ZLB ZUKUNFTSWERKSTATT LINKE BILDUNGSPOLITIK - Die Linke
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Krake Bertelsmann überall<br />
Horst Bethge<br />
Der letzte GEW- Kongress hat nach intensiven Diskussionen aufgefordert, die Zusammenarbeit mit<br />
Bertelsmann zu beenden. Vor allem, weil die gesellschaftspolitischen Zielstellungen der Bertelsmann-<br />
Stiftung mit denen der GEW nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.. Übertrieben? Notwendig?<br />
Überfällig? Dazu dies Dossier.<br />
Ob durch die Kampagne „Wir sind Deutschland!“, durch SEIS, den Schulmonitor, RTL, SAT I und<br />
PRO 7, Gruner und Jahr, Bücher aus Wissenschaftsverlagen, CHE (das Hochschulzentrum), HARTZ<br />
IV oder die EU- Verfassung- überall hat Bertelsmann seine Fangarme wie eine Krake ausgelegt. Das<br />
ist noch nicht alles, weil Vieles im Verborgenen läuft oder von Bertelsmann-Töchtern oder in<br />
Kooperation mit anderen..<br />
<strong>Die</strong> Bertelsmann Stiftung (BS) ist die einflussreichste deutsche Stiftung. Sie ist fest in der Hand der<br />
Familie Mohn, hat sich zum größten deutschen neoliberalen Think- Tank entwickelt und „berät“ auf<br />
vielen gesellschaftlichen Feldern. Sie wird aktiv geführt von Liz Mohn und bis vor kurzem, Prof.<br />
Werner Weidenfeld, dem ehemaligen Kanzlerberater.<br />
Durch ihre Tochter CHE steuert sie die Hochschullandschaft in mehreren Bundesländern, durch ihr<br />
Münchener Institut CAP (Centrum für angewandte Politikforschung) die Europapolitik (z. B. durch<br />
Entwurf der EU- Verfassung), durch CAP und MdEP Elmar Brok (CDU), den Fraktionsvorsitzenden<br />
im Eurpa-Parlament, beeinflusst sie die Europapolitik, durch eine Fülle von Netzwerken als PPP-<br />
Partnerschaften übt sie, spätestens seit Rot/Grün, maßgeblichen Einfluss auf Sozial-, Arbeitsmarkt-,<br />
Renten- und Gesundheitspolitik- bis hin zum Bibliothekswesen und der Musikerziehung aus. <strong>Die</strong><br />
andere Tochter, ARVATO AG bietet die gesamte Palette staatlicher Leistungen an, bis zur<br />
Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben (z. B. Steuererhebung). Muster ist die Stadt East Riding (GB,<br />
Yorkshire) und in der BRD Würzburg.<br />
Das bildungspolitische Engagement der BS geht auf die Mitarbeit von Reinhard Mohn 1992 in der<br />
NRW-Kommission „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“ zurück.<br />
<strong>Die</strong> gesellschaftspolitischen Ziele formulierten der Stiftungsgründer und „Patriarch“ Reinhard<br />
Mohn: „Unsere Arbeit wird von der Erkenntnis geprägt, dass unternehmerisches Denken und Handeln<br />
entscheidend dazu beitragen muss, Problemlösungen für die verschiedenen Bereiche unserer<br />
Gesellschaft zu entwickeln und erstarrte Strukturen aufzulösen.“ (Leitbild der BS) „Es wird<br />
verglichen, bewertet, gemessen und alles mit jedem in ein Wettbewerbs- und Konkurrenzverhältnis<br />
gesetzt“ (Hagenloch). Schon bei Gründung hatte R. Mohn die Stiftung bewusst unter das Motto<br />
„Eigentum verpflichtet“ gestellt.<br />
Nun ist aber gerade aus dieser Verpflichtung etwas abgeleitet worden, was das bisherige allgemeine<br />
Verständnis von Sozialpflichtigkeit ins Gegenteil verkehrt. Nämlich, dass das Kapital die Pflicht habe,<br />
sich einzumischen, zu bestimmen. Das Gewicht des Kapitals gilt überhaupt nicht mehr als Gefahr für<br />
die Demokratie, sondern umgekehrt, die Demokratie wird als Gefahr für die Freiheit des agierenden<br />
Kapitals verstanden und deshalb - zu seinem Schutz – das Kapital geradezu verpflichtet, mit welchen<br />
Mitteln auch immer, als Teil der gesellschaftlichen Gewalten aufzutreten. „Eigentum (ist) mit<br />
gesellschaftlicher Verantwortung verbunden (Leitbild der BS).<br />
<strong>Die</strong> BS arbeitet vorrangig mit Netzwerken, auch internationalen Netzwerken, und in Public-Private-<br />
Partnership (PPP). Externe Anträge werden nicht entgegengenommen, darum drängen die<br />
Bertelsmännner umso eifriger mit eigenen Projekten in die deutsche Regierungsarbeit (H. Schumann<br />
„Macht ohne Mandat“, Tagesspiegel 24. 9. 06). <strong>Die</strong>se Ausschließlichkeit geht so weit, dass Mohn für<br />
Milliarden € die Aktien eines belgischen Mitbesitzers aufgekauft hat, um nicht an die Börse – und<br />
damit an die Öffentlichkeit – gehen zu müssen. Der Skandal beginnt da, wo für dieses<br />
antidemokratische und private Wirken die Bertelsmann Stiftung als gemeinnützige Stiftung auch noch<br />
fast volle Steuerbefreiung hat.<br />
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