04.04.2014 Aufrufe

Kreditsicherungsrecht

Kreditsicherungsrecht

Kreditsicherungsrecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

1<br />

<strong>Kreditsicherungsrecht</strong><br />

1. Kapitel: Einleitende Bemerkungen<br />

A. Ausgangslage<br />

Überlässt eine Partei einer anderen zeitlich vorübergehend Geldmittel<br />

in Form eines Darlehens (s. §§ 488 ff. BGB), so steht dem Kreditgeber<br />

gegenüber dem Kreditnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung<br />

des gewährten Darlehens zu. Kommt der Schuldner seiner<br />

Verpflichtung zur Rückzahlung nicht nach, kann der Gläubiger den Anspruch<br />

gerichtlich geltend machen und die titulierte Forderung gegebenenfalls<br />

im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen versuchen<br />

(s. dazu 8. Buch der Zivilprozessordnung, §§ 704 ff. ZPO). Ist der<br />

Schuldner zu diesem Zeitpunkt mittellos, wird der Gläubiger mit seiner<br />

Forderung ausfallen, wenn nicht eine anderweitige Möglichkeit der Befriedigung<br />

seiner finanziellen Interessen besteht. Um für einen solchen<br />

Fall der nachträglich eintretenden Leistungsunfähigkeit des<br />

Schuldners vorzubeugen, besteht die Möglichkeit, dass sich der Gläubiger<br />

im Zusammenhang mit der Gewährung eines Kredites eine Sicherheit<br />

bestellen lässt. Als Sicherungsgeber kommt dabei sowohl<br />

• der Schuldner selbst wie auch<br />

• ein Dritter in Betracht.<br />

Sicherungsgeber<br />

Schuldner selbst (z.B. Bestellung<br />

einer Grundschuld an schuldereigenem<br />

n Grundstück)<br />

Dritter (z.B. Bürge); bei den sog.<br />

Personalsicherheiten (s. dazu<br />

nachfolgend B.I.)<br />

gar nicht anders möglich<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


2<br />

B. Arten der Sicherungsmittel<br />

Nachfolgend zunächst eine kurze Darstellung der unterschiedlichen<br />

Sicherungsmittel, eingeteilt in rechtlich bedeutsame Gruppen.<br />

I. Personalsicherheiten<br />

Personalsicherheiten verschaffen dem Gläubiger neben dem Anspruch<br />

aus Darlehen einen weiteren schuldrechtlichen Anspruch gegen<br />

einen Dritten. Dadurch entsteht eine lediglich relativ geschützte<br />

Rechtstellung, die durch eine mögliche Vermögenslosigkeit auch des<br />

Dritten bedroht ist. Fälle der Personalsicherheit sind<br />

• Bürgschaft<br />

• Schuldbeitritt und<br />

• Garantievertrag.<br />

II. Realsicherheiten<br />

Realsicherheiten gewähren dem Gläubiger ein dingliches Recht an<br />

einem bestimmten Gegenstand des Sicherungsgebers. Hier erhält<br />

der Gläubiger im Gegensatz zur Personalsicherheit ein absolut geschütztes<br />

Recht, das er bei Eintritt des Sicherungsfalles verwerten<br />

kann. Zu den Realsicherheiten zählen<br />

• Pfandrecht an beweglichen Sachen<br />

• Pfandrecht an Rechten<br />

• Grundpfandrechte<br />

• Sicherungsübereignung<br />

• Sicherungsabtretung<br />

• Eigentumsvorbehalt.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


3<br />

Bei den Realsicherheiten wird weiter unterschieden zwischen<br />

• Mobiliarsicherheiten (solche an beweglichen Sachen) und<br />

• Immobiliarsicherheiten (solche an Grundstücken) sowie<br />

• Sicherheiten an Rechten.<br />

III. Akzessorietät<br />

Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der zu sichernden Forderung<br />

und der bestellten Sicherheit ist zwischen<br />

• akzessorischen und<br />

• nicht-akzessorischen<br />

Sicherungsmitteln zu unterscheiden. Die akzessorischen Sicherheiten<br />

sind in ihrem Entstehen, im Umfange sowie im Fortbestehen von der<br />

gesicherten Forderung abhängig. Die bedeutsamsten akzessorischen<br />

Sicherungsmittel sind<br />

• Bürgschaft,<br />

• Hypothek sowie<br />

• Pfandrecht.<br />

Bei der Hypothek ist zu beachten, dass der Grundsatz der Akzessorietät<br />

zu Gunsten der Verkehrsfähigkeit partiell durchbrochen ist (vgl.<br />

§§ 1138, 1156 BGB).<br />

Die nicht-akzessorischen Sicherheiten sind von der zu Grunde liegenden<br />

Forderung unabhängig. Eine Verbindung zwischen gesicherter<br />

Forderung und Sicherungsmittel wird hier lediglich durch den Sicherungsvertrag<br />

erreicht. Zu den nicht-akzessorischen Sicherungsmitteln<br />

zählen<br />

• der Schuldbeitritt,<br />

• die Sicherungsgrundschuld,<br />

• die Sicherungsübereignung sowie<br />

• die Sicherungszession.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


4<br />

! Achtung: Die Unterscheidung zwischen akzessorischen und<br />

nicht-akzessorischen Sicherheiten ist äußerst bedeutsam:<br />

• Für die akzessorischen Sicherungsmittel sind die Sicherungsrechte<br />

Nebenrechte zur Forderung. Dies hat weitreichende<br />

rechtliche Folgen (s. z.B. §§ 765, 767 I 1, 1204, 1210, 401<br />

BGB).<br />

• Die nicht-akzessorischen Sicherungsmittel sind teilweise gesetzlich<br />

nicht geregelt (z.B. die Sicherungsübereignung). Dennoch<br />

gibt es auch hier einen Zusammenhang zwischen der zu<br />

sichernden Forderung und dem Sicherungsmittel. Da das nichtakzessorische<br />

Sicherungsrecht allerdings abstrakt wirksam ist<br />

und dies auch bleibt, werden beispielsweise Rückgewähransprüche<br />

und Einreden auf den Sicherungsvertrag gestützt.<br />

C. Die Beteiligten<br />

Wenn eine Forderung durch ein Sicherungsmittel gesichert wird, sind<br />

zwei Rechtsbeziehungen voneinander zu unterscheiden:<br />

• Das Schuldverhältnis, das die zu sichernde Forderung des Gläubigers<br />

gegen den Schuldner begründet (der Kreditvertrag) und<br />

• das Verhältnis zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber.<br />

Bei den Realsicherheiten verpflichtet sich der Sicherungsgeber gegenüber<br />

dem Sicherungsnehmer in einem Sicherungsvertrag zur Bestellung<br />

der Sicherheit. Die Bestellung der Sicherheit erfolgt sodann durch<br />

dingliche Abrede (z.B. nach § 873 oder – bei beweglichen Sachen -<br />

nach § 929 S. 1 BGB). Sicherungsvertrag und dinglicher Vertrag<br />

sind voneinander abstrakt. Der Sicherungsvertrag ist das Kausalgeschäft,<br />

das durch ein Verfügungsgeschäft erfüllt wird.<br />

Bei den Personalsicherheiten begründet nur ein schuldrechtlicher Vertrag<br />

zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber die Sicherheit.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


5<br />

Es ist also nur ein Rechtsgeschäft notwendig, das sowohl als Sicherungsvertrag<br />

wie auch zur Begründung der Sicherheit als solcher dient.<br />

! Achtung: Gläubiger und Sicherungsnehmer sind nicht notwendigerweise<br />

miteinander identisch, vgl. o. A.. Bei den Personalsicherheiten<br />

ist dies aus rechtlichen Gründen erst gar nicht möglich.<br />

D. Zur Darstellung<br />

Das Skript orientiert sich in der Reihenfolge der Darstellung nicht an<br />

der jeweiligen Sicherheit, sondern an prüfungsrelevanten Fragestellungen.<br />

Innerhalb der Fragestellung wird sodann zwischen akzessorischen<br />

und nicht-akzessorischen Sicherungsmitteln unterschieden. Innerhalb<br />

der akzessorischen und nicht-akzessorischen Sicherungen<br />

werden zunächst die Personal-, dann die Immobiliar- und schließlich<br />

die übrigen Realsicherheiten abgehandelt werden.<br />

Die zu behandelnden Fragen stellen sich im einzelnen wie folgt dar:<br />

- Wie kommt es zur wirksamen Entstehung eines Sicherungsmittels?<br />

→ s. 2. Kapitel<br />

- Welche Folgen hat die etwaige Unwirksamkeit eines Sicherungsvertrages<br />

für die Sicherung als solche?<br />

→ s. 3. Kapitel<br />

- Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn die zu sichernde Forderung<br />

nicht wirksam entstanden ist?<br />

→ s. 4. Kapitel<br />

- Welche rechtlichen Folgen ergeben sich für den Sicherungsgeber,<br />

wenn die zu sichernde Forderung erlischt?<br />

→ s. 5. Kapitel<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


6<br />

- Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen für den Sicherungsgeber,<br />

wenn er die Inanspruchnahme durch den Sicherungsnehmer<br />

verhindern möchte?<br />

→ s. 6. Kapitel<br />

- Welche Konsequenzen ergeben bei der Übertragung von Forderung<br />

bzw. Sicherungsmittel auf Dritte?<br />

→ s. 7. Kapitel<br />

- Wie gestaltet sich die Rechtsbeziehung zwischen dem Sicherungsgeber<br />

und dem Schuldner, wenn ersterer von dem Gläubiger aus<br />

der Sicherheit in Anspruch genommen wird?<br />

→ s. 8. Kapitel<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


7<br />

2. Kapitel: Wirksames Entstehen einer Sicherheit<br />

A. Bürgschaft (§§ 765 ff. BGB)<br />

I. Grundlegendes<br />

Bei der Bürgschaft fallen Hauptschuldner und der Bürge als Sicherungsgeber<br />

stets auseinander, d.h. es muss sich zwingend um zwei<br />

verschiedene Rechtspersönlichkeiten handeln.<br />

§§ 765 ff. BGB weisen zwei Voraussetzungen für das wirksame Entstehen<br />

einer Bürgschaftsverpflichtung auf:<br />

• Der wirksame Abschluss eines Bürgschaftsvertrages zwischen Sicherungsgeber<br />

(Bürge) und Sicherungsnehmer (Gläubiger);<br />

• das Bestehen einer zu sichernden Forderung (vgl. § 765 I BGB).<br />

II. Bürgschaftsvertrag<br />

Der Bürgschaftsvertrag stellt die Sicherungsabrede dar, durch die eine<br />

schuldrechtliche Verpflichtung des Sicherungsgebers (Bürgen) gegenüber<br />

dem Gläubiger begründet wird. Diese Verpflichtung ist von der<br />

des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger rechtlich zu unterscheiden.<br />

Verpflichtung<br />

des Bürgen ggü. Gläubiger<br />

aus Bürgschaftsvertrag<br />

(§§ 765 ff. BGB)<br />

des Schuldners ggü. Gläubiger<br />

= zu sichernde Forderung<br />

(z.B. § 433 BGB)<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


8<br />

1. Form der Bürgschaftserklärung<br />

Für die Erklärung des Bürgen ist nach §§ 766 S. 1, 126 I BGB Schriftform<br />

vorgeschrieben (s. auch § 766 S. 2 BGB!). Zu berücksichtigen ist,<br />

dass der Bürgschaftsvertrag selbst keiner Formvorschrift unterliegt. Eine<br />

ohne Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgegebene<br />

Bürgschaftserklärung ist nach § 125 S. 1 BGB nichtig.<br />

Zweck der Schriftform ist vor allem der Schutz des Bürgen vor Übereilung.<br />

Vom Schriftformerfordernis nicht erfasst sind lediglich solche Abreden,<br />

die die Haftung beschränken, da hier die Schutzfunktion der Formvorschrift<br />

nicht ausgelöst wird.<br />

Bedeutsam ist, dass nach § 350 HGB der Kaufmann (§§ 1 ff. HGB –<br />

nicht zu verwechseln mit dem Unternehmer nach § 14 BGB!) zur formfreien<br />

Verpflichtung in der Lage ist, dies allerdings nur unter der Voraussetzung,<br />

dass sich die Bürgschaftserklärung für ihn als Handelsgeschäft<br />

i.S.d. §§ 343 f. HGB darstellt.<br />

Nach Auffassung der Rechtsprechung (BGH NJW 1997, 3169) reicht<br />

ein Telefax dem Schriftformerfordernis nicht, da hier das Erfordernis<br />

einer eigenhändigen Unterschrift nicht gegeben ist.<br />

2. Inhalt der Erklärung des Bürgen<br />

Das Schriftformerfordernis bedingt die Notwendigkeit der eigenhändigen<br />

Unterschrift des Bürgen und umfasst alle wesentlichen Bestandteile<br />

der Erklärung des Bürgen. Danach muss die Erklärung mindestens<br />

beinhalten:<br />

• Den Gläubiger,<br />

• den Hauptschuldner,<br />

• die zu sichernde Forderung,<br />

• den Bürgen und<br />

• die Erklärung des Bürgen, dass er sich für die Forderung verbürge.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


9<br />

Fehlt es auch nur an einem Element der Bürgschaftserklärung, so leidet<br />

der Bürgschaftsvertrag an Formnichtigkeit.<br />

! Achtung: Bereits die Verpflichtung des Sicherungsgebers zum<br />

Abschluss eines Bürgschaftsvertrages (Vorvertrag) unterliegt der<br />

Formvorschrift des § 766 BGB!<br />

Nach § 766 S. 3 BGB wird die Formnichtigkeit einer Bürgschaftserklärung<br />

durch Leistung des Bürgen an den Gläubiger geheilt. Der<br />

Leistung gleichgestellt sind Erfüllungssurrogate, wie beispielsweise<br />

die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB).<br />

3. Das Problem der Blankobürgschaft<br />

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 132, 119) genügt eine<br />

blankett unterschriebene Urkunde nicht den Anforderungen des § 766<br />

BGB. Der BGH verlangt, dass bei Formbedürftigkeit der Bürgschaft<br />

auch die Ermächtigung im gem. § 766 S. 1 BGB gebotenem Umfang<br />

schriftlich erteilt ist. Eine nachträgliche Genehmigung ist nach h.M.<br />

nicht möglich.<br />

Füllt der Schuldner oder ein Dritter die Urkunde abredewidrig und/oder<br />

ohne eine formgültige Ermächtigung aus und gibt sie an den Gläubiger<br />

weiter, der dies nicht erkennen kann, muss der Bürge die Erklärung<br />

aber gegen sich gelten lassen (§ 172 II BGB analog, BGH, a.a.O.).<br />

! Achtung: Nach BGH ist zu differenzieren:<br />

• Füllt der Schuldner bzw. ein Dritter das Blankett abredewidrig<br />

aus und kann der Gläubiger dies nicht erkennen, so muss der<br />

Bürge die Erklärung gleichwohl gegen sich gelten lassen (§ 172<br />

II BGB analog).<br />

• Konnte der Gläubiger das abredewidrige Ausfüllen des Blanketts<br />

erkennen oder hat der Gläubiger gar selbst das Blankett<br />

abredewidrig vervollständigt, gilt § 172 II BGB nicht.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


10<br />

4. Sonderproblem Anfechtung<br />

Hat sich der Bürge bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages über die<br />

Kreditwürdigkeit des Schuldners geirrt, so berechtigt ihn dies nicht zur<br />

Anfechtung nach § 119 II BGB unter dem Gesichtspunkt des Irrtums<br />

über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person. § 119 II BGB<br />

ist nicht einschlägig, da der Bürge bewusst das Risiko übernimmt, das<br />

der Hauptschuldner seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt. Würde man<br />

eine Anfechtung zulassen, wäre der für die Bürgschaft typische Sicherungszweck<br />

in Frage gestellt.<br />

Täuscht der Hauptschuldner den Bürgen über seine Kreditwürdigkeit,<br />

so berechtigt dies den Bürgen nur dann zur Anfechtung wegen arglistiger<br />

Täuschung nach § 123 BGB, wenn der Gläubiger „bösgläubig“ ist.<br />

Es ist nämlich i.Ü. davon auszugehen, dass der Hauptschuldner als<br />

am Bürgschaftsvertrag nicht beteiligter Dritter im Sinne des § 123 II<br />

BGB anzusehen ist.<br />

5. Sonderproblem Sittenwidrigkeit<br />

Bürgschaftsverträge sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

unwirksam, wenn sie erkennbar Ausdruck einer<br />

strukturellen Unterlegenheit des Bürgen sind und für ihn eine nicht<br />

hinnehmbare, mit seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen<br />

unvereinbare Belastung begründen (BVerfG, Beschl. v. 19.10.1993,<br />

NJW 1994, 36, 2749 gegen die frühere Rechtsprechung des BGH!).<br />

Der BGH setzt diese Vorgabe durch Anwendung des § 138 BGB um.<br />

Dabei ist zu beachten, dass die Annahme der Sittenwidrigkeit die Ausnahme<br />

ist. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann sie bejaht<br />

werden.<br />

Grundvoraussetzung für die Annahme einer Sittenwidrigkeit ist<br />

• ein Näheverhältnis zwischen dem Bürgen und dem Schuldner.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


11<br />

Dabei hat die Rechtsprechung in erster Linie<br />

" Ehepartner und bürgende Kinder einbezogen. Erfasst werden<br />

zudem<br />

" Verlobte sowie<br />

" nicht eheliche Lebensgemeinschaften.<br />

" Nach BGH NJW 1999, 2372 ist dies nicht ohne Weiteres auch<br />

auf das Verhältnis zwischen erwachsenen Geschwistern zu<br />

übertragen.<br />

" Auf Bürgschaften, die ein maßgeblich beteiligter Gesellschafter<br />

für Schulden der GmbH übernimmt, sollen die für<br />

die Ehegattenbürgschaft geltende Rechtsgrundsätze keine<br />

Anwendung finden (BGH NJW 1998, 894).<br />

" Hingegen hat das Kammergericht (MDR 1998, 234) die Bürgschaft<br />

eines Arbeitnehmers als sittenwidrig erkannt, der bei einem<br />

monatlichen Einkommen von 2.000,00 DM das Bürgschaftsversprechen<br />

aus Sorge um seinen Arbeitsplatz für einen<br />

Kredit von 270.000,00 DM abgegeben hatte.<br />

Indizien für die Annahme von Sittenwidrigkeit sollen i.Ü. sein:<br />

• Besonders grobes Missverhältnis zwischen Verpflichtungsumfang<br />

und Leistungsfähigkeit des Bürgen,<br />

• Geschäftsunerfahrenheit,<br />

• Lebensalter,<br />

• Fehlen eines wesentlichen Eigeninteresses sowie<br />

• das etwaige Beratungsverhalten einer kreditgewährenden Bank<br />

allgemein.<br />

Eine krasse finanzielle Überforderung (vgl. o.) ist demnach grundsätzlich<br />

zu bejahen, wenn der Bürge voraussichtlich nicht in der Lage ist,<br />

die laufenden Zinsen mit eigenen finanziellen Mitteln auf Dauer aufzubringen.<br />

In einem solchen Fall soll eine widerlegbare Vermutung dafür<br />

sprechen, dass sich der Bürge von emotionalen Motiven hat leiten lassen<br />

und dies das Kreditinstitut in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt<br />

hat.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


12<br />

Aus der zahlreich veröffentlichten Rechtsprechung sind in diesem Zusammenhang<br />

weiterhin folgende Entscheidungen maßgeblich:<br />

• Veranlassen Eltern ein finanziell noch unselbständiges Kind eine<br />

seine Leistungsfähigkeit weit übersteigende Bürgschaft zu übernehmen,<br />

verletzen sie – auch wenn sie keinen besonderen Druck<br />

ausüben – ihre familienrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (s.<br />

v.a. § 1618 a BGB); es ist zu vermuten, dass die Bank das rechtlich<br />

missbilligte Verhalten der Eltern kannte oder sich dieser Erkenntnis<br />

bewusst verschlossen hat, mit der Folge der Sittenwidrigkeit<br />

der Bürgschaft im Zweifel (BGHZ 125, 206).<br />

• Bei der Entscheidung, ob die Bürgschaft überfordert, ist bei Ehegatten,<br />

die aus vernünftigen Erwägungen, etwa für eine risikobehaftete<br />

aber gemeinsam beschlossene Betriebsgründung einen<br />

Kredit aufnehmen, auf eine Gesamtbetrachtung abzustellen (BGH<br />

NJW 1996, 1274); § 138 ist unanwendbar, wenn eine Beurteilung<br />

ex ante ergibt, dass das Einkommen beider Ehegatten voraussichtlich<br />

zur Deckung der Zins- und Tilgungsraten ausreicht (BGHZ 132,<br />

328, 339). Nach BGH NJW 2001, 2466 ist ein einkommensschwacher<br />

Bürge wirtschaftlich nicht krass überfordert, wenn<br />

er die gesamte Bürgschaftsschuld voraussichtlich durch Verwertung<br />

des von ihm bewohnten Eigenheims zu tilgen vermag.<br />

• Die von einem Ehegatten übernommene Bürgschaft ist nur sittenwidrig,<br />

wenn zu dem Missverhältnis zwischen Verpflichtungsumfang<br />

und Leistungsfähigkeit des Bürgen weitere dem Gläubiger<br />

zurechenbare belastende Umstände hinzutreten (BGH NJW<br />

1997, 1005); mit Blick auf die weiteren Umstände ist zum einen eine<br />

verwerfliche Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit des Bürgen<br />

anerkannt, so beispielsweise wenn das Kreditinstitut das Bürgschaftsrisiko<br />

verharmlost (BGH NJW 1999, 135) oder dem Bürgen<br />

schwerwiegende Risiken verschweigt (BGHZ 125, 206, 217), zum<br />

anderen können weitere Umstände im o.g. Sinne auch in einer<br />

wirtschaftlich sinnlosen Bürgschaft gesehen werden (krasses Missverhältnis<br />

zwischen Haftungsumfang und Leistungsfähigkeit, vgl.<br />

o.).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


13<br />

! Achtung: Der BGH hat sich auch mit der Frage befasst, ob einem<br />

Bürgen, der zeitlich vor der o.g. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

durch den Gläubiger erfolgreich auf Zahlung verurteilt<br />

worden ist, irgendwelche rechtlichen Mittel zur Verfügung, die Vollstreckung<br />

des Gläubigers aus dem Titel zu verhindern. Mit Urteil vom<br />

11.7.2002, NJW 2002, 2940 hat der BGH sowohl die Möglichkeit einer<br />

Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) wie auch die Durchbrechung<br />

der Rechtskraft über § 826 BGB verneint.<br />

Leitsätze zu 2) und 3):<br />

„2. Der Beschluss des BVerfG vom 19.10.1993, mit dem ein die Haftung<br />

eines finanziell überforderten Bürgen betreffendes Urteil des BGH<br />

aufgehoben wurde, bezeichnet nicht eine bestimmte Normauslegung<br />

als mit dem Grundgesetz unvereinbar; daher kann auf diese Entscheidung<br />

nicht eine Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Titel gestützt<br />

werden, der die Forderung aus einem Bürgschaftsvertrag betrifft, welcher<br />

nach nunmehr geltender höchstrichterlicher Rechtsprechung wegen<br />

Sittenwidrigkeit nichtig ist. 3. Die Vollstreckung aus einem vor der<br />

Entscheidung des BVerfG vom 19.10.1993 erwirkten Urteil über die<br />

Forderung aus einer Bürgschaft, die nach nunmehr geltender höchstrichterlicher<br />

Rechtsprechung wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, kann im<br />

Allgemeinen nicht mit der Klage nach § 826 BGB abgewehrt werden.“<br />

S. auch BGH NJW 2002, 2228 und NJW 2002, 2230: „Bei der Beurteilung<br />

der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen oder Mithaftenden<br />

sind die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf seinem Grundbesitz<br />

ruhenden dinglichen Belastungen grundsächlich wertmindernd zu<br />

berücksichtigen. Ein Interesse des Kreditgebers, sich durch einen an<br />

sich wirtschaftlich sinnlosen Bürgschafts- oder Mithaftungsübernahmevertrag<br />

vor Vermögensverschiebungen zwischen Eheleuten zu schützen,<br />

vermag die Sittenwidrigkeit grundsächlich nur bei einer ausdrücklichen<br />

Haftungsbeschränkung zu vermeiden.“<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


14<br />

Prüfungsschema betreffend die Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften<br />

u.a.<br />

1. Finanzielle Überforderung<br />

2. „Emotionale Verbundenheit“ zum Hauptschuldner (wird vermutet)<br />

3. Kenntnis der Bank (ausreichend ist Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit<br />

begründenden Tatsachen)<br />

4. Ausnahmsweise Ausschluss der Sittenwidrigkeit<br />

a) Berechtigtes Interesse der Bank, weil Schutz vor Vermögensschäden<br />

(kommt nur dann in Betracht, wenn dies durch eindeutige Erklärung<br />

Bestandteil des Vertrages wurde)<br />

b) Geschäftserfahrung und wirtschaftliches Eigeninteresse des Bürgen<br />

6. Anwendbarkeit von VerbrKrG (jetzt §§ 491 ff. BGB) und<br />

HaustürWG (jetzt §§ 312 f. BGB)<br />

Rechtsprechung und Lehre sind in diesem Bereich bislang nicht zu einer<br />

einheitlichen Meinung gekommen. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />

hat daran nichts geändert.<br />

- Der Bürgschaftsvertrag war kein Verbraucherkreditvertrag i.S.d.<br />

§ 1 II VerbrKrG. An dieser Einschätzung hat sich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />

– §§ 491 ff. BGB als Nachfolger des<br />

Verbraucherkreditgesetzes - nichts geändert (s. z.B. Reiff, in Anwaltskommentar<br />

Schuldrecht, 2002, § 491, RN 5). Es kommt daher<br />

nur eine analoge Anwendung der §§ 491 ff. BGB auf Bürgschaftsverträge<br />

in Betracht (auch hiergegen aber Reiff, a.a.O.).<br />

Der BGH (NJW 1998, 1939) hat entschieden, dass das Verbraucherkreditgesetz<br />

(jetzt §§ 491 ff. BGB) jedenfalls nicht anwendbar sei für<br />

solche Bürgschaften, die Kredite sichern, die nicht Verbraucherkredite<br />

sind.<br />

Aufgrund der parallelen Interessenlage könnte etwas für die Einschlägigkeit<br />

der §§ 491 ff. BGB für Bürgschaftsverträge außerhalb<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


15<br />

des entschiedenen Problembereiches sprechen. Für den Schuldbeitritt<br />

ist eine Gleichstellung mit dem Kreditvertrag anerkannt (BGH<br />

NJW 1997, 654, 3169). Für eine Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB<br />

spricht auch, dass der Bürge für Verzugszinsen des Schuldners haftet<br />

(vgl. § 767 I 2 BGB), so dass für den Bürgen die Bedingungen<br />

des Vertrages zwischen Schuldner und Gläubiger durchaus bedeutsam<br />

werden können (LG Magdeburg NJW 1999, 3496).<br />

- Mit Blick auf das Problem der Bürgschaftsübernahme als Haustürgeschäft<br />

nach HaustürWG, nunmehr in den §§ 312 f. BGB kodifiziert,<br />

hat der BGH (NJW 1998, 2356) entschieden, dass ein Bürgschaftsvertrag,<br />

der zur Absicherung einer Verbindlichkeit geschlossen<br />

wird, die der Hauptschuldner im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit<br />

eingegangen ist, kein Geschäft i.S. des § 1 S. 1 HaustürWG (jetzt<br />

§ 312 I BGB) sei; das selbe gelte, wenn der Hauptschuldner die<br />

durch die Bürgschaft gesicherte Verbindlichkeit zwar als Verbraucher,<br />

jedoch nicht im Rahmen eines Haustürgeschäfts eingegangen<br />

ist (BGH, a.a.O.). Durch das Erfordernis einer zweifachen Haustürsituation<br />

(nämlich für die Bürgschaft und die Hauptschuld) wird dem<br />

Bürgen grundsätzlich das Widerrufsrecht nach § 312 BGB genommen<br />

(s. im einzelnen Palandt-Heinrichs, BGB, 62. A. 2003, § 312,<br />

RN 7 m.w.N.).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


16<br />

III. Die gesicherte Forderung<br />

Als zweite Voraussetzung für das wirksame Entstehen einer Verpflichtung<br />

aus Bürgschaft ist die Existenz der zu sichernden Forderung<br />

anzusehen. Dies ist Folge der Akzessorietät der Bürgschaft (vgl. § 767<br />

I 1 BGB).<br />

1. Abgrenzungsfragen<br />

a) Schuldbeitritt<br />

Mit Blick auf die bei der Bürgschaft gegebene Akzessorietät unterscheidet<br />

sich diese von dem Sicherungsmittel des Schuldbeitritts. Der<br />

Schuldbeitritt (auch Schuldmitübernahme) begründet ein Gesamtschuldverhältnis<br />

i.S. der §§ 421 ff. BGB. Der Übernehmer haftet<br />

nach § 427 BGB neben dem bisherigen Alleinschuldner als Gesamtschuldner.<br />

Der Sicherungsgeber ist dabei dem Gläubiger gegenüber<br />

neben dem Schuldner verpflichtet. Eine Änderung der Verpflichtung<br />

des Schuldners wirkt sich für den Sicherungsgeber grundsätzlich nur<br />

nach §§ 421 ff. BGB aus, vgl. § 425 I BGB.<br />

Ist im Einzelfall nicht klar, ob eine Bürgschaft oder ein Schuldbeitritt<br />

verabredet worden ist, so ist in Zweifelsfällen von der Bürgschaft<br />

auszugehen; dies ergibt sich aus der Formbedürftigkeit der Bürgschaft,<br />

die eine im Gesetz verankerte Wertung darstellt.<br />

b) Garantie<br />

Ein Garant haftet noch weitergehender als der Schuldbeitretende. Er<br />

übernimmt das Risiko dafür, dass ein bestimmter Erfolg eintritt, unabhängig<br />

davon, ob eine Verpflichtung des Schuldners dazu besteht oder<br />

nicht. Damit ist die Garantie nicht-akzessorisch. Einwendungen und<br />

Einreden des Schuldners kommen dem Garanten nicht zu Gute.<br />

Es bedarf nach dem Gesagten des Vorliegens besonderer Umstände,<br />

um die Annahme eines Garantievertrages zu rechtfertigen. Es ist ins-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


17<br />

besondere auf einen für die Garantie notwendigen Rechtsbindungswillen<br />

des Erklärenden zu achten.<br />

c) Patronatserklärung<br />

Hierbei handelt es sich um Erklärungen die u.a. innerhalb von Konzernen<br />

für Tochtergesellschaften abgegeben werden. Mit derartigen Patronatserklärungen<br />

wird entweder nur unverbindlich das Vertrauen in<br />

die Leistung der Tochter oder aber eine Verpflichtung ausgesprochen,<br />

für die Liquidität der Tochter Sorge zu tragen. In ersterem Falle wird<br />

von einer „weichen“ Patronatserklärung, in letzterem Falle von einer<br />

„harten“ Patronatserklärung gesprochen.<br />

2. Sicherung einer künftigen Forderung<br />

Nach § 765 II BGB kann die Bürgschaft auch eine künftige oder eine<br />

bedingte Verbindlichkeit sichern. Die künftige Forderung muss aber<br />

zumindest bestimmbar sein. Das Bestimmtheitserfordernis der Hauptforderung<br />

ergibt sich aus der Akzessorietät der Bürgschaft, § 767 I<br />

BGB. Kann die Hauptschuld nicht eindeutig ermittelt werden, besteht<br />

die Bürgschaft nicht.<br />

Möglich ist beispielsweise eine sog. Globalbürgschaft, in der sich ein<br />

Bürge für alle bestehenden und künftigen Forderungen des Hauptschuldners<br />

aus einer bestimmten Geschäftsverbindung verpflichtet.<br />

Problematisch ist allerdings die Vereinbarkeit von Globalbürgschaften<br />

mit gesetzlichen Regelungen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(s. §§ 305 ff. BGB). Zum Teil hat die Rechtsprechung darauf erkannt,<br />

dass es sich bei einer Globalbürgschaft im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen<br />

um eine überraschende Klausel (§ 305 c I BGB)<br />

handelt. Des Weiteren kann sich eine Unvereinbarkeit mit § 307 BGB<br />

ergeben.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


18<br />

3. Änderung des Umfangs der Hauptverbindlichkeit<br />

Der Umfang der Hauptverbindlichkeit des Schuldners kann sich ändern,<br />

nachdem der Sicherungsgeber die Bürgschaft übernommen hat.<br />

Fraglich ist sodann, wie sich dies auf die Rechtstellung des Bürgen<br />

auswirkt.<br />

Im einzelnen ist wie folgt zu unterscheiden:<br />

• Eine Absenkung der Hauptverbindlichkeit wirkt sich stets auch zu<br />

Gunsten des Sicherungsgebers aus (§ 767 I 1 BGB)<br />

• Eine Erweiterung des Umfangs der Hauptschuld, die der Hauptschuldner<br />

rechtsgeschäftlich veranlasst, führt nicht zur Ausdehnung<br />

der Haftung des Bürgen (§ 767 I 3 BGB)<br />

• Hingegen muss der Bürge für Erweiterungen der Hauptverbindlichkeit<br />

durch nicht rechtsgeschäftliches Verhalten des Hauptschuldners<br />

einstehen, so beispielsweise für Verschulden und Verzug (s.<br />

dazu § 767 I 2 BGB)<br />

• Die Frage, ob der Bürge auch für Zinsen der Hauptschuld einzustehen<br />

hat, richtet sich nach dem Bürgschaftsvertrag. Bei verzinslichen<br />

Forderungen ist im Zweifel auch eine Haftung für rückständige<br />

Zinsen anzunehmen. Ein derartig enger Zusammenhang zwischen<br />

Hauptforderung und Zinsverpflichtung ergibt sich aus der<br />

Wertung des § 217 BGB.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


19<br />

IV. Sonderformen der Bürgschaft<br />

Es existieren zahlreiche Sonderformen der Bürgschaft, die vom gesetzlichen<br />

Normfall abweichen und nur teilweise gesetzlich näher bestimmt<br />

sind.<br />

1. Die Mitbürgschaft<br />

Die Mitbürgschaft ist in § 769 sowie in § 774 II BGB bestimmt. Eine<br />

Mitbürgschaft kann dadurch entstehen, dass sich zwei oder mehr Bürgen<br />

in einem Vertrag verpflichten. Auch gelangt eine Mitbürgschaft<br />

dann zur Entstehung, wenn mehrere Mitbürgen selbständig und unabhängig<br />

voneinander die Bürgschaftsverpflichtung übernehmen. Kenntnis<br />

von der Existenz weiterer Mitbürgen ist mithin für die Mitbürgschaft<br />

nicht erforderlich. Insbesondere ist darauf zu achten, dass nach § 769<br />

BGB ein gesetzliches Gesamtschuldverhältnis begründet wird.<br />

2. Die Teilbürgschaft<br />

Die Teilbürgschaft ist von der Mitbürgschaft zu unterscheiden. Haftet<br />

bei mehreren Bürgen jeder nur für einen bestimmten Teil und nicht<br />

für die selbe Forderung oder übereinstimmende Teile einer Forderung,<br />

so handelt es sich um eine Teilbürgschaft.<br />

3. Die Rückbürgschaft<br />

Die Rückbürgschaft sichert den (künftigen) Rückgriffsanspruch des<br />

Bürgen gegen den Hauptschuldner, vgl. § 774 I BGB. Die Verpflichtung<br />

des Rückbürgen entsteht mithin erst dann, wenn der Bürge<br />

vom Gläubiger in Anspruch genommen worden ist und die Hauptverbindlichkeit<br />

nach § 774 I BGB auf den Bürgen übergegangen ist. Der<br />

Rückbürge übernimmt so eine Verpflichtung für eine zukünftige Forderung,<br />

§ 765 II BGB.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


20<br />

4. Die Nachbürgschaft<br />

Die Nachbürgschaft sichert nicht die Forderung des Gläubigers gegen<br />

den Hauptschuldner, sondern diejenige gegen den Bürgen.<br />

5. Die selbstschuldnerische Bürgschaft<br />

Der selbstschuldnerisch haftende Bürge ist ein solcher, der nach § 773<br />

I Nr. 1 BGB auf die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) verzichtet<br />

hat. Dieser Verzicht ist formbedürftig, § 766 S. 1 BGB. Zu beachten ist<br />

in diesem Zusammenhang § 349 HGB.<br />

6. Die Ausfallbürgschaft<br />

Die Ausfallbürgschaft stellt den Gegensatz zur selbstschuldnerischen<br />

Bürgschaft dar. Hier ist für den Anspruch des Gläubigers Voraussetzung,<br />

dass er die Leistung vom Hauptschuldner trotz sorgsamen Vorgehens<br />

nicht hat erhalten können. Der Ausfallbürge haftet erst, wenn<br />

der Gläubiger trotz Zwangsvollstreckung beim Schuldner und in Folge<br />

Versagens etwaig sonstiger Sicherheiten einen Ausfall hat. Der Ausfall<br />

ist mithin Bedingung im Sinne des § 158 BGB.<br />

7. Die Höchstbetragsbürgschaft<br />

Bei der Höchstbetragsbürgschaft ist der Betrag, bis zu dessen Höhe<br />

der Bürge höchstens einzustehen hat, festgelegt.<br />

BGH NJW 2002, 3167: Der Bürge, der eine Höchstbetragsbürgschaft<br />

erteilt hat, haftet in der Regel auch dann nicht über den vereinbarten<br />

Betrag hinaus, wenn sich die Hauptverbindlichkeit durch<br />

Verschulden oder Verzug des Schuldners erhöht hat. Eine Formularklausel<br />

ist [nach § 9 I, II Nr. 2 AGBG = § 307 BGB n.F.] unwirksam,<br />

soweit sie vorsieht, dass sich die Bürgschaft auch dann auf<br />

Zinsen, Provisionen und Kosten erstreckt, die im Zusammenhang<br />

mit der gesicherten Forderung entstanden sind, wenn dadurch der<br />

vereinbarte Haftungshöchstbetrag überschritten wird.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


21<br />

8. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern<br />

Bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern muss der Bürge bereits auf<br />

„erstes Anfordern“ des Gläubigers zahlen, nämlich dann, wenn dieser<br />

behauptet, der Bürgschaftsfall sei eingetreten.<br />

Sind in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern „fällige“ Ansprüche verbürgt,<br />

genügt für die Inanspruchnahme des Bürgen regelmäßig die<br />

Behauptung der Fälligkeit durch den Gläubiger. Die Inanspruchnahme<br />

ist nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, weil Zweifel bestehen,<br />

ob der Gläubiger mit dem verbürgten Anspruch in voller Höhe durchdringen<br />

wird (BGH DB 1997, 223). In einem derartigen Falle bleibt dem<br />

Bürgen allein die Möglichkeit des Rückforderungsprozesses, wenn er<br />

der Auffassung ist, dass dem Gläubiger der von ihm behauptete Anspruch<br />

tatsächlich nicht zusteht (vgl. §§ 812 ff. BGB).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


22<br />

B. Die Hypothek<br />

Bei der Hypothek handelt es sich um eine dingliche Belastung eines<br />

Grundstücks des Sicherungsgebers verbunden mit einem Verwertungsrecht<br />

zu Gunsten des Gläubigers (§ 1113 I 1 BGB). Dem<br />

Gläubiger steht bei Fälligkeit seiner Forderung und etwaig weiterer<br />

Voraussetzungen grundsätzlich das Recht zu, das der Sicherheit dienende<br />

Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung zu verwerten<br />

und sich auf diese Weise wegen der gesicherte Forderung zu befriedigen,<br />

§ 1147 BGB.<br />

Es ist unbedingt darauf zu achten, dass der Sicherungsgeber dem<br />

Gläubiger auf Grund der Hypothek nicht die Zahlung der gesicherten<br />

Forderung schuldet. Der Gläubiger kann den Sicherungsgeber nicht<br />

auf Zahlung verklagen. Es besteht vielmehr lediglich ein Anspruch des<br />

Gläubigers gegenüber dem Sicherungsgeber auf Duldung der<br />

Zwangsvollstreckung. Andererseits hat der Sicherungsgeber die Möglichkeit,<br />

die Zwangsvollstreckung durch Befriedigung des Gläubigers<br />

abzuwenden, § 1142 BGB.<br />

Da der Sicherungsgeber nicht mit dem persönlichen Schuldner des<br />

Gläubigers übereinstimmen muss, ist strikt zu berücksichtigen, aus<br />

welchem Recht der Gläubiger vorgeht. So kann der Gläubiger aus der<br />

persönlichen Forderung gegen den Schuldner unmittelbar oder aus<br />

dem Grundpfandrecht, der Hypothek, gegen den Eigentümer und Sicherungsgeber<br />

vorgehen.<br />

Wird unterstellt, dass der Grundstücksinhaber berechtigt ist, die Sicherheit<br />

zu stellen, so entsteht die Hypothek unter vier grundlegenden<br />

Voraussetzungen:<br />

• [1.] Dingliche Einigung (§§ 873, 1113 BGB)<br />

• [2.] Eintragung (vgl. § 873, 1115 BGB)<br />

• [3.] Übergabe des Hypothekenbriefes (bei der Briefhypothek),<br />

§§ 1116 II, 1117 BGB<br />

• [4.] Bestehen der zu sichernden Forderung<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


23<br />

I. Dingliche Einigung<br />

Nach § 873 I BGB ist die dingliche Einigung zwischen dem Sicherungsgeber<br />

(nicht notwendigerweise auch der persönliche Schuldner,<br />

vgl. u.a. § 1137 BGB!) und dem Sicherungsnehmer (= Gläubiger) erforderlich.<br />

Die Bestimmung des § 1113 BGB bestimmt lediglich den Inhalt<br />

der Einigung.<br />

Die Bestellung einer Hypothek stellt die Belastung eines Grundstückes<br />

mit einem Recht dar; es handelt sich um eine Verfügung im Rechtssinne.<br />

Die Einigung mit dem Inhalt des § 1113 BGB stellt einen abstrakten,<br />

auf dingliche Rechtsänderung gerichteten Vertrag dar. Dieser<br />

ist unabhängig von dem der Hypothekenbestellung zugrunde liegenden<br />

Sicherungsvertrag. Letzterer bestimmt das „warum“ der Bestellung<br />

der Hypothek. Die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede bedeutet mithin<br />

nicht stets, dass die Hypothek nicht wirksam bestellt worden ist.<br />

In der Regel erwirbt der Gläubiger die Hypothek vom Eigentümer des<br />

belasteten bzw. zu belastenden Grundstücks. Dieser ist Berechtigter,<br />

d.h. berechtigt zur Verfügung im Sinne des § 873 I BGB. Es besteht allerdings<br />

auch die Möglichkeit des Erwerbs vom nicht Berechtigten über<br />

die Bestimmung des § 892 BGB. Der die Sicherheit bestellende muss<br />

dann sog. Bucheigentümer sein, das Grundbuch muss ihn unrichtigerweise<br />

als Eigentümer ausweisen (sog. gutgläubiger „Ersterwerb“).<br />

Weder die Sicherungsabrede noch die dingliche Einigung ist formgebunden.<br />

Eine notarielle Beurkundung der Einigung wird aber regelmäßig<br />

vorgenommen, dies nicht zuletzt mit Blick auf § 29 I GBO (betreffende<br />

den Nachweis der Eintragungsunterlagen).<br />

II. Die Eintragung in das Grundbuch<br />

Nach § 873 I BGB ist für das wirksame Entstehen der Hypothek deren<br />

Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Der hierfür notwendige Inhalt<br />

ergibt sich aus § 1115 BGB.<br />

Grundbuchrechtlich setzt die Eintragung einen entsprechenden Antrag<br />

des Eigentümers bzw. Sicherungsgebers oder des Gläubigers oder<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


24<br />

beider (§ 13 GBO) sowie die Bewilligung durch den Eigentümer bzw.<br />

Sicherungsgeber voraus (§ 19 GBO).<br />

Inhaltlich müssen Einigung und Eintragung grundsätzlich übereinstimmen.<br />

Bei Abweichungen quantitativer Natur folgt daraus aber nicht<br />

zwingend Unwirksamkeit. Haben sich Gläubiger und Sicherungsgeber<br />

beispielsweise auf die Bestellung einer Hypothek i.H.v. 100.000,00 €<br />

geeinigt, ist aber lediglich eine solche i.H.v. 50.000,00 € eingetragen<br />

worden, so wird sich der durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermittelnde<br />

übereinstimmende Parteiwille in der Regel darauf richten,<br />

dass das Recht des Gläubigers mindestens i.H.v. 50.000,00 € entsteht.<br />

III. Briefübergabe (die Briefhypothek)<br />

Die nachfolgend beschriebene Voraussetzung der Entstehung der Hypothek<br />

ist abhängig davon, ob die Parteien des Sicherungsvertrages<br />

eine Brief- oder eine Buchhypothek verabredet haben.<br />

Die Briefhypothek ist der Regelfall, vgl. § 1116 I BGB. Die Hypothek<br />

entsteht hier erst dann, wenn der Brief übergeben worden ist, § 1117 I<br />

BGB. Bis dahin besteht eine sog. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 II,<br />

1177 I BGB. § 1117 BGB sichert den Eigentümer gegen eine Belastung<br />

seines Grundstücks ohne Erhalt eines Gegenwertes. Im Falle des<br />

Versuches einer Übertragung der Hypothek auf einen Dritten fehlt dem<br />

Hypothekengläubiger bis zur Briefübergabe die notwendige Legitimation<br />

(§§ 1154 I, 1140 BGB).<br />

Wenn die Übergabe des Hypothekenbriefes nach § 1117 II BGB durch<br />

die Vereinbarung ersetzt wurde, dass der Gläubiger berechtigt sein<br />

soll, sich den Brief vom Grundbuchamt aushändigen zu lassen, dann<br />

entsteht das Recht des Gläubigers bereits mit Abschluss dieser Vereinbarung<br />

und nicht erst mit Ausstellung oder Aushändigung des Briefes.<br />

Das Eigentum an dem Brief erwirbt der Gläubiger in diesem Fall<br />

mit dessen Herstellung, § 952 II BGB („das Recht am Brief folgt dem<br />

Recht aus dem Brief“).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


25<br />

Die Buchhypothek entsteht bereits mit der Eintragung des Ausschlusses<br />

der Erteilung des Briefes (§ 1116 II BGB). Die gewöhnliche Verkehrshypothek<br />

ist nur aufgrund besonderer Einigung und Eintragung<br />

eine Buchhypothek, §§ 1184, 1185 I BGB.<br />

IV. Die zu sichernde Forderung<br />

Eine Hypothek entsteht nicht ohne die ihr zu Grunde liegende und zu<br />

sichernde Forderung. Die Hypothek ist wie die Bürgschaft in Entstehung<br />

und Bestand von der Forderung abhängig. Diese Form der<br />

strengen Akzessorietät wird nur bei der Übertragung der Verkehrshypothek<br />

in den Fällen der §§ 1138, 1156 BGB im Interesse der Umlauffähigkeit<br />

des Sicherungsmittels durchbrochen.<br />

1. Fehlen einer zu sichernden Forderung<br />

Besteht eine zu sichernde Forderung nicht, entsteht keine Hypothek.<br />

Es kommt jedoch nach § 1163 I BGB zur Ausbildung einer Eigentümergrundschuld<br />

(die Grundschuld setzt keine Forderung voraus, sie<br />

ist nicht-akzessorisch!). Die Eigentümergrundschuld wirkt rangsichernd,<br />

vgl. § 879 BGB. Kommt es zeitlich nachfolgend zur Entstehung<br />

der Forderung und liegen auch alle weiteren Voraussetzungen<br />

vor, wandelt sich die Eigentümergrundschuld in eine ranggleiche Hypothek<br />

um.<br />

Ist das zugrunde liegende Geschäft zwischen Gläubiger und Schuldner<br />

nichtig, sichert die Hypothek im Zweifel nicht den Anspruch des Gläubigers<br />

auf Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812<br />

ff. BGB).<br />

Der gute Glaube an den Bestand der Forderung wird bei der Begründung<br />

der Hypothek nicht geschützt. § 1138 BGB hat nur bei<br />

der Übertragung („Zweiterwerb“) Bedeutung, nicht bei der Erstbestellung<br />

der Hypothek.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


26<br />

2. Sicherungsfähigkeit der Forderung<br />

Die Hypothek kann für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt<br />

werden, § 1113 II BGB. Hier gilt das zur Bürgschaft Gesagte. Bei<br />

einer Hypothek für eine bedingte Forderung entsteht bis zum Eintritt<br />

der Bedingung eine Eigentümergrundschuld. Ab Eintritt einer auflösenden<br />

Bedingung entsteht eine solche (§§ 1163 I, 1177 I BGB).<br />

Eine Forderungsauswechslung ist über § 1180 BGB möglich.<br />

Sicherungsfähig sind auch Zinsen. Die Hypothek haftet für die vertragsmäßigen<br />

Zinsen der Forderung, wenn diese im Grundbuch gemäß<br />

§ 1115 I BGB entsprechend eingetragen sind. Für gesetzliche<br />

Zinsen haftet die Hypothek über § 1118 BGB.<br />

V. Umfang der Hypothekenhaftung (§§ 1120 ff. BGB)<br />

Aus der Hypothek steht dem Gläubiger gegenüber dem Sicherungsgeber<br />

grundsätzlich das Recht zur Duldung der Zwangsvollstreckung zu<br />

(s.o.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gläubiger nicht nur das<br />

Grundstück selbst, sondern nach § 1120 BGB auch die wesentlichen<br />

und unwesentlichen Bestandteile, die Erzeugnisse und das Zubehör,<br />

welches in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt ist, haften.<br />

1. Problemfeld 1: Anwartschaft an Zubehörstücken<br />

Erwirbt der Grundstückseigentümer Betriebsmittel, welche unter den<br />

Zubehörbegriff fallen (s. dazu § 97 BGB), unter Eigentumsvorbehalt,<br />

so stellt sich für den Fall der Übertragung des Anwartschaftsrechts vor<br />

vollständiger Zahlung auf einen Dritten die Frage, ob dieser ein Recht<br />

erwirbt, welches durch die Hypothek belastet ist oder ob lastenfrei erworben<br />

wird.<br />

Obwohl der Dritte nach überwiegender Auffassung das Eigentum direkt<br />

durch den Vorbehaltsverkäufer, d.h. ohne Durchgangserwerb des<br />

Grundstückseigentümers, erlangt, ist es doch durch die Hypothek be-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


27<br />

lastet, da schon das Anwartschaftsrecht in den sog. Hypothekenhaftungsverband<br />

gefallen ist. Die Haftung erstreckt sich auf die Sache<br />

selbst, § 1287 BGB analog.<br />

! Merke: Bei Übertragung eines Anwartschaftsrechts an einer beweglichen<br />

Sache, die als Zubehör in den Hypothekenverband fällt, § 1120<br />

BGB, kann der Dritte nur belastet erwerben.<br />

2. Problemfeld 2: Mögliche Enthaftungstatbestände<br />

Bei Gegenständen, die in den Hypothekenhaftungsverband gefallen<br />

sind, kann eine Enthaftung eintreten. Allerdings ist zu beachten, dass<br />

die Bestimmung des § 936 BGB (gutgläubiger lastenfreier Erwerb) keine<br />

Anwendung findet. Die Bestimmungen der §§ 1121, 1122 BGB gehen<br />

nämlich als speziellere Regelungen vor.<br />

Für die Enthaftung sind unterschiedliche Fallkonstellationen zu bedenken.<br />

Diese unterscheiden sich danach, in welcher zeitlichen Reihenfolge<br />

die Veräußerung der Sache, ihre Entfernung vom belasteten<br />

Grundstück sowie die Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung<br />

stattgefunden haben:<br />

- Ist der Gegenstand, der in den Hypothekenhaftungsverband gefallen<br />

ist, vor der Beschlagnahme (§§ 20, 146 GVG) veräußert und<br />

vom Grundstück entfernt worden, so unterliegt er nicht länger der<br />

Hypothekenhaftung, § 1121 I BGB.<br />

- Bei einer Veräußerung nach Beschlagnahme ist das durch die<br />

Beschlagnahme bereits entstandene relative Veräußerungsverbot<br />

zu berücksichtigen, §§ 23, 146 ZVG. Der Erwerber kann in einem<br />

solchen Falle lastenfreies Eigentum nur über §§ 135, 136 BGB erwerben,<br />

wenn er bezogen auf die Beschlagnahme gutgläubig war.<br />

- Wurde der dem Hypothekenhaftungsverband unterfallene Gegenstand<br />

als letztes vom Grundstück entfernt, so ist ein gutgläubiger<br />

und lastenfreier Erwerb nur möglich, wenn der Erwerber auch noch<br />

zum Zeitpunkt der Entfernung in gutem Glauben war, vgl. § 1121 II<br />

BGB. Dabei steht allerdings die Kenntnis vom Versteigerungsan-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


28<br />

trag der Kenntnis der Beschlagnahme nach § 23 II S. 1 ZVG gleich<br />

und nach Eintragung des Versteigerungsvermerks ins Grundbuch<br />

ist wegen § 23 II 2 ZVG ein gutgläubiger und lastenfreier Erwerb<br />

in keinem Fall mehr möglich.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


29<br />

C. Das Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten<br />

I. Einführung<br />

Das vertragliche Pfandrecht, auch Faustpfandrecht genannt, gewährt<br />

dem Gläubiger bzw. Sicherungsnehmer ein dingliches Befriedigungsrecht<br />

an einer beweglichen Sache oder an einem Recht des<br />

Sicherungsgebers, §§ 1204, 1228, 1273 BGB. Der Sicherungsgeber<br />

kann sowohl eine eigene wie auch eine fremde Schuld sichern, d.h. er<br />

kann, muss aber nicht mit dem persönlichen Schuldner identisch sein.<br />

Wie bei der Hypothek muss auch bei dem Pfandrecht zwischen dem<br />

die Forderung begründenden Schuldverhältnis sowie dem Sicherungsvertrag<br />

differenziert werden. Das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger<br />

bzw. Sicherungsnehmer – wie bei der Hypothek – keinen Anspruch<br />

gegen den Sicherungsgeber auf Erfüllung der gesicherten Forderung.<br />

Dem Sicherungsnehmer steht vielmehr nur das Recht zur Verwertung<br />

zu; der Sicherungsgeber hingegen kann die Verwertung des Pfandes<br />

durch Befriedigung des Gläubigers abwenden, § 1223 II BGB.<br />

Die praktische Bedeutung des Faustpfandrechtes ist – v.a. wegen<br />

§ 1205 BGB (Notwendigkeit der Übergabe!) - gering. Das Pfandrecht<br />

an beweglichen Sachen ist weitgehend durch die Sicherungsübereignung<br />

ersetzt worden. Die Verpfändung von Forderungen (§§ 1273,<br />

1279 ff. BGB) ist wegen der Pflicht zur Anzeige gemäß § 1280 BGB<br />

seltener als eine Abtretung, die auch im Wege der sog. „stillen“ Zession<br />

erfolgen kann.<br />

II. Die Bestellung des Pfandrechts bei beweglichen Sachen<br />

Die wirksame Bestellung des Pfandrechts an einer beweglichen Sache<br />

erfordert drei Dinge:<br />

• [1.] Einigung<br />

• [2.] Übergabe<br />

• [3.] Forderung<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


30<br />

1. Die Einigung<br />

Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer müssen sich dinglich darüber<br />

einigen, dass das Pfandrecht an dem zu sichernden Gegenstand entstehen<br />

soll, § 1205 I BGB. Die dingliche Einigung ist losgelöst von dem<br />

schuldrechtlichen Sicherungsvertrag zu betrachten, Abstraktionsgrundsatz.<br />

Das Pfandrecht kann auch von einem Nichtberechtigten erworben<br />

werden (§ 1207 BGB).<br />

2. Die Übergabe<br />

Eine wirksame Bestellung des Pfandrechts erfordert die Übergabe der<br />

Sache. Die notwendige Übergabe sowie die Surrogate sind parallel zu<br />

den Tatbeständen der Übereignung nach §§ 929 ff. BGB ausgebildet.<br />

Es ist allerdings zu beachten, dass in allen Fällen der Verpfänder den<br />

Besitz an dem Pfandgegenstand vollständig aufgeben muss. Eine<br />

Bestellung des Pfandrechts, bei der die Übergabe der Sache durch die<br />

Vereinbarung eines Besitzkonstitutes vereinbart wird (vgl. § 930 BGB),<br />

ist nicht möglich. Allerdings kann der Sicherungsgeber, der lediglich<br />

mittelbarer Besitzer ist, die Sache dadurch verpfänden, dass er den<br />

mittelbaren Besitz auf den Sicherungsnehmer überträgt und dem unmittelbaren<br />

Besitzer die Verpfändung anzeigt, § 1205 II BGB.<br />

Eine wirksame Übergabe erfordert stets subjektiv einen Übergabewillen<br />

des Sicherungsgebers.<br />

3. Die Forderung<br />

Das Pfandrecht ist streng akzessorisch. Es setzt eine zu sichernde<br />

Forderung voraus. Gläubiger dieser Forderung und Sicherungsnehmer<br />

(= Pfandgläubiger) sind notwendigerweise personenidentisch.<br />

Erlischt die Forderung, so erlischt auch die Sicherung. Anders als bei<br />

der Hypothek entsteht kein Eigentümerpfandrecht (vgl. § 1252 BGB).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


31<br />

Das Pfandrecht an einer beweglichen Sache kann auch für eine künftige<br />

oder eine bedingte Forderung bestellt werden (§ 1204 II BGB).<br />

Das Pfandrecht entsteht sodann mit Einigung und Übergabe. Voraussetzung<br />

ist aber, dass der Entstehungsgrund der Forderung bei der<br />

Bestellung des Pfandrechts bereits vorhanden war. Die Bestimmbarkeit<br />

der Höhe der Forderung ist nicht notwendig. Das so bestellte<br />

Pfandrecht wirkt rangwahrend (§ 1209 BGB).<br />

4. Umfang der Haftung des Pfandes<br />

Das Pfand haftet nach Maßgabe von § 1210 BGB für die Forderung in<br />

deren jeweiligen Bestand, insbesondere auch für Zinsen und Vertragsstrafen.<br />

Weiterhin haftet es für die Ansprüche des Pfandgläubigers auf<br />

Ersatz von Verwendungen, für die dem Pfandgläubiger zu ersetzenden<br />

Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung sowie für die Kosten<br />

des Pfandverkaufs.<br />

III. Pfandrecht an Rechten<br />

Nach § 1273 II BGB finden die Vorschriften über das Pfandrecht an<br />

beweglichen Sachen auf das Pfandrecht an Rechten entsprechende<br />

Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1274 bis 1296 BGB ein anderes<br />

ergibt.<br />

Erforderlich ist damit erneut eine dingliche Einigung zwischen Sicherungsgeber<br />

und Sicherungsnehmer sowie das Vorhandensein einer zu<br />

sichernden Forderung. Abweichungen zum Pfandrecht an beweglichen<br />

Sachen ergeben sich dort, wo für die Verpfändung einer beweglichen<br />

Sache die Übergabe erforderlich ist. Eine Übergabe von Rechten in<br />

dem für das Pfandrecht an beweglichen Sachen genannten Sinne ist<br />

bei Rechten nicht möglich. Demzufolge orientiert sich die Verpfändung<br />

von Rechten nach den für die Übertragung eines Rechtes geltenden<br />

Vorschriften, § 1274 I 1 BGB. Ist allerdings zur Übertragung des Rechtes<br />

die Übergabe einer Sache (z.B. Grundpfandbrief) erforderlich, so<br />

finden die Vorschriften der §§ 1205 und 1206 BGB Anwendung.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


32<br />

Besonderes gilt, wenn es sich um das Pfandrecht an einer Forderung<br />

handelt (§§ 1279 i.V.m. 1280–1290 BGB). Hier ist vor allem auf § 1280<br />

BGB hinzuweisen (s. schon o. I.). Danach ist die Verpfändung einer<br />

Forderung, zu deren Übertragung der Abtretungsvertrag genügt, nur<br />

wirksam, wenn der Gläubiger sie dem Schuldner anzeigt. Dadurch wird<br />

sichergestellt, dass der Drittschuldner in Gemäßheit der §§ 1281 und<br />

1282 BGB leistet. Daraus folgt wiederum: Eine Forderung kann von<br />

dem Schuldner unbemerkt abgetreten, nicht jedoch verpfändet werden.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


33<br />

D. Der Schuldbeitritt<br />

Der einen Kredit sichernde Schuldbeitritt ist derzeit gesetzlich nicht geregelt.<br />

Er ist gemäß §§ 311, 241 BGB möglich.<br />

Der Schuldbeitritt kann durch einen Vertrag zwischen dem Sicherungsgeber<br />

und dem Gläubiger sowie durch einen solchen zwischen<br />

dem Sicherungsgeber und dem Schuldner entstehen.<br />

I. Schuldbeitritt durch Vertrag zwischen Sicherungsgeber und<br />

Gläubiger<br />

In einem solchen Falle tritt der Sicherungsgeber als Gesamtschuldner<br />

(§§ 421 ff. BGB) neben den bisherigen Alleinschuldner. Abzugrenzen<br />

ist der Schuldbeitritt sodann gegebenenfalls zur Bürgschaft sowie zum<br />

Garantieversprechen (vgl. o. A.III.1. a) und b)).<br />

Der Schuldbeitritt ist ein nicht-akzessorisches Sicherungsmittel. Die<br />

Wirksamkeit der Verpflichtung des Sicherungsgebers ist nur bei der<br />

Entstehung der Verbindlichkeit vom Bestand der gesicherten Verbindlichkeit<br />

abhängig. Im Übrigen ist der Schuldbeitritt grundsätzlich unabhängig<br />

von dem Schicksal der Verbindlichkeit im Verhältnis zwischen<br />

dem Gläubiger und dem weiteren Schuldner. So kann sich beispielsweise<br />

der Sicherungsgeber grundsätzlich nicht auf die Verjährung des<br />

Anspruches des Gläubigers gegenüber dem Schuldner berufen (vgl.<br />

dazu § 425 I, II BGB).<br />

Der Schuldbeitritt ist anders als die Bürgschaft grundsätzlich formfrei<br />

(im Zweifel Bürgschaft, s.o. A.III.1. a))<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


34<br />

II. Schuldbeitritt durch Vertrag zwischen Sicherungsgeber und<br />

Schuldner<br />

In einem solchen Falle kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen<br />

werden, dass der Sicherungsgeber mit dem bisherigen Alleinschuldner<br />

zum Gesamtschuldner wird. Der Sicherungsnehmer ist an der Verpflichtungserklärung<br />

des Sicherungsgebers nicht beteiligt. Sicherungsgeber<br />

und Schuldner verabreden einen Vertrag zu Gunsten des Sicherungsnehmers<br />

(vgl. §§ 328 ff. BGB). Dabei kann es sich um einen echten<br />

oder um einen unechten Vertrag zu Gunsten Dritter handeln. Zu<br />

beachten ist die Auslegungsregel des § 329 BGB.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


35<br />

E. Die Grundschuld<br />

Die Grundschuld führt zu einer dinglichen Belastung eines Grundstückes.<br />

Sie ist der Hypothek weitgehend ähnlich. Der bedeutsamste<br />

Unterschied zwischen Grundschuld und Hypothek liegt in dem Umstand<br />

begründet, dass die Grundschuld ohne Bestehen einer zu sichernden<br />

Forderung bestellt werden kann. Die Grundschuld ist mithin<br />

nicht-akzessorisch (vgl. § 1192 I BGB).<br />

Abgesehen von der Forderung kennt die Grundschuld die gleichen<br />

Voraussetzungen für ihre Entstehung wie die Hypothek (vgl. o. B. vor<br />

I.), also:<br />

• [1.] Einigung<br />

• [2.] Eintragung<br />

• [3.] Übergabe des Grundschuldbriefes bzw. Ausschluss der<br />

Brieferteilung<br />

Zu beachten ist die Norm des § 1192 I BGB, die auf die Vorschriften<br />

der §§ 1113 ff. BGB verweist.<br />

I. Die isolierte Grundschuld<br />

Bei der Grundschuld besteht die Möglichkeit, dass der Eigentümer eines<br />

Grundstücks dem Sicherungsnehmer eine Grundschuld an seinem<br />

Grundstück bestellt, ohne dass dieser gegen ihn eine Forderung innehält<br />

oder erlangt. Für diesen Fall kann der Inhaber der Grundschuld<br />

vom Grundstückseigentümer nicht Zahlung, aber nach §§ 1192 I, 1147<br />

BGB die Duldung der Zwangsvollstreckung ins Grundstück sowie Befriedigung<br />

verlangen.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


36<br />

II. Die Eigentümergrundschuld<br />

Eine Grundschuld kann nach § 1196 I BGB auch für den Eigentümer<br />

bestellt werden. Das geschieht vor allem aus rangwahrenden Gründen.<br />

Zur Bestellung der Eigentümergrundschuld genügt ein entsprechender<br />

Antrag gegenüber dem Grundbuchamt, gerichtet auf Eintragung.<br />

III. Die Sicherungsgrundschuld<br />

In aller Regel wird die Grundschuld zur Sicherung einer Forderung als<br />

sog. Sicherungsgrundschuld bestellt.<br />

Während die Verknüpfung von Sicherungsmittel und Forderung bei der<br />

Hypothek gesetzlich geregelt ist, erfolgt bei der Sicherungsgrundschuld<br />

diese Verbindung durch eine schuldrechtliche Abrede<br />

zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer (Sicherungsvertrag).<br />

Im Sicherungsvertrag verabreden die Parteien den Zweck<br />

der Sicherung. Auch wenn es sich bei der Sicherungsgrundschuld um<br />

eine nicht-akzessorische Sicherung handelt, kann nach h.M. durch Abrede<br />

zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden, dass der Bestand<br />

der Forderung zur aufschiebenden oder auflösenden Bedingung<br />

für den Bestand der Grundschuld gemacht wird. Damit nähert sich die<br />

Grundschuld der Hypothek.<br />

In der Praxis hat mit Blick auf die fehlende Akzessorietät die Sicherungsgrundschuld<br />

die Hypothek als Sicherungsmittel weitgehend verdrängt.<br />

Ist die Forderung noch nicht zur Entstehung gelangt, kann der<br />

Gläubiger die Sicherungsgrundschuld (anders als die Hypothek) bereits<br />

erwerben, s.o..<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


37<br />

F. Das Sicherungseigentum<br />

Die Sicherungsübereignung ist bei beweglichen Sachen heute praktisch<br />

in vielen Fällen an die Stelle des Faustpfandrechts getreten.<br />

Im Wege der Sicherungsübereignung wird eine Vertragspflicht des<br />

Schuldners gegenüber dem Gläubiger gesichert. Der Sicherungsgeber<br />

übereignet dem Gläubiger eine bewegliche Sache. Erfüllt der Schuldner<br />

seine vertraglichen Pflichten gegenüber dem Gläubiger nicht, so<br />

kann sich dieser durch Verwertung des sicherungsweise übereigneten<br />

Eigentums befriedigen.<br />

Die Sicherungsübereignung ist nicht akzessorisch. Die Verknüpfung<br />

von zu Grunde liegender Forderung und Sicherung schafft der Sicherungsvertrag,<br />

der den Sicherungszweck bestimmt.<br />

Sicherungsgeber und persönlicher Schuldner müssen nicht personenidentisch<br />

sein. In der Regel übereignet der Sicherungsgeber dem<br />

Gläubiger eine bewegliche Sache zur Sicherheit, um einen ihm gewährten<br />

Kredit zu sichern.<br />

Für die Sicherungsübereignung kommt grundsätzlich jeder Übereignungstatbestand<br />

in Betracht. In der Regel geschieht die Übereignung<br />

nach §§ 929, 930 BGB. Danach bleibt der Sicherungsgeber unmittelbarer<br />

Besitzer, der Gläubiger wird mittelbarer Eigenbesitzer.<br />

Grundsätzlich setzt Sicherungseigentum folgendes voraus:<br />

• [1.] Einigung<br />

• [2.] Besitzmittlungsverhältnis<br />

• [3.] Berechtigung des Sicherungsgebers<br />

I. Einigung<br />

Notwendig ist eine Einigung zwischen Sicherungsgeber und Gläubiger.<br />

Das Entstehen der Forderung ist wegen der fehlenden Akzessorietät<br />

der Sicherungsübereignung keine Voraussetzung für die Entstehung<br />

von Sicherungseigentum auf Seiten des Sicherungsnehmers. Das Bestehen<br />

der Forderung kann aber im Rahmen der dinglichen Einigung<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


38<br />

zur Bedingung für den Erwerb des Sicherungseigentums gemacht<br />

werden.<br />

Grundsätzlich behält der Sicherungsnehmer das Eigentum auch dann,<br />

wenn die zu sichernde Forderung erloschen ist. Die Parteien des Sicherungsvertrages<br />

können aber eine auflösende Bedingung in dem<br />

Sinne verabreden, dass das Eigentum bei Tilgung der Schuld automatisch<br />

an den Sicherungsgeber zurück fallen soll.<br />

II. Das Besitzmittlungsverhältnis<br />

Erforderlich ist ein Besitzmittlungsverhältnis i.S.d. § 868 BGB. Dabei<br />

reicht jedes Verhältnis aus, durch das ein Nutzungsrecht oder eine<br />

Verwaltungspflicht des unmittelbaren Besitzers begründet wird.<br />

! Merke: Es ist allgemein anerkannt, dass die Sicherungsabrede für<br />

sich ein hinreichend konkretes Besitzmittlungsverhältnis i.S.d.<br />

§ 868 BGB darstellt, wenn sich nur aus ihr ergibt, dass der Sicherungsgeber<br />

solange zum Besitz berechtigt sein soll, bis der Sicherungsnehmer<br />

die Sache zur Befriedigung seiner Forderung herausverlangt.<br />

III. Sonderproblem: Übereignung von Sachgesamtheiten<br />

Ein Problem entsteht unter Umständen, wenn der Sicherungsgeber<br />

Sachgesamtheiten, beispielsweise Lagerbestände, zum Gegenstand<br />

einer Übereignung macht. Die Übereignung muss sich dann nämlich<br />

auf hinreichend bestimmte Sachen beziehen, weil ansonsten der<br />

sachenrechtliche Grundsatz der Spezialität nicht gewahrt ist. Daraus<br />

folgt, dass die zur Sicherheit übereigneten Sachen im Sicherungsvertrag<br />

so eindeutig bezeichnet werden müssen, dass sie allein auf Grund<br />

des Vertrages (im Lager) identifiziert werden können. Eine bloße Bestimmbarkeit<br />

anhand von außerhalb des Vertrages liegenden Umständen<br />

ist nicht ausreichend. In der Praxis sind sog. Raumsicherungs-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


39<br />

verträge und sog. Markierungsverträge üblich, bei denen das Sicherungsgut<br />

in einem speziellen Teil des Lagers aufbewahrt bzw. bei denen<br />

das zu sichernde Gut in besonderer Weise gekennzeichnet wird.<br />

! Achtung: Grundsätzlich wird dem sachenrechtlichen Grundsatz<br />

der Spezialität dadurch Rechnung getragen, dass man alle Gegenstände,<br />

die sich in einem Lager befinden, übereignet. Dann jedoch gerät<br />

der Sicherungsnehmer in die Gefahr der Übersicherung.<br />

Bei einem Warenlager mit einem wechselnden Bestand von Waren<br />

können auch erst zukünftig in das Lager verbrachte Waren durch sog.<br />

antizipierte Einigung und durch antizipiertes Besitzkonstitut übereignet<br />

werden. Der Gläubiger bzw. Sicherungsnehmer erwirbt sodann<br />

Eigentum, wenn der Sicherungsgeber den Besitz an dem Sicherungsgut<br />

von einem Dritten erlangt oder die Sache entsteht. Erforderlich ist<br />

aber auch dann ein hinreichendes Kenntlichmachen, durch das ohne<br />

weiteres deutlich wird, welcher einzelne Gegenstand übereignet wird.<br />

IV. Der Sicherungsvertrag<br />

Der Sicherungsvertrag führt zur treuhänderischen Bindung des Eigentums<br />

bei dem Sicherungsnehmer.<br />

Der Sicherungsvertrag begründet die Verpflichtung zur Sicherungsübereignung,<br />

legt die zu sichernde Forderung fest und bestimmt, was<br />

die Verwaltung, Verwertung und Rückübertragung des Sicherungsgutes<br />

betrifft. Verletzungen des Sicherungsvertrages können (Schadensersatz-)Ansprüche<br />

aus § 280 I BGB auslösen.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


40<br />

V. Problem: Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung (§ 138<br />

BGB)/Verstoß gegen § 307 BGB<br />

Unter Umständen ist die Sicherungsübereignung wegen Verstoßes<br />

gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder auf Grund Verstoßes gegen<br />

die Bestimmungen über allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff.<br />

BGB) nichtig. Die Nichtigkeit der Sicherungsabrede führt in der Regel<br />

auch zur Unwirksamkeit der Übereignung. Dafür spricht der Umstand,<br />

dass ansonsten der Sicherungsnehmer das Eigentum erlangen würde,<br />

ohne zugleich treuhänderisch dem Sicherungsgeber gegenüber gebunden<br />

zu sein. Damit wäre der angestrebte Schutz des Sicherungsgebers<br />

verfehlt.<br />

Für die Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung haben sich die<br />

nachfolgend geschilderten Fallgruppen herausgebildet:<br />

[1.] Knebelung<br />

Eine zur Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung führende Knebelung<br />

liegt vor, wenn die Verpflichtung des Schuldners, dem Gläubiger<br />

Sicherheit zu leisten, dazu führt, dass der Sicherungsgeber ganz oder<br />

doch wesentlich in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt<br />

wird. Voraussetzung für eine Knebelung i.d.S. ist eine vertragliche<br />

Abrede, nach der der Schuldner in eine seine wirtschaftliche<br />

Stellung vernichtende Abhängigkeit zum Gläubiger gerät.<br />

[2.] Gefährdung weiterer Gläubiger des Sicherungsgebers<br />

Eine Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung kann sich weiterhin<br />

aus dem Umstand ergeben, dass sich der Sicherungsnehmer leichtfertig<br />

über Belange etwaiger anderer Gläubiger des Sicherungsgebers<br />

hinweg setzt. Für die Sittenwidrigkeit der Sicherungsabrede sowie der<br />

Übereignung ist es ausreichend, dass der Sicherungsnehmer mit<br />

der Möglichkeit rechnet, dass der Schuldner andere Gläubiger<br />

über seine (des Schuldners) Kreditwürdigkeit täuschen muss o-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


41<br />

der zum Vertragsbruch gegenüber anderen Kreditgebern verleitet<br />

wird.<br />

[3.] Die Übersicherung<br />

Eine Übersicherung liegt dann vor, wenn der Wert der sicherungsübereigneten<br />

Sachen den Wert der zu sichernden Forderung erheblich<br />

überschreitet. Die Einzelheiten hierzu werden streitig diskutiert.<br />

Besondere Bedeutung ist in diesem Zusammenhang den sog. Freigabeklauseln<br />

beizumessen. Diese werden regelmäßig zur Vermeidung<br />

einer nachträglichen Übersicherung (beispielsweise nach Tilgung eines<br />

Teilbetrages) von den Parteien in den Sicherungsvertrag aufgenommen.<br />

Bei einer Freigabeklausel handelt es sich um den formularmäßig<br />

festgelegten Anspruch des Sicherungsgebers gegenüber dem<br />

Sicherungsnehmer, nicht mehr benötigte Sicherheiten zurück zu erhalten.<br />

Nach früherer Rechtsprechung musste eine Freigabeklausel ermessensunabhängig<br />

ausgestaltet sein, eine bestimmte Deckungsgrenze<br />

angeben und Bezugsgrößen festlegen. Genügten die formularmäßig<br />

getroffenen Abreden diesen Voraussetzungen nicht, so war in der Folge<br />

die gesamte Sicherungsübereignung nichtig. Dieser Umstand<br />

war rechtlichen Bedenken ausgesetzt, da die vollständige Nichtigkeit in<br />

der Regel nicht den Interessen der Parteien entsprach und in unbilliger<br />

Weise den nicht gesicherten Gläubigern zu Gute kam.<br />

In der Folge hat der BGH zunächst bei der sicherungsweisen Übereignung<br />

von Einzelgegenständen eine Ausnahme gemacht: Danach hat<br />

der BGH eine ausdrückliche Freigabeklausel nicht mehr für erforderlich<br />

gehalten und eine Unwirksamkeit selbst dann nicht angenommen,<br />

wenn die Parteien der Sicherungsabrede einen Freigabeanspruch<br />

ausdrücklich ausgeschlossen haben. Diese Rechtsprechung führte<br />

nicht zum Ausschluss eines Freigabeanspruches durch den Sicherungsgeber.<br />

Vielmehr hat der BGH im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung<br />

und aus dem Wesen der fiduziarischen Sicherungsgeschäfte<br />

einen von einer ausdrücklichen Regelung im Ver-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


42<br />

trag losgelösten Freigabeanspruch begründet. Inzwischen hat der<br />

große Senat des BGH (NJW 1998, 671) die erwähnte Rechtsprechung<br />

auf formularmäßig bestellte Globalsicherheiten erweitert. In der Entscheidung<br />

vom 27.11.1997 heißt es wie folgt:<br />

„Der Sicherungsgeber hat bei formularmäßig bestellten, revolvierenden<br />

Globalsicherungen im Falle nachträglicher Übersicherung<br />

einen ermessensunabhängigen Freigabeanspruch auch dann,<br />

wenn der Sicherungsvertrag keine oder eine ermessensabhängig<br />

ausgestaltete Freigabeklausel enthält.<br />

Bei formularmäßig bestellten, revolvierenden Globalsicherungen<br />

sind weder eine ausdrückliche Freigaberegelung noch eine zahlenmäßig<br />

bestimmte Deckungsgrenze noch eine Klausel für die<br />

Bewertung der Sicherungsgegenstände Wirksamkeitsvoraussetzungen.<br />

Enthält die formularmäßige Bestellung revolvierender Globalsicherungen<br />

keine ausdrückliche oder eine unangemessene Deckungsgrenze,<br />

so beträgt diese Grenze (unter Berücksichtigung der Kosten<br />

für Verwaltung und Verwertung der Sicherheit), bezogen auf<br />

den realisierbaren Wert der Sicherungsgegenstände, 110 % der<br />

gesicherten Forderungen.<br />

Allgemein gültige Maßstäbe für die Bewertung der Sicherungsgegenstände<br />

bei Eintritt des Sicherungsfalles lassen sich im voraus<br />

weder bei der Sicherungsübereignung noch bei einer Globalabtretung<br />

festlegen.<br />

Die Grenze für das Entstehen eines Freigabeanspruchs für Sicherungsgut<br />

liegt regelmäßig bei 150 % des Schätzwerts (§ 237 S. 1<br />

BGB).“<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


43<br />

G. Die Sicherungsabtretung<br />

Bei der Sicherungsabtretung (= Sicherungszession) sichert der Sicherungsgeber<br />

eine vertragliche Verpflichtung des Schuldners gegenüber<br />

dem Gläubiger, indem er dem Gläubiger eine Forderung, die gegenüber<br />

einem Dritten besteht, abtritt. In der Praxis sind Sicherungsgeber<br />

und Schuldner in der Regel identisch.<br />

I. Der Sicherungsvertrag<br />

Zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer (Gläubiger)<br />

wird wie bei der Sicherungsübereignung ein Sicherungsvertrag<br />

geschlossen, der auch hier die Verbindung von gesicherter Vertragspflicht<br />

und sichernder Forderung herstellt. Eine Einziehungsermächtigung<br />

des Sicherungsgebers, die im Sicherungsvertrag regelmäßig<br />

bestimmt wird, entstammt dem Geheimhaltungsbedürfnis der Parteien.<br />

Die Ermächtigung ermöglicht es, dass der Sicherungsgeber die nunmehr<br />

dem Gläubiger zustehende Forderung im eigenen Namen geltend<br />

machen kann. Die Zulässigkeit der Einziehungsermächtigung wird<br />

aus § 185 BGB abgeleitet. Überdies wird sie in § 362 II BGB vorausgesetzt.<br />

II. Abtretung zukünftiger Forderungen<br />

Auch eine zukünftige Forderung kann Gegenstand einer Sicherungsabtretung<br />

sein, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinreichend<br />

bestimmbar ist. Die Bestimmbarkeit muss erst vorliegen, wenn<br />

die Forderung entstanden ist. Dann muss die konkret fragliche Einzelforderung<br />

ohne Zweifel der Vereinbarung über die Abtretung zuzuordnen<br />

sein.<br />

Hat der Sicherungsgeber mit dem Drittschuldner die Unabtretbarkeit<br />

der Forderung vereinbart, geht die Sicherungszession ins Leere (§ 399<br />

BGB kommt dingliche Wirkung zu!). Ein gutgläubiger Erwerb einer<br />

Forderung ist grundsätzlich nicht möglich. Für Kaufleute gilt die<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


44<br />

Sonderbestimmung des § 354 a HGB. Danach ist eine Abtretung unter<br />

bestimmten Voraussetzungen trotz Abrede über den Abtretungsausschluss<br />

wirksam.<br />

III. Die Globalzession<br />

Eine Globalzession liegt vor, wenn alle im Geschäftsbetrieb des<br />

Schuldners begründeten gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen<br />

abgetreten werden. Wie schon bei der Sicherungsübereignung kommt<br />

auch bei einer Globalzession ein Verstoß gegen § 138 BGB sowie ein<br />

Verstoß gegen die Bestimmungen über allgemeine Geschäftsbedingungen<br />

(§§ 305 ff. BGB) in Betracht.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


45<br />

H. Der Eigentumsvorbehalt<br />

Bei dem Eigentumsvorbehalt handelt es sich um ein Sicherungsmittel,<br />

dass v.a. bei Kaufverträgen Anwendung findet. Der Verkäufer als<br />

Gläubiger und Sicherungsnehmer sichert seinen Kaufpreisanspruch<br />

gegen den Käufer (Schuldner und Sicherungsgeber) durch einen dinglichen<br />

Herausgabeanspruch für den Fall, dass der Käufer seiner Verpflichtung<br />

zur Kaufpreiszahlung nicht nachkommt.<br />

I. Grundlegendes<br />

Anders als bei den Personal- und Realsicherheiten vollzieht sich die<br />

Sicherung des Gläubigers im Falle eines Eigentumsvorbehaltes dadurch,<br />

dass der Gläubiger seine Pflicht zur Übereignung des Kaufgegenstandes<br />

so lange nicht zu erfüllen hat, wie der Schuldner seiner<br />

Pflicht (zur Zahlung des Kaufpreises) nicht nachgekommen ist.<br />

Seine Grundlage findet der Eigentumsvorbehalt in der Regel im Kaufvertrag.<br />

Dort verpflichtet sich der Verkäufer zur Übergabe des Kaufgegenstandes<br />

sowie zur aufschiebend bedingten Übereignung. Häufiger<br />

findet sich eine derartige Regelung auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

des Verkäufers. Die Abrede im Kaufvertrag stellt<br />

die schuldrechtliche Sicherungsabrede dar. Der Kaufvertrag selbst<br />

wird jedoch unbedingt geschlossen.<br />

Dinglich entsteht der Eigentumsvorbehalt, indem der Veräußerer dem<br />

Käufer die Sache übergibt (§ 929 S. 1 BGB) oder ein Übergabesurrogat<br />

verabredet (§§ 930, 931 BGB) und in dem sich Veräußerer und<br />

Käufer dinglich darüber einigen, dass das Eigentum erst im Falle des<br />

Eintritts einer (aufschiebenden) Bedingung übergehen soll (§§ 929,<br />

158 I BGB).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


46<br />

II. Das Anwartschaftsrecht<br />

Durch die aufschiebend bedingte Übereignung erlangt der Vorbehaltskäufer<br />

ein Anwaltschaftsrecht an dem Kaufgegenstand. Das Anwartschaftsrecht<br />

ist die Vorstufe zum Erwerb eines Vollrechts. Das Anwartschaftsrecht<br />

wird überwiegend wie folgt definiert:<br />

„Von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts<br />

müssen schon so viele Erfordernisse erfüllt sein, dass der Veräußerer<br />

die Rechtsposition des Erwerbers nicht mehr durch<br />

einseitige Erklärung zerstören kann (BGHZ 45, 186, 189 f.).“<br />

Der wichtigste Fall des Anwartschaftsrechts im Wege bedingten Erwerbes<br />

ist der Erwerb einer beweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt.<br />

Eine ganz ähnliche Anwartschaft hat der Sicherungsgeber bei<br />

Sicherungsübereignung und Sicherungszession, wenn diese durch die<br />

Tilgung der zu sichernden Forderung auflösend bedingt sind (vgl. o.)<br />

Das Anwartschaftsrecht wird auch als „wesensgleiches Minus“ zum<br />

Vollrecht bezeichnet und deshalb weitgehend rechtlich wie das Vollrecht<br />

behandelt, so beispielsweise bei der Übertragung eines Anwartschaftsrechts<br />

nach §§ 929 ff. BGB.<br />

Verfügt der Vorbehaltskäufer über das Anwartschaftsrecht, so ist er insoweit<br />

als (dinglich) Berechtigter anzusehen. Soweit dem Vorbehaltskäufer<br />

durch den Vertrag mit dem Veräußerer untersagt ist, das Anwartschaftsrecht<br />

zu übertragen, wirkt dieses Verbot nicht dinglich, s.<br />

dazu § 137 BGB. Es ist aber stets zu prüfen, ob der Anwartschaftsberechtigte<br />

als Berechtigter über das (sein) Anwartschaftsrecht oder als<br />

Nichtberechtigter über das Eigentum verfügt.<br />

Mit Blick auf die bei den Sicherungsrechten bislang diskutierte Frage<br />

nach der Akzessorietät gilt für den Eigentumsvorbehalt folgendes: Ist<br />

die dem Eigentumsvorbehalt zu Grunde liegende Verpflichtung (aus<br />

Kaufvertrag) nicht wirksam entstanden oder ist sie nachträglich entfallen<br />

(beispielsweise durch Rücktritt), so kann die Bedingung, unter der<br />

der Käufer das Vollrecht Eigentum erwerben sollte, nicht eintreten. Der<br />

Veräußerer bleibt sodann Eigentümer, der Käufer ist nicht zur Zahlung<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


47<br />

verpflichtet. Im Falle der Unwirksamkeit des Kaufvertrages kann der<br />

Eigentümer seinen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB geltend<br />

machen. Dem Käufer steht ein Besitzrecht aus § 986 I BGB nicht zu.<br />

III. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt<br />

Eine bedeutsame Sonderform des Eigentumsvorbehalts ist der verlängerte<br />

Eigentumsvorbehalt. Er ist eine Verbindung aus Eigentumsvorbehalt<br />

und Sicherungszession. Die Sicherungszession ersetzt<br />

das Vorbehaltseigentum als Kreditsicherungsmittel, da der Verkäufer<br />

das Vorbehaltseigentum mit der Veräußerung durch den Käufer an einen<br />

Endabnehmer des Kaufgegenstandes verliert. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt<br />

findet vor allem dort Berücksichtigung, wo es sich<br />

bei dem Vorbehaltskäufer um einen Zwischenhändler handelt und die<br />

Sache von diesem lediglich zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben<br />

wird. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt stützt sich regelmäßig auf<br />

vier Abreden:<br />

• [1.] Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts zwischen Verkäufer<br />

und Käufer<br />

• [2.] Ermächtigung des Käufers durch den Verkäufer nach § 185<br />

BGB mit der Folge, dass die Sache im Rahmen einer ordnungsgemäßen<br />

Geschäftsführung weiter veräußert werden<br />

kann<br />

• [3.] Abtretung der Kaufpreisforderung, die aus dem Kaufvertrag<br />

zwischen dem Käufer und dessen Abnehmer entsteht (Abtretung<br />

zur Sicherheit und im voraus, § 398 S. 2 BGB)<br />

• [4.] Ermächtigung des Käufers durch den Verkäufer zur Einziehung<br />

der Forderung, die dem Käufer gegenüber dem Endabnehmer<br />

zusteht<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


48<br />

3. Kapitel: Die Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages<br />

Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, wie sich eine etwaige<br />

Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages auf die Bestellung der Sicherheit<br />

auswirkt.<br />

Der Sicherungsvertrag ist schuldrechtlicher Natur. Ist der Vertrag unwirksam,<br />

beispielsweise weil die für den Vertrag gesetzlich vorgeschriebene<br />

Form nicht eingehalten worden ist, bedeutet dies<br />

nicht zwingend, dass daraus auch die Unwirksamkeit der bestellten<br />

Sicherheit folgt. Auf Grund des Abstraktionsprinzips ist zwischen<br />

der<br />

- Sicherungsabrede als Verpflichtungsgeschäft und der<br />

- Bestellung der Sicherheit als Erfüllungsgeschäft<br />

zu unterscheiden.<br />

A. Bürgschaft und Schuldbeitritt<br />

Bei den Personalsicherheiten der Bürgschaft und des Schuldbeitritts ist<br />

zu beachten, dass der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber nur<br />

auf Grund eines wirksamen Sicherungsvertrages in Anspruch nehmen<br />

kann. Wenn das der Bürgschaft oder dem Schuldbeitritt zu Grunde liegende<br />

Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, besteht ein derartiger<br />

Anspruch des Sicherungsnehmers (Gläubigers) nicht. In Betracht<br />

kommen allenfalls Sekundäransprüche (beispielsweise ein Anspruch<br />

aus § 122 I BGB nach erfolgter Anfechtung).<br />

B. Die Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages bei den Realsicherheiten<br />

Grundsätzlich berührt die etwaige Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts<br />

(Sicherungsvertrag) das Erfüllungsgeschäft nicht.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


49<br />

Anders ist dies allerdings dann, wenn der Sicherungsvertrag auf Grund<br />

Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig ist. Hier wird das an sich „neutrale“<br />

Erfüllungsgeschäft als sittenwidrig betrachtet, weil sich in der Bestellung<br />

der Sicherheit gerade der missbilligenswerte Charakter des Verpflichtungsgeschäfts<br />

verfestigt.<br />

Für den Fall, dass der Sicherungsvertrag unwirksam ist, die Sicherheit<br />

aber gleichwohl wirksam bestellt worden ist, bedarf es hinsichtlich der<br />

Realsicherheit eines Rückübertragungsaktes. Darauf hat der Sicherungsgeber<br />

einen bereicherungsrechtlichen Anspruch, er kann das Sicherungsmittel<br />

nach § 812 I 1, 1. Alt. BGB heraus verlangen.<br />

C. Eigentumsvorbehalt<br />

Beim Eigentumsvorbehalt sind die Sicherungsabrede und das die Forderung<br />

begründende Schuldverhältnis identisch. Bei Unwirksamkeit<br />

kann die Bedingung, bei deren Eintritt der Sicherungsgeber das Vollrecht<br />

erwirbt, nicht eintreten. Hinsichtlich seiner schon erbrachten Leistungen<br />

steht dem Sicherungsgeber (Schuldner) gegen den Gläubiger<br />

ein Bereicherungsanspruch zu.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


50<br />

4. Kapitel: Fehlende Valutierung<br />

Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, wie es sich verhält, wenn<br />

der Sicherungsvertrag wirksam verabredet und die Sicherheit bestellt<br />

worden ist, der Gläubiger jedoch den Kreditbetrag noch nicht ausbezahlt<br />

hat.<br />

A. Bürgschaft<br />

Ein Anspruch aus Bürgschaft kann vor Auszahlung der Kreditsumme<br />

nicht in Betracht kommen. Für eine Verpflichtung aus Bürgschaft ist es<br />

nämlich erforderlich, dass eine gesicherte Forderung vorliegt (§ 767 I 1<br />

BGB).<br />

B. Hypothek<br />

Wie die Bürgschaft kann auch die Hypothek nicht ohne die zu sichernde<br />

Forderung zur Entstehung gelangen. Es ist jedoch möglich,<br />

die Hypothek für eine künftige Forderung zu bestellen, § 1113 II BGB.<br />

Bis zur Entstehung der zu sichernden Verbindlichkeit des Schuldners<br />

besteht dann ein Eigentümergrundschuld nach §§ 1163 I 1, 1177 I<br />

BGB.<br />

C. Pfandrecht<br />

Das vertragliche Pfandrecht kann bereits vor der Valutierung bestellt<br />

werden. Das Pfandrecht sichert sodann eine künftige Forderung, die<br />

im Zeitpunkt der Bestellung des Pfandrechts zumindest näher bestimmbar<br />

sein muss, § 1204 II BGB.<br />

Der Pfandgläubiger darf sich vor Valutierung nicht durch Pfandverkauf<br />

befriedigen (§§ 1228 I, 1233 ff. BGB). Er ist hierzu erst berechtigt, sobald<br />

die Forderung ganz oder zumindest zum Teil fällig ist, mithin<br />

Pfandreife eingetreten ist, § 1228 II BGB.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


51<br />

D. Sicherungsgrundschuld, Sicherungsübereignung, Sicherungszession<br />

Bei den Sicherungsmitteln Sicherungsgrundschuld, Sicherungsübereignung<br />

und Sicherungszession handelt es sich um nicht-akzessorische<br />

Sicherheiten (vgl. o.). Hier ist die wirksame Bestellung des Sicherungsmittels<br />

von der Valutierung unabhängig.<br />

I. Anspruch auf Rückerhalt des Sicherungsmittels<br />

Ist die gesicherte Forderung nicht wirksam entstanden, kann sich aus<br />

den vertraglichen Beziehungen zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer<br />

ein Rückübertragungsanspruch ergeben. Regelt der Sicherungsvertrag<br />

diesen Fall nicht ausdrücklich, kann die bestehende<br />

Vertragslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen<br />

werden.<br />

II. Abwehr drohender Verwertung der Sicherheit<br />

Sucht der Sicherungsnehmer die Sicherheit vor der Valutierung des<br />

Kreditbetrages zu verwerten, muss sich der Sicherungsgeber gegen<br />

die drohende Verwertung zur Wehr setzen können.<br />

- Bei der Sicherungsgrundschuld wird der Sicherungsnehmer regelmäßig<br />

eine sog. vollstreckbare Urkunde nach §§ 794 Nr. 5, 800 I<br />

ZPO innehaben. Geht der Sicherungsnehmer aus dieser Urkunde<br />

vor, so kann sich der Sicherungsgeber hiergegen im Wege der<br />

Vollstreckungsabwehrklage (§§ 795, 767 ZPO) erwehren.<br />

- Bei einer Sicherungsübereignung wird der Sicherungsnehmer einen<br />

Herausgabeanspruch nach § 985 BGB geltend machen. Hiergegen<br />

kann sich der Sicherungsgeber auf ein Besitzrecht nach<br />

§ 986 I BGB berufen.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


52<br />

- Bei der Sicherungsabtretung wendet sich der Sicherungsgeber bei<br />

Einziehung der Forderung an einen Dritten. Dieser kann in der Regel<br />

nicht einwenden, dass der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber<br />

gegenüber zur Geltendmachung des Anspruches nicht berechtigt<br />

ist. Hier steht dem Sicherungsgeber gegenüber dem Sicherungsnehmer<br />

grundsätzlich lediglich ein Schadenersatzanspruch zu<br />

(beispielsweise aus § 280 I oder § 826 BGB).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


53<br />

5. Kapitel: Folgen des Erlöschens der gesicherten<br />

Forderung<br />

Im folgenden Kapitel geht es um die Frage, wie sich das Erlöschen der<br />

gesicherten Forderung auf die Sicherheit auswirkt.<br />

Die Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner kann aus<br />

unterschiedlichen Gründen erlöschen, so beispielsweise durch Erfüllung<br />

nach § 362 I BGB.<br />

Die Situation bei dem Erlöschen der gesicherten Forderung ist der der<br />

fehlenden Valutierung ähnlich. Das Erlöschen ist im Vergleich zur<br />

Nichtvalutierung „endgültiger“.<br />

A. Bürgschaft<br />

Erlischt die Hauptforderung, so wird der Bürge von seiner Verpflichtung<br />

gegenüber dem Gläubiger frei (§ 767 I 1 BGB). Leistet der Bürge<br />

in Unkenntnis des zwischenzeitlichen Erlöschens der Forderung, so<br />

steht ihm gegenüber dem Gläubiger ein Rückforderungsanspruch aus<br />

§ 812 I 1, 1. Alt. BGB zu.<br />

B. Hypothek<br />

Erlischt die gesicherte Forderung, erwirbt der Sicherungsgeber die bestellte<br />

Hypothek als Eigentümergrundschuld (§§ 1163 I 2, 1177 I BGB).<br />

Ist der Sicherungsgeber nicht gleichzeitig persönlicher Schuldner und<br />

befriedigt er den Gläubiger gemäß § 1142 BGB, so geht die gesicherte<br />

Forderung auf ihn, den Sicherungsgeber, über (§ 1143 I BGB). Die ü-<br />

bergegangene Forderung ist sodann mit Blick auf § 1153 I BGB durch<br />

eine Eigentümerhypothek am eigenen Grundstück gesichert, für die<br />

die Vorschriften über die Eigentümergrundschuld Anwendung finden,<br />

solange die Vereinigung von Forderung und Hypothek besteht (§ 1177<br />

II BGB).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


54<br />

C. Pfandrecht<br />

Beim Pfandrecht erlischt dieses mit dem Erlöschen der gesicherten<br />

Forderung, § 1252 BGB.<br />

D. Schuldbeitritt<br />

Im Falle eines Schuldbeitritts stehen dem Gläubiger zwei Schuldner<br />

gegenüber. Nach den Bestimmungen über die Gesamtschuldnerschaft<br />

kann der Gläubiger einen jeden dieser Schuldner nach seinem, des<br />

Gläubigers Belieben ganz oder zu einem Teile in Anspruch nehmen (s.<br />

§ 421 S. 1 BGB). Leistet einer der Gesamtschuldner Zahlung, so wirkt<br />

diese Erfüllung auch für den bzw. die übrigen Schuldner, § 422 I BGB.<br />

Ob die gesicherte Forderung durch die Zahlung eines Gesamtschuldners<br />

erlischt, hängt aber im Übrigen von dem Innenverhältnis der Gesamtschuldner<br />

ab. Zahlt der im Innenverhältnis dem Gläubiger gegenüber<br />

allein zur Zahlung verpflichtete Schuldner, erlischt die Forderung<br />

nach § 362 I BGB. Leistet hingegen der Sicherungsgeber, der im Innenverhältnis<br />

vollständig Ausgleich von dem Schuldner verlangen<br />

kann, Zahlung, bleibt die gesicherte Forderung erhalten. Die Forderung<br />

geht sodann nach § 426 II BGB auf den Sicherungsgeber über.<br />

E. Die Sicherungsgrundschuld<br />

Wird an den Gläubiger einer durch eine Grundschuld gesicherten Forderung<br />

gezahlt, hängt das rechtliche Schicksal der Grundschuld wesentlich<br />

von der Frage ab, ob die Zahlung auf die Forderung, auf die<br />

Grundschuld oder auf beide erfolgt ist.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


55<br />

1. Zahlung auf die Grundschuld<br />

Zahlt der Sicherungsgeber bzw. Schuldner vorrangig auf die Grundschuld,<br />

wandelt sich diese automatisch von einer Fremd- in eine Eigentümergrundschuld<br />

um (§§ 1142, 1143 BGB analog, str.).<br />

Konsequenz der Zahlung auf die Grundschuld ist, dass der Sicherungsgeber<br />

diese zurück erwirbt. Gegen den im Grundbuch eingetragenen<br />

Gläubiger hat er einen Berichtigungsanspruch nach § 894<br />

BGB, im Falle einer Briefgrundschuld den Anspruch auf Herausgabe<br />

des Grundschuldbriefes gem. §§ 985, 952 I BGB.<br />

Hinsichtlich der durch die Grundschuld gesicherten Forderung ist zu<br />

unterscheiden, ob der zahlende Sicherungsgeber zugleich Schuldner<br />

ist oder nicht. Ist der Sicherungsgeber mit dem Schuldner personengleich,<br />

erlischt bei Tilgung der Grundschuld auch die Forderung (§ 362<br />

BGB), da der Sicherungsgeber, der mit dem Schuldner personengleich<br />

ist, stets auch auf die Forderung zahlt. Ist der Sicherungsgeber hingegen<br />

nicht mit dem Schuldner identisch, so geht nach Auffassung der<br />

Rechtsprechung die Forderung nicht unter. Es soll das selbe gelten,<br />

als wenn der Sicherungsgeber auf eine zur Sicherheit bestellte Hypothek<br />

gezahlt hätte. Dann aber erwirbt der mit dem Schuldner nicht personengleiche<br />

Sicherungsgeber die Forderung des Gläubigers, § 1143<br />

BGB.<br />

2. Zahlung auf die Forderung<br />

Zahlt der Sicherungsgeber bzw. Schuldner nur auf die Forderung,<br />

dann bleibt der Gläubiger Inhaber der (Fremd-)Grundschuld. Dem<br />

Sicherungsgeber bzw. Schuldner steht jedoch aus der Sicherungsabrede<br />

sodann ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr der<br />

Grundschuld zu. Da das Grundpfandrecht mit der Rückzahlung der<br />

Kreditsumme nicht mit dinglicher Wirkung an den Sicherungsgeber zurück<br />

fällt, hat dieser nicht den Berichtigungsanspruch aus § 894 BGB,<br />

denn solange der Gläubiger die Grundschuld nicht zurück gewährt, ist<br />

das Grundbuch richtig.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


56<br />

Der Anspruch des Sicherungsgebers gegenüber dem Gläubiger auf<br />

Rückgewähr der Grundschuld hängt im wesentlichen von den im Sicherungsvertrag<br />

getroffene Regelungen ab. So ist beispielsweise an<br />

• eine Aufhebung (§§ 1192, 875, 1183 BGB) oder<br />

• eine Rückübertragung (§§ 1192, 1154 BGB)<br />

zu denken. In diesen Fällen entsteht sodann eine Eigentümergrundschuld.<br />

3. Zahlung auf Forderung oder Zahlung auf Grundschuld?<br />

Angesichts der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist es bedeutsam festzustellen,<br />

ob Zahlungen auf die Grundschuld oder auf die Forderung<br />

geleistet werden.<br />

In der Bankenpraxis treffen die Parteien des Sicherungsvertrages<br />

regelmäßig eine Anrechnungsabrede. Die Kreditinstitute drängen<br />

in ihren Klauselwerken darauf, dass die Rückzahlungen des Darlehens<br />

nur auf die persönliche Schuld, nicht auch auf die Grundschuld<br />

geleistet werden. So bleibt dem Kreditgeber die Grundschuld<br />

dinglich erhalten, bis der Kredit vollständig zurück gezahlt worden ist<br />

und der Sicherungsgeber seinen Rückgewähranspruch geltend machen<br />

kann.<br />

Vorrangig ist jedoch der Wille des Zahlenden. Im Einzelnen:<br />

• Erklärt der Zahlende abredewidrig, er leiste auch auf die Grundschuld,<br />

muss der Gläubiger widersprechen, wenn keine Eigentümergrundschuld<br />

entstehen soll.<br />

• Auch ist der Wille des Zahlenden dann maßgeblich, wenn die Sicherungsabrede<br />

ausnahmsweise keine Anrechnungsklausel enthält.<br />

• Fehlen konkrete Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Zahlenden,<br />

so ist der Wille durch Auslegung unter Berücksichtigung der<br />

Interessenlage zu ermitteln. Zahlt der alleinige und persönliche<br />

Schuldner, so wird er auf die Forderung leisten wollen.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


57<br />

• Zahlt der alleinige Sicherungsgeber, so ist davon auszugehen,<br />

dass er auf die Grundschuld leisten will, die er auf diesem Wege<br />

zurück erhält.<br />

• Steht der Sicherungsgeber bzw. Schuldner mit dem Gläubiger in<br />

einer dauernden Geschäftsverbindung, ist davon auszugehen,<br />

dass die Zahlung auf die Forderung erfolgt, weil die Grundschuld<br />

auf diesem Wege als Sicherungsmittel erhalten bleibt.<br />

• Bei ratenweiser Zahlung wird im Zweifel auf die Forderung gezahlt<br />

werden.<br />

• Zahlt der Schuldner bzw. der Sicherungsgeber den Betrag vollständig<br />

zurück, so wird er mangels anderer Anhaltspunkte Forderung<br />

und Grundschuld tilgen wollen.<br />

F. Sicherungsübereignung und Sicherungszession<br />

Das Erlöschen der gesicherten Forderung zieht unterschiedliche Konsequenzen<br />

nach sich, abhängig u.a. davon, was der Sicherungsvertrag<br />

im einzelnen vorsieht.<br />

Macht der Sicherungsvertrag das Erlöschen der Forderung zur auflösenden<br />

Bedingung, fällt das sicherungsübereignete Eigentum bzw. die<br />

sicherungsweise abgetretene Forderung mit dem Untergang der zu sichernden<br />

Forderung ohne weiteres wieder dem Sicherungsgeber zu.<br />

Ist der Sicherungsnehmer bzw. Gläubiger lediglich schuldrechtlich verpflichtet,<br />

das Sicherungseigentum bzw. die sicherungsweise abgetretene<br />

Forderung zurück zu übertragen, bedarf es hierzu eines entsprechenden<br />

Verfügungsaktes (zur Sicherungsübereignung s. § 929 S. 2<br />

BGB).<br />

Soweit der Sicherungsvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung darüber<br />

enthält, was nach Erlöschen der gesicherten Forderung mit dem<br />

Sicherungsmittel geschehen soll, muss im Wege der Auslegung eine<br />

Lösung gesucht werden. Die Rechtsprechung ist der Auffassung,<br />

dass im Zweifel eine ausdrückliche Rückübereignung zu fordern<br />

ist. Die Sicherungsübereignung bzw. –zession sei ein nicht-akzessorisches<br />

Sicherungsmittel und die Verknüpfung von Sicherung und For-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


58<br />

derung über eine auflösende Bedingung mit der Folge begrenzter Akzessorietät<br />

bedürfe einer ausdrücklichen dahingehenden Abrede.<br />

G. Eigentumsvorbehalt<br />

Erlischt die Kaufpreisforderung des Vorbehaltsverkäufers durch Zahlung,<br />

erlischt das Vorbehaltseigentum und das Anwartschaftsrecht des<br />

Käufers wandelt sich mit dem Eintritt der Bedingung zum Vollrecht.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


59<br />

6. Kapitel: Das Geltendmachen von Einreden des<br />

Schuldners durch den personenverschiedenen Sicherungsgeber<br />

Insbesondere dann, wenn Sicherungsgeber und Schuldner nicht personengleich<br />

sind, ist fraglich, wie sich das weitere rechtliche Schicksal<br />

des forderungsbegründenden Schuldnerverhältnisses zwischen<br />

Schuldner und Gläubiger (Kreditvertrag) auf die Sicherungsabrede<br />

zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer (Gläubiger)<br />

auswirkt. Bereits behandelt wurden die Nichtvalutierung und der<br />

Untergang der gesicherten Forderung (Kapitel 4 und Kapitel 5 des<br />

Skripts). Im folgenden geht es um weitere Einwendungen des Schuldners,<br />

wie beispielsweise die Verjährung. Hier ist zu untersuchen, ob<br />

diese Einwendungen dem Sicherungsgeber zu Gute kommen bzw. inwieweit<br />

sie sich auf das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer<br />

auswirken.<br />

A. Bürgschaft<br />

Steht der Schuld aus Kreditvertrag eine rechtshemmende Einrede entgegen,<br />

kann der Bürge diese gegenüber dem Gläubiger nach § 768 I 1<br />

BGB geltend machen. Das hat zur Folge, dass der Bürge die Leistung<br />

dauerhaft verweigern kann (§ 214 I BGB).<br />

Nach § 768 II BGB verliert der Bürge eine Einrede nicht dadurch, dass<br />

der Hauptschuldner auf sie verzichtet.<br />

§ 770 BGB bestimmt, dass der Bürge die Befriedigung des Gläubigers<br />

verweigern kann, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht,<br />

dass seiner Verbindlichkeit zu Grund liegende Rechtsgeschäft anzufechten<br />

bzw. so lange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine<br />

fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. § 770<br />

BGB trägt dem Umstand Rechnung, dass die Entscheidung darüber,<br />

ob die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung angefochten<br />

oder eine Aufrechnung erklärt wird, nur durch die berechtigte Partei,<br />

den Hauptschuldner selbst, getroffen werden kann. Wenn aber das<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


60<br />

Gestaltungsrecht seitens des Hauptschuldners erst ausgeübt wird,<br />

nachdem der Bürge bereits gezahlt hat, ist dieser auf einen Rückgewähranspruch<br />

aus ungerechtfertigter Bereicherung angewiesen und<br />

trägt das beim Gläubiger vorhandene Insolvenzrisiko. Um den Bürgen<br />

vor letzterem zu schützen, räumt ihm das Gesetz die Möglichkeit ein,<br />

eine Einrede gegen die Verpflichtung aus Bürgschaft zu erheben. Diese<br />

besteht grundsätzlich solange wie auch das Gestaltungsrecht ausgeübt<br />

werden kann.<br />

§ 770 BGB gilt entsprechend für andere Gestaltungsrechte, insbesondere<br />

für das gesetzliche oder vertragliche Rücktrittsrecht.<br />

Klagt der Gläubiger gegen den Schuldner aus dem forderungsbegründenden<br />

Schuldverhältnis und wird der Gläubiger mit der Klage rechtskräftig<br />

abgewiesen, wirkt dieses Urteil auch zu Gunsten des Bürgen<br />

(vgl. § 767 I 1 BGB). Ist der Gläubiger mit seiner Klage gegen den<br />

Schuldner erfolgreich, wirkt sich dies nicht auch zwingend auf den<br />

Bürgen aus. Die Rechtskraft im Verhältnis zwischen Gläubiger und<br />

Schuldner erstreckt sich nicht auf den am Prozess nicht beteiligten<br />

Bürgen. Er kann immer noch einwenden, die Hauptschuld bestehe<br />

nicht (mehr). Ein Urteil im Prozess zwischen Gläubiger und Bürge wirkt<br />

sich im Verhältnis zum Hauptschuldner gleichfalls nicht aus (Hauptanwendungsfall<br />

ist die selbstschuldnerische Bürgschaft).<br />

B. Hypothek<br />

§ 1137 I BGB bestimmt, dass der Eigentümer gegen die Hypothek die<br />

dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung sowie die nach<br />

§ 770 BGB einem Bürgen zustehenden Einreden geltend machen<br />

kann.<br />

Eine Besonderheit gilt nach § 216 I BGB: Die Verjährung eines Anspruchs,<br />

für den eine Hypothek besteht, hindert den Berechtigten<br />

nicht, seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstande zu suchen.<br />

Der „Hypothekenschuldner“ steht mithin schlechter als ein Bürge<br />

dar.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


61<br />

C. Pfandrecht<br />

§ 1211 BGB stellt die den §§ 1137, 768, 770 BGB im Pfandrecht entsprechende<br />

Vorschrift dar. Wie schon bei der Hypothek gilt auch für<br />

das Pfandrecht § 216 I BGB.<br />

D. Sicherungsgrundschuld<br />

Bei der Sicherungsgrundschuld ist § 1137 BGB nicht anwendbar. Dem<br />

Sicherungsgeber stehen daher die Einreden des persönlichen Schuldners<br />

nicht kraft gesetzlicher Anordnung zu. Allerdings kann sich der<br />

Sicherungsgeber auf den Sicherungsvertrag berufen. Aus diesem<br />

lässt sich – wenigstens im Wege ergänzender Vertragsauslegung –<br />

ableiten, dass der Gläubiger die Grundschuld nur im Rahmen der gesicherten<br />

Forderung geltend machen darf. Wenn daher beispielsweise<br />

dem Schuldner die Verbindlichkeit gestundet worden ist, kommt dies<br />

auch dem Sicherungsgeber zu Gute.<br />

E. Sicherungsübereignung und Sicherungszession<br />

I. Sicherungsübereignung<br />

Auf schuldnerbezogene Einreden kann sich der Sicherungsgeber gegenüber<br />

dem Sicherungsnehmer nur über die Sicherungsabrede berufen.<br />

Bei einer Auslegung des Sicherungsvertrages ist bei Zweifeln<br />

§ 1211 BGB analog anzuwenden (die Sicherungsübereignung als<br />

„verdecktes Pfandrecht“).<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


62<br />

II. Sicherungszession<br />

Bei der Sicherungsabtretung ergibt sich insofern etwas besonderes,<br />

als das die Geltendmachung der Forderung regelmäßig nicht beim Sicherungsgeber,<br />

sondern beim sog. Drittschuldner erfolgt. Dieser aber<br />

kann Einreden aus dem Sicherungsvertrag nicht geltend machen.<br />

Der Drittschuldner soll zwar durch eine sicherungsweise Abtretung<br />

nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


63<br />

7. Kapitel: Übertragung von Forderung und Sicherung<br />

auf Dritte<br />

Zusätzliche Probleme ergeben sich dann, wenn der Gläubiger die zu<br />

sichernde Forderung an einen Dritten abtritt oder der Sicherungsnehmer<br />

die Sicherheit auf einen Dritten überträgt. Wegen § 137 S. 1 BGB<br />

können derartige Verfügungen nicht mit dinglicher Wirkung verhindert<br />

werden.<br />

Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, welche rechtlichen<br />

Konsequenzen sich mit dem Umstand verbinden, dass der Sicherungsnehmer<br />

über das Sicherungsgut als Nichtberechtigter verfügt; die<br />

fehlende Berechtigung wird sich regelmäßig an den rechtlichen Beziehungen<br />

zum Sicherungsgeber orientieren. In diesem Zusammenhang<br />

ist fraglich, ob der Dritte (derjenige, an den das Sicherungsgut verfügt<br />

wurde) das Sicherungsmittel gutgläubig erworben hat.<br />

A. Bürgschaft<br />

Tritt der Gläubiger die zu sichernde Forderung an einen Dritten ab, so<br />

geht nach § 401 BGB die Sicherheit (Bürgschaft) auf den Dritten kraft<br />

Gesetzes über. Grund hierfür ist die strenge Akzessorietät der Bürgschaft,<br />

die sich auch bei der Übertragung der zu sichernden Forderung<br />

auswirkt.<br />

Ist allein der Bürgschaftsvertrag zwischen Sicherungsgeber (Bürgen)<br />

und Gläubiger nicht wirksam zustande gekommen, kann der Dritte<br />

durch die Abtretung der zu sichernden (Kredit-)Forderung allein diese,<br />

aber keine Rechte gegen den Bürgen erwerben. Es gibt grundsätzlich<br />

keinen gutgläubigen Erwerb einer Forderung (s. aber § 405 BGB). Besteht<br />

zudem die gesicherte Forderung nicht, erwirbt der Dritte weder<br />

Forderung noch Ansprüche aus der Bürgschaft.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


64<br />

B. Hypothek<br />

Im Falle der Hypothek kann der Gläubiger die hypothekarisch gesicherte<br />

Forderung auf üblichem Wege an einen Dritten übertragen. Es<br />

ist jedoch auf die Bestimmung des § 1154 BGB zu achten. Danach ist<br />

zur Abtretung der Forderung Erteilung der Abtretungserklärung in<br />

schriftlicher Form sowie die Übergabe des Hypothekenbriefes erforderlich.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch die Bestimmung des<br />

§ 1117 BGB zu berücksichtigen (§ 1154 I 1, 2. Hs. BGB). Nach § 1154<br />

II BGB kann die schriftliche Form der Abtretungserklärung dadurch ersetzt<br />

werden, dass die Abtretung in das Grundbuch eingetragen wird<br />

(beachten Sie bitte auch § 1154 III BGB!). § 1154 BGB ist Ausdruck<br />

der strengen Akzessorietät der Hypothek. Das macht es erforderlich,<br />

dass das im Sachenrecht geltende Offenkundigkeitsprinzip auch<br />

auf die Forderung übertragen wird.<br />

! Achtung: Um eine hypothekarisch gesicherte Forderung wirksam<br />

abzutreten, muss der Gläubiger die Formvorschrift des § 1154 BGB<br />

beachten.<br />

Hat der Gläubiger die Forderung in der Form des § 1154 BGB wirksam<br />

übertragen, so geht die Hypothek kraft Gesetzes auf den Dritten über,<br />

§ 1153 I BGB. Nach § 1153 II BGB kann die Forderung nicht ohne die<br />

Hypothek, die Hypothek nicht ohne die Forderung übertragen werden.<br />

Probleme ergeben sich dann, wenn die Hypothek nicht wirksam zur<br />

Entstehung gelangt ist.<br />

I. Unwirksamkeit der Bestellung der Hypothek<br />

Ist die Hypothekenbestellung unwirksam, beispielsweise weil es nicht<br />

zu einer wirksamen Einigung zwischen Gläubiger und Sicherungsgeber<br />

gekommen ist, so stellt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen<br />

für den Fall, dass der Gläubiger die Forderung an einen<br />

Dritten überträgt. Grundsätzlich ist dann die Möglichkeit des Erwerbs<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


65<br />

der Hypothek kraft guten Glaubens vom Nichtberechtigten zu prüfen.<br />

Hierbei ist allerdings zwischen dem gutgläubigen Erwerb einer<br />

Buch- sowie dem gutgläubigen Erwerb einer Briefhypothek zu unterscheiden.<br />

Ist der Gläubiger nicht Inhaber der Buchhypothek, aber als solcher im<br />

Grundbuch eingetragen, so kann der Dritte das Grundpfandrecht über<br />

§ 892 BGB gutgläubig erwerben.<br />

Eine Forderung, die durch eine Briefhypothek gesichert ist, erwirbt der<br />

Dritte nach § 1154 I BGB dadurch, dass der Gläubiger eine schriftliche<br />

Abtretungserklärung abgibt und den Hypothekenbrief übergibt. Die Abtretungserklärung<br />

in schriftlicher Form kann durch die Eintragung der<br />

Abtretung im Grundbuch ersetzt werden (§ 1154 II BGB). Wenn letzteres<br />

– wie regelmäßig – nicht geschieht, vollziehen sich Übertragung<br />

von Forderung und Hypothek außerhalb des Grundbuches. Das<br />

Grundbuch weist daher nicht mit Sicherheit den Eingetragenen als Inhaber<br />

des Rechts aus. Der Gutglaubenserwerb ist beim Buchrecht ü-<br />

ber das Grundbuch hinaus auch auf frühere Abtretungen erweitert<br />

worden, die nicht im Grundbuch erscheinen, aber öffentlich beglaubigt<br />

sind (§§ 1155, 129 BGB).<br />

! Achtung: Es gilt der Satz „Die Kette der öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen<br />

ist Projektion tatsächlich nicht vorgenommener<br />

Grundbucheintragungen“. Damit wirken die Abtretungserklärungen so,<br />

als seien sie externe Bestandteile des Grundbuchs.<br />

II. Nichtbestehen der Forderung<br />

Besteht die Forderung, die der Gläubiger an einen Dritten abtritt, nicht<br />

und sind alle sonstigen Voraussetzungen für die Entstehung der Hypothek<br />

gegeben, so kommt es zur Ausbildung einer Eigentümergrundschuld<br />

(§§ 1163 I 1, 1177 I BGB).<br />

Ist der Gläubiger zum Zeitpunkt der Übertragung von Forderung und<br />

Hypothek im Grundbuch eingetragen oder i.S.d. § 1154 BGB (vgl. o.)<br />

legitimiert, kann er dem Dritten eine Hypothek ohne Forderung (sog.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


66<br />

„forderungsentkleidete“ Hypothek) verschaffen, wenn der Dritte<br />

hinsichtlich des Bestehens der Forderung gutgläubig gewesen ist. Die<br />

Möglichkeit hierzu schafft § 1138 BGB. Danach gelten die Vorschriften<br />

der §§ 891–899 BGB für die Hypothek auch in Ansehung der Forderung.<br />

! Achtung: § 1138 BGB durchbricht den Grundsatz der Akzessorietät<br />

zwischen Forderung und Hypothek. Dies geschieht, um dem Grundsatz,<br />

dass ein in das Grundbuch eingetragenes Recht gutgläubig erworben<br />

werden kann (§ 892 BGB), zum Durchbruch zu verhelfen.<br />

Konsequenz daraus ist, dass der Dritte eine Hypothek ohne Forderung<br />

erwirbt. Allerdings ist strikt darauf zu achten, dass § 1138 BGB nicht<br />

dazu führt, dass der Dritte auch die Forderung erwirbt. Hier bleibt es<br />

bei dem Grundsatz, dass ein gutgläubiger Forderungserwerb grundsätzlich<br />

nicht möglich ist.<br />

Konsequenz des oben Gesagten ist es, dass der Dritte sodann gegen<br />

den Sicherungsgeber aus der Hypothek, nicht aber gegen den Schuldner<br />

aus der Forderung vorgehen kann. Der Eigentümer des Grundstückes<br />

kann sich gegenüber der Geltendmachung der Hypothek nicht mit<br />

der Einwendung verteidigen, die gesicherte Forderung bestehe nicht,<br />

soweit der Erwerber gutgläubig auf die Eintragung vertrauen durfte.<br />

III. Doppelmangel von Forderung und Hypothek<br />

Abschließend ist der Fall zu diskutieren, in dem die zu sichernde Forderung<br />

nicht entstanden und zudem die Hypothek an einem weiteren<br />

Wirksamkeitsmangel leidet.<br />

Beispiel: Die Kreditsumme aus dem Darlehensvertrag zwischen<br />

Schuldner und Gläubiger ist nicht zur Auszahlung gelangt. Bei der<br />

Bestellung der Hypothek fehlt es an der notwendigen dinglichen<br />

Einigung.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


67<br />

Wird in einem derartigen Falle die angebliche Forderung mit der angeblich<br />

wirksam bestellten Hypothek an einen gutgläubigen Dritten abgetreten,<br />

so kann der Dritte mangels Möglichkeit gutgläubigen Forderungserwerbs<br />

eine Forderung gegen den Schuldner nicht erlangen.<br />

Hinsichtlich der Hypothek ist hingegen ein gutgläubiger Erwerb möglich.<br />

Dabei ist auf die zweifache Funktion von § 892 BGB zu achten.<br />

Zum einen verhilft § 892 BGB zur Überwindung des Mangels bei der<br />

dinglichen Einigung. Zum anderen wird § 892 BGB im Rahmen des<br />

§ 1138 BGB benötigt, damit der gutgläubige Erwerb der Hypothek<br />

nicht aus Gründen der ansonsten zu fordernden Akzessorietät scheitert<br />

(vgl. o.).<br />

! Achtung: Einen Sonderfall stellt die Sicherungshypothek dar. Hier<br />

ist nach § 1185 II BGB die Bestimmung des § 1138 BGB nicht anwendbar<br />

(s. auch § 1184 I BGB). Ein gutgläubiger Erwerb der Sicherungshypothek<br />

ist daher nur dann möglich, wenn die gesicherte Forderung<br />

besteht. Aufgrund der strengen Akzessorietät ist die Sicherungshypothek<br />

im Bankenwesen die große Ausnahme.<br />

C. Pfandrecht<br />

Wenn sich der Pfandgläubiger als Sicherungsnehmer gegenüber einem<br />

Erwerber als Eigentümer des Pfandes ausgibt, kann dieser (Dritte)<br />

nach §§ 932 ff. BGB das Eigentum des Verpfänders (Sicherungsgebers)<br />

gutgläubig erwerben.<br />

Will der Gläubiger dem Dritten lediglich das Pfandrecht an der Sache<br />

verschaffen und bestehen gesicherte Forderung und Pfandrecht, so<br />

erwirbt der Dritte die Forderung nach § 398 BGB, das Pfandrecht nach<br />

§§ 1250 I S. 1, 401 I BGB. Besteht die gesicherte Forderung nicht, gibt<br />

es kein Pfandrecht. Der gutgläubige Dritte kann das Pfandrecht nicht<br />

ohne Forderung erwerben. Eine dem § 1138 BGB entsprechende Vorschrift<br />

gibt es in den Vorschriften über das Pfandrecht nicht. Besteht<br />

lediglich die gesicherte Forderung, aber nicht das Pfandrecht, weil die-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


68<br />

ses nicht wirksam bestellt wurde, so erwirbt der Dritte die Forderung,<br />

nicht aber das Pfandrecht (str.).<br />

D. Sicherungsgrundschuld<br />

Der Gläubiger kann eine durch eine Grundschuld gesicherte Forderung<br />

nach § 398 BGB auf einen Dritten übertragen. Dabei ist die Wahrung<br />

von § 1154 BGB nicht notwendig. § 1154 BGB ist für die durch<br />

eine Grundschuld gesicherten Forderungen nicht nötig, weil hier eine<br />

Trennung von Forderung und Hypothek gesetzlich zugelassen ist. Der<br />

Gläubiger kann mithin die Forderung behalten und nur die Grundschuld<br />

übertragen, er kann die Grundschuld behalten und die Forderung<br />

übertragen, schließlich kann er auch Forderung und Grundschuld<br />

an unterschiedliche Personen weiterreichen.<br />

Wenn die Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner wirksam<br />

besteht, die Grundschuld aber nicht wirksam bestellt wurde, so<br />

kann der Dritte von dem Gläubiger die Forderung nach § 398 BGB erwerben.<br />

Die Grundschuld kann er erwerben über § 892 BGB (Buchgrundschuld)<br />

sowie § 892 BGB, gegebenenfalls i.V.m. § 1155 BGB,<br />

(Briefgrundschuld).<br />

Wenn die zu sichernde Forderung nicht wirksam entstanden ist, kann<br />

der Abtretungsempfänger zwar keine Forderung gegenüber dem<br />

Schuldner erhalten, er erwirbt aber die Grundschuld, und zwar selbst<br />

dann, wenn er weiß, dass dem Gläubiger keine Forderung gegen den<br />

Schuldner zustand. Grund hierfür ist, dass der Dritte nicht kraft guten<br />

Glaubens vom Nichtberechtigten, sondern vom Berechtigten erwirbt.<br />

Bestehen sowohl Forderung als auch Grundschuld bei der Übertragung<br />

durch den Gläubiger auf einen Dritten nicht, so kann der Dritte<br />

zwar keine Forderung, aber über § 892 BGB, gegebenenfalls § 1155<br />

BGB, die Grundschuld gutgläubig erwerben.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


69<br />

E. Sicherungsübereignung<br />

Die Sicherungsübereignung geschieht regelmäßig nach §§ 929, 930<br />

BGB. Der Sicherungsnehmer ist sodann mittelbarer Besitzer, der Sicherungsgeber<br />

unmittelbarer Fremdbesitzer. Der Sicherungsnehmer<br />

erwirbt an den sicherungsübereigneten Gegenständen Volleigentum.<br />

War die Sicherungsübereignung im Verhältnis zwischen Sicherungsgeber<br />

und Sicherungsnehmer wirksam, kann der Sicherungsnehmer<br />

einem Dritten durch die Veräußerung des sicherungsweise übereigneten<br />

Gegenstands das Eigentum hieran verschaffen. Er kann zudem<br />

einem Dritten seinen (potentiellen) Herausgabeanspruch gegenüber<br />

dem Sicherungsgeber abtreten, in Folge dessen der Dritte nach<br />

§§ 929, 931 BGB Eigentümer wird.<br />

Tritt der Sicherungsnehmer die gesicherte Forderung zusammen mit<br />

der Sicherung an einen Dritten ab, geht die Forderung nach § 398 S. 2<br />

BGB auf den Dritten über, das Sicherungsgut nach §§ 929, 930 BGB.<br />

Der Sicherungsgeber, der zugleich auch persönlicher Schuldner ist,<br />

kann die gesicherte Forderung durch Zahlung an den Dritten zum Erlöschen<br />

bringen. Sofern der Schuldner nichts von der Abtretung an<br />

den Dritten weiß und deshalb an den bisherigen Gläubiger leistet, wird<br />

er nach § 407 I BGB frei.<br />

Welche Konsequenzen die Zahlung mit erfüllender Wirkung auf die Sicherung<br />

hat, ist abhängig davon, ob die Sicherungsübereignung auflösend<br />

bedingt vereinbart worden ist und somit ohne weiteres mit dem<br />

Erlöschen der Forderung endet, oder ob die Parteien verabredet haben,<br />

dass nach Ende des Sicherungszweckes die Rückübereignung<br />

förmlich vollzogen werden muss. Letzteres ist im Zweifel anzunehmen.<br />

Die auflösende Bedingung wirkt auch gegen den Dritten, dass folgt aus<br />

§ 161 I, II BGB. Über § 161 III BGB ist es allerdings möglich, dass der<br />

Dritte gutgläubig lastenfreies Eigentum erwirbt. Wenn nämlich ein<br />

Nichtberechtigter nach §§ 932 ff. BGB sogar das Eigentum des Berechtigten<br />

entfallen lassen kann, so muss dies erst Recht für das Anwartschaftsrecht<br />

gelten. § 161 III BGB verweist auf § 936 BGB, der<br />

das Erlöschen von Rechten Dritter beim gutgläubigen Erwerb bestimmt.<br />

Zu berücksichtigen ist allerdings § 936 III BGB. Weil der Siche-<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


70<br />

rungsgeber im Falle der Sicherungsübereignung regelmäßig unmittelbarer<br />

Besitzer der Sache ist, wird der Gläubiger an den Dritten in Gemäßheit<br />

von § 931 BGB veräußern. Dann erlischt aber das Anwartschaftsrecht<br />

auch gegenüber dem gutgläubigen Dritten nicht.<br />

War die Sicherungsübereignung im Verhältnis Sicherungsgeber und<br />

Sicherungsnehmer (Gläubiger) unwirksam, überträgt der Gläubiger nur<br />

sein vermeintliches Sicherungseigentum auf den Dritten, er verfügt<br />

mithin als Nichtberechtigter. Der Dritte kann dann nach § 934 BGB Eigentümer<br />

werden.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


71<br />

8. Kapitel: Fragen des Rückgriffs<br />

Ist der Sicherungsgeber nicht personenidentisch mit dem Schuldner<br />

und wird der Sicherungsgeber von dem Gläubiger bzw. Sicherungsnehmer<br />

in Anspruch genommen stellt sich die Frage, inwieweit das<br />

sich für den Sicherungsgeber verwirklichte Risiko „weiter gereicht“<br />

werden kann.<br />

Die gesetzlich bestimmten Sicherungsmittel verfügen mit Ausnahme<br />

der Sicherungsgrundschuld über eine Regelung, wonach sich der<br />

Rückgriff des Sicherungsgebers gegenüber dem Schuldner vollzieht.<br />

A. Bürgschaft<br />

Die maßgebliche Norm für den Rückgriff im Rahmen der Bürgschaft ist<br />

§ 774 BGB. § 774 BGB ordnet einen gesetzlichen Forderungsübergang<br />

an. Die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner geht<br />

kraft Gesetzes auf den Bürgen über, soweit dieser den Gläubiger befriedigt.<br />

Der Umfang in dem der Bürge die gesicherte Forderung erwirbt, orientiert<br />

sich vorrangig an der Höhe der Zahlung, durch die der Gläubiger<br />

befriedigt wird.<br />

Ein wesentlicher Sinn des gesetzlichen Forderungsübergangs liegt<br />

darin, dass der zahlende Bürge mit der gesicherten Forderung auch<br />

die parallel zur Bürgschaft bestehenden Sicherheiten erwirbt (vgl.<br />

§§ 412, 401 BGB). Der gesetzliche Forderungsübergang ist damit das<br />

juristische Mittel, um dem in Anspruch genommenen Sicherungsgeber<br />

den Zugriff auf weitere Sicherheiten zu ermöglichen.<br />

Zu beachten ist zudem § 776 BGB. Gibt der Gläubiger eine parallele<br />

Sicherheit auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen<br />

Rechte nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Nach<br />

§ 776 S. 2 BGB gilt dies selbst dann, wenn das aufgegebene Recht<br />

(Sicherheit) erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


72<br />

B. Hypothek<br />

Die maßgebliche Rückgriffsnorm für die Hypothek stellt § 1143 BGB<br />

dar.<br />

Wenn der Sicherungsgeber, der Eigentümer des mit einer Hypothek<br />

belasteten Grundstückes, vom Hypothekengläubiger nach § 1147 BGB<br />

in Anspruch genommen wird, darf er die drohende Zwangsvollstreckung<br />

durch Zahlung an den Gläubiger abwenden (§ 1142 BGB). Die<br />

Folge der Zahlung des Sicherungsgebers an den Gläubiger ist der Ü-<br />

bergang der gesicherten Forderung von dem Gläubiger auf den Sicherungsgeber<br />

(§ 1143 BGB). Mit der Forderung gegen den Schuldner<br />

erlangt der Sicherungsgeber auch die sichernde Hypothek an seinem<br />

eigenen Grundstück, eine Eigentümerhypothek, §§ 1143, 1153 II, 412,<br />

401 BGB. Die Rechte aus der Hypothek bestimmen sich nach den für<br />

die Eigentümergrundschuld geltenden Vorschriften (§ 1177 II BGB).<br />

C. Pfandrecht<br />

Der Rückgriff beim Pfandrecht regelt sich über die Bestimmung des<br />

§ 1225 BGB. § 1225 BGB ist Parallelnorm zu § 1143 BGB (Hypothek)<br />

bzw. 774 BGB (Bürgschaft). Der Verpfänder muss die Verwertung des<br />

Pfandes nicht hinnehmen. Ihm steht nach § 1223 II BGB das Recht zur<br />

Einlösung zu. Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner, erwirbt<br />

er durch gesetzliche Forderungsabtretung die Forderung des<br />

Pfandgläubigers gegen den Schuldner. Mit der Forderung geht das<br />

Pfandrecht nach §§ 1250, 412, 401 BGB auf den Verpfänder über.<br />

War der Verpfänder Eigentümer der Pfandsache, erlischt das Pfandrecht,<br />

§ 1256 I BGB.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


73<br />

D. Das Problem des Wettlaufs der Sicherungsgeber<br />

Eine zu sichernde Forderung kann mit verschiedenen Sicherheiten gesichert<br />

werden. Bei Leistung durch einen Sicherungsgeber, der nicht<br />

mit dem persönlichen Schuldner identisch ist, stellt sich die Frage nach<br />

dem Regress. Eine gesetzliche Regelung hierüber enthält das BGB<br />

nicht.<br />

§ 401 BGB enthält scheinbar eine Lösung derartiger Fälle. Nach § 401<br />

BGB müsste der als erstes Zahlende mit der Abtretung kraft Gesetzes<br />

nach §§ 1143 BGB oder 1225 BGB zugleich das weitere Sicherungsmittel<br />

erwerben, so dass er vollständig bei einem weiteren Sicherungsgeber<br />

Regress nehmen könnte. So erscheint derjenige Sicherungsgeber<br />

am besten geschützt, der als erster auf die Forderung des<br />

Gläubigers zahlt. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht interessengerecht.<br />

Eine Lösung des Problems ergibt sich aus dem gesetzlichen Leitbild<br />

der Mitbürgschaft. Maßgeblich für den Rückgriff der Sicherungsgeber<br />

untereinander ist letztlich ihr Innenverhältnis. Der Ausgleichsanspruch<br />

analog § 426 BGB richtet sich nach der für das Innenverhältnis<br />

geltenden Haftungsquote. Sofern die Beteiligten keine besonderen<br />

Vereinbarungen getroffen haben, ist davon auszugehen, dass die Sicherheiten<br />

in gleichem Maße für die gesicherte Forderung haften sollen.<br />

Dies gilt grundsätzlich für alle Sicherungsmittel untereinander.<br />

Auch der Bürge ist nach vorherrschender Auffassung trotz der Möglichkeit<br />

der persönlichen und nicht dinglich beschränkten Inanspruchnahme<br />

nicht besser zu stellen.<br />

E. Schuldbeitritt<br />

Maßgebliche Regressnorm bei der den Schuldbeitritt kennzeichnenden<br />

Gesamtschuldnerschaft ist § 426 BGB. Die beiden Absätze des § 426<br />

BGB stellen zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen dar.<br />

§ 426 I BGB regelt die Innenforderung im Verhältnis Schuldner und Sicherungsgeber.<br />

Der Sicherungsgeber hat gegenüber dem Schuldner<br />

einen Anspruch auf Freistellung hinsichtlich der Inanspruchnahme<br />

durch den Gläubiger. Musste der Sicherungsgeber gleichwohl an den<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04


74<br />

Gläubiger leisten, wandelt sich der Anspruch auf Freistellung in einen<br />

Rückgriffsanspruch um.<br />

§ 426 II BGB betrifft einen Fall des Forderungsüberganges kraft Gesetzes.<br />

Hier geht es um die (Außen-)Forderung des Gläubigers gegenüber<br />

dem Schuldner. Bei Zahlung durch den Sicherungsgeber erwirbt<br />

dieser also nicht nur einen Aufwendungsersatzanspruch (§ 426 I<br />

BGB), sondern zugleich die Forderung, die ursprünglich im Verhältnis<br />

Gläubiger - Schuldner bestand.<br />

F. Sicherungsgrundschuld<br />

Hier ist der Rückgriff des Zahlenden davon abhängig, wie sich die Zahlung<br />

an den Gläubiger auswirkt.<br />

Hinsichtlich des Grundpfandrechts erwirbt der Sicherungsgeber<br />

entweder einen Anspruch auf Rückübertragung (schuldrechtlicher<br />

Rückübertragungsanspruch), wenn er auf die Forderung zahlt, oder er<br />

erwirbt die Grundschuld selbst durch Zahlung auf diese.<br />

Hinsichtlich der Forderung erlischt diese nach h.M. nicht, denn der<br />

Eigentümer will im Zweifel lediglich nur auf die sein Grundstück belastende<br />

Grundschuld und nicht auch auf die fremde persönliche Schuld<br />

leisten. Es entsteht eine Eigentümergrundschuld. Zugleich besteht ein<br />

Anspruch auf Abtretung der Forderung aus der Sicherungsabrede, soweit<br />

der Eigentümer einen Rückgriffsanspruch gegen den persönlichen<br />

Schuldner hat.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. Uwe Schlegel 2003/04

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!