ZLB ZUKUNFTSWERKSTATT LINKE BILDUNGSPOLITIK - Die Linke
ZLB ZUKUNFTSWERKSTATT LINKE BILDUNGSPOLITIK - Die Linke
ZLB ZUKUNFTSWERKSTATT LINKE BILDUNGSPOLITIK - Die Linke
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Erste Schritte auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem<br />
Behinderte und nichtbehinderte Kinder sollen künftig verstärkt gemeinsam lernen. Das bekräftigte<br />
Bundessozialminister Olaf Scholz (SPD) im Rahmen einer Konferenz zur Umsetzung der Rechte von<br />
Menschen mit Behinderung in Berlin. Parallel dazu hat Baden-Württemberg angekündigt, die<br />
Sonderschulpflicht abschaffen zu wollen.<br />
Der baden-württembergische Kultusminister Helmut Rau (CDU) erklärte in Stuttgart, durch eine<br />
Reform des Sonderschulwesens sollten alle behinderten Kinder und Jugendlichen in seinem<br />
Bundesland Regelschulen besuchen können.<br />
Laut Presseberichten bedeutet das aber nicht die Abschaffung der Sonderschulen. <strong>Die</strong>se würden in<br />
sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren umgebaut und weitherhin Sonderschüler<br />
unterrichten. Künftig könnten jedoch die Eltern über den Lernort ihres Kindes entscheiden, nachdem<br />
sie von einem Expertengremium Vorschläge für Schultypen erhalten hätten. Allerdings könne wohl<br />
auch die Sonderschule der einzige Vorschlag des Gremiums sein.<br />
"Nationaler Aktionsplan"<br />
In Berlin kündigte Bundessozialminister Scholz einen "nationalen Aktionsplan" an, der eine<br />
langfristige Gesamtstrategie zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die<br />
Rechte von Menschen mit Behinderung unter Einschluss aller Akteure und Handlungsebenen<br />
enthalten soll.<br />
Artikel 24 des VN-Übereinkommens verlange von und in Deutschland ein Bildungssystem, in dem<br />
Schülerinnen und Schüler mit Behinderung eine qualitativ hochwertige Bildung erhalten und<br />
gemeinsam mit nicht behinderten Altersgenossen lernen, so Scholz. Praktisch bedeute dies mittel- und<br />
langfristig eine deutliche Reduzierung der Förderschulen, die Integration von behinderten Kindern und<br />
Jugendlichen in Regelklassen sowie die Ausstattung dieser Regelklassen mit geschulten Lehrkräften<br />
und Betreuern sowie angemessenen Lehr- und Lernmaterialien.<br />
Etwa 84 Prozent - in Zahlen rund 400.000 - der Schüler mit Behinderungen werden derzeit in<br />
Deutschland auf Sonderschulen geschickt. "Das muss sich ändern", so Scholz. Eine echte Chance auf<br />
dem Arbeitsmarkt werde der Mehrzahl der Förderschüler verwehrt, kritisierte der Minister. Rund 80<br />
Prozent von ihnen erreichten nicht einmal einen Hauptschulabschluss. Scholz forderte in diesem<br />
Zusammenhang: "Wir brauchen Schulen, die kein Kind einfach abschreiben."<br />
Neue Aufgaben für Lehreraus- und -fortbildung<br />
<strong>Die</strong> stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer betonte im Rahmen der Konferenz,<br />
Lehrerinnen und Lehrer müssten in ihrer Ausbildung befähigt werden, mit heterogenen Lerngruppen<br />
und in multiprofessionellen Teams zu arbeiten. <strong>Die</strong> traditionelle schulartspezifische Ausbildung stehe<br />
dem entgegen, so Demmer.<br />
Zudem bräuchten Regel- und Förderschullehrkräfte berufsbegleitend regelmäßige gemeinsame<br />
Fortbildungsmöglichkeiten. Durch die Reflexion der eigenen Praxis könnten sie ihr professionelles<br />
Selbstverständnis weiter entwickeln und z. B. Kenntnisse der Blindenschrift und Gebärdensprache<br />
erwerben.<br />
"Gemeinsamer Unterricht soll für alle Jungen und Mädchen gut sein, ob mit oder ohne Behinderung"<br />
forderte die GEW-Vize. Niemand dürfe den Eindruck haben, über- oder unterfordert oder ungerecht<br />
behandelt zu werden. "Mittelfristig wollen wir eine vollständig inklusive Schule ohne Selektion und<br />
Aufteilung in unterschiedlich anspruchsvolle Schularten", so Demmer. "Wir brauchen eine<br />
bedarfsgerechte sonderpädagogische, sozialpädagogische und pflegerische Ressourcenzuteilung in den<br />
Regelschulen. Wir wollen keine 'Inklusion light' als Sparmodell."<br />
Thöne: Inklusives Schulsystem kostengünstiger und leistungsfähiger<br />
55