03.04.2014 Aufrufe

Download - Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

Download - Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

Download - Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Joseph Haydn<br />

l’isola<br />

disabitata<br />

Inhalt<br />

Programm 4<br />

Hochzeitsfoto in Langzeitbelichtung 8<br />

Eine Seele im Ausnahmezustand 18<br />

Theseus und Ariadne 20<br />

Gedanken zum Bühnenbild 26<br />

Daidalos 27<br />

Das Mädchen und das Reh 28<br />

Wiener Klassik bei den <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong> 30<br />

Biografien 36<br />

Argomento / Inhaltsangabe 44<br />

Libretti 47<br />

Impressum 98


Silvia (Raffaella Milanesi) und Reh (Markus Merz)


l’isola disabitata ƒ programm<br />

L’Isola disabitata<br />

Tiroler Landestheater<br />

12./14. August, jeweils 20 Uhr<br />

Einführungsgespräch jeweils um 19 Uhr, Pausenfoyer<br />

„L’Isola disabitata“ (Eszterháza, 1779)<br />

Azione teatrale in zwei Akten von<br />

Joseph Haydn | 1732–1809<br />

Libretto von Pietro Metastasio<br />

in italienischer Sprache<br />

(mit deutschen Übertiteln)<br />

und als Prolog<br />

„Arianna a naxos“<br />

Kantate für Sopran und Streichorchester, Hob.XXVI:2b<br />

Dauer: ca. bis 22.30 Uhr,<br />

eine Pause<br />

Alessandro De Marchi<br />

Christoph von Bernuth<br />

Oliver Helf<br />

<strong>Musik</strong>alische Leitung<br />

Regie<br />

Bühnenbild, Kostüme<br />

Stella Doufexis<br />

Raffaella Milanesi<br />

Jeffrey Francis<br />

Furio Zanasi<br />

Markus Merz<br />

Arianna, Costanza<br />

Silvia<br />

Gernando<br />

Enrico<br />

Reh, Matrose


l’isola disabitata ƒ programm<br />

Academia Montis regalis<br />

Alessandro Tampieri, Rossella Borsoni,<br />

Daniela Godio, Yukie Yamaguchi,<br />

Ljiljana Mijatovic, Marialuisa Barbon<br />

Elisa Bestetti, Elia Facchi<br />

Ayako Matsunaga, Diana Lee Planes,<br />

Pasquale Lepore, Luigi Moccia<br />

Elena Saccomandi,<br />

Lorena Nunez Hermosa<br />

Marco Testori, Ana Raquel Pinheiro<br />

Giordano Pegoraro<br />

Roberto Bevilacqua, Massimo Pinca<br />

Fiorella Andriani<br />

Dana Karmon<br />

Pier Luigi Fabretti, Gilles Vanssons<br />

Marco Panella, Dimer Maccaferri<br />

Riccardo Balbinutti<br />

Anna Fontana<br />

Erste Violine<br />

Zweite Violine<br />

Viola<br />

Violoncello<br />

Kontrabass<br />

Flöte<br />

Fagott<br />

Oboe<br />

Horn<br />

Pauken<br />

Cembalo<br />

Christoph von Bernuth<br />

Mariangiola Martello, Kathrin Wacker<br />

Cameron Arens<br />

Marta Ormian<br />

Ellen Piendl<br />

Ingrid Lughofer<br />

Herbert Kuen<br />

Gerhard Spöttl, Wolfgang Eisenhans<br />

Andreas Achammer,<br />

Steve Gehrke, Arnold Westreicher,<br />

Walter Ronacher, Bernhard Steiner,<br />

Peter Lepp, Benno Morawek,<br />

Thomas Nie<strong>der</strong>mair, Mario Quitadamo,<br />

Martin Gross, Richard Hörmann,<br />

Florian Mähr, Benjamin Peer,<br />

Ernst Sauerwein, Patrick Terzer<br />

Produktionsleitung<br />

<strong>Musik</strong>alische Assistenz<br />

Regieassistenz und<br />

abendspielleitung<br />

bühnen- und<br />

Kostümassistenz<br />

Inspizienz<br />

Übertitel<br />

technischer Direktor<br />

Bühnenmeister<br />

bühnentechnik


l’isola disabitata ƒ programm<br />

Otto Faulhammer, Philipp Baumgartner<br />

Requisite<br />

Florian Weisleitner<br />

Johannes Grimm, Simon Stenzel,<br />

Christoph Klein, Michael Reinisch,<br />

Franz Fedrizzi<br />

beleuchtungsmeister<br />

beleuchtung<br />

Andreas Lamprecht<br />

tontechnik<br />

Dieter Lena<br />

Marisa Di Spalatro<br />

Chefmaskenbildner<br />

Maskenbildner<br />

Anneliese Aschbacher<br />

Renate Lindner<br />

Leitung Ankleide<br />

Anklei<strong>der</strong><br />

Julia Aufhammer, Judith Dierigl,<br />

Waltraud Hanel, Brigitte Hassl,<br />

Ruth Kowar, Sabine Staudt,<br />

Jürgen Mayer, Charlotte Franco,<br />

Manuela Niklas, Sonja Noggler,<br />

Clemens Schachenhofer,<br />

Anna Sporrer, Juditha Waibl,<br />

Tamara Stocker-Niklas<br />

Einlassdienst<br />

Anfertigung <strong>der</strong> Kostüme durch die Costume Company, Hamburg: Silke<br />

Löhmann und Heike Bülk<br />

Perückenherstellung durch Jana Stelter, Hamburger Kammerspiele<br />

Herstellung <strong>der</strong> Flügelgestelle durch Peter Bruns, Hamburg<br />

Anfertigung des Bühnenbildes in den Werkstätten <strong>der</strong> Fa. TBT, Berlin<br />

Malerei durch Mario Kwast, Berlin


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

Hochzeitsfoto in Langzeitbelichtung<br />

„Isola disabitata“, o<strong>der</strong>: Mit Haydn auf <strong>der</strong><br />

einsamen Insel<br />

von Carsten Hinrichs<br />

Mit einem Feuer beginnt es: Mitte November 1779, wenige Wochen<br />

bevor <strong>der</strong> fürstliche Kapellmeister Joseph Haydn in Eszterháza sein<br />

neues Bühnenwerk L’isola disabitata (Die unbewohnte Insel) aufführen<br />

möchte, brennt das Opernhaus bis auf die Grundmauern nie<strong>der</strong>. Was<br />

tun? Kostüme und Bühnenbil<strong>der</strong> sind in Flammen aufgegangen. Doch<br />

Haydn lässt sich nicht entmutigen, die Produktion zieht kurz entschlossen<br />

ins gegenüber gelegene Marionettentheater um und hat am 6.<br />

Dezember, dem Namenstag von Fürst Nikolaus I. ihre Premiere. Bei <strong>der</strong><br />

Ausstattung muss man sich behelfen, aber das stört niemanden <strong>der</strong><br />

Anwesenden. Der Text, den Haydn komponiert hat, stammt von Pietro<br />

Metastasio, dem kaiserlichen Hofdichter in Wien, dessen mustergültigen<br />

Libretti nicht nur alle weit mehr als einmal vertont wurden, son<strong>der</strong>n<br />

die Ästhetik <strong>der</strong> barocken opera seria entscheidend geprägt haben.<br />

Zu Pietro Metastasio hat Haydn ein beson<strong>der</strong>es Verhältnis, spätestens<br />

seit er – durch Stimmbruch aus <strong>der</strong> Domkapelle von St. Stephan<br />

ausgeschieden – eine Wohnung im Wiener Michaelerhaus am heutigen<br />

Kohlmarkt 11 bezog, ein „armseliges Dachstübchen […] ohne Ofen,<br />

worin er kaum gegen den Regen geschützt war“. Doch zugleich wurde<br />

<strong>der</strong> junge Komponist, mit hochfliegenden Plänen und ohne Broterwerb,<br />

Nachbar zweier Größen des barocken <strong>Musik</strong>lebens. Metastasio, den er<br />

bald kennenlernte, gab dem Siebzehnjährigen Italienischunterricht und<br />

vermittelte ihm eine Stelle bei Nicola Porpora, <strong>der</strong> im selben Haus gleich<br />

über Eck wohnte. Porpora, einer <strong>der</strong> bedeutendsten Gesangspädagogen<br />

seiner Zeit und musikalischer Vater <strong>der</strong> großen Kastraten Caffarelli und<br />

Farinelli, ließ Haydn als Korrepetitor seine Gesangsstunden am Klavier<br />

begleiten. So konnte dieser täglich und aus erster Hand „die ächten<br />

Fundamente <strong>der</strong> sezkunst erlehrnen“, wie er später in dankbarer<br />

Erinnerung schreiben wird.<br />

Dreißig Jahre sind vergangen, und Haydn ist nun Kapellmeister bei Fürst<br />

Esterházy. Die Stelle ist hervorragend bezahlt, das Fürstengeschlecht<br />

gehört zu den ersten Familien im Reich und die Hofkapelle ist virtuos und<br />

handverlesen. Doch <strong>der</strong> Fürst hat sich in den Kopf gesetzt, neben <strong>der</strong><br />

Residenz in Eisenstadt noch ein neues Sommerschloss am Neusiedler<br />

See zu bauen, wohin <strong>der</strong> Hofstaat ab den sechziger Jahren alljährlich


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

umzieht. Das „ungarische Versailles“, wie Eszterháza genannt wird, ist<br />

prachtvoll und riesig, aber weit weg von Wien und <strong>der</strong> musikalischen<br />

Welt. Haydn ist in <strong>der</strong> Einöde gestrandet.<br />

Ob es Zufall war, dass ihm da Metastasios Text zu L’isola disabitata<br />

in die Hände fiel und seine Fantasie anregte? Die Handlung <strong>der</strong><br />

azione teatrale, wie die auf zwei Akte und vier handelnde Personen<br />

beschränkte Miniaturform einer opera semiseria im Original heißt, ist<br />

schnell zusammengefasst: Costanza und Gernando, in Begleitung von<br />

Costanzas kleiner Schwester Silvia, werden auf ihrer Hochzeitsreise von<br />

einem Sturm ans Ufer einer unbewohnten Insel geworfen. Gernando<br />

begibt sich auf einen Erkundungsgang über das Eiland, wo er von<br />

Piraten entdeckt und entführt wird. Costanza erwacht, und als sie<br />

Gernando nicht mehr findet, nimmt sie an, von ihm verlassen worden<br />

zu sein. 13 Jahre gehen ins Land, Silvia wächst zu einer jungen Frau<br />

heran, während Costanza (was nicht umsonst „die Beständige“ heißt)<br />

über ihr Schicksal nicht hinwegkommt. So hin- und hergerissen ist sie<br />

zwischen Wut auf Gernando und Trauer über ihr Los, dass sie Silvia im<br />

Glauben erzieht, Männer seien unberechenbare Ungeheuer, „untreu und<br />

unmenschlich“, vor denen man sich hüten muss. Da landen unbemerkt<br />

zwei Vertreter dieser gescholtenen Spezies an <strong>der</strong> Küste: Gernando<br />

konnte mithilfe seines Freundes und Mitgefangenen Enrico nach langer<br />

Zeit den Piraten entfliehen und hat sich, in Sorge um das Schicksal<br />

seiner Frau, auf den Weg zur verlassenen Insel gemacht. Während er<br />

alle Mühe hat, Costanza von <strong>der</strong> Grundlosigkeit ihrer Vorwürfe zu überzeugen,<br />

trifft die nichtsahnende Silvia auf Enrico. Wer mag nun dieses<br />

unbekannte Wesen sein? Eine Frau ist es nicht, denn es trägt keinen<br />

Rock, doch ein Mann kann es auch nicht sein, denn das Geschöpf<br />

schaut arglos und freundlich. Ein heftiger Gewissenskonflikt bricht aus,<br />

als Enrico <strong>der</strong> sich verliebenden Silvia gesteht, tatsächlich ein Mann zu<br />

sein – verzweifelt versucht sie zu fliehen, doch ein unwi<strong>der</strong>stehliches<br />

Gefühl von Zuneigung und Neugier zwingt sie, immer wie<strong>der</strong> stehen zu<br />

bleiben. Ihre Entwicklung zu einem realistischen Männerbild wird für<br />

Silvia <strong>der</strong> Weg in die Reife erwachsener Liebesfähigkeit und <strong>der</strong> Ausweg<br />

von <strong>der</strong> Insel.<br />

Für Haydn wird die Einöde von Eszterháza <strong>der</strong> Weg in den Weltruhm.<br />

„Ich war von <strong>der</strong> Welt abgeson<strong>der</strong>t, niemand in meiner Nähe konnte mich<br />

an mir selbst irre machen o<strong>der</strong> mich quälen, und so musste ich original<br />

werden.“ An<strong>der</strong>s als Freund Mozart o<strong>der</strong> Schüler Beethoven ist Haydn in<br />

fürstlichen Diensten vor allem eines: Opernunternehmer. Sein straffer<br />

Tagesablauf umfasst die Wirtschafts- und Verwaltungsgeschäfte <strong>der</strong>


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

Hofkapelle. Außerdem agiert er als Mittelsmann für die Schlichtung<br />

kleinerer Missstimmigkeiten unter seinen angestellten <strong>Musik</strong>ern. Für<br />

die zwei Opernhäuser (<strong>der</strong> Fürst hat wie erwähnt noch ein großes<br />

Marionettentheater) übernimmt er die Auswahl des Opernrepertoires,<br />

die Notenbeschaffung und -archivierung und natürlich ein enormes<br />

Pensum an Proben zur Einstudierung <strong>der</strong> neuen Werke. Im Jahrzehnt<br />

von 1770–80 leitet Haydn 1038 Aufführungen, darunter allein 60<br />

Uraufführungen. Der Schlüssel zu seinem Erfolg ist aber, dass er ein<br />

zweites, ebenso intensives Leben als Komponist führt, das den Rest<br />

seiner Zeit ausfüllt. Von den 78 Opern, die bis 1784 bei den Esterházy<br />

aufgeführt werden, sind 15 von ihm, dazu kommt eine große Zahl an<br />

Klaviersonaten, Quartetten und Sinfonien, die gerade in den Jahren <strong>der</strong><br />

Hofanstellung die Gattungstraditionen penibel erkunden, dann sprengen<br />

und schließlich revolutionieren. Die Wiener Klassik, heute Inbegriff<br />

<strong>der</strong> abendländischen Kunstmusik, hätte ohne den Kapellmeister in <strong>der</strong><br />

Einöde nicht stattgefunden.<br />

Wie zu erwarten handelt es sich bei Haydns Insel auf den zweiten Blick<br />

um alles an<strong>der</strong>e als ein Südseeparadies unter Palmen. „Das italienische<br />

Wort isola für Insel ist mit dem deutschen Wort isolieren eng verwandt“,<br />

so Christoph von Bernuth, <strong>der</strong> Regisseur <strong>der</strong> Oper. „In diesem Begriffsfeld<br />

spiegelt sich bereits die Zweideutigkeit <strong>der</strong> Bühnensituation wie<strong>der</strong>.<br />

Ich nehme in Innsbruck die Insel wörtlich, dennoch ist es zugleich<br />

ein Symbol für Costanzas psychische Situation: Ein abgetrennter<br />

Raum, umgeben vom Nichts des Ozeans, von dem es kein Entrinnen<br />

gibt.“ Hinter <strong>der</strong> außergewöhnlichen Situation des Strandens sieht<br />

von Bernuth eine erschreckend alltägliche Dimension verborgen. „Im<br />

übertragenen Sinne könnte Costanzas Geschichte auch inmitten einer<br />

Großstadt spielen. Es gibt sicher viele Frauen, die nach Jahren das<br />

Gefühl beschleicht, die Aufbruchstimmung und den Geliebten gegen<br />

den Alltag und den Ehemann eingetauscht zu haben und nun wie in<br />

gefühlstauber Einzelhaft zu leben.“<br />

Costanza ist denn auch <strong>der</strong> Dreh- und Angelpunkt <strong>der</strong> Geschichte,<br />

eine Frau, die in einem Schockerlebnis des Verlassenwerdens ihren<br />

Lebensmut eingebüßt hat. Für sie ist eine Flucht nach vorne undenkbar.<br />

Ihre Erinnerung, so schmerzlich sie durch den vermeintlichen Verrat<br />

ist, bleibt die Nabelschnur zur vergangenen, glücklicheren Zeit. Ihr<br />

Hochzeitsfoto wird gleichsam einer Langzeitbelichtung unterzogen, die<br />

schemenhaften Gestalten mit den fröhlichen Gesichtern verschwimmen<br />

nur ganz allmählich, Jahr um Jahr. „Weil sie glaubt, nicht mehr<br />

zu Lebzeiten gerettet zu werden, meißelt sie die Geschichte ihrer<br />

11


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

Strandung als Inschrift in einen Stein. Das ist für mich ein beeindruckendes<br />

Bild für den mühseligen und schmerzhaften Prozess, sich an seiner<br />

Vergangenheit abzuarbeiten, ihr quasi ein Denkmal setzen zu wollen“,<br />

erläutert von Bernuth seine Lesart.<br />

Da Costanzas Sicht <strong>der</strong> Dinge so wichtig für das Verständnis <strong>der</strong><br />

Handlung ist, hat er sich gemeinsam mit dem Dirigenten entschieden,<br />

dem Bühnenwerk als Prolog ein an<strong>der</strong>es Haydn-Werk voranzustellen,<br />

die Kantate Arianna a Naxos von 1789 – also ein Jahr vor Haydns<br />

Aufbruch aus dem Hofdienst in Eszterháza ins Abenteuer <strong>der</strong> bürgerlichen<br />

Metropole London geschrieben. Von dieser Kantate, die eigentlich<br />

für das konzentrierte Miteinan<strong>der</strong> von Sopran und Cembalo gedacht<br />

war, gibt es auch eine Fassung für Streichorchester vom Ende des 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts. Haydn selbst bot die Bearbeitung seinem Verleger an,<br />

kam aber wahrscheinlich nicht mehr selbst dazu; die Übertragung, mit<br />

zum Teil für den etwas an<strong>der</strong>en Orchestersatz notwendigen Eingriffen<br />

in die musikalische Struktur, erledigte ein anonymer Kollege. Der Stoff<br />

<strong>der</strong> Ariadne war zu Haydns Zeit in Mode. Die Geliebte des britischen<br />

Admirals Lord Nelson, Lady Hamilton, ließ sich beispielsweise als wartende<br />

Schönheit auf tropischem Eiland malen. Gemeinsam<br />

besuchte das Paar später Eisenstadt und wohnte einer<br />

Aufführung von Haydns Missa in angustiis bei, die<br />

seither den Beinamen Nelsonmesse trägt. Der<br />

griechische Mythos <strong>der</strong> Ariadne (siehe Seite<br />

20) erzählt von <strong>der</strong> kretischen Königstochter,<br />

die dem jungen Prinzen Theseus hilft, aus<br />

dem Labyrinth ihres Vaters Minos zu finden,<br />

nachdem er das<br />

Stierungetüm Minotauros<br />

getötet hat, dem Jahr für<br />

Jahr sieben Jünglinge<br />

und Mädchen seines<br />

Volkes zum Opfer gebracht worden waren. Anschließend flieht sie<br />

mit Theseus und seinen Gefährten von Kreta, sie lässt also den Vater<br />

zurück, um dem Geliebten folgen zu können. Eine Rechnung, die für sie<br />

nicht aufgeht. Auf Naxos, einem winzigen unbewohnten Eiland, macht<br />

das Schiff <strong>der</strong> griechischen Heimkehrer Zwischenstation. Ariadne legt<br />

sich zum Schlafen nie<strong>der</strong>, und als sie aufwacht, muss sie feststellen,<br />

dass Theseus’ Galeere bereits am Horizont verschwindet. Ein bitteres<br />

Erwachen.<br />

„Bei Ariadne entspricht die Realität demjenigen, was bei Costanza<br />

Befürchtungen sind. Der dramatische Ausdruck <strong>der</strong> Kantate entsteht<br />

dadurch, dass wir Ariadnes Erkenntnis vom wohligen Aufwachen über<br />

12


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

die Verwun<strong>der</strong>ung bis zur furchtbaren Gewissheit des Verlassenseins<br />

mit durchlaufen. Mit Hilfe des Prologs wagen wir also so etwas wie einen<br />

Blick in Costanzas Seelenlandschaft, bevor die eigentliche Handlung<br />

einsetzt“, begründet von Bernuth seine Entscheidung. „Für mich steht<br />

während <strong>der</strong> ganzen Oper die Frage im Raum, ob Metastasios lieto fine<br />

ernst gemeint ist, ob <strong>der</strong> Rettungscoup wirklich gelingen kann. Ist es<br />

möglich nach 13 Jahren wie<strong>der</strong> da anzuknüpfen, wo man aufgehört hat,<br />

und kann Costanza die Insel hinter sich lassen?“<br />

Und Haydn als Opernkomponist? War auch er von außen abgetrennt und<br />

musikalisch „aus <strong>der</strong> Welt“? „Ganz im Gegenteil“, meint Alessandro De<br />

Marchi, <strong>der</strong> Dirigent <strong>der</strong> Opernproduktion. Der Italiener, <strong>der</strong> bereits<br />

seinen dritten Auftrag bei den <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong> in Angriff nimmt<br />

und bei Publikum und Presse für sein Dirigat des ebenso blitzsauberen<br />

wie schwungvollen Ensembles Academia Montis Regalis hoch gelobt<br />

wurde, hat auch gleich ein Beispiel zur Hand. Das Finale <strong>der</strong> Oper<br />

entspricht in Metastasios dreißig Jahre alter Textvorlage dem kurz<br />

gefassten barocken Ende mit Chor. „Zu Haydns Zeit kamen aber ausgedehnte,<br />

sich steigernde Kettenfinali in Mode, die im zweiten Akt sogar<br />

einen Großteil <strong>der</strong> Handlung abdecken konnten. Haydn baut die letzte<br />

Szene – ohne den verehrten Text Metastasios zu erweitern – zu einem<br />

fast viertelstündigen Finale aus. Er kannte die aktuellen Entwicklungen<br />

<strong>der</strong> Opernbühne also genau und war absolut auf <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Zeit.“<br />

Und nicht nur das: Als erste Oper <strong>der</strong> <strong>Musik</strong>geschichte verzichtet<br />

L’isola disabitata auf die üblichen Secco-Rezitative, also mit <strong>der</strong><br />

Minimalbegleitung durch Cembalo und Cello. Alle Rezitativteile werden<br />

vom Orchester begleitet – Haydns Reverenz an den „sehr erhabenen“<br />

Text. „In <strong>der</strong> Ausführung stellt das große Ansprüche an die <strong>Musik</strong>er,<br />

denn wenn das Orchester die Sänger zwingt, streng im Takt zu bleiben,<br />

wirken die Accompagnatorezitative steif und unnatürlich. Erst wenn das<br />

gesamte Orchester ähnlich flexibel reagieren kann, wie es ein Cembalo<br />

und ein Cello alleine könnten, haben die Sänger die nötige Freiheit,<br />

den Rezitativtext mit Ausdruck zu gestalten. Die <strong>Musik</strong>er müssen den<br />

ganzen Abend hellwach und immer in Kontakt bleiben, und das for<strong>der</strong>t<br />

auch von mir ein Höchstmaß an Koordination.“<br />

Und auch sein Orchester wird viel Raum bekommen, sich zu präsentieren.<br />

Die Academia Montis Regalis tritt im schon erwähnten Finale in<br />

die solistischen Fußstapfen <strong>der</strong> esterházyschen Hofkapelle. „Hier hat<br />

Haydn den Sängern je ein Instrument zur Seite gestellt. Costanza und<br />

Gernando werden von Geige und Cello, Silvia und Enrico durch Flöte<br />

und Fagott begleitet. Im Grunde haben wir es bei diesem Finale also<br />

mit einer Art Sinfonia concertante für acht Solisten zu tun“, erläutert<br />

13


Energie im Fluss!<br />

TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG. Partner <strong>der</strong> <strong>Festwochen</strong> <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Musik</strong>


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

De Marchi Haydns Einfall. „Die Partien von Violine und Cello gehen<br />

bis an die Grenzen des damals technisch Möglichen und zeugen für<br />

die hohe Qualität <strong>der</strong> fürstlichen <strong>Musik</strong>er. Für einen später geplanten<br />

Druck ließ sich Haydn eine Partiturabschrift kommen, arbeitete sie um,<br />

strich dabei auch das lange Finale und ersetzte es gegen ein viel konventionelleres.<br />

Offenbar war es so passgenau auf die herausragenden<br />

Fähigkeiten <strong>der</strong> Hofkapelle zugeschnitten, dass es für den allgemeinen<br />

Verkauf <strong>der</strong> Oper abschreckend gewirkt hätte.“ In Innsbruck gibt es in<br />

diesen Rollen ein Wie<strong>der</strong>sehen mit alten Bekannten. So trumpft an <strong>der</strong><br />

ersten Violine Alessandro Tampieri auf, <strong>der</strong> schon vergangene Saison in<br />

Bernardo Pasquinis Oratorium Sant’Agnese mit schmelzenden Soli die<br />

Aufmerksamkeit auf sich zog.<br />

Der Geist <strong>der</strong> neuen Zeit wirkt sogar bis in die Behandlung <strong>der</strong><br />

Arien hinein, das musikalische Herz einer Oper. Im Barock war die<br />

Opernbühne noch ganz beherrscht von <strong>der</strong> dreiteiligen Form <strong>der</strong> da<br />

capo-Arie: Eröffnen<strong>der</strong> Abschnitt, kontrastieren<strong>der</strong> Mittelteil und leicht<br />

verzierte Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Eröffnung – „ABA“. Haydn experimentiert<br />

in den Arien von L’isola disabitata mit Arien, die in Sonatenform durchkomponiert<br />

sind. Sie nehmen zwar reprisenartig den Einleitungsteil<br />

wie<strong>der</strong> auf (man meint zunächst, eine da capo-Arie zu hören), doch<br />

die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Schlussteile sind ausgeschrieben und können<br />

auch schon mal ganz beabsichtigt – wenn auch für den Hörer sehr überraschend<br />

– in entlegene Tonarten ausweichen. „Haydns Oper ist äußerst<br />

komplex komponiert“, fasst De Marchi seine Erfahrungen mit dem<br />

Notentext zusammen, den er bereits sechs Spielzeiten lang mit großem<br />

Erfolg an <strong>der</strong> Staatsoper Berlin dirigiert hat. „Die vor<strong>der</strong>gründig kleine<br />

Form <strong>der</strong> azione teatrale ist in Wirklichkeit keine Reduktion, son<strong>der</strong>n<br />

eine Konzentration. Das dramatische Gewicht großer Semiseriaopern<br />

findet hier auf engstem Raum statt, von lediglich vier Personen entwickelt.<br />

Costanza und Gernando entsprechen dem hohen Paar <strong>der</strong> opera<br />

seria, während Silvia und <strong>der</strong> zuweilen großspurig auftretende Enrico<br />

mit ihren Neckereien und Verliebtheiten das Buffoelement verkörpern.<br />

Die Arien für Silvia sind nicht so stimmvirtuos, denn Luigia Polzelli war<br />

wohl beeindrucken<strong>der</strong> als Darstellerin denn als Sängerin. Aber eigentlich<br />

passt das zur Figur <strong>der</strong> Silvia ganz gut, die ja von naturnaher Frische<br />

und Einfachheit sein soll. Jedenfalls scheint sich Haydn schon bald für<br />

die Italienerin interessiert zu haben.“<br />

Silvia bildet, und nicht nur als Buffo-Figur, einen interessanten Wi<strong>der</strong>part<br />

zu Costanzas Unversöhnlichkeit. Sie hat noch keine Erfahrungen mit<br />

Männern gesammelt, bevor sie Enrico begegnet. Ihre Vorstellung von<br />

ihnen beschränkt sich auf Costanzas mahnende, von Bitterkeit erfüllte<br />

15


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

Worte. In Silvias Augen müssen Männer schreckliche, ruchlose Wesen<br />

sein, vor denen man sich besser in Acht nimmt. Einziger Spielgefährte<br />

auf dem Eiland ist für sie ein Reh, und damit nicht von ungefähr ein<br />

Tier, das für zahme, ungefährliche Streicheleinheiten steht. In seiner<br />

berühmten Deutung des Grimmschen Märchens<br />

von „Brü<strong>der</strong>chen und Schwesterchen“<br />

(siehe Seite 28) wagte <strong>der</strong> Theologe<br />

und Psychoanalytiker Eugen Drewermann<br />

eine erstaunliche Sicht<br />

auf das ungleiche Paar von jungem<br />

Mädchen und Reh, das<br />

aus <strong>der</strong> Szene mit den drei<br />

Quellen hervorgeht. Das von<br />

<strong>der</strong> eifersüchtigen Stiefmutter<br />

in Ängsten aufgezogene<br />

Mädchen ist nicht in <strong>der</strong> Lage,<br />

dem erwachenden Wunsch<br />

nach einem Partner Folge zu<br />

leisten, zu tief sitzen die eingeschärften<br />

Warnungen vor dem<br />

an<strong>der</strong>n Geschlecht. Sein Bedürfnis<br />

nach einem männlichen Gegenüber (verkörpert<br />

im seelisch verwandten „Brü<strong>der</strong>chen“)<br />

erscheint ihm dabei so ängstigend wie ein Tiger, die<br />

eigene Leidenschaft droht es „zu zerreißen“. Der Durst des Brü<strong>der</strong>chens<br />

nach Wasser symbolisiert dabei treffend die Ursehnsucht nach <strong>der</strong><br />

lebenserhaltenden Partnerschaft. Um dem Dilemma zu entgehen, lässt<br />

sich das Mädchen auf einen seelischen Kompromiss ein. Sie zähmt ihr<br />

Bedürfnis, bis es schrumpft – erst zu einem Wolf, dann zu einem Reh,<br />

das ihr nichts mehr zuleide tun kann. In dieser kindlich vorgeschlechtlichen<br />

Gestalt ist eine Partnerschaft (noch) nicht möglich, aber so kann<br />

die Sehnsucht des Mädchens wie in einer Puppe auf denjenigen Mann<br />

warten, <strong>der</strong> sie zum Leben erweckt, indem er ihre Ängste in Bezug auf<br />

das an<strong>der</strong>e Geschlecht aufzulösen versteht.<br />

Auch Silvia in Haydns Oper ist ein junges Mädchen, dass seine<br />

Liebesfähigkeit unter dem Eindruck <strong>der</strong> von Costanza vermittelten<br />

Vorurteile in einem wagen, kindlich unschuldigen Stadium bewahrt hat.<br />

Das Erscheinen Enricos beendet mit seiner lebensfrohen Leibhaftigkeit<br />

16


l’isola disabitata ƒ einsame insel<br />

die scheinbare Idylle von Mädchen und Reh. Die Geschwindigkeit, mit<br />

<strong>der</strong> Silvia ihre alten Männerbil<strong>der</strong> abzulegen bereit ist, zeigt, dass sie<br />

nicht wirklich verinnerlicht sind, son<strong>der</strong>n nur von Costanza angenommen.<br />

Und nun, im Umschwung des Stückes, ist es Costanza, die von<br />

Silvias Lebensmut noch etwas lernen kann.<br />

Und auch für Haydn gibt es ein Leben nach <strong>der</strong> Insel. Mit Costanza ist<br />

er hier gestrandet, mit <strong>der</strong> lebenslustigen und heiteren Silvia alias Luigia<br />

Polzelli kann er sie wie<strong>der</strong> verlassen: Die Sängerin wird seine Geliebte in<br />

Eszterháza und Widmungsträgerin einiger nachkomponierter Arien. Und<br />

um ihren Sohn Alois wird sich <strong>der</strong> Komponist noch bis ins hohe Alter<br />

rührend kümmern, warum – das bleibt für immer sein Geheimnis. {<br />

17


l’isola disabitata ƒ seele im ausnahmezustand<br />

Eine Seele im Ausnahmezustand<br />

Regisseur Christoph von Bernuth<br />

zur Produktion von „L’isola disabitata“<br />

Mit Isola disabitata blicken Haydn und sein Librettist Pietro Metastasio<br />

tief in die Seele zweier Menschen. Dazu werfen sie in einer Art wissenschaftlichem<br />

Experiment zwei hilflose Wesen auf eine Insel und<br />

Haydn betrachtet mit musikalischen Mitteln wie durch ein Mikroskop<br />

die Folgen eines schweren Verlusttraumas. Interessant ist in diesem<br />

Zusammenhang, dass das Stück jeglicher Handlung im Sinne einer<br />

herkömmlichen Oper entbehrt. Nicht Intrigen o<strong>der</strong> die sonst üblichen<br />

Opernverwicklungen interessieren, son<strong>der</strong>n allein, was in den Köpfen<br />

<strong>der</strong> beiden Frauen auf <strong>der</strong> Insel vonstatten geht. Nun liegt die<br />

Schwierigkeit darin, diesen „Röntgenblick“ von Text und <strong>Musik</strong> für<br />

das Publikum sichtbar zu machen, also das „Innen“ nach „Außen“ zu<br />

stülpen. Mit an<strong>der</strong>en Worten, die psychologischen Prozesse müssen in<br />

theatralische Handlung überführt werden.<br />

Costanza wird im schönsten Moment ihres Lebens, ihrer Hochzeitsreise,<br />

aus allen Träumen gerissen. Auf einen Schlag verliert sie alles. Ihren<br />

gerade Anvertrauten, ihre Heimat, ihre Freunde, ihre Familie genauso<br />

wie ihr luxuriöses Leben am Hof. Die Parallelen zur griechischen<br />

Sage von Ariadne und ihrer Situation auf Naxos sind verblüffend.<br />

Auch sie findet sich von ihrem Geliebten alleine auf einer einsamen<br />

Insel zurückgelassen. Nacheinan<strong>der</strong> durchlaufen beide Frauen die<br />

typischen Phasen eines schweren Verlusts, <strong>der</strong> Leugnung folgen heftige<br />

Emotionsausbrüche mit Wut und wilden Rachefantasien gegenüber<br />

dem „Verräter“. Als letzter Schritt bleibt nur <strong>der</strong> Rückzug, die Kapitulation,<br />

dem Aufbegehren folgt die Depression.<br />

Costanza hat es noch nach 13 Jahren, die sie nun allein mit ihrer kleinen<br />

Schwester auf <strong>der</strong> Insel verbracht hat, nicht geschafft, den Verlust<br />

ihres Gernando zu verwinden. Sie leidet unentwegt, und nur die Sorge<br />

um ihre kleine Schwester Silvia hat sie bisher vom Selbstmord, <strong>der</strong> ihr<br />

die ersehnte Erlösung von ihrem Leid bringen würde, abgehalten. In<br />

all diesen trostlosen Jahren hat sie sich – wie für krankhaft depressive<br />

Menschen typisch – in ein selbstgeschaffenes inneres Ersatzleben<br />

geflüchtet, wo sie mit dem Objekt ihres Verlustes, also Gernando, weiter<br />

Zwiesprache führen kann. So hat sie die Realität durch eine innere<br />

Scheinwirklichkeit ersetzt, um sich dem Verlust nicht stellen zu müssen.<br />

Aber gerade ihr Festhalten an Illusionen versperrt ihr die Möglichkeit zu<br />

18


l’isola disabitata ƒ seele im ausnahmezustand<br />

einem Neuanfang. Noch im Moment des Wie<strong>der</strong>sehens mit dem wirklichen<br />

Gernando verunglimpft sie ihn als „traditore“, als einen Verräter.<br />

Der echte Gernando scheint für sie inzwischen unwirklicher, frem<strong>der</strong> zu<br />

sein, als ihr innerer Gernando.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s verhält sich Silvia, die auf <strong>der</strong> Insel aufgewachsen ist<br />

und „ihre“ Insel als einen paradiesischen angenehmen Ort wahrnimmt.<br />

Costanza hingegen erlebt die Insel als ein Gefängnis, aus dem sie nicht<br />

ausbrechen kann. Sie ist lebendig gefangen und wünscht sich nichts<br />

als den Tod.<br />

Es bleibt die Frage, ob sie es am Ende schafft, die inneren und äußeren<br />

Mauern einzureißen und dort wie<strong>der</strong> anzuknüpfen, wo sie vor 13 Jahren<br />

aus allen Träumen gerissen wurde. {<br />

costanza<br />

19


l’isola disabitata ƒ theseus und ariadne<br />

Theseus und Ariadne<br />

… Die erste Tat, die Theseus verrichtete, seitdem er als Königssohn<br />

und Erbe des attischen Throns an seines Vaters Seite lebte, war die<br />

Aufreibung <strong>der</strong> fünfzig Söhne seines Oheims Pallas, welche früher<br />

gehofft hatten, den Thron zu erlangen, wenn Aigeus ohne Kin<strong>der</strong> stürbe,<br />

und welche ergrimmt waren, dass jetzt nicht bloß ein angenommener<br />

Sohn des Pandion, König <strong>der</strong> Athener sei, son<strong>der</strong>n dass auch in Zukunft<br />

ein hergelaufener Fremdling die Herrschaft über sie und das Land führen<br />

sollte. Sie griffen daher zu den Waffen und legten dem Ankömmling<br />

einen Hinterhalt. Aber <strong>der</strong> Herold, den sie mit sich führten und <strong>der</strong> ein<br />

frem<strong>der</strong> Mann war, verriet diesen Plan dem Theseus, <strong>der</strong> nun plötzlich<br />

ihr Versteck überfiel und alle fünfzig nie<strong>der</strong>machte. Um durch diese<br />

blutige Notwehr die Gemüter des Volkes nicht von sich abzukehren, zog<br />

hierauf Theseus auf ein gemeinnütziges Wagestück aus, bezwang den<br />

marathonischen Stier, <strong>der</strong> den Bewohnern vier attischer Gemeinden<br />

nicht wenig Not verursacht hatte, führte ihn zur Schau durch Athen und<br />

opferte ihn endlich dem Apollo.<br />

Um diese Zeit kamen von <strong>der</strong> Insel Kreta zum dritten Mal Abgeordnete<br />

des Königs Minos, um den gebräuchlichen Tribut abzuholen. Mit demselben<br />

verhielt es sich also: Der Sohn des Minos, Androgeos, war, wie<br />

die Sage ging, im attischen Gebiete durch Hinterlist getötet worden.<br />

Dafür hatte sein Vater die Einwohner mit einem ver<strong>der</strong>blichen Kriege<br />

heimgesucht, und die Götter selbst hatten das Land durch Dürre und<br />

Seuchen verwüstet. Da tat das Orakel Apollos den Spruch, <strong>der</strong> Zorn <strong>der</strong><br />

Götter und die Leiden <strong>der</strong> Athener würden aufhören, wenn sie den Minos<br />

besänftigten und seine Verzeihung erlangen könnten. Hierauf hatten<br />

sich die Athener mit Bitten an ihn gewendet und Frieden erhalten unter<br />

<strong>der</strong> Bedingung, dass sie alle neun Jahre sieben Jünglinge und sieben<br />

Jungfrauen als Tribut nach Kreta zu schicken hätten. Diese sollen nun<br />

von Minos in sein berühmtes Labyrinth eingeschlossen worden sein,<br />

und dort habe sie, erzählt man, <strong>der</strong> grässliche Minotauros, ein zwitterhaftes<br />

Geschöpf, das halb Mensch und halb Stier war, getötet, o<strong>der</strong> man<br />

habe sie verschmachten lassen. Als nun die Zeit des dritten Tributes<br />

herbeigekommen war und die Väter, welche unverheiratete Söhne und<br />

Töchter hatten, diese dem entsetzlichen Lose unterwerfen mussten,<br />

da erneuerte sich <strong>der</strong> Unwille <strong>der</strong> Bürger gegen Aigeus, und sie fingen<br />

an, darüber zu murren, dass er, <strong>der</strong> Urheber des ganzen Unheils, allein<br />

seinen Teil an <strong>der</strong> Strafe nicht zu leiden habe, und nachdem er einen<br />

hergelaufenen Bastard zum Nachfolger ernannt, gleichgültig zusehe,<br />

wie ihnen ihre rechtmäßigen Kin<strong>der</strong> entrissen würden. Den Theseus,<br />

<strong>der</strong> sich schon gewöhnt hatte, das Geschick seiner Mitbürger nicht als<br />

20


www.innsbruck.info<br />

Natur & Kultur<br />

Innsbruck und seine Feriendörfer<br />

Innsbruck Tourismus, Tel. +-- , office@innsbruck.info, www.innsbruck.info


Für uns spielen<br />

Sie die Hauptrolle.<br />

Serviceline: 050 350 350<br />

www.wienerstaedtische.at


l’isola disabitata ƒ theseus und ariadne<br />

ein fremdes zu betrachten, schmerzten diese Klagen. Er stand in <strong>der</strong><br />

Volksversammlung auf und erklärte, sich selbst ohne Los hinzugeben.<br />

Alles Volk bewun<strong>der</strong>te seinen Edelmut und aufopfernden Bürgersinn;<br />

auch blieb sein Entschluss, obgleich sein Vater ihn mit den dringendsten<br />

Bitten bestürmte, dass er ihn des unerwarteten Glückes, einen<br />

Sohn und Erben zu besitzen, doch nicht so bald wie<strong>der</strong> berauben solle,<br />

unerschütterlich fest. Seinen Vater aber beruhigte er durch die zuversichtliche<br />

Versicherung, dass er mit den herausgelosten Jünglingen<br />

und Jungfrauen nicht in das Ver<strong>der</strong>ben gehe, son<strong>der</strong>n den Minotauros<br />

bezwingen werde. Bisher nun war das Schiff, das die unglücklichen<br />

Opfer nach Kreta hinüberführte, zum Zeichen ihrer Rettungslosigkeit<br />

mit schwarzem Segel abgesendet worden. Jetzt aber, als Aigeus seinen<br />

Sohn mit so kühnem Stolze sprechen hörte, rüstete er zwar das<br />

Schiff noch auf dieselbe Weise aus, doch gab er dem Steuermann ein<br />

an<strong>der</strong>es Segel von weißer Farbe mit und befahl ihm, wenn Theseus<br />

gerettet zurückkehre, dieses auszuspannen; wo nicht, mit dem schwarzen<br />

zurückzukehren und so das Unglück zum voraus anzukündigen. Als<br />

nun das Los gezogen war, führte <strong>der</strong> junge Theseus die Knaben und<br />

Mädchen, die es getroffen hatte, zuerst in den Tempel des Apollo und<br />

brachte dem Gott in ihrem Namen den mit weißer Wolle umwundenen<br />

Ölzweig, das Weihgeschenk <strong>der</strong> Schutzflehenden, dar. Nachdem das<br />

feierliche Gebet gesprochen war, ging er von allem Volk begleitet, mit<br />

den auserlesenen Jünglingen und Jungfrauen ans Meeresufer hinab<br />

und bestieg das Trauerschiff.<br />

Das Orakel zu Delphi hatte ihm geraten, er solle die Göttin <strong>der</strong> Liebe<br />

zur Führerin wählen und ihr Geleite sich erbitten. Theseus verstand<br />

diesen Spruch nicht, brachte jedoch <strong>der</strong> Aphrodite ein Opfer dar. Der<br />

Erfolg aber gab <strong>der</strong> Weissagung ihren guten Sinn. Denn als Theseus auf<br />

Kreta gelandet und vor dem Könige Minos erschienen war, zog seine<br />

Schönheit und Heldenjugend die Augen <strong>der</strong> reizenden Königstochter<br />

Ariadne auf sich. Sie gestand ihm ihre Zuneigung in einer geheimen<br />

Unterredung und händigte ihm einen Knäuel Faden aus, dessen Ende<br />

er am Eingange des Labyrinthes festknüpfte und den er während des<br />

Hinschreitens durch die verwirrenden Irrgänge in <strong>der</strong> Hand ablaufen<br />

lassen sollte, bis er an die Stelle gelangt wäre, wo <strong>der</strong> Minotauros seine<br />

grässliche Wache hielt. Zugleich übergab sie ihm ein gefeites Schwert,<br />

womit er dieses Ungeheuer töten könnte. Theseus ward mit allen seinen<br />

Gefährten von Minos in das Labyrinth geschickt, machte den Führer<br />

seiner Genossen, erlegte mit seiner Zauberwaffe den Minotauros und<br />

wand sich mit allen, die bei ihm waren, durch Hilfe des abgespulten<br />

Zwirns aus den Höhlengängen des Labyrinthes glücklich heraus. Jetzt<br />

entfloh Theseus samt allen seinen Gefährten mit Hilfe und in Begleitung<br />

23


l’isola disabitata ƒ theseus und ariadne<br />

Ariadnes, die <strong>der</strong> junge Held, beglückt durch den lieblichen Kampfpreis,<br />

den er unerwartet errungen, mit sich führte. Auf ihren Rat hatte er auch<br />

den Boden <strong>der</strong> kretischen Schiffe zerhauen und so ihrem Vater das<br />

Nachsetzen unmöglich gemacht. Schon glaubte er seine holde Beute<br />

ganz in Sicherheit und kehrte mit Ariadne sorglos auf <strong>der</strong> Insel Dia ein,<br />

die später Naxos genannt wurde. Da erschien ihm <strong>der</strong> Gott Bakchos im<br />

Traum, erklärte, dass Ariadne die ihm selbst vom Schicksal bestimmte<br />

Braut sei, und drohte ihm alles Unheil, wenn Theseus die Geliebte<br />

nicht ihm überlassen würde. Theseus war von seinem Großvater in<br />

Götterfurcht erzogen worden; er scheute den Zorn des Gottes, ließ die<br />

wehklagende, verzagende Königstochter auf <strong>der</strong> einsamen Insel zurück<br />

und schiffte weiter. In <strong>der</strong> Nacht erschien Ariadnes rechter Bräutigam,<br />

Bakchos, und entführte sie auf den Berg Drios; dort verschwand<br />

zuerst <strong>der</strong> Gott, bald darauf ward auch Ariadne unsichtbar. Theseus<br />

und seine Gefährten waren über den Raub <strong>der</strong> Jungfrau sehr betrübt.<br />

In ihrer Traurigkeit vergaßen sie, dass ihr Schiff noch die schwarzen<br />

Segel aufgezogen hatte, mit welchen es die attische Küste verlassen;<br />

sie unterließen, dem Befehle des Aigeus zufolge die weißen Tücher<br />

aufzuspannen, und das Schiff flog in seiner schwarzen Trauertracht <strong>der</strong><br />

Heimatküste entgegen. Aigeus befand sich eben an <strong>der</strong> Küste, als das<br />

Schiff herangesegelt kam und genoss von einem Felsenvorsprunge die<br />

Aussicht auf die offene See. Aus <strong>der</strong> schwarzen Farbe <strong>der</strong> Segel schloss<br />

er, dass sein Sohn tot sei. Da erhub er sich von dem Felsen, auf dem er<br />

saß, und im unbegrenzten Schmerze des Lebens überdrüssig, stürzte er<br />

sich in die jähe Tiefe; zu seinem Andenken nannte man von da an dies<br />

Meer das Ägäische. {<br />

Aus: Gustav Schwab (1792–1850), „Sagen des klassischen Altertums“<br />

24


Strom Wasser Abwasser Abfall Telekommunikation Krematorium<br />

Bä<strong>der</strong><br />

Wärme-Contracting<br />

Für Sie erreichbar unter:<br />

Tel. 0800 500 502<br />

kundenservice@ikb.at<br />

www.ikb.at<br />

Gut versorgt. Tag für Tag!<br />

Die IKB versorgt uns verlässlich rund um<br />

die Uhr. Sie entsorgt schnell und gründlich<br />

und bietet viel Komfort. So fühlen wir<br />

uns wohl in Innsbruck.<br />

Für Sie erreichbar unter:<br />

Tel. 0800 500 502 · kundenservice@ikb.at<br />

www.ikb.at


l’isola disabitata ƒ Programm<br />

Gedanken zum bühnenbild<br />

l’isola disabitata. eine insel. unbewohnt-verlassen. nicht ganz. bewohnt,<br />

belebt, erlebt, ertragen von zwei frauen. verlassen die frauen, nicht<br />

die insel. isola, die insel ein abgeschiedener ort. ISOLATION. beinahe<br />

eine kaspar hauser situation. die abgeschiedenheit geschieht durch<br />

abgeschlossenheit. mächtige wände isolieren den raum. bollwerke<br />

die ein entrinnen scheinbar unmöglich machen. die weite des meeres<br />

wird vertikal. die macht des unendlichen wassers wird zur macht eines<br />

impermeabelen materials. die einsamkeit <strong>der</strong> insel löst sich ein im<br />

hermetischen raum. das aussen ist nur als erinnerung o<strong>der</strong> als durch<br />

erzählung geprägte phantasie vorhanden. im jetzt <strong>der</strong> insel hat das<br />

aussen keine realität mehr. beinahe ein umgedrehtes höhlengleichnis.<br />

gibt es das aussen? ist es da besser? ist hinter <strong>der</strong> wand nicht auch<br />

vor <strong>der</strong> wand? in becketts endspiel weiß man „jenseits ist … ist die<br />

an<strong>der</strong>e hölle“. die bühne wird verkleinert. <strong>der</strong> hermetische raum braucht<br />

keine weite. flucht ist tabu. ausbruch wird nicht thematisiert. eine öffnung<br />

kann nur über den einbruch geschehen. die welt, das draussen<br />

kann versuchen in das innen einzudringen, um von da aus den raum zu<br />

öffnen. aber wie bewegt man kollosale wände? am ende ganz leicht?<br />

undurchdringbarkeit nur wegen des fehlenden versuches? o<strong>der</strong> öffnet<br />

sich <strong>der</strong> geschlossene raum doch nur wie<strong>der</strong> in einen weiteren raum. ist<br />

die unbewohnte insel das zentrum des labyrinths? gibt es keinen weg<br />

nach draussen o<strong>der</strong> gibt es nur keinen weg solange keiner ihn geht?<br />

ist es wie das warten vor dem kafkaschen gesetz. ist <strong>der</strong> hermetische<br />

raum ein kopfraum? ist die desolation des inseldaseins durch ein öffnen<br />

des raumes tatsächlich zu überwinden? was bleibt, wenn die wände<br />

des gefängnisses plötzlich verschwinden? kein halt wird mehr geboten,<br />

kein ort zum anlehnen. es bleibt eine leere. eine tabula rasa mit <strong>der</strong><br />

erkenntnis <strong>der</strong> leichtigkeit jenseits <strong>der</strong> schweren wände. die camera<br />

isolata in die wir geschaut haben öffnet sich einer camera obscura. das<br />

leere theater. ein dunkler raum. projektionsfläche und spielort. ein raum<br />

zum gestalten. offen für mutige, für entdecker, für lebenshungrige, für<br />

weitermacher. für die an<strong>der</strong>en än<strong>der</strong>t sich nichts – da wo wände waren<br />

ist jetzt weite. undurchdringbar wird zu unüberwindbar. die isola disabitata<br />

zum wüsten land. und ehe wir uns versehen sind wir vom barock in<br />

<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne angekommen.<br />

gedanken zum bühnenbild von oliver helf<br />

26<br />

— Yet when we came back, late, from the Hyacinth garden,<br />

Your arms full, and your hair wet, I could not<br />

Speak, and my eyes failed, I was neither<br />

Living nor dead, and I knew nothing,<br />

Looking into the heart of light, the silence.<br />

Oed' und leer das Meer*<br />

*aus T.S. Eliot „The Waste Land“


l’isola disabitata ƒ DAIdalos<br />

Daidalos aus Athen, berühmter Baumeister, Bildhauer und Architekt,<br />

beging aus Eifersucht auf dessen Talent einen Mord an seinem Neffen<br />

Thalos, <strong>der</strong> bei ihm zur Ausbildung war. Er floh nach Kreta und baute das<br />

berühmte Labyrinth, in dem das Monster Minotaurus gefangen gehalten<br />

und worein die Jünglinge aus Attika, das tributpflichtig war, als Menschenopfer<br />

gesperrt wurden. Da König Minos den berühmten Künstler<br />

trotz Freundschaft nicht gehen lassen wollte, musste Daidalos zu einer<br />

List greifen: Er konstruierte für sich und seinen Sohn Flügelgestelle aus<br />

Fe<strong>der</strong>n, Faden und Wachs. Des Vaters Mahnung, sich genau zwischen<br />

Meer und Himmel zu bewegen, missachtete Ikaros im Übermut des<br />

freien Flugs. Zu nah <strong>der</strong> Sonne gekommen, schmolz das Wachs, die<br />

Flügel lösten sich auf, und Ikaros stürzte ins Meer. So rächten die Götter<br />

den Mord an Thalos.<br />

27


l’isola disabitata ƒ das mädchen und das reh<br />

Das Mädchen und das Reh<br />

[…] Sie gingen den ganzen Tag über Wiesen,<br />

Fel<strong>der</strong> und Steine, und wenn es regnete,<br />

sprach das Schwesterchen: „Gott und<br />

unsere Herzen, die weinen zusammen!“<br />

Abends kamen sie in einen<br />

großen Wald und waren so<br />

müde von Jammer, Hunger und<br />

dem langen Weg, dass sie sich<br />

in einen hohlen Baum setzten<br />

und einschliefen. Am an<strong>der</strong>n<br />

Morgen, als sie aufwachten,<br />

stand die Sonne schon hoch<br />

am Himmel und schien heiß in<br />

den Baum hinein. Da sprach das<br />

Brü<strong>der</strong>chen: „Schwesterchen, mich<br />

dürstet, wenn ich ein Brünnlein wüsste,<br />

ich ging' und tränk' einmal; ich mein,<br />

ich hört eins rauschen.“ Brü<strong>der</strong>chen stand<br />

auf, nahm Schwesterchen an <strong>der</strong> Hand, und sie<br />

wollten das Brünnlein suchen. Die böse Stiefmutter aber<br />

war eine Hexe und hatte wohl gesehen, wie die beiden Kin<strong>der</strong> fortgegangen<br />

waren, war ihnen nachgeschlichen, heimlich, wie die Hexen<br />

schleichen, und hatte alle Brunnen im Walde verwünscht. Als sie nun<br />

ein Brünnlein fanden, das so glitzerig über die Steine sprang, wollte das<br />

Brü<strong>der</strong>chen daraus trinken; aber das Schwesterchen hörte, wie es im<br />

Rauschen sprach: „Wer aus mir trinkt, wird ein Tiger; wer aus mir trinkt,<br />

wird ein Tiger.“ Da rief das Schwesterchen: „Ich<br />

bitte dich, Brü<strong>der</strong>chen, trink nicht, sonst<br />

wirst du ein wildes Tier und zerreißest<br />

mich.“ Das Brü<strong>der</strong>chen trank nicht,<br />

ob es gleich so großen Durst hatte,<br />

und sprach: „Ich will warten bis<br />

zur nächsten Quelle.“ Als sie zum<br />

zweiten Brünnlein kamen, hörte das<br />

Schwesterchen, wie auch dieses<br />

sprach: „Wer aus mir trinkt, wird<br />

ein Wolf; wer aus mir trinkt, wird ein<br />

28


l’isola disabitata ƒ das mädchen und das reh<br />

Wolf.“ Da rief das Schwesterchen: „Brü<strong>der</strong>chen, ich bitte dich, trink<br />

nicht, sonst wirst du ein Wolf und frissest mich.“ Das Brü<strong>der</strong>chen trank<br />

nicht und sprach: „Ich will warten, bis wir zur nächsten Quelle kommen,<br />

aber dann muss ich trinken, du magst sagen, was du willst: mein Durst<br />

ist gar zu groß.“ Und als sie zum dritten Brünnlein kamen, hörte das<br />

Schwesterlein, wie es im Rauschen sprach: „Wer aus mir trinkt, wird<br />

ein Reh; wer aus mir trinkt, wird ein Reh.“ Das Schwesterchen sprach:<br />

„Ach Brü<strong>der</strong>chen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Reh und<br />

läufst mir fort.“ Aber das Brü<strong>der</strong>chen hatte sich gleich beim Brünnlein<br />

nie<strong>der</strong>geknieet, hinabgebeugt und von dem Wasser getrunken, und wie<br />

die ersten Tropfen auf seine Lippen gekommen waren, lag es da als ein<br />

Rehkälbchen.<br />

Nun weinte das Schwesterchen über<br />

das arme, verwünschte Brü<strong>der</strong>chen,<br />

und das Rehchen weinte<br />

auch und saß so traurig neben<br />

ihm. Da sprach das Mädchen<br />

endlich: „Sei still, liebes Rehchen,<br />

ich will dich ja nimmermehr<br />

verlassen.“ Dann band es<br />

sein goldenes Strumpfband ab<br />

und tat es dem Rehchen um den<br />

Hals, und rupfte Binsen und flocht ein<br />

weiches Seil daraus. Daran band es das<br />

Tierchen und führte es weiter und ging immer tiefer in den Wald hinein.<br />

Und als sie lange, lange gegangen waren, kamen sie endlich an ein<br />

kleines Haus, und das Mädchen schaute hinein, und weil es leer war,<br />

dachte es: „Hier können wir bleiben und wohnen.“ Da suchte es dem<br />

Rehchen Laub und Moos zu einem weichen Lager, und jeden Morgen<br />

ging es aus und sammelte sich Wurzeln, Beeren und Nüsse, und für<br />

das Rehchen brachte es zartes Gras mit, das fraß es ihm aus <strong>der</strong> Hand,<br />

war vergnügt und spielte vor ihm herum. Abends, wenn Schwesterchen<br />

müde war und sein Gebet gesagt hatte, legte es seinen Kopf auf<br />

den Rücken des Rehkälbchens, das war sein Kissen, darauf es sanft<br />

einschlief. Und hätte das Brü<strong>der</strong>chen nur seine menschliche Gestalt<br />

gehabt, es wäre ein herrliches Leben gewesen. {<br />

Aus: Gebrü<strong>der</strong> Grimm, „Brü<strong>der</strong>chen und Schwesterchen“<br />

29


l’isola disabitata ƒ wiener klassik<br />

Wiener Klassik bei DEN<br />

innsbruckER <strong>Festwochen</strong> <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Musik</strong><br />

von Jutta Höpfel<br />

Gedenkjahre sind, wie schon <strong>der</strong> Name sagt, Anlässe des Gedenkens:<br />

für die Programmgestalter eine willkommene Gelegenheit, den zu<br />

würdigenden Komponisten in den Mittelpunkt ihrer Konzert- o<strong>der</strong><br />

Opernplanung zu stellen. Das Jahr 2009 birgt mehrere solcher Anlässe,<br />

wie den 350. Geburtstag Henry Purcells (1659–1695), den 250. Todestag<br />

Georg Friedrich Händels (1685–1759), den 200. Todestag Joseph Haydns<br />

(1732–1809) und den 200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy<br />

(1809–1847). Henry Purcells wird in zwei <strong>Festwochen</strong>konzerten am<br />

20. und 28. August gedacht, während Händel schon im Vorjahr mit<br />

seinem Belshazzar und in mehreren Konzerten gewürdigt wurde. Die<br />

<strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong> 2009 haben vor allem Joseph Haydn im Fokus<br />

und leisten mit <strong>der</strong> Produktion von zwei seiner vielen unbekannten<br />

Opern wie<strong>der</strong> Pionierarbeit, die durch wertvolle konzertante Beiträge<br />

ergänzt wird.<br />

Zuweilen wird die Frage laut, ob denn Haydn und an<strong>der</strong>e Wiener<br />

Klassiker überhaupt „Alte <strong>Musik</strong>“ sind. Natürlich sind sie das! Die<br />

„Alte <strong>Musik</strong>“ ist ja keine geschlossene Schublade, kein mit dem Lineal<br />

genau eingegrenztes o<strong>der</strong> eingrenzbares Gebiet, vielmehr Teil einer<br />

fließenden musikgeschichtlichen Entwicklung, die mit Bach und <strong>der</strong><br />

Barockzeit nicht einfach aufgehört hat. Ihre formalen, strukturellen und<br />

inhaltlichen Elemente waren nie an bestimmte Jahreszahlen gebunden,<br />

son<strong>der</strong>n wirkten fort, in mancher Beziehung bis heute. Denn auch viele<br />

Komponisten des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts ließen sich von alten Formen und<br />

Inhalten inspirieren, verwendeten und bearbeiteten sie neu. Die <strong>Musik</strong><br />

<strong>der</strong> Klassik aber erhielt durch die heutige Verwendung historischer<br />

Instrumente nicht nur einen ganz neuen Klang, son<strong>der</strong>n erschien durch<br />

die speziellen Erfor<strong>der</strong>nisse in <strong>der</strong> Spieltechnik <strong>der</strong> alten Instrumente<br />

auch in Artikulation und Phrasierung neu und ungewohnt. Damit wurde<br />

sie praktisch in ihrer ganzen Struktur neu entdeckt. Joseph Haydn war<br />

ein bedeuten<strong>der</strong> Pionier und Neuerer, aber er baute selbstverständlich<br />

auf den Fundamenten seiner komponierenden Vorgänger auf,<br />

ebenso wie Mozart, in dessen Opern wir wesentliche Bauelemente<br />

<strong>der</strong> Barockoper entdecken, angefangen mit dem Prinzip von Rezitativ<br />

und Arie. Was ebenso für die frühen italienischen Belcanto-Opern von<br />

Rossini, Donizetti o<strong>der</strong> Bellini gilt.<br />

30


l’isola disabitata ƒ Wiener klassik<br />

Natürlich dominieren in unseren <strong>Festwochen</strong>programmen seit jeher<br />

die Stilepochen <strong>der</strong> Renaissance und des Barock in ihren vielfältigen<br />

Erscheinungsformen; daneben hatte aber immer auch das 18. und<br />

frühe 19. Jahrhun<strong>der</strong>t seinen Platz. Davon zeugen die Programmhefte<br />

<strong>der</strong> vergangenen 32 Jahre. Blättern wir ein wenig zurück in <strong>der</strong><br />

<strong>Festwochen</strong>chronik, so stoßen wir auf viele kostbare Schätze aus<br />

dem Klassik-Repertoire! Schon für den Grün<strong>der</strong> und Spiritus rector<br />

<strong>der</strong> Ambraser Schlosskonzerte und <strong>Festwochen</strong> <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Musik</strong>,<br />

unseren als Puristen bekannten Professor Otto Ulf, war Haydn ein<br />

selbstverständlicher Bestandteil seiner Planung. So fanden sich schon<br />

im Programm <strong>der</strong> allerersten „Woche <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Musik</strong>“ 1976 (die noch<br />

nicht „Festwoche“ hieß) gleich zwei Werke von Haydn, unter an<strong>der</strong>em<br />

spielte Hans-Martin Linde dessen Flötenkonzert D-Dur. Unvergesslich<br />

ist mir das wun<strong>der</strong>bare Konzert <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> Barthold, Sigiswald und<br />

Wieland Kuijken, die 1981 im Riesensaal <strong>der</strong> Hofburg sechs Haydn-<br />

Trios für Traversflöte, Barockvioline und Violoncello spielten und<br />

damit das hellste Entzücken Prof. Ulfs und des Publikums auslösten.<br />

Und schon im nächsten Jahr, zu Haydns 250. Geburtstag, feierte die<br />

Klassik abermals im Riesensaal mit Kammermusik von Haydn, Mozart<br />

und Beethoven Triumphe. Neben den Brü<strong>der</strong>n Kuijken wirkte Johann<br />

Sonnleitner am Hammerflügel mit. Es würde den Rahmen sprengen,<br />

sämtliche Programmbeiträge aus dieser Stilepoche zu den Ambraser<br />

Schlosskonzerten und den Aufführungen <strong>der</strong> <strong>Festwochen</strong> detailliert<br />

aufzuzeigen, aber feststeht, dass die Wiener Klassiker bis hin zu Franz<br />

Schubert darin durch die Jahrzehnte bis in die jüngste Gegenwart<br />

immer wie<strong>der</strong> präsent gewesen sind. Nur an einige herausragende<br />

Ereignisse soll hier erinnert werden.<br />

Ein schönes Beispiel für die fließenden Übergänge zwischen den<br />

Stilepochen geben die Bach-Söhne, <strong>der</strong>en „galanter Stil“ Brücken vom<br />

Barock zur Klassik schlägt. So erlaubte 1988 ein <strong>Festwochen</strong>konzert<br />

des Pariser Ensembles Mosaïques zum 200. Geburtstag von Carl Philipp<br />

Emanuel Bach, in frühklassischen Symphonien und Concerti diesen<br />

Brückenschlag deutlich wahrzunehmen. Wie um das zu unterstreichen,<br />

spielte das Ensemble London Baroque im Jahr darauf ein Mozartsches<br />

Cembalokonzert (KV 107), das Material von drei Cembalosonaten von<br />

31


W W W. O P E R A . B U R K I A . AT<br />

K U LT U R<br />

T R I F F T G A U M E N<br />

L A S S E N S I E S I C H<br />

V O N U N S V E R W Ö H N E N .<br />

IDEALER TREFFPUNKT<br />

BEREITS VOR DER VORSTELLUNG.<br />

Köstlichkeiten für den<br />

kleinen Hunger<br />

Vorzügliche Weine und<br />

erfrischende Drinks<br />

TÄGLICH GEÖFFNET VON<br />

8 - 24 UHR • KEIN RUHETAG!<br />

DURCHGEHEND WARME KÜCHE<br />

VON 11.30 - 22.30 UHR<br />

Reservierung unter<br />

0512.284 364<br />

Fürstenweg • 172 Innsbruck<br />

Nutzen Sie die Möglichkeit<br />

zur Vorbestellung.<br />

Unter Vorweis Ihrer Theaterkarte<br />

laden wir Sie gerne auf einen unserer<br />

fruchtigen Prosecco-Aperitifs ein.


l’isola disabitata ƒ Wiener klassik<br />

Johann Christian Bach enthält und die Vorbildwirkung des jüngsten<br />

Bachsohns auf den jungen Mozart bezeugt. Wer will da eine stilistische<br />

Grenze ziehen, was noch und was nicht mehr „Alte“ <strong>Musik</strong> ist? Mozart<br />

pur erlebte man dann 1991, in seinem 200. Todesjahr, als René Jacobs<br />

mit La finta semplice seine erste Mozartoper vorstellte. An dieser<br />

erstaunlichen Partitur des zwölfjährigen Komponistengenies musste die<br />

Frage nach „alt“ o<strong>der</strong> „nicht alt“ geradezu lächerlich erscheinen.<br />

René Jacobs schrieb damals im Programmheft unter dem bezeichnenden<br />

Titel Auch Mozart ist alte <strong>Musik</strong> – und neue!: Ist es nicht<br />

eine natürliche Sache, dass die gleichen Leute, die sich mit <strong>der</strong><br />

Aufführungspraxis <strong>der</strong> „alten“ <strong>Musik</strong> auseinan<strong>der</strong>gesetzt haben, den<br />

Gang <strong>der</strong> <strong>Musik</strong>geschichte weiter verfolgen möchten? Hört die im Barock<br />

geborene Einstellung gegenüber <strong>Musik</strong>, nämlich die Überzeugung, dass<br />

<strong>der</strong> singende o<strong>der</strong> spielende <strong>Musik</strong>er ein Redner ist, <strong>der</strong> mit seiner<br />

„Klang-Rede“ sein Publikum überzeugen will, etwa nach Bach und<br />

Händel auf? Hat Händel „alte“ <strong>Musik</strong> geschrieben und Mozart, dessen<br />

Lebensdaten die Händels noch berühren, nicht …?<br />

Von <strong>der</strong> frühen Finta semplice zum reifen Don Giovanni im Mozartjahr<br />

2006 war es für Jacobs nur noch ein Schritt, aber ein entscheiden<strong>der</strong>.<br />

Seine intensive Recherche über Umstände und Einzelheiten<br />

<strong>der</strong> Werkgeschichte und Uraufführung bescherten Innsbruck eine<br />

exemplarische Produktion, die denn auch ob ihrer innovativen historischen<br />

Treue internationale Anerkennung fand. Und niemand kam auf<br />

die Idee, ihre Authentizität im Spielplan <strong>der</strong> <strong>Festwochen</strong> Alter <strong>Musik</strong> in<br />

Frage zu stellen, ebenso wenig, wie man etwa 1993 ein zur Gänze Luigi<br />

Boccherini zu seinem 250. Geburtstag gewidmetes <strong>Festwochen</strong>konzert<br />

von Christophe Coin missgönnte. Auch Mozart-Zeitgenosse und -rivale<br />

Antonio Salieri erschien im Programm.<br />

Nur drei Jahre vor Joseph Haydn wurde <strong>der</strong> Böhme Florian Leopold<br />

Gassmann geboren, den René Jacobs 1997 mit seiner köstlichen<br />

Opernsatire L’opera seria als hörenswerten Vertreter des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

und Mozart-Vorläufer bei den <strong>Festwochen</strong> präsentierte. Die virtuosen<br />

Gesangspartien und auch die komödiantischen Ansprüche an<br />

die Solisten gingen da über das Barocktheater schon weit hinaus. Ein<br />

weiterer Zeitgenosse auf dem Weg zur Klassik, Georg Anton Benda,<br />

kam ebenfalls aus Böhmen; ihm verschaffte Sigiswald Kuijken mit den<br />

beiden Operneinaktern von 1775 Ariadne auf Naxos und Medea bei<br />

den <strong>Festwochen</strong> 1999 Gehör, wenige Tage später ließ Andreas Staier<br />

am Hammerflügel mit Muzio Clementi, Joseph Haydn und Wolfgang<br />

Amadeus Mozart aufhorchen, wirkte dieses Konzert doch als eine Art<br />

33


l’isola disabitata ƒ wiener klassik<br />

Auftakt zu weiteren großen Klassikaufführungen. Keineswegs wurde<br />

deswegen das Kerngebiet des frühen Barockrepertoires vernachlässigt:<br />

Neben Mazzocchis Oper La Catena d’Adone und den unter dem<br />

Titel La guerra d’amore getanzten Monteverdi-Madrigalen sowie vielen<br />

Konzerten brachten die 23. <strong>Festwochen</strong> 1999 noch Händels<br />

Alexan<strong>der</strong>fest o<strong>der</strong> Die Macht <strong>der</strong> <strong>Musik</strong> in Mozarts Bearbeitung und<br />

als letzten Höhepunkt zudem Mozarts Cosi fan tutte, konzertant, aber<br />

mit einer Lebendigkeit, die <strong>der</strong> Bühnendramatik um nichts nachstand.<br />

Ein Meisterstück in hinreißen<strong>der</strong> Darbietung durch René Jacobs, das<br />

Orchester Concerto Köln und ein brillantes Solistenensemble.<br />

Im neuen Jahrtausend wandte sich René Jacobs vermehrt dem von<br />

ihm hoch verehrten Joseph Haydn zu, von dem er im Jahr 2000 Die<br />

Schöpfung und 2001 im Landestheater die heitere Oper Il mondo<br />

della luna präsentierte, in <strong>der</strong> er „Unterhaltung auf höchstem Niveau“<br />

sah. Und als die wun<strong>der</strong>bare Bernarda Fink wenige Tage später<br />

einen Lie<strong>der</strong>abend gab, stand am Anfang und Ende ihres kostbaren<br />

Programms <strong>Musik</strong> <strong>der</strong> Wiener Klassik: Haydns Kantate Arianna<br />

a Naxos und eine Gruppe schönster Schubert-Lie<strong>der</strong>. Ein an<strong>der</strong>es<br />

Haydn-Erlebnis vermittelte im gleichen <strong>Festwochen</strong>sommer Joe van<br />

Immerseel am Hammerflügel mit Sonaten und einer Klavierfassung <strong>der</strong><br />

„Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz“. 2002 widmete sich<br />

Immerseel einen ganzen Abend lang Mozarts Klaviermusik, die auf dem<br />

Hammerflügel ganz an<strong>der</strong>e Farben offenbarte als gewohnt. Auch 2003<br />

spielte Haydn wie<strong>der</strong> eine wichtige Rolle, lernte man doch, gespielt<br />

von Christophe Coin und Max Engel, seine vom Fürsten Esterházy so<br />

geliebten Kammermusikwerke für das Baryton kennen. René Jacobs<br />

sorgte gemeinsam mit dem Freiburger Barockorchester und dem Rias-<br />

Kammerchor für eine glanzvolle Aufführung von Haydns Jahreszeiten.<br />

Klassische Klaviertrios genoss man 2004 im Spanischen Saal, als die<br />

Geigerin Elisabeth Wallfisch, <strong>der</strong> Cellist Jaap ter Linden und Ronald<br />

Bräutigam am Hammerklavier Haydn, Mozart und Beethoven originale<br />

Farben und Akzente verliehen.<br />

Haydn und Mozart wurden auch in den folgenden Jahren zu wahren<br />

„Neuentdeckungen“ <strong>der</strong> <strong>Festwochen</strong>. Vor allem als Pionier des klassischen<br />

Streichquartetts kam Haydn im Spanischen Saal wie<strong>der</strong>holt<br />

zu Ehren; das Repertoire <strong>der</strong> Kammerkonzerte reichte bis zu<br />

Beethoven und Mendelssohn. Das Mozartjahr 2006 bescherte uns<br />

neben dem Don Giovanni auch eine berührende Erarbeitung <strong>der</strong> frühen<br />

Hirtenoper Il Re pastore durch Alessandro De Marchi und ein sehr<br />

34


l’isola disabitata ƒ Wiener klassik<br />

anregendes Symposium über die wahre Art Mozart zu interpretieren.<br />

Rosemary Joshua sang im Spanischen Saal Mozartsche Liebeslie<strong>der</strong><br />

und im Congress virtuose Konzertarien, begleitet vom Freiburger<br />

Barockorchester, das an diesem Abend unter René Jacobs auch die<br />

Titus-Ouvertüre, die Prager und die Jupiter-Symphonie spielte. Nicht<br />

zu vergessen den Mozart-Sonatenabend in Ambras, den Andreas<br />

Staier am Hammerflügel gab. Ein konzertantes Juwel blieb aus 2007 in<br />

Erinnerung: <strong>Musik</strong> für Naturhörner von Haydn, Mozart, Johann Andreas<br />

Amon und Beethoven entzückte im Spanischen Saal. 2008, als die<br />

<strong>Festwochen</strong> vornehmlich Händel und geistlicher Barockmusik gewidmet<br />

waren, vertrat das Quatuor Mosaïques mit Streichquartetten von<br />

Haydn und Mendelssohn das „aufgeklärte“ Zeitalter. Auch ein Tiroler<br />

„Klassiker“ aus <strong>der</strong> Zeit um 1800 war zu entdecken: Mit <strong>der</strong> Missa<br />

solemnissima lernte man den Haller Pfarrorganisten Joseph Anton<br />

Holzmann (1762–1815) kennen, <strong>der</strong> ein Wun<strong>der</strong>kind und <strong>der</strong> berühmteste<br />

Tiroler Komponist seiner Zeit gewesen sein soll. {<br />

silvia<br />

35


l’isola disabitata ƒ biografien<br />

Alessandro De Marchi studierte in seiner Heimatstadt<br />

Rom am Konservatorium von Santa Cecilia<br />

Orgel und Komposition, anschließend an <strong>der</strong> Schola<br />

Cantorum Basiliensis Cembalo, Basso continuo und<br />

Kammermusik. Noch während seiner Studienzeit begann<br />

De Marchi, inspiriert von seinem Lehrer Jesper<br />

Christensen, musikphilologische Forschungsarbeiten<br />

anhand von Manuskripten und Partituren Alter <strong>Musik</strong>.<br />

Damals leitete er bereits das Ensemble Il Teatro<br />

Armonico in Aufführungen von geistlicher und dramatischer <strong>Musik</strong> <strong>der</strong><br />

Barockzeit. Seine Zusammenarbeit mit diesem Ensemble ist durch mehrere<br />

CD-Aufnahmen dokumentiert. Als <strong>Musik</strong>er unternahm De Marchi<br />

während und nach seiner Studienzeit Ausflüge in an<strong>der</strong>e Bereiche, so<br />

unter an<strong>der</strong>em als Pianist <strong>der</strong> St. Louis Big Band.<br />

Als Cembalist trat Alessandro De Marchi nach seiner Studienzeit<br />

solistisch in Konzerten und als Begleiter <strong>der</strong> Rezitative in vielen internationalen<br />

Produktionen von Opern des 17. bis 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts in<br />

Erscheinung. Unter an<strong>der</strong>em wirkte er in dieser Funktion bei den Salzburger<br />

Festspielen unter <strong>der</strong> Leitung von Daniel Barenboim und als<br />

dessen Assistent in <strong>der</strong> Produktion von Don Giovanni mit. Auch Claudio<br />

Abbado sicherte sich mehrfach für Aufführungen von Werken Alter<br />

<strong>Musik</strong> die Mitwirkung von Alessandro De Marchi als Cembalist/Organist<br />

und Assistent (u.a. in Bachs Matthäus-Passion). 1989 begann in Brüssel<br />

am Théâtre de la Monnaie seine Zusammenarbeit mit René Jacobs:<br />

Die erste Produktion, in <strong>der</strong> De Marchi in Jacobs’ Opernensemble als<br />

Cembalist und Assistent mitwirkte, war die Oper Orontea des einstigen<br />

<strong>Innsbrucker</strong> Hofkapellmeisters Cesti, die De Marchi dann auch selbst<br />

an vielen Opernhäusern Europas dirigierte. 1993 kam De Marchi mit<br />

Jacobs zur Produktion von Monteverdis Il ritorno d’Ulisse erstmals<br />

zu den <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong>, im selben Jahr trat er außerdem als<br />

Cembalist in Monteverdis Orfeo unter <strong>der</strong> Leitung von Jacobs bei den<br />

Salzburger Festspielen auf. Seit 1992 wirkte De Marchi an <strong>der</strong> Berliner<br />

Staatsoper Unter den Linden als Assistent von Daniel Barenboim und<br />

als Dirigent von Opern wie Grauns Cleopatra e Cesare, Cimarosas Il<br />

matrimonio segreto, Haydns L’isola disabitata und Rossinis Il barbiere di<br />

Siviglia. Die kontinuierliche Zusammenarbeit mit René Jacobs führte De<br />

Marchi 1997 mit Gaßmanns L’Opera Seria neuerlich zu den <strong>Innsbrucker</strong><br />

<strong>Festwochen</strong>. Als Konzertcembalist und -organist trat Alessandro<br />

De Marchi 2003 mit dem Ensemble The Rare Fruits Council bei den<br />

Ambraser Schlosskonzerten auf.<br />

Alessandro De Marchi etablierte sich als gefragter Opern- und Konzertdirigent<br />

mit Schwerpunkt auf <strong>der</strong> <strong>Musik</strong> des 17. bis frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

36


l’isola disabitata ƒ biografien<br />

im <strong>Musik</strong>leben Europas und auf Tourneen in Übersee. Er ist heute regelmäßiger<br />

Gastdirigent <strong>der</strong> Hamburgischen Staatsoper, <strong>der</strong> Sächsischen<br />

Staatsoper Dresden, <strong>der</strong> Berliner Staatsoper, an <strong>der</strong> Komischen Oper<br />

Berlin, an <strong>der</strong> Württembergischen Staatsoper Stuttgart, am Pariser<br />

Théâtre des Champs Elysées, an <strong>der</strong> Opéra National Lyon, am Teatro Regio<br />

Turin, beim Maggio Musicale Florenz, bei den Händel-Festspielen Halle,<br />

im Theater an <strong>der</strong> Wien und am Nationaltheater Prag. In <strong>der</strong> Academia<br />

Montis Regalis, <strong>der</strong>en Erster Dirigent Alessandro De Marchi ist, fand er<br />

ein Ensemble, das seine Vorstellungen von Originalklang und historisch<br />

bewusster Aufführungspraxis in intensiver Zusammenarbeit und mit langfristigen<br />

Projekten umsetzt. 2006 gastierte De Marchi mit <strong>der</strong> Academia<br />

Montis Regalis erstmals mit einer Opernproduktion bei den <strong>Innsbrucker</strong><br />

<strong>Festwochen</strong> und leitete hier eine vielbeachtete Aufführungsserie von<br />

Mozarts Serenata Il Re pastore. Bei den <strong>Festwochen</strong> 2008 folgte eine<br />

ebenfalls begeistert aufgenommene szenische Produktion von Pasquinis<br />

Oratorium Sant’Agnese. Mit <strong>der</strong> Academia Montis Regalis ist Alessandro<br />

De Marchi an <strong>der</strong> Gesamtaufnahme von Vivaldis musikalischem Schaffen<br />

für das renommierte CD-Label Opus 111 beteiligt. Als Konzertdirigent gastiert<br />

Alessandro de Marchi bei Ensembles wie dem Münchener Kammerorchester,<br />

mit dem er in <strong>der</strong> kommenden Saison bei den <strong>Innsbrucker</strong><br />

Meisterkonzerten auftreten wird, dem Orchestre de Chambre de Genève<br />

und dem Orchester <strong>der</strong> Academia Santa Cecilia Rom.<br />

Aufsehen erregende Projekte und Produktionen des Dirigenten De<br />

Marchi in jüngerer Vergangenheit waren John Neumeiers Ballettversion<br />

von Bachs Weihnachtsoratorium mit dem Hamburg Ballett sowie<br />

Pergolesis Intermezzo La serva padrona und Bachs Kaffeekantate<br />

am Theater an <strong>der</strong> Wien, weiters eine CD-Produktion mit Cecilia<br />

Bartoli und Juan Diego Florez von Bellinis Oper La sonnambula, eine<br />

Neuproduktion von Händels Teseo an <strong>der</strong> Komischen Oper Berlin, eine<br />

Aufführungsserie von Hasses Cleofide an <strong>der</strong> Semperoper Dresden<br />

und Monteverdis L’incoronazione di Poppea in Hamburg. Ab <strong>der</strong> Saison<br />

2010 ist Alessandro De Marchi künstlerischer Leiter <strong>der</strong> <strong>Innsbrucker</strong><br />

<strong>Festwochen</strong>.<br />

Alessandro De Marchis Opernrepertoire reicht von den Monteverdi-<br />

Opern, Werken Cestis und Händels über Keisers Der lächerliche Prinz<br />

Jodelet, Hasses Cleofide und Pergolesis Il matrimonio Segreto bis<br />

zu Mozarts drei Da-Ponte-Opern und Die Entführung aus dem Serail,<br />

Haydn-Opern und Werken von Bellini, Rossini und Donizetti. Belcanto-<br />

Opern des frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts führt De Marchi ebenfalls im Originalklang<br />

auf und sieht sie in einer historischen Kontinuität zur Oper <strong>der</strong><br />

Barockzeit und <strong>der</strong> Klassik.<br />

37


l’isola disabitata ƒ biografien<br />

Christoph von Bernuth wurde 1968 in Rochester/<br />

Minnesota geboren. Nach einem Französischstudium<br />

und einer Ausbildung in Bewegungstheater im Rahmen<br />

des Diplomsportstudiums an <strong>der</strong> Deutschen<br />

Sporthochschule Köln widmet er sich seit 1996 ganz<br />

dem <strong>Musik</strong>theater. In den ersten Jahren als freier<br />

Regieassistent arbeitete er mit Regisseuren wie<br />

Willy Decker, George Tabori, Philipp Arlaud, Jean-<br />

Louis Martinoty o<strong>der</strong> Ursel und Karl-Ernst Herrmann<br />

zusammen. Seit 1997 leitet er den Opernbereich <strong>der</strong> <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong>.<br />

Seine verschiedenen Tätigkeiten führten ihn unter an<strong>der</strong>em<br />

zu den Dresdner <strong>Musik</strong>festspielen, <strong>der</strong> Opéra Nationale de Paris, den<br />

Schwetzinger Festspielen, dem Theater Basel, <strong>der</strong> Opéra de Montpellier,<br />

<strong>der</strong> Kölner Oper und <strong>der</strong> Deutschen Staatsoper Berlin. In <strong>der</strong> Spielzeit<br />

2000/01 engagierte ihn die Hamburgische Staatsoper als Spielleiter<br />

an ihr Haus. Neben seiner Tätigkeit als Wie<strong>der</strong>aufnahmeregisseur von<br />

Produktionen <strong>der</strong> Staatsoper begleitete er als verantwortlicher Spielleiter<br />

Neuinszenierungen von Peter Konwitschny (Aufstieg und Fall<br />

<strong>der</strong> Stadt Mahagonny, Lulu), Jürgen Flimm (The Rake’s Progres), Willy<br />

Decker (Katja Kabanova), Nikolaus Lehnhoff (Dialogues des Carmélites),<br />

Vera Nemirova (Bählamms Fest) und Tilman Knabe (Il Trovatore).<br />

Neben eigenen Regiearbeiten an <strong>der</strong> Staatsoper Hamburg, Kampnagel<br />

Hamburg, sowie dem Alte-<strong>Musik</strong>festival Zeitfenster in Berlin, kümmerte<br />

er sich als Bewegungsausbil<strong>der</strong> um die jungen Sänger und Sängerinnen<br />

des Opernstudios <strong>der</strong> Hamburgischen Staatsoper. Seit 2005 arbeitet<br />

er als freier Regisseur eng mit dem Regisseur Nikolaus Lehnhoff<br />

zusammen und zeichnete unter an<strong>der</strong>em für die Neueinstudierung <strong>der</strong><br />

Produktion Lohengrin an <strong>der</strong> Opéra de Lyon und <strong>der</strong> Scala di Milano<br />

verantwortlich. Weitere Arbeiten – Tosca, Tristan und Isolde, Belshazzar,<br />

L’Upupa – führten ihn zum Festspielhaus Baden-Baden, dem Festival in<br />

Aix-en Provence sowie die Dresdner Semperoper. 2009 studierte er am<br />

Festspielhaus Baden-Baden die Produktion Rosenkavalier von Herbert<br />

Wernicke unter <strong>der</strong> <strong>Musik</strong>alischen Leitung von Christian Thielemann neu<br />

ein.<br />

L’Isola disabitata ist nach Giulio Cesare in Egitto im Jahre 2004<br />

Christoph von Bernuths zweite Regiearbeit für die <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong>.<br />

Oliver Helf wurde 1975 in Kaiserslautern geboren. Er studierte zunächst<br />

Architektur an <strong>der</strong> HfbK in Hamburg und Freie Kunst am Oxfordshire<br />

College of Art & Design in England, danach Kostümbild an <strong>der</strong> Hochschule<br />

f. Angewandte Wissenschaften in Hamburg bei Dirk von Bodisco.<br />

38


l’isola disabitata ƒ biografien<br />

Von 2003 bis 2004 arbeitete er als freier Assistent<br />

mit dem Kostüm- und Bühnenbildner Kaspar Glarner<br />

unter an<strong>der</strong>em an <strong>der</strong> Staatsoper Hamburg und <strong>der</strong><br />

Oper Frankfurt. 2005 wurde er mit <strong>der</strong> Ausstattung für<br />

die Uraufführung von Jörn Arneckes Oper Butterfly<br />

Blues an <strong>der</strong> Staatsoper Hamburg in <strong>der</strong> Regie<br />

von Christoph von Bernuth beauftragt. Von 2005<br />

bis 2008 war Oliver Helf als Bühnenbildassistent<br />

am Hamburger Thalia Theater engagiert. In dieser<br />

Zeit entstanden auch zahlreiche eigene Bühnen- und Kostümbil<strong>der</strong><br />

für Produktionen im Thalia Theater, dem Thalia in <strong>der</strong> Gaußstraße,<br />

dem Nachtasyl, auf Kampnagel und an diversen freien Spielorten, in<br />

Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Hasko Weber, Frank Abt, Dominik<br />

Günther, Simone Blattner und den Choreograpen Johnny Lloyd, Antoine<br />

Effroy und Anne Rudelbach.<br />

Seit Sommer 2008 arbeitet er als freier Bühnenbildner. Zuletzt<br />

mit Frank Abt am Schauspielhaus Graz und mit Stephan Kimmig in<br />

Hamburg für die Uraufführung von Lukas Bärfuss’ Amygdala.<br />

Die deutsch-griechische Mezzosopranistin Stella<br />

Doufexis ist eine <strong>der</strong> gefragtesten Sängerinnen<br />

ihres Fachs sowohl auf <strong>der</strong> Opernbühne als auch auf<br />

dem Konzertpodium. Bei den renommierten deutschen<br />

Orchestern, allen voran bei den Berliner Philharmonikern,<br />

war sie ebenso zu Gast wie u.a. beim<br />

BBC Symphony Orchestra, dem Israel Philharmonic<br />

Orchestra, Orchestre de Paris, London Symphony<br />

Orchestra und dem Mahler Chamber Orchestra. Sie<br />

arbeitete u.a. mit Claudio Abbado, Sir Simon Rattle, Lorin Maazel,<br />

Bernard Haitink, Zubin Mehta, Kent Nagano, Kurt Masur, Roger Norrington,<br />

Christopher Hogwood, Ingo Metzmacher, Ivor Bolton, Jukka-<br />

Pekka Saraste und Christoph Eschenbach. Ausgebildet bei Ingrid Figur,<br />

Aribert Reimann, Dietrich Fischer-Dieskau und Anna Reynolds, führte<br />

sie ihr breitgefächertes Repertoire vom Barock bis zur Mo<strong>der</strong>ne schon<br />

frühzeitig zu diversen Festivals u.a. zu den Salzburger Festspielen, den<br />

Festivals von Luzern und Berlin, dem Beethoven Festival Bonn, Wien<br />

Mo<strong>der</strong>n, Festival Athen, den Londoner Proms, dem Schleswig-Holstein<br />

<strong>Musik</strong> Festival, <strong>der</strong> Schubertiade Hohenems, dem Aldebourgh Festival<br />

und dem Jerusalem Chamber Music Festival. Zu den Opernhäusern, an<br />

denen Stella Doufexis gastierte, zählen das Théâtre de la Monnaie in<br />

Brüssel, die Deutsche Staatsoper Berlin, die Scottish Opera, das Gran<br />

Teatro del Liceu in Barcelona und die Bayerische Staatsoper München.<br />

39


Er lässt nur einen Wunsch oen. Ihn zu fahren.<br />

Der neue Polo. Jetzt bestellbar.<br />

An<strong>der</strong>e wollen auffallen. Er tut es einfach. Denn <strong>der</strong><br />

neue Polo beeindruckt mit kompromisslosem Design,<br />

mo<strong>der</strong>nster Technologie und herausragen<strong>der</strong> Qualität.<br />

Mit seiner erstklassigen Ausstattung wie z. B. serienmäßigem<br />

ESP inklusive Berganfahrassistent lässt er<br />

keine Wünsche offen. Bis auf einen: ihn zu fahren.<br />

*Verschrottungsprämie (Ökoprämie) von<br />

EUR 1.500,– nur bei Erfüllung aller gesetzlichen<br />

Kriterien. Details beim VW Verkäufer sowie unter<br />

www.volkswagen.at. Symbolfoto.<br />

Verbrauch: 4,2 – 5,9 l/100 km.<br />

CO 2 -Emission: 109 – 139 g/km.<br />

www.porscheinnsbruck.at<br />

www.vowainnsbruck.at


l’isola disabitata ƒ biografien<br />

Auch <strong>der</strong> Liedgesang liegt Stella Doufexis sehr am Herzen. Als<br />

renommierte Liedinterpretin wurde sie u.a. nach Brüssel, Antwerpen,<br />

Amsterdam, Wien, London, Athen, Köln, Hamburg, Paris, Berlin,<br />

Frankfurt und Zürich eingeladen. In <strong>der</strong> aktuellen Saison wird sie neben<br />

den Produktionen an <strong>der</strong> Komischen Oper Berlin u.a. mit Bergs Sieben<br />

frühe Lie<strong>der</strong> unter Marc Piollet und einem Lie<strong>der</strong>abend mit Dietrich<br />

Henschel im Rahmen des Schleswig Holstein <strong>Musik</strong>festivals zu hören<br />

sein. Eine Europatournee mit Brahms Liebeslie<strong>der</strong>walzer und Neue<br />

Liebeslie<strong>der</strong> gemeinsam mit Marlis Petersen, Werner Güra und Konrad<br />

Jarnot ist ebenfalls geplant. Die CD dieses Programms ist bei Harmonia<br />

mundi France vor kurzem erschienen und wurde mit dem Diapason<br />

d’Or ausgezeichnet. Stella Doufexis hat unzählige CD-Aufnahmen vorzuweisen.<br />

Die italienische Sopranistin Raffaella Milanesi absolvierte<br />

1997 ihr Gesangsstudium in ihrer Heimatstadt<br />

Rom an <strong>der</strong> Accademia Nazionale di Santa Cecilia.<br />

Seitdem wirkte sie in unterschiedlichsten Rollen<br />

und Produktionen mit. Ihr Opernrepertoire reicht<br />

von Monteverdis Ottavia und Händels Cleopatra<br />

(Giulio Cesare) über Mozarts Elletra (Idomeneo),<br />

Susanna (Le Nozze di Figaro), Tamiri und Aminta (Il<br />

Re Pastore), Servilia (La Clemenza di Tito), bis hin zu<br />

Donizettis Norina (Don Pasquale) und Puccinis Musetta (La Bohème).<br />

Sie gastiert an den Opernhäusern von Amsterdam, Antwerpen, Bordeaux,<br />

Brüssel, Lausanne, Luxembourg, Madrid, Montpellier, Paris,<br />

Salamanca, Toulouse, Wien und bei Festivals wie Ambronay, Beaune,<br />

Eisenstadt, Innsbruck, Montpellier, Potsdam. Sie arbeitet u.a. mit<br />

Rinaldo Alessandrini, Ottavio Dantone, Adam Fischer, Alessandro<br />

De Marchi, Andrea Marcon, Enrique Mazzola, Hervé Niquet, Philippe<br />

Pierlot, Christophe Rousset und mit Regisseuren wie Christof Loy<br />

und Daniele Abbado. Engagements in <strong>der</strong> Saison 2008/09 beinhalten<br />

u.a. Konzerte bei den Festspielen RheinVokal unter Christoph<br />

Poppen, Opernproduktionen in Jesi und Montpellier, am Grand Theatre<br />

de Genève und am La Monnaie in Brüssel unter Leitung von Marc<br />

Minkowski. Künftige Produktionen führen sie u.a. an die Scala di Milano<br />

(Proserpina in Monteverdis L’Orfeo) mit Rinaldo Alessandrini.<br />

Raffaella Milanesi war zuletzt 2006, ebenfalls unter <strong>der</strong> Leitung von<br />

Alessandro De Marchi, in <strong>der</strong> Opernproduktion Il Re pastore bei den<br />

<strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong> zu sehen.<br />

41


l’isola disabitata ƒ biografien<br />

Der Tenor Jeffrey Francis wurde in den Vereinigten<br />

Staaten geboren, erhielt seine musikalische Ausbildung<br />

an <strong>der</strong> University of Washington und gab<br />

sein Debüt in Südamerika. Einladungen führten ihn<br />

anschließend u.a. nach Boston, an die Florida Grand<br />

Opera, die Minnesota Opera, nach Santa Fe und<br />

Seattle, an die New York City Opera, die New Israeli<br />

Opera Tel Aviv und an die Opera Australia in Sydney.<br />

Sein Debüt an <strong>der</strong> Metropolitan Opera von New York<br />

gab <strong>der</strong> Künstler Ende September 2006 mit Idomeneo unter James<br />

Levine. Sein Repertoire umfasst Partien des lyrischen französischen<br />

und italienischen Faches, sowie vor allem Mozart, und vieles mehr, seit<br />

kurzem auch deutsche Romantik.<br />

Jeffrey Francis ist heute mit seinem weitgefassten Repertoire u.a. in<br />

Amsterdam, am Liceu in Barcelona, an <strong>der</strong> Staatsoper und Komischen<br />

Oper Berlin, am La Monnaie Brüssel, in Genf und Hamburg, am<br />

Royal Opera House London, am Teatro Real in Madrid, in Marseille,<br />

Pesaro, in Paris und Rom, bei den Salzburger Pfingstfestspielen und<br />

den Salzburger Festspielen, am Theater an <strong>der</strong> Wien, beim Wiener<br />

Osterklang, an <strong>der</strong> Wiener Staatsoper, an <strong>der</strong> Wiener Volksoper, beim<br />

Wiener Klangbogen und an <strong>der</strong> Oper Stuttgart zu erleben.<br />

Bei den <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong> war Jeffrey Francis zuletzt 1998 in<br />

Händels Seméle unter <strong>der</strong> Leitung von René Jacobs zu Gast.<br />

Furio Zanasi hat sich <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Musik</strong> verschrieben,<br />

sein Repertoire spannt sich von Madrigalen zu<br />

Kantaten, hinzu Oratorien und Barockoper. Er arbeitete<br />

mit vielen Ensembles zusammen und trat bei<br />

den wichtigsten Festivals für Alte <strong>Musik</strong> auf u.a. in<br />

Italien (Settembre Musica in Torino; Festival Roma<br />

Europa, S. Maurizio in Milan, Festival Monteverdi<br />

Cremona) als auch in Utrecht, Brügge, Stuttgart,<br />

Prag, Wiener Konzerthaus, <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong>,<br />

Salzburger Festspiele, Lufthansa Festival in London, Opéra Garnier<br />

Paris, Amsterdam Concertgebouw, Carnegie Hall und Khioi Hall Tokyo.<br />

Furio Zanasi sang u.a. unter <strong>der</strong> Leitung von René Jacobs, Jordi Savall,<br />

Alan Curtis, Gabriel Garrido, Maurizio Pollini, Ivor Bolton, Rinaldo<br />

Alessandrini, Alessandro De Marchi, Philippe Herrewege, Thomas<br />

Hengelbrock und Riccardo Chailly. Nach seinem Rollendebüt als<br />

Marcello in La Bohème beim Battistini Wettbewerb in 1987 trat er in<br />

diversen Theatern auf: u.a. an <strong>der</strong> Oper in Rom, <strong>der</strong> Dresdner Semper<br />

42


l’isola disabitata ƒ biografien<br />

Oper, Liceu in Barcelona, Zarzuela in Madrid, am Theater Basel, La Fenice<br />

in Venedig, an <strong>der</strong> Staatsoper München, Festspielhaus Baden-Baden<br />

und im Lincoln Center. In 2008 sang er Monteverdi’s Orfeo unter Rinaldo<br />

Alessandrini und dem Concerto Italiano in Valladolid, Las Palmas,<br />

Bilbao, Valencia, Siena, Beaune, welches auch aufgenommen wurde<br />

und bei Naive erschienen ist. Mit Orfeo ging Zanasi auch mit Jordi<br />

Savall auf Tour und sang auch in Turin mit <strong>der</strong> Academia Montis Regalis<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von Alessandro De Marchi. Furio Zanasi ist auf mehr<br />

als 60 CDs zu hören.<br />

Zuletzt war er bei den Ambraser Schlosskonzerten 2003 im Konzert<br />

„Der verliebte Gott“ zu hören.<br />

Markus Merz studierte an <strong>der</strong> Schauspielschule<br />

des Konservatoriums für <strong>Musik</strong> und Theater in Bern.<br />

Engagements führten ihn u.a. ans Theater Basel,<br />

Staatstheater Stuttgart, Schlosstheater Celle, Stadttheater<br />

Augsburg, Ruhrtriennale Bochum, Schauspielhaus<br />

Zürich, Lucerne Festival und zu den<br />

Salzburger Festspielen. Er arbeitete u.a. mit den<br />

Regisseuren Michael Thalheimer, Nicolas Stemann,<br />

Christof Loy, Stefan Bachmann, Lars-Ole Walburg,<br />

Katharina Thalbach, Andreas Kriegenburg, Raphael Sanchez, Ruedi<br />

Häusermann, Barbara Frey, Tim Staffel, Sebastian Nübling, Stephan<br />

Müller, Joachim Schlömer, Samuel Schwarz, Andreas Storm und Dani<br />

Levy zusammen. Markus Merz spielte auch in Fernseh- und Kinoproduktionen<br />

mit.<br />

43


l’isola disabitata ƒ argomento<br />

Programm<br />

argomento<br />

Navigava il giovane Gernando colla sua giovanetta sposa Costanza, e<br />

con la picciola Silvia ancora infante di lei sorella, per raggiungere nell’<br />

Indie Occidentali il suo genitore, a cui era commesso il governo di una<br />

parte di quelle; quando da una lunga, e pericolosa tempesta fu costretta<br />

a discen<strong>der</strong>e in un’ Isola disabitata, per dar agio alla bambina ed alla<br />

sposa di ristorarsi in terra dalle agitazioni del mare.<br />

Mentre queste placidamente riposavano in una nascosta grotta,<br />

che loro offerse commodo, ed opportuno ricetto, l’infelice Gernando<br />

non alcuni de’ suoi seguaci fu sorpresso, rapito, e fatto schiavo da una<br />

numerosa schiera di Pirati barbari, che ivi sventuratamente capitarono.<br />

I suoi compagni, che vi<strong>der</strong>o dalla nave confusamente il tumulto, e<br />

cre<strong>der</strong>ono rapite con Gernando la bambina, e la sposa, si die<strong>der</strong>o ad<br />

inseguire i predatori; ma perduta in poco tempo la traccia, ripresero<br />

sconsolati il loro interrotto cammino.<br />

Desta la sventurata Costanza, dopo aver cercato lungamente in<br />

vano il suo sposo, e la nave, che l’avea colà condotta, si credè, come<br />

Arianna, tradita, ed abbandonata dal suo Gernando.<br />

Quando i primi impeti del suo disperato dolore cominciarono a dar<br />

luogo al naturale amor della vita, si rivolse ella, come saggia, a cercar le<br />

vie di conservarsi in quella abbandonata segregazion de’ viventi; ed ivi<br />

dell’ erbe, e della frutta, onde abbondava il terreno, si andò lunghissimo<br />

tempo sostenendo con la picciola Silvia, ed inspirando l’odio, e l’orrore<br />

da lei concepito contro tutti gli uomini all’ innocente, che non gli conosceva.<br />

Dopo tredici anni di schiavitù, riuscì a Gernando di liberarsi. La<br />

prima sua cura fu di tornare a quell’ Isola, dove avea involontariamente<br />

abbandonata Costanza; benchè senza alcuna speranza di ritrovarla in<br />

vita. {<br />

44


l’isola disabitata ƒ inhaltsangabe<br />

inhaltsangabe<br />

Der junge Gernando ging mit seiner jungen Gemahlin Costanza, und <strong>der</strong><br />

Schwester <strong>der</strong>selben, die noch ein Kind war, zu Schiffe, um seinen Vater<br />

in Westindien, <strong>der</strong> einem Theile desselben als Gouverneur vorstand, zu<br />

besuchen, und ward von einem anhaltenden und gefährlichen Sturme<br />

gezwungen, auf einer unbewohnten Insel zu landen, um dem Kinde und<br />

<strong>der</strong> Gemahlin die Bequemlichkeit zu verschaffen, sich auf dem Lande<br />

von den Bewegungen <strong>der</strong> Seereise zu erhohlen.<br />

Unterdessen daß diese in einer verborgenen Grotte, die ihnen einen<br />

bequemen und gelegenen Aufenthalt darbot, einer sanften Ruhe genossen,<br />

ward <strong>der</strong> unglückliche Gernando, nebst einigen seines Gefolges,<br />

von einem großen Haufen barbarischer Seeräuber, welche unglücklicherweise<br />

daselbst landeten, überfallen, entführt, und zum Sklaven<br />

gemacht. Seine Gefährten, die vom Schiffe, wiewohl undeutlich, den<br />

Auflauf sahen, und nicht an<strong>der</strong>s glaubten, als daß, mit dem Gernando<br />

zugleich, auch Kind und Gemahlin geraubt wären, machten Jagd auf die<br />

Räuber, verloren dieselben aber bald aus dem Gesichte, und setzten<br />

also, traurig und untröstlich, ihre unterbrochene Reise fort.<br />

Als die unglückliche Costanza erwachte, und ihren Gemahl und das<br />

Schiff, das sie dahin gebracht, lange vergeblich gesucht hatte, glaubte<br />

sie sich, wie Ariadne, von ihrem Gernando verrathen und verlaßen.<br />

Als die ersten Heftigkeiten ihres hoffnunglosen Schmerzes anfingen,<br />

<strong>der</strong> natürlichen Liebe zum Leben Platz zu machen, entschloß sie sich,<br />

nach ihrer Klugheit, alle Mittel aufzusuchen, in dieser verlassenen<br />

Abwesenheit von allen Lebendigen ihr Leben zu fristen. Sie erhielt<br />

sich und ihre Schwester lange Zeit von den Kräutern und Früchten,<br />

die das Land häufig hervorbrachte, und hauchte den ganzen Haß und<br />

Abscheu, den sie gegen alle Mannspersonen gefaßt hatte, <strong>der</strong> kleinen<br />

Unschuldigen ein, welche jene nicht kannte.<br />

Nach dreizehnjäriger Sklaverey gelang es dem Gernando, sich in<br />

Freiheit zu setzen. Seine erste Sorge war, nach <strong>der</strong> Insel zurückzukehren,<br />

wo er wi<strong>der</strong> Willen seine Costanza verlassen hatte; wiewohl ohne<br />

irgend eine Hoffnung, sie noch am Leben zu finden. {<br />

45


l’isola<br />

disabitata<br />

Azione teatrale<br />

Personen:<br />

Costanza, Gemahlin des Gernando<br />

Silvia, ihre jüngere Schwester<br />

Enrico, Gefährte des Gernando<br />

Gernando, Gemahl <strong>der</strong> Costanza<br />

47


l’isola disabitata ƒ Arianna a na xos<br />

arianna a naxos<br />

Kantate für Sopran und Streichorchester<br />

(Bearb. Ende 18. Jh), Hob.XXVIb:2b<br />

Adagio<br />

Teseo mio ben, dove sei? Dove sei tu?<br />

Vicino d’averti mi parea,<br />

ma un lusinghiero sogno fallace m’ingannò.<br />

Già sorge in ciel la rosea Aurora,<br />

e l’erbe e i fior colora Febo<br />

uscendo dal mar col crine aurato.<br />

Sposo, sposo adorato, dove guidasti il piè?<br />

Forse le fere ad inseguir<br />

ti chiama il tuo nobile ardor.<br />

Ah! vieni, ah! vieni, o caro,<br />

ed offrirò più grata preda a tuoi lacci.<br />

Il cor d’Arianna amante, che t’adora costante,<br />

stringi, stringi con nodo più tenace,<br />

e più bella la face splenda del nostro amor.<br />

Soffrir non posso d’esser da te divisa un sol istante.<br />

Ah! di ve<strong>der</strong>ti, o caro, già mi strugge il desio;<br />

ti sospira il mio cor, vieni, vieni Idol mio.<br />

Aria (largo)<br />

Dove sei, mio bel tesoro,<br />

chi t’invola a questo cor?<br />

Se non vieni, io già mi moro,<br />

né resisto al mio dolor.<br />

Se pietade avete, oh Dei,<br />

secondate i voti miei,<br />

a me torni il caro Ben.<br />

Dove sei? Teseo!<br />

Dove sei?<br />

Recitativo<br />

Ma, a chi parlo? Gl’accenti Eco ripete sol.<br />

Teseo non m’ode, Teseo non mi risponde,<br />

e portano le voci e l’aure e l’onde.<br />

Poco da me lontano esser egli dovria.<br />

Salgasi quello che più d’ogni altro<br />

S’alza alpestre scoglio; ivi lo scoprirò.<br />

48


l’isola disabitata ƒ Ariadne auf na xos<br />

Ariadne auf Naxos<br />

Kantate für Sopran und Streichorchester<br />

(Bearb. Ende 18. Jh), Hob.XXVIb:2b<br />

Adagio<br />

Theseus, mein Lieber, wo bist du? Wo bist du nur?<br />

Mir schien, ich hätte Dich nah bei mir,<br />

aber ein schmeichlerischer Traum hat mich betrogen.<br />

Schon steigt im Himmel die rosenfarbene Aurora herauf<br />

und die Kräuter und die Blüten färbt Phoebus,<br />

dem Meer entsteigend mit vergoldetem Haar.<br />

Gemahl, angebeteter Gemahl, wohin hast Du deine Schritte gelenkt?<br />

Vielleicht rief Dich, Raubtiere zu hetzen,<br />

deine noble Jagdleidenschaft?<br />

Ach, kehr wie<strong>der</strong>, kehr wie<strong>der</strong>, mein Lieber,<br />

und ich werde deinen Fallen eine edlere Beute bieten.<br />

Das Herz <strong>der</strong> verliebten Ariadne, die dich unaufhörlich anbetet,<br />

schnürst Du zu mit viel festerem Knoten,<br />

und weit schöner erscheint das Antlitz unserer Liebe.<br />

Ich ertrage es nicht länger, von Dir getrennt zu sein.<br />

Ah, schon verzehrt mich das Verlangen, Dich zu sehen, mein Teurer,<br />

es flüstert Dir mein Herz: Komm nur, komm, meine Leben.<br />

Aria<br />

Wo bist Du, mein lieber Schatz,<br />

wer ruft Dich her zu diesem Herz?<br />

Wenn Du nicht kommst, so muss ich sterben,<br />

nicht ertrag ich diesen Schmerz.<br />

Wenn ihr Mitleid habt, oh Götter,<br />

so begleitet, ach, mein Flehen,<br />

kehr’ mein Liebster zu mir wie<strong>der</strong>.<br />

Wo nur bist Du, Theseus,<br />

lass dich sehn!<br />

Recitativo<br />

Aber mit wem spreche ich? Nur das Echo antwortet auf meine Laute.<br />

Theseus hört mich nicht, Theseus antwortet mir nicht,<br />

und nur die Töne von Lufthauch und Wellen dringen zu mir.<br />

Nicht weit von mir entfernt ist eine Klippe.<br />

Ich entdecke ihn von dort oben, wenn ich den hügeligen Fels,<br />

höher als alles sonst umher, erklimme.<br />

49


l’isola disabitata ƒ Arianna a na xos<br />

Che miro? Oh Stelle, misera me,<br />

Quest’ è l’argivo legno!<br />

Greci son quelli!<br />

Teseo! Ei sulla prora!<br />

Ah m’ingannassi almen …?<br />

Nò, nò, non m’inganno.<br />

Ei fugge, ei qui mi lascia in abbandono.<br />

Più speranza non v’è, tradita io sono.<br />

Teseo, Teseo, m’ascolta, Teseo!<br />

Ma oimè! vaneggio!<br />

I flutti e il vento lo involano per<br />

sempre agli occhi miei.<br />

Ah! siete ingiusti, o Dei,<br />

se l’empio non punite! Ingrato!<br />

Perchè ti trassi dalla morte<br />

dunque tu dovevi tra<strong>der</strong>mi!<br />

E le promesse, e i giuramenti tuoi?<br />

Spergiuro, infido! hai cor di lasciarmi.<br />

A chi mi volgo, da chi pietà sperar?<br />

Già più non reggo,<br />

il piè vacilla, e in così amaro istante<br />

sento mancarm’in sen<br />

l’alma tremante.<br />

Aria<br />

Ah! che morir vorrei<br />

in sì fatal momento,<br />

ma al mio crudel tormento<br />

mi serba ingiusto il ciel.<br />

Misera abbandonata<br />

non ho chi mi consola.<br />

Chi tanto amai s’invola<br />

barbaro ed infedel.<br />

50


l’isola disabitata ƒ Ariadne auf na xos<br />

Doch was sehe ich? Oh ihr Götter, ich Arme,<br />

das ist die hölzerne Argo!<br />

Griechen sind das!<br />

Theseus! Er auf dem Vorschiff!<br />

Ah, hat er mich also hintergangen …?<br />

Nein, nein, er hintergeht mich nicht.<br />

Aber doch, er flieht, und lässt mich hier verlassen zurück.<br />

Nun bleibt keine Hoffnung mehr, betrogen bin ich.<br />

Theseus, Theseus, hör mich an, Theseus!<br />

Aber, o Weh! Ich rede irr!<br />

Die Fluten und <strong>der</strong> Wind tragen ihn für immer<br />

aus meinen Augen.<br />

Ah! Ihr seid ungerecht, oh Götter,<br />

wenn ihr den Ruchlosen nicht bestraft! Undankbarer!<br />

Warum entriss ich dich dem Tod,<br />

nur damit Du mich betrügen konntest?<br />

Und deine Versprechen, deine Schwüre?<br />

Meineidig bist Du, Untreuer! Hast das Herz, mich zu verlassen.<br />

An wen mich wenden, von wem kann ich Mitleid erhoffen?<br />

Schon halte ich mich nicht mehr,<br />

<strong>der</strong> Fuß gibt nach, und in diesem bitteren Augenblick<br />

fühle ich aus meiner Brust<br />

die bebende Seele entweichen.<br />

Aria<br />

Ach, sterben möcht’ ich können<br />

in diesem Augenblick,<br />

doch zu meiner grausamen Qual<br />

will mich <strong>der</strong> ungerechte Himmel erhalten.<br />

Arme Verlassene,<br />

keinen hab ich, <strong>der</strong> mich tröstet.<br />

Der, den ich liebte, entschwand,<br />

ganz barbarisch und untreu.<br />

51


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

L’Isola disabitata<br />

PARTE PRIMA<br />

Scena prima<br />

Costanza<br />

Qual contrasto non vince<br />

L’indefesso sudor! Duro è quel sasso,<br />

L’istromento è mal atto,<br />

Inesperta la mano; e pur dell’ opra<br />

Eccomi al fin vicina. Ah sol concedi<br />

Ch’io la vegga compita.<br />

E da sì acerba vita<br />

Poi mi libera, o ciel. Se mai la sorte<br />

Ne’ dì futuri alcun trasporta a questo<br />

Incognito terreno,<br />

Dirà quel marmo almeno<br />

Il mio caso funesto e memorando.<br />

“Dal traditor Gernando.<br />

(Legge)<br />

Costanza abbandonata i giorni suoi<br />

In questo terminò lido straniero.<br />

Amico passeggiero,<br />

Se una tigre non sei.<br />

O vendica o compiangi i casi miei.”<br />

Questo sol manca. A terminar s’attenda<br />

Dunque l’opra che avanza.<br />

(Torna al lavoro)<br />

Scena II<br />

Silvia frettolosa, ed allegra, e detta.<br />

Silvia<br />

Ah germana! Ah Costanza!<br />

Costanza<br />

Che avenne, o Silvia? Onde la gioia?<br />

52


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

Die unbewohnte Insel<br />

Erster Akt<br />

Erste Szene<br />

COSTANZA<br />

Welche Arbeit überwindet nicht<br />

ein unermüdeter Fleiß! Der Fels ist hart;<br />

das Werkzeug unbequem;<br />

die Hand nicht geübt: – und doch bin ich endlich<br />

<strong>der</strong> Vollendung des Werkes nahe. O Himmel!<br />

Gieb nur, daß ich es vollendet sehe,<br />

und aus diesem bitteren Leben,<br />

befreie mich, oh Himmel! Wenn je das Schicksal...<br />

in künftigen Tagen, jemanden an dieses<br />

unbekannte Land führt:<br />

so wird dieser Marmor wenigstens<br />

meine traurige und merkwürdige Geschichte erzählen.<br />

„Vom Verräter Gernando<br />

(liest)<br />

verlassen, beendete Costanza<br />

ihr Leben an diesem fernen Gestade.<br />

Liebreicher Wandrer!<br />

Wenn du kein Tiger bist,<br />

so räche, o<strong>der</strong> beklage ...“– mein Unglück.<br />

Dies einzige fehlt nur noch. Ich will mich also bemühen,<br />

das so weit vorgerückte Werk zu vollenden.<br />

(geht wie<strong>der</strong> an die Arbeit)<br />

Szene II<br />

Silvia eilig und voll Freuden und die Vorigen.<br />

SILVIA<br />

Ach Schwester! Ach Costanza!<br />

COSTANZA<br />

Was giebt es Silvia? Warum so freudig?<br />

53


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

Silvia<br />

Io sono<br />

Fuor di me di piacere.<br />

Costanza<br />

Perchè?<br />

Silvia<br />

La mia<br />

Amabile cervetta,<br />

In van per tanti dì pianta e cercata,<br />

Da se stessa è tornata.<br />

Costanza<br />

E cio ti rende<br />

Lieta così?<br />

Silvia<br />

Poco ti pare? È quella<br />

La mia cura, il sai pur, la mia compagna,<br />

La dolce amica mia. M’ama, m’intende,<br />

Mi dorme in sen, mi chiede i baci, è sempre<br />

Dal mio fianco indivisa in ogni loco;<br />

La perdei; la ritrovo; e ti par poco?<br />

Costanza<br />

Che felice, che felice innocenza!<br />

(Torna al lavoro)<br />

Silvia<br />

E ho da ve<strong>der</strong>ti<br />

Sempre in pianti, o germana?<br />

Costanza<br />

E come il ciglio<br />

Mai rasciugar potrei?<br />

Già sette volte e sei<br />

L’anno si rinnovò da che lasciata<br />

In sì barbara guisa,<br />

Da’ viventi divisa,<br />

Di tutto priva, priva e senza speme, oh Dio!<br />

Di mai tornar su la paterna arena,<br />

Vivo morendo; e tu mi vuoi serena?<br />

54


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

SILVIA<br />

Ich bin ausser mir<br />

vor Vergnügen.<br />

COSTANZA<br />

Warum das?<br />

SILVIA<br />

Mein geliebtes Reh,<br />

das ich so viel Tage<br />

vergebens beweint und gesucht habe,<br />

ist von selbsten wie<strong>der</strong>gekommen.<br />

COSTANZA<br />

Und das macht Dich<br />

so fröhlich?<br />

SILVIA<br />

Scheint Dir das eine Kleinigkeit?<br />

Es ist, wie Du weist, meine einzige Sorge, meine Gefährtin,<br />

meine süße Freundin. Es liebt mich; es versteht mich;<br />

es schläft in meinem Schooß; es for<strong>der</strong>t meine Küsse;<br />

es kommt mir überall nicht von <strong>der</strong> Seite.<br />

Ich verlier's, finde es wie<strong>der</strong>; das erscheint Dir eine Kleinigkeit?<br />

COSTANZA<br />

Glückselige Unschuld!<br />

(geht wie<strong>der</strong> an ihre Arbeit)<br />

SILVIA<br />

Aber, Schwester! soll ich Dich<br />

denn immer in Thränen sehn?<br />

COSTANZA<br />

Und können wohl jemals<br />

meine Thränen versiegen?<br />

Schon dreyzehnmal<br />

ist <strong>der</strong> Frühling zurückgekehrt,<br />

seitdem ich so grausamerweise verlassen,<br />

von allen Lebendigen getrennt,<br />

von allem beraubt, o Gott! und ohne Hoffnung,<br />

jemals in meine Heimat zurückzukehren,<br />

mehr todt bin, als lebe: und Du willst mich frölich sehn?<br />

55


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

Silvia<br />

Ma per esser felici<br />

Che manca a noi?<br />

Qui siam sovrane.<br />

È questa isoletta ridente<br />

Il nostro regno;<br />

Sono i sudditi<br />

Nostri le mansuete fiere.<br />

A noi produce<br />

La terra, il mar.<br />

Dalla stagione ardente<br />

Ci difendon le piante,<br />

I cavi sassi<br />

Dalla fredda stagion;<br />

Ne forza o legge<br />

Qui col nostro desio<br />

Mai non contrasta.<br />

Or di’,<br />

Che basterà,<br />

Se ciò non basta?<br />

Costanza<br />

Ah, tu del ben, che ignori,<br />

La mancanza non senti.<br />

Atta del labbro a far uso non eri,<br />

O del pensiero quando qui si approdò;<br />

Né d’altro ogetto<br />

Che di ciò ch’ai presente<br />

Serbi le tracce in mente.<br />

Io, ch’era allora quale ora tu sei,<br />

Paragonar ben posso<br />

(Oh memoria molesta!)<br />

Con quel ben che perlor,<br />

Quel che mi resta.<br />

Silvia<br />

Spesso esaltar t’intessi<br />

Le riccheze, il saper,<br />

L’arti i costumi,<br />

Le delizie europee;<br />

Ma con tua pace<br />

Questa assai più<br />

Tranquillità mi piace.<br />

56


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

Silvia<br />

Was fehlt uns noch,<br />

um glücklich zu sein?<br />

Hier sind wir die Herrinnen.<br />

Diese hübsche kleine Insel<br />

ist unser Reich;<br />

unsere Untertanen<br />

sind die zahmen Tiere.<br />

Beschenkt werden wir<br />

von <strong>der</strong> Erde und vom Meer.<br />

Vor <strong>der</strong> glühenden Jahreszeit<br />

beschützen uns die Pflanzen,<br />

die Höhlen<br />

vor <strong>der</strong> kalten Jahreszeit;<br />

we<strong>der</strong> Macht noch Gesetz<br />

wi<strong>der</strong>setzen sich hier<br />

unserem Wunsch.<br />

Nun sag’,<br />

was ist genug,<br />

wenn nicht das?<br />

Costanza<br />

Ach! Du vermisst nicht das Gute,<br />

dass du nicht kennst.<br />

Du konntest noch nicht sprechen<br />

o<strong>der</strong> gar denken, als wir hier ankamen;<br />

du kennst keine an<strong>der</strong>en Sachen,<br />

als die,<br />

die du hier hast.<br />

Ich war damals so, wie du jetzt bist,<br />

so kann ich gut vergleichen<br />

(O, welch lästiges Gedächtnis!)<br />

das, was ich verlor<br />

mit dem, was mir blieb.<br />

Silvia<br />

Oft hörte ich dich preisen,<br />

den Reichtum, das Wissen,<br />

die Künste und die Sitten,<br />

die europäischen Schönheiten;<br />

du aber sollst wissen,<br />

dass mir diese Ruhe<br />

viel lieber ist.<br />

57


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

Costanza<br />

Silvia, v’è grand distanza<br />

Dall’ udire al ve<strong>der</strong>e.<br />

Silvia<br />

Ma pur le belle<br />

Contrade che tu vanti,<br />

D’uomini son feconde; e questi sono<br />

La specie de’ viventi<br />

Nemica a noi. Tu mille volte e mille<br />

Non mi dicesti. …<br />

Costanza<br />

Ah sì, tel dissi, e mai<br />

Non tel dissi abbastanza. Empii, crudeli,<br />

Perfidi, ingannatori,<br />

D’ogni fiera peggiori,<br />

Che sia pietà non sanno;<br />

Non conoscon, non hanno,<br />

Nè amor, nè fè, nè umanità nel seno.<br />

(Piange)<br />

Silvia<br />

E ben, da lor qui siam sicure almeno.<br />

Ma … Tu piangi di nuovo! Ah no se m’ami,<br />

Non t’affliger così. Che far poss’io,<br />

Cara, per consolarti?<br />

(La prende per mano)<br />

Brami la mia cervetta? Asciuga il pianto,<br />

E in tuo poter rimanga.<br />

Costanza<br />

Ah troppo, o Silvia mia, giusto è ch’io pianga.<br />

(abbracciandola)<br />

Aria<br />

Se non piange un’ infelice<br />

Da’ viventi separata,<br />

Dallo sposo abbandonata,<br />

Dimmi, oh Dio, chi piangerà?<br />

Chi può dir ch’io pianga a torto,<br />

Se né men sperar mi lice<br />

58


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

Costanza<br />

Silvia, es gibt einen großen Unterschied<br />

zwischen hören und sehen.<br />

SILVIA<br />

Aber Deine schönen<br />

gepriesenen Gegenden<br />

sind doch voll Mannspersonen, und unter allen<br />

lebendigen Thieren ist dieses Geschlecht<br />

doch vorzüglich feindselig gegen uns.<br />

Hast Du mir nicht tausendmal gesagt. ...<br />

COSTANZA<br />

Ach ja! ich habe es Dir gesagt, und nie<br />

sagt' ichs Dir genug. Gottlos und grausam,<br />

treulos und betrügerisch,<br />

schlimmer als alle reißende Thiere,<br />

wissen sie nichts vom Mitleiden.<br />

Sie kennen keine Liebe, und haben we<strong>der</strong> Treue,<br />

noch Menschlichkeit im Herzen.<br />

(weint)<br />

SILVIA<br />

Nun! vor denen sind wir hier doch wenigstens sicher.<br />

Aber Du weinst schon wie<strong>der</strong>! Nein! wenn Du mich liebst,<br />

so betrübe Dich nicht so. Was kann ich thun,<br />

Geliebte! Dich zu trösten?<br />

(nimmt ihre Hand)<br />

Willst Du mein Reh haben? Trockne Deine Thränen,<br />

und es soll Dein seyn.<br />

COSTANZA<br />

Ach liebste Silvia! nur zu gerecht sind meine Thränen!<br />

(sie umarmend)<br />

Arie<br />

Wenn eine Unglückliche nicht weint<br />

die von allen Lebendigen abgeson<strong>der</strong>t<br />

und ihrem Gemahl verlassen ist,<br />

o Gott! so sage mir, wer soll denn weinen?<br />

Wer kann sagen, daß ich mit Unrecht weine,<br />

da ich nicht einmal<br />

59


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

(parte)<br />

Questo misero conforto<br />

D’ottener l’altrui pietà?<br />

Scena III<br />

Silvia sola<br />

Che ostinato dolor! Quel pianger sempre<br />

Mi fa sdegno e pietà. Prego, consiglio,<br />

Sgrido, accarezzo, ed ogni sforzo è vano.<br />

Ma l’enigma più strano è, che, qualora<br />

Consolarla desio,<br />

Il suo pianto s’accresce, e piango anch’io.<br />

Seguiamo almeno i passi suoi …<br />

(nel voler partire s’avvede della nave)<br />

Ma … quale<br />

Sorge colà sul mare mole improvvisa?<br />

Uno scoglio non è. Cangiar di loco<br />

Un sasso non potrèbbe. E un sì gran mostro<br />

Come va sì leggier! L’acqua divisa<br />

Fa dietro biancheggiar! Quasi nel corso<br />

Allo sguardo s’invola: porta l’ali sul dorso, e nuota, e vola!<br />

A Costanza si vada:<br />

Ella saprà, se un conosciuto è questo<br />

Abitator dell’ elemento infido;<br />

E almen. …<br />

(nel partire vede non veduta Gernando ed Enrico)<br />

Misera me!<br />

Gente è sul lido.<br />

Che fo? Chi mi soccorre? Ah, di spavento<br />

Così … son io ripiena …<br />

Che a fuggir … che a celarmi … ho forza appena.<br />

(si nasconde fra’ cespugli)<br />

60


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

den elenden Trost hoffen darf,<br />

von an<strong>der</strong>n Mitleid zu erhalten?<br />

(geht ab)<br />

Dritter Auftritt<br />

SILVIA allein<br />

Was für ein hartnäckigter Schmerz! Dieses unaufhörliche Weinen<br />

verdrießt und jammert mich. Ich bitte, ich rathe,<br />

ich schelte, ich schmeichle, und alle Mühe ist vergeblich.<br />

Aber das son<strong>der</strong>barste Räthsel ist, daß,<br />

so oft ich sie trösten will,<br />

ihre Thränen häufiger fließen, und ich selber weinen muß.<br />

Ich will ihr wenigstens nachgehn ...<br />

(sie sieht ein Schiff)<br />

Aber ... was<br />

erhebt sich dort auf dem Meer für ein unbekannter Klumpen?<br />

Ein Fels ist es nicht, Ein Stein könnte sich ja nicht<br />

von seinem Platz bewegen. Und ein so großes Ungeheuer,<br />

wie es so leicht geht! Das durchschnittene Wasser<br />

schäumt hinter ihm! In keinem Lauf entflieht es fast dem Blick;<br />

es hat Flügel am Rücken, und schwimmt und fliegt zugleich.<br />

Ich will zu Costanza gehn;<br />

die wird wissen, ob es ein bekannter Bewohner<br />

des ungetreuen Elements ist,<br />

und wenigstens. ...<br />

(im Gehen sieht sie, ungesehen, Gernando und Enrico)<br />

Wehe mir!<br />

Da sind Leute am Ufer.<br />

Was thu ich? Wer rettet mich? Ach! ... ich bin so ... voll Angst ...<br />

daß ich kaum die Kraft habe ... zu fliehen ...<br />

o<strong>der</strong> mich zu verstecken.<br />

(verbirgt sich im Gebüsch)<br />

61


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

Scena IV<br />

Gernando, Enrico in abito indiano<br />

dal palischermo e Silvia in disparte.<br />

Enrico<br />

Ma sarà poi, Gernando,<br />

Questo il terren, che cerchi?<br />

Gernando<br />

Ah sì; nel’ alma<br />

Dipinto mi restò per man d’Amore,<br />

E palpiti suoi l’afferma il core.<br />

Silvia<br />

(Potessi almen ve<strong>der</strong> quei volti.)<br />

Enrico<br />

È molto<br />

Facile errar.<br />

Gernando<br />

No, caro Enrico; è desso:<br />

Riconosco ogni sasso. Ecco lo speco,<br />

Dove in placido obblio con Silvia in braccio<br />

Lasciai l’ultima volta<br />

La mia sposa, il mio ben, l’anima mia,<br />

E mai più non la vidi. Ecco ove fui<br />

Da’ Pirati assalito:<br />

Qua mi trovai ferito,<br />

Là mi cadde l’acciaro. Ah, caro amico,<br />

Ogn’ indugio è delitto;<br />

Andiam. Tu da quel lato,<br />

Da questo io cercherò. L’isola è angusta;<br />

Smarrirci non possiam. Poca speranza<br />

Ho di trovar Costanza;<br />

Ma l’istesso terreno,<br />

Ch’è tomba a lei, sarà mia tomba almeno.<br />

(parte)<br />

62


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

Vierter Auftritt<br />

Gernando und Enrico in indianischer Kleidung<br />

aus dem Beiboot, und Silvia versteckt.<br />

ENRICO<br />

Aber Gernando! Ist denn dies<br />

auch das Land, das Du suchst?<br />

GERNANDO<br />

Ach ja! Die Liebe<br />

machte es mit ihrer Hand mir in die Seele;<br />

und das Herz bestätigt es mit seinem Klopfen.<br />

SILVIA<br />

(Wenn ich ihnen doch nur ins Gesicht sehen könnte!)<br />

ENRICO<br />

Man kann sich<br />

so leicht irren!<br />

GERNANDO<br />

Nein, liebster Enrico! Es ist das nemliche.<br />

Ich erkenne jeden Stein. Da ist die Höhle,<br />

wo ich meine Gemahlin, mein bestes Gut, mein Herz,<br />

in süßem Schlaf, ihre Silvia im Arm,<br />

das letztemal verließ,<br />

und sie nie wie<strong>der</strong> sah. Hier ward ich<br />

von den Piraten angefallen;<br />

dort ward ich verwundet;<br />

da fiel mir <strong>der</strong> Degen aus <strong>der</strong> Hand. Ach! liebster Freund!<br />

jede Zögerung ist ein Verbrechen.<br />

Auf! Such Du von jener Seite,<br />

ich will von dieser suchen. Die Insel ist schmal;<br />

wir können uns nicht verirren. Ich habe wenig Hoffnung,<br />

meine Costanza zu finden;<br />

aber wenigstens soll dasselbe Erdreich,<br />

das sie bedeckt, auch mir zum Grabe dienen.<br />

(geht ab)<br />

63


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

Scena V<br />

Enrico, e Silvia in disparte.<br />

Silvia<br />

(Nulla inten<strong>der</strong> poss’ io.)<br />

Enrico<br />

Tenero in vero<br />

È’ il caso di Gernando. Appena è sposo,<br />

Dée con la sua diletta<br />

Fidarsi al mar. Fra gl’ inquieti flutti<br />

Languir si vede; a ristorarla in questa<br />

Spiaggia discende; ella riposa, ed egli<br />

Da’ barbari rapito,<br />

Tratto a contrade ignote,<br />

In servitù vive tant’ anni, e senza<br />

Notizia del sospirato oggetto.<br />

Silvia<br />

(Pur si rivolse al fin. Che dolce aspetto!)<br />

Enrico<br />

Parla a ciascun l’umanità per lui,<br />

L’obbligo a me. La libertà gli deggio,<br />

Primo dono del Ciel. Spietato ogn’ altro<br />

Sarebbe; ingrato io sono,<br />

Se manco a lui. D’abborimento è degna<br />

Ogni anima spietata;<br />

Ma l’orror de’ viventi è un’ alma ingrata.<br />

Aria<br />

Chi nel camin d’onore<br />

Stanca sudando il piede<br />

Per riportar mercede<br />

D’un nobile sudor,<br />

Non palpita, non langue,<br />

Per lui spargendo il sangue,<br />

E cento rischi e cento<br />

Va lieto ad incontrar.<br />

64


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

Fünfter Auftritt.<br />

Enrico, und Silvia versteckt.<br />

SILVIA<br />

(Ich kann nichts verstehen!)<br />

ENRICO<br />

Rührend ist bey alle dem<br />

die Begebenheit des Gernando. Kaum ist er verheyrathet,<br />

so muß er sich mit seiner Geliebten<br />

dem Meere anvertrauen. Auf den stürmischen Fluthen<br />

sieht man sie erkranken; zu ihrer Erholung landet er<br />

auf dieser Insel; sie schläft, und er,<br />

von Barbaren entführt,<br />

und in unbekannte Län<strong>der</strong> geschleppt,<br />

lebt so viel Jahre in <strong>der</strong> Sklaverey<br />

und ohne alle Nachricht von seinem geliebten Gegenstande.<br />

SILVIA<br />

(Endlich dreht er sich um. Wie gut er aussieht!)<br />

ENRICO<br />

Bey jedem an<strong>der</strong>n spricht die Menschlichkeit für ihn;<br />

bey mir auch noch die Schuldigkeit meiner Freyheit ,<br />

dieses erste Geschenk des Himmels. Je<strong>der</strong> andrer würde<br />

hartherzig seyn;<br />

ich bin auch noch undankbar dazu,<br />

wenn ich ihm nicht beystehe. Ein hartes Herz verdient Verachtung;<br />

aber eine undankbare Seele ist allen abscheulich.<br />

Arie<br />

Wenn auf dem Wege <strong>der</strong> Ehre<br />

des Kämpfenden Fuß ermüdet,<br />

um mit edelmütiger Anstrengung<br />

neuen Lohn zu erhalten,<br />

ächzt und zittert er nicht.<br />

Er vergießt gern sein Blut<br />

und geht tausend Gefahren<br />

froh entgegen.<br />

65


l’isola disabitata ƒ parte prima<br />

Scena VI<br />

Silvia sola<br />

Che fu mai quel ch’io vidi?<br />

Un uom non è: gli si vedrebbe in volto<br />

La ferocia dell’ alma. Empii, crudeli<br />

Gli uomini sono, e di ragione avranno<br />

Impresso nel sembiante il cor tiranno.<br />

Una donna neppure: avvolto in gonna<br />

Non è come noi siam. Qualunque ei sia,<br />

È un amabile oggetto. Alla germana<br />

A dimandarne andrò … Ma il piè ricusa<br />

D’allontanarsi. Oh stelle!<br />

Chi mi fa sospirar? Perché sì spesso<br />

Mi batte il cor? Sarà timor. Nò; lieta<br />

Non sarei, se temessi<br />

È un altro affetto<br />

È un non so che, che mi ricerca il petto.<br />

Aria<br />

Fra un dolce deliro<br />

Son lieta e sospiro:<br />

Quel volto mi piace,<br />

Ma pace non ho.<br />

Di belle speranze,<br />

Ho pieno il pensiero;<br />

Eppur quel ch’ io spero<br />

Conoscer non so.<br />

(parte)<br />

PARTE SECONDA<br />

Scena VII<br />

Gernando solo affannato, indi Enrico.<br />

Gernando<br />

Ah presaga fu l’alma<br />

Di sue sventure. In van m’afretto<br />

In vano cerco,<br />

Chiamo, m’ affanno: un’ orma, un segno<br />

Dell’ idol mio non trovo. Ov’è l’amico?<br />

Forse ei più fortunato … Enrico … Enrico?<br />

Cerchisi … Oh Dio, non posso: oh Dio, m’opprime<br />

66


l’isola disabitata ƒ erster akt<br />

Sechster Auftritt<br />

SILVIA allein<br />

Was in aller Welt war das, was ich gesehen habe?<br />

Ein Mann ist es nicht. Dem würde man die Grausamkeit<br />

des Herzens am Gesicht ansehen. Hart und grausam<br />

sind die Männer, und werden also auch, wie billig,<br />

ihr tyrannisches Herz im Gesicht zu erkennen geben.<br />

Ein Frauenzimmer ist es aber auch nicht, es trägt ja keinen Rock.<br />

Es mag seyn, was es will,<br />

es ist ein liebenswürdiges Geschöpf. Ich will gehn,<br />

und die Schwester fragen ... Aber mein Fuß weigert sich,<br />

von hier zu gehn. Himmel,<br />

warum seufze ich! Warum schlägt mein Herz so schnell?<br />

Vielleicht aus Furcht. Aber nein! ich würde nicht vergnügt seyn,<br />

wenn ich mich fürchtete.<br />

Das unbekannte Gefühl,<br />

das mir im Busen schleicht, ist eine andre Leidenschaft.<br />

Arie<br />

In süßer Schwärmerey<br />

bin ich fröhlich und seufze.<br />

Jenes Gesicht gefällt mir,<br />

aber ich habe keine Ruhe.<br />

Voll angenehmer Hoffnungen<br />

ist voll mir mein Kopf<br />

und doch kann ich, was ich hoffe,<br />

nicht klar sehen.<br />

(geht ab)<br />

ZWEITER AKT<br />

Siebenter Auftritt<br />

Gernando allein, erschöpft, dann Enrico.<br />

GERNANDO<br />

Ha! Meine Seele ahndete ihr Unglück.<br />

Umsonst bemüh' ich mich.<br />

Ich suche, ich rufe,<br />

ich ängstige mich vergebens. We<strong>der</strong> Spur noch Zeichen<br />

find' ich von meiner Geliebten. Wo ist mein Freund?<br />

Vielleicht glücklicher, als ich ... Enrico! Enrico? ...<br />

Ich will ihn suchen ... Gott! Ich kann nicht. O Himmel!<br />

67


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

La stanchezza e il dolor! Là su quel sasso<br />

Si respiri e si attenda …<br />

(nell’ oppressarsi vede l’iscrizione)<br />

Come! Note Europee? Stelle! Il mio nome?<br />

Chi ve impresse e quando?<br />

(legge)<br />

“Del traditor Gernando<br />

Costanza abbandonata, i giorni suoi<br />

In questo terminò lido straniero …”<br />

Io manco.<br />

(s’appoggia al sasso)<br />

Enrico<br />

Ah mi conforta<br />

Sai Costanza ove sia?<br />

Gernando<br />

(appoggiato al sasso)<br />

Costanza è morta.<br />

Enrico<br />

Come?<br />

Gernando<br />

(accenando l’iscrizione)<br />

Leggi.<br />

Enrico<br />

Infelice!<br />

(legge piano le prime parole e poi esclama)<br />

“Dal traditor Gernando<br />

Costanza abbandonata<br />

I giorni suoi<br />

In questo terminò lido straniero.<br />

Amico passeggiero,<br />

Se una tigre non sei<br />

O vendica<br />

O compiangi …”<br />

Appien compita<br />

L’opra non è.<br />

68


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

ich erliege unter Müdigkeit und Schmerzen. Auf jenem Felsen<br />

will ich ausruhn und warten ...<br />

(nähert sich, erblickt die Inschrift)<br />

Wie? Europäische Schrift? Himmel! mein Nahme?<br />

Wer hat ihn da eingegraben – und wann?<br />

(liest)<br />

„Vom Verräter Gernando<br />

verlassen, beendete Costanza<br />

ihr Leben an diesem fernen Gestade ...“<br />

– Wie wird mir?<br />

(lehnt sich an den Felsen)<br />

ENRICO<br />

Ach gieb mir Trost!<br />

Weißt Du, wo Costanza ist?<br />

GERNANDO<br />

(an den Felsen gelehnt)<br />

Costanza ist todt.<br />

ENRICO<br />

Wie?<br />

GERNANDO<br />

(auf die Inschrift deutend)<br />

Ließ!<br />

ENRICO<br />

Die Unglückliche!<br />

(liest sachte die ersten Worte, dann laut)<br />

„Vom Verräter Gernando<br />

verlassen, beendete Costanza<br />

ihr Leben<br />

an diesem fernen Gestade.<br />

Liebreicher Wandrer!<br />

Wenn du kein Tiger bist,<br />

so räche,<br />

o<strong>der</strong> beklage ...“<br />

– Die Schrift ist<br />

nicht ganz vollendet.<br />

69


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Gernando<br />

Non le bastò la vita.<br />

(cade piangendo sul sasso)<br />

Enrico<br />

Oh tragedia funesta! Ah piangi, amico;<br />

Le lagrime son giuste. Io t’accompagno,<br />

T’accompagnano i sassi.<br />

Unico in tanto dolor,<br />

Ma gran conforto,<br />

È che rimorsi almen non hai.<br />

Facesti quanto da un uom richiede<br />

E l’amore e la fede, e la ragione<br />

E l’onestà.<br />

Non piacque al ciel di secondarti.<br />

Or non ti resta che piegar,<br />

Come pio, la fronte umile ai decreti supremi:<br />

E, come saggio, abbandonar questa crudel contrada.<br />

Abbandonarla!<br />

Gernando<br />

Abbandonarla!<br />

E dove vuoi ch’io vada?<br />

Ove speri ch’io possa più<br />

Riposo trovar?<br />

Questo è il soggiorno che il ciel mi destinò.<br />

Enrico<br />

Ma che pretendi<br />

Gernando<br />

Respirar, fin ch’io viva,<br />

Sempre quell’aure istesse<br />

Che il mio ben respirò:<br />

De questi oggetti nutrire il mio tormento<br />

Questo sasso a baciar<br />

Viver penando;<br />

Compire il mio destino col suo nome<br />

Fra’ l’abbri, a lei vicino.<br />

70


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

GERNANDO<br />

Der Tod hat sie übereilt.<br />

(stürzt weinend vom Felsen)<br />

ENRICO<br />

Trauriges Schauspiel! Weine, Freund!<br />

Die Thränen sind gerecht. Ich weine mit Dir,<br />

und die Felsen stimmen mit ein.<br />

Der einzige große Trost,<br />

bei so viel Schmerz,<br />

ist, dass du keine Gewissensbisse hast.<br />

Du hast getan, was die Liebe und <strong>der</strong> Glaube,<br />

die Vernunft und die Ehrlichkeit<br />

von einem Mann verlangen.<br />

Der Himmel wollte dich nicht begleiten.<br />

Nun kannst du nur den Kopf demütig neigen,<br />

vor dem höchsten Willen:<br />

und als Weise diese grausame Gegend verlassen.<br />

Sie verlassen …<br />

Gernando<br />

Sie verlassen …<br />

Und wo willst du, dass ich hingehe?<br />

Wo hoffst du,<br />

dass ich jemals Ruhe finden kann?<br />

Das ist die Stätte, die mir <strong>der</strong> Himmel zugeteilt hat.<br />

Enrico<br />

Was verlangst du …<br />

Gernando<br />

Ich möchte atmen, so lang ich lebe,<br />

immer diese Luft,<br />

die auch meine Liebe atmete:<br />

meine Qual von diesen Dingen speisen,<br />

diesen Stein küssen,<br />

leben in <strong>der</strong> Pein;<br />

mein Schicksal vollenden mit ihrem Namen<br />

auf den Lippen, in ihrer Nähe.<br />

71


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Enrico<br />

Ah, Gernando, ah che dici!<br />

E la patria?<br />

E gli amici?<br />

E il vecchio genitor? ...<br />

Gernando<br />

L’ucci<strong>der</strong>ei, se in questo stato<br />

Io mi mostrassi a lui.<br />

Va; per me tu l’assisti:<br />

Mi fido a te.<br />

Se del mio caso ei chiede,<br />

Raddolcisci narrando il caso mio.<br />

Enrico<br />

E tu speri ch’io possa …<br />

Gernando<br />

Amico, addio.<br />

Aria<br />

Gernando<br />

Non turbar quand’ io mi lagno,<br />

Caro amico il mio cordoglio:<br />

Io non voglio altro compagno<br />

Che il mio barbaro dolor.<br />

Qual conforto in questa arena<br />

Un amico a me saria?<br />

Ah la mia nella sua pena,<br />

Ren<strong>der</strong>ebbesi maggior.<br />

(parte)<br />

Scena VIII<br />

Enrico solo.<br />

Enrico<br />

Non s’irrìti fra’ primi impetri il suo dolor.<br />

Merita il caso questo riguardo;<br />

E s’ei persiste, a forza quindi svellerlo è d’uopo.<br />

Olà. Dovrebbe colà sul palischermo alcun de’nostri trovarsi pure<br />

Olà.<br />

72


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

Enrico<br />

Ach, Gernando, was sagst du!<br />

Und die Heimat?<br />

Und die Freunde?<br />

Und <strong>der</strong> alte Vater? ...<br />

Gernando<br />

Ich würde ihn töten,<br />

wenn ich mich ihm so zeigen würde.<br />

Gehe; kümmere du dich um ihn:<br />

Ich verlasse mich auf dich.<br />

Wenn er nach mir fragt,<br />

erzähle ihm sanft meinen Fall.<br />

Enrico<br />

Und du hoffst, dass ich es kann...<br />

Gernando<br />

Freund, lebe wohl.<br />

Arie<br />

GERNANDO<br />

Wenn ich jammere, liebster Freund!<br />

so störe mich nicht in meinem Kummer.<br />

Ich verlange keinen an<strong>der</strong>n Gefährten,<br />

als meinen grausamen Schmerz.<br />

Was soll mir hier ein Freund<br />

für Trost gewähren?<br />

Ach! Mein Kummer würde nur<br />

durch den seinigen vergrößert werden.<br />

(geht ab)<br />

Achter Auftritt<br />

Enrico allein.<br />

Enrico<br />

Schmerz soll man nicht durch Sturheit mehren.<br />

Der Fall verdient höchste Aufmerksamkeit;<br />

und wenn er nicht nachgibt, muss man ihn gewaltsam abbringen.<br />

Olà. Es sollte sich doch jemand auf dem Schiff befinden.<br />

Olà.<br />

73


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

(escono due marinari)<br />

Conviene, amici, rapir Gernando.<br />

Ei, di dolore insano, non vuol con noi partir.<br />

V’è noto il sito dove colà fra’ sassi scorre limpido un rio?<br />

Selvoso è il loco, e all’insidie opportuno.<br />

Ivi nascosti, ch’egli passi aspettate,<br />

E alla nave il traete<br />

Il diste? Andate.<br />

(partono i marinari)<br />

Enrico innanzi dalla sinistra, Silvia indietro dal medesimo lato, avanza<br />

dosi verso la destra senza ver<strong>der</strong>lo.<br />

Scena IX<br />

Enrico e Silvia<br />

Silvia<br />

Dov’ è Costanza? Io non la trovo.<br />

A lei …<br />

Enrico<br />

Che miro! Ascolta,<br />

Bella ninfa.<br />

Silvia<br />

Ah di nuovo<br />

Tu sei qui.<br />

(in atto di fuggire)<br />

Enrico<br />

Perchè fuggi? Odi un momento.<br />

Silvia<br />

Che vuoi da me?<br />

Enrico<br />

Solo ammirarti, e solo<br />

Teco parlar.<br />

74


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

(zwei Matrosen kommen)<br />

Freunde, es ist nötig, Gernando zu entführen.<br />

Gefangen von einem ungesunden Schmerz, will er nicht mit uns weg.<br />

Kennt ihr den Ort, wo zwischen den Felsen ein klarer Fluss f ?<br />

Dieser befindet sich in einem Wald, gut für einen Überfall.<br />

Versteckt euch hier, wartet darauf, dass er vorbei kommt,<br />

und bringt ihn zum Schiff.<br />

Habt ihr gehört? Geht nun.<br />

(Matrosen gehen hinaus)<br />

Enrico vorne von links, Silvia hinten auf <strong>der</strong> selben Seite,<br />

geht nach Rechts ohne ihn zu sehen.<br />

Neunter Auftritt<br />

Enrico und Silvia.<br />

SILVIA<br />

Wo ist Costanza? Ich finde sie nicht.<br />

Bei ihr …<br />

ENRICO<br />

Was seh' ich? Höre doch,<br />

schöne Nympfe!<br />

SILVIA<br />

Ha! Bist Du<br />

schon wie<strong>der</strong> hier?<br />

(zur Flucht ansetzend)<br />

ENRICO<br />

Warum fliehst Du? Höre mich einen Augenblick.<br />

SILVIA<br />

Was willst Du von mir?<br />

ENRICO<br />

Nichts, als Dich ansehen,<br />

und mit Dir reden.<br />

75


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Silvia<br />

(dalla scena)<br />

Prometti<br />

Di parlarmi da lungi.<br />

Enrico<br />

Io lo prometto.<br />

(scostandosi)<br />

(Che sembiante gentil!)<br />

Silvia<br />

(avvicinandosi)<br />

(Che dolce aspetto!)<br />

Enrico<br />

Ma di tanto spavento<br />

Qual cagione in me trovi? Al fin non sono<br />

Un aspide, una fiera. Un uomo al fine<br />

Ren<strong>der</strong> non ti dovria così smarrita.<br />

Silvia<br />

(turbandosi)<br />

Un uom sei dunque?<br />

Enrico<br />

Un uom.<br />

Silvia<br />

(fugge spaventata)<br />

Soccorso! Aita!<br />

Enrico<br />

(la raggiunge e la trattiene)<br />

Ferma.<br />

Silvia<br />

(inginocchiandosi)<br />

Pietà, mercè! Nulla io ti feci:<br />

Non essermi crudel.<br />

76


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

SILVIA<br />

(aus dem Hintergrund)<br />

Versprich mir,<br />

von fern mit mir zu reden.<br />

ENRICO<br />

Ich verspreche es.<br />

(etwas abrückend)<br />

(Welch ein niedliches Gesicht!)<br />

SILVIA<br />

(sich annähernd)<br />

(Welch ein süßer Anblick!)<br />

ENRICO<br />

Aber was findest Du denn an mir für Anlaß<br />

zu solchem Schrecken? Ich bin doch keine Schlange,<br />

kein reißendes Thier. Ein Mann sollte Dich doch nicht<br />

so sehr in Angst jagen.<br />

SILVIA<br />

(verstört)<br />

Du bist also ein Mann?<br />

ENRICO<br />

Ja! Ein Mann.<br />

SILVIA<br />

(entsetzt fliehend)<br />

Rettung! Hülfe!<br />

ENRICO<br />

(sie erreichend und festhaltend)<br />

Bleib hier!<br />

SILVIA<br />

(auf die Knie fallend)<br />

Erbarmen! Gnade! Ich habe Dir nichts gethan.<br />

Sey nicht grausam gegen mich.<br />

77


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Enrico<br />

(la solleva)<br />

Deh sorgi, o cara:<br />

Cara, ti rassicura. Ah mi trafigge<br />

Quell’ ingiusto timore.<br />

Silvia<br />

(Ch’io mi fidi di lui, mi dice il core.)<br />

Enrico<br />

Dì, se cortese sei come sei bella:<br />

La povera Costanza<br />

Dove, quando restò di vita priva?<br />

Silvia<br />

Costanza? Lode al Ciel, Costanza è viva.<br />

Enrico<br />

Viva! Ah, Silvia gentil, che al sito, agli anni<br />

Certo Silvia tu sei, corri a Costanza.<br />

A Gernando io frattanto …<br />

Silvia<br />

Ah dunque è teco<br />

Quel crudel, quell’ ingrato?<br />

Enrico<br />

Chiamalo sventurato,<br />

Ma non crudele. Ah, non tardar: sarrebbe<br />

Tirannia differir le gioie estreme<br />

Di due sposi sì fidi.<br />

Silvia<br />

Andiamo insieme.<br />

Enrico<br />

No, se insieme ne andiam, bisogna all’ opra<br />

Tempo maggior. Va. Quì con lei ritorna;<br />

Con lui qui tornerò.<br />

Silvia<br />

Senti: e il tuo nome?<br />

78


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

ENRICO<br />

(sie aufhebend)<br />

O liebes Mädchen!<br />

Steh auf und sey ruhig.<br />

Diese ungerechte Furcht kränkt mich im Herzen.<br />

SILVIA<br />

(Mein Herz sagt mir, ich kann ihm trauen.)<br />

ENRICO<br />

Wenn Du so gefällig, als schön, bist,<br />

so sage mir, wo und wann<br />

ist die arme Costanza gestorben?<br />

SILVIA<br />

Costanza! Dem Himmel sey Dank! Costanza lebt.<br />

ENRICO<br />

Sie lebt? Ach reizende Silvia! denn, dem Alter<br />

und allen Umständen nach, bist Du gewiß Silvia,<br />

lauf zu Costanza. Ich will indessen zu Gernando. ...<br />

SILVIA<br />

Ha! So ist also dieser Grausame,<br />

dieser Undankbare bey Dir?<br />

ENRICO<br />

Unglücklich nenn' ihn, aber nicht grausam.<br />

O! Säume nicht. Es wäre Grausamkeit,<br />

die hohen Freuden<br />

solcher treuen Gatten zu verzögern.<br />

SILVIA<br />

Wir wollen mit einan<strong>der</strong> gehen.<br />

ENRICO<br />

Nein, wenn wir mit einan<strong>der</strong> gehn,so brauchen wir längere Zeit<br />

zu unserm Vorhaben. Geh! Komm mit ihr wie<strong>der</strong> hieher;<br />

ich will mit ihm zurück kommen.<br />

SILVIA<br />

Höre! Dein Nahme?<br />

79


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Enrico<br />

Enrico.<br />

(come sopra)<br />

Silvia<br />

Odimi.<br />

(con affetto)<br />

Ah troppo<br />

Non trattenerti.<br />

Enrico<br />

Onde la fretta, o cara?<br />

Silvia<br />

Non so. Mesta io mi trovo<br />

Subito che mi lasci; e in un momento<br />

Poi rallegrar mi sento allor che torni.<br />

Enrico<br />

Ed io teco vivrei tutti i miei giorni.<br />

(parte)<br />

Scena X<br />

Silvia sola<br />

Che mai m’avvene! Ei parte,<br />

E mi resta presente? Ei parte, ed io<br />

Pur sempre col pensier lo vo seguendo?<br />

Perchè tanto affannarmi? Io non m’intendo.<br />

Aria<br />

Come il vapor s’accende<br />

In aria a poco a poco,<br />

Così l’ardente fuoco<br />

S’accresce nel mio cor.<br />

Oimè che fuoco orribile,<br />

Che fiera smania è questa?<br />

Tiranno amor t’arresta,<br />

Non tanta crudeltà!<br />

(parte)<br />

80


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

ENRICO<br />

Enrico.<br />

(wie oben)<br />

SILVIA<br />

Höre doch!<br />

(mit Empfindung)<br />

Ach,<br />

bleib auch nicht lange.<br />

ENRICO<br />

Und warum so eilfertig? Liebes Mädchen!<br />

SILVIA<br />

Ich weiß nicht. Ich bin gleich betrübt,<br />

wenn Du mich verläßest; und sobald Du wie<strong>der</strong> kommst,<br />

fühl' ich, daß ich wie<strong>der</strong> vergnügt werde.<br />

ENRICO<br />

Und ich wollte wohl mein ganzes Leben mit Dir zubringen.<br />

(geht ab)<br />

Zehnter Auftritt<br />

SILVIA allein<br />

Was in aller Welt ist mit mir vorgegangen? Er geht weg,<br />

und bleibt mir doch gegenwärtig? Er geht weg, und ich<br />

folg' ihm doch immer mit meinen Gedanken?<br />

Warum bin ich so bekümmert? Ich verstehe mich selber nicht.<br />

Arie<br />

So wie <strong>der</strong> Dampf zur Sonne<br />

nach und nach sich erhebt,<br />

so wächst das heftige Feuer<br />

in meinem Herzen.<br />

O weh! Welch schädliches Feuer!<br />

welche unselige Marter!<br />

Grausame Liebe, halt ein,<br />

sey nicht so wüthend!<br />

(geht ab)<br />

81


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Scena XI<br />

Costanza sola<br />

Aria<br />

Ah, che in van per me pietoso<br />

Fugge il tempo e affretta il passo:<br />

Cede agli anni il tronco, e’l sasso;<br />

Ma s’invecchia il mio martir.<br />

Non è vita una tal sorte;<br />

Ma si lunga è questa morte,<br />

Ch’ io son stanca di morir.<br />

(s’abbandona a se<strong>der</strong>e sopra un tronco, alla sinsitra)<br />

Giàcché da me lontana<br />

L’innocente germana<br />

Mi lascia in pace, al doloroso impiego<br />

Torni la mano.<br />

(torna al lavoro)<br />

Scena XII<br />

Gernando e detta.<br />

Gernando<br />

(senza ve<strong>der</strong> Costanza)<br />

Giacché il pietoso amico<br />

Lungi ha rivolto il passo,<br />

Quell’ adorato sasso<br />

Si torni a ribaciar.<br />

(la vede)<br />

Ma … chi è colei?<br />

Donde venne? Che fa?<br />

Costanza<br />

Tu sudi, e forse<br />

Resterà sempre ignoto,<br />

Infelice Costanza il tuo lavoro.<br />

Gernando<br />

(l’abbraccia: Costanza si rivolge e lo riconosce)<br />

Costanza! Ah, sposa!<br />

82


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

Eilfter Auftritt<br />

COSTANZA allein.<br />

Arie<br />

Ach! vergebens mitleidig gegen mich,<br />

flieht die Zeit und beflügelt ihren Schritt.<br />

Stamm und Felsen weicht den Jahren,<br />

aber meine Marter altert nicht.<br />

Solch ein Schicksal heißt nicht leben<br />

son<strong>der</strong>n ist vielmehr ein so langwieriger Tod,<br />

daß ich schon des Sterbens überdrüßig bin.<br />

(setzt sich entfernt auf einen Baumstamm, zur Linken)<br />

Jetzt, da meine unschuldige Schwester,<br />

fern von mir, mich ungestört läßt,<br />

mag meine Hand wie<strong>der</strong><br />

an ihre schmerzliche Arbeit gehn!<br />

(nimmt die Arbeit wie<strong>der</strong> auf)<br />

Zwölfter Auftritt<br />

Gernando und die Vorige.<br />

GERNANDO<br />

(ohne Costanza zu sehen)<br />

Jetzt, da mein mitleidiger Freund<br />

weit von hier ist, will ich jenen theuren<br />

Felsen wie<strong>der</strong> küssen.<br />

(sieht sie)<br />

Aber ... wer ist die?<br />

Wo kommt sie her? Was macht sie?<br />

COSTANZA<br />

Unglückliche Costanza!<br />

Du mühest Dich, und vielleicht bleibt<br />

Deine Arbeit ewig unbekannt.<br />

GERNANDO<br />

(umarmt sie, Costanza wendet sich ihm zu und erkennt ihn)<br />

Costanza! Gemahlin!<br />

83


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Costanza<br />

Ah, traditore! Io moro.<br />

(sviene sopra il sasso)<br />

Gernando<br />

Mio ben! … Non ode. Oh Dio!<br />

Perdé l’uso de’ sensi. Ah qualche stilla<br />

Di fresco umor … Dove potrei … Sì; scorre<br />

Non lungi un rio; poc’ anzi il vidi … E deggio<br />

L’idol mio così solo<br />

Abbandonar? Ritornerò di volo.<br />

(parte in fretta)<br />

Scena XIII<br />

Enrico e Costanza svenuta.<br />

Enrico<br />

Ignora il caro amico<br />

Le sue felicità. Da me s’asconde;<br />

Rinvenirlo non so … Ma su quel sasso<br />

Una ninfa riposa!<br />

(s’appressa e l’osserva)<br />

Silvia non è; dunque è Costanza. Oh come<br />

Ha pien di morte il volto!<br />

Costanza<br />

(comincia a rinvenire)<br />

Oimè!<br />

Enrico<br />

Costanza?<br />

Costanza<br />

(senza guardarlo)<br />

Lasciami.<br />

Enrico<br />

Ah del tuo sposo<br />

Vive all’amor verace.<br />

84


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

COSTANZA<br />

Ha! Verräther! Ich sterbe. ...<br />

(sinkt auf den Fels nie<strong>der</strong>)<br />

GERNANDO<br />

Meine Geliebte! Sie hört nicht. O Himmel!<br />

Sie ist ohne Sinne. Ach! Ein Paar Tropfen<br />

frischen Wassers ... Aber wo ... Ja! Nicht weit von hier<br />

fließt ein Bach; ich sah ihn vorher. Und soll ich<br />

meine Geliebte so allein lassen?<br />

Ich will schnell wie<strong>der</strong> zurückfliegen.<br />

(geht eiligst ab)<br />

Dreizehnter Auftritt.<br />

Enrico und Costanza, ohnmächtig.<br />

ENRICO<br />

Mein geliebter Freund<br />

weiß sein Glück noch nicht. Er verbirgt sich vor mir;<br />

ich kann ihn nicht wie<strong>der</strong>finden ... Aber auf jenem Felsen<br />

liegt eine Nimpfe ...<br />

(legt sich auf die Lauer und beobachtet sie)<br />

Silvia ist es nicht, also ist es Costanza. O! Wie herrscht<br />

<strong>der</strong> Tod auf ihrem Gesicht!<br />

COSTANZA<br />

(kommt allmählich zu sich)<br />

O weh!<br />

ENRICO<br />

Costanza!<br />

COSTANZA<br />

(ohne ihn anzublicken)<br />

Laß mich!<br />

ENRICO<br />

O! Lebe für die treue Liebe<br />

Deines Gemahls.<br />

85


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Costanza<br />

(come sopra)<br />

Lasciami, traditor, morire in pace.<br />

Enrico<br />

Io traditor! Non mi conosci.<br />

Costanza<br />

(si rivolge e lo guarda con ammirizione e spavento)<br />

Oh stelle!<br />

Gernando ov’è? Tu non sei più l’istesso?<br />

Ho sognato poc’anzi, o sogno adesso?<br />

Enrico<br />

Non sognasti e non sogni. Il tuo Gernando<br />

Vedesti, a quel che ascolto:<br />

Di lui l’amico or vedi.<br />

Costanza<br />

E mi ritorna innanzi? Ei, che ha potuto<br />

Lasciarmi in abbandono!<br />

Enrico<br />

Ah l’infelice<br />

Non ti lasciò, ma fu rapito.<br />

Costanza<br />

Quando?<br />

Enrico<br />

(accenando la grotta)<br />

Quando immersa nel sonno<br />

Tu colà riposavi.<br />

Costanza<br />

Chi lo rapì?<br />

Enrico<br />

Di barbari pirati<br />

Un assalto improvviso. Ei si difese,<br />

Ma, nella man ferito,<br />

Perdé l’acciaro; il numero l’oppresse,<br />

E restò prigionier.<br />

86


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

COSTANZA<br />

(wie oben)<br />

Laß mich, Verräther! In Frieden sterben!<br />

ENRICO<br />

Ich ein Verräther! Du kennst mich ja nicht.<br />

COSTANZA<br />

(wendet sich und sieht ihn verwun<strong>der</strong>t und entsetzt an)<br />

O Himmel!<br />

Wo ist Gernando? Bist Du nicht mehr <strong>der</strong>selbige?<br />

Habe ich vorher geträumt, o<strong>der</strong> träum' ich jetzt?<br />

ENRICO<br />

Du hast nicht geträumt, und träumst auch jetzt nicht.<br />

Nach dem, was ich höre, hast Du Deinen Gernando gesehn;<br />

jetzt siehst Du seinen Freund.<br />

COSTANZA<br />

Und er kommt mir wie<strong>der</strong> vor Augen?<br />

Er, <strong>der</strong> mich verlassen konnte?<br />

ENRICO<br />

Ach! <strong>der</strong> Unglückliche verließ Dich nicht:<br />

er ward entführt.<br />

COSTANZA<br />

Wann?<br />

ENRICO<br />

(auf die Grotte weisend)<br />

Als Du, in Schlaf begraben,<br />

dort ausruhtest.<br />

COSTANZA<br />

Wer entführte ihn denn?<br />

ENRICO<br />

Barbarische Seeräuber,<br />

die ihn unvermuthet überfielen. Er wehrte sich,<br />

ward aber in die Hand verwundet<br />

und verlohr den Degen. Die Menge überwältigte ihn,<br />

und er blieb ihr Gefangner.<br />

87


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Costanza<br />

Ma sino ad ora …<br />

Enrico<br />

Ma sino ad or non ebbe<br />

Libero, che il pensiero: e a te vicino<br />

Col suo pensier fu sempre.<br />

Costanza<br />

Oh Dio, qual torto,<br />

Mio Gernando, io ti feci!<br />

Enrico<br />

Eccolo al fine sciolto da’ lacci:<br />

Eccolo a te ritorna fido etenero sposo<br />

A ren<strong>der</strong>ti il riposo, a calmare il tuo pinato,<br />

A viver téco ed a morir ti accanto.<br />

Costanza<br />

Ah mio Gernando, ah dove sei?<br />

Scena ultima<br />

Silvia dalla destra e detti. Gernando dal lato medesimo.<br />

Silvia<br />

Costanza! Costanza? Il tuo Gernando in van cerchi colà.<br />

Per te poc’anzi quinci al fonte affrettossi,<br />

Ed assalito ritornar non poté.<br />

(accennando alla destra)<br />

Costanza<br />

Stelle! Assalito? Da chi? Perché?<br />

Enrico<br />

Perdona; il fallo è mio.<br />

Perch’ei ti tenne estinta e qui restar volea,<br />

Rapirlo a forza ai nostri imposi.<br />

Costanza<br />

Andiamo a toglierlo d’impaccio.<br />

(vuol partire)<br />

88


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

COSTANZA<br />

Aber bis jetzt ...<br />

ENRICO<br />

Aber bis jetzt hat er nichts frey gehabt,<br />

als seine Gedanken; und mit diesen<br />

ist er immer bey Dir gewesen.<br />

COSTANZA<br />

Gott! Wie sehr hab' ich Dir,<br />

mein Gernando! Unrecht gethan!<br />

Enrico<br />

Da kommt er endlich, gelöst von den Banden:<br />

er kommt zu dir als treuer, ewiger Ehemann zurück,<br />

um dir die Ruhe zu bringen, um dein Weinen zu beruhigen,<br />

um mit dir zu leben und neben dir zu sterben.<br />

Costanza<br />

Ach mein Gernando, ach wo bist du?<br />

Letzter Auftritt.<br />

Gernando und Silvia, von verschiedenen Seiten.<br />

Silvia<br />

Costanza! Costanza? Du suchst hier vergeblich Gernando.<br />

Vor kurzem ist er wegen dir zur Quelle geeilt,<br />

und wurde überfallen. Daher konnte er nicht wie<strong>der</strong>kehren.<br />

(nach rechts zeigend)<br />

Costanza<br />

Himmel! Überfallen? Von wem? Warum?<br />

Enrico<br />

Verzeih’ mir, es ist meine Schuld.<br />

Er glaubte, du bist tot, und wollte hier bleiben,<br />

so habe ich befohlen, ihn zu entführen.<br />

Costanza<br />

Helfen wir ihm.<br />

(will hingehen)<br />

89


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Silvia<br />

Aspetta: io tutto già lor spiegai.<br />

Costanza<br />

Che aspetti ancor?<br />

Tant’anni si abbastanza?<br />

È tempo che di mia sorte amara io trovi il fine.<br />

(rivolgendosi per partire si trova fra le braccia di Gernando)<br />

Gernando<br />

In queste braccia, o cara.<br />

Costanza<br />

Ed è vero?<br />

Gernando<br />

E non sogno?<br />

Costanza<br />

Gernando è meco?<br />

Gernando<br />

Ho la mia sposa accanto?<br />

Enrico<br />

Quegli amplessi, quel pianto,<br />

Quegli accenti interrotti<br />

Mi fanno intenerir.<br />

Silvia<br />

Che pensi, Enrico?<br />

Di te Gernando è più gentile. Osserva<br />

Com’ ei parla a Costanza:<br />

E tu nulla mi dici.<br />

Enrico<br />

Eccomi pronto,<br />

Se pur caro io ti sono,<br />

A dir ciò che tu vuoi.<br />

90


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

Silvia<br />

Warte: Ich habe ihnen schon alles erklärt.<br />

Costanza<br />

Worauf wartest du noch?<br />

Waren so viele Jahre nicht genug?<br />

Es ist Zeit, dass mein bitt‘res Schicksal ein Ende findet.<br />

(wendet sich zum Gehen und findet sich in Gernandos Armen)<br />

GERNANDO<br />

In diesen Armen, Geliebte!<br />

COSTANZA<br />

Und ist es dann wahr?<br />

GERNANDO<br />

Und träum' ich nicht?<br />

COSTANZA<br />

Gernando ist bey mir?<br />

GERNANDO<br />

Ich habe meine Gemahlin an meiner Seite?<br />

ENRICO<br />

Diese Umarmungen, diese Thränen,<br />

diese abgebrochene Reden<br />

rühren mich ungemein.<br />

SILVIA<br />

Was stehst Du so in Gedanken, Enrico?<br />

Gernando ist viel artiger, als Du. Sieh nur,<br />

wie er mit <strong>der</strong> Costanza spricht;<br />

und Du – sagst mir nicht ein Wort.<br />

ENRICO<br />

Wenn ich Dir lieb bin,<br />

so bin ich bereit, alles zu sagen,<br />

was Du willst.<br />

91


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Silvia<br />

(tenera e lieta molto)<br />

Se mi sei caro?<br />

Più della mia cervetta.<br />

Enrico<br />

E ben, mi porgi<br />

Dunque la man: sarai mia sposa.<br />

Silvia<br />

Io sposa?<br />

Oh questo no! Sarei ben folle. In qualche<br />

Isola resterei<br />

A passar solitaria i giorni miei.<br />

Costanza<br />

No Silvia, il mio Gernando<br />

Non mi lasciò: tutto saprai. Non son<br />

Gl’uomini, come io dissi,<br />

Inumani ed infidi.<br />

Silvia<br />

Quando Enrico conobbi, io me ne avvidi.<br />

Costanza<br />

A torto gli accusai. Dell’ error mio<br />

Or mi disdico.<br />

Silvia<br />

E mi disdico anch’io.<br />

(porgendo la mano ad Enrico)<br />

Quartett<br />

Costanza<br />

Sono contento appieno,<br />

Appresso al caro bene<br />

Mi scordo le mie pene<br />

Mi scordo il sospirar.<br />

92


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

SILVIA<br />

(zärtlich und sehr fröhlich)<br />

Wenn Du mir lieb bist?<br />

Lieber als mein kleines Reh.<br />

ENRICO<br />

Nun so gieb mir Deine Hand;<br />

Du sollst meine Gemahlin seyn.<br />

SILVIA<br />

Ich Gemahlin?<br />

O nein! Das nicht. Da wär ich wohl sehr thörigt.<br />

Ich würde wohl auf irgend einer Insel bleiben<br />

und meine Tage einsam zubringen müssen.<br />

COSTANZA<br />

Nein, Silvia! Mein Gernando<br />

hat mich nicht verlassen. Du sollst alles erfahren.<br />

Die Männer sind nicht, wie ich sagte,<br />

treulos und unmenschlich.<br />

SILVIA<br />

Das hab' ich wohl gemerkt, als ich den Enrico kennen lernte.<br />

COSTANZA<br />

Mit Unrecht hab' ich sie beschuldigt.<br />

Jetzt nehm' ich meinen Irrthum zurück.<br />

SILVIA<br />

Und ich den meinigen auch.<br />

(reicht Enrico die Hand)<br />

Quartett<br />

COSTANZA<br />

Ganz glücklich bin ich<br />

bey meiner Geliebten;<br />

ich vergesse alle Plage,<br />

vergesse alle Leiden.<br />

93


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Gernando<br />

Che più sperar poss’ io<br />

Or che il mio ben trovai,<br />

Accanto a suoi bei rai,<br />

Io resto a giubilar.<br />

Silvia<br />

Se del mio core i moti<br />

Caro vedessi oh Dio<br />

Vedresti idolo mio<br />

Quanto ti sappia amar.<br />

Enrico<br />

Prendi d’amore in pegno,<br />

Cara, la man di sposo<br />

Più fido ed amoroso<br />

Di me non puoi trovar.<br />

Costanza e Gernando<br />

Di due cori inamorati<br />

Serba amore i lacci amati.<br />

Silvia e Enrico<br />

Ne soffrir ch’entri lo sdegno<br />

Il regno a disturbar.<br />

Gernando<br />

Cari affanni!<br />

Costanza<br />

Dolci pene.<br />

Gernando<br />

Ah, Costanza.<br />

Costanza<br />

Caro bene.<br />

Enrico<br />

Silvia cara.<br />

94


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

GERNANDO<br />

Was hab' ich nun mehr zu wünschen,<br />

nun ich meine Liebe gefunden:<br />

unter ihren schönen Augen<br />

bleibe ich nun frohlockend.<br />

SILVIA<br />

Könntest Du, Lieber, die Bewegung<br />

meines Herzens sehen,<br />

Du würdest sehen, mein Lieber,<br />

wie sehr es Dich zu lieben weiß.<br />

ENRICO<br />

Nimm, o Liebe, zum Unterpfande,<br />

die Hand Deines Geliebten;<br />

zärtlicher und treuer<br />

kannst Du keinen finden.<br />

COSTANZA UND GERNANDO<br />

Erhalte, o Liebe! Die Bande<br />

zweyer liebenden Herzen.<br />

SILVIA UND ENRICO<br />

Gieb nicht zu, daß je <strong>der</strong> Unmuth<br />

dieses schöne Reich verstöre.<br />

GERNANDO<br />

Süße Schmerzen!<br />

COSTANZA<br />

Süße Pein.<br />

GERNANDO<br />

Ach Costanza!<br />

COSTANZA<br />

O Du Lieber!<br />

ENRICO<br />

Geliebte Silvia!<br />

95


l’isola disabitata ƒ parte seconda<br />

Silvia<br />

Oh, quel contento.<br />

Enrico<br />

Cara sposa.<br />

Silvia<br />

Oh bel momento.<br />

Costanza, Gernando, Silvia, Enrico<br />

Oh giorno fortunato<br />

Oh giorno di contento<br />

Andiamo le vele al vento<br />

Andiamo a giubilar.<br />

- Fine dell’Opera -<br />

96


l’isola disabitata ƒ Zweiter akt<br />

SILVIA<br />

O welches Glück!<br />

ENRICO<br />

Traute Liebe!<br />

SILVIA<br />

O schöner Augenblick!<br />

COSTANZA, GERNANDO, SILVIA, ENRICO<br />

O Tag des Glücks!<br />

Tag <strong>der</strong> Freude.<br />

Auf! Die Segel gespannt!<br />

Laß uns jubeln!<br />

- Ende -<br />

97


Impressum<br />

Herausgeber und Veranstalter: <strong>Innsbrucker</strong> <strong>Festwochen</strong> <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Musik</strong> GmbH,<br />

Geschäftsführung/Managing Director: Mag. Sarah Wilson, Historisches Rathaus<br />

<strong>der</strong> Stadt Innsbruck, Herzog-Friedrich-Straße 21/1, A-6020 Innsbruck, Tel.: +43<br />

(0) 512 571 032, Fax: +43 (0) 512 563 142, festwochen@altemusik.at, Redaktion:<br />

Mag. Carsten Hinrichs; Texte Seite 8, 18, 26 und 30 sind Originalbeiträge für<br />

diese Produktion und unterliegen dem © <strong>Festwochen</strong>/Autor; Isola disabitata:<br />

Übersetzung ins Deutsche aus Joseph Haydn: Die unbewohnte Insel. Berlin 1786,<br />

S. 41–48, durchgesehen und zeilengleich angepasst von Carsten Hinrichs, zusätzliche<br />

Übersetzungen: Dr. Silva Manfrè, Kantate Arianna a Naxos, Neuübersetzung<br />

für diese Produktion von Carsten Hinrichs; Redaktionelle Mitarbeit: Mag. Philip<br />

Brunna<strong>der</strong>; Fotos: M. Vandory (S. 4); Künstlerfotos: Agenturen; Illustrationen:<br />

Gustave Doré (S. 3); Elisabeth Vigée-Lebrun, Lady Hamilton als Ariadne, 1790<br />

(S. 12); Otto Speckter, Grimms Brü<strong>der</strong>chen und Schwesterchen, Buchillustration<br />

(S. 16, 28, 29); Oliver Helf, Figurinen zu L'isola disabitata (S. 17, 19, 35, 43);<br />

Otto Lilienthal in seinem Gleiter, 1894 / Leonardo Da Vinci, Konstruktionsskizze<br />

einer Flugmaschine (S. 27); istockfoto (S. 46); trotz Recherche konnten bis<br />

Redaktionsschluss nicht alle Rechtinhaber ermittelt werden, wir sind aber<br />

selbstverständlich bereit, etwaige Ansprüche marktüblich abzugelten und bitten<br />

die Inhaber, sich mit uns ggf. in Verbindung zu setzen; Konzeption und Grafik:<br />

CITYGRAFIC, Agentur für Werbung & Design, www.citygrafic.at; Druck: Alpina<br />

Druck Innsbruck; Druck- und Satzfehler vorbehalten; Redaktionsschluss: 24. Juli<br />

2009; Besetzungs- und Programmän<strong>der</strong>ungen vorbehalten.<br />

Preis: € 5,00 inkl. MwSt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!