer Sittenwidrigkeit ist<br />
• ein Näheverhältnis zwischen dem Bürgen und dem Schuldner.<br />
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Dabei hat die Rechtsprechung in erster Linie<br />
" Ehepartner und bürgende Kinder einbezogen. Erfasst werden<br />
zudem<br />
" Verlobte sowie<br />
" nicht eheliche Lebensgemeinschaften.<br />
" Nach BGH NJW 1999, 2372 ist dies nicht ohne Weiteres auch<br />
auf das Verhältnis zwischen erwachsenen Geschwistern zu<br />
übertragen.<br />
" Auf Bürgschaften, die ein maßgeblich beteiligter Gesellschafter<br />
für Schulden der GmbH übernimmt, sollen die für<br />
die Ehegattenbürgschaft geltende Rechtsgrundsätze keine<br />
Anwendung finden (BGH NJW 1998, 894).<br />
" Hingegen hat das Kammergericht (MDR 1998, 234) die Bürgschaft<br />
eines Arbeitnehmers als sittenwidrig erkannt, der bei einem<br />
monatlichen Einkommen von 2.000,00 DM das Bürgschaftsversprechen<br />
aus Sorge um seinen Arbeitsplatz für einen<br />
Kredit von 270.000,00 DM abgegeben hatte.<br />
Indizien für die Annahme von Sittenwidrigkeit sollen i.Ü. sein:<br />
• Besonders grobes Missverhältnis zwischen Verpflichtungsumfang<br />
und Leistungsfähigkeit des Bürgen,<br />
• Geschäftsunerfahrenheit,<br />
• Lebensalter,<br />
• Fehlen eines wesentlichen Eigeninteresses sowie<br />
• das etwaige Beratungsverhalten einer kreditgewährenden Bank<br />
allgemein.<br />
Eine krasse finanzielle Überforderung (vgl. o.) ist demnach grundsätzlich<br />
zu bejahen, wenn der Bürge voraussichtlich nicht in der Lage ist,<br />
die laufenden Zinsen mit eigenen finanziellen Mitteln auf Dauer aufzubringen.<br />
In einem solchen Fall soll eine widerlegbare Vermutung dafür<br />
sprechen, dass sich der Bürge von emotionalen Motiven hat leiten lassen<br />
und dies das Kreditinstitut in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt<br />
hat.<br />
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12<br />
Aus der zahlreich veröffentlichten Rechtsprechung sind in diesem Zusammenhang<br />
weiterhin folgende Entscheidungen maßgeblich:<br />
• Veranlassen Eltern ein finanziell noch unselbständiges Kind eine<br />
seine Leistungsfähigkeit weit übersteigende Bürgschaft zu übernehmen,<br />
verletzen sie – auch wenn sie keinen besonderen Druck<br />
ausüben – ihre familienrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (s.<br />
v.a. § 1618 a BGB); es ist zu vermuten, dass die Bank das rechtlich<br />
missbilligte Verhalten der Eltern kannte oder sich dieser Erkenntnis<br />
bewusst verschlossen hat, mit der Folge der Sittenwidrigkeit<br />
der Bürgschaft im Zweifel (BGHZ 125, 206).<br />
• Bei der Entscheidung, ob die Bürgschaft überfordert, ist bei Ehegatten,<br />
die aus vernünftigen Erwägungen, etwa für eine risikobehaftete<br />
aber gemeinsam beschlossene Betriebsgründung einen<br />
Kredit aufnehmen, auf eine Gesamtbetrachtung abzustellen (BGH<br />
NJW 1996, 1274); § 138 ist unanwendbar, wenn eine Beurteilung<br />
ex ante ergibt, dass das Einkommen beider Ehegatten voraussichtlich<br />
zur Deckung der Zins- und Tilgungsraten ausreicht (BGHZ 132,<br />
328, 339). Nach BGH NJW 2001, 2466 ist ein einkommensschwacher<br />
Bürge wirtschaftlich nicht krass überfordert, wenn<br />
er die gesamte Bürgschaftsschuld voraussichtlich durch Verwertung<br />
des von ihm bewohnten Eigenheims zu tilgen vermag.<br />
• Die von einem Ehegatten übernommene Bürgschaft ist nur sittenwidrig,<br />
wenn zu dem Missverhältnis zwischen Verpflichtungsumfang<br />
und Leistungsfähigkeit des Bürgen weitere dem Gläubiger<br />
zurechenbare belastende Umstände hinzutreten (BGH NJW<br />
1997, 1005); mit Blick auf die weiteren Umstände ist zum einen eine<br />
verwerfliche Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit des Bürgen<br />
anerkannt, so beispielsweise wenn das Kreditinstitut das Bürgschaftsrisiko<br />
verharmlost (BGH NJW 1999, 135) oder dem Bürgen<br />
schwerwiegende Risiken verschweigt (BGHZ 125, 206, 217), zum<br />
anderen können weitere Umstände im o.g. Sinne auch in einer<br />
wirtschaftlich sinnlosen Bürgschaft gesehen werden (krasses Missverhältnis<br />
zwischen Haftungsumfang und Leistungsfähigkeit, vgl.<br />
o.).<br />
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! Achtung: Der BGH hat sich auch mit der Frage befasst, ob einem<br />
Bürgen, der zeitlich vor der o.g. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />
durch den Gläubiger erfolgreich auf Zahlung verurteilt<br />
worden ist, irgendwelche rechtlichen Mittel zur Verfügung, die Vollstreckung<br />
des Gläubigers aus dem Titel zu verhindern. Mit Urteil vom<br />
11.7.2002, NJW 2002, 2940 hat der BGH sowohl die Möglichkeit einer<br />
Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) wie auch die Durchbrechung<br />
der Rechtskraft über § 826 BGB verneint.<br />
Leitsätze zu 2) und 3):<br />
„2. Der Beschluss des BVerfG vom 19.10.1993, mit dem ein die Haftung<br />
eines finanziell überforderten Bürgen betreffendes Urteil des BGH<br />
aufgehoben wurde, bezeichnet nicht eine bestimmte Normauslegung<br />
als mit dem Grundgesetz unvereinbar; daher kann auf diese Entscheidung<br />
nicht eine Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Titel gestützt<br />
werden, der die Forderung aus einem Bürgschaftsvertrag betrifft, welcher<br />
nach nunmehr geltender höchstrichterlicher Rechtsprechung wegen<br />
Sittenwidrigkeit nichtig ist. 3. Die Vollstreckung aus einem vor der<br />
Entscheidung des BVerfG vom 19.10.1993 erwirkten Urteil über die<br />
Forderung aus einer Bürgschaft, die nach nunmehr geltender höchstrichterlicher<br />
Rechtsprechung wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, kann im<br />
Allgemeinen nicht mit der Klage nach § 826 BGB abgewehrt werden.“<br />
S. auch BGH NJW 2002, 2228 und NJW 2002, 2230: „Bei der Beurteilung<br />
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen oder Mithaftenden<br />
sind die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf seinem Grundbesitz<br />
ruhenden dinglichen Belastungen grundsächlich wertmindernd zu<br />
berücksichtigen. Ein Interesse des Kreditgebers, sich durch einen an<br />
sich wirtschaftlich sinnlosen Bürgschafts- oder Mithaftungsübernahmevertrag<br />
vor Vermögensverschiebungen zwischen Eheleuten zu schützen,<br />
vermag die Sittenwidrigkeit grundsächlich nur bei einer ausdrücklichen<br />
Haftungsbeschränkung zu vermeiden.“<br />
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Prüfungsschema betreffend die Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften<br />
u.a.<br />
1. Finanzielle Überforderung<br />
2. „Emotionale Verbundenheit“ zum Hauptschuldner (wird vermutet)<br />
3. Kenntnis der Bank (ausreichend ist Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit<br />
begründenden Tatsachen)<br />
4. Ausnahmsweise Ausschluss der Sittenwidrigkeit<br />
a) Berechtigtes Interesse der Bank, weil Schutz vor Vermögensschäden<br />
(kommt nur dann in Betracht, wenn dies durch eindeutige Erklärung<br />
Bestandteil des Vertrages wurde)<br />
b) Geschäftserfahrung und wirtschaftliches Eigeninteresse des Bürgen<br />
6. Anwendbarkeit von VerbrKrG (jetzt §§ 491 ff. BGB) und<br />
HaustürWG (jetzt §§ 312 f. BGB)<br />
Rechtsprechung und Lehre sind in diesem Bereich bislang nicht zu einer<br />
einheitlichen Meinung gekommen. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />
hat daran nichts geändert.<br />
- Der Bürgschaftsvertrag war kein Verbraucherkreditvertrag i.S.d.<br />
§ 1 II VerbrKrG. An dieser Einschätzung hat sich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />
– §§ 491 ff. BGB als Nachfolger des<br />
Verbraucherkreditgesetzes - nichts geändert (s. z.B. Reiff, in Anwaltskommentar<br />
Schuldrecht, 2002, § 491, RN 5). Es kommt daher<br />
nur eine analoge Anwendung der §§ 491 ff. BGB auf Bürgschaftsverträge<br />
in Betracht (auch hiergegen aber Reiff, a.a.O.).<br />
Der BGH (NJW 1998, 1939) hat entschieden, dass das Verbraucherkreditgesetz<br />
(jetzt §§ 491 ff. BGB) jedenfalls nicht anwendbar sei für<br />
solche Bürgschaften, die Kredite sichern, die nicht Verbraucherkredite<br />
sind.<br />
Aufgrund der parallelen Interessenlage könnte etwas für die Einschlägigkeit<br />
der §§ 491 ff. BGB für Bürgschaftsverträge außerhalb<br />
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15<br />
des entschiedenen Problembereiches sprechen. Für den Schuldbeitritt<br />
ist eine Gleichstellung mit dem Kreditvertrag anerkannt (BGH<br />
NJW 1997, 654, 3169). Für eine Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB<br />
spricht auch, dass der Bürge für Verzugszinsen des Schuldners haftet<br />
(vgl. § 767 I 2 BGB), so dass für den Bürgen die Bedingungen<br />
des Vertrages zwischen Schuldner und Gläubiger durchaus bedeutsam<br />
werden können (LG Magdeburg NJW 1999, 3496).<br />
- Mit Blick auf das Problem der Bürgschaftsübernahme als Haustürgeschäft<br />
nach HaustürWG, nunmehr in den §§ 312 f. BGB kodifiziert,<br />
hat der BGH (NJW 1998, 2356) entschieden, dass ein Bürgschaftsvertrag,<br />
der zur Absicherung einer Verbindlichkeit geschlossen<br />
wird, die der Hauptschuldner im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit<br />
eingegangen ist, kein Geschäft i.S. des § 1 S. 1 HaustürWG (jetzt<br />
§ 312 I BGB) sei; das selbe gelte, wenn der Hauptschuldner die<br />
durch die Bürgschaft gesicherte Verbindlichkeit zwar als Verbraucher,<br />
jedoch nicht im Rahmen eines Haustürgeschäfts eingegangen<br />
ist (BGH, a.a.O.). Durch das Erfordernis einer zweifachen Haustürsituation<br />
(nämlich für die Bürgschaft und die Hauptschuld) wird dem<br />
Bürgen grundsätzlich das Widerrufsrecht nach § 312 BGB genommen<br />
(s. im einzelnen Palandt-Heinrichs, BGB, 62. A. 2003, § 312,<br />
RN 7 m.w.N.).<br />
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16<br />
III. Die gesicherte Forderung<br />
Als zweite Voraussetzung für das wirksame Entstehen einer Verpflichtung<br />
aus Bürgschaft ist die Existenz der zu sichernden Forderung<br />
anzusehen. Dies ist Folge der Akzessorietät der Bürgschaft (vgl. § 767<br />
I 1 BGB).<br />
1. Abgrenzungsfragen<br />
a) Schuldbeitritt<br />
Mit Blick auf die bei der Bürgschaft gegebene Akzessorietät unterscheidet<br />
sich diese von dem Sicherungsmittel des Schuldbeitritts. Der<br />
Schuldbeitritt (auch Schuldmitübernahme) begründet ein Gesamtschuldverhältnis<br />
i.S. der §§ 421 ff. BGB. Der Übernehmer haftet<br />
nach § 427 BGB neben dem bisherigen Alleinschuldner als Gesamtschuldner.<br />
Der Sicherungsgeber ist dabei dem Gläubiger gegenüber<br />
neben dem Schuldner verpflichtet. Eine Änderung der Verpflichtung<br />
des Schuldners wirkt sich für den Sicherungsgeber grundsätzlich nur<br />
nach §§ 421 ff. BGB aus, vgl. § 425 I BGB.<br />
Ist im Einzelfall nicht klar, ob eine Bürgschaft oder ein Schuldbeitritt<br />
verabredet worden ist, so ist in Zweifelsfällen von der Bürgschaft<br />
auszugehen; dies ergibt sich aus der Formbedürftigkeit der Bürgschaft,<br />
die eine im Gesetz verankerte Wertung darstellt.<br />
b) Garantie<br />
Ein Garant haftet noch weitergehender als der Schuldbeitretende. Er<br />
übernimmt das Risiko dafür, dass ein bestimmter Erfolg eintritt, unabhängig<br />
davon, ob eine Verpflichtung des Schuldners dazu besteht oder<br />
nicht. Damit ist die Garantie nicht-akzessorisch. Einwendungen und<br />
Einreden des Schuldners kommen dem Garanten nicht zu Gute.<br />
Es bedarf nach dem Gesagten des Vorliegens besonderer Umstände,<br />
um die Annahme eines Garantievertrages zu rechtfertigen. Es ist ins-<br />
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17<br />
besondere auf einen für die Garantie notwendigen Rechtsbindungswillen<br />
des Erklärenden zu achten.<br />
c) Patronatserklärung<br />
Hierbei handelt es sich um Erklärungen die u.a. innerhalb von Konzernen<br />
für Tochtergesellschaften abgegeben werden. Mit derartigen Patronatserklärungen<br />
wird entweder nur unverbindlich das Vertrauen in<br />
die Leistung der Tochter oder aber eine Verpflichtung ausgesprochen,<br />
für die Liquidität der Tochter Sorge zu tragen. In ersterem Falle wird<br />
von einer „weichen“ Patronatserklärung, in letzterem Falle von einer<br />
„harten“ Patronatserklärung gesprochen.<br />
2. Sicherung einer künftigen Forderung<br />
Nach § 765 II BGB kann die Bürgschaft auch eine künftige oder eine<br />
bedingte Verbindlichkeit sichern. Die künftige Forderung muss aber<br />
zumindest bestimmbar sein. Das Bestimmtheitserfordernis der Hauptforderung<br />
ergibt sich aus der Akzessorietät der Bürgschaft, § 767 I<br />
BGB. Kann die Hauptschuld nicht eindeutig ermittelt werden, besteht<br />
die Bürgschaft nicht.<br />
Möglich ist beispielsweise eine sog. Globalbürgschaft, in der sich ein<br />
Bürge für alle bestehenden und künftigen Forderungen des Hauptschuldners<br />
aus einer bestimmten Geschäftsverbindung verpflichtet.<br />
Problematisch ist allerdings die Vereinbarkeit von Globalbürgschaften<br />
mit gesetzlichen Regelungen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
(s. §§ 305 ff. BGB). Zum Teil hat die Rechtsprechung darauf erkannt,<br />
dass es sich bei einer Globalbürgschaft im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen<br />
um eine überraschende Klausel (§ 305 c I BGB)<br />
handelt. Des Weiteren kann sich eine Unvereinbarkeit mit § 307 BGB<br />
ergeben.<br />
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18<br />
3. Änderung des Umfangs der Hauptverbindlichkeit<br />
Der Umfang der Hauptverbindlichkeit des Schuldners kann sich ändern,<br />
nachdem der Sicherungsgeber die Bürgschaft übernommen hat.<br />
Fraglich ist sodann, wie sich dies auf die Rechtstellung des Bürgen<br />
auswirkt.<br />
Im einzelnen ist wie folgt zu unterscheiden:<br />
• Eine Absenkung der Hauptverbindlichkeit wirkt sich stets auch zu<br />
Gunsten des Sicherungsgebers aus (§ 767 I 1 BGB)<br />
• Eine Erweiterung des Umfangs der Hauptschuld, die der Hauptschuldner<br />
rechtsgeschäftlich veranlasst, führt nicht zur Ausdehnung<br />
der Haftung des Bürgen (§ 767 I 3 BGB)<br />
• Hingegen muss der Bürge für Erweiterungen der Hauptverbindlichkeit<br />
durch nicht rechtsgeschäftliches Verhalten des Hauptschuldners<br />
einstehen, so beispielsweise für Verschulden und Verzug (s.<br />
dazu § 767 I 2 BGB)<br />
• Die Frage, ob der Bürge auch für Zinsen der Hauptschuld einzustehen<br />
hat, richtet sich nach dem Bürgschaftsvertrag. Bei verzinslichen<br />
Forderungen ist im Zweifel auch eine Haftung für rückständige<br />
Zinsen anzunehmen. Ein derartig enger Zusammenhang zwischen<br />
Hauptforderung und Zinsverpflichtung ergibt sich aus der<br />
Wertung des § 217 BGB.<br />
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19<br />
IV. Sonderformen der Bürgschaft<br />
Es existieren zahlreiche Sonderformen der Bürgschaft, die vom gesetzlichen<br />
Normfall abweichen und nur teilweise gesetzlich näher bestimmt<br />
sind.<br />
1. Die Mitbürgschaft<br />
Die Mitbürgschaft ist in § 769 sowie in § 774 II BGB bestimmt. Eine<br />
Mitbürgschaft kann dadurch entstehen, dass sich zwei oder mehr Bürgen<br />
in einem Vertrag verpflichten. Auch gelangt eine Mitbürgschaft<br />
dann zur Entstehung, wenn mehrere Mitbürgen selbständig und unabhängig<br />
voneinander die Bürgschaftsverpflichtung übernehmen. Kenntnis<br />
von der Existenz weiterer Mitbürgen ist mithin für die Mitbürgschaft<br />
nicht erforderlich. Insbesondere ist darauf zu achten, dass nach § 769<br />
BGB ein gesetzliches Gesamtschuldverhältnis begründet wird.<br />
2. Die Teilbürgschaft<br />
Die Teilbürgschaft ist von der Mitbürgschaft zu unterscheiden. Haftet<br />
bei mehreren Bürgen jeder nur für einen bestimmten Teil und nicht<br />
für die selbe Forderung oder übereinstimmende Teile einer Forderung,<br />
so handelt es sich um eine Teilbürgschaft.<br />
3. Die Rückbürgschaft<br />
Die Rückbürgschaft sichert den (künftigen) Rückgriffsanspruch des<br />
Bürgen gegen den Hauptschuldner, vgl. § 774 I BGB. Die Verpflichtung<br />
des Rückbürgen entsteht mithin erst dann, wenn der Bürge<br />
vom Gläubiger in Anspruch genommen worden ist und die Hauptverbindlichkeit<br />
nach § 774 I BGB auf den Bürgen übergegangen ist. Der<br />
Rückbürge übernimmt so eine Verpflichtung für eine zukünftige Forderung,<br />
§ 765 II BGB.<br />
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20<br />
4. Die Nachbürgschaft<br />
Die Nachbürgschaft sichert nicht die Forderung des Gläubigers gegen<br />
den Hauptschuldner, sondern diejenige gegen den Bürgen.<br />
5. Die selbstschuldnerische Bürgschaft<br />
Der selbstschuldnerisch haftende Bürge ist ein solcher, der nach § 773<br />
I Nr. 1 BGB auf die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) verzichtet<br />
hat. Dieser Verzicht ist formbedürftig, § 766 S. 1 BGB. Zu beachten ist<br />
in diesem Zusammenhang § 349 HGB.<br />
6. Die Ausfallbürgschaft<br />
Die Ausfallbürgschaft stellt den Gegensatz zur selbstschuldnerischen<br />
Bürgschaft dar. Hier ist für den Anspruch des Gläubigers Voraussetzung,<br />
dass er die Leistung vom Hauptschuldner trotz sorgsamen Vorgehens<br />
nicht hat erhalten können. Der Ausfallbürge haftet erst, wenn<br />
der Gläubiger trotz Zwangsvollstreckung beim Schuldner und in Folge<br />
Versagens etwaig sonstiger Sicherheiten einen Ausfall hat. Der Ausfall<br />
ist mithin Bedingung im Sinne des § 158 BGB.<br />
7. Die Höchstbetragsbürgschaft<br />
Bei der Höchstbetragsbürgschaft ist der Betrag, bis zu dessen Höhe<br />
der Bürge höchstens einzustehen hat, festgelegt.<br />
BGH NJW 2002, 3167: Der Bürge, der eine Höchstbetragsbürgschaft<br />
erteilt hat, haftet in der Regel auch dann nicht über den vereinbarten<br />
Betrag hinaus, wenn sich die Hauptverbindlichkeit durch<br />
Verschulden oder Verzug des Schuldners erhöht hat. Eine Formularklausel<br />
ist [nach § 9 I, II Nr. 2 AGBG = § 307 BGB n.F.] unwirksam,<br />
soweit sie vorsieht, dass sich die Bürgschaft auch dann auf<br />
Zinsen, Provisionen und Kosten erstreckt, die im Zusammenhang<br />
mit der gesicherten Forderung entstanden sind, wenn dadurch der<br />
vereinbarte Haftungshöchstbetrag überschritten wird.<br />
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21<br />
8. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern<br />
Bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern muss der Bürge bereits auf<br />
„erstes Anfordern“ des Gläubigers zahlen, nämlich dann, wenn dieser<br />
behauptet, der Bürgschaftsfall sei eingetreten.<br />
Sind in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern „fällige“ Ansprüche verbürgt,<br />
genügt für die Inanspruchnahme des Bürgen regelmäßig die<br />
Behauptung der Fälligkeit durch den Gläubiger. Die Inanspruchnahme<br />
ist nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, weil Zweifel bestehen,<br />
ob der Gläubiger mit dem verbürgten Anspruch in voller Höhe durchdringen<br />
wird (BGH DB 1997, 223). In einem derartigen Falle bleibt dem<br />
Bürgen allein die Möglichkeit des Rückforderungsprozesses, wenn er<br />
der Auffassung ist, dass dem Gläubiger der von ihm behauptete Anspruch<br />
tatsächlich nicht zusteht (vgl. §§ 812 ff. BGB).<br />
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22<br />
B. Die Hypothek<br />
Bei der Hypothek handelt es sich um eine dingliche Belastung eines<br />
Grundstücks des Sicherungsgebers verbunden mit einem Verwertungsrecht<br />
zu Gunsten des Gläubigers (§ 1113 I 1 BGB). Dem<br />
Gläubiger steht bei Fälligkeit seiner Forderung und etwaig weiterer<br />
Voraussetzungen grundsätzlich das Recht zu, das der Sicherheit dienende<br />
Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung zu verwerten<br />
und sich auf diese Weise wegen der gesicherte Forderung zu befriedigen,<br />
§ 1147 BGB.<br />
Es ist unbedingt darauf zu achten, dass der Sicherungsgeber dem<br />
Gläubiger auf Grund der Hypothek nicht die Zahlung der gesicherten<br />
Forderung schuldet. Der Gläubiger kann den Sicherungsgeber nicht<br />
auf Zahlung verklagen. Es besteht vielmehr lediglich ein Anspruch des<br />
Gläubigers gegenüber dem Sicherungsgeber auf Duldung der<br />
Zwangsvollstreckung. Andererseits hat der Sicherungsgeber die Möglichkeit,<br />
die Zwangsvollstreckung durch Befriedigung des Gläubigers<br />
abzuwenden, § 1142 BGB.<br />
Da der Sicherungsgeber nicht mit dem persönlichen Schuldner des<br />
Gläubigers übereinstimmen muss, ist strikt zu berücksichtigen, aus<br />
welchem Recht der Gläubiger vorgeht. So kann der Gläubiger aus der<br />
persönlichen Forderung gegen den Schuldner unmittelbar oder aus<br />
dem Grundpfandrecht, der Hypothek, gegen den Eigentümer und Sicherungsgeber<br />
vorgehen.<br />
Wird unterstellt, dass der Grundstücksinhaber berechtigt ist, die Sicherheit<br />
zu stellen, so entsteht die Hypothek unter vier grundlegenden<br />
Voraussetzungen:<br />
• [1.] Dingliche Einigung (§§ 873, 1113 BGB)<br />
• [2.] Eintragung (vgl. § 873, 1115 BGB)<br />
• [3.] Übergabe des Hypothekenbriefes (bei der Briefhypothek),<br />
§§ 1116 II, 1117 BGB<br />
• [4.] Bestehen der zu sichernden Forderung<br />
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23<br />
I. Dingliche Einigung<br />
Nach § 873 I BGB ist die dingliche Einigung zwischen dem Sicherungsgeber<br />
(nicht notwendigerweise auch der persönliche Schuldner,<br />
vgl. u.a. § 1137 BGB!) und dem Sicherungsnehmer (= Gläubiger) erforderlich.<br />
Die Bestimmung des § 1113 BGB bestimmt lediglich den Inhalt<br />
der Einigung.<br />
Die Bestellung einer Hypothek stellt die Belastung eines Grundstückes<br />
mit einem Recht dar; es handelt sich um eine Verfügung im Rechtssinne.<br />
Die Einigung mit dem Inhalt des § 1113 BGB stellt einen abstrakten,<br />
auf dingliche Rechtsänderung gerichteten Vertrag dar. Dieser<br />
ist unabhängig von dem der Hypothekenbestellung zugrunde liegenden<br />
Sicherungsvertrag. Letzterer bestimmt das „warum“ der Bestellung<br />
der Hypothek. Die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede bedeutet mithin<br />
nicht stets, dass die Hypothek nicht wirksam bestellt worden ist.<br />
In der Regel erwirbt der Gläubiger die Hypothek vom Eigentümer des<br />
belasteten bzw. zu belastenden Grundstücks. Dieser ist Berechtigter,<br />
d.h. berechtigt zur Verfügung im Sinne des § 873 I BGB. Es besteht allerdings<br />
auch die Möglichkeit des Erwerbs vom nicht Berechtigten über<br />
die Bestimmung des § 892 BGB. Der die Sicherheit bestellende muss<br />
dann sog. Bucheigentümer sein, das Grundbuch muss ihn unrichtigerweise<br />
als Eigentümer ausweisen (sog. gutgläubiger „Ersterwerb“).<br />
Weder die Sicherungsabrede noch die dingliche Einigung ist formgebunden.<br />
Eine notarielle Beurkundung der Einigung wird aber regelmäßig<br />
vorgenommen, dies nicht zuletzt mit Blick auf § 29 I GBO (betreffende<br />
den Nachweis der Eintragungsunterlagen).<br />
II. Die Eintragung in das Grundbuch<br />
Nach § 873 I BGB ist für das wirksame Entstehen der Hypothek deren<br />
Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Der hierfür notwendige Inhalt<br />
ergibt sich aus § 1115 BGB.<br />
Grundbuchrechtlich setzt die Eintragung einen entsprechenden Antrag<br />
des Eigentümers bzw. Sicherungsgebers oder des Gläubigers oder<br />
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24<br />
beider (§ 13 GBO) sowie die Bewilligung durch den Eigentümer bzw.<br />
Sicherungsgeber voraus (§ 19 GBO).<br />
Inhaltlich müssen Einigung und Eintragung grundsätzlich übereinstimmen.<br />
Bei Abweichungen quantitativer Natur folgt daraus aber nicht<br />
zwingend Unwirksamkeit. Haben sich Gläubiger und Sicherungsgeber<br />
beispielsweise auf die Bestellung einer Hypothek i.H.v. 100.000,00 €<br />
geeinigt, ist aber lediglich eine solche i.H.v. 50.000,00 € eingetragen<br />
worden, so wird sich der durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermittelnde<br />
übereinstimmende Parteiwille in der Regel darauf richten,<br />
dass das Recht des Gläubigers mindestens i.H.v. 50.000,00 € entsteht.<br />
III. Briefübergabe (die Briefhypothek)<br />
Die nachfolgend beschriebene Voraussetzung der Entstehung der Hypothek<br />
ist abhängig davon, ob die Parteien des Sicherungsvertrages<br />
eine Brief- oder eine Buchhypothek verabredet haben.<br />
Die Briefhypothek ist der Regelfall, vgl. § 1116 I BGB. Die Hypothek<br />
entsteht hier erst dann, wenn der Brief übergeben worden ist, § 1117 I<br />
BGB. Bis dahin besteht eine sog. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 II,<br />
1177 I BGB. § 1117 BGB sichert den Eigentümer gegen eine Belastung<br />
seines Grundstücks ohne Erhalt eines Gegenwertes. Im Falle des<br />
Versuches einer Übertragung der Hypothek auf einen Dritten fehlt dem<br />
Hypothekengläubiger bis zur Briefübergabe die notwendige Legitimation<br />
(§§ 1154 I, 1140 BGB).<br />
Wenn die Übergabe des Hypothekenbriefes nach § 1117 II BGB durch<br />
die Vereinbarung ersetzt wurde, dass der Gläubiger berechtigt sein<br />
soll, sich den Brief vom Grundbuchamt aushändigen zu lassen, dann<br />
entsteht das Recht des Gläubigers bereits mit Abschluss dieser Vereinbarung<br />
und nicht erst mit Ausstellung oder Aushändigung des Briefes.<br />
Das Eigentum an dem Brief erwirbt der Gläubiger in diesem Fall<br />
mit dessen Herstellung, § 952 II BGB („das Recht am Brief folgt dem<br />
Recht aus dem Brief“).<br />
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25<br />
Die Buchhypothek entsteht bereits mit der Eintragung des Ausschlusses<br />
der Erteilung des Briefes (§ 1116 II BGB). Die gewöhnliche Verkehrshypothek<br />
ist nur aufgrund besonderer Einigung und Eintragung<br />
eine Buchhypothek, §§ 1184, 1185 I BGB.<br />
IV. Die zu sichernde Forderung<br />
Eine Hypothek entsteht nicht ohne die ihr zu Grunde liegende und zu<br />
sichernde Forderung. Die Hypothek ist wie die Bürgschaft in Entstehung<br />
und Bestand von der Forderung abhängig. Diese Form der<br />
strengen Akzessorietät wird nur bei der Übertragung der Verkehrshypothek<br />
in den Fällen der §§ 1138, 1156 BGB im Interesse der Umlauffähigkeit<br />
des Sicherungsmittels durchbrochen.<br />
1. Fehlen einer zu sichernden Forderung<br />
Besteht eine zu sichernde Forderung nicht, entsteht keine Hypothek.<br />
Es kommt jedoch nach § 1163 I BGB zur Ausbildung einer Eigentümergrundschuld<br />
(die Grundschuld setzt keine Forderung voraus, sie<br />
ist nicht-akzessorisch!). Die Eigentümergrundschuld wirkt rangsichernd,<br />
vgl. § 879 BGB. Kommt es zeitlich nachfolgend zur Entstehung<br />
der Forderung und liegen auch alle weiteren Voraussetzungen<br />
vor, wandelt sich die Eigentümergrundschuld in eine ranggleiche Hypothek<br />
um.<br />
Ist das zugrunde liegende Geschäft zwischen Gläubiger und Schuldner<br />
nichtig, sichert die Hypothek im Zweifel nicht den Anspruch des Gläubigers<br />
auf Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812<br />
ff. BGB).<br />
Der gute Glaube an den Bestand der Forderung wird bei der Begründung<br />
der Hypothek nicht geschützt. § 1138 BGB hat nur bei<br />
der Übertragung („Zweiterwerb“) Bedeutung, nicht bei der Erstbestellung<br />
der Hypothek.<br />
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26<br />
2. Sicherungsfähigkeit der Forderung<br />
Die Hypothek kann für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt<br />
werden, § 1113 II BGB. Hier gilt das zur Bürgschaft Gesagte. Bei<br />
einer Hypothek für eine bedingte Forderung entsteht bis zum Eintritt<br />
der Bedingung eine Eigentümergrundschuld. Ab Eintritt einer auflösenden<br />
Bedingung entsteht eine solche (§§ 1163 I, 1177 I BGB).<br />
Eine Forderungsauswechslung ist über § 1180 BGB möglich.<br />
Sicherungsfähig sind auch Zinsen. Die Hypothek haftet für die vertragsmäßigen<br />
Zinsen der Forderung, wenn diese im Grundbuch gemäß<br />
§ 1115 I BGB entsprechend eingetragen sind. Für gesetzliche<br />
Zinsen haftet die Hypothek über § 1118 BGB.<br />
V. Umfang der Hypothekenhaftung (§§ 1120 ff. BGB)<br />
Aus der Hypothek steht dem Gläubiger gegenüber dem Sicherungsgeber<br />
grundsätzlich das Recht zur Duldung der Zwangsvollstreckung zu<br />
(s.o.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gläubiger nicht nur das<br />
Grundstück selbst, sondern nach § 1120 BGB auch die wesentlichen<br />
und unwesentlichen Bestandteile, die Erzeugnisse und das Zubehör,<br />
welches in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt ist, haften.<br />
1. Problemfeld 1: Anwartschaft an Zubehörstücken<br />
Erwirbt der Grundstückseigentümer Betriebsmittel, welche unter den<br />
Zubehörbegriff fallen (s. dazu § 97 BGB), unter Eigentumsvorbehalt,<br />
so stellt sich für den Fall der Übertragung des Anwartschaftsrechts vor<br />
vollständiger Zahlung auf einen Dritten die Frage, ob dieser ein Recht<br />
erwirbt, welches durch die Hypothek belastet ist oder ob lastenfrei erworben<br />
wird.<br />
Obwohl der Dritte nach überwiegender Auffassung das Eigentum direkt<br />
durch den Vorbehaltsverkäufer, d.h. ohne Durchgangserwerb des<br />
Grundstückseigentümers, erlangt, ist es doch durch die Hypothek be-<br />
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27<br />
lastet, da schon das Anwartschaftsrecht in den sog. Hypothekenhaftungsverband<br />
gefallen ist. Die Haftung erstreckt sich auf die Sache<br />
selbst, § 1287 BGB analog.<br />
! Merke: Bei Übertragung eines Anwartschaftsrechts an einer beweglichen<br />
Sache, die als Zubehör in den Hypothekenverband fällt, § 1120<br />
BGB, kann der Dritte nur belastet erwerben.<br />
2. Problemfeld 2: Mögliche Enthaftungstatbestände<br />
Bei Gegenständen, die in den Hypothekenhaftungsverband gefallen<br />
sind, kann eine Enthaftung eintreten. Allerdings ist zu beachten, dass<br />
die Bestimmung des § 936 BGB (gutgläubiger lastenfreier Erwerb) keine<br />
Anwendung findet. Die Bestimmungen der §§ 1121, 1122 BGB gehen<br />
nämlich als speziellere Regelungen vor.<br />
Für die Enthaftung sind unterschiedliche Fallkonstellationen zu bedenken.<br />
Diese unterscheiden sich danach, in welcher zeitlichen Reihenfolge<br />
die Veräußerung der Sache, ihre Entfernung vom belasteten<br />
Grundstück sowie die Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung<br />
stattgefunden haben:<br />
- Ist der Gegenstand, der in den Hypothekenhaftungsverband gefallen<br />
ist, vor der Beschlagnahme (§§ 20, 146 GVG) veräußert und<br />
vom Grundstück entfernt worden, so unterliegt er nicht länger der<br />
Hypothekenhaftung, § 1121 I BGB.<br />
- Bei einer Veräußerung nach Beschlagnahme ist das durch die<br />
Beschlagnahme bereits entstandene relative Veräußerungsverbot<br />
zu berücksichtigen, §§ 23, 146 ZVG. Der Erwerber kann in einem<br />
solchen Falle lastenfreies Eigentum nur über §§ 135, 136 BGB erwerben,<br />
wenn er bezogen auf die Beschlagnahme gutgläubig war.<br />
- Wurde der dem Hypothekenhaftungsverband unterfallene Gegenstand<br />
als letztes vom Grundstück entfernt, so ist ein gutgläubiger<br />
und lastenfreier Erwerb nur möglich, wenn der Erwerber auch noch<br />
zum Zeitpunkt der Entfernung in gutem Glauben war, vgl. § 1121 II<br />
BGB. Dabei steht allerdings die Kenntnis vom Versteigerungsan-<br />
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28<br />
trag der Kenntnis der Beschlagnahme nach § 23 II S. 1 ZVG gleich<br />
und nach Eintragung des Versteigerungsvermerks ins Grundbuch<br />
ist wegen § 23 II 2 ZVG ein gutgläubiger und lastenfreier Erwerb<br />
in keinem Fall mehr möglich.<br />
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29<br />
C. Das Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten<br />
I. Einführung<br />
Das vertragliche Pfandrecht, auch Faustpfandrecht genannt, gewährt<br />
dem Gläubiger bzw. Sicherungsnehmer ein dingliches Befriedigungsrecht<br />
an einer beweglichen Sache oder an einem Recht des<br />
Sicherungsgebers, §§ 1204, 1228, 1273 BGB. Der Sicherungsgeber<br />
kann sowohl eine eigene wie auch eine fremde Schuld sichern, d.h. er<br />
kann, muss aber nicht mit dem persönlichen Schuldner identisch sein.<br />
Wie bei der Hypothek muss auch bei dem Pfandrecht zwischen dem<br />
die Forderung begründenden Schuldverhältnis sowie dem Sicherungsvertrag<br />
differenziert werden. Das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger<br />
bzw. Sicherungsnehmer – wie bei der Hypothek – keinen Anspruch<br />
gegen den Sicherungsgeber auf Erfüllung der gesicherten Forderung.<br />
Dem Sicherungsnehmer steht vielmehr nur das Recht zur Verwertung<br />
zu; der Sicherungsgeber hingegen kann die Verwertung des Pfandes<br />
durch Befriedigung des Gläubigers abwenden, § 1223 II BGB.<br />
Die praktische Bedeutung des Faustpfandrechtes ist – v.a. wegen<br />
§ 1205 BGB (Notwendigkeit der Übergabe!) - gering. Das Pfandrecht<br />
an beweglichen Sachen ist weitgehend durch die Sicherungsübereignung<br />
ersetzt worden. Die Verpfändung von Forderungen (§§ 1273,<br />
1279 ff. BGB) ist wegen der Pflicht zur Anzeige gemäß § 1280 BGB<br />
seltener als eine Abtretung, die auch im Wege der sog. „stillen“ Zession<br />
erfolgen kann.<br />
II. Die Bestellung des Pfandrechts bei beweglichen Sachen<br />
Die wirksame Bestellung des Pfandrechts an einer beweglichen Sache<br />
erfordert drei Dinge:<br />
• [1.] Einigung<br />
• [2.] Übergabe<br />
• [3.] Forderung<br />
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30<br />
1. Die Einigung<br />
Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer müssen sich dinglich darüber<br />
einigen, dass das Pfandrecht an dem zu sichernden Gegenstand entstehen<br />
soll, § 1205 I BGB. Die dingliche Einigung ist losgelöst von dem<br />
schuldrechtlichen Sicherungsvertrag zu betrachten, Abstraktionsgrundsatz.<br />
Das Pfandrecht kann auch von einem Nichtberechtigten erworben<br />
werden (§ 1207 BGB).<br />
2. Die Übergabe<br />
Eine wirksame Bestellung des Pfandrechts erfordert die Übergabe der<br />
Sache. Die notwendige Übergabe sowie die Surrogate sind parallel zu<br />
den Tatbeständen der Übereignung nach §§ 929 ff. BGB ausgebildet.<br />
Es ist allerdings zu beachten, dass in allen Fällen der Verpfänder den<br />
Besitz an dem Pfandgegenstand vollständig aufgeben muss. Eine<br />
Bestellung des Pfandrechts, bei der die Übergabe der Sache durch die<br />
Vereinbarung eines Besitzkonstitutes vereinbart wird (vgl. § 930 BGB),<br />
ist nicht möglich. Allerdings kann der Sicherungsgeber, der lediglich<br />
mittelbarer Besitzer ist, die Sache dadurch verpfänden, dass er den<br />
mittelbaren Besitz auf den Sicherungsnehmer überträgt und dem unmittelbaren<br />
Besitzer die Verpfändung anzeigt, § 1205 II BGB.<br />
Eine wirksame Übergabe erfordert stets subjektiv einen Übergabewillen<br />
des Sicherungsgebers.<br />
3. Die Forderung<br />
Das Pfandrecht ist streng akzessorisch. Es setzt eine zu sichernde<br />
Forderung voraus. Gläubiger dieser Forderung und Sicherungsnehmer<br />
(= Pfandgläubiger) sind notwendigerweise personenidentisch.<br />
Erlischt die Forderung, so erlischt auch die Sicherung. Anders als bei<br />
der Hypothek entsteht kein Eigentümerpfandrecht (vgl. § 1252 BGB).<br />
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31<br />
Das Pfandrecht an einer beweglichen Sache kann auch für eine künftige<br />
oder eine bedingte Forderung bestellt werden (§ 1204 II BGB).<br />
Das Pfandrecht entsteht sodann mit Einigung und Übergabe. Voraussetzung<br />
ist aber, dass der Entstehungsgrund der Forderung bei der<br />
Bestellung des Pfandrechts bereits vorhanden war. Die Bestimmbarkeit<br />
der Höhe der Forderung ist nicht notwendig. Das so bestellte<br />
Pfandrecht wirkt rangwahrend (§ 1209 BGB).<br />
4. Umfang der Haftung des Pfandes<br />
Das Pfand haftet nach Maßgabe von § 1210 BGB für die Forderung in<br />
deren jeweiligen Bestand, insbesondere auch für Zinsen und Vertragsstrafen.<br />
Weiterhin haftet es für die Ansprüche des Pfandgläubigers auf<br />
Ersatz von Verwendungen, für die dem Pfandgläubiger zu ersetzenden<br />
Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung sowie für die Kosten<br />
des Pfandverkaufs.<br />
III. Pfandrecht an Rechten<br />
Nach § 1273 II BGB finden die Vorschriften über das Pfandrecht an<br />
beweglichen Sachen auf das Pfandrecht an Rechten entsprechende<br />
Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1274 bis 1296 BGB ein anderes<br />
ergibt.<br />
Erforderlich ist damit erneut eine dingliche Einigung zwischen Sicherungsgeber<br />
und Sicherungsnehmer sowie das Vorhandensein einer zu<br />
sichernden Forderung. Abweichungen zum Pfandrecht an beweglichen<br />
Sachen ergeben sich dort, wo für die Verpfändung einer beweglichen<br />
Sache die Übergabe erforderlich ist. Eine Übergabe von Rechten in<br />
dem für das Pfandrecht an beweglichen Sachen genannten Sinne ist<br />
bei Rechten nicht möglich. Demzufolge orientiert sich die Verpfändung<br />
von Rechten nach den für die Übertragung eines Rechtes geltenden<br />
Vorschriften, § 1274 I 1 BGB. Ist allerdings zur Übertragung des Rechtes<br />
die Übergabe einer Sache (z.B. Grundpfandbrief) erforderlich, so<br />
finden die Vorschriften der §§ 1205 und 1206 BGB Anwendung.<br />
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32<br />
Besonderes gilt, wenn es sich um das Pfandrecht an einer Forderung<br />
handelt (§§ 1279 i.V.m. 1280–1290 BGB). Hier ist vor allem auf § 1280<br />
BGB hinzuweisen (s. schon o. I.). Danach ist die Verpfändung einer<br />
Forderung, zu deren Übertragung der Abtretungsvertrag genügt, nur<br />
wirksam, wenn der Gläubiger sie dem Schuldner anzeigt. Dadurch wird<br />
sichergestellt, dass der Drittschuldner in Gemäßheit der §§ 1281 und<br />
1282 BGB leistet. Daraus folgt wiederum: Eine Forderung kann von<br />
dem Schuldner unbemerkt abgetreten, nicht jedoch verpfändet werden.<br />
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33<br />
D. Der Schuldbeitritt<br />
Der einen Kredit sichernde Schuldbeitritt ist derzeit gesetzlich nicht geregelt.<br />
Er ist gemäß §§ 311, 241 BGB möglich.<br />
Der Schuldbeitritt kann durch einen Vertrag zwischen dem Sicherungsgeber<br />
und dem Gläubiger sowie durch einen solchen zwischen<br />
dem Sicherungsgeber und dem Schuldner entstehen.<br />
I. Schuldbeitritt durch Vertrag zwischen Sicherungsgeber und<br />
Gläubiger<br />
In einem solchen Falle tritt der Sicherungsgeber als Gesamtschuldner<br />
(§§ 421 ff. BGB) neben den bisherigen Alleinschuldner. Abzugrenzen<br />
ist der Schuldbeitritt sodann gegebenenfalls zur Bürgschaft sowie zum<br />
Garantieversprechen (vgl. o. A.III.1. a) und b)).<br />
Der Schuldbeitritt ist ein nicht-akzessorisches Sicherungsmittel. Die<br />
Wirksamkeit der Verpflichtung des Sicherungsgebers ist nur bei der<br />
Entstehung der Verbindlichkeit vom Bestand der gesicherten Verbindlichkeit<br />
abhängig. Im Übrigen ist der Schuldbeitritt grundsätzlich unabhängig<br />
von dem Schicksal der Verbindlichkeit im Verhältnis zwischen<br />
dem Gläubiger und dem weiteren Schuldner. So kann sich beispielsweise<br />
der Sicherungsgeber grundsätzlich nicht auf die Verjährung des<br />
Anspruches des Gläubigers gegenüber dem Schuldner berufen (vgl.<br />
dazu § 425 I, II BGB).<br />
Der Schuldbeitritt ist anders als die Bürgschaft grundsätzlich formfrei<br />
(im Zweifel Bürgschaft, s.o. A.III.1. a))<br />
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34<br />
II. Schuldbeitritt durch Vertrag zwischen Sicherungsgeber und<br />
Schuldner<br />
In einem solchen Falle kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen<br />
werden, dass der Sicherungsgeber mit dem bisherigen Alleinschuldner<br />
zum Gesamtschuldner wird. Der Sicherungsnehmer ist an der Verpflichtungserklärung<br />
des Sicherungsgebers nicht beteiligt. Sicherungsgeber<br />
und Schuldner verabreden einen Vertrag zu Gunsten des Sicherungsnehmers<br />
(vgl. §§ 328 ff. BGB). Dabei kann es sich um einen echten<br />
oder um einen unechten Vertrag zu Gunsten Dritter handeln. Zu<br />
beachten ist die Auslegungsregel des § 329 BGB.<br />
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35<br />
E. Die Grundschuld<br />
Die Grundschuld führt zu einer dinglichen Belastung eines Grundstückes.<br />
Sie ist der Hypothek weitgehend ähnlich. Der bedeutsamste<br />
Unterschied zwischen Grundschuld und Hypothek liegt in dem Umstand<br />
begründet, dass die Grundschuld ohne Bestehen einer zu sichernden<br />
Forderung bestellt werden kann. Die Grundschuld ist mithin<br />
nicht-akzessorisch (vgl. § 1192 I BGB).<br />
Abgesehen von der Forderung kennt die Grundschuld die gleichen<br />
Voraussetzungen für ihre Entstehung wie die Hypothek (vgl. o. B. vor<br />
I.), also:<br />
• [1.] Einigung<br />
• [2.] Eintragung<br />
• [3.] Übergabe des Grundschuldbriefes bzw. Ausschluss der<br />
Brieferteilung<br />
Zu beachten ist die Norm des § 1192 I BGB, die auf die Vorschriften<br />
der §§ 1113 ff. BGB verweist.<br />
I. Die isolierte Grundschuld<br />
Bei der Grundschuld besteht die Möglichkeit, dass der Eigentümer eines<br />
Grundstücks dem Sicherungsnehmer eine Grundschuld an seinem<br />
Grundstück bestellt, ohne dass dieser gegen ihn eine Forderung innehält<br />
oder erlangt. Für diesen Fall kann der Inhaber der Grundschuld<br />
vom Grundstückseigentümer nicht Zahlung, aber nach §§ 1192 I, 1147<br />
BGB die Duldung der Zwangsvollstreckung ins Grundstück sowie Befriedigung<br />
verlangen.<br />
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36<br />
II. Die Eigentümergrundschuld<br />
Eine Grundschuld kann nach § 1196 I BGB auch für den Eigentümer<br />
bestellt werden. Das geschieht vor allem aus rangwahrenden Gründen.<br />
Zur Bestellung der Eigentümergrundschuld genügt ein entsprechender<br />
Antrag gegenüber dem Grundbuchamt, gerichtet auf Eintragung.<br />
III. Die Sicherungsgrundschuld<br />
In aller Regel wird die Grundschuld zur Sicherung einer Forderung als<br />
sog. Sicherungsgrundschuld bestellt.<br />
Während die Verknüpfung von Sicherungsmittel und Forderung bei der<br />
Hypothek gesetzlich geregelt ist, erfolgt bei der Sicherungsgrundschuld<br />
diese Verbindung durch eine schuldrechtliche Abrede<br />
zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer (Sicherungsvertrag).<br />
Im Sicherungsvertrag verabreden die Parteien den Zweck<br />
der Sicherung. Auch wenn es sich bei der Sicherungsgrundschuld um<br />
eine nicht-akzessorische Sicherung handelt, kann nach h.M. durch Abrede<br />
zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden, dass der Bestand<br />
der Forderung zur aufschiebenden oder auflösenden Bedingung<br />
für den Bestand der Grundschuld gemacht wird. Damit nähert sich die<br />
Grundschuld der Hypothek.<br />
In der Praxis hat mit Blick auf die fehlende Akzessorietät die Sicherungsgrundschuld<br />
die Hypothek als Sicherungsmittel weitgehend verdrängt.<br />
Ist die Forderung noch nicht zur Entstehung gelangt, kann der<br />
Gläubiger die Sicherungsgrundschuld (anders als die Hypothek) bereits<br />
erwerben, s.o..<br />
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37<br />
F. Das Sicherungseigentum<br />
Die Sicherungsübereignung ist bei beweglichen Sachen heute praktisch<br />
in vielen Fällen an die Stelle des Faustpfandrechts getreten.<br />
Im Wege der Sicherungsübereignung wird eine Vertragspflicht des<br />
Schuldners gegenüber dem Gläubiger gesichert. Der Sicherungsgeber<br />
übereignet dem Gläubiger eine bewegliche Sache. Erfüllt der Schuldner<br />
seine vertraglichen Pflichten gegenüber dem Gläubiger nicht, so<br />
kann sich dieser durch Verwertung des sicherungsweise übereigneten<br />
Eigentums befriedigen.<br />
Die Sicherungsübereignung ist nicht akzessorisch. Die Verknüpfung<br />
von zu Grunde liegender Forderung und Sicherung schafft der Sicherungsvertrag,<br />
der den Sicherungszweck bestimmt.<br />
Sicherungsgeber und persönlicher Schuldner müssen nicht personenidentisch<br />
sein. In der Regel übereignet der Sicherungsgeber dem<br />
Gläubiger eine bewegliche Sache zur Sicherheit, um einen ihm gewährten<br />
Kredit zu sichern.<br />
Für die Sicherungsübereignung kommt grundsätzlich jeder Übereignungstatbestand<br />
in Betracht. In der Regel geschieht die Übereignung<br />
nach §§ 929, 930 BGB. Danach bleibt der Sicherungsgeber unmittelbarer<br />
Besitzer, der Gläubiger wird mittelbarer Eigenbesitzer.<br />
Grundsätzlich setzt Sicherungseigentum folgendes voraus:<br />
• [1.] Einigung<br />
• [2.] Besitzmittlungsverhältnis<br />
• [3.] Berechtigung des Sicherungsgebers<br />
I. Einigung<br />
Notwendig ist eine Einigung zwischen Sicherungsgeber und Gläubiger.<br />
Das Entstehen der Forderung ist wegen der fehlenden Akzessorietät<br />
der Sicherungsübereignung keine Voraussetzung für die Entstehung<br />
von Sicherungseigentum auf Seiten des Sicherungsnehmers. Das Bestehen<br />
der Forderung kann aber im Rahmen der dinglichen Einigung<br />
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38<br />
zur Bedingung für den Erwerb des Sicherungseigentums gemacht<br />
werden.<br />
Grundsätzlich behält der Sicherungsnehmer das Eigentum auch dann,<br />
wenn die zu sichernde Forderung erloschen ist. Die Parteien des Sicherungsvertrages<br />
können aber eine auflösende Bedingung in dem<br />
Sinne verabreden, dass das Eigentum bei Tilgung der Schuld automatisch<br />
an den Sicherungsgeber zurück fallen soll.<br />
II. Das Besitzmittlungsverhältnis<br />
Erforderlich ist ein Besitzmittlungsverhältnis i.S.d. § 868 BGB. Dabei<br />
reicht jedes Verhältnis aus, durch das ein Nutzungsrecht oder eine<br />
Verwaltungspflicht des unmittelbaren Besitzers begründet wird.<br />
! Merke: Es ist allgemein anerkannt, dass die Sicherungsabrede für<br />
sich ein hinreichend konkretes Besitzmittlungsverhältnis i.S.d.<br />
§ 868 BGB darstellt, wenn sich nur aus ihr ergibt, dass der Sicherungsgeber<br />
solange zum Besitz berechtigt sein soll, bis der Sicherungsnehmer<br />
die Sache zur Befriedigung seiner Forderung herausverlangt.<br />
III. Sonderproblem: Übereignung von Sachgesamtheiten<br />
Ein Problem entsteht unter Umständen, wenn der Sicherungsgeber<br />
Sachgesamtheiten, beispielsweise Lagerbestände, zum Gegenstand<br />
einer Übereignung macht. Die Übereignung muss sich dann nämlich<br />
auf hinreichend bestimmte Sachen beziehen, weil ansonsten der<br />
sachenrechtliche Grundsatz der Spezialität nicht gewahrt ist. Daraus<br />
folgt, dass die zur Sicherheit übereigneten Sachen im Sicherungsvertrag<br />
so eindeutig bezeichnet werden müssen, dass sie allein auf Grund<br />
des Vertrages (im Lager) identifiziert werden können. Eine bloße Bestimmbarkeit<br />
anhand von außerhalb des Vertrages liegenden Umständen<br />
ist nicht ausreichend. In der Praxis sind sog. Raumsicherungs-<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
39<br />
verträge und sog. Markierungsverträge üblich, bei denen das Sicherungsgut<br />
in einem speziellen Teil des Lagers aufbewahrt bzw. bei denen<br />
das zu sichernde Gut in besonderer Weise gekennzeichnet wird.<br />
! Achtung: Grundsätzlich wird dem sachenrechtlichen Grundsatz<br />
der Spezialität dadurch Rechnung getragen, dass man alle Gegenstände,<br />
die sich in einem Lager befinden, übereignet. Dann jedoch gerät<br />
der Sicherungsnehmer in die Gefahr der Übersicherung.<br />
Bei einem Warenlager mit einem wechselnden Bestand von Waren<br />
können auch erst zukünftig in das Lager verbrachte Waren durch sog.<br />
antizipierte Einigung und durch antizipiertes Besitzkonstitut übereignet<br />
werden. Der Gläubiger bzw. Sicherungsnehmer erwirbt sodann<br />
Eigentum, wenn der Sicherungsgeber den Besitz an dem Sicherungsgut<br />
von einem Dritten erlangt oder die Sache entsteht. Erforderlich ist<br />
aber auch dann ein hinreichendes Kenntlichmachen, durch das ohne<br />
weiteres deutlich wird, welcher einzelne Gegenstand übereignet wird.<br />
IV. Der Sicherungsvertrag<br />
Der Sicherungsvertrag führt zur treuhänderischen Bindung des Eigentums<br />
bei dem Sicherungsnehmer.<br />
Der Sicherungsvertrag begründet die Verpflichtung zur Sicherungsübereignung,<br />
legt die zu sichernde Forderung fest und bestimmt, was<br />
die Verwaltung, Verwertung und Rückübertragung des Sicherungsgutes<br />
betrifft. Verletzungen des Sicherungsvertrages können (Schadensersatz-)Ansprüche<br />
aus § 280 I BGB auslösen.<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
40<br />
V. Problem: Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung (§ 138<br />
BGB)/Verstoß gegen § 307 BGB<br />
Unter Umständen ist die Sicherungsübereignung wegen Verstoßes<br />
gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder auf Grund Verstoßes gegen<br />
die Bestimmungen über allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff.<br />
BGB) nichtig. Die Nichtigkeit der Sicherungsabrede führt in der Regel<br />
auch zur Unwirksamkeit der Übereignung. Dafür spricht der Umstand,<br />
dass ansonsten der Sicherungsnehmer das Eigentum erlangen würde,<br />
ohne zugleich treuhänderisch dem Sicherungsgeber gegenüber gebunden<br />
zu sein. Damit wäre der angestrebte Schutz des Sicherungsgebers<br />
verfehlt.<br />
Für die Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung haben sich die<br />
nachfolgend geschilderten Fallgruppen herausgebildet:<br />
[1.] Knebelung<br />
Eine zur Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung führende Knebelung<br />
liegt vor, wenn die Verpflichtung des Schuldners, dem Gläubiger<br />
Sicherheit zu leisten, dazu führt, dass der Sicherungsgeber ganz oder<br />
doch wesentlich in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt<br />
wird. Voraussetzung für eine Knebelung i.d.S. ist eine vertragliche<br />
Abrede, nach der der Schuldner in eine seine wirtschaftliche<br />
Stellung vernichtende Abhängigkeit zum Gläubiger gerät.<br />
[2.] Gefährdung weiterer Gläubiger des Sicherungsgebers<br />
Eine Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung kann sich weiterhin<br />
aus dem Umstand ergeben, dass sich der Sicherungsnehmer leichtfertig<br />
über Belange etwaiger anderer Gläubiger des Sicherungsgebers<br />
hinweg setzt. Für die Sittenwidrigkeit der Sicherungsabrede sowie der<br />
Übereignung ist es ausreichend, dass der Sicherungsnehmer mit<br />
der Möglichkeit rechnet, dass der Schuldner andere Gläubiger<br />
über seine (des Schuldners) Kreditwürdigkeit täuschen muss o-<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
41<br />
der zum Vertragsbruch gegenüber anderen Kreditgebern verleitet<br />
wird.<br />
[3.] Die Übersicherung<br />
Eine Übersicherung liegt dann vor, wenn der Wert der sicherungsübereigneten<br />
Sachen den Wert der zu sichernden Forderung erheblich<br />
überschreitet. Die Einzelheiten hierzu werden streitig diskutiert.<br />
Besondere Bedeutung ist in diesem Zusammenhang den sog. Freigabeklauseln<br />
beizumessen. Diese werden regelmäßig zur Vermeidung<br />
einer nachträglichen Übersicherung (beispielsweise nach Tilgung eines<br />
Teilbetrages) von den Parteien in den Sicherungsvertrag aufgenommen.<br />
Bei einer Freigabeklausel handelt es sich um den formularmäßig<br />
festgelegten Anspruch des Sicherungsgebers gegenüber dem<br />
Sicherungsnehmer, nicht mehr benötigte Sicherheiten zurück zu erhalten.<br />
Nach früherer Rechtsprechung musste eine Freigabeklausel ermessensunabhängig<br />
ausgestaltet sein, eine bestimmte Deckungsgrenze<br />
angeben und Bezugsgrößen festlegen. Genügten die formularmäßig<br />
getroffenen Abreden diesen Voraussetzungen nicht, so war in der Folge<br />
die gesamte Sicherungsübereignung nichtig. Dieser Umstand<br />
war rechtlichen Bedenken ausgesetzt, da die vollständige Nichtigkeit in<br />
der Regel nicht den Interessen der Parteien entsprach und in unbilliger<br />
Weise den nicht gesicherten Gläubigern zu Gute kam.<br />
In der Folge hat der BGH zunächst bei der sicherungsweisen Übereignung<br />
von Einzelgegenständen eine Ausnahme gemacht: Danach hat<br />
der BGH eine ausdrückliche Freigabeklausel nicht mehr für erforderlich<br />
gehalten und eine Unwirksamkeit selbst dann nicht angenommen,<br />
wenn die Parteien der Sicherungsabrede einen Freigabeanspruch<br />
ausdrücklich ausgeschlossen haben. Diese Rechtsprechung führte<br />
nicht zum Ausschluss eines Freigabeanspruches durch den Sicherungsgeber.<br />
Vielmehr hat der BGH im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung<br />
und aus dem Wesen der fiduziarischen Sicherungsgeschäfte<br />
einen von einer ausdrücklichen Regelung im Ver-<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
42<br />
trag losgelösten Freigabeanspruch begründet. Inzwischen hat der<br />
große Senat des BGH (NJW 1998, 671) die erwähnte Rechtsprechung<br />
auf formularmäßig bestellte Globalsicherheiten erweitert. In der Entscheidung<br />
vom 27.11.1997 heißt es wie folgt:<br />
„Der Sicherungsgeber hat bei formularmäßig bestellten, revolvierenden<br />
Globalsicherungen im Falle nachträglicher Übersicherung<br />
einen ermessensunabhängigen Freigabeanspruch auch dann,<br />
wenn der Sicherungsvertrag keine oder eine ermessensabhängig<br />
ausgestaltete Freigabeklausel enthält.<br />
Bei formularmäßig bestellten, revolvierenden Globalsicherungen<br />
sind weder eine ausdrückliche Freigaberegelung noch eine zahlenmäßig<br />
bestimmte Deckungsgrenze noch eine Klausel für die<br />
Bewertung der Sicherungsgegenstände Wirksamkeitsvoraussetzungen.<br />
Enthält die formularmäßige Bestellung revolvierender Globalsicherungen<br />
keine ausdrückliche oder eine unangemessene Deckungsgrenze,<br />
so beträgt diese Grenze (unter Berücksichtigung der Kosten<br />
für Verwaltung und Verwertung der Sicherheit), bezogen auf<br />
den realisierbaren Wert der Sicherungsgegenstände, 110 % der<br />
gesicherten Forderungen.<br />
Allgemein gültige Maßstäbe für die Bewertung der Sicherungsgegenstände<br />
bei Eintritt des Sicherungsfalles lassen sich im voraus<br />
weder bei der Sicherungsübereignung noch bei einer Globalabtretung<br />
festlegen.<br />
Die Grenze für das Entstehen eines Freigabeanspruchs für Sicherungsgut<br />
liegt regelmäßig bei 150 % des Schätzwerts (§ 237 S. 1<br />
BGB).“<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
43<br />
G. Die Sicherungsabtretung<br />
Bei der Sicherungsabtretung (= Sicherungszession) sichert der Sicherungsgeber<br />
eine vertragliche Verpflichtung des Schuldners gegenüber<br />
dem Gläubiger, indem er dem Gläubiger eine Forderung, die gegenüber<br />
einem Dritten besteht, abtritt. In der Praxis sind Sicherungsgeber<br />
und Schuldner in der Regel identisch.<br />
I. Der Sicherungsvertrag<br />
Zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer (Gläubiger)<br />
wird wie bei der Sicherungsübereignung ein Sicherungsvertrag<br />
geschlossen, der auch hier die Verbindung von gesicherter Vertragspflicht<br />
und sichernder Forderung herstellt. Eine Einziehungsermächtigung<br />
des Sicherungsgebers, die im Sicherungsvertrag regelmäßig<br />
bestimmt wird, entstammt dem Geheimhaltungsbedürfnis der Parteien.<br />
Die Ermächtigung ermöglicht es, dass der Sicherungsgeber die nunmehr<br />
dem Gläubiger zustehende Forderung im eigenen Namen geltend<br />
machen kann. Die Zulässigkeit der Einziehungsermächtigung wird<br />
aus § 185 BGB abgeleitet. Überdies wird sie in § 362 II BGB vorausgesetzt.<br />
II. Abtretung zukünftiger Forderungen<br />
Auch eine zukünftige Forderung kann Gegenstand einer Sicherungsabtretung<br />
sein, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinreichend<br />
bestimmbar ist. Die Bestimmbarkeit muss erst vorliegen, wenn<br />
die Forderung entstanden ist. Dann muss die konkret fragliche Einzelforderung<br />
ohne Zweifel der Vereinbarung über die Abtretung zuzuordnen<br />
sein.<br />
Hat der Sicherungsgeber mit dem Drittschuldner die Unabtretbarkeit<br />
der Forderung vereinbart, geht die Sicherungszession ins Leere (§ 399<br />
BGB kommt dingliche Wirkung zu!). Ein gutgläubiger Erwerb einer<br />
Forderung ist grundsätzlich nicht möglich. Für Kaufleute gilt die<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
44<br />
Sonderbestimmung des § 354 a HGB. Danach ist eine Abtretung unter<br />
bestimmten Voraussetzungen trotz Abrede über den Abtretungsausschluss<br />
wirksam.<br />
III. Die Globalzession<br />
Eine Globalzession liegt vor, wenn alle im Geschäftsbetrieb des<br />
Schuldners begründeten gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen<br />
abgetreten werden. Wie schon bei der Sicherungsübereignung kommt<br />
auch bei einer Globalzession ein Verstoß gegen § 138 BGB sowie ein<br />
Verstoß gegen die Bestimmungen über allgemeine Geschäftsbedingungen<br />
(§§ 305 ff. BGB) in Betracht.<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
45<br />
H. Der Eigentumsvorbehalt<br />
Bei dem Eigentumsvorbehalt handelt es sich um ein Sicherungsmittel,<br />
dass v.a. bei Kaufverträgen Anwendung findet. Der Verkäufer als<br />
Gläubiger und Sicherungsnehmer sichert seinen Kaufpreisanspruch<br />
gegen den Käufer (Schuldner und Sicherungsgeber) durch einen dinglichen<br />
Herausgabeanspruch für den Fall, dass der Käufer seiner Verpflichtung<br />
zur Kaufpreiszahlung nicht nachkommt.<br />
I. Grundlegendes<br />
Anders als bei den Personal- und Realsicherheiten vollzieht sich die<br />
Sicherung des Gläubigers im Falle eines Eigentumsvorbehaltes dadurch,<br />
dass der Gläubiger seine Pflicht zur Übereignung des Kaufgegenstandes<br />
so lange nicht zu erfüllen hat, wie der Schuldner seiner<br />
Pflicht (zur Zahlung des Kaufpreises) nicht nachgekommen ist.<br />
Seine Grundlage findet der Eigentumsvorbehalt in der Regel im Kaufvertrag.<br />
Dort verpflichtet sich der Verkäufer zur Übergabe des Kaufgegenstandes<br />
sowie zur aufschiebend bedingten Übereignung. Häufiger<br />
findet sich eine derartige Regelung auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
des Verkäufers. Die Abrede im Kaufvertrag stellt<br />
die schuldrechtliche Sicherungsabrede dar. Der Kaufvertrag selbst<br />
wird jedoch unbedingt geschlossen.<br />
Dinglich entsteht der Eigentumsvorbehalt, indem der Veräußerer dem<br />
Käufer die Sache übergibt (§ 929 S. 1 BGB) oder ein Übergabesurrogat<br />
verabredet (§§ 930, 931 BGB) und in dem sich Veräußerer und<br />
Käufer dinglich darüber einigen, dass das Eigentum erst im Falle des<br />
Eintritts einer (aufschiebenden) Bedingung übergehen soll (§§ 929,<br />
158 I BGB).<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
46<br />
II. Das Anwartschaftsrecht<br />
Durch die aufschiebend bedingte Übereignung erlangt der Vorbehaltskäufer<br />
ein Anwaltschaftsrecht an dem Kaufgegenstand. Das Anwartschaftsrecht<br />
ist die Vorstufe zum Erwerb eines Vollrechts. Das Anwartschaftsrecht<br />
wird überwiegend wie folgt definiert:<br />
„Von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts<br />
müssen schon so viele Erfordernisse erfüllt sein, dass der Veräußerer<br />
die Rechtsposition des Erwerbers nicht mehr durch<br />
einseitige Erklärung zerstören kann (BGHZ 45, 186, 189 f.).“<br />
Der wichtigste Fall des Anwartschaftsrechts im Wege bedingten Erwerbes<br />
ist der Erwerb einer beweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt.<br />
Eine ganz ähnliche Anwartschaft hat der Sicherungsgeber bei<br />
Sicherungsübereignung und Sicherungszession, wenn diese durch die<br />
Tilgung der zu sichernden Forderung auflösend bedingt sind (vgl. o.)<br />
Das Anwartschaftsrecht wird auch als „wesensgleiches Minus“ zum<br />
Vollrecht bezeichnet und deshalb weitgehend rechtlich wie das Vollrecht<br />
behandelt, so beispielsweise bei der Übertragung eines Anwartschaftsrechts<br />
nach §§ 929 ff. BGB.<br />
Verfügt der Vorbehaltskäufer über das Anwartschaftsrecht, so ist er insoweit<br />
als (dinglich) Berechtigter anzusehen. Soweit dem Vorbehaltskäufer<br />
durch den Vertrag mit dem Veräußerer untersagt ist, das Anwartschaftsrecht<br />
zu übertragen, wirkt dieses Verbot nicht dinglich, s.<br />
dazu § 137 BGB. Es ist aber stets zu prüfen, ob der Anwartschaftsberechtigte<br />
als Berechtigter über das (sein) Anwartschaftsrecht oder als<br />
Nichtberechtigter über das Eigentum verfügt.<br />
Mit Blick auf die bei den Sicherungsrechten bislang diskutierte Frage<br />
nach der Akzessorietät gilt für den Eigentumsvorbehalt folgendes: Ist<br />
die dem Eigentumsvorbehalt zu Grunde liegende Verpflichtung (aus<br />
Kaufvertrag) nicht wirksam entstanden oder ist sie nachträglich entfallen<br />
(beispielsweise durch Rücktritt), so kann die Bedingung, unter der<br />
der Käufer das Vollrecht Eigentum erwerben sollte, nicht eintreten. Der<br />
Veräußerer bleibt sodann Eigentümer, der Käufer ist nicht zur Zahlung<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
47<br />
verpflichtet. Im Falle der Unwirksamkeit des Kaufvertrages kann der<br />
Eigentümer seinen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB geltend<br />
machen. Dem Käufer steht ein Besitzrecht aus § 986 I BGB nicht zu.<br />
III. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt<br />
Eine bedeutsame Sonderform des Eigentumsvorbehalts ist der verlängerte<br />
Eigentumsvorbehalt. Er ist eine Verbindung aus Eigentumsvorbehalt<br />
und Sicherungszession. Die Sicherungszession ersetzt<br />
das Vorbehaltseigentum als Kreditsicherungsmittel, da der Verkäufer<br />
das Vorbehaltseigentum mit der Veräußerung durch den Käufer an einen<br />
Endabnehmer des Kaufgegenstandes verliert. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt<br />
findet vor allem dort Berücksichtigung, wo es sich<br />
bei dem Vorbehaltskäufer um einen Zwischenhändler handelt und die<br />
Sache von diesem lediglich zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben<br />
wird. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt stützt sich regelmäßig auf<br />
vier Abreden:<br />
• [1.] Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts zwischen Verkäufer<br />
und Käufer<br />
• [2.] Ermächtigung des Käufers durch den Verkäufer nach § 185<br />
BGB mit der Folge, dass die Sache im Rahmen einer ordnungsgemäßen<br />
Geschäftsführung weiter veräußert werden<br />
kann<br />
• [3.] Abtretung der Kaufpreisforderung, die aus dem Kaufvertrag<br />
zwischen dem Käufer und dessen Abnehmer entsteht (Abtretung<br />
zur Sicherheit und im voraus, § 398 S. 2 BGB)<br />
• [4.] Ermächtigung des Käufers durch den Verkäufer zur Einziehung<br />
der Forderung, die dem Käufer gegenüber dem Endabnehmer<br />
zusteht<br />
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48<br />
3. Kapitel: Die Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages<br />
Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, wie sich eine etwaige<br />
Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages auf die Bestellung der Sicherheit<br />
auswirkt.<br />
Der Sicherungsvertrag ist schuldrechtlicher Natur. Ist der Vertrag unwirksam,<br />
beispielsweise weil die für den Vertrag gesetzlich vorgeschriebene<br />
Form nicht eingehalten worden ist, bedeutet dies<br />
nicht zwingend, dass daraus auch die Unwirksamkeit der bestellten<br />
Sicherheit folgt. Auf Grund des Abstraktionsprinzips ist zwischen<br />
der<br />
- Sicherungsabrede als Verpflichtungsgeschäft und der<br />
- Bestellung der Sicherheit als Erfüllungsgeschäft<br />
zu unterscheiden.<br />
A. Bürgschaft und Schuldbeitritt<br />
Bei den Personalsicherheiten der Bürgschaft und des Schuldbeitritts ist<br />
zu beachten, dass der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber nur<br />
auf Grund eines wirksamen Sicherungsvertrages in Anspruch nehmen<br />
kann. Wenn das der Bürgschaft oder dem Schuldbeitritt zu Grunde liegende<br />
Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, besteht ein derartiger<br />
Anspruch des Sicherungsnehmers (Gläubigers) nicht. In Betracht<br />
kommen allenfalls Sekundäransprüche (beispielsweise ein Anspruch<br />
aus § 122 I BGB nach erfolgter Anfechtung).<br />
B. Die Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages bei den Realsicherheiten<br />
Grundsätzlich berührt die etwaige Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts<br />
(Sicherungsvertrag) das Erfüllungsgeschäft nicht.<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
49<br />
Anders ist dies allerdings dann, wenn der Sicherungsvertrag auf Grund<br />
Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig ist. Hier wird das an sich „neutrale“<br />
Erfüllungsgeschäft als sittenwidrig betrachtet, weil sich in der Bestellung<br />
der Sicherheit gerade der missbilligenswerte Charakter des Verpflichtungsgeschäfts<br />
verfestigt.<br />
Für den Fall, dass der Sicherungsvertrag unwirksam ist, die Sicherheit<br />
aber gleichwohl wirksam bestellt worden ist, bedarf es hinsichtlich der<br />
Realsicherheit eines Rückübertragungsaktes. Darauf hat der Sicherungsgeber<br />
einen bereicherungsrechtlichen Anspruch, er kann das Sicherungsmittel<br />
nach § 812 I 1, 1. Alt. BGB heraus verlangen.<br />
C. Eigentumsvorbehalt<br />
Beim Eigentumsvorbehalt sind die Sicherungsabrede und das die Forderung<br />
begründende Schuldverhältnis identisch. Bei Unwirksamkeit<br />
kann die Bedingung, bei deren Eintritt der Sicherungsgeber das Vollrecht<br />
erwirbt, nicht eintreten. Hinsichtlich seiner schon erbrachten Leistungen<br />
steht dem Sicherungsgeber (Schuldner) gegen den Gläubiger<br />
ein Bereicherungsanspruch zu.<br />
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50<br />
4. Kapitel: Fehlende Valutierung<br />
Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, wie es sich verhält, wenn<br />
der Sicherungsvertrag wirksam verabredet und die Sicherheit bestellt<br />
worden ist, der Gläubiger jedoch den Kreditbetrag noch nicht ausbezahlt<br />
hat.<br />
A. Bürgschaft<br />
Ein Anspruch aus Bürgschaft kann vor Auszahlung der Kreditsumme<br />
nicht in Betracht kommen. Für eine Verpflichtung aus Bürgschaft ist es<br />
nämlich erforderlich, dass eine gesicherte Forderung vorliegt (§ 767 I 1<br />
BGB).<br />
B. Hypothek<br />
Wie die Bürgschaft kann auch die Hypothek nicht ohne die zu sichernde<br />
Forderung zur Entstehung gelangen. Es ist jedoch möglich,<br />
die Hypothek für eine künftige Forderung zu bestellen, § 1113 II BGB.<br />
Bis zur Entstehung der zu sichernden Verbindlichkeit des Schuldners<br />
besteht dann ein Eigentümergrundschuld nach §§ 1163 I 1, 1177 I<br />
BGB.<br />
C. Pfandrecht<br />
Das vertragliche Pfandrecht kann bereits vor der Valutierung bestellt<br />
werden. Das Pfandrecht sichert sodann eine künftige Forderung, die<br />
im Zeitpunkt der Bestellung des Pfandrechts zumindest näher bestimmbar<br />
sein muss, § 1204 II BGB.<br />
Der Pfandgläubiger darf sich vor Valutierung nicht durch Pfandverkauf<br />
befriedigen (§§ 1228 I, 1233 ff. BGB). Er ist hierzu erst berechtigt, sobald<br />
die Forderung ganz oder zumindest zum Teil fällig ist, mithin<br />
Pfandreife eingetreten ist, § 1228 II BGB.<br />
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51<br />
D. Sicherungsgrundschuld, Sicherungsübereignung, Sicherungszession<br />
Bei den Sicherungsmitteln Sicherungsgrundschuld, Sicherungsübereignung<br />
und Sicherungszession handelt es sich um nicht-akzessorische<br />
Sicherheiten (vgl. o.). Hier ist die wirksame Bestellung des Sicherungsmittels<br />
von der Valutierung unabhängig.<br />
I. Anspruch auf Rückerhalt des Sicherungsmittels<br />
Ist die gesicherte Forderung nicht wirksam entstanden, kann sich aus<br />
den vertraglichen Beziehungen zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer<br />
ein Rückübertragungsanspruch ergeben. Regelt der Sicherungsvertrag<br />
diesen Fall nicht ausdrücklich, kann die bestehende<br />
Vertragslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen<br />
werden.<br />
II. Abwehr drohender Verwertung der Sicherheit<br />
Sucht der Sicherungsnehmer die Sicherheit vor der Valutierung des<br />
Kreditbetrages zu verwerten, muss sich der Sicherungsgeber gegen<br />
die drohende Verwertung zur Wehr setzen können.<br />
- Bei der Sicherungsgrundschuld wird der Sicherungsnehmer regelmäßig<br />
eine sog. vollstreckbare Urkunde nach §§ 794 Nr. 5, 800 I<br />
ZPO innehaben. Geht der Sicherungsnehmer aus dieser Urkunde<br />
vor, so kann sich der Sicherungsgeber hiergegen im Wege der<br />
Vollstreckungsabwehrklage (§§ 795, 767 ZPO) erwehren.<br />
- Bei einer Sicherungsübereignung wird der Sicherungsnehmer einen<br />
Herausgabeanspruch nach § 985 BGB geltend machen. Hiergegen<br />
kann sich der Sicherungsgeber auf ein Besitzrecht nach<br />
§ 986 I BGB berufen.<br />
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52<br />
- Bei der Sicherungsabtretung wendet sich der Sicherungsgeber bei<br />
Einziehung der Forderung an einen Dritten. Dieser kann in der Regel<br />
nicht einwenden, dass der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber<br />
gegenüber zur Geltendmachung des Anspruches nicht berechtigt<br />
ist. Hier steht dem Sicherungsgeber gegenüber dem Sicherungsnehmer<br />
grundsätzlich lediglich ein Schadenersatzanspruch zu<br />
(beispielsweise aus § 280 I oder § 826 BGB).<br />
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53<br />
5. Kapitel: Folgen des Erlöschens der gesicherten<br />
Forderung<br />
Im folgenden Kapitel geht es um die Frage, wie sich das Erlöschen der<br />
gesicherten Forderung auf die Sicherheit auswirkt.<br />
Die Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner kann aus<br />
unterschiedlichen Gründen erlöschen, so beispielsweise durch Erfüllung<br />
nach § 362 I BGB.<br />
Die Situation bei dem Erlöschen der gesicherten Forderung ist der der<br />
fehlenden Valutierung ähnlich. Das Erlöschen ist im Vergleich zur<br />
Nichtvalutierung „endgültiger“.<br />
A. Bürgschaft<br />
Erlischt die Hauptforderung, so wird der Bürge von seiner Verpflichtung<br />
gegenüber dem Gläubiger frei (§ 767 I 1 BGB). Leistet der Bürge<br />
in Unkenntnis des zwischenzeitlichen Erlöschens der Forderung, so<br />
steht ihm gegenüber dem Gläubiger ein Rückforderungsanspruch aus<br />
§ 812 I 1, 1. Alt. BGB zu.<br />
B. Hypothek<br />
Erlischt die gesicherte Forderung, erwirbt der Sicherungsgeber die bestellte<br />
Hypothek als Eigentümergrundschuld (§§ 1163 I 2, 1177 I BGB).<br />
Ist der Sicherungsgeber nicht gleichzeitig persönlicher Schuldner und<br />
befriedigt er den Gläubiger gemäß § 1142 BGB, so geht die gesicherte<br />
Forderung auf ihn, den Sicherungsgeber, über (§ 1143 I BGB). Die ü-<br />
bergegangene Forderung ist sodann mit Blick auf § 1153 I BGB durch<br />
eine Eigentümerhypothek am eigenen Grundstück gesichert, für die<br />
die Vorschriften über die Eigentümergrundschuld Anwendung finden,<br />
solange die Vereinigung von Forderung und Hypothek besteht (§ 1177<br />
II BGB).<br />
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54<br />
C. Pfandrecht<br />
Beim Pfandrecht erlischt dieses mit dem Erlöschen der gesicherten<br />
Forderung, § 1252 BGB.<br />
D. Schuldbeitritt<br />
Im Falle eines Schuldbeitritts stehen dem Gläubiger zwei Schuldner<br />
gegenüber. Nach den Bestimmungen über die Gesamtschuldnerschaft<br />
kann der Gläubiger einen jeden dieser Schuldner nach seinem, des<br />
Gläubigers Belieben ganz oder zu einem Teile in Anspruch nehmen (s.<br />
§ 421 S. 1 BGB). Leistet einer der Gesamtschuldner Zahlung, so wirkt<br />
diese Erfüllung auch für den bzw. die übrigen Schuldner, § 422 I BGB.<br />
Ob die gesicherte Forderung durch die Zahlung eines Gesamtschuldners<br />
erlischt, hängt aber im Übrigen von dem Innenverhältnis der Gesamtschuldner<br />
ab. Zahlt der im Innenverhältnis dem Gläubiger gegenüber<br />
allein zur Zahlung verpflichtete Schuldner, erlischt die Forderung<br />
nach § 362 I BGB. Leistet hingegen der Sicherungsgeber, der im Innenverhältnis<br />
vollständig Ausgleich von dem Schuldner verlangen<br />
kann, Zahlung, bleibt die gesicherte Forderung erhalten. Die Forderung<br />
geht sodann nach § 426 II BGB auf den Sicherungsgeber über.<br />
E. Die Sicherungsgrundschuld<br />
Wird an den Gläubiger einer durch eine Grundschuld gesicherten Forderung<br />
gezahlt, hängt das rechtliche Schicksal der Grundschuld wesentlich<br />
von der Frage ab, ob die Zahlung auf die Forderung, auf die<br />
Grundschuld oder auf beide erfolgt ist.<br />
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55<br />
1. Zahlung auf die Grundschuld<br />
Zahlt der Sicherungsgeber bzw. Schuldner vorrangig auf die Grundschuld,<br />
wandelt sich diese automatisch von einer Fremd- in eine Eigentümergrundschuld<br />
um (§§ 1142, 1143 BGB analog, str.).<br />
Konsequenz der Zahlung auf die Grundschuld ist, dass der Sicherungsgeber<br />
diese zurück erwirbt. Gegen den im Grundbuch eingetragenen<br />
Gläubiger hat er einen Berichtigungsanspruch nach § 894<br />
BGB, im Falle einer Briefgrundschuld den Anspruch auf Herausgabe<br />
des Grundschuldbriefes gem. §§ 985, 952 I BGB.<br />
Hinsichtlich der durch die Grundschuld gesicherten Forderung ist zu<br />
unterscheiden, ob der zahlende Sicherungsgeber zugleich Schuldner<br />
ist oder nicht. Ist der Sicherungsgeber mit dem Schuldner personengleich,<br />
erlischt bei Tilgung der Grundschuld auch die Forderung (§ 362<br />
BGB), da der Sicherungsgeber, der mit dem Schuldner personengleich<br />
ist, stets auch auf die Forderung zahlt. Ist der Sicherungsgeber hingegen<br />
nicht mit dem Schuldner identisch, so geht nach Auffassung der<br />
Rechtsprechung die Forderung nicht unter. Es soll das selbe gelten,<br />
als wenn der Sicherungsgeber auf eine zur Sicherheit bestellte Hypothek<br />
gezahlt hätte. Dann aber erwirbt der mit dem Schuldner nicht personengleiche<br />
Sicherungsgeber die Forderung des Gläubigers, § 1143<br />
BGB.<br />
2. Zahlung auf die Forderung<br />
Zahlt der Sicherungsgeber bzw. Schuldner nur auf die Forderung,<br />
dann bleibt der Gläubiger Inhaber der (Fremd-)Grundschuld. Dem<br />
Sicherungsgeber bzw. Schuldner steht jedoch aus der Sicherungsabrede<br />
sodann ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr der<br />
Grundschuld zu. Da das Grundpfandrecht mit der Rückzahlung der<br />
Kreditsumme nicht mit dinglicher Wirkung an den Sicherungsgeber zurück<br />
fällt, hat dieser nicht den Berichtigungsanspruch aus § 894 BGB,<br />
denn solange der Gläubiger die Grundschuld nicht zurück gewährt, ist<br />
das Grundbuch richtig.<br />
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56<br />
Der Anspruch des Sicherungsgebers gegenüber dem Gläubiger auf<br />
Rückgewähr der Grundschuld hängt im wesentlichen von den im Sicherungsvertrag<br />
getroffene Regelungen ab. So ist beispielsweise an<br />
• eine Aufhebung (§§ 1192, 875, 1183 BGB) oder<br />
• eine Rückübertragung (§§ 1192, 1154 BGB)<br />
zu denken. In diesen Fällen entsteht sodann eine Eigentümergrundschuld.<br />
3. Zahlung auf Forderung oder Zahlung auf Grundschuld?<br />
Angesichts der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist es bedeutsam festzustellen,<br />
ob Zahlungen auf die Grundschuld oder auf die Forderung<br />
geleistet werden.<br />
In der Bankenpraxis treffen die Parteien des Sicherungsvertrages<br />
regelmäßig eine Anrechnungsabrede. Die Kreditinstitute drängen<br />
in ihren Klauselwerken darauf, dass die Rückzahlungen des Darlehens<br />
nur auf die persönliche Schuld, nicht auch auf die Grundschuld<br />
geleistet werden. So bleibt dem Kreditgeber die Grundschuld<br />
dinglich erhalten, bis der Kredit vollständig zurück gezahlt worden ist<br />
und der Sicherungsgeber seinen Rückgewähranspruch geltend machen<br />
kann.<br />
Vorrangig ist jedoch der Wille des Zahlenden. Im Einzelnen:<br />
• Erklärt der Zahlende abredewidrig, er leiste auch auf die Grundschuld,<br />
muss der Gläubiger widersprechen, wenn keine Eigentümergrundschuld<br />
entstehen soll.<br />
• Auch ist der Wille des Zahlenden dann maßgeblich, wenn die Sicherungsabrede<br />
ausnahmsweise keine Anrechnungsklausel enthält.<br />
• Fehlen konkrete Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Zahlenden,<br />
so ist der Wille durch Auslegung unter Berücksichtigung der<br />
Interessenlage zu ermitteln. Zahlt der alleinige und persönliche<br />
Schuldner, so wird er auf die Forderung leisten wollen.<br />
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57<br />
• Zahlt der alleinige Sicherungsgeber, so ist davon auszugehen,<br />
dass er auf die Grundschuld leisten will, die er auf diesem Wege<br />
zurück erhält.<br />
• Steht der Sicherungsgeber bzw. Schuldner mit dem Gläubiger in<br />
einer dauernden Geschäftsverbindung, ist davon auszugehen,<br />
dass die Zahlung auf die Forderung erfolgt, weil die Grundschuld<br />
auf diesem Wege als Sicherungsmittel erhalten bleibt.<br />
• Bei ratenweiser Zahlung wird im Zweifel auf die Forderung gezahlt<br />
werden.<br />
• Zahlt der Schuldner bzw. der Sicherungsgeber den Betrag vollständig<br />
zurück, so wird er mangels anderer Anhaltspunkte Forderung<br />
und Grundschuld tilgen wollen.<br />
F. Sicherungsübereignung und Sicherungszession<br />
Das Erlöschen der gesicherten Forderung zieht unterschiedliche Konsequenzen<br />
nach sich, abhängig u.a. davon, was der Sicherungsvertrag<br />
im einzelnen vorsieht.<br />
Macht der Sicherungsvertrag das Erlöschen der Forderung zur auflösenden<br />
Bedingung, fällt das sicherungsübereignete Eigentum bzw. die<br />
sicherungsweise abgetretene Forderung mit dem Untergang der zu sichernden<br />
Forderung ohne weiteres wieder dem Sicherungsgeber zu.<br />
Ist der Sicherungsnehmer bzw. Gläubiger lediglich schuldrechtlich verpflichtet,<br />
das Sicherungseigentum bzw. die sicherungsweise abgetretene<br />
Forderung zurück zu übertragen, bedarf es hierzu eines entsprechenden<br />
Verfügungsaktes (zur Sicherungsübereignung s. § 929 S. 2<br />
BGB).<br />
Soweit der Sicherungsvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung darüber<br />
enthält, was nach Erlöschen der gesicherten Forderung mit dem<br />
Sicherungsmittel geschehen soll, muss im Wege der Auslegung eine<br />
Lösung gesucht werden. Die Rechtsprechung ist der Auffassung,<br />
dass im Zweifel eine ausdrückliche Rückübereignung zu fordern<br />
ist. Die Sicherungsübereignung bzw. –zession sei ein nicht-akzessorisches<br />
Sicherungsmittel und die Verknüpfung von Sicherung und For-<br />
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58<br />
derung über eine auflösende Bedingung mit der Folge begrenzter Akzessorietät<br />
bedürfe einer ausdrücklichen dahingehenden Abrede.<br />
G. Eigentumsvorbehalt<br />
Erlischt die Kaufpreisforderung des Vorbehaltsverkäufers durch Zahlung,<br />
erlischt das Vorbehaltseigentum und das Anwartschaftsrecht des<br />
Käufers wandelt sich mit dem Eintritt der Bedingung zum Vollrecht.<br />
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59<br />
6. Kapitel: Das Geltendmachen von Einreden des<br />
Schuldners durch den personenverschiedenen Sicherungsgeber<br />
Insbesondere dann, wenn Sicherungsgeber und Schuldner nicht personengleich<br />
sind, ist fraglich, wie sich das weitere rechtliche Schicksal<br />
des forderungsbegründenden Schuldnerverhältnisses zwischen<br />
Schuldner und Gläubiger (Kreditvertrag) auf die Sicherungsabrede<br />
zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer (Gläubiger)<br />
auswirkt. Bereits behandelt wurden die Nichtvalutierung und der<br />
Untergang der gesicherten Forderung (Kapitel 4 und Kapitel 5 des<br />
Skripts). Im folgenden geht es um weitere Einwendungen des Schuldners,<br />
wie beispielsweise die Verjährung. Hier ist zu untersuchen, ob<br />
diese Einwendungen dem Sicherungsgeber zu Gute kommen bzw. inwieweit<br />
sie sich auf das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer<br />
auswirken.<br />
A. Bürgschaft<br />
Steht der Schuld aus Kreditvertrag eine rechtshemmende Einrede entgegen,<br />
kann der Bürge diese gegenüber dem Gläubiger nach § 768 I 1<br />
BGB geltend machen. Das hat zur Folge, dass der Bürge die Leistung<br />
dauerhaft verweigern kann (§ 214 I BGB).<br />
Nach § 768 II BGB verliert der Bürge eine Einrede nicht dadurch, dass<br />
der Hauptschuldner auf sie verzichtet.<br />
§ 770 BGB bestimmt, dass der Bürge die Befriedigung des Gläubigers<br />
verweigern kann, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht,<br />
dass seiner Verbindlichkeit zu Grund liegende Rechtsgeschäft anzufechten<br />
bzw. so lange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine<br />
fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. § 770<br />
BGB trägt dem Umstand Rechnung, dass die Entscheidung darüber,<br />
ob die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung angefochten<br />
oder eine Aufrechnung erklärt wird, nur durch die berechtigte Partei,<br />
den Hauptschuldner selbst, getroffen werden kann. Wenn aber das<br />
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60<br />
Gestaltungsrecht seitens des Hauptschuldners erst ausgeübt wird,<br />
nachdem der Bürge bereits gezahlt hat, ist dieser auf einen Rückgewähranspruch<br />
aus ungerechtfertigter Bereicherung angewiesen und<br />
trägt das beim Gläubiger vorhandene Insolvenzrisiko. Um den Bürgen<br />
vor letzterem zu schützen, räumt ihm das Gesetz die Möglichkeit ein,<br />
eine Einrede gegen die Verpflichtung aus Bürgschaft zu erheben. Diese<br />
besteht grundsätzlich solange wie auch das Gestaltungsrecht ausgeübt<br />
werden kann.<br />
§ 770 BGB gilt entsprechend für andere Gestaltungsrechte, insbesondere<br />
für das gesetzliche oder vertragliche Rücktrittsrecht.<br />
Klagt der Gläubiger gegen den Schuldner aus dem forderungsbegründenden<br />
Schuldverhältnis und wird der Gläubiger mit der Klage rechtskräftig<br />
abgewiesen, wirkt dieses Urteil auch zu Gunsten des Bürgen<br />
(vgl. § 767 I 1 BGB). Ist der Gläubiger mit seiner Klage gegen den<br />
Schuldner erfolgreich, wirkt sich dies nicht auch zwingend auf den<br />
Bürgen aus. Die Rechtskraft im Verhältnis zwischen Gläubiger und<br />
Schuldner erstreckt sich nicht auf den am Prozess nicht beteiligten<br />
Bürgen. Er kann immer noch einwenden, die Hauptschuld bestehe<br />
nicht (mehr). Ein Urteil im Prozess zwischen Gläubiger und Bürge wirkt<br />
sich im Verhältnis zum Hauptschuldner gleichfalls nicht aus (Hauptanwendungsfall<br />
ist die selbstschuldnerische Bürgschaft).<br />
B. Hypothek<br />
§ 1137 I BGB bestimmt, dass der Eigentümer gegen die Hypothek die<br />
dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung sowie die nach<br />
§ 770 BGB einem Bürgen zustehenden Einreden geltend machen<br />
kann.<br />
Eine Besonderheit gilt nach § 216 I BGB: Die Verjährung eines Anspruchs,<br />
für den eine Hypothek besteht, hindert den Berechtigten<br />
nicht, seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstande zu suchen.<br />
Der „Hypothekenschuldner“ steht mithin schlechter als ein Bürge<br />
dar.<br />
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61<br />
C. Pfandrecht<br />
§ 1211 BGB stellt die den §§ 1137, 768, 770 BGB im Pfandrecht entsprechende<br />
Vorschrift dar. Wie schon bei der Hypothek gilt auch für<br />
das Pfandrecht § 216 I BGB.<br />
D. Sicherungsgrundschuld<br />
Bei der Sicherungsgrundschuld ist § 1137 BGB nicht anwendbar. Dem<br />
Sicherungsgeber stehen daher die Einreden des persönlichen Schuldners<br />
nicht kraft gesetzlicher Anordnung zu. Allerdings kann sich der<br />
Sicherungsgeber auf den Sicherungsvertrag berufen. Aus diesem<br />
lässt sich – wenigstens im Wege ergänzender Vertragsauslegung –<br />
ableiten, dass der Gläubiger die Grundschuld nur im Rahmen der gesicherten<br />
Forderung geltend machen darf. Wenn daher beispielsweise<br />
dem Schuldner die Verbindlichkeit gestundet worden ist, kommt dies<br />
auch dem Sicherungsgeber zu Gute.<br />
E. Sicherungsübereignung und Sicherungszession<br />
I. Sicherungsübereignung<br />
Auf schuldnerbezogene Einreden kann sich der Sicherungsgeber gegenüber<br />
dem Sicherungsnehmer nur über die Sicherungsabrede berufen.<br />
Bei einer Auslegung des Sicherungsvertrages ist bei Zweifeln<br />
§ 1211 BGB analog anzuwenden (die Sicherungsübereignung als<br />
„verdecktes Pfandrecht“).<br />
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62<br />
II. Sicherungszession<br />
Bei der Sicherungsabtretung ergibt sich insofern etwas besonderes,<br />
als das die Geltendmachung der Forderung regelmäßig nicht beim Sicherungsgeber,<br />
sondern beim sog. Drittschuldner erfolgt. Dieser aber<br />
kann Einreden aus dem Sicherungsvertrag nicht geltend machen.<br />
Der Drittschuldner soll zwar durch eine sicherungsweise Abtretung<br />
nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden.<br />
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63<br />
7. Kapitel: Übertragung von Forderung und Sicherung<br />
auf Dritte<br />
Zusätzliche Probleme ergeben sich dann, wenn der Gläubiger die zu<br />
sichernde Forderung an einen Dritten abtritt oder der Sicherungsnehmer<br />
die Sicherheit auf einen Dritten überträgt. Wegen § 137 S. 1 BGB<br />
können derartige Verfügungen nicht mit dinglicher Wirkung verhindert<br />
werden.<br />
Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, welche rechtlichen<br />
Konsequenzen sich mit dem Umstand verbinden, dass der Sicherungsnehmer<br />
über das Sicherungsgut als Nichtberechtigter verfügt; die<br />
fehlende Berechtigung wird sich regelmäßig an den rechtlichen Beziehungen<br />
zum Sicherungsgeber orientieren. In diesem Zusammenhang<br />
ist fraglich, ob der Dritte (derjenige, an den das Sicherungsgut verfügt<br />
wurde) das Sicherungsmittel gutgläubig erworben hat.<br />
A. Bürgschaft<br />
Tritt der Gläubiger die zu sichernde Forderung an einen Dritten ab, so<br />
geht nach § 401 BGB die Sicherheit (Bürgschaft) auf den Dritten kraft<br />
Gesetzes über. Grund hierfür ist die strenge Akzessorietät der Bürgschaft,<br />
die sich auch bei der Übertragung der zu sichernden Forderung<br />
auswirkt.<br />
Ist allein der Bürgschaftsvertrag zwischen Sicherungsgeber (Bürgen)<br />
und Gläubiger nicht wirksam zustande gekommen, kann der Dritte<br />
durch die Abtretung der zu sichernden (Kredit-)Forderung allein diese,<br />
aber keine Rechte gegen den Bürgen erwerben. Es gibt grundsätzlich<br />
keinen gutgläubigen Erwerb einer Forderung (s. aber § 405 BGB). Besteht<br />
zudem die gesicherte Forderung nicht, erwirbt der Dritte weder<br />
Forderung noch Ansprüche aus der Bürgschaft.<br />
© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04
64<br />
B. Hypothek<br />
Im Falle der Hypothek kann der Gläubiger die hypothekarisch gesicherte<br />
Forderung auf üblichem Wege an einen Dritten übertragen. Es<br />
ist jedoch auf die Bestimmung des § 1154 BGB zu achten. Danach ist<br />
zur Abtretung der Forderung Erteilung der Abtretungserklärung in<br />
schriftlicher Form sowie die Übergabe des Hypothekenbriefes erforderlich.<br />
In diesem Zusammenhang ist auch die Bestimmung des<br />
§ 1117 BGB zu berücksichtigen (§ 1154 I 1, 2. Hs. BGB). Nach § 1154<br />
II BGB kann die schriftliche Form der Abtretungserklärung dadurch ersetzt<br />
werden, dass die Abtretung in das Grundbuch eingetragen wird<br />
(beachten Sie bitte auch § 1154 III BGB!). § 1154 BGB ist Ausdruck<br />
der strengen Akzessorietät der Hypothek. Das macht es erforderlich,<br />
dass das im Sachenrecht geltende Offenkundigkeitsprinzip auch<br />
auf die Forderung übertragen wird.<br />
! Achtung: Um eine hypothekarisch gesicherte Forderung wirksam<br />
abzutreten, muss der Gläubiger die Formvorschrift des § 1154 BGB<br />
beachten.<br />
Hat der Gläubiger die Forderung in der Form des § 1154 BGB wirksam<br />
übertragen, so geht die Hypothek kraft Gesetzes auf den Dritten über,<br />
§ 1153 I BGB. Nach § 1153 II BGB kann die Forderung nicht ohne die<br />
Hypothek, die Hypothek nicht ohne die Forderung übertragen werden.<br />
Probleme ergeben sich dann, wenn die Hypothek nicht wirksam zur<br />
Entstehung gelangt ist.<br />
I. Unwirksamkeit der Bestellung der Hypothek<br />
Ist die Hypothekenbestellung unwirksam, beispielsweise weil es nicht<br />
zu einer wirksamen Einigung zwischen Gläubiger und Sicherungsgeber<br />
gekommen ist, so stellt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen<br />
für den Fall, dass der Gläubiger die Forderung an einen<br />
Dritten überträgt. Grundsätzlich ist dann die Möglichkeit des Erwerbs<br />
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65<br />
der Hypothek kraft guten Glaubens vom Nichtberechtigten zu prüfen.<br />
Hierbei ist allerdings zwischen dem gutgläubigen Erwerb einer<br />
Buch- sowie dem gutgläubigen Erwerb einer Briefhypothek zu unterscheiden.<br />
Ist der Gläubiger nicht Inhaber der Buchhypothek, aber als solcher im<br />
Grundbuch eingetragen, so kann der Dritte das Grundpfandrecht über<br />
§ 892 BGB gutgläubig erwerben.<br />
Eine Forderung, die durch eine Briefhypothek gesichert ist, erwirbt der<br />
Dritte nach § 1154 I BGB dadurch, dass der Gläubiger eine schriftliche<br />
Abtretungserklärung abgibt und den Hypothekenbrief übergibt. Die Abtretungserklärung<br />
in schriftlicher Form kann durch die Eintragung der<br />
Abtretung im Grundbuch ersetzt werden (§ 1154 II BGB). Wenn letzteres<br />
– wie regelmäßig – nicht geschieht, vollziehen sich Übertragung<br />
von Forderung und Hypothek außerhalb des Grundbuches. Das<br />
Grundbuch weist daher nicht mit Sicherheit den Eingetragenen als Inhaber<br />
des Rechts aus. Der Gutglaubenserwerb ist beim Buchrecht ü-<br />
ber das Grundbuch hinaus auch auf frühere Abtretungen erweitert<br />
worden, die nicht im Grundbuch erscheinen, aber öffentlich beglaubigt<br />
sind (§§ 1155, 129 BGB).<br />
! Achtung: Es gilt der Satz „Die Kette der öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen<br />
ist Projektion tatsächlich nicht vorgenommener<br />
Grundbucheintragungen“. Damit wirken die Abtretungserklärungen so,<br />
als seien sie externe Bestandteile des Grundbuchs.<br />
II. Nichtbestehen der Forderung<br />
Besteht die Forderung, die der Gläubiger an einen Dritten abtritt, nicht<br />
und sind alle sonstigen Voraussetzungen für die Entstehung der Hypothek<br />
gegeben, so kommt es zur Ausbildung einer Eigentümergrundschuld<br />
(§§ 1163 I 1, 1177 I BGB).<br />
Ist der Gläubiger zum Zeitpunkt der Übertragung von Forderung und<br />
Hypothek im Grundbuch eingetragen oder i.S.d. § 1154 BGB (vgl. o.)<br />
legitimiert, kann er dem Dritten eine Hypothek ohne Forderung (sog.<br />
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66<br />
„forderungsentkleidete“ Hypothek) verschaffen, wenn der Dritte<br />
hinsichtlich des Bestehens der Forderung gutgläubig gewesen ist. Die<br />
Möglichkeit hierzu schafft § 1138 BGB. Danach gelten die Vorschriften<br />
der §§ 891–899 BGB für die Hypothek auch in Ansehung der Forderung.<br />
! Achtung: § 1138 BGB durchbricht den Grundsatz der Akzessorietät<br />
zwischen Forderung und Hypothek. Dies geschieht, um dem Grundsatz,<br />
dass ein in das Grundbuch eingetragenes Recht gutgläubig erworben<br />
werden kann (§ 892 BGB), zum Durchbruch zu verhelfen.<br />
Konsequenz daraus ist, dass der Dritte eine Hypothek ohne Forderung<br />
erwirbt. Allerdings ist strikt darauf zu achten, dass § 1138 BGB nicht<br />
dazu führt, dass der Dritte auch die Forderung erwirbt. Hier bleibt es<br />
bei dem Grundsatz, dass ein gutgläubiger Forderungserwerb grundsätzlich<br />
nicht möglich ist.<br />
Konsequenz des oben Gesagten ist es, dass der Dritte sodann gegen<br />
den Sicherungsgeber aus der Hypothek, nicht aber gegen den Schuldner<br />
aus der Forderung vorgehen kann. Der Eigentümer des Grundstückes<br />
kann sich gegenüber der Geltendmachung der Hypothek nicht mit<br />
der Einwendung verteidigen, die gesicherte Forderung bestehe nicht,<br />
soweit der Erwerber gutgläubig auf die Eintragung vertrauen durfte.<br />
III. Doppelmangel von Forderung und Hypothek<br />
Abschließend ist der Fall zu diskutieren, in dem die zu sichernde Forderung<br />
nicht entstanden und zudem die Hypothek an einem weiteren<br />
Wirksamkeitsmangel leidet.<br />
Beispiel: Die Kreditsumme aus dem Darlehensvertrag zwischen<br />
Schuldner und Gläubiger ist nicht zur Auszahlung gelangt. Bei der<br />
Bestellung der Hypothek fehlt es an der notwendigen dinglichen<br />
Einigung.<br />
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67<br />
Wird in einem derartigen Falle die angebliche Forderung mit der angeblich<br />
wirksam bestellten Hypothek an einen gutgläubigen Dritten abgetreten,<br />
so kann der Dritte mangels Möglichkeit gutgläubigen Forderungserwerbs<br />
eine Forderung gegen den Schuldner nicht erlangen.<br />
Hinsichtlich der Hypothek ist hingegen ein gutgläubiger Erwerb möglich.<br />
Dabei ist auf die zweifache Funktion von § 892 BGB zu achten.<br />
Zum einen verhilft § 892 BGB zur Überwindung des Mangels bei der<br />
dinglichen Einigung. Zum anderen wird § 892 BGB im Rahmen des<br />
§ 1138 BGB benötigt, damit der gutgläubige Erwerb der Hypothek<br />
nicht aus Gründen der ansonsten zu fordernden Akzessorietät scheitert<br />
(vgl. o.).<br />
! Achtung: Einen Sonderfall stellt die Sicherungshypothek dar. Hier<br />
ist nach § 1185 II BGB die Bestimmung des § 1138 BGB nicht anwendbar<br />
(s. auch § 1184 I BGB). Ein gutgläubiger Erwerb der Sicherungshypothek<br />
ist daher nur dann möglich, wenn die gesicherte Forderung<br />
besteht. Aufgrund der strengen Akzessorietät ist die Sicherungshypothek<br />
im Bankenwesen die große Ausnahme.<br />
C. Pfandrecht<br />
Wenn sich der Pfandgläubiger als Sicherungsnehmer gegenüber einem<br />
Erwerber als Eigentümer des Pfandes ausgibt, kann dieser (Dritte)<br />
nach §§ 932 ff. BGB das Eigentum des Verpfänders (Sicherungsgebers)<br />
gutgläubig erwerben.<br />
Will der Gläubiger dem Dritten lediglich das Pfandrecht an der Sache<br />
verschaffen und bestehen gesicherte Forderung und Pfandrecht, so<br />
erwirbt der Dritte die Forderung nach § 398 BGB, das Pfandrecht nach<br />
§§ 1250 I S. 1, 401 I BGB. Besteht die gesicherte Forderung nicht, gibt<br />
es kein Pfandrecht. Der gutgläubige Dritte kann das Pfandrecht nicht<br />
ohne Forderung erwerben. Eine dem § 1138 BGB entsprechende Vorschrift<br />
gibt es in den Vorschriften über das Pfandrecht nicht. Besteht<br />
lediglich die gesicherte Forderung, aber nicht das Pfandrecht, weil die-<br />
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ses nicht wirksam bestellt wurde, so erwirbt der Dritte die Forderung,<br />
nicht aber das Pfandrecht (str.).<br />
D. Sicherungsgrundschuld<br />
Der Gläubiger kann eine durch eine Grundschuld gesicherte Forderung<br />
nach § 398 BGB auf einen Dritten übertragen. Dabei ist die Wahrung<br />
von § 1154 BGB nicht notwendig. § 1154 BGB ist für die durch<br />
eine Grundschuld gesicherten Forderungen nicht nötig, weil hier eine<br />
Trennung von Forderung und Hypothek gesetzlich zugelassen ist. Der<br />
Gläubiger kann mithin die Forderung behalten und nur die Grundschuld<br />
übertragen, er kann die Grundschuld behalten und die Forderung<br />
übertragen, schließlich kann er auch Forderung und Grundschuld<br />
an unterschiedliche Personen weiterreichen.<br />
Wenn die Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner wirksam<br />
besteht, die Grundschuld aber nicht wirksam bestellt wurde, so<br />
kann der Dritte von dem Gläubiger die Forderung nach § 398 BGB erwerben.<br />
Die Grundschuld kann er erwerben über § 892 BGB (Buchgrundschuld)<br />
sowie § 892 BGB, gegebenenfalls i.V.m. § 1155 BGB,<br />
(Briefgrundschuld).<br />
Wenn die zu sichernde Forderung nicht wirksam entstanden ist, kann<br />
der Abtretungsempfänger zwar keine Forderung gegenüber dem<br />
Schuldner erhalten, er erwirbt aber die Grundschuld, und zwar selbst<br />
dann, wenn er weiß, dass dem Gläubiger keine Forderung gegen den<br />
Schuldner zustand. Grund hierfür ist, dass der Dritte nicht kraft guten<br />
Glaubens vom Nichtberechtigten, sondern vom Berechtigten erwirbt.<br />
Bestehen sowohl Forderung als auch Grundschuld bei der Übertragung<br />
durch den Gläubiger auf einen Dritten nicht, so kann der Dritte<br />
zwar keine Forderung, aber über § 892 BGB, gegebenenfalls § 1155<br />
BGB, die Grundschuld gutgläubig erwerben.<br />
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69<br />
E. Sicherungsübereignung<br />
Die Sicherungsübereignung geschieht regelmäßig nach §§ 929, 930<br />
BGB. Der Sicherungsnehmer ist sodann mittelbarer Besitzer, der Sicherungsgeber<br />
unmittelbarer Fremdbesitzer. Der Sicherungsnehmer<br />
erwirbt an den sicherungsübereigneten Gegenständen Volleigentum.<br />
War die Sicherungsübereignung im Verhältnis zwischen Sicherungsgeber<br />
und Sicherungsnehmer wirksam, kann der Sicherungsnehmer<br />
einem Dritten durch die Veräußerung des sicherungsweise übereigneten<br />
Gegenstands das Eigentum hieran verschaffen. Er kann zudem<br />
einem Dritten seinen (potentiellen) Herausgabeanspruch gegenüber<br />
dem Sicherungsgeber abtreten, in Folge dessen der Dritte nach<br />
§§ 929, 931 BGB Eigentümer wird.<br />
Tritt der Sicherungsnehmer die gesicherte Forderung zusammen mit<br />
der Sicherung an einen Dritten ab, geht die Forderung nach § 398 S. 2<br />
BGB auf den Dritten über, das Sicherungsgut nach §§ 929, 930 BGB.<br />
Der Sicherungsgeber, der zugleich auch persönlicher Schuldner ist,<br />
kann die gesicherte Forderung durch Zahlung an den Dritten zum Erlöschen<br />
bringen. Sofern der Schuldner nichts von der Abtretung an<br />
den Dritten weiß und deshalb an den bisherigen Gläubiger leistet, wird<br />
er nach § 407 I BGB frei.<br />
Welche Konsequenzen die Zahlung mit erfüllender Wirkung auf die Sicherung<br />
hat, ist abhängig davon, ob die Sicherungsübereignung auflösend<br />
bedingt vereinbart worden ist und somit ohne weiteres mit dem<br />
Erlöschen der Forderung endet, oder ob die Parteien verabredet haben,<br />
dass nach Ende des Sicherungszweckes die Rückübereignung<br />
förmlich vollzogen werden muss. Letzteres ist im Zweifel anzunehmen.<br />
Die auflösende Bedingung wirkt auch gegen den Dritten, dass folgt aus<br />
§ 161 I, II BGB. Über § 161 III BGB ist es allerdings möglich, dass der<br />
Dritte gutgläubig lastenfreies Eigentum erwirbt. Wenn nämlich ein<br />
Nichtberechtigter nach §§ 932 ff. BGB sogar das Eigentum des Berechtigten<br />
entfallen lassen kann, so muss dies erst Recht für das Anwartschaftsrecht<br />
gelten. § 161 III BGB verweist auf § 936 BGB, der<br />
das Erlöschen von Rechten Dritter beim gutgläubigen Erwerb bestimmt.<br />
Zu berücksichtigen ist allerdings § 936 III BGB. Weil der Siche-<br />
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rungsgeber im Falle der Sicherungsübereignung regelmäßig unmittelbarer<br />
Besitzer der Sache ist, wird der Gläubiger an den Dritten in Gemäßheit<br />
von § 931 BGB veräußern. Dann erlischt aber das Anwartschaftsrecht<br />
auch gegenüber dem gutgläubigen Dritten nicht.<br />
War die Sicherungsübereignung im Verhältnis Sicherungsgeber und<br />
Sicherungsnehmer (Gläubiger) unwirksam, überträgt der Gläubiger nur<br />
sein vermeintliches Sicherungseigentum auf den Dritten, er verfügt<br />
mithin als Nichtberechtigter. Der Dritte kann dann nach § 934 BGB Eigentümer<br />
werden.<br />
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71<br />
8. Kapitel: Fragen des Rückgriffs<br />
Ist der Sicherungsgeber nicht personenidentisch mit dem Schuldner<br />
und wird der Sicherungsgeber von dem Gläubiger bzw. Sicherungsnehmer<br />
in Anspruch genommen stellt sich die Frage, inwieweit das<br />
sich für den Sicherungsgeber verwirklichte Risiko „weiter gereicht“<br />
werden kann.<br />
Die gesetzlich bestimmten Sicherungsmittel verfügen mit Ausnahme<br />
der Sicherungsgrundschuld über eine Regelung, wonach sich der<br />
Rückgriff des Sicherungsgebers gegenüber dem Schuldner vollzieht.<br />
A. Bürgschaft<br />
Die maßgebliche Norm für den Rückgriff im Rahmen der Bürgschaft ist<br />
§ 774 BGB. § 774 BGB ordnet einen gesetzlichen Forderungsübergang<br />
an. Die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner geht<br />
kraft Gesetzes auf den Bürgen über, soweit dieser den Gläubiger befriedigt.<br />
Der Umfang in dem der Bürge die gesicherte Forderung erwirbt, orientiert<br />
sich vorrangig an der Höhe der Zahlung, durch die der Gläubiger<br />
befriedigt wird.<br />
Ein wesentlicher Sinn des gesetzlichen Forderungsübergangs liegt<br />
darin, dass der zahlende Bürge mit der gesicherten Forderung auch<br />
die parallel zur Bürgschaft bestehenden Sicherheiten erwirbt (vgl.<br />
§§ 412, 401 BGB). Der gesetzliche Forderungsübergang ist damit das<br />
juristische Mittel, um dem in Anspruch genommenen Sicherungsgeber<br />
den Zugriff auf weitere Sicherheiten zu ermöglichen.<br />
Zu beachten ist zudem § 776 BGB. Gibt der Gläubiger eine parallele<br />
Sicherheit auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen<br />
Rechte nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Nach<br />
§ 776 S. 2 BGB gilt dies selbst dann, wenn das aufgegebene Recht<br />
(Sicherheit) erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.<br />
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72<br />
B. Hypothek<br />
Die maßgebliche Rückgriffsnorm für die Hypothek stellt § 1143 BGB<br />
dar.<br />
Wenn der Sicherungsgeber, der Eigentümer des mit einer Hypothek<br />
belasteten Grundstückes, vom Hypothekengläubiger nach § 1147 BGB<br />
in Anspruch genommen wird, darf er die drohende Zwangsvollstreckung<br />
durch Zahlung an den Gläubiger abwenden (§ 1142 BGB). Die<br />
Folge der Zahlung des Sicherungsgebers an den Gläubiger ist der Ü-<br />
bergang der gesicherten Forderung von dem Gläubiger auf den Sicherungsgeber<br />
(§ 1143 BGB). Mit der Forderung gegen den Schuldner<br />
erlangt der Sicherungsgeber auch die sichernde Hypothek an seinem<br />
eigenen Grundstück, eine Eigentümerhypothek, §§ 1143, 1153 II, 412,<br />
401 BGB. Die Rechte aus der Hypothek bestimmen sich nach den für<br />
die Eigentümergrundschuld geltenden Vorschriften (§ 1177 II BGB).<br />
C. Pfandrecht<br />
Der Rückgriff beim Pfandrecht regelt sich über die Bestimmung des<br />
§ 1225 BGB. § 1225 BGB ist Parallelnorm zu § 1143 BGB (Hypothek)<br />
bzw. 774 BGB (Bürgschaft). Der Verpfänder muss die Verwertung des<br />
Pfandes nicht hinnehmen. Ihm steht nach § 1223 II BGB das Recht zur<br />
Einlösung zu. Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner, erwirbt<br />
er durch gesetzliche Forderungsabtretung die Forderung des<br />
Pfandgläubigers gegen den Schuldner. Mit der Forderung geht das<br />
Pfandrecht nach §§ 1250, 412, 401 BGB auf den Verpfänder über.<br />
War der Verpfänder Eigentümer der Pfandsache, erlischt das Pfandrecht,<br />
§ 1256 I BGB.<br />
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73<br />
D. Das Problem des Wettlaufs der Sicherungsgeber<br />
Eine zu sichernde Forderung kann mit verschiedenen Sicherheiten gesichert<br />
werden. Bei Leistung durch einen Sicherungsgeber, der nicht<br />
mit dem persönlichen Schuldner identisch ist, stellt sich die Frage nach<br />
dem Regress. Eine gesetzliche Regelung hierüber enthält das BGB<br />
nicht.<br />
§ 401 BGB enthält scheinbar eine Lösung derartiger Fälle. Nach § 401<br />
BGB müsste der als erstes Zahlende mit der Abtretung kraft Gesetzes<br />
nach §§ 1143 BGB oder 1225 BGB zugleich das weitere Sicherungsmittel<br />
erwerben, so dass er vollständig bei einem weiteren Sicherungsgeber<br />
Regress nehmen könnte. So erscheint derjenige Sicherungsgeber<br />
am besten geschützt, der als erster auf die Forderung des<br />
Gläubigers zahlt. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht interessengerecht.<br />
Eine Lösung des Problems ergibt sich aus dem gesetzlichen Leitbild<br />
der Mitbürgschaft. Maßgeblich für den Rückgriff der Sicherungsgeber<br />
untereinander ist letztlich ihr Innenverhältnis. Der Ausgleichsanspruch<br />
analog § 426 BGB richtet sich nach der für das Innenverhältnis<br />
geltenden Haftungsquote. Sofern die Beteiligten keine besonderen<br />
Vereinbarungen getroffen haben, ist davon auszugehen, dass die Sicherheiten<br />
in gleichem Maße für die gesicherte Forderung haften sollen.<br />
Dies gilt grundsätzlich für alle Sicherungsmittel untereinander.<br />
Auch der Bürge ist nach vorherrschender Auffassung trotz der Möglichkeit<br />
der persönlichen und nicht dinglich beschränkten Inanspruchnahme<br />
nicht besser zu stellen.<br />
E. Schuldbeitritt<br />
Maßgebliche Regressnorm bei der den Schuldbeitritt kennzeichnenden<br />
Gesamtschuldnerschaft ist § 426 BGB. Die beiden Absätze des § 426<br />
BGB stellen zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen dar.<br />
§ 426 I BGB regelt die Innenforderung im Verhältnis Schuldner und Sicherungsgeber.<br />
Der Sicherungsgeber hat gegenüber dem Schuldner<br />
einen Anspruch auf Freistellung hinsichtlich der Inanspruchnahme<br />
durch den Gläubiger. Musste der Sicherungsgeber gleichwohl an den<br />
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Gläubiger leisten, wandelt sich der Anspruch auf Freistellung in einen<br />
Rückgriffsanspruch um.<br />
§ 426 II BGB betrifft einen Fall des Forderungsüberganges kraft Gesetzes.<br />
Hier geht es um die (Außen-)Forderung des Gläubigers gegenüber<br />
dem Schuldner. Bei Zahlung durch den Sicherungsgeber erwirbt<br />
dieser also nicht nur einen Aufwendungsersatzanspruch (§ 426 I<br />
BGB), sondern zugleich die Forderung, die ursprünglich im Verhältnis<br />
Gläubiger - Schuldner bestand.<br />
F. Sicherungsgrundschuld<br />
Hier ist der Rückgriff des Zahlenden davon abhängig, wie sich die Zahlung<br />
an den Gläubiger auswirkt.<br />
Hinsichtlich des Grundpfandrechts erwirbt der Sicherungsgeber<br />
entweder einen Anspruch auf Rückübertragung (schuldrechtlicher<br />
Rückübertragungsanspruch), wenn er auf die Forderung zahlt, oder er<br />
erwirbt die Grundschuld selbst durch Zahlung auf diese.<br />
Hinsichtlich der Forderung erlischt diese nach h.M. nicht, denn der<br />
Eigentümer will im Zweifel lediglich nur auf die sein Grundstück belastende<br />
Grundschuld und nicht auch auf die fremde persönliche Schuld<br />
leisten. Es entsteht eine Eigentümergrundschuld. Zugleich besteht ein<br />
Anspruch auf Abtretung der Forderung aus der Sicherungsabrede, soweit<br />
der Eigentümer einen Rückgriffsanspruch gegen den persönlichen<br />
Schuldner hat.<br />
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