Gynäkologie Verena Kaiser Wintersemester 2011/12 - anthropia
Gynäkologie Verena Kaiser Wintersemester 2011/12 - anthropia
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Medizinische Universität Innsbruck<br />
Gynäkologie<br />
Modul 3.13<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong><br />
<strong>Wintersemester</strong> <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
Gynäkologie<br />
Inhaltsverzeichnis:<br />
Sectio ................................................................................................................................................................................. 1<br />
Historischer Rückblick ................................................................................................................................................................................... 1<br />
Entwicklung der mütterlichen Sectiomortalität ............................................................................................................................................ 1<br />
Wertewandel in der Indikationsstellung ....................................................................................................................................................... 2<br />
Einflussfaktoren auf die Sectiofrequenz ........................................................................................................................................................ 2<br />
Spezifische Sectio-Indikationen ..................................................................................................................................................................... 3<br />
Sectio Indikationen ....................................................................................................................................................................................... 3<br />
Protrahierter Geburtsverlauf ........................................................................................................................................................................ 4<br />
Beckenendlage .............................................................................................................................................................................................. 5<br />
Drohende intrauterine Hypoxie .................................................................................................................................................................... 5<br />
Wunschsectio ................................................................................................................................................................................................ 5<br />
Vakuum-Geburt ................................................................................................................................................................. 6<br />
Konzept des Kiwi-Vakuums: .......................................................................................................................................................................... 6<br />
Komplikationen ............................................................................................................................................................................................. 8<br />
Fazit: ............................................................................................................................................................................................................. 8<br />
Schulterdystokie ................................................................................................................................................................ 9<br />
Geburtsmechanik bei I HHL ........................................................................................................................................................................... 9<br />
Hoher Schultergeradstand: ........................................................................................................................................................................... 9<br />
Tiefer Schulterquerstand: ........................................................................................................................................................................... 10<br />
Differentialdiagnosen:................................................................................................................................................................................. 10<br />
Neonatale Komplikationen (ca. 30%): ......................................................................................................................................................... 10<br />
Maternale Komplikationen ......................................................................................................................................................................... 10<br />
Risikofaktoren für das Auftreten ................................................................................................................................................................. 10<br />
Vorgehen bei Schulterdystokie ................................................................................................................................................................... 11<br />
Zusammenfassung Schulterdystokie ........................................................................................................................................................... <strong>12</strong><br />
Beckenendlage ................................................................................................................................................................ <strong>12</strong><br />
Häufigkeit .................................................................................................................................................................................................... <strong>12</strong><br />
Ursachen ..................................................................................................................................................................................................... <strong>12</strong><br />
Reifes Kind .................................................................................................................................................................................................. 13<br />
Formen der Beckenendlage ........................................................................................................................................................................ 14<br />
Manualhilfe nach Bracht ............................................................................................................................................................................. 14<br />
Armlösungen ............................................................................................................................................................................................... 14<br />
Manuelle Extraktion .................................................................................................................................................................................... 15<br />
Äußere Wendung ........................................................................................................................................................................................ 15<br />
Mütterliche Erkrankungen in der Schwangerschaft .......................................................................................................... 16<br />
Allgemein .................................................................................................................................................................................................... 16<br />
Körperliche Veränderungen in der Schwangerschaft .................................................................................................................................. 16<br />
Hyperemesis gravidarum ............................................................................................................................................................................ 17<br />
Anämie in der Schwangerschaft .................................................................................................................................................................. 19<br />
Thromboembolie ........................................................................................................................................................................................ 19<br />
Gastroösophageale Refluxkrankheit ........................................................................................................................................................... 20<br />
Niere und ableitende Harnwege ................................................................................................................................................................. 20<br />
Erkrankungen der Leber .............................................................................................................................................................................. 21<br />
Herzerkrankungen ...................................................................................................................................................................................... 21<br />
DD: Akutes Abdomen in der Schwangerschaft ............................................................................................................................................ 22<br />
Unfallverletzungen in der Schwangerschaft ................................................................................................................................................ 23<br />
Diabetes in grav. (VL vom 19.10.) ..................................................................................................................................... 24<br />
Formen des Diabetes .................................................................................................................................................................................. 24<br />
Häufigkeit .................................................................................................................................................................................................... 24<br />
Risikofaktoren ............................................................................................................................................................................................. 24<br />
Definition .................................................................................................................................................................................................... 25<br />
Formen ........................................................................................................................................................................................................ 25<br />
Folgen (der Fetopathie) .............................................................................................................................................................................. 25<br />
Differentialdiagnosen.................................................................................................................................................................................. 25<br />
Pathogenese ............................................................................................................................................................................................... 25<br />
SONO .......................................................................................................................................................................................................... 26<br />
Polyhydramnion .......................................................................................................................................................................................... 26<br />
Maternale Risiken ....................................................................................................................................................................................... 27<br />
Screening – oGTT ........................................................................................................................................................................................ 27<br />
Überwachung der Schwangeren ................................................................................................................................................................. 27<br />
Einstellung des Zuckers ............................................................................................................................................................................... 27<br />
Therapie ...................................................................................................................................................................................................... 28<br />
Peripartale Überwachung ........................................................................................................................................................................... 28<br />
Fetales Wachstum und NT-Messung ................................................................................................................................ 28<br />
Stadien der pränatalen Entwicklung ........................................................................................................................................................... 28<br />
Kritische Phase für spezifische Organ - FB ................................................................................................................................................... 30<br />
Diagnostik im 1. Trimenon (SSW 1-<strong>12</strong>) ........................................................................................................................................................ 30<br />
NT-Messung (SSW 11-14!!!) ........................................................................................................................................................................ 30<br />
Seite i<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Diagnostik im 2. + 3. Trimenon (> SSW 13) ................................................................................................................................................. 34<br />
Mehrlinge ........................................................................................................................................................................ 36<br />
Entstehung .................................................................................................................................................................................................. 36<br />
Epidemiologie ............................................................................................................................................................................................. 37<br />
Diagnostik ................................................................................................................................................................................................... 38<br />
Monozygote Zwillingsschwangerschaft....................................................................................................................................................... 38<br />
Komplikationen ........................................................................................................................................................................................... 39<br />
Monoamniale Gemini ................................................................................................................................................................................. 40<br />
Monochoriale Gemini ................................................................................................................................................................................. 41<br />
Zwillingstransfusionssyndrom ..................................................................................................................................................................... 41<br />
TTTS (Twin to Twin Transfusion Syndrome) ................................................................................................................................................ 41<br />
TAPS (Twin - Anemia - Polycythemia - Sequence) ....................................................................................................................................... 42<br />
TRAP (Twin Reversed Arterial Perfusion Sequence) .................................................................................................................................... 43<br />
Conjoined Twins (siamesische Zwillinge) .................................................................................................................................................... 44<br />
SIUGR (selektive intrauterine Wachstumsretardierung) ............................................................................................................................. 44<br />
sIUFD ........................................................................................................................................................................................................... 44<br />
Mütterliche Komplikationen ....................................................................................................................................................................... 45<br />
Betreuung ................................................................................................................................................................................................... 45<br />
Entbindung .................................................................................................................................................................................................. 45<br />
Frühgeburt - Tokolyse - Lungenreife ................................................................................................................................. 47<br />
Definition: ................................................................................................................................................................................................... 47<br />
Diagnose ..................................................................................................................................................................................................... 47<br />
Epidemiologie ............................................................................................................................................................................................. 48<br />
Ursachen: .................................................................................................................................................................................................... 48<br />
Risikofaktoren ............................................................................................................................................................................................. 48<br />
Therapie ...................................................................................................................................................................................................... 49<br />
Lungenreife ................................................................................................................................................................................................. 50<br />
Tokolyse ...................................................................................................................................................................................................... 51<br />
Geburt ......................................................................................................................................................................................................... 53<br />
Rhesus-Inkompatibilität ................................................................................................................................................... 54<br />
Entwicklung des fetalen Blutes: .................................................................................................................................................................. 54<br />
Feto-maternaler und materno-fetaler Transport von Erythrozyten ............................................................................................................ 54<br />
Rhesus Sensibilisierung ............................................................................................................................................................................... 54<br />
Rhesus Faktor .............................................................................................................................................................................................. 55<br />
Fetomaternale Transfusion im klinischen Alltag ......................................................................................................................................... 56<br />
Kleihauer Test ............................................................................................................................................................................................. 57<br />
Praktisches Vorgehen.................................................................................................................................................................................. 58<br />
Differentialdiagnose Hydrops universalis congenitus ................................................................................................................................. 59<br />
Parvovirus B 19 ........................................................................................................................................................................................... 59<br />
CTG, MBU, Doppler-US .................................................................................................................................................... 61<br />
CTG (CardioTokoGramm): ........................................................................................................................................................................... 61<br />
Fetale Blutgasanalyse (FBA) ........................................................................................................................................................................ 67<br />
HES und HELLP ................................................................................................................................................................. 69<br />
Definition .................................................................................................................................................................................................... 69<br />
Bedeutung................................................................................................................................................................................................... 69<br />
Ätiologie und Pathogenese ......................................................................................................................................................................... 70<br />
Hypotonie ................................................................................................................................................................................................... 73<br />
Vorbestehende Hypertonie ......................................................................................................................................................................... 73<br />
Präeklampsie ............................................................................................................................................................................................... 74<br />
HELLP Syndrom ........................................................................................................................................................................................... 76<br />
Eklampsie .................................................................................................................................................................................................... 78<br />
Postpartale Beratung .................................................................................................................................................................................. 79<br />
Prophylaxe .................................................................................................................................................................................................. 79<br />
Spätmorbidität ............................................................................................................................................................................................ 80<br />
Fallvorstellung A.......................................................................................................................................................................................... 80<br />
Fallvorstellung B .......................................................................................................................................................................................... 80<br />
Fallvorstellung C – Gutachten ..................................................................................................................................................................... 81<br />
Fallvorstellung D – Gutachten ..................................................................................................................................................................... 82<br />
Ernährung in der Schwangerschaft ............................................................................................................................................................. 83<br />
Nachgeburtsperiode und Wochenbett ............................................................................................................................. 84<br />
Pathologie der Plazentarperiode ................................................................................................................................................................ 84<br />
Leitung der Nachgeburtsperiode ................................................................................................................................................................ 84<br />
URSACHEN VON NACHGEBURTSBLUTUNGEN ............................................................................................................................................. 85<br />
Antibiose ..................................................................................................................................................................................................... 86<br />
Atonische Nachblutung ............................................................................................................................................................................... 87<br />
Partielle Plazentaretention ......................................................................................................................................................................... 89<br />
Placenta adhaerens ..................................................................................................................................................................................... 89<br />
Placenta incarcerata ................................................................................................................................................................................... 89<br />
Placenta acreta, increta oder percreta ........................................................................................................................................................ 89<br />
Postpartale Blutung – Risikofaktoren .......................................................................................................................................................... 90<br />
Koagulopathien ........................................................................................................................................................................................... 90<br />
Ursachen, Differentialdiagnose und Therapie der frühen postpartalen Blutungen nach Ausstoßung der Plazenta ................................... 91<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong><br />
Seite ii
Inhaltsverzeichnis<br />
Gynäkologie<br />
Wochenbett (Puerperium): ......................................................................................................................................................................... 92<br />
Menstruation und Ovulation nach der Entbindung..................................................................................................................................... 94<br />
Häufige Beschwerden 18 Monate nach der Geburt .................................................................................................................................... 94<br />
Thrombose, Thrombophlebitis und Embolie ............................................................................................................................................... 95<br />
Anästhesie in der Geburtshilfe ......................................................................................................................................... 96<br />
Geschichte .................................................................................................................................................................................................. 96<br />
Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft ............................................................................................................................. 96<br />
Geburtserlebnis der Frau ............................................................................................................................................................................ 97<br />
Schmerztherapie während Geburt .............................................................................................................................................................. 99<br />
Periduralanalgesie....................................................................................................................................................................................... 99<br />
Regionalanästhesie und Sectio ................................................................................................................................................................. 100<br />
Lungenfunktion und Spinalanästhesie ...................................................................................................................................................... 102<br />
Aorto-Cavales Syndrom ............................................................................................................................................................................ 102<br />
Uteriner Blutfluss (BF) ............................................................................................................................................................................... 103<br />
Notsectio ................................................................................................................................................................................................... 103<br />
Atemweg ................................................................................................................................................................................................... 103<br />
Algorithmus .............................................................................................................................................................................................. 103<br />
Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft ........................................................................................................... 104<br />
Endokrinologie in der Schwangerschaft .................................................................................................................................................... 104<br />
Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft ..................................................................................................................................... 104<br />
Schilddrüse und Schwangerschaft ............................................................................................................................................................. 104<br />
Hypothyreose und Schwangerschaft......................................................................................................................................................... 106<br />
Hyperthyreose in der Schwangerschaft .................................................................................................................................................... 106<br />
Schilddrüse und Schwangerschaft - Zusammenfassung - .......................................................................................................................... 108<br />
Schwangerschaft und AGS ........................................................................................................................................................................ 108<br />
Prolaktinome in der Schwangerschaft ...................................................................................................................................................... 111<br />
Duales System der Regulation der Serumosmolalität bzw. Natriumkonzentration .................................................................................. 113<br />
Maximale Kontrazeption durch Stillen - Beginn der Empfängnisverhütung- ............................................................................................. 114<br />
Cushing-Syndrom in der Schwangerschaft ................................................................................................................................................ 114<br />
Phäochromozytom in der Schwangerschaft .............................................................................................................................................. 115<br />
Hirsutismus und Virilisierung in der Schwangerschaft .............................................................................................................................. 115<br />
Hypoparathyreoidismus in der Schwangerschaft ...................................................................................................................................... 115<br />
Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin .......................................................................................... 117<br />
Probleme in der Praxis .............................................................................................................................................................................. 117<br />
Rationelle Diagnostik bei Zyklusstörungen ............................................................................................................................................... 117<br />
Ovarialinsuffizienz ..................................................................................................................................................................................... 118<br />
Assistierte Reproduktion ............................................................................................................................................... <strong>12</strong>3<br />
Hintergründe der Sterilität: ....................................................................................................................................................................... <strong>12</strong>3<br />
Ursachen für Sterilität: .............................................................................................................................................................................. <strong>12</strong>3<br />
Methoden der Assistierten Reproduktion: ................................................................................................................................................ <strong>12</strong>5<br />
Risiken der Assistierten Reproduktion: ..................................................................................................................................................... <strong>12</strong>6<br />
Fragen zur Thematik anhand eines Fallbeispiels: ...................................................................................................................................... <strong>12</strong>6<br />
PCO-Syndrom ................................................................................................................................................................ <strong>12</strong>8<br />
Polyzystisches Ovarsyndrom = Stein Leventhal-syndrom.......................................................................................................................... <strong>12</strong>8<br />
Klinische Folgen des Androgenüberschusses bei der Frau ........................................................................................................................ <strong>12</strong>8<br />
Hirsutismus ............................................................................................................................................................................................... <strong>12</strong>9<br />
Diagnostik ................................................................................................................................................................................................. <strong>12</strong>9<br />
Ätiologie der Hyperandrogenämie und des PCO-S .................................................................................................................................... 130<br />
Genetik...................................................................................................................................................................................................... 130<br />
Pathogenese von Insulinresistenz und Hyperandrogenämie beim PCO .................................................................................................... 130<br />
Diagnostik: ................................................................................................................................................................................................ 130<br />
Therapie beim PCOS.................................................................................................................................................................................. 130<br />
Differentialdiagnose der Ovarialinsuffizienz ............................................................................................................................................. 131<br />
Hormonuntersuchung ............................................................................................................................................................................... 132<br />
Wo brauchen wir rationelle Diagnostik ? .................................................................................................................................................. 133<br />
Seite iii<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Sectio und Vakuum<br />
Gynäkologie<br />
05.10.11 – Concin<br />
Sectio<br />
Historischer Rückblick<br />
Griechische Mythologie<br />
Apollo schnitt seinen Sohn Asklepios aus dem Körper seiner toten Mutter Koronis, die er vorher im Zorn getötet hatte<br />
römisches Gesetz<br />
Herleitung des Namens durch ein römisches Gesetz, die Lex regia oder lex caesarea<br />
caedere = herausschneiden<br />
An der im Sterben liegenden Frau darf durch einen Arzt ein <strong>Kaiser</strong>schnitt durchgeführt werden, um das Kind getrennt<br />
beerdigen zu können<br />
Gajus Julius Caesar (100 - 44 v. Ch) soll nach Angaben des römischen Schriftstellers Plinius die erste Person sein, die per<br />
<strong>Kaiser</strong>schnitt zur Welt gekommen ist. Das Gesetz war der Legende nach Namensgeber für Caesar.<br />
Section in mortui<br />
Im Mittelalter aus der römischen Lex Regia übernommene Vorschrift: eine Schwangere darf nicht mit dem Kind im Leib<br />
beerdigt werden<br />
Christliches Konzil von Köln <strong>12</strong>80 verpflichtet zur Taufe des Kindes<br />
Sectio an der lebenden Frau<br />
Erste verlässliche Berichte aus dem 16. und 17. Jahrhundert: nur selten Rettung der Mutter oder des Kindes<br />
- Nicolas Guillet (F, 1550)<br />
- Cristophores Bainus (I, 1540)<br />
- Scipione Mercurio (I, 1596)<br />
- Trautmann von Wittemberg (D, 1610)<br />
- Sonnius (B, 1640)<br />
" Enfantement césarien "<br />
François Rousset veröffentlichte die erste Beschreibung des <strong>Kaiser</strong>schnittes, Avignon 1581<br />
- Entleerung der Blase vor der Operation<br />
- Paramediane Inzision links oder rechts<br />
- erst spitze, dann stumpfe Messer, um das Kind nicht zu verletzen<br />
- Keinesfalls den Uterus vernähen, da dieser sich von selbst verschließt<br />
- Drainage des Uterus mit einem Pessarium aus Wachs<br />
- Verschluss der Bauchwand<br />
Historischer Rückblick: Zusammenfassung<br />
- Bis Ende des 19. Jahrhunderts<br />
∙ Notmaßnahme zur Rettung der Mutter<br />
∙ stets eine tödliche Bedrohung für Mutter und Kind<br />
- Bis ca 1850<br />
∙ Mortalität der Mutter 60-100%<br />
∙ Hauptgründe: Peritonitis, Endometritis<br />
Entwicklung der mütterlichen Sectiomortalität<br />
Senkung der mütterlichen Sectiomortalität<br />
- 1882<br />
∙ man beginnt die Uterotomie zu nähen<br />
∙ Max Sänger (1853-1903) und Adolf Kehrer (1837-1914)<br />
Verbesserung der Allgemein-Anästhesie<br />
- ab etwa 1950 in Europa:<br />
∙ Verfügbarkeit von Blut und Blutersatzmitteln<br />
∙ Verständnis von gerinnungsphysiologischen Problemen<br />
∙ Einsatz von Antibiotika<br />
Seite 1<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Sectio und Vakuum<br />
Sectiomortalität 1990<br />
- Sectiomortalität der Mutter: 30 auf 100 000 (in Mitteleuropa)<br />
- elektiver Sectio caesarea: 3 auf 100 000<br />
Mütterliche Sectio-Mortalität: Zusammenfassung<br />
Dramatische Senkung!<br />
Bis ca 1850:<br />
- Mortalität der Mutter bei 60-100 %<br />
1990 in Mitteleuropa:<br />
- 0.03-0.04 %<br />
- Elektive Sectio 0.003%<br />
Wertewandel in der Indikationsstellung<br />
Innerhalb von etwas mehr als 100 Jahren ist eine dramatische, fast immer für Mutter und Kind tödliche Geburtsmethode<br />
zum Normalfall geworden!<br />
Klassische Geburtshilfe vom Bewusstsein der hohen geburtshilflichen Kunst der vaginal-operativen Entbindung (Vakuum-/<br />
Zangengeburt) geprägt.<br />
Bis in die 50er Jahre: Vaginal-operativer Weg bis zur letzten Konsequenz<br />
Güterabwägung:<br />
- Sectio: maternales Mortalitätsrisiko<br />
- Vaginal-operative Entbindung: maternales und fetales Morbiditätsrisiko<br />
Heute: Entscheidung zunehmend in Richtung abdomiellem Entbindungsweg<br />
Risiko-Geburt<br />
Relatives Risikodenken: Sectio vs. vaginale operative Entbindung<br />
zB: Beckenendlage: seit den 80er Jahren grundsätzlich primäre Sectio<br />
Zwillingsschwangerschaften<br />
Vaginal-operative Verfahren werden bei Schädellagen auf den Beckenausgang reduziert<br />
Fortschritte der Perinatalmedizin mir drastisch verbesserten Chancen auch für das extrem kleine Frühgeborene<br />
- Bis Mitte des 20. Jhdts: Sectio als Notmaßnahme zur Rettung der Mutter (erst in 2. Linie des ausschließlich reifen<br />
Kindes)<br />
- Heute: Einsatz der Section zu Gunsten des extrem kleinen Kindes<br />
Einflussfaktoren auf die Sectiofrequenz<br />
Klinische und arztabhängige Faktoren:<br />
- Ultraschallfetometrie (sehr große Kinder werden erkannt)<br />
∙ 4000g Schätzgewicht die Sectio diskutieren<br />
∙ 4500g primäre Sectio<br />
- CTG Überwachung (ohne Mikroblutuntersuchung)<br />
- Mangelnde Erfahrung mit Entbindung von Beckenendlage/mit vaginal-operativen Entbindungen aus Beckenmitte<br />
- Furcht der Geburtshelfer vor Kunstfehlern (Zunahme der Haftpflichtfälle)<br />
- Planbarkeit (bei fetalen Fehlbildungen)<br />
- Zunahme der Mehrlingsschwangerschaften<br />
- Verbesserte Chancen des unreifen Neonaten<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 2
Sectio und Vakuum<br />
Gynäkologie<br />
Patientenabhängige Faktoren<br />
- sozioökonomische Faktoren: ist die Sektiofrequenz bei Privatpatientinnen in bestimmten Ländern signifikant<br />
höher<br />
- Höheres Gebäralter<br />
- Hohes Anspruchsniveau, Wunsch nach Perfektion und Planbarkeit<br />
- Belastungsintoleranz in den letzten Schwangerschaftswochen<br />
- Geringe Belastungstoleranz der Gebärenden und ihres Partners unter der Geburt<br />
- Komfortdenken und Lebensqualität auch unter der Geburt<br />
- Verzicht auf den natürlichen Geburtsvorgang zu Gunsten eines intakten Beckenbodens<br />
- Traumatische spontane Erstgeburt<br />
- Zufriedenheit nach erster Geburt mit Sectio<br />
Sectiofrequenz: Zusammenfassung<br />
Starker Anstieg!<br />
Bis 1960 in Mitteleuropa: Sectioraten selten über 3-5 %<br />
Heute in Mitteleuropa: bei 25 %, Klinik Innsbruck 2004: 34%<br />
Spezifische Sectio-Indikationen<br />
Primäre Sectio:<br />
Es stand schon von Anfang an fest, dass die Geburt per Sectionem stattfinden sollte, man plant sie vor Eintritt von<br />
Wehen/Blasensprung<br />
Sekundäre Sectio:<br />
Die “intention to give birth” war vaginal, während der begonnen Vaginalgeburt, also nach Blasensprung und/oder Wehen,<br />
fiel die Entscheidung zur Sectio<br />
Sectio am Termin: Uterotomie im unteren Uterinsegment (quer inzidiert) - wenig vaskularisiert, geringe<br />
Blutung<br />
Uterotomienaht: Einzelknopf oder fortlaufend, Darstellung der unteren Wundlefze mit Klemmen<br />
De Lee:<br />
Mediane Uterotomie ausschließlich bei Sectio vor der 32 SSW, besonders bei vorzeitigem Blasensprung (Kind kann<br />
schonender entwickelt werden)<br />
Technik nach Hillemans<br />
bei sehr kleinen Frühgeborenen vor der 29 SSW<br />
Mediane Uterotomie bis in den Fundus<br />
Entwicklung so sanft wie möglich, vor allem des kindlichen Kopfes<br />
Außerhalb der Fruchtblase bleiben!!<br />
Versuch, das Kind mit Fruchtblase und Plazenta zu entwickeln<br />
Das Neugeborene wird aus seiner Glückshaube befreit<br />
die mediane Uterotomie wird mit durchgreifenden Einzelknopfnähten versorgt<br />
Sectio Indikationen<br />
Seite 3<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Sectio und Vakuum<br />
Häufigste Indikationen<br />
- In westlichen europäischen Industriestaaten und USA‡<br />
∙ Status post Sectio<br />
∙ Protrahierter Geburtsverlauf<br />
∙ Beckenendlage<br />
∙ drohende intrauterine Hypoxie<br />
Zustand nach Sectio<br />
Früher: “Once a cesarean, always a cesarean” (1916)<br />
Grund: hohe Rate an Uterusrupturen nach klassischer vertikaler Uterusincison<br />
Studie 1978: Sichere Spontangeburt in 83% der Frauen mit vorheriger Sectio<br />
→ Anstieg der Rate an Spontangeburten nach <strong>Kaiser</strong>schnitt<br />
Risiko einer Uterusruptur nach transisthmischer Uterotomie: St p 1x Sectio 0.006-2%<br />
Art der vorangegangenen uterinen Incision entscheidend für das Rupturrisiko!<br />
!!! nach einer queren isthmischen Uterotomie ist das Risiko einer Ruptur sehr gering !!!<br />
Absolute Kontraindikationen:<br />
- Uteriner Längsschnitt<br />
- Status post Narbendehiszenz bzw. Ruptur<br />
- Fortbestehen der Indikation für die vorausgegangene Sectio<br />
- Schädel-Becken Missverhältnis<br />
Relative Kontraindikationen:<br />
- Gemini<br />
- BEL<br />
- Verdacht auf Makrosomie<br />
Aktueller Trend<br />
- Rate an Spontangeburten nach Sectio in USA von 1996-2002 um 55% gesunken!<br />
- Massiver Rückgang der versuchten Spontangeburt nach Sectio um 39% von 1998-2002 (von 58.7 auf 35.75)<br />
- bei gleichbleibender Erfolgsrate der versuchten Spontangeburt<br />
- Starke Rückgang an Spontangeburten nach Sectio dadurch beding, dass immer seltener eine Spontangeburt nach<br />
Sectio angestrebten wird.<br />
Zustand nach Sectio: Zusammenfassung<br />
- Fatale Uterusruptur-Verläufe nach querer isthmischer Uterotomie sind selten!<br />
- keine medizinische Begründung für die grundsätzliche elektive Sectio<br />
- der Trend geht stark in die Richtung RE-Sectio nach Sectio<br />
Beurteilung ob ein Versuch einer Vaginalgeburt in Angriff genommen werden sollte<br />
- je früher in der Schwangerschaft die vorherige Sectio war<br />
- je höher hinauf Richtung Fundus geschnitten werden musste<br />
- umso höher die Wahrscheinlichkeit einer Uterusruptur - bereits vor Beginn der richtigen Wehen<br />
- Je normaler die vorherige Sectio war...<br />
∙ T-8 (8 Tage vor Geburtstermin), unproblematische „hofratische“ Sectio am wehenlosen Uterus....<br />
- desto eher kann ein Versuch einer Vaginalgeburt in Angriff genommen werden<br />
Protrahierter Geburtsverlauf<br />
Heterogene Gruppe von Indikationen<br />
Verschiedene Indikationen unter diesem Überbegriff subsummiert:<br />
- Geburtsstillstand in der Eröffnungsphase<br />
- Geburtsstillstand in der Austreibungsperiode<br />
- Fehlender Geburtsfortschritt<br />
- Kopf-Becken-Missverhältnis<br />
∙ bei verengten Beckenmassen<br />
∙ bei Einstellungsanomalien<br />
∙ bei hohem Geburtsgewicht<br />
- Weichteildystokie<br />
- Wehendystokie<br />
- Usw.<br />
Grenzwerte in der Literatur variieren erheblich!<br />
Keine allgemein anerkannte Definition der protrahierten Geburt oder der einzelnen Geburtsabschnitte.<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 4
Sectio und Vakuum<br />
Gynäkologie<br />
Beckenendlage<br />
Im Aussterben begriffen: Die vaginale Becken-Endlagen-Geburt<br />
Beckenendlage:<br />
- Bis in die 60er Jahre international üblich, Beckenendlagen vaginal zu entbinden<br />
- seit den 80 er Jahren häufig grundsätzliche angewandte Sectio caesarea bei Beckenendlagen<br />
relatives Risikodenken<br />
- Risiken bei vaginaler Entbindung: Nabelschnurvorfall, Head entrapment (cerebrale Blutungen, neurologische<br />
Schäden), Uterusruptur bei schwieriger Kopfentwicklung, Zervixrisse<br />
Mangelnde Erfahrung mit der vaginalen Entbindung von Beckenendlagen → Auch Beckenendlagen mit sehr niedrigem<br />
Risiko werden teils via sectionem entbunden<br />
1997 wurden 85% aller Beckenendlagen mittels <strong>Kaiser</strong>schnitt entbunden<br />
Mitteleuropa heute bei 95% Sectiorate<br />
Drohende intrauterine Hypoxie<br />
Seit 1970 CTG Überwachung: Hoffnung durch zeitgerechte Sectio kindliche Schäden zu vermeiden<br />
Alleinige CTG Überwachung versus intermittierenden Auskultation der Herzfrequenz: Keine Reduktion des Risikos für<br />
zerebraler Schäden und keine Verbesserung des fetalen Outcome<br />
Niedrige Spezifität-> Anstieg der Sectiofrequenz<br />
Wunschsectio<br />
Definition<br />
- keine somatischen Störungen auf Seiten des Feten oder der Frau<br />
- keine psychologischen/psychiatrischen Veränderungen<br />
- keine anamnestischen Erfahrungskrisen<br />
- entspricht dem Bild einer selbstbestimmenden Patientin<br />
- nur nach ausführlicher, gut dokumentierter Aufklärung<br />
Der rasche Wandel in der Einschätzung der Wunschsectio<br />
1996 AG Medizinrecht der DGGG – „Gefälligkeitssectio ist unärztlich und eigentlich rechtswidrig“<br />
2001 AG Medizinrecht der DGGG - „Wo eine medizinische Indikation zur Sectio fehlt...darf der Geburtshelfer dem<br />
ernsthaften und nachdrücklichen Wunsch der Frau nach einer Schnittentbindung entsprechen“<br />
Mütterliches Mortalitätsrisiko:<br />
-> Letalität 1 auf 60 000 bei primärer Sectio<br />
-> entspricht jener der Spontangeburt<br />
Morbiditätsrisiko<br />
Kosten<br />
- anders geartete Morbiditätsrisiken<br />
- Beide mit subjektiven und objektiven Vor- und Nachteilen<br />
- Unterschiedliche Gewichtung der individuellen Frau<br />
- Unterschiedliche Gewichtung aus der Sicht des Arztes<br />
- Mütterliche Morbidität nach einer Sectio caesarea im Hinblick auf eine Folgeschwangerschaft muss bedacht<br />
werden<br />
- Vaginalgeburt (ohne Oxytocin, ohne PDA): 15% -20% kostengünstiger als elektive Sectio<br />
- Vaginalgeburt bei Nulliparae mit Oxytocin: gleiche Kosten wie für elektive Sectio<br />
- Vaginalgeburt bei Nulliparae mit Oxytocin und PDA: um 10% höhere Kosten als bei elektive Sectio<br />
- abgebrochene Vaginalgeburt: deutlich kostenintensiver als elektive Sectio<br />
Der Wunschkaiserschnitt hat nur eine geringe Auswirkung auf die Gesamtkosten in der Geburtshilfe<br />
“…perhaps the time has come when the risks, benefits and costs are so balanced between cesarean section and vaginal<br />
delivery that the deciding factor should simply be the mother’s preference for how her baby is to be delivered.”<br />
Seite 5<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Sectio und Vakuum<br />
Vakuum-Geburt<br />
Erste Anwendung des Vakuum in der Medizin: Schröpfgläser aus dem arabischen Mittelalter, bis heute in der<br />
Naturheilkunde verwendet<br />
James Young Simpson 1811-1870<br />
- Professor of Obstetrics, Edinburgh<br />
- führte 1848 nach Selbstversuchen das Chloroform zur geburtshilflichen Anästhesie ein<br />
- stellte 1849 einen „obstetric air tractor“ aus Messing und Leder vor<br />
- Simpson sucht Alternative zur Zange: „This metallic instrument (forceps) in being introduced between the<br />
maternal passages and head is apt to injure these passages and to ontuse and even lacerate them during their<br />
working³<br />
Prof.Tage Malmström, Göteburg (1911-1995)<br />
- Stellt 1953 das Vakuum mit Pump-Schlauch und Saugglocken verschiedener Größe vor<br />
1969 - 1976 Prof.Geoff Bird, Perth, entwickelt neue Designs → Ziel: mehr Zug-Kraft ausüben können<br />
Ab Ende der 1960iger Jahre war es technisch möglich, elastische Gummi- und Silikonstoffe zur Vakuumherstellung im<br />
Haushalt zu produzieren<br />
1970 T Kobayashi, Tokyo, entwickelt Silicon-Vacuum<br />
1984 Erik Uddenberg, Malmö, modifiziert es zur Silc-Cup<br />
1997 Aldo Vacca, Queensland, patentiert Kiwi-Vakuum<br />
Konzept des Kiwi-Vakuums:<br />
niedriges Malmström-Design<br />
statt der Zugkette und dem rigiden Stängel des Schlauches ein dünnes Plastikkabel für Vakuum und Zug<br />
dadurch maximale Beweglichkeit, damit Glocke nicht irgendwo an den Schädel angebracht werden muss, sondern gezielt<br />
an einen gewünschten Punkt manövriert wird<br />
Schaumstoff-Filter in der Glocke verhindert, dass der schmale Schlauch durch Vernixflocken verstopft wird<br />
1) Verpackung unter sterilen Kautelen öffnen, Arzt hat bereits Handschuhe an<br />
2) Vakuum-Check: Glocke auf die Handfläche legen und oberhalb des gelben Strichs ansaugen - mit Druck auf die<br />
andere Seite wieder loslassen<br />
3) Lagerung der Patientin<br />
a. Steinschnittlagerung mit Stützen<br />
b. Unterteil des Bettes weg<br />
c. Gesäß knapp über der Bettkante!<br />
d. Kiwi nicht im Bett anwenden!<br />
Spätestens jetzt noch einmal überlegen: passt die Indikation?<br />
- nach 36 SSW<br />
- Blase gesprungen<br />
- Muttermund vollständig<br />
- Schädel unterhalb der I-Linie (Interspinallinie – Kopf hat die engste Stelle passiert)<br />
- Kein Schädel-Becken Mißverhältnis<br />
- ginge es nicht auch ohne Vakuum?<br />
Kopf hat keine Geburtsgeschwulst und hat die I-Linie erreicht<br />
Kopf hat Geburtsgeschwulst, erst diese hat die I-Linie erreicht, größter Umfang des Kopfes I-Linie noch nicht<br />
überschritten!<br />
Regelrechte (vordere Hinterhauptslage)<br />
- Leitstelle - kleine Fontanelle<br />
- Drehpunkt - Nackenhaargrenze<br />
- Kopfaustrittsbewegung - reine Streckbewegung<br />
- Größtes Durchtrittsplanum - Pl.suboccipto-bregmat 32 cm<br />
Vacuum-Indikation:<br />
- fetaler Distress<br />
- mütterl Erschöpfung<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 6
Sectio und Vakuum<br />
Gynäkologie<br />
Vorderhauptslage<br />
- Deflexionslage - Rücken hinten<br />
- Große Fontanelle führt<br />
- Wesentlich langsamerer Geburtsverlauf (außer bei Frühgeburten)<br />
- Hauptgefahr: für mütterlichen Damm<br />
- Umfang Durchtrittsebene HiHHL (hintere Hinterhauptslage) 32 cm, VoHL 34 cm!!!!<br />
Richtiges Einbringen der Glocke<br />
Vaginal untersuchen<br />
- Muttermund vollständig<br />
- Blase gesprungen<br />
- Schädel Vakuum-gerecht (keine große Geburtsgeschwulst)<br />
- Vakuum nie auf Gesicht oder Ohr des Kindes anbringen!<br />
The very ease of use and apparent safety of the vacuum extractor make it a dangerous instrument in poorly trained<br />
hands<br />
4) die Handpumpe betätigen!<br />
a. Zuerst auf 200 mm Hg pumpen, sodass man den gelben Bereich nicht mehr sieht<br />
b. erneut die Lage testen<br />
5) Bei der ersten Wehe voll in den grünen Bereich pumpen!<br />
a. Bei der ersten richtigen Wehe nach Anlegen der Vakuumglocke<br />
b. mit ein paar Zügen auf 450 - 600 mm Hg pumpen, sodass der Stift gerade noch die grüne Zone anzeigt<br />
c. Bei Wehe in den grünen Bereich!<br />
i. Für effektives Vakuum:<br />
ii. 0,6 -0,8 kg/m2<br />
iii. 60 - 89 kPa<br />
iv. 450-60 mm Hg<br />
6) Ziehen!<br />
a. Mit der Zughand wehensynchronen Zug nach unten<br />
b. Beim Ziehen: mit dem Daumen der Nicht-Zughand auf der Vakuumglocke drücken um rechtzeitig<br />
Ablösung zu bemerken, Zeigefinger auf der Stirn des Kindes<br />
c. Vorsicht mit schrägem Zug oder Pendel/Kreisbewegungen - erhöhte Gefahr maternaler Verletzungen<br />
und Ablösung der Vakuumglocke!<br />
d. Zugrichtung: zunächst kontinuierlich nach unten!<br />
7) Keinen Zug zwischen den Wehen!<br />
a. Geburtsfortschritt:<br />
b. bereits der Zug in der ersten Wehe sollte zu einer Bewegung des Kopfes führen<br />
c. Mit der zweiten Wehe sollte der Schädel am Beckenboden sein - dann ggf. Epi schneiden!<br />
d. Mit der dritten Wehe sollte die Geburt des Kopfes erfolgen oder zumindest unmittelbar bevorstehen<br />
e. nicht zu früh nach oben ziehen!<br />
8) Nach der Geburt Vacuum - Release Knopf drücken<br />
a. Glocke ohne große Hektik vom Kopf des Kindes entfernen<br />
b. Nicht den Schlauch durchschneiden, da ist ein starker Draht drin, der die Schere ruiniert!<br />
Bei Vakuum wird bei Indikationsstellung der Kinderarzt gerufen!<br />
- Selbst bzw. Kinderarzt: Kopf auf allfällige Verletzungszeichen anschauen<br />
- Eltern beruhigen, dass die „Beule“ in 24h weggeht<br />
Vakuum war instrumentelle Geburt, daher dieselben Vorsichtsmaßnahmen in der Nachgeburtsperiode<br />
- 2 Ampullen Syntochinon (uteruskontrahierend) iv wegen erhöhter Gefahr atone Nachblutung<br />
- Zervixrevision mit großen Specula, Assistenz und vernünftiger Beleuchtung<br />
- Speziell auf Risse bei 3 Uhr und 9 Uhr schauen!<br />
Geburt des Kindes sollte 15 Minuten nach dem ersten Platzieren der Vakuumglocke beendet sein<br />
Wenn unter Zug kein Geburtsfortschritt bemerkbar ist, dann rechtzeitig auf Sectio umsteigen<br />
Seite 7<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Sectio und Vakuum<br />
Komplikationen<br />
Pop -off<br />
Abgehen der Vakuumglocke<br />
- Macht sich durch zischendes Geräusch bemerkbar, gleichzeitig taucht der Messstab aus der Pumpe wieder auf<br />
- Kann durch Gegendruck mit dem Daumen der anderen Hand verhindert werden, dadurch wird auch exzessive<br />
Kraftanwendung mit der Zughand vermieden<br />
- Nach zwei Pop-Offs keine weiteren Versuche mit Kiwi-Vakuum mehr!<br />
Immer nachgehen warum Pop-off:<br />
- falsch gezogen (auf und nieder gerüttelt?)<br />
- Zu früh nach oben gezogen?<br />
- Zu sehr nach der Seite gezogen?<br />
- Große Geburtsgeschwulst?<br />
- Inadequates Vakuum, Produktfehler?<br />
Caput Succedaneum<br />
Geburtsgeschwulst am Hinterhaupt nach Vakuum<br />
Bei mehreren Vakuumversuchen, wobei die Glocke abgeht und wieder angebracht wird, kommt es zum<br />
subgalearen/subaponeurotischen Hämatom, Hypoxie und Acidose beschleunigen den Prozess<br />
„subgaleare“ Flüssigkeitsansammlung unter der galea aponeurotica, also knapp unter dem "Skalp" des Kindes<br />
Das subgaleare (subaponeurotische) Hämatom ist eine seltene Komplikation bei schwierigen Vakuum-Geburten, es<br />
kommt bei 1 von 1300 Vakuumgeburten vor<br />
Cave: Anämie!<br />
Differentialdiagnose: Subgaleares Hämatom kann man herumdrücken, was weder bei Caput Succedaneum noch bei<br />
Cephalhämatom geht<br />
Cephalhämatom ist eine Schicht tiefer, unterhalb der obersten dünnen Knochenhaut, endet jeweils an den Schädelnähten<br />
Fazit:<br />
- das Kiwi sieht nett und leicht und wie ein Spielzeug aus<br />
- am kindlichen Kopf wirken dieselben Kräfte, wie beim Malmström-Vakuum!<br />
- die Scherkräfte an den maternalen Weichteilen sind - vor allem bei schrägem Zug und Rütteln - nicht anders als<br />
bei Malmström<br />
- Indikationen und Vorsichtsmaßnahmen werden durch nettes Design nicht außer Kraft gesetzt!<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 8
Schulterdystokie<br />
Gynäkologie<br />
<strong>12</strong>.10.11 – Marth<br />
Schulterdystokie<br />
Schädel findet nur den Weg durch das Becken, wenn er quer in das Becken eintritt, dasselbe gilt für die Schultern.<br />
Definition:<br />
Formen<br />
- Für den Fetus vital bedrohlicher Geburtsstillstand bei Geburt aus Schädellage nach Austreten des kindlichen<br />
Kopfes<br />
- Hoher Schhultergeradstand: häufiger<br />
- Tiefer Schulterquerstand<br />
Häufigkeit:<br />
- 0,1-2,3%<br />
Wichtigster Risikofaktor: hohes Geburtsgewicht<br />
Geburtsmechanik bei I HHL<br />
- Austrittsmechanismus - Kopf<br />
tritt aus dem Geburtskanal aus<br />
- Muss im Bogen um die<br />
Symphyse herum, macht eine<br />
Entbeugung - Streckbewegung<br />
– Deflexion<br />
(Haltungsänderung)<br />
- Kleine Fontanelle,<br />
Nackenhaargrenze als<br />
Hypomochlion (Stemmpunkt)<br />
am unteren Symphysenrand,<br />
um diesen erfolgt die<br />
Drehbewegung<br />
- Pfeilnaht gerade, Schultern<br />
quer<br />
- Beginn der äußeren Drehung<br />
des Kopfes<br />
- Schultern sind im geraden<br />
Durchmesser des<br />
Beckenausgangs<br />
- vordere Schulter wird geboren<br />
- Vollendung der<br />
Austrittsbewegung des<br />
Kopfes<br />
- Streckbewegung vollendet<br />
- Vollendung der äußeren<br />
Kopfdrehung<br />
- Hintere Schulter wird über<br />
den Damm geboren<br />
1. Entwicklung der vorderen Schulter: wichtig: senken, NICHT ziehen!!!<br />
2. Entwicklung der hinteren Schulter: Kopf wird vorsichtig in Richtung Symphyse<br />
gehoben<br />
Hoher Schultergeradstand:<br />
Schulterbreite im Längsdurchmesser über dem Beckeneingang, Kopf in die Vulva gepresst (turtle). Schulter an der<br />
Symphyse macht mehr Probleme als die andere Schulter am Promontorium.<br />
In Folge der ausgebliebenen Rotation der Schulterbreite in den hohen Querstand steht die linke Schulter des Kindes über<br />
der Symphyse<br />
Seite 9<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Schulterdystokie<br />
Tiefer Schulterquerstand:<br />
Schulterbreite dreht sich nicht in Geradstand sondern ist gegen den längsovalen Beckenausgang fixiert<br />
Rotation des Kopfes bleibt aus<br />
Differentialdiagnosen:<br />
- Kurze Nabelschnur<br />
- Vergrößerung des fetalen Thorax- oder Abdomenumfangs (z.B. Hydrops fetalis, Tumoren)<br />
- Zwillingskollision<br />
- Siamesische Zwillinge<br />
Kurze Nabelschnur: selten, aber möglich → gefährlich, da Nabelschnur unter der Geburt reißen kann und damit das Kind<br />
viel Blut verlieren kann<br />
Zwillingskollision: Kopf des zweiten Kindes blockiert den weiteren Geburtsvorgang des ersten<br />
Neonatale Komplikationen (ca. 30%):<br />
- Fetale Asphyxie/Azidose 4,3%<br />
- Mekoniumaspiration 2,9%<br />
- Vorzeitige Plazentasitzlösung<br />
- Klavikulafraktur 5-23%<br />
- Schulterblatt-, Oberarmfraktur<br />
- Obere und untere Plexuslähmung<br />
- Läsion des Halssympathicus<br />
- Wurzelabriss mit bleibender Armlähmung<br />
Maternale Komplikationen<br />
- Gehäuft Weichteilverletzungen<br />
∙ Cervix- und Vaginalrisse<br />
∙ Höhergradige Dammrisse III° und IV°<br />
∙ Verstärkte intra- und postpartale Blutungen<br />
∙ Traumatische Uterusruptur<br />
Risikofaktoren für das Auftreten<br />
- Fetale Makrosomie (Grenze 4kg)<br />
→ Dominierender Faktor<br />
→ Risiko >4000g 3% (15-fach erhöht)<br />
→ Risiko >4500g 11% (55-fach erhöht)<br />
→ Risiko >5000g 40% (200-fach erhöht)<br />
∙<br />
∙<br />
∙<br />
∙<br />
∙<br />
Maternaler Diabetes/Gestationsdiabetes<br />
Maternale Adipositas<br />
Exzessive Gewichtszunahme während der Schwangerschaft<br />
Terminüberschreitung<br />
Vorausgegangene Geburt eines makrosomen Kindes<br />
- Vorausgegangene Geburt mit Schulterdystokie<br />
- Maternale Beckenanatomie<br />
- Intrapartal<br />
∙ Gestörter Geburtsverlauf in der EP (v.a. protrahierter Verlauf, Geburtsstillstand)<br />
∙ Verlängerte Austreibungsphase/Geburtsstillstand (Oxitocinunterstützung)<br />
∙ Sehr schneller Geburtsverlauf<br />
∙ Frühzeitiges „Kristellern“ (Druck auf den Fundus uteri, um die Austreibung zu beschleunigen →<br />
Kristeller’scher Handgriff ist eigentlich obsolet)<br />
∙ Vaginal-operative Entbindung aus BM (=Beckenmitte)<br />
• „Hohes Vakuum“ heute Rarität<br />
Merke:<br />
Eine zuverlässige Risikokonstellation bezüglich späterer Schulterdystokien ist kaum möglich!!<br />
Das höchste Gefährdungspotential weist die Kombination einer fetalen Makrosomie jenseits des Geburtstermins mit einem<br />
DM/GDM bei maternaler Adipositas bzw. mit einem Z.n. Schulterdystokie auf<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 10
Schulterdystokie<br />
Gynäkologie<br />
Vorgehen bei Schulterdystokie<br />
4 Ps der Schulterdystokie<br />
- do not pull<br />
- do not push<br />
- do not press<br />
- do not panic<br />
Der Kopf ist geboren, die Geburt steht, was tun?<br />
- kein Ziehen am Kopf, kein Kristellern!<br />
- immer an die 4 Ps denken!<br />
- Oxytocin weg, Bolustokolyse geben<br />
∙ Kein Oxitocin: Wehen drücken die Schultern eher weiter hinauf → daher Wehenhemmer (Bolus-<br />
Tokolyse) geben<br />
- großzügige mediolaterale Episiotomie(unterlassene Epi bei Schulterdystokie ist schwerer Behandlungsfehler<br />
∙ Episiotomie verhindert keinen Descensus, sie dient nicht dazu, den Beckenboden zu schützen, sie<br />
schützt auch nicht vor einem hochgradigen Dammriss → Grund für die Episiotomie ist heute nur mehr<br />
die fetale Indikation: durch den Dammschnitt wird Platz geschaffen, die Geburt beschleunigt<br />
- rasch erfahrensten Arzt, erfahrenste Hebamme, Anästhesist holen<br />
- schrittweises Vorgehen zur „Befreiung“ der Schultern<br />
1. Schritt äußere Überdrehung des Kopfes<br />
2.Schritt<br />
- In 1.Stellung (Rücken links, rechte Schulter hängt über der Symphyse) kindl Hinterhaupt nach<br />
rechts, Gesicht nach hinten drehen.<br />
- um einen tiefen Schulterquerstand zu vermeiden, soll dann der Kopf wieder „zurückgedreht“<br />
werden<br />
- mit Gefühl, keine große Kraftanstrengung!!!!<br />
- spätestens jetzt:<br />
∙ Bolus-Tokolyse<br />
∙ Facharzt, erfahrene Hebamme, Anästhesist, Kinderarzt rufen<br />
∙ großzügige Erweiterung der Episiotomie<br />
3. Schritt McRoberts Manöver:<br />
- zuerst Beine maximal strecken, dann Oberschenkel maximal anwinkeln<br />
- Mehrfach wiederholen<br />
- So Gewinn von etwa 1,5cm<br />
4. Schritt: McRoberts mit suprasymphysärem Druck<br />
- Rubens-Technik:<br />
Schräge Druckrichtung, „rütteln“ oder rhythmischen Druck auf die Schulter ausüben, damit sie sich von der<br />
Symphyse löst<br />
- Mazzanti-Technik:<br />
direkt von vorne nach hinten Druck auf die Schulter ausüben<br />
(hier passieren häufig Plexusbrachialis-Läsionen)<br />
5.Schritt: Woods-Manöver<br />
- mit 2 Fingern von ventral auf die hintere Schulter drücken<br />
- wenn Kind in 2.Stellung, erfolgt Drehung im Uhrzeigersinn<br />
6.Schritt: „umgekehrtes Woods-Manöver“ (auch Rubin)<br />
Von vorne<br />
die vordere<br />
Schulter<br />
erreichen<br />
und auf die<br />
Skapula<br />
drücken<br />
7. Schritt Hibbard Manöver:<br />
- spätestens jetzt Narkose erforderlich<br />
- Kindlichen Kopf nach oben drücken, Hinterhaupt Richtung os sacrum<br />
- Gleichzeitig suprapubischer Druck auf die Schulter, um diese freizubekommen<br />
Seite 11<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Schulterdystokie<br />
8. Schritt - Entwicklung des hinteren Armes<br />
Die hintere Schulter muss<br />
im Becken sein, bevor die<br />
vordere entwickelt werden<br />
kann - also erst die hintere<br />
Schulter befreien<br />
Entwicklung eines Armes: nie einfach an der Hand ziehen, sondern Oberarm mit zwei Fingern schienen<br />
→ Große Gefahr von Frakturen des Humerus und der Clavicula<br />
9. Handgriff Zavanelli-Manöver<br />
Kind zurückschieben und durch Sectio<br />
zur Welt bringen<br />
oder bei Sectio von innen so auf die<br />
Schulter drücken, dass es doch vaginal<br />
geboren werden kann<br />
Zavanelli-Manöver: wird kaum durchgeführt<br />
Abdomineller Rettungsversuch<br />
- Als letzte Möglichkeit zur Rettung eines noch lebenden Kindes<br />
- bei Sectio von innen so auf die Schulter drücken, dass es doch noch<br />
vaginal geboren werden kann<br />
in Europa abzuraten:<br />
- Cleidotomie<br />
∙ Fraktur der vorderen Clavicula mit Fingern → hat kaum einen Platzgewinn zur Folge, daher sinnlos<br />
∙ wenig Platzgewinn, da „Grünholzfraktur“<br />
- Symphysiotomie<br />
∙ 3. Welt Methode, hohe Komplikationsrate<br />
Zusammenfassung Schulterdystokie<br />
- 1.Schritt äußere Überdrehung des Kopfes<br />
- 2.Schritt spätestetens jetzt: Tokolyse Facharzt etc.<br />
- 3.Schritt McRoberts Manöver<br />
- 4.Schritt McRoberts mit suprasymphysärem Druck kombinieren<br />
- 5.Schritt Woods-Manöver<br />
- 6.Schritt „umgekehrtes Woods-Manöver“ (auch Rubin)<br />
- 7. Schritt Hibbard Manöver - spätestens jetzt Narkose<br />
- 8. Schritt Entwicklung des hinteren Armes<br />
- 9. Schritt Zavanelli-Manöver<br />
Häufigkeit<br />
- 3 - 4 % aller Termingeburten<br />
Ursachen<br />
Beckenendlage<br />
- Noch nicht erfolgte Drehung des Kindes zur Schädellage<br />
∙ Frühgeburt<br />
∙ Fruchttod<br />
∙ Verminderte Kindsbewegung bei Vorschädigung (z.B. Plazentainsuffizienz oder Fehlbildungen des<br />
Kindes)<br />
- Behinderung der Fruchtdrehung<br />
∙ Straffe Uteruswand (z.B. bei alter Erstgebärender)<br />
∙ Verminderung der Fruchtwassermenge (z.B. Plazentainsuffizienz)<br />
∙ Tubeneckplazenta oder Myome mit Deformierung des Uteruskavums<br />
∙ Übermaßigkeit des Kindes<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>
Beckenendlage<br />
Gynäkologie<br />
- Abnorme Beweglichkeit des Kindes<br />
∙ Hydramnion<br />
∙ Überdehnte bzw. schlaffe Uteruswand (z.B. bei schnell aufeinander folgenden Geburten oder<br />
Vielgebärenden)<br />
- Behinderung der Einstellung des Kopfes im Beckeneingang<br />
∙ Abnorme Kopfform (betonter Langkopf, Anenzephalus)<br />
∙ Tiefsitzende Myome<br />
∙ Plazenta praevia<br />
∙ Spastisches unteres Uterinsegment<br />
Reifes Kind<br />
- 3000-4000g<br />
- 49-52cm lang<br />
- Große Teile: Kopf, Rücken, Steiß<br />
- Kleine Teile: Beine, Arme<br />
- Kopf ist der größte und härteste Teil des Kindes => limitiernder Faktor für die Geburt<br />
∙ Maße des Kopfes sind haltungsabhängig:<br />
• Indifferent (gestreckt): 11,75cm<br />
• Bei Beugung: 9,5cm<br />
Großes Problem: wenn der Körper bereits geboren ist, ist fraglich, ob auch der Kopf durchkommt<br />
Die 3 Ebenen des Kopfes<br />
- Circumferentia suboccipitio-bregmatica 32 cm<br />
- Circumferentia fronto-occipitalis 34 cm<br />
- Circumferentia mento-occipitalis 35 cm<br />
Eintritt des Steißes in den<br />
Beckeneingang<br />
Steiß am Beckenausgang –<br />
Austrittsmechanismus<br />
Geburt des Rumpfes<br />
Geburt der Schultern<br />
Geburt des Kopfes<br />
Seite 13<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Beckenendlage<br />
Indikationen zur primären Sectio caesarea bei Beckenendlage<br />
- Absolute Indikation<br />
∙ Verengtes Becken<br />
∙ Nabelschnurvorfall<br />
∙ Placenta praevia<br />
∙ Großes Kind<br />
- Relative Indikation<br />
∙ Prämaturität vor der 34. SSW<br />
∙ Geschätztes Kindsgewicht > 3.500 g<br />
∙ Reine Steißlage<br />
∙ Hyperextension des Kopfes<br />
∙ Zervikale Unreife und vorzeitiger Blasensprung<br />
∙ Zusatzrisiken (Diabetes mellitus, pathologisches CTG, Hypotrophie<br />
In Ö quasi keine vaginale Beckenendlagengeburt mehr durchgeführt<br />
- Mortalität 1:400<br />
- Risiko für eine schwere Schädigung 1:200<br />
→ auch immer weniger Geburtshelfer sind in der Lage vaginal einen Steiß zu entwickeln (in Ibk noch 4)<br />
Formen der Beckenendlage<br />
Reine Steißlage<br />
(extended legs)<br />
vollkommene<br />
Steiß-Fußlage<br />
vollkommene<br />
Fußlage<br />
Unvollkommene<br />
Fußlage<br />
Wichtig: nicht ziehen!<br />
Manualhilfe nach Bracht<br />
- Warten bis man zumindest den Unterrand der Scapula sieht<br />
- Mit beiden Händen Steiß und Thorax umfassen<br />
- Steiß nach oben heben → führt zur Geburt des Schädels<br />
Bei jeder Beckenendlage: beginnen mit dem Bracht → fallen die Arme nicht heraus, darf das Manöver nicht fortgeführt<br />
werden<br />
Arm lösen: hinteren Arm lösen → dann zweite Schulter nach hinten drehen → zweiter Arm kann herausgelöst werden<br />
Armlösungen<br />
- Armlösung nach Müller<br />
- Armlösung nach Lövset<br />
- Klassische Armlösung<br />
Handgriff nach Veit-Smellie<br />
- Finger in den Mund des Kindes (Schienung) → mit der zweiten Hand<br />
kann gezogen werden (unter gleichzeitigem Zug mit dem ersten Arm,<br />
damit keine Verletzungen entstehen)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 14
Beckenendlage<br />
Gynäkologie<br />
Manuelle Extraktion<br />
- Bei intrauterinem Fruchttod, der in Beckenendlage zum Liegen kommt<br />
- Vaginale Geburt von Zwilling: Geburt des zweiten Zwillings nicht abwarten<br />
(Zeit zwischen beiden sollte möglichst kurz gehalten werden, damit der<br />
zweite keinen Sauerstoffmangel erleidet)<br />
∙ Liegt der zweite Zwilling nicht in Schädellage<br />
∙ Vorderes Bein zuerst entwickeln, dann herausziehen<br />
- Manuelle Extraktion wird nicht sehr häufig durchgeführt<br />
Term Breech Trial<br />
- Mehr Probleme bei Kindern, wenn Vaginalgeburt geplant wird<br />
- Anteil der Sectiones deutlich gesteigert<br />
Äußere Wendung<br />
- Kind auf den Kopf drehen indem mit zwei Händen von außen versucht wird, das<br />
Kind zu bewegen<br />
- Aber: sehr schmerzhaft für die Frau, Erfolgsrate liegt nur bei 40-50%, von diesen<br />
werden wieder einige sectioniert → maximal 20% Sectiones gespart → daher<br />
nicht mehr empfohlen<br />
- Geringes Risiko von: Abruptio plazentae, Nabelschnurkomplikationen,<br />
fetomaternales Transfusionssyndrom<br />
Seite 15<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Mütterliche Erkrankungen<br />
19.10.11 – Reimer<br />
Allgemein<br />
Mütterliche Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />
- Schwangerschaftsinduzierte Erkrankungen (Gestosen, SIH, etc.)<br />
- Synchron auftretende Erkrankungen (Infektionen)<br />
- Präexistente Erkrankungen (Diabetes mellitus)<br />
PROBLEME<br />
- Symptome lassen sich oft schwer von physiologischen Veränderungen abgrenzen (Emesis, UB-Schmerzen)<br />
- Physiologische Veränderungen der Anatomie (z.B. bei Appendizitis in grav.)<br />
- Erschwerte Diagnostik (Röntgen, CT, etc.)<br />
- Therapeutisches Spektrum limitiert<br />
∙ teratogene oder toxische Medikamente<br />
∙ Einschränkung operativer Eingriffe<br />
Grundsätzlich ist individuell und in enger interdisziplinärer Kooperation bereits präkonzeptionell, bei Eintritt oder im<br />
weiteren Verlauf der Schwangerschaft zu klären:<br />
- ob die Schwangerschaft im Hinblick auf das Grundleiden überhaupt vertretbar ist oder ob eine Abruptio<br />
graviditatis indiziert ist<br />
- ob eine medikamentöse oder chirurgische Therapie in der Gravidität notwendig wird und durchführbar ist<br />
- zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß die stationäre Aufnahme der Patientin erforderlich ist<br />
- welche Maßnahmen im Hinblick auf den Entbindungsmodus im Einzelfall zu treffen sind<br />
- ob für das Neugeborene bestimmte Vorsichtsmaßnahmen in der Neonatalperiode zu veranlassen sind (z. B.<br />
Isolierung des Kindes, Frage des Stillens)<br />
Körperliche Veränderungen in der Schwangerschaft<br />
- Herz-Kreislauf-System:<br />
∙ Peripherer Gefäßwiderstand ↓, Blutvolumen (30-40%)↑ und Herzminutenvolumen ↑, Herzgröße↑,<br />
Venendruck↑<br />
∙ Bei einer spontanen, normalen Geburt verliert eine Frau bis zu 500ml Blut (bei einer Sectio bis zu einem<br />
Liter) → auf diesen Blutverlust bereitet sich der Körper bereits während der Schwangerschaft vor<br />
- Hämatologie:<br />
∙ Eisenstoffwechsel, Leukozyten↑, Gerinnungsfaktoren↑<br />
∙ CRP steigt an (physiologischerweise bei 2) → daher schwieriger, Differentialdiagnosen zu stellen<br />
- Lunge<br />
∙ Atemzugsvolumen (40%)↑, Reservevolumen↓<br />
- Niere<br />
∙ Renale Durchblutung (50%)↑<br />
∙ GFR (35%) ↑<br />
∙ Dilatation des Nierenbeckens und der Ureteren<br />
• Begünstigt aufsteigende Infektionen<br />
- Gewichtszunahme<br />
∙ Veränderung des Körperschemas, - der Brust und Haut<br />
- Stoffwechselveränderungen<br />
∙ Kohlehydrat-, Protein- (1000g Neubildung) und Fettstoffwechsel<br />
- Magen-Darm-Trakt<br />
∙ Gingivitis, Motilitäts- und Tonusreduktion<br />
- Hormonsystem<br />
∙ Prolaktin↑, Schilddrüse↑, Nebennierenrinde↑<br />
Geburtsgewicht und Genetik<br />
- Geburtsgewicht korreliert signifikant mit dem mütterlichen Gewicht, kaum mit dem väterlichen Gewicht<br />
- Das intrauterine Umfeld ist wichtiger als das genetische Wachstumspotential (diabetische Mutter kann eine<br />
Adipositas haben, aber aufgrund der Plazentainsuffizienz ein kleines, dystrophes Kind bekommen)<br />
- Das genetische Wachstumspotential wird nach der Geburt wirksam<br />
Energiebedarf in der Schwangerschaft<br />
- Steigt nur gering an, gegen Ende der Schwangerschaft 10-15% mehr<br />
- „Essen für Zwei“ (oder für drei - bei Zwillingen) ist gefährliche Folklore!<br />
- Bedarf an Vitaminen und Mineralen/Spurenelementen steigt, daher mehr als sonst auf bewusste Ernährung zu<br />
achten (keine Marlboro + Espresso + Soletti Diät!)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 16
Mütterliche Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
normale Gewichtszunahme in der Schwangerschaft<br />
- Zunahme Blutvolumen 2 kg<br />
- Zunahme Fettgewebe 2.5 kg<br />
- Zunahme Brust 0.5 kg<br />
- Placenta 0.5 kg<br />
- Fruchtwasser 1 kg<br />
- Baby 3.5 kg<br />
- Uterusgröße 1 kg<br />
- Gesamtzunahme 10 - 13 kg<br />
Hyperemesis gravidarum<br />
Hyperemesis gravidarum versus „normales“ in der Schwangerschaft<br />
- 70% - 80% aller Schwangeren verspüren in den ersten drei Monaten Unwohlsein mit Nausea und morgendlichem<br />
Erbrechen.<br />
- „typisches (unsicheres) Schwangerschaftszeichen“<br />
- 0,5% - 1% der Schwangeren zeigen klinisch bedrohliche Hyperemesis gravidarum<br />
Problem der Definition<br />
in der englischsprachigen Literatur NVP (Nausea and Vomiting of Pregnancy) unterschieden von Hyperemesis gravidarum<br />
Ätiologie<br />
Durch die Evolution entstandener protektiver, adaptiver Mechanismus?<br />
Frau vermeidet potenziell toxische und teratogene Nahrungsmittel<br />
Schwangerschaftserbrechen ist am stärksten in der auf Teratogene empfindlichsten Phase der Organogenese (6. - 14. SSW)!<br />
Schwangere vermeidet in einer kritischen Zeit der geschwächten Immunabwehr und des besonders empfindlichen Embryos<br />
potentiell kontaminierte Nahrungsmittel (vor allem Fleisch, Fisch und Eier).<br />
Cross-Cultural Society Study zeigte niedrige Hyperemesis Inzidenz bei Kulturen mit wenig Fleischverzehr.<br />
Mütter weiblicher Feten leiden eher an belastendem Schwangerschaftserbrechen, als Mütter männlicher Feten<br />
Symptome beim ersten Kind besonders stark und bei den folgenden Kindern weniger ausgeprägt?<br />
Manche Frauen müssen in jeder ihrer Schwangerschaften wegen unstillbaren Erbrechens stationär aufgenommen und<br />
parenteral ernährt werden.<br />
(Hyper)emesis gravidarum geht mit einem besseren Outcome einher?<br />
Studien zeigten inverse Korrelation zwischen Emesis gravidarum und Frühabortrate [Brades JM et al. (1967), Chatenoud L et<br />
al. (1998)].<br />
Emesis führt zur Abnahme der Energieaufnahme (damit Insulin / IGF-1 ↓) dadurch verminderte Synthese im mütterlichen<br />
Gewebe und Anregung des Plazentawachstums [Huxley R et al. (2000)].<br />
Reduktion der mütterlicher Energieaufnahme korreliert invers mit dem Plazentagewicht [Schuster K et al. (1985), Lumey LH<br />
et al. (1998)].<br />
→ endokrine Veränderungen (hCG) (bei hohem hCG häufiger Hyperemesis → z.B. bei Trisomie 21 Kindern – höheres hCG –<br />
vermehrt Hyperemesis)<br />
→ psychische Faktoren<br />
Ablehnungsneurose: Wunsch nach Befreiung von der unbewusst unerwünschten Schwangerschaft<br />
Angstneurose: Angst vor Geburtsschmerz Furcht vor sozialer Zukunft<br />
Symptomatik<br />
Beginn 5. - <strong>12</strong>. Schwangerschaftswoche<br />
Dauer ~ 3 - 4 Monate<br />
Symptome:<br />
- Erbrechen unabhängig von Magenfüllung (bis zu 10 x)<br />
- Durst (Wasserverlust)<br />
- Exsikkose<br />
- Foetor ex ore<br />
- Gewichtsabnahme<br />
- reduzierter AZ<br />
- Ikterus<br />
- Neurologische Symptomatik (Benommenheit, Delirium Muster) – durch Exsikkose<br />
Laborbefunde:<br />
- Ketonurie<br />
- Bilirubin ↑<br />
- Elektrolytentgleisung (K+, Cl-)<br />
- Hämatokrit ↑ (durch Flüssigkeitsverlust/Flüssigkeitsverschiebung)<br />
Seite 17<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Mütterliche Erkrankungen<br />
Therapie - Allgemein<br />
Emesis gravidarum - ambulant / Hyperemesis gravidarum - stationär<br />
Allgemeine Verhaltensregeln zur Beratung bei Emesis gravidarum<br />
- Häufige, über den Tag verteilte kleine Essmengen.<br />
- KEINE kohlesäurehaltigen Getränke, KEIN Tee / Kaffee<br />
- EINE scharf gewürzten Speisen<br />
- Bei morgendlicher Übelkeit - Essen vor dem Aufstehen<br />
- Flüssigkeitszufuhr - häufig kleine Mengen über den Tag verteilt<br />
- Geschnittenes Obst in kleinen Portionen (CAVE: säurehaltiges Obst)<br />
- Große Nahrungsmengen in großen Anständen<br />
Hausmittel:<br />
Ingwer<br />
Extrakt aus dem Wurzelknollen des Zingiber Officinale wird in der chinesischem und indischen Medizin seit<br />
Jahrtausenden für unterschiedliche Indikationsstellungen, u.a. auch bei Erbrechen, verwendet.<br />
Ingwer ist in Europa vom Mittelalter an weit verbreitet. Ingwer findet es sich als Bestandteil eines "gar guyten<br />
Magenpulvers" und eines "guyten Pulvers für den Schwindel" im Rezeptbuch der Tiroler Landesfürstin Philippine<br />
Welser(1527-1580).<br />
randomisierte Doppelblindstudie in Thailand:<br />
- 70 Frauen mit Schwangerschafts-erbrechen<br />
- über 4 Tage entweder<br />
∙ 250mg frische Ingwerwurzel<br />
∙ Plazebo<br />
- Signifikant mehr Frauen der Ingwer-Gruppe berichteten von einer deutlichen Besserung ihrer Symptome<br />
Akupunktur<br />
In einer Studie einer englischen Arbeitsgruppe wurden 55 Frauen mit Schwangerschaftserbrechen<br />
- von einem Könner mit Nadeln an den korrekten Punkten akupunktiert.<br />
- wahllos mit einem Cocktail-Spießchen gestochen.<br />
In beiden Behandlungsgruppen kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Symptome im Lauf der Behandlung.<br />
Das Gefühl, ernst genommen zu werden, die Möglichkeit, mit einem geduldigen fachkundigen Zuhörer ausführlich über<br />
die eigenen Beschwerden zu reden, hat eine ganz wesentliche Wirkung?<br />
Therapie der Hyperemesis<br />
Allgemeine Verhaltensregeln zur Beratung bei Emesis gravidarum<br />
- Stationäre Aufnahme - Ruhe (Beschränkung des Besuches)<br />
- Flüssigkeitszufuhr (mindestens 3000 ml / die)<br />
- Nahrungskarenz in den ersten 24 h<br />
- Elektrolytausgleich<br />
- Medikamentöse Therapie der Emesis<br />
Problematik - Medikamentöse Therapie in der Frühschwangerschaft<br />
Contergan in 60iger Jahren als Schlafmittel / bei Übelkeit verwendet<br />
Medikamentöse Therapie<br />
Therapie der 1. Wahl - Vertirosan® (Dimenhydrinat)<br />
Dosierung: 1x1 Tbl. / Supp. Alle 4-6 h<br />
Wirkt unter Umständen Wehen induzierend - daher nicht im 3. Trimenon<br />
Anticholinerge Wirkung (AU (Sehstörung) - MU (Mundtrockenheit) – BLA (Blasenentleerungsstörungen) - DA<br />
(Obstipation)<br />
KI: Glaukom, Porphyrie, Herzrhythmusstörung (cave: Hypokaliämie), „long-QT“, Pylorusstenose, Epilepsie (Eklampsie)<br />
Studie 1964 konnte keine teratogene Wirkung feststellen, ABER Collaborative Perinatal Project Study (1977) zeigte an 319<br />
Schwangeren fraglichen Zusammenhang mit Inguinalhernie und kardiovaskulären Fehlbildungen.<br />
Metaanalyse aller Studien 1960 - 1991 (200,000 Schwangere) zeigte KEINE Teratogenität [Seto A et al. (1997)]<br />
Therapie der 1. Wahl - Promethazin® vs. Paspertin®<br />
150 Frauen in Metoclopramid und Promethazin randomisiert<br />
Metoclopramid deutlich geringere Nebenwirkungen, weniger Erbrechens-Episoden, weniger Therapieabbrüche<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 18
Gynäkologie<br />
Mütterliche Erkrankungen<br />
2. Hämodynamische Veränderungen<br />
- Flussverlangsamung<br />
- Venentonus ↓<br />
- Kompression der Gefäße durch den Uterus<br />
- Immobilisierung (iatrogen) der Patientin (z.B. bei FGB)<br />
3. Varikose<br />
Kompensation der thrombosefördernden Faktoren:<br />
Physiologische Hämodilution (Anstieg des Plasmavolumens)<br />
Vasodilation + höhere HF führen zu einer Erhöhung des Herzzeitvolumens (ca. 30 - 50%)<br />
Verbesserung der Mikrozirkulation<br />
Prophylaxe<br />
1. Physikalische Maßnahmen<br />
- Kompressionsstrümpfe<br />
- Mobilisierung<br />
2. Medikamentöse Maßnahmen<br />
- Heparin (bei belastender Anamese)<br />
- Orale Antikoagulantien sind kontraindiziert<br />
Warfarin-Embryopathie (Embryopathie bei Einnahme in 6. - <strong>12</strong>. SSW)<br />
Nasenhypoplasie + Entwicklungsstörung der Epiphysen (Chondrodysplasia punctata)<br />
Blutungen in späterem SS-Verlauf führt zu ZNS-Defekten, Mikrozephalie, Optikusatrophie<br />
Gastroösophageale Refluxkrankheit<br />
Sodbrennen - häufigstes Symptom in der Schwangerschaft (50-72 %)<br />
Bei anhaltendem Reflux Ösophagitis mit Stenose möglich<br />
Therapie:<br />
- kleine dafür häufige Mahlzeiten<br />
- Vermeidung von Alkohol, Nikotin, Kaffee und süßer Kohlehydrate<br />
- Erhöhung des Bettkopfteiles um 10-15 cm<br />
- Antacida (Mg-haltig: Mg hilft auch gegen Obstipation → daher in der Schwangerschaft besonders geeignet)<br />
- bei ausgeprägter Symptomatik H2-Rezeptor-Antagonisten (Zantac®)<br />
Niere und ableitende Harnwege<br />
- 2 - 10% asymptomatische Bakteriurie (ASB - mehr als 10,000 Keime/ml)<br />
- 1% Zystitis<br />
- 1-2% Pyelonephritis<br />
Symptome:<br />
- Dysurie / Pollakisurie<br />
- Fieber<br />
- Unterbauchschmerzen<br />
- Flanken-und Nierenklopfschmerzen<br />
- Übelkeit und Erbrechen<br />
- vorzeitige Wehen<br />
Problem 1 - „physiologische“ Hydronephrose begünstigt Pyelonephritis<br />
Problem 2 - nicht behandelter HWI / Kolpitis führt zu aszendierender Infektion<br />
Diagnostik:<br />
- Harntest (Nitrit)<br />
- Harnkultur<br />
- Leukozyten<br />
- CRP<br />
Therapie:<br />
- obligat antibiotische Therapie<br />
∙ orale Penicilline (8-10 d)<br />
∙ Cephalosporine<br />
∙ Trimethoprim<br />
∙ (Ø Gyrasehemmer)<br />
- Spasmolytika<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 20
Mütterliche Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
Erkrankungen der Leber<br />
Ikterus<br />
1. Ikterus in graviditate (neben SS vorliegend)<br />
- akute Virushepatitis (10%)<br />
- extrahepatische Cholestase (6%)<br />
- chronische Hepatitis/Zirrhose (10%)<br />
2. Ikterus e graviditate (aus SS hervorgehend)<br />
- intrahepatische Schwangerschaftscholestase (20%)<br />
- HELLP (10%)<br />
- akute Schwangerschaftsfettleber (0.4% !)<br />
Intrahepatische SS-Cholestase<br />
- Inzidenz: 1:500 - 1:2000; familiäre Häufung, gehäuft in Skandinavien, Chile, Bolivien<br />
- Pathogenese: ungeklärt; gesteigerte Östrogenempfindlichkeit (ähnliche Symptomatik bei Pilleneinnahme<br />
beschrieben)<br />
∙ Wiederholungsrisiko > 20%<br />
- Klinik: Pruritus, leichte Übelkeit , meist nur minimaler Ikterus<br />
∙ Hyperbilirubinämie + alkalische Phosphatase ↑<br />
∙ Gallensäuren (Serum und Harn) ↑↑; γGT, LDH normal<br />
- Therapie: Cholestyramin (Ursodeoxycholsäure) 4 x 4 g/d + Vit A/D/E/K<br />
- Prognose: FGB (20%); IUFT (1-2%) daher CTG ab 34. SSW, eventl. Sektio ab 38. SSW)<br />
DD: Cholelithiasis in grav.<br />
- Inzidenz: unklar; 0,1% der SS<br />
- Pathogenese: unklar; erhöhter Gallensäurepool, verminderter enterohepatischer Kreislauf<br />
- Klinik: Schmerzen im Epigastrium und rechten OB; Überlkeit<br />
- DD:<br />
∙<br />
∙<br />
Akute SS-Fettleber<br />
Akute virale Hepatitis, Duodenalulkus, akute Panreatitis, PE, akute SS-Fettleber, Appendizitis<br />
Präeklampsie, HELLP<br />
• Rechtsseitige Oberbauchschmerzen (besonders im 3. Trimenon) immer Alarm: kann erstes<br />
Zeichen einer Präeklampsie sein → entwickelt sich dann über Stunden<br />
- Häufigkeit: 1 :13000 Schwangerschaften; 28. - 40. SSW (30% mit Präeklampsie<br />
- Klinik:<br />
∙ Übelkeit, Inappetenz, OB-Schmerzen, (später) Ikterus<br />
∙ neurologische Symptome (Konvulsionen)<br />
∙ GI-Blutungen, akute hämorrhagische Diathese,<br />
∙ Niereninsuffizienz, letztlich Multiorganversagen<br />
- mütterliche Letalität 20% !!!<br />
- Diagnostik: Histologie<br />
- Therapie:<br />
∙ Beendigung der Schwangerschaft<br />
∙ symptomatisch<br />
Herzerkrankungen<br />
Häufigkeit: 0,2 - 2 % (steigend !)<br />
Ursachen:<br />
- Rheumatisch bedingte Herzerkrankung (abnehmend)<br />
- Angeborene Vitien (Risiko für ein fetale Herzvitium 6% erhöht)<br />
- koronare Herzkrankheit (Diabetes, Nikotin)<br />
Frauen mit nicht medikamentös/operativ therapierbarer NYHA 3 & 4 sollte eine SS eher abgeraten werden; dilatative<br />
Kardiomyopathie, Marfan-Syndrom, pulmonale AV-Fistel relative Indikation zum SS-Abbruch.<br />
Gefahren einer kardialen Dekompensation durch SS<br />
- 28.-34. SSW: max. Blutvolumen u. Herzzeitvolumens-Steigerung<br />
- Eröffnungsperiode: wehensynchrone Druck- und Volumenserhöhung<br />
Seite 21<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Mütterliche Erkrankungen<br />
- Austreibungsperiode: max. zentralvenöser + arterieller Druck (3200 mm Hg)<br />
- Unmittelbar post partum:<br />
∙ Auspressvolumen des Uterus, Dekompression der Vena cava<br />
∙ Mobilisierung von interstitiellen Wasser<br />
Gefahren einer kardialen Dekompensation durch SEKTIO<br />
- Volumen- und Druckschwankungen, Beatmungskomplikationen) und Regionalanästhesie (Hypotonie,<br />
Verminderung des „cardiac output“ →Herzminutenvolumen Senkung)<br />
- akute Volumen- und Druckbelastung durch die medikamentös induzierte Uteruskontraktion während der<br />
Operation sowie die plötzliche Dekompression der V. cava inferior<br />
- unkontrollierte Volumensubstitution intra und post operativ (cave: Lungenödem),<br />
- Shuntumkehr bei Senkung des peripheren Widerstandes und damit verbundenem Blutdruckabfall.<br />
Die Sectio schafft zwar während der Operation für Mutter und Kind stabile Bedingungen, allerdings ist das Risiko einer<br />
kardialen Dekompensation nach der Operation deutlich erhöht<br />
Peripartale Kardiomyopathie - Meadows Syndrom<br />
- Epidemiologie: 1:3000 - 8000; 3. Trimenon - 6 Monate pp.<br />
- Ätiologie: Multifaktoriell: unerkannte Virusinfekte, Autoimmunprozesse und genetische Prädisposition<br />
- Pathologie: Dilatative Kardiomyopathie: Muskelfaserdegenerationen, interstielles Ödem, fokale Fibrosierung,<br />
perivaskuläre Infiltrate<br />
- Klinik: Zeichen der Herzinsuffizienz bei systolischer Dysfunktion des linksventrikulären Myocards, Angina pectoris,<br />
Palpitationen<br />
- Prognose: 10 - 30 % Mortalität<br />
∙ Hohes Wiederholungsrisiko<br />
∙ Indikation für Schwangerschaftsabbruch<br />
Vena Cava Kompressionssyndrom<br />
→ bleibt in den meisten Fällen unerkannt<br />
Sonderform der Hypotonie bei Rückenlage der Schwangeren auftretend. Druck des schwangeren Uterus auf V. cava<br />
inferior führt zur Verminderung des kardialen Rückstroms und zur Verminderung´des HZV + peripheren Durchblutung.<br />
Symptome: Schwindel, Atemnot, Erstickungsgefühl → CTG-Veränderungen (Bradykardie) infolge unteriner<br />
Minderperfusion (wannenförmige Dezeleration)<br />
Prophylaxe: Lagerung der Schwangeren in LINKSSEITENLAGE<br />
DD: Akutes Abdomen in der Schwangerschaft<br />
- Perforationsperitonitis<br />
- mechanischer Ileus (Briden)<br />
- akute Pankreatitis<br />
- komplizierte Cholelithiasis (Empyem)<br />
- intraabdominelle Blutung (Leberruptur, Milzruptur)<br />
- Mesenterialgefäßverschluß<br />
- Harnwegsinfekt, Pyelonephritis<br />
- (vorzeitige) Plazentasitzlösung<br />
- Wehen<br />
- Uterusruptur<br />
- Leberruptur beim HELLP-Syndrom<br />
- Tubarruptur<br />
- Torsion von Ovarialzysten<br />
- septischer Abort + Peritonitis<br />
Appendizitis<br />
- Epidemiologie: Häufigste chirurgische Komplikation während der Schwangerschaft (1:1000 - 1:2000)<br />
- Klinik:<br />
∙ Übelkeit, Erbrechen, Druckschmerz<br />
∙ Abwehrspannung<br />
∙ Psoas- und Douglasschmerz<br />
∙ Leukozytose > 15000/μl (CRP ↑) – unspezifisch (bei einer Schwangerschaft physiologischerweise leichte<br />
Leukozytose und CRP-Erhöhung)<br />
∙ Fieber (rektal > axillar)<br />
- Therapie:<br />
∙ Laparotomie<br />
∙ gleichzeitig Sectio (wenn Kind lebensfähig) oder Tokolyse postoperativ<br />
∙ Antibiotika perioperativ (wird bei einer klassischen Appendizitis nicht benötigt)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 22
Mütterliche Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
McBurney-Punkt wird durch die<br />
Schwangerschaft verlagert<br />
Colon hebt sich → daher wandert<br />
Appendix in den Oberbauch (im 3.<br />
Trimenon<br />
können<br />
Oberbauchschmerzen re auftreten)<br />
Außer bei Colon fixatum: rutscht<br />
hinter den Uterus → Appendix bleibt<br />
kaudal)<br />
Appendizitis in der Schwangerschaft<br />
daher oft schwer diagnostizierbar<br />
Unfallverletzungen in der Schwangerschaft<br />
- Sicherheitsgurte: mütterliche Letalität ↓ (7.8% auf 3.6%), kindliche Mortalität ↑ (14.4% auf 16.2%)<br />
∙ Beachte: Ursache meist falsch angelegte Sicherheitsgurte<br />
- Bauchtrauma:<br />
∙ Uterus + Fetus selten betroffen<br />
∙ Abortus selten (Schutz durch knöcherne Becken)<br />
∙ vorzeitige Plazentasitzlösung (Sono-Ko)<br />
- Häufigste kindliche Verletzung ist Schädelfraktur<br />
- Bei Schock der Mutter cave fetale Asphyxie<br />
- Stets Tetanusprophylaxe<br />
- Peri-mortem Sektio (Sectio bei verstorbener Mutter)<br />
∙ Problem: Reanimation einer Schwangeren sehr schwierig und meist geringe Erfolgsrate<br />
∙ Wenn man eine Sectio bei einer reanimationspflichtigen Frau durchführt, muss damit gerechnet<br />
werden, dass die erfolgschancen der Reanimation durch den Blutverlust bei der Sectio noch geringer<br />
sind<br />
∙ Peri-Mortem Sectio nicht eindeutig geregelt – wird von Fall zu Fall entschieden<br />
∙ Prognose für Mutter und Kind schlecht<br />
Nach stumpfem Bauchtrauma sollten schwangere Frauen immer 24h zur Beobachtung stationär aufgenommen werden<br />
(früher wurde zur Entscheidung, ob eine Aufnahme gemacht werden soll, fetales Hb gemessen → allerdings sehr viele<br />
falsche Ergebnisse, daher heute nicht mehr)<br />
Seite 23<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Gestationsdiabetes<br />
09.11.11 – Reimer<br />
Diabetes in grav. (VL vom 19.10.)<br />
Formen des Diabetes<br />
Auch beim Schwangerschaftsdiabetes werden der „echte“<br />
Diabetes und die gestörte Glukosetoleranz unterschieden<br />
Diabetes in grav. White Klassifikation des Diabetes mellitus<br />
(Diese Einteilung wird bei uns selten verwendet)<br />
Häufigkeit<br />
0,5 - 1 % der Schwangerschaften betreffen Diabetikerinnen<br />
2% der Schwangeren entwickeln einen Gestationsdiabetes<br />
Kinder diabetischer Mütter haben ein 2- 4 x höheres Risiko für<br />
Einzel- und Mehrfachbehinderungen<br />
Prozentsatz von Malformationen korreliert mit dem HbA1c<br />
Risikofaktoren<br />
- Alter > 30a<br />
- Adipositas (BMI > 27.0 kg/m²)<br />
- Glucosurie bis zur 24. SSW<br />
∙ Bei jeder Untersuchung einer Schwangeren sollte auch der Harn untersucht werden<br />
- auffällige SS-Anamnese: Z.n. Makrosomie, Z.n. IUFT/Totgeburt<br />
- Z.n. schwere kongenitale Fehlbildung in vorheriger SS<br />
- Abortus habitualis (mehr als 3 Aborte in Folge)<br />
∙ Ursache kann eine gestörte Glukosetoleranz sein<br />
- Z.n. GDM in vorheriger SS<br />
- familiäre Belastung (Diabetes bei Eltern, Geschwister)<br />
- Hypertonie (der gesamte Formenkreis des metabolischen Syndroms geht mit einem erhöhten Risiko einher)<br />
- Proteinurie<br />
- Präeklampsie<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 24
Gestationsdiabetes<br />
Gynäkologie<br />
Definition<br />
Gestationsdiabetes (ICD-10: O24.4) ist definiert als eine erstmals in der SS aufgetretene oder diagnostizierte<br />
Glukosetoleranzstörung. Die Definition ist unabhängig davon, ob Insulin benötigt wurde oder die<br />
Glukosestoffwechselstörung nach der SS fortbesteht. (AWMF-Leitlinien-Register 2001)<br />
Symptomenkomplex des Feten (und Neugeborenen) durch intrauterin erhöhten Blutzuckerspiegeln bei Erkrankung der<br />
Mutter an Diabetes mellitus<br />
Jedes Kind einer Mutter mit insulinpflichtigem Diabetes benötigt postnatal eine intensive Überwachung<br />
Formen<br />
Diabetische Embryopathie (4-10%)<br />
Schädigung in den ersten 8. Schwangerschaftswochen (SSW)<br />
- Fehlbildungen (kardial, renal, gastrointestinal, neuronal, skelettal)<br />
- Abortus (bis 50%) abhängig von Ausprägung und Dauer<br />
Diabetische Fetopathie (40%)<br />
Noxe erst in Fetalperiode wirksam (nach 28. SSW)<br />
- Makrosomie<br />
- IUFT durch Plazentainsuffizienz (ab 34.SSW) - perinatale Mortalität (6%)<br />
- Frühgeburtlichkeit und/oder postpartale Adaptationsstörung<br />
- Kardio-, Hepato-, Splenomegalie durch Glykogeneinlagerungen<br />
- Polyhydramnion (10%) durch fetale Polyurie<br />
Folgen (der Fetopathie)<br />
- Geburtsgewicht > 4000 g 80 %<br />
- Fehlbildungen 5-10%<br />
∙ Cardiale Vitien 21%<br />
∙ ZNS / Neuralrohrdefekte (Hydrocephalus) 18%<br />
∙ thorako-lumbale Rippen- und Wirbelstörungen 10%<br />
∙ kaudales Regressionssyndrom 5%<br />
• (Fehlen/Hypoplasie des Beckens, Sakrum, Muskelhypoplasie, Paresen, Kontrakturen)<br />
∙ Klumpfuß, Hüftluxationen<br />
∙ Atresien Gastrointestinaltrakt<br />
∙ Nierenagenesie<br />
Differentialdiagnosen<br />
- Physiologisch bei konstitutionellem Großwuchs<br />
- Hydrops fetalis<br />
∙ hohes Geburtsgewicht durch Ödeme, keine echte Makrosomie<br />
- Beckwith-Wiedemann-Syndrom<br />
∙ Exomphalos-Makroglossie-Gigantismus-Syndrom = EMG-Syndrom)<br />
∙ Chrom. 11, Häufigkeit ca. 1:15,000<br />
- seltene Syndrome<br />
∙ Sotos und Weaver Syndrom<br />
Pathogenese<br />
- Glukose ist plazentagängig, erreicht damit den fetalen Kreislauf<br />
- fetale BZ-Konzentration ↑ bei mütterlichen Hyperglykämien<br />
- Fetales Pankreas antwortet mit Hyperinsulinismus und fetaler β-Zell-Hyperplasie<br />
- Hyperinsulinismus wirkt als Wachstumsfaktor (Insulin, IGF-1)<br />
dadurch anabole Stoffwechsellage → Zuckermast, Organwachstum (Ventrikelseptum)<br />
=> Pedersen’s Hypothese<br />
Vergrößerte Organe, Makrosomie (LGA – large for gestational age)<br />
- durch Lipogenese & Proteinsynthese Geburtsgewicht > 90. Perzentile<br />
Polyglobulie<br />
- GDM geht häufig mit einer Plazentarinsuffizienz einher<br />
- hohes Insulin fördert Erythrpoetin-Freisetzung → Erytrhopoese steigt<br />
- fetale Hypoxie und gesteigerten oxidativen Umsatz, erhöhte Thromboseneigung<br />
Seite 25<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Gestationsdiabetes<br />
Hypoglykämie beim Neugeborenen<br />
- durch verzögerte Regression des kindl. Hyperinsulinismus<br />
- postnatal verzögerte hepatische Glukoneogenese<br />
∙ v.a. 1-3h postnatal<br />
∙ Plasmaglucose >6mmol/l in letzten 4h präpartal erhöht<br />
SONO<br />
DD: Makrosomie - Exakte Bestimmung des Gestationsalters<br />
- Messung:<br />
∙ Scheitel-Steiß- Länge (SSL)<br />
∙ Crown-rump-length (CRL)<br />
- Zeitpunkt:<br />
∙ 15 mm (8 Wo) - 54 mm (<strong>12</strong> Wo)<br />
- Terminexaktheit +/- 4 Tage<br />
Biometrie<br />
Gestationsalter mit Terminbestimmung aus Ersttrimester-Sono<br />
exakte Biometrie (richtige Einstellung) des Abdomenumfang (AU)<br />
Vergleich in Überschau mit BIP, HC und FL<br />
normaler Abdomenumfang schließt schweren fetalen Hyperinsulinismus weitestgehend aus<br />
Subkutanes Fettgewebe<br />
The majority of sonographic EFW (estimated fetal weight) formulas do not take body composition into account.<br />
Because body composition can vary greatly, even in the fetus, significant variation in birth weight can occur among fetuses<br />
with similar biometric parameters. Body fat accounts for 14 percent of the BW (body weight) in neonates, but 46 percent<br />
of BW variance<br />
Bernstein, Obstet Gynecol 1992<br />
Zunahme des subcutanen Fettgewebes bei<br />
unzureichender BZ-Einstellung<br />
Längsschnitt Oberarm<br />
Polyhydramnion<br />
- Z.B. auch bei Ösophagusatresie<br />
- Fruchtwasser Index<br />
∙ semiquantitative Methode durch Messung des tiefsten vertikalen Fruchtwasserdepots in allen 4<br />
Quadranten<br />
- Faustregel > 20.SSW<br />
∙ kindlicher Abdomenumfang (AU) hat noch 2x Platz im Fruchtwasser<br />
- cave<br />
∙ Adipositas lässt Fruchtwasser-Menge geringer erscheinen, Streuung an Grenzflächen durch<br />
Reverberation (Nachhall)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 26
Gestationsdiabetes<br />
Gynäkologie<br />
Maternale Risiken<br />
- Harnwegsinfektionen<br />
- vulvovaginale Infektionen (Soor)<br />
- hypertensive Schwangerschaftserkrankungen<br />
Prognose Verschlechterung des maternalen / fetalen Outcome durch<br />
- Pyelonephritis<br />
- schwere Ketoazidose<br />
- hypertensive Schwangerschaftserkrankung<br />
- mangelhafte Betreuung bzw. Compliance<br />
Screening – oGTT<br />
- oGTT zwischen der 24.-28. SSW:<br />
∙ 50g GLU, BZ-Ko 1h nach Einnahme<br />
∙ falls BZ > 140mg/dl -> oGTT mit 75g<br />
- Normwerte:<br />
∙ nü < 90mg/dl<br />
∙ 1h < 190mg/dl<br />
∙ 2h < 160mg/dl<br />
- 1 Wert pathol., Ko in spätestens 4 Wochen > IGT (gestörte Glu Toleranz)<br />
- 2 Werte pathol. / mehrfach erhöhtem nüBZ > 100mg/dl > GDM gesichert<br />
Überwachung der Schwangeren<br />
Normale MKP-Untersuchungen reichen bei GDM nicht aus<br />
→ die Schwangere muss engmaschiger kontrolliert werden<br />
Einstellung des Zuckers<br />
Seite 27<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Gestationsdiabetes<br />
Insulintherapie<br />
Tritt nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen (Diät, Gewichtsreduktion, Bewegung, etc.) ein.<br />
Mütterliche Indikation zur Insulintherapie: Mehrfache Überschreitung der Zielwerte (mindestens 2 präprandial u/o<br />
postprandial erhöhte Werte an 2 Tagen innerhalb einer Woche)<br />
Fetale Indikation:<br />
- Verdacht auf fetale Makrosomie (AU > 75. Perzentile)<br />
∙ Im Ultraschall sicher sein, dass es wirklich eine Makrosomie ist und nicht nur ein LGA (large for<br />
gestational age)<br />
∙ Makrosomie ist nur eine relative Indikation zur Insulintherapie<br />
- Fetaler Hyperinsulinismus (nach FW-Insulinbestimmung)<br />
Therapie – sonstige<br />
- optimale BZ-Einstellung (Diät/Insulin)<br />
- Intensive Schulung: Bewegung, Diät<br />
- HbA1c alle 4 Wo<br />
- CTG Ko wö ab der 28. SSW<br />
- Fetometrie alle 10 die ab der 30. SSW<br />
- Geburtseinleitung (cave: Gynipral und SoluCelestan sind diabetogen!) - ENTBINDUNG am TERMIN<br />
- GDM ist primär KEINE Sektio Indikation (CAVE: GG > 4,500g)<br />
- pp BZ KO beim Kind, evtl. internist./ophthalmolog. Konsil der Mutter<br />
Therapie<br />
- Diätetische Maßnahmen<br />
- Insulin ev. Pumpe<br />
- orale Antidiabetika sind kontraindiziert<br />
∙ Metformin u.a. sind fetotoxisch<br />
- DM-Typ I bereits präkonzeptionell einstellen<br />
∙<br />
Peripartale Überwachung<br />
Insulinpflichtiger Diabetes vor der Schwangerschaft wird durch die Schwangerschaft verstärkt → höhere<br />
Insulinspiegel nötig<br />
- Peripartale, kontinuierliche CTG-Überwachung empfohlen<br />
- Non-Stress-Test (CTG): fehlende Akzeleration im CTG – Geburtseinleitung<br />
- Biophysikalischer Sono-Score zur Abschätzung des Risikos<br />
Stadien der pränatalen Entwicklung<br />
- Blastogenese (Tag 1 - 14 p.c.) > Blastopathien<br />
- Embyrogenese (Tag 15 - 56 p.c.) > Embryopathien<br />
- Fetalperiode (Tag 57 - 266 p.c.) > Fetopathien<br />
Blastogenese - EW 1<br />
Fetales Wachstum und NT-Messung<br />
- Embryonales Gewebe mit hoher Potenz zu Reparatur und Heilung.<br />
- Toxische Schädigung führt zu kompletter Heilung oder Absterben der<br />
- Fruchtanlage – „Alles oder Nichts“<br />
Embryonalwoche 1 (= 3. SSW)<br />
- 30 h nach Konzeption - erste Zellteilung<br />
- Tag p.c. (post conceptionem) - Morulastadium (16-Zellstadium); Eintritt in den Uterus<br />
- Tag p.c. - Blastozyste (0.1 - 0.3 mm)<br />
- 5.-6. Tag p.c. - Nidation<br />
Blastogenese - EW 2<br />
Embryonalwoche 2 (= 4. SSW – weil Schwangerschaft vom ersten Tag der letzten Regel gerechnet wird)<br />
- Blastozyste dringt in das Endometrium ein, Abschluss der Nidation am Ende der 2. Woche p.c.<br />
- Bildung von Amnion und Dottersack<br />
- Embryoblast besteht aus 2 Zellschichten; Anlage der Neuralplatte erkennbar.<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 28
Fetales Wachstum<br />
Gynäkologie<br />
Embryopathien:<br />
- Alkohol<br />
- Antikonvulsiva (Phenytoin, Barbiturate)<br />
- Kumarinderivate (Warfarin)<br />
- Vit-A-Derivate<br />
- Folsäureantagonisten (MTX)<br />
∙ Methotrexat z.B. auch in der konservativen Therapie der EU-Gravidität<br />
verwendet<br />
- Virale Infektionen (z.B. Röteln)<br />
Embryogenese - EW 3<br />
Embryonalwoche 3 (= 5. SSW)<br />
- Bildung von Zotten, welche sich verzweigen; Blutgefäße bilden sich innerhalb der<br />
Zotten > Gasaustausch erfolgt über die Plazenta<br />
- Neuralplatte wölbt sich auf und beginnt Neuralrohr.<br />
- Primitiver Herzschlauch.<br />
Embryogenese - EW 4<br />
Embryonalwoche 4 (= 6. SSW)<br />
- Schluss des Neuralrohrs.<br />
- Einfacher Blutkreislauf; positive Herzaktion (um Tag 45 p.c.).<br />
∙ Sobald eine positive Herzaktion festgestellt wurde, wird der MKP ausgestellt<br />
- Bildung der Kieferwülste, Augen- und Ohrgruben.<br />
Sonographie:<br />
Dottersack sichtbar (2 - 4 mm)<br />
Fetale Anteile sichtbar<br />
SSL = 4 - 8 mm<br />
Embryogenese - EW 5/6<br />
Embryonalwoche 5/6 (= 7./8. SSW)<br />
Kopfentwicklung<br />
- Entstehung des Vorderhirns, der Augen.<br />
- Herz weist 4 Kammern auf; Blutbildung in der Leber.<br />
- Finger und Zehen werden erkennbar.<br />
- Embryo beginnt sich „einzurollen“ (embryonal curling-up)<br />
Embryogenese - EW 7/8<br />
Embryonalwoche 7/8 (= 9./10. SSW)<br />
Gliedmaßen und Bewegung<br />
- Beginnende Verknöcherung der Gliedmaßen.<br />
- Ausbildung und Innervation der Muskeln.<br />
Seite 29<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
fetales Wachstum<br />
- Physiologischer „Nabelbruch“.<br />
∙ Darm wächst schneller als das Kind und wird kurzzeitig ausgelagert<br />
Embryogenese - EW 9/10<br />
Embryonalwoche 9/10 (= 11./<strong>12</strong>. SSW)<br />
- Erste Reflexe auslösbar.<br />
- Anlage von Nägeln, Haare, Zähnen.<br />
- Niere nimmt Funktion auf.<br />
- (theoretisch) Geschlechtsunterschiede am äußeren Genital erkennbar<br />
(EW 10).<br />
Fetogenese - EW 11/<strong>12</strong><br />
Embryonalwoche 11/<strong>12</strong> (= 13./15. SSW)<br />
- Bewegung der Gliedmaßen sichtbar.<br />
- Längenwachstum - physiologische Nabelhernie verschwindet.<br />
∙ Abdomen sieht jetzt wesentlich flacher aus<br />
- Gesichtsstrukturen erkennbar.<br />
- Sonographische Evaluierung von Magen, Blase möglich. NT-Messung.<br />
Kritische Phase für spezifische Organ - FB<br />
Organsystem<br />
SSW (p.m.)<br />
Neuralrohr 6<br />
Extremitäten 6-8<br />
Gaumen/Gesicht 11-14<br />
Herz 5-8<br />
Gefäßsystem 5-10<br />
Geschlechtsorgane 8-14<br />
Augen/Ohren 5-9<br />
Diagnostik im 1. Trimenon (SSW 1-<strong>12</strong>)<br />
Nach Degenhardt 1971<br />
- Nachweis und Lokalisation der SS<br />
- Identifizierung fetaler Strukturen / Vitalitätskontrolle<br />
- Nachweis / Ausschluss von Mehrlings-SS<br />
- Biometrie / Festlegung des Gestationsalters<br />
- Besonderheiten des Uterus und der Adnexe<br />
Fruchtsack<br />
- darstellbar ab 3 mm; ab 4+1 SSW<br />
- echoleere Ringstruktur mit hyperechogenem Randsaum<br />
- ab βHCG 800 - 1,000 IE/l entspricht 5 - 6 mm<br />
- 10. SSW 40 - 45 mm<br />
Dottersack<br />
- ab 4+1 SSW<br />
- Kontinuierliche Zunahme bis 10. SSW bis 5.5 mm (bleibt bei dieser Größe stehen)<br />
Embryonalanlage, HT, Bewegung<br />
- HT positiv ab 5+1 SSW<br />
- In der 5./6. SSW als uniforme, hyperdense<br />
Struktur im FS erkennbar<br />
- Physiologische Nabelhernie 9. - <strong>12</strong>. SSW<br />
- Aktive Bewegungen ab der 8. SSW<br />
- Scheitel-Steiß-Länge (SSL) bis <strong>12</strong>. SSW zur<br />
Bestimmung/Korrektur des Gestationsalters.<br />
SSL-Bestimmung in 8. - <strong>12</strong>. SSW legt GA (± 5 Tage) in 95%<br />
der Fälle korrekt fest.<br />
NT-Messung (SSW 11-14!!!)<br />
Ein Screening Test ergibt eine „individuelle Statistik“<br />
Wie hoch ist das Risiko eines genetischen Defektes bei einer bestimmten Patientin in der gegenwärtigen SS?<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 30
Fetales Wachstum<br />
Gynäkologie<br />
Ein invasiver Test (AC, CVS) ergibt eine „sichere Diagnostik“<br />
- Sensitivität bei beiden Methoden gleich<br />
- Risiko einer Abortinduktion ca. 1%<br />
- AC erst ab 15. SSW (frühere AC erhöht Abortrisiko auf ca. 2%)<br />
- CVS erst ab 11. SSW (frühere CVS erhöht Amputationsrisiko)<br />
Das Risiko eines genetischen Defekts (z.B. Trisomie-21) steigt mit dem mütterlichen Alter - Traditionelles Screening<br />
basierend auf mütterlichem Alter<br />
Prävalenz Trisomie-21 ca. 1:500.<br />
Allen Schwangeren > 35 Lj. Wird eine AC / CVS angeboten<br />
- Nur 50% der Tri-21 SS werden bei 20,000 Tests entdeckt<br />
- Mit 200 iatrogenen Aborten ist zu rechnen<br />
Kombiniertes Screening basierend auf mütterlichem Alter + Bluttest (PAPP-A, freies HCG) + NT<br />
Individuelles Risiko < 1:100 in circa 3% der Tests. Sensitivität ca. 90%.<br />
Allen Schwangeren > 35 Lj. Wird eine AC / CVS angeboten<br />
- 90% der Tri-21 SS werden bei 3,000 Tests entdeckt<br />
- Mit 200 iatrogenen Aborten ist zu rechnen<br />
Kombiniertes Screening basierend auf mütterlichem Alter + Bluttest (PAPP-A, freies HCG) + NT + „neuen“ Sono-Markern<br />
(Nasal Bone)<br />
Individuelles Risiko < 1:100 in circa 2.5% der Tests. Sensitivität ca. 95%.<br />
Allen Schwangeren > 35 Lj. Wird eine AC / CVS angeboten<br />
- 95% der Tri-21 SS werden bei 2,500 Tests entdeckt<br />
- Mit 200 iatrogenen Aborten ist zu rechnen<br />
Das Risiko eines genetischen Defekts (z.B. Trisomie-21)<br />
steigt mit dem mütterlichen Alter.<br />
Sinkt jedoch mit zunehmendem Gestationsalter<br />
Seite 31<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
fetales Wachstum<br />
Nackentransparenz - eine subcutane Flüssigkeitsansammlung (Ödem) zwischen Haut und Weichteilgewebe im Bereich der<br />
zervikalen WS.<br />
Sichtbar ideal 10+0 bis 13+6 SSW<br />
SSL zwischen 45 - 84 mm<br />
Verbreitert bei chromosomalen Abnormitäten<br />
10+0 SSW:<br />
CVS vor 11. SSW nicht sicher<br />
Organe vor 11. SSW noch nicht sichtbar<br />
13+6 SSW:<br />
Abortinduktion im 1. Trimenon<br />
Breite NT verschwindet nach 14. SSW<br />
- Fetus in „neutraler Position“<br />
- Profil sichtbar<br />
- Der breiteste Abstand zählt<br />
- Messpunkt: Innen-Innen<br />
Bei überstreckter Lage des Kopfes ist die<br />
Nackenfalte verdickt!<br />
Verteilung Euploid vs. Tri-21 vs. Tri-18/-13/etc. in 100,000 SS<br />
75% der Tri-21 (150)<br />
75% der Tri-18/-13/etc. (150)<br />
mit NT oberhalb Normal<br />
4,800 (fp)<br />
300 (rp)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 32
Fetales Wachstum<br />
Gynäkologie<br />
Erhöhung der NT korreliert invers mit „gesundem Outcome“<br />
Spezielle Computersoftware „integriert“ NT und errechnet ein individuelles Risiko in Abhängigkeit des mütterlichen Alters<br />
(Hintergrundrisiko)<br />
Hintergrundrisiko<br />
NT (breit) erhöht Risiko [rot]<br />
NT (schmal) erniedrigt Risiko<br />
[blau]<br />
Risiko 20 Lj / NT (breit)<br />
Risiko 40 Lj / NT (schmal)<br />
Serumparameter zusätzlich zur NT und dem mütterlichen Risiko.<br />
1. freies HCG<br />
2. PAPP-A (pregnacy-associated plasma protein A)<br />
CAVE: Werte abhängig von (Körpergewicht, Ethnischer Herkunft, Rauchen, Mehrlingen, etc.)<br />
Trisomie 21: freies ßHCG 2-fach erhöht, bzw. PAPP-A um 50% reduziert<br />
Syndrome / Chromosomale Aberationen / Fehlbildungen, welche mit einer erhöhten NT einhergehen:<br />
Trisomie 10<br />
Pätau-Syndrom (Trisomie 13)<br />
Trisomie 15<br />
Trisomie 16<br />
Edwards-Syndrom (Trisomie 18)<br />
Down-Syndrom (Trisomie 21)<br />
Trisomie 22<br />
Triplo-X-Syndrom<br />
Tetrasomie <strong>12</strong>p<br />
Cornelia-de-Lange-Syndrom<br />
Noonan-Syndrom<br />
Turner-Syndrom<br />
Smith-Lemli-Opitz-Syndrom<br />
Joubert-Syndrom<br />
Multiple-Pterygien-Syndrom<br />
Fryns-Syndrom<br />
Zwerchfellhernie<br />
Nabelhernie<br />
Fehlbildung der Bauchwand<br />
Nierenfehlbildungen<br />
Herzfehler<br />
Frühes FFTS<br />
Seite 33<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
fetales Wachstum<br />
Diagnostik im 2. + 3. Trimenon (> SSW 13)<br />
Fetales Wachstum und Gewichtsschätzung<br />
- Fetale Vitalitätszeichen - HT / Bewegung<br />
- Fetale Gewichtsschätzung (Biometrie)<br />
- Kindslage<br />
- Lokalisation der Plazenta<br />
- Fruchtwassermenge<br />
Ab der <strong>12</strong>. SSW zunehmende individuelle Streubreite der fetalen Gewichtszunahme - Gestationsalter Bestimmung ab <strong>12</strong>.<br />
SSW ungenau<br />
Gewichtsschätzung mit Hilfe der HADLOCK-FORMEL unter Einbeziehung von:<br />
- biparietaler Schädeldurchmesser (BPD)<br />
- Kopfumfang (KU)<br />
- Abdomenumfang (AU)<br />
- Femurlänge (FL)<br />
Biparietaler Schädeldurchmesser / frontookzipitaler DM / Kopfumfang<br />
- Kopf im Horizontaldurchmesser, symmetrisch mit durchgehenden Konturen<br />
- Mittelecho durch Cavum septi pellucidi unterbrochen; Thalamuskerne parallel<br />
- Bei richtiger Einstellung sind Orbita und Cerebellum nicht sichtbar<br />
- Messpunkte: Außen - Außen (knöcherner Schädel)<br />
Abdomenquerdurchmesser / Abdomenumfang<br />
- Einmündungsstelle der Vena umbilicalis in den Sinus Venae portae „Hockeyschläger“<br />
- Abdomen soll möglichst rund zur Darstellung kommen<br />
- Schlagendes Herz nicht sichtbar - Magenblase sichtbar<br />
- Messpunkte: Außen - Außen (knöcherne Rippen)<br />
Verknöcherte Rippen<br />
Femurlänge<br />
- Ab <strong>12</strong>. SSW messbar<br />
- Femur in seiner längsten Ausdehung quer zum Schallkopf<br />
- Gemessen wir der ossifizierte Röhrenknochen (ohne Femurkern)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 34
Fetales Wachstum<br />
Gynäkologie<br />
Normkurven für fetalen Wachstumsverlauf im MKP<br />
Biparietaler Durchmesser<br />
Abdomen-Transversaldurchmesser<br />
Weitere Biometriemaße<br />
- Querdurchmesser des Cerebellum (in mm) korreliert in der 20. - 30. SSW mit dem Gestationsalter.<br />
- Orbita-Orbita Abstand (ab der 13. SSW), Humeruslänge (HL) für spezielle Fragestellungen (Fehlbildungen)<br />
∙ Heute nur im Rahmen klinischer Studien → relativ neue Maße<br />
∙ Noch nicht in den Leitlinien enthalten<br />
Cerebellum; 24. SSW<br />
Humeruslänge; 35. SSW<br />
Seite 35<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Mehrlinge<br />
10.11.11 - Widschwendter<br />
Mehrlinge<br />
Entstehung<br />
Dizygote Zwillinge<br />
- 70% aller Zwillinge sind dizygot („zweieiig“)<br />
- 2 Eizellen werden von 2 Spermatozoen befruchtet<br />
- Die sind erbverschieden<br />
- immer dichorial/diamniot<br />
- zwei Plazenten (wenn die Implantationsstellen nahe beieinander liegen kann eine gemeinsame Plazenta<br />
vorgetäuscht werden)<br />
- Das Geschlecht kann gleich oder unterschiedlich sein<br />
Monozygote Zwillinge<br />
- 30% aller Zwillinge<br />
- Erbgleich und immer gleichgeschlechtlich<br />
- Entstehen durch eine sekundäre Teilung des durch einen Spermatozoon befruchteten Hauptkerns einer Eizelle<br />
- Oft unterschiedlich groß bei der Geburt - Gefäßanastomosen<br />
FF-Transfusionssyndrom<br />
Varianten der monozygoten Zwillinge<br />
- Teilung in den ersten 2-3 Tagen (bis zum Morulastadium) = 2 Blastozysten - dichoriale/diamniote Gemini - 10%<br />
aller Zwillinge<br />
- Teilung ab 4. Tag (Blastozystenstadium) - nur das Embryoblast teilt sich - monochorial/ diamniot (20% aller<br />
Zwillinge) – FFTS-Gefahr - <strong>12</strong>-15%<br />
- Teilung nach dem 8. Entwicklungstag (erst nach Ausbildung des Amnions) - monochorial/monoamniot (1% aller<br />
Zwolinge)<br />
- Bei einer Embryonalspaltung zwischen dem <strong>12</strong>-14 Tag entstehen „Siamesische Zwillinge“ (Häufigkeit 1/45.000<br />
Geburten)<br />
- Monochoriale Zwillinge sind monozygot<br />
Entstehung – spontan<br />
30%<br />
70%<br />
Entstehung - ART/Stimulation<br />
- Transfer mehrerer Embryonen<br />
- Ovarielle Stimulation<br />
- Erhöhte Rate monozygoter Zwillinge (2-<strong>12</strong>x)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 36
Mehrlinge<br />
Gynäkologie<br />
- Veränderung der Zona pellucida durch Fertilisationstechniken<br />
Epidemiologie<br />
Häufigkeitsschätzung spontaner Mehrlinge – „Hellin-Regel“<br />
Mehrlinge n Häufigkeit = 1:85n-1<br />
Zwillinge 2 1:85 1,18%<br />
Drillinge 3 1:852 1:7225<br />
Vierlinge 4 1:853 1:614.<strong>12</strong>5<br />
Fünflinge 5 1:854 1:52.200.652<br />
Zwillingsgeburten in Österreich<br />
Zwillingsgeburten in den vergangenen 10 Jahren zw. 2,3 und 4,3% aller Geburten<br />
Epidemiologie Zwillinge spontan vs. ART<br />
<br />
<br />
Monozygot (Inzidenz)<br />
o 3-5/1000 Geburten<br />
Dizygot (Inzidenz)<br />
o variabel<br />
Faktoren, die dizygote Zwillingswahrscheilichkeit erhöhen:<br />
- Reproduktionsmedizinische Therapie<br />
- Geographische Herkunft: Afrika (1/30), Asien (
Gynäkologie<br />
Mehrlinge<br />
Vanishing Twin, Fetus papyraceus<br />
- Absterben des Fetus im 2. Trimenon<br />
Diagnostik<br />
- Sonographie in der Frühschwangerschaft<br />
- Zahl der Fruchthöhlen in der ca. 5 SSW sichtbar<br />
- Herzaktionen 6-7 SSW<br />
- 8.-<strong>12</strong>. SSW: Zahl der Chorion- und Amnionhöhlen erkennbar (nach der 13.-15. SSW nicht mehr sichtbar)<br />
∙ Lambda-Zeichen bei dichorialen-diamnioten Gemini<br />
∙ T-Zeichen bei monochorialen/diamnioten Gemini<br />
Monozygote Zwillingsschwangerschaft<br />
Je später die Teilung, umso höher das Risiko von Komplikationen<br />
Chorionizität<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 38
Mehrlinge<br />
Gynäkologie<br />
Fetal Loss Rates<br />
Komplikationen<br />
Mehrlingsschwangerschaft = Risikoschwangerschaft<br />
- Fetales Risiko:<br />
∙ Chorionizität (Monochorial):<br />
• TTTS (twin-to-twin transfusion syndrome)<br />
• TAPS<br />
• TRAP<br />
• sIUGR<br />
• IUFT<br />
∙ Frühgeburt<br />
∙ Fehlbildungen<br />
- Maternales Risiko:<br />
∙ Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (SIH)<br />
∙ Präeklampsie<br />
• Hängt zusammen mit Plazentationsstörung, diese ist bei Gemini wesentlich häufiger<br />
∙ Gestationsdiabetes<br />
∙ Postpartale Blutung: v.a. atone Blutungen durch Überdehnung des Uterus<br />
Morbidität und Mortalität bei Mehrlingen<br />
Merkmale Gemini Drillinge Vierlinge<br />
Geburtsgewicht (durchschnittlich) 2.347g 1.687g 1.309g<br />
Schwangerschaftsalter (durchschnittlich) 35,3 SSW 32,2 SSW 29,9 SSW<br />
Intrauterine Wachstumsrestriktion (IUGR) 14-25% 50-60% 50-60%<br />
Neo-Intensivtherapie 25% 75% 100%<br />
Mit schwerem Handicap - 20% 50%<br />
Risiko für Zerebralparese 4x höher 17x höher -<br />
Risiko im ersten Lebensjahr zu versterben<br />
7x höher<br />
(als Einlinge)<br />
20x höher (als<br />
Einlinge)<br />
-<br />
Morbidität und Mortalität bei Zwillingen<br />
Risiko Zwillinge<br />
- Alle Zwillinge<br />
∙ Frühgeburtlichkeit<br />
∙ IUGR<br />
∙ IUFT<br />
∙ Präeklampsie<br />
Seite 39<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Mehrlinge<br />
- Monoamniale Gemini<br />
∙ Nabelschnurverschlingungen → bis zu IUFT<br />
∙ Verhaken intrapartal<br />
- Monochoriale Gemini<br />
∙ Erhöhte Abortrate<br />
∙ Erhöhte Fehlbildungsrate<br />
∙ TTTS<br />
∙ TAPS<br />
∙ TRAP-Sequenz<br />
∙ IUGR/sIUGR<br />
Frühgeburtlichkeit: Ursachen für verminderte Schwangerschaftsdauer<br />
- Mechanische Belastung der Zervix<br />
- Uterusüberdehnung mit vorzeitiger Zervixreifung<br />
- Relativ verminderte Uterusdurchblutung (durch Überdehnung) und verminderte Plazentafunktion<br />
- Diskrepanz zwischen wachsendem Fetalgewicht und Plazentavolumen<br />
- Relative Abnahme der Progesteronspiegel<br />
Vorhersage von Zwillingsgeburt vor der 33. SSW mit Zervixlängenmessung in der 23. SSW<br />
Einer der verlässlichsten Parameter für die Vorhersage der<br />
Frühgeburtlichkeit (nicht nur bei Mehrlingen)<br />
(früher prophylaktische Cerclage durchgeführt: hat sich<br />
aber herausgestellt, dass die Cervix-stützende Funktion die<br />
Risiken – z.B. Infektion – dieser Methode nicht aufwiegt)<br />
Ursachen für IUGR<br />
- Geringere uterine Perfusion<br />
- Anomalien der Nabelschnur<br />
- Limitierte Transportkapazität der Plazenta<br />
- Ungleich verteiltes Plazentavolumen<br />
- FFTS – Hauptfaktor<br />
- Erhöhtes Anomalierisiko<br />
Monoamniale Gemini<br />
- kurze Entfernung der Nabelschnüre<br />
- in 1/3 der Fälle marginale oder velamentöse Insertion (Nabelschnur inseriert nicht direkt<br />
in der Plazenta, sondern in Eihäuten)<br />
- immer vaskuläre Anastomosen aber selten TTTS<br />
- in 2/3 Nabelschnur- Verschlingungen („Cord Entanglement“) mit Knoten<br />
- selbe Risiken wie für andere Zwillinge<br />
- 20-75% Mortalität (!)<br />
- wöchentliche Kontrollen ab der 16. SSW bis zur 26.SSW (Blasenfüllung und Doppler UA, DV & ACM) im<br />
Spezialschall<br />
- stationäre Aufnahme ab der 26.SSW<br />
- engmaschiges Monitoring mit CTG und Doppler<br />
- signifikant verbessertes Outcome mit Reduktion der Mortalität (0 vs. 14,8%) und Morbidität (29 vs.50%)<br />
- Signifikant verbessertes Outcome bei elektiver Entbindung durch Sectio bis 32+0 SSW nach Lungenreifeinduktion<br />
(Mortalität steigt ab der 30.-32. Woche stark an)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 40
Mehrlinge<br />
Gynäkologie<br />
Monochoriale Gemini<br />
Gemeinsame Plazenta hat immer Verbindungen beider fetaler Kreisläufe: AV, AA, VV<br />
Risiko im Vergleich zu DC<br />
- fetaler/perinataler Verlust x5<br />
- Neurolog. Schädigung x10<br />
- IUGR x2<br />
Spezielle Risiken: TTTS – TAPS – TRAP-Sequenz – sIUGR – sIUFT<br />
Zwillingstransfusionssyndrom<br />
Ort, von dem die beiden Feten aus der Plazenta ihr Blut erhalten ist<br />
variabel → solange die Areale getrennt sind: kein Problem; wenn<br />
allerdings Anastomosen auftreten, kann es zum Transfusionssyndrom<br />
kommen (kann nur bei einer einzigen gemeinsamen Plazenta<br />
auftreten, d.h. nur bei monochorialen Zwillingen)<br />
Anastomosen<br />
TTTS (Twin to Twin Transfusion Syndrome)<br />
gemeinsame Plazenta über Anastomosen verbunden -> Problem,<br />
sobald unbalanciert; Donor, der zu wenig Blut bekommt, wird wenig<br />
ausscheiden und dadurch auch wenig Fruchtwasser haben<br />
eine leichte Form des TTTS kann auch ohne Symptome bleiben, erst<br />
ab einem schweren Verlauf werden klinisch Symptome erkannt<br />
wichtig in der Diagnostik: Fruchtwasser und Harnblase beurteilen<br />
Diagnostische Kriterien<br />
Monochoriale Schwangerschaft<br />
Donor<br />
Rezipient<br />
Fruchtwasser Oligohydramnion Polyhydramnion<br />
Harnblase nicht darstellbar stark gefüllt<br />
Seite 41<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Mehrlinge<br />
Quintero Stadien<br />
Stadium I Poly/Oligohydramnion; Blase beim Donor darstellbar<br />
Stadium II Poly/Oligohydramnion, Blase beim Donor nicht darstellbar<br />
Stadium III Poly/Oligohydramnion mit pathologischem Doppler<br />
Stadium IV Poly/Oligohydramnion mit Aszites oder Hydrops fetalis<br />
Stadium V Intrauteriner Fruchttod<br />
Von diesen Stadien ist auch abhängig, wie und wann man interveniert<br />
Inzidenz<br />
- 1/3 der Zwillinge sind monozygot<br />
- 2/3 der MZ Zwillinge sind monochorial<br />
- 15 % der MC Zwillinge → TTTS<br />
Österreich 2008<br />
- 1.324 Mehrlingsgeburten → 43 schwere TTTS<br />
natürlicher Verlauf<br />
- > 80 % Mortalität<br />
- ca. 40 % neurologische Komplikationen<br />
Ziel der Therapie<br />
Unbalanzierte Transfusion → Behandlung der Erkrankung<br />
Lasertherapie: unter lokaler Betäubung in das Amnion einstechen (Laserfaser ist sehr dünn ~1mm) → Anastomosen werden<br />
mit dem Laser koaguliert<br />
Alternative vorher waren serielle Amniozentesen: Fruchtwasser bei<br />
Oligohydramnion regelmäßig abgezogen → aber nur symptomatische<br />
Therapie<br />
Lasertherapie vs. Amniozentese:<br />
Periventrikuläre Leukomalazie: 6 % vs. 14%<br />
Überleben eines Kindes >28 d pp: 76% vs. 58%<br />
Diagnose und Intervention: zwischen der 16.<br />
Und 36. SSW (danach bringt Lasertherapie<br />
nichts mehr)<br />
Behandlungsergebnis<br />
Blau: überlebt<br />
Rosa: intrauterin verstorben<br />
ca. ¼ verstirbt trotz der Intervention intrauterin<br />
TAPS (Twin - Anemia - Polycythemia - Sequence)<br />
- Seltene Form des TTTS<br />
- häufig späteres Auftreten (>26.SSW)<br />
- langsame Entstehung<br />
- wenige dünne, unidirektionale arteriovenöse Anastomosen<br />
- meist gleichmäßige Größenverteilung der Plazenta<br />
- keine Fruchtwasserdiskrepanz da hämodynamische Kompenstation<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 42
Mehrlinge<br />
Gynäkologie<br />
auch unbalancierte Transfusion, aber wesentlich schwächer als beim<br />
TTTS<br />
→ Donor hat eine Anämie, aber keine Oligurie;<br />
→ Rezipient hat Polyglobulie, aber kein Polyhydramnion<br />
Plazenta:<br />
Anastomose nicht hämodynamisch wirksam<br />
Diagnose<br />
- Monochoriale Zwillingsschwangerschaft<br />
- MCA PSV (peak systolic velocity – Parameter für Höhe des Hb) – mit Doppler messbar<br />
∙ > MW + 1.5 SDEV bei einem Kind (Donor - Anämie)<br />
∙ < MW - 1.0 SDEV beim anderen Kind (Rezipient - Polyzythämie)<br />
- Hämoglobin bei der Geburt<br />
∙ < <strong>12</strong> g/dl beim einen Kind<br />
∙ > 20 g/dl beim anderen Kind<br />
Inzidenz<br />
? ~3 % der MC ohne TTTS<br />
Sonographie<br />
anämer Zwilling mindestens eine Standardabweichung darüber, polyglober<br />
mindestens eine Standardabweichung darunter → bei so einer Differenz<br />
kann von einem TAPS ausgegangen werden<br />
Folgen<br />
- Aszites<br />
- Perikarderguss<br />
- Dilatation des Herzens<br />
- Hautödem<br />
- Hydrops der Plazenta<br />
- Diffus-körnige Echogenizität der Leber<br />
TRAP (Twin Reversed Arterial Perfusion Sequence)<br />
“Chorangiopagus Parasyticus” und “arkadische Zwillinge”<br />
- Spender-Zwilling („pump-Twin“) versorgt Empfänger mit dem fehlgebildeten Herzen („Arkadius“) über<br />
Gefäßanastomosen (generell arterioarteriell)<br />
- Inzidenz 1% der monochorialen Gemini<br />
- durch Formation plazentarer Gefäßanastomosen, bei denen es zur Umkehr des Blutflusses kommt.<br />
Seite 43<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Mehrlinge<br />
- Vorangehender Zwilling in SL<br />
- Keine monoamnialen Zwillinge (Verhaken)<br />
- unauffällige Schwangerschaft, keine Zusatzrisiken<br />
- CTG-Registrierung und Notsectio<br />
- Pädiater zur Geburt anwesend<br />
Nach der Entbindung des 1. Zwillings<br />
- sofortige sonographische Lagekontrolle des 2. Zwillings<br />
- Kontrolle des Muttermundes<br />
- Wehenunterstützung mit Oxytocin i.v.<br />
- Geburtsintervall gering halten<br />
- Selten: Sectio am 2. Zwilling bei pathologischem CTG<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 46
Frühgeburt<br />
Gynäkologie<br />
16.11.11 - Widschwendter<br />
Definition:<br />
Frühgeburt - Tokolyse - Lungenreife<br />
- Geburt vor der vollendeten 36. SSW<br />
- Ab der 24. SSW<br />
∙ Frühabort: vor der <strong>12</strong>. SSW<br />
∙ Spätabort nachher<br />
- (alt) Geburtsgewicht 4 Kontraktionen<br />
- Verkürzung der Zervix unter 25mm<br />
Zervixlänge<br />
Risiko für Frühgeburt:<br />
Cx LR<br />
5 mm 52<br />
10 mm 9.1<br />
15 mm 2.7<br />
20 mm 1.2<br />
25 mm 0.7<br />
30 mm 0.5<br />
40 mm 0.5<br />
50 mm 0.4<br />
60 mm 0.1<br />
normal<br />
verkürzt<br />
Zervix sollte mindestens 25mm Länge haben (am besten über 3). Die Zervixlänge sinkt nach Geburten etwas.<br />
- Isoliert betrachtet haben diese Symptome (Zervixlänge und Wehen) nur geringe Aussagekraft<br />
- Daher Kombination mit Tests: Fibronectin-Test, Amniocheck<br />
Seite 47<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Frühgeburt<br />
Fibronectin<br />
- Qualitativer Nachweis der fetalen Isoform von Fibronectin im Zervicovaginalsekret<br />
- Immunoassay auf Basis monoklonaler AK<br />
- Abstrich aus hinterem Fornix<br />
- Dieser Test hat v.a. einen sehr hohen negativen Vorhersagewert<br />
Schwangere mit vorzeitiger Wehentätigkeit<br />
- negatives Ergebnis = 99.2 % Vorhersagewert<br />
∙ Geburt binnen 1 Woche ohne Tokolyse : < 1%<br />
∙ Geburt binnen 2 Wochen ohne Tokolyse < 5%<br />
Epidemiologie<br />
Mortalität<br />
- Extrem hoch, je früher die Woche<br />
-<br />
- Erst ab der 32. SSW ist ein Plateau der Mortalität erreicht<br />
- Ab der 34. Woche geht die Mortalität fast auf null<br />
Mortalität/Morbidität<br />
- Vor der 24. Woche Outcome fatal<br />
- Auch bei den bleibenden Schäden sinkt das Risiko mit der 32. Woche auf einen niedrigen Wert<br />
Frühgeburt<br />
Die Frühgeburtenrate konnte nicht gesenkt werden in den letzten 10 Jahren, sie beträgt 7-<strong>12</strong> % in den entwickelten<br />
Ländern<br />
1/3 der Frühgeburten treten vor der 34.SSW auf.<br />
Die perinatale Mortalität wurde drastisch vermindert, blieb jedoch bei den FG < 37 SSW mit 6,5 % in den letzten 10 Jahren<br />
im Wesentlichen unverändert.<br />
Wie groß ist das Problem?<br />
- Mortalität in Österreich<br />
- Frühgeburten<br />
- Rund 250 Todesfälle pro Jahr<br />
- - 1 Todesfall pro WOCHENTAG<br />
Frühgeburten sind für 75-95% aller neonatalen Todesfälle verantwortlich<br />
bei den überlebenden Kindern vor der 37.SSW beträgt das Risiko eines Handicaps 10-15 %,schwere Behinderungen v.a. vor<br />
der 34.SSW<br />
Mathews:Infant mortality statistics from1998, Natl vital state report 2000<br />
Die wöchentlichen Kosten für ein Frühgeborenes auf der neonatologischen Intensivstation werden mit bis zu 10.000$<br />
angegeben<br />
Ursachen:<br />
- maternale genitale Faktoren<br />
- maternale extragenitale Faktoren<br />
- Kyematogene (fetoplazentare) Ursachen<br />
- artifizielle Frühgeburt<br />
Risikofaktoren<br />
Maternale genitale Faktoren:<br />
- Uterine Malformation<br />
∙ Uterus septus<br />
∙ Uterus bicornis<br />
∙ Problem bei z.B. septiertem Uterus: Kind ist in diesen engen Räumen sehr stark fixiert → daher muss oft<br />
der ganze Uterus längs aufgeschnitten werden, um das Kind zu entwickeln<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 48
Frühgeburt<br />
Gynäkologie<br />
- Myome<br />
- Zustand nach Konisation<br />
- Zervixinsuffizienz<br />
- Zustand nach Zervixriß (kann zur Zervixinsuffizinez führen)<br />
- Aszendierende vaginale Infektion ! → Hauptursache<br />
Infektion<br />
Zervixreifung<br />
- Die straffe Zervix weicht in den Wochen vor der Geburt auf.<br />
- Decidua und Eihaut am unteren Eipol produzieren IL 8<br />
IL-8 wirkt chemotaktisch auf polymorphkernige Granulozyten Diese geben Elastasen und<br />
Kollagenasen frei<br />
Zytokine<br />
Erhöhung verschiedener Zytokine im Fruchtwasser bei vorzeitiger Wehentätigkeit mit Infektionszeichen.<br />
Klinik:<br />
- Zervixinsuffizienz<br />
- Wehen<br />
- Blasensprung<br />
Myometriale<br />
Kontraktionen<br />
Zervixreifung<br />
Maternale extragenitale Ursachen:<br />
- Sozialstatus<br />
- Alter < 18 a oder<br />
- Alter > 35 a<br />
- Spätgestose<br />
- Harnwegsinfektion<br />
Kyematogene (=fetoplazentare) Ursachen:<br />
- Mehrlinge<br />
- Hydramnion<br />
- Plazentaanomalie (Plazenta praevia)<br />
- Plazentare Insuffizienz<br />
- Infektion<br />
Therapie<br />
- Schonung, Bettruhe<br />
- Tokolyse<br />
- Behandlung einer Infektion<br />
- Lungenreifeinduktion<br />
- Cerclage<br />
- Pessar<br />
Cerclage<br />
Heute immer weniger → weil in den letzten Jahren erkannt wurde, dass Cerclagen nicht immer etwas bringen und eventuell<br />
sogar das Gegenteil bewirken können. Daher werden heute die Indikationen viel strenger gestellt.<br />
Seite 49<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Frühgeburt<br />
Gynäkologie<br />
- Wirkung:<br />
∙ Gesteigerte Surfactant Synthese,<br />
∙ Reduktion der Oberflächenspannung,<br />
∙ Erhöhung der Lungendehnbarkeit,<br />
∙ Verringerung der alveolokapillären Permeabilität für Serumproteine →weniger Lungenödem<br />
- 10-14 Tage Vorsprung im Vergleich zu keiner Lungenreifeninduktion werden erreicht<br />
Wirkungsbeginn nach 24h-48h, Wirkung hält 7-10 Tage an<br />
Neonatales Outcome<br />
- Perinatale Mortalität 40% ↓<br />
- RDS 50% ↓<br />
- Intraventrikuläre Blutungen 40% ↓<br />
- Nekrotisierende Enterocolitis 30% ↓<br />
Langzeitstudien (einmalige Lungenreife):<br />
- Kein negativer Einfluss auf weiteres Lungenwachstum<br />
- Keine häufigeren psychomotorischen Komplikationen<br />
- Keine Wachstumsverzögerungen<br />
Bei mehrmaliger Lungenreife treten Entwicklungsverzögerungen häufiger auf → daher nur bei bestimmten Kriterien<br />
Wiederholung der Lungenreifeinduktion<br />
3 Kriterien:<br />
- Letzte Lungenreife mindestens 3 Wochen zurückliegend<br />
und<br />
- Geburt in den nächsten Tagen zu erwarten<br />
und<br />
- vor der 34+0 SSW<br />
Tokolyse<br />
Tokolyseindikation<br />
- Primäres Ziel: Wehenhemmung über 48 Stunden um während dieser Zeit eine vollständige Lungenreifung<br />
durchzuführen ( 24+0 bis 33+6 SSW)<br />
- Sekundäres Ziel: Prolongieren der Schwangerschaft<br />
∙ aufgrund der im Vergleich zu Beta-Mimetika geringeren Tachyphylaxie-Wirkung sollen bei dieser<br />
Indikation Oxytocin-Antagonisten verwendet werden<br />
Tokolytika<br />
In Österreich als Tokolytikum registriert:<br />
- Beta-Mimetika: Gynipral (Fenoterol)<br />
- Oxytocinantagonist: Tractocile (Atosiban)<br />
- Magnesiumsulfat<br />
Tokolytisch wirksam, nicht registriert:<br />
- Indomethacin ( Indobene)<br />
- NO-Donatoren: Nitroglycerin<br />
- Calciumkanalblocker:Nifedipin (Adalat)<br />
Grundgedanke der Tokolyse mit Beta-Mimetika<br />
Gesamte glatte Muskulatur……<br />
……Myometrium, Muscularis der Bronchien und der Gefäße wird durch Stimulation von β2 Rezeptoren relaxiert<br />
Nebenwirkungen Beta-Mimetika<br />
- Erhöhung Herzfrequenz und Systolischer RR<br />
- Senkung diastolischer RR<br />
- Passagerer Anstieg Blutzucker<br />
- Passagere Verschiebung extrazelluläres K in die Zellen<br />
- Passagere Oligurie mit Flüssigkeitsretention<br />
- Passagerer Abfall von Hämoglobin/Hämatokrit<br />
- Verstärktes Durstgefühl<br />
- Weitere Hyperhydration, Herzbelastung bis zum Lungenödem!<br />
Seite 51<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Frühgeburt<br />
Gefahr von Lungenödem!!!<br />
Vor allem bei Gynipral-Dauertokolyse!<br />
- Beginn mit Hustenreiz und Atemnot, es folgen schwerste Dyspnoe<br />
und Orthopnoe<br />
- "Rasseln in der Brust"<br />
- Bei voller Ausbildung schaumiges weißes oder rosa tingiertes<br />
Sputum<br />
- Häufig Schockzustand mit Kreislaufzentralisation und Zyanose<br />
Röntgenzeichen der Linksherzinsuffizienz<br />
auf der Thoraxaufnahme beim<br />
Lungenödem<br />
Beta-Mimetika – Kontraindikationen<br />
- Herzerkrankungen, Myocarditis, Mitralvitium, IHSA, Rhythmusstörungen<br />
- Hyperthyreose<br />
- Leber und Nierenerkrankung<br />
- Engwinkelglaukom<br />
- Genitale Blutung und intrauterine Infekte<br />
- DM<br />
„Dauertokolyse“ mit Gynipral oder Partusisten<br />
Problem der Tachyphylaxie<br />
Wirkungsabschwächung – Bei wiederholter Einnahme nimmt die Wirkung trotz gesteigerter Dosen des Wirkstoffs ab, bis sie<br />
ganz ausbleibt<br />
Der neue Ansatz: Beta-Mimetika-Perfusor-Bolustokolyse<br />
Grundgedanke: Pulsatile Applikation<br />
- Spezielle Spritzenpumpe<br />
- Deutliche Dosisreduzierung<br />
Tokolyse mit Tractocile/Atosiban<br />
Wirkungsweise<br />
- Kompetitive Hemmung des Oxytocin-Rezeptors<br />
Hauptvorteil<br />
- Günstigeres maternales Nebenwirkungsprofil als Beta-Mimetika (Übelkeit, Erbrechen, Kopfweh)<br />
- Keine fetalen Nebenwirkungen<br />
Hauptnachteil:<br />
- SAUTEUER !<br />
Oxytocin-Antagonist<br />
Mittel der 1.Wahl lt. OEGGG Leitlinie bei :<br />
- Mehrlingsschwangerschaft, aufgrund der erhöhten kardiorespiratorischen Belastung<br />
- Bei mütterlicher Indikation<br />
- Bei Indikation zur prolongierten Tokolyse nach erreichter Lungenreife ( fehlende Tachyphylaxie)<br />
Magnesiumsulfat<br />
- In Diskussion<br />
- Cochrane Review 2004 (9 random. Studien): „Magnesium is ineffective at delaying birth or preventing preterm<br />
birth, and its use is associated with an increased mortality for the infant”<br />
- OEGGG: Magnesium kann aufgrund der derzeitigen Datenlage nicht empfohlen werden.<br />
∙ Kombinationen aus Magnesium und Beta-Agonisten zeigen keine bessere tokolytische Wirkung, jedoch<br />
erhöhte NW-Rate<br />
Nicht registrierte Tokolytika<br />
Prostaglandinsynthesehemmer (Indomethacin)<br />
- Blockieren Prostaglandinsynthese in Eihäuten und Uterus<br />
- Indomethacin wäre ideales Tokolytikum → wenn es nicht den ductus arteriosus des Feten konstringieren würde!<br />
Indomethacin - als Kurzzeittokolyse vor der 30 SSW, z.B. Transport in Zentrum<br />
- Wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht<br />
- Wenn Kontraindiktionen bestehen oder eine ultima ratio Verzweiflungstokolyse nötig ist<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 52
Frühgeburt<br />
Gynäkologie<br />
Dosierung:<br />
- Therapiebeginn 100 mg rektal<br />
- 25 mg oral alle 4h für 24h<br />
Keine Indomethacin-Tokolyse ohne Doppler-Möglichkeit ! Konstringierter ductus arteriosus ist enorm „schnell“ und hat<br />
hohe Diastole und damit niedrigen PI<br />
Nitroglyzerin<br />
- Ist ein NO-Donator, aktiviert cAMP, was zur Relaxation glatter Muskeln beiträgt<br />
- Nitro-Patch mit konstanter Abgabe 10mg/24h<br />
Studienlage<br />
- 11 randomisierte Studien mit > 1000 Pat<br />
- Vs MgSO4<br />
∙ Clavin et al AJOG Obstet 1996 174:307<br />
- Vs beta-Mimetika<br />
∙ Bisits A et al 1998 AJOG 178:862<br />
∙ Lees C et al 1998 Obstet Gynecol<br />
∙ Schleussner et al 2002 Arch Gyn Obst 267<br />
∙ Wani et al 2004 Int J Gyn Obstet 85:165<br />
- Gleich effektiv über 48 h und 7 Tage<br />
- Geburt < 37 SSW überlegen (Lees, Wani, Schleussner)<br />
NO-Donatoren<br />
- Nitroglycerin 10-20 mg/d (Nitrolingual)<br />
∙ Gleich effektiv wie Beta-Agonisten<br />
∙ Abgesehen von maternalem Kopfschmerz deutlich geringere NW als Beta-Agonist<br />
∙ Quälende Kopfschmerzen in 30-70 %führen zu Therapieabbruchrate von 25 %<br />
∙ Negative Auswirkungen auf den Feten und das neonatale outcome bestehen nicht<br />
Kalziumkanalblocker (Adalat)<br />
- Kalziumkanalblocker binden an den Kalziumkanal, blockieren ihn und hemmen dadurch den Kalziumeinstrom in<br />
die Zelle.<br />
- Dadurch sinkt die Kalziumkonzentration in der Zelle, die Muskelkontraktion lässt nach<br />
→ gute Wirksamkeit, aber nicht zugelassen<br />
Adalat ist nach Evidence-Based-Medicine besser.... ...aber ein off-label use !<br />
KEINESFALLS ADALAT GLEICHZEITIG MIT MAGNESIUM iv GEBEN ! → Steigert die Muskelrelaxation !<br />
Alkohol<br />
Ethanol and ritodrine were both found to be effective inhibitors of premature labor with ritodrine giving the most favorable<br />
results<br />
Wirkungsdosis 1 Promille !<br />
Geburt<br />
Frühgeburt – Geburt<br />
- Verlegung des Kindes in utero an ein perinatologisches Zentrum<br />
- Planung der Geburt gemeinsam mit Pädiater<br />
- Sectio - Spontangeburt<br />
∙ BEL<br />
∙ keine Vakuumextraktion<br />
∙ Polyhydramnie → geburtsmechanische Probleme und Nabelschnurvorfall<br />
∙ Schonende Geburtsleitung<br />
∙ (Spiegelgeburt, allenfalls Zange → Käfigwirkung)<br />
Seite 53<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Rhesus-Inkompatibilität<br />
17.11.11 – Hofstetter<br />
Entwicklung des fetalen Blutes:<br />
Rhesus-Inkompatibilität<br />
- 17 Tage nach der Befruchtung (5.SSW.) finden sich erste Blutzellen im Dottersack<br />
∙ = hämatopoetische Stammzellen (HSC)<br />
- Abnahme der Dottersack Erythropoese in der 6.-7. SSW, hämatopoetische Stammzellen wandern in die Leber aus,<br />
die Leber übernimmt die Blutbildung<br />
- Bis zur 30. Woche ist die Leber das wichtigste hämatopoetische Organ. Der Großteil des dabei synthetisierten<br />
Hämoglobins ins HbF<br />
- Von der Leber aus „besiedeln“ hämatopoetische Stammzellen weitere blutbildende Organe: Milz, Thymus,<br />
Lymphknoten, Knochenmark<br />
- Ab der 20. Woche beginnt das Knochenmark mit der Blutbildung<br />
- Ab der Geburt ist wie beim Erwachsenen die Hauptblutbildung im Knochenmark<br />
Feto-maternaler und materno-fetaler Transport von Erythrozyten<br />
Ständiger Austausch zwischen maternalem und fetalem Blut. Auch bei Erwachsenen sind noch Zellen nachweisbar, die sie<br />
von ihren Müttern erhalten haben<br />
In jeder SS gehen geringe Mengen fetalen Blutes an die Mutter über: mütterliche Erys umspülen die Plazentazotten, die von<br />
Synzytiotrophoblasten umhüllt sind<br />
Erys des Feten haben noch einen Kern<br />
Der Mechanismus, wie die Erys über die Plazentaschranke kommen, ist noch nicht bekannt<br />
Nicht nur Erys, sondern auch DNA und RNA werden an die Mutter übertragen → in Zukunft mögliche, für den fetus nicht<br />
invasive Pränataldiagnostik aus dem Blut der Mutter (Seit Jahren wird prognostiziert, dass die Pränataldiagnostik mit<br />
Amniocentese und CVS bald durch eine Blutabnahme bei der Mutter abgelöst wird)<br />
Rhesus Sensibilisierung<br />
Übertritt fetaler Erythrozyten in den mütterlichen Kreislauf (Fetomaternale<br />
Transfusion)<br />
- In der ersten Schwangerschaft noch keine Gefahr<br />
- Rhesus-positive Erys im Feten lösen nach der Schwangerschaft<br />
Akö-Produktion in der Mutter aus<br />
Morbus hämolyticus fetalis<br />
- Beim zweiten Kind wandern dann diese Akö (IgG) über die Plazentaschranke und binden an die fetalen Erys,<br />
wodurch diese in der Milz schneller abgebaut werden → es kommt zur fetalen Anämie<br />
- Der Fetus beginnt durch stärkere Erythropoese (im Knochenmark, der Leber und der Milz) den anämischen<br />
Zustand zu kompensieren; es kommt zur Hepatosplenomegalie und auch zum Ausschwemmen unreifer Vorstufen<br />
(=> Erythroblastosis fetalis)<br />
- Erhöhtes indirektes Bilirubin (Gelbverfärbung des Fruchtwassers)<br />
∙ Erhöhtes Bilirubin durch die Hämolyse in uteri noch kein Problem<br />
- Kardiomegalie<br />
- Aszites: durch Hepatosplenomegalie portale Hypertension → Aszites (unterstützt durch Hypoproteinämie)<br />
- Auch Perikard- und Pleuraergüsse<br />
- => Hydrops fetalis<br />
- Trat einmal ein Morbus hämolyticus neonatorum auf, ist bei weiteren Schwangerschaften der Verlauf stärker<br />
- Bis zum intrauterinen Fruchttod<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 54
Rhesus-Inkompatibilität<br />
Gynäkologie<br />
Pathophysiologie<br />
- Vermehrter Blutfluss durch verminderte Viskosität<br />
- Polyhydramnion<br />
- Plazenta viel dicker als normal, sieht auch anämisch (blass) aus<br />
M. hämolyticus neonatorum<br />
- Neugeborenes hat noch keine ausreichende BHS → Bili kann ins Hirn und wird typischerweise in den<br />
Stammhirnganglien eingelagert<br />
- Taubheit, Revertierung, Entwicklungsstörungen,…<br />
Nach Geburt: Wegfall der Plazenta als Ausscheidungsorgan für Bilirubin<br />
Nicht ausreichende Blut-Hirn Schranke: Ablagerung in Stammhirnkernen<br />
KERNIKTERUS mit schweren irreversiblen neurologischen Störungen<br />
- Neurosensorische Taubheit<br />
- Spastische Choreoathetose<br />
- Geistige Retardierung<br />
- Krampfanfälle<br />
- Ophistotonus<br />
Rhesus Faktor<br />
- Entdeckt durch K. Landsteiner und A.S. Wiener 1940<br />
∙ Injizierten Kaninchen mit Blut von Rhesus-Affen und fanden Antikörper<br />
- Die Fisher-Race Nomenklatur: nimmt drei mögliche Loci für Antigene mit jeweils 2 Allelen an<br />
∙ Die wichtigsten Antigene sind: D, C, c, E, e<br />
∙ Werden als Haplotyp in zwei Dreiersets vererbt, jeweils ein Set von einem Elternteil<br />
∙ Rhesus positiv: Vorhandensein eines D-Antigens<br />
∙ Rhesus negativ: Abwesenheit eines D-Antigens<br />
∙ Von den Rhesus positiven sind ca. 40% homozygot, ca. 60% heterozygot<br />
Heute sind mehr als 45 Antigene bekannt. Es gibt 2 Rhesus-Gene, RhD und RhCE, die am kurzen Arm des Chromosom 1<br />
lokalisiert sind<br />
Rh-antigen ist ein Transmembranprotein in der Membran von Erys<br />
Rhesusnegativität regional sehr unterschiedlich (in Mitteleuropa ca. 15%)<br />
<strong>12</strong>% Finnland<br />
15-18% Mitteleuropa<br />
35% Baskenland<br />
1% China, Japan, amerikanische Ureinwohner<br />
5% Westafrikaner<br />
8% Afroamerikaner<br />
Rhesus Konstellation<br />
Europa: Rhesus-negative Frau: 60% Wahrscheinlichkeit mit einem Rhesus positiven Kind schwanger zu sein<br />
Demnach ist bei ca. 10% aller mitteleuropäischen Schwangerschaften eine Rhesus-Konstellation<br />
Seite 55<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Rhesus-Inkompatibilität<br />
Das D-Antigen ist sehr „immunogen“<br />
- auf 0,1ml Rh+-Blut bilden 30% der Rhesus-negativen Antikörper<br />
- auf 0,5ml reagieren 50%<br />
- auf 1 ml bereits 80%<br />
- 20-30% sind non-responder, die nie Akö ausbilden (nie sensibilisiert werden)<br />
Schutz durch AB0-Inkompatibilität:<br />
- Eine 0 Mutter wird durch ihr A-Kind seltener sensibilisiert als eine A-Mutter durch ihr A-Kind<br />
Antikörper werden erst nach ca. 16 Wochen gebildet<br />
Direkter Coombs-Test<br />
Indirekter Coombs-Test<br />
→ d.h. bei der Rh-negativen Mutter ist nur der indirekte Test positiv, beim betroffenen Feten auch der direkte<br />
Fetomaternale Transfusion im klinischen Alltag<br />
Frühschwangerschaft<br />
- Spontanabort, Interruptio<br />
- EU-Gravidität<br />
- Invasive Prozeduren: Chorionzottenbiopsie, Amniocentese<br />
Wie viel Blutvolumen hat der Embryo?<br />
Keine verlässliche Angaben über das vor der <strong>12</strong>. SSW zirkulierende Blutvolumen!<br />
- Geschätzt 0,25ml in der 6.-7. SSW<br />
∙ 0,33ml in der 8.-9. SSW<br />
Ab wann exprimiert der Embryo Rhesus AG?<br />
Embryo exprimiert von Beginn an Rh-Antigen<br />
- Rh-Antigene an einem 10 mm Embryo<br />
- Hysterektomie-Präparat 38 Tage nach Konzeption (7.SSW)<br />
- Im Dottersack: kernhaltige Megaloblasten mit positivem Rh-Antigen<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 56
Rhesus-Inkompatibilität<br />
Gynäkologie<br />
→ feto-maternale Transfusion ab der 6. SSW möglich<br />
Spontanabort vor der 14 SSW:<br />
Transfusion von bis zu 0,1 ml<br />
Abortus imminens: 11% Transfusion<br />
→ RHESUSPROPHYLAXE auch in der Frühschwangerschaft<br />
Plazentapathologie<br />
Placenta praevia: deutlich erhöhtes Risiko einer fetomaternalen Transfusion<br />
Kokain → Vasokonstriktion → Plazentasitzlösung<br />
Plazentasitzlösung: Wiederholungsrisiko 15%<br />
Diagnose<br />
- Starke Schmerzen<br />
- Eher dunkles Blut im Vgl. zur Plazenta prävia<br />
- Hinterwandplazenta kann im Ultraschall nicht immer sichtbar sein<br />
- Therapie: rasche Sectio<br />
Rhesus-Sensibilisierung<br />
Bei der Geburt selbst höchstes Risiko einer fetomaternalen Transfusion<br />
Höheres Risiko bei Präeklampsie (weil Zusammenhang mit Plazentaarchitekturstörung)<br />
- RISIKO: Schwangerschaft: 0,9%, Geburt: 14%<br />
- GEBURT: 99%: 4ml fetales Blut<br />
∙ 0.3%: >15ml fetales Blut (Makrotransfusion)<br />
- Höheres Risiko bei Präeklampsie<br />
Massive fetomaternale Transfusion<br />
- 1 : 1000 Geburten<br />
- unerwartet<br />
- 74 % > 37. SSW<br />
- Meist spontan<br />
- bei Trauma, invasiven Proceduren, äußerer Wendung, Abruptio placentae<br />
∙ Meistens durch Vorschädigung<br />
- ¼ der Patientinnen bemerken reduzierte Kindsbewegungen<br />
- Veränderungen im CTG: sinusoidal, DIP II, Tachykardie<br />
→ Sectio indiziert, 35 % Anämie bei der Geburt, <strong>12</strong>% Totgeburten<br />
Kleihauer Test<br />
Ausmaß der fetomaternalen Transfusion kann abgeschätzt werden:<br />
- Wie viel fetales Blut ist im Blut der Mutter<br />
- Acidic pH solution: HbA nicht stabil (Ghost cells), HbF stabil im sauren Milieu → fetale<br />
Zellen können gezählt werden<br />
Umrechnung:<br />
- HbF-Zellen (‰) x 10 = fetales Blut (ml)<br />
∙ Beispiel: HbF 3‰: 3x10 = 30 ml<br />
- 10μg Anti-D neutralisieren 1ml Rh-pos Blut<br />
∙ 1A Rhophylac (300μg Anti-D) neutralisiert 30ml Rh-pos Blut<br />
Anti-D Prophylaxe<br />
- 1 Ampulle der Rhesusprophylaxe beinhaltet 300µg AntiD-Immunglobulin vom Menschen → 10µg Anti-D<br />
neutralisieren 1ml Rh+ Blut<br />
∙ D.h. wenn ein höherer Befund zurückkommt, muss mehr als eine Ampulle gespritzt werden<br />
∙ Routinemäßig i.m. (auch i.v. möglich)<br />
Seite 57<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Rhesus-Inkompatibilität<br />
∙ Genauer Wirkmechanismus unbekannt: nicht nur reine Maskierung der D-AG durch Anti-D-Akö, auch<br />
Quervernetzung mit B-Zellen (Down-Regulation von AG-spez. B-Lymphozyten durch Querverbindung<br />
mit Rh-pos. Erythrozyten) scheint zur Wirkung beizutragen<br />
∙ Eine Dosis schützt für <strong>12</strong> Wochen<br />
- Innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt eines Rhesus positiven Kindes<br />
- Risiko für fetomaternale Transfusion in der Schwangerschaft:<br />
∙ Abort, Interruptio<br />
∙ Extrauteringravidität<br />
∙ Invasive Proceduren: CVS, AC<br />
∙ Blutungen in der SSW<br />
∙ Maternales abdominales Trauma<br />
- In der 28. SSW bei allen Rhesus negativen Schwangeren<br />
Ohne Prophylaxe 16% Sensibilisierung der Mutter nach 2 SS:<br />
- Ab 1960: postpartale Prophylaxe: 2%<br />
- Ab 2005: antepartale Prophylaxe: 0.1%<br />
Rhesus-Sensibilisierung heute<br />
- Vergessene Rhesusprophylaxe prä/postpartum<br />
- Sensibilisierung in normaler Grav. VOR der Rhesusprophylaxe in der 28. SSW<br />
- Im Vergleich zur Makrotransfusion zu niedrige Dosierung (Versagen Kleihauer Test)<br />
- Andere Antikörper<br />
Praktisches Vorgehen<br />
- Bei erster MKP Untersuchung:<br />
∙ Blutgruppe inkl. Rhesusfaktor und indirekter Coombstest<br />
- NEGATIVER COOMBSTEST:<br />
∙ Wiederholung ca. 28.SSW<br />
- POSITIVER COOMBSTEST:<br />
∙ Art der Antikörper<br />
∙ Titerbestimmung (≥ 1:16)<br />
∙ Fetale Blutgruppe aus mütterl. Blut (freie DNA; PCR)<br />
∙ Vater: Blutgruppe<br />
Betreuung der Rh-sensibilisierten Schwangeren<br />
- Antikörper Titerkontrollen<br />
- Sonographiekontrollen<br />
∙ Anämiediagnostik mittels Messung der maximalen Blutflussgeschwindigkeit in der Arteria cerebri<br />
media<br />
MCA PSV Messung<br />
- Winkel (MCA mit Dopplergate) < 10 Grad<br />
- Minimaler Druck auf den Schädel<br />
- Ausreichende Vergrößerung<br />
- Messort im proximalen Drittel der MCA<br />
- Fetus in Ruhe<br />
- Gleichförmiges Kurvenbild<br />
Nabelschnurpunktion<br />
- Intrauterine Diagnose und Therapie<br />
- Bestimmung fetales Hämoglobin<br />
- Direkte Transfusion in die Nabelschnurvene<br />
Intrauterine Bluttransfusion – Komplikationen<br />
Komplikation<br />
% pro Prozedur<br />
Perinatal Death 1.6<br />
Notfallsectio 2<br />
Infektion 0.3<br />
Blasensprung 0.1<br />
Akzidentelle Punktion der Arterie 3<br />
Bradykardie/Tachykardie 5<br />
Blutung von Punktionsstelle<br />
TOTAL 3.1<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 58
Rhesus-Inkompatibilität<br />
Gynäkologie<br />
Entbindung<br />
- Geburt eines Kindes, dessen Mutter AK besitzt<br />
∙ Sofort abnabeln<br />
∙ Langlassen des Nabelschnurstumpfes<br />
∙ Untersuchung des Nabelvenenblutes:<br />
• In/direkter Coombstest<br />
• Bestimmung der Blutgruppe<br />
• Blutbild<br />
• Bilirubin, LDH<br />
Postpartale Therapie<br />
- Phototherapie<br />
∙ blaues Licht (425-475nm)<br />
∙ In der Haut entstehen wasserlösliche Bilirubinmetaboliten, die mit Galle und Harn ausgeschieden<br />
werden können<br />
- Austauschtransfusion<br />
Differentialdiagnose Hydrops universalis congenitus<br />
- Maternale Ursachen:<br />
∙ Morbus haemolyticus = immunologisch bedingt<br />
∙ α-Thalassämie<br />
∙ Diabetes mellitus<br />
∙ Hypertensive Schwangerschaftserkrankung<br />
- Plazentare Ursachen:<br />
∙ Chorioangiom<br />
∙ Chorionvenenthrombose<br />
∙ Nabelvenenthrombose<br />
- Fetale Ursachen:<br />
∙ Anämie, z.B. fetomaternale oder fetofetale Transfusion<br />
∙ kardial, z.B. schweres Vitium, supraventrikuläre Tachykardie pulmonal, z.B. Lungenhypoplasie<br />
∙ Hypoproteinämie, z.B. Nephrose, Nierenvenenthrombose<br />
∙ infektiös, z.B. Zytomegalie, Parvovirus, Virushepatitis, Syphilis, Toxoplasmose<br />
∙ Anomalien, z.B. Chromosomenaberrationen<br />
- Idiopathischer Hydrops<br />
Parvovirus B 19<br />
- Kleines, einsträngiges DNA Virus ohne Kapsel<br />
- Entdeckt 1975<br />
- milde Kinderkrankheit: „Ringelröteln“ – „fifth disease“<br />
∙ slapped cheek, lace-like rash<br />
- Erwachsener: oft asymptomatisch<br />
- Zellulärer Rezeptor des Parvovirus B 19 ist das p- Antigen auf den erythroid progenitor cells.<br />
- Individuen, denen das p-Antigen fehlt, sind resistent gegen Parvovirusinfektion<br />
- Beim Erwachsenen mit bestehender hämolytischer Anämie: transiente aplastische Anämie<br />
Fetaler Befall<br />
- Lyse der Retikulozyten, Myocarditis → reticulocytopenische Anämie, Hydrops, Herzversagen<br />
- Angaben zum IUFT bei B-19 Infektion der Mutter schwanken zwischen 4% und 38%<br />
Tröpfcheninfektion:<br />
- 5-10 Tage nach Inokulation sind Atemwege infektiös<br />
- bleiben 1-5 Tage infektiös<br />
- Hautausschlag tritt erst 17-18 Tage nach Inokulation auf, dann sind die Personen aber nicht mehr infektiös<br />
Wer wird angesteckt?<br />
- Lehrerinnen<br />
- Kindergärtnerinnen<br />
- Zimmermädchen<br />
- Hausfrauen<br />
Epidemiologie<br />
- 35 bis 55 % Immunität bei Frauen zwischen 20 und 40 Jahren<br />
- Infektionsrisiko während Endemie zwischen 19% und 70%<br />
- Transplazentare Infektion bei ca. 25 % der infizierten Mütter<br />
- Fetale Erkrankung bei ca. 9 % der infizierten Mütter<br />
Seite 59<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Rhesus-Inkompatibilität<br />
Wenn Schwangere an Kinder exponiert war, die Ringelröteln entwickeln....<br />
- keine Indikation zur sofortigen Interruptio<br />
- Nur 25% materno-fetale Transmission!<br />
- IgM und IgG Parvo-B-19 bestimmen<br />
- Mehrfach Ultraschall ob Auftreten Hydrops<br />
Parvovirus B 19: Fetale Therapie<br />
- Hydrops fetalis<br />
∙ Erfolgreiche Therapie mit Cordozentese und Bluttransfusion möglich<br />
∙ Da die Infektion nur einige Tage die Retikulozyten supprimiert, kann mit der Transfusion die Anämie<br />
überbrückt werden<br />
- Intrauterine Bluttransfusion:<br />
∙ 82% Überleben nach Transfusion gegenüber 55% ohne Transfusion<br />
∙ Unauffällige postnatale neurologische Entwicklung der Kinder<br />
Kell-Blutgruppensystem:<br />
- Nicht nur Schädigung der reifen Erys, sondern auch der Erythroblasten → Aplastische Anämie<br />
Indirekter Coombstest = antikörpersuchtest → wenn negativ in 28. Woche: im Verlauf der SS weiter kontrolliert<br />
(wichtig: vor Prophylaxe kontrollieren, denn nachher immer positiv)<br />
Bei pos Coombs Test werden die Akö Typen bestimmt → IgG?<br />
Direkter Zusammenhang zwischen dem Blutfluss in der A. cerebri media des Feten und dem fetalen Hb<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 60
CTG, MBU, Doppler<br />
Gynäkologie<br />
23.11.11 – Alge<br />
CTG, MBU, Doppler-US<br />
CTG (CardioTokoGramm):<br />
Möglichkeiten der Auskultation kindlicher Herztöne:<br />
- Herztönerohr nach Pinard<br />
- Dopplergerät<br />
- Cardiotokographie<br />
Auskultation der kindlichen Herztöne mit dem Pinard-Stethoskop:<br />
- Nachteile:<br />
∙ Die stichprobenartige Erfassung<br />
∙ Die wehenabhängigen Herzfrequenzänderungen werden in der Routineanwendung nicht bemerkt<br />
∙ Kurzfristige Herzfrequenzänderungen werden nicht registriert<br />
Fetale Herzfrequenz<br />
Schon in der frühen Schwangerschaft gibt es Herzfrequenz-alterationen<br />
Tachykardien oder Bradykardien können schon früh auf einen<br />
Herzfehler hinweisen (schon im ersten Trimester)<br />
Das CTG wird normalerweise ab der 33. SSW geschrieben<br />
Herzfrequenzanstieg kann auch provoziert werden, indem man einen<br />
„Weckreiz“ setzt → fibroakustische Stimulation<br />
(intrauterin gibt es auch REM-Phasen<br />
Außer Körperbewegung kommen auch noch kindliche Schluckbewegungen vor, die mit dem Ultraschall gut sichtbar sind<br />
(eine Art intrauterine Atembewegungen = Zwerchfellbewegungen → Fruchtwasser in die Trachea)<br />
Maternale Beweglichkeit: Kinder bewegen sich meist dann mehr, wenn sich auch die Mütter mehr bewegen<br />
Pharmaka: v.a. Medikamente, die zur Analgesie im Kreissaal verwendet werden<br />
Infektionen: durch Anstieg der Körpertemperatur der Mutter kommt es beim Kind zu Tachykardien<br />
Pathophysiologie:<br />
Definitionen:<br />
- Azidose Pathologische Zustand mit einer Zunahme von Wasserstoffionen im Blut und im Gewebe<br />
- Hypoxie Pathologischer Zustand mit Abnahme der Sauerstoffkonzentration im Blut und im Gewebe<br />
- Asphyxie Schwere Abnormalität beim Blutgasaustausch mit Azidose und Hypoxie, umstrittene Bezeichnung<br />
- Fetaler Distress Unspezifischer Zustand der fetalen Gefährdung<br />
Azidose:<br />
Das Säure-Basen Gleichgewicht wird durch ein<br />
Bikarbonat-Puffersystem im Blut aufrecht erhalten.<br />
Hauptnachteil des Feten: Er kann überschüssiges CO2 nicht abatmen<br />
Fetus muss CO2 an die Mutter abgeben können, was unter normalen Umständen auch gelingt:<br />
Fetus hat ein Kapillar CO2 von 38-44 mmHg Mutter von 18-24 mmHg<br />
Je mehr CO2 der Fetus produziert, desto mehr muss weggepuffert werden (desto mehr H+ Ionen entstehen).<br />
Je mehr Wasserstoffionen der Fetus bei metabolischer Azidose produziert, desto mehr muss weggepuffert werden (desto<br />
mehr CO2 entsteht).<br />
Seite 61<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
CTG, MBU, Doppler<br />
Plazentainsuffizienz Metabolische Azidose:<br />
Fetaler O2 Mangel respiratorische Azidose:<br />
- O2 haltiges Blut nur mehr in wichtigen Organen.<br />
- Anaerobe Glycolyse in allen anderen Organen.<br />
- Jedes Mol Glucose = 2 Mol Lactat + 2 Mol H+ Ionen.<br />
- H+ Ionen werden zunehmend „abgepuffert“.<br />
- Verbrauch von Bicarbonat Puffersystem.<br />
- Entstehung einer metabolischen Azidose.<br />
Zentralisation kann mit dem CTG nicht erfasst werden, nur der fetale Distress!<br />
Zentralisation: erhöht sich der Druck in der Nabelschnur wird der cerebrale Druck reflektorisch erniedrigt<br />
Metabolische Azidose "schleichende" Abnahme des Sauerstoffangebotes, z.B. bei chron. Plazentainsuffizienz.<br />
Respiratorische Azidose "akute" Abnahme des Sauerstoffangebotes z.B. bei Nabelschnurvorfall.<br />
Cardiotokogramm:<br />
- Kindliche Herzfrequenz (C)<br />
- Mütterliche Wehentätigkeit (T)<br />
- Beziehung von Herzfrequenz + Wehen<br />
Doppler: immer Information über das nachgeschaltete Stromgebiet → daher wesentlich genauere/detailliertere Darstellung<br />
als beim CTG (aber CTG kann an Pflegepersonal delegiert werden, Doppler nicht, außerdem kann CTG 24h lang<br />
aufgezeichnet werden)<br />
CTG: Beat-to-beat-Korrelation: Herzfrequenz in einem bestimmten Muster sichtbar<br />
Beim CTG können sehr oft Blickdiagnosen gestellt werden<br />
Wie viele Wehen in 10min?<br />
Basalfrequenz, Oszilaltionsbreite?<br />
HF-alterationen, Bezug zur Wehe?<br />
Tokographie:<br />
- Externe Ableitung<br />
∙ Prinzip: Taststift, der die Härte der Bauchwand registriert<br />
∙ Nachteil: keine absoluten intrauterinen Druckwerte große Abhängigkeit von Physionomie z.B.<br />
Adipositas<br />
- Interne Ableitung Druckveränderungen werden in der Amnionhöhle über einen offenen Katheter registriert<br />
∙ Vorteil: exakte störungsfreie intrauterine Druckwerte messbar<br />
∙ Nachteil: Voraussetzung ist eine eröffnete Fruchtblase, Begünstigung der aszendierenden Infektion des<br />
Fruchtwassers<br />
∙ Wird heute nicht mehr gemacht, weil nicht-invasive Methoden zur Verfügung stehen<br />
Abschätzung der Wehentätigkeit<br />
- Patientin fragen, wie stark die Wehen sind<br />
- Cervixlänge messen → Wehen auch cervix-wirksam?<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 62
CTG, MBU, Doppler<br />
Gynäkologie<br />
Hypokinetische Wehenstörung:<br />
- Symptome:<br />
∙ geringe Wehenamplitude (intrauteriner Druckanstieg < 30mm Hg)<br />
∙ niedrige Wehenfrequenz (< 3 pro 10 Minuten)<br />
∙ verkürzte Wehendauer<br />
∙ niedriger Basaltonus<br />
- Ursachen:<br />
∙ Störung der geburtsauslösenden Mechanismen<br />
∙ sekundäre Ermüdungserscheinungen am Myometrium<br />
∙ Hypoplasia uteri<br />
∙ Überdehnung des Myometriums z.B. bei Mehrlingen<br />
∙ Fehlender oder hochstehender vorangehender Teil (z.B. QL, BEL)<br />
- Therapie der Wehenschwäche:<br />
∙ Oxytozin Dauertropf-Infusion<br />
∙ Amniotomie<br />
Diskordinierte Wehenstörung:<br />
- Aufhebung oder Umkehr des dreifach absteigenden Gradienten<br />
∙ Kontraktionswellen laufen nicht in der üblichen physiologischen Form ab<br />
- Konstriktion dicht oberhalb des unteren Uterinsegmentes und spastische Veränderungen der Cervix<br />
- Typischerweise Mutter-Kind Wehen bzw. Kamelwehen<br />
- Therapie: niedrig dosierte Tokolyse, suffiziente Schmerztherapie z.B. PDA<br />
Hyperkinetische Wehenstörung:<br />
- Uterine Hyperaktivität<br />
∙ Kontraktionsamplitude > 50 mmHg<br />
∙ Wehenfrequenz > 5/10min<br />
∙ Basaltonus normal (bis 15 mm Hg)<br />
- Uterine Hypertonie<br />
∙ erhöhter Basaltonus > 15 mm Hg<br />
- Ursachen:<br />
∙ Endogene Oxytozinüberstimulierung<br />
∙ reflektorisch erhöhte Oxytozinausschüttung als Folge eines verstärkten Dehnungsreflex der Cervix<br />
∙ passive Überdehnung des Myometriums bei vermehrtem Uterusinhalt<br />
∙ Geburtseinleitung mit z.B. Prostaglandinen<br />
- Therapie: Tokolyse<br />
Durchführung CTG:<br />
- CTG in Ruhe (non-Stresstest)<br />
- CTG mit körperlicher Belastung (Kniebeugen Belastungstest nach Saling)<br />
∙ Nicht mehr durchgeführt<br />
- CTG mit medikamentös ausgelöster Wehenbelastung (Oxytocin Belastungstest)<br />
∙ Auch an Bedeutung verloren, aber Möglichkeit das Kinde einer Grenzsituation auszusetzen, wenn man<br />
sich nicht sicher ist, wie hoch der fetale Distress ist<br />
CTG – Herzfrequenzmuster:<br />
- langfristige Herzfrequenzmuster<br />
- mittelfristige Herzfrequenzmuster<br />
- kurzfristige Herzfrequenzmuster<br />
langfristige HF-Muster - Basalfrequenz:<br />
- Normokardie 110 -150 Schläge/Minute<br />
- Bradykardie: länger als 3 Minuten anhaltende Verlangsamung der Basalfrequenz<br />
∙ leichte Bradykardie: 100 -109 Schläge/Minute<br />
∙ schwere Bradykardie: < 100 Schläge/Minute<br />
- Tachykardie: länger als 10 Minuten anhaltender Anstieg der Basalfrequenz<br />
∙ leichte Tachykardie: 151-160 Schläge/Minute<br />
∙ mittelgradige Tachykardie: 161-180 Schläge/Minute<br />
∙ schwere Tachykardie: > 180 Schläge/Minute<br />
- tachykarde Herzaktion nie so schlimm wie eine bradykarde (Tachykardie kann auch Zeichen einer kindlichen<br />
intrauterinen Gefährdung sein, hier gibt es aber noch andere Anzeichen)<br />
- Bradykardie ist immer eine Notsituation<br />
Seite 63<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
CTG, MBU, Doppler<br />
Mittelfristige HF-Muster:<br />
- Akzeleration: Frequenzanstieg<br />
∙ sporadisch (unabhängig von Wehen)<br />
∙ periodisch (wehen-abhängig)<br />
- Dezelerationen:<br />
∙ wehen-abhängige Dezelerationen<br />
∙ wehen-unabhängige Dezelerationen<br />
∙<br />
∙<br />
Uniform<br />
• frühe Dezelerationen (Typ I)<br />
• späte Dezelerationen (Typ II)<br />
Nicht - uniform<br />
• variable Dezelerationen (Typ III)<br />
- Definition: Absinken der FHF unter die Basalfrequenz bis zu 3 Minuten<br />
- Ursache: fetaler Sauerstoffmangel durch verminderte uteroplazentare und/oder umbilikale Durchblutung<br />
- Bedeutung: in Abhängigkeit von Dauer und Häufigkeit Asphyxie des Kindes möglich. In jedem Falle<br />
kontrollbedürftig.<br />
- Prognose: abhängig von Typ (I-III), Dauer, Häufigkeit und Zusatzkriterien fraglich bis akut bedrohlich!<br />
Frühe Dezeleration (TYP I):<br />
- Definition: HF fällt kurzfristig und wehensynchron ab, Anfang und Ende entsprechen zeitlich dem Einsetzen und<br />
Aufhören der Wehe.<br />
- Ursache: Kopfkompression (selten), in der Regel Nabelschnurkompression<br />
- Vorkommen: nach Blasensprung/Blasensprengung, bei Polysystolie<br />
- Bedeutung: hypoxämische Gefährdung des Kindes möglich, vor allem bei Anstieg der Basalfrequenz und<br />
Abnahme der Oszillationsamplitude<br />
- Prognose: günstig, wenn von kurzer Dauer<br />
- Klinisches Vorgehen:<br />
∙ bei Bestehen > 30 Minuten MBU (Mikroblutgasanalyse)<br />
∙ evtl. operative Entbindung indiziert. Bei Polysystolie → Wehenregulation mit ß-Sympathikomimetika<br />
In der Wehen Akme werden sowohl die<br />
Nabelvene als auch die Arterien komprimiert, es<br />
kommt zu einem Rückstau im arteriellen<br />
Gefäßsystem…<br />
…und durch die resultierende Druckerhöhung im<br />
Aortenbogen zu einer Stimulation der<br />
Pressozeptoren. Hierdurch wird eine vagotone Reaktion ausgelöst, dies führt<br />
zu einem Abfall der fetalen Herzfrequenz.<br />
Späte Dezeleration (TYP II):<br />
- Definition: Herzfrequenz fällt erst mit der Wehen-Akme ab und erst nach Ende der Wehe zur Basalfrequenz<br />
zurück.<br />
- Ursache: in der Regel verminderte uteroplazentare Perfusion mit Sauerstoffmangel, (MyokardDepression)<br />
- Vorkommen: gehäuft bei Plazentainsuffizienz<br />
- Bedeutung: Hypoxämische Gefährdung des Kindes gegeben<br />
- Prognose ungünstig - besonders, wenn kombiniert mit Oszillationsverlust (evtl. auch auf dem Boden der<br />
Dezeleration) und hoher Basalfrequenz sowie mit Ausbleiben einer kompensatorischen Tachykardie.<br />
Kann O2 Mangel im Gewebe durch Akzeleration nicht mehr<br />
ausgeglichen werden, so kommt es zu einer Dezeleration, die<br />
ihren Tiefpunkt erst nach Ende der Wehe erreicht.<br />
Sympathikus wird blockiert, Parasympathicus überwiegt.<br />
- Vorsicht: Bei hoher Basalfrequenz und geringer<br />
Oszillationsamplitude gilt: je flacher die Dezeleration und je kleiner<br />
die Dezelerationsfläche, desto größer ist u.U. die Gefährdung des Kindes!<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 64
CTG, MBU, Doppler<br />
Gynäkologie<br />
- Klinisches Vorgehen: bei Auftreten → Fetalblutanalyse, evtl. parallel operative Entbindung vorbereiten. Neben<br />
der anhaltenden Bradykardie und der Silenz der Oszillation (Oszillationstyp 0) sind rezidivierende späte<br />
Dezelerationen der wichtigste CTG-Hinweis auf eine drohende Asphyxie des Kindes in utero.<br />
Chronischer O2 Mangel: Blockade von Sympatikus + Parasympatikus. → Verlust<br />
der Oszillationsbreite!<br />
„Vogelschwingen“(TYP II):<br />
Variable Dezeleration (TYP III):<br />
- Leicht (Dauer 60s; Frequenzabfall bis auf 70 Spm)<br />
- Schwer (Dauer > 60s; Frequenzabfall bis auf < 70 Spm)<br />
- Definition: Herzfrequenzabfall in wechselnder Form und zeitlicher Beziehung zur Wehe; Uneinheitlich<br />
- Ursache: unterschiedlich; Sauerstoffmangel, z.B. durch verminderte umbilikale Perfusion oder verminderten<br />
uterinen Perfusionsdruck<br />
- Vorkommen: Nabelschnurumschlingung (straff), V.-cava- Okklusionssyndrom, Dauerkontraktion<br />
∙<br />
V.cava Okklusionssyndrom: in Rückenlage drückt Uterus auf die Gefäße → Abfall des Preloads am<br />
Herzen → es kann zu einer Dauerkontraktion kommen<br />
- Klinisches Vorgehen: bei Auftreten → Fetalblutanalyse, evtl. operative Entbindung indiziert<br />
- Bedeutung: je nach Schweregrad (Dauer und Tiefe der Dezeleration) hypoxämische Gefährdung des Kindes<br />
gegeben<br />
- Prognose: ungünstig, wenn kombiniert mit Oszillationsverlust (evtl. auch auf dem Boden der Degeneration) und<br />
hoher Basalfrequenz sowie mit Ausbleiben einer kompensatorischen Tachykardie.<br />
Variable Dezeleration (Typ III):<br />
Formen der Dezeleration:<br />
• Frühe Dezeleration - DIP I<br />
• Späte Dezeleration - DIP II<br />
• variable Dezeleration<br />
• Prolongierte Dezeleration - „Wandl“<br />
Akzeleration:<br />
Definition: deutliche Erhöhung der FHF über die Basalfrequenz bis 10 min Dauer<br />
- TYP I Sporadische Akzelerationen<br />
∙ Ursache: Kindsbewegungen, z.B. im aktiven Schlaf (dem REMSchlaf vergleichbar, Verhaltensstadium 2F<br />
des Feten mit Herzfrequenzmuster „B“ nach Nijhuis) oder taktile Reize<br />
Seite 65<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
CTG, MBU, Doppler<br />
∙ Bedeutung: physiologische sympathikotone Reaktion bei unbeeinträchtigtem Herz-Kreislauf-System<br />
∙ Prognose: gut<br />
- TYP II Periodische Akzelerationen, Evtl. Mit Steilem Frequenzanstieg Und - Abfall<br />
∙ Ursache: hämodynamische Anpassung. z.B. bei noch kompensierbarer uteroplazentarer<br />
Minderperfusion oder bei Nabelschnurkompression unter Wehentätigkeit<br />
∙ Bedeutung: hämodynamische Adaptionsfähigkeit vorhanden<br />
∙ Prognose: in der Regel gut, wenn Basalfrequenz nicht ansteigt<br />
Kurzfristige HF-Muster:<br />
- Oszillation Fluktuationen der Herzfrequenz, die sich charakterisiert durch die Oszillationsamplitude und die<br />
Oszillationsfrequenz (0 Durchgänge)<br />
Tiefschlaf, Hypoxie<br />
Normalbefund<br />
Schlaf<br />
Kindsbewegung,<br />
intrakranielle<br />
Druckstg.,<br />
Ephedrin (PDA)<br />
„Sinusoidal“ – Silent<br />
→ höchste intrauterine Gefährdung!<br />
MEYER-MENK-SCORE (1976)<br />
CTG Überwachung – CAVE AT:<br />
Die Beurteilung des CTG erfordert die Berücksichtigung von …<br />
- Gestationsalter ( < 30. SSW).<br />
- fetale Aktivitätszustände.<br />
- Lagerung der Mutter bei CTG Überwachung.<br />
- Art und Dosis der verabreichten Medikamente.<br />
- Papiergeschwindigkeit.<br />
DGGG / OEGGG Leitlinien 2004:<br />
- Generelle CTG Überwachung bei allen Geburten ab später Eröffnungsperiode.<br />
- Aufnahme-CTG mindestens 30 min.<br />
- Falls unauffällig, erfolgt eine diskontinuierliche CTG<br />
- Überwachung in der frühen Eröffnungsperiode.<br />
- Kontinuierliche CTG Überwachung…<br />
∙ bei allen Risikoschwangerschaften.<br />
∙ bei vorherigem pathologischem CTG.<br />
∙ ab der späten Eröffnungs- und Austreibungsperiode.<br />
- Interne CTG Ableitung...<br />
∙ … bei unzureichender Aufzeichnungsqualität.<br />
∙ … bei Mehrlingen in der Austreibungsperiode.<br />
∙ Abklärung eines pathologischen CTG durch FBA (MBU) bei pathologischem CTG > 30min.<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 66
CTG, MBU, Doppler<br />
Gynäkologie<br />
Problematik bei CTG Beurteilung…<br />
- … hohe Inter- und Intra Observer Varianz.<br />
- … niedrige Spezifität (viele Falsch-Positive).<br />
- … daraus resultierend Anstieg operativer Entbindung.<br />
- … CTG Überwachung aus forensischer Sicht?<br />
- … Personalmangel verhindert alleinige Auskultation.<br />
- … Dokumentation sub partu möglich.<br />
Fetale Blutgasanalyse (FBA)<br />
(früher: Mikroblutuntersuchung (MBU))<br />
Empfehlung (DGGG 2004)<br />
Zur Abklärung suspekter / pathologischer HF-Muster sub partu ( >30min soll eine FBA (früher MBU) erfolgen.<br />
Voraussetzung:<br />
- … Muttermund Eröffnung mindestens 2-3cm.<br />
- … tastbarer vorangehender Kindsteil. (sollte der Kopf sein)<br />
- … eröffnete (gesprungene) Fruchtblase.<br />
Durchführung:<br />
1. Amnioskopie – Einstellung des vorangehenden Kindsteils.<br />
2. Entfernung von (mütterlichem) Blut, Schleim, etc.<br />
3. Paraffinöl oder Finalgon (Hyperämisierung) Applikation.<br />
4. 2-3mm Stichinzision am vorangehenden Kindsteil.<br />
5. Auffangen des Blutstropfens mittels Kapillare.<br />
Fetaler O2-Mangel<br />
Materne Oxygenationsstörungen<br />
- respiratorisch-pulmonale Erkrankungen / Funktionsstörungen<br />
- kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
- Anämien (< 8 g%)<br />
- hypotensives Syndrom<br />
- eklamptischer Anfall<br />
- Intoxikationen<br />
Gestörter Gastransfer zum Feten<br />
- Plazentare Insuffizienz<br />
∙ schwangerschaftsinduzierte Hypertonie<br />
∙ Diabetes<br />
∙ vorzeitige Plazentalösung<br />
∙ Chorioamnionitis / Plazentitis<br />
∙ Plazenta Fehlbildungen<br />
Gestörter Gastransfer zum Feten<br />
- Umbilikale Kompression<br />
∙ Umschlingungen / Knoten<br />
∙ Torquierung<br />
- Uterine Hypoperfusion<br />
∙ Hyper- und Tachystolie<br />
∙ erhöhter Basaltonus<br />
∙ Überdehnung des Myometriums<br />
∙ Rückenlage bzw. Vena-cava-Okklusion<br />
Fetale Ursachen eines Sauerstoffmangels<br />
- Anämie<br />
∙ Hämolyse<br />
∙ Hypovolämie<br />
∙ fetomaternale Transfusion<br />
- Kardiale Insuffizienz<br />
∙ paroxysmale Tachykardie<br />
∙ Kardiopathien, Fehlbildungen<br />
Seite 67<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
CTG, MBU, Doppler<br />
FBA (MBU) - Indikationen<br />
- Bei unklaren bzw. suspekten CTG - Befunden<br />
∙ anhaltende Tachykardien<br />
∙ unklare Bradykardieformen<br />
∙ mittelschwere variable Dezelerationen<br />
∙ leichte bis mittelschwere späte Dezelerationen<br />
∙ anhaltende Frühdezelerationen<br />
∙ unklare Symptom Kombinationen<br />
- Bei unauffälligem CTG<br />
∙ Risikoschwangerschaft mit deutliche erhöhtem fetalen Risiko<br />
∙ „grünes“ Fruchtwasser<br />
>30 min<br />
Kontraindikationen<br />
- subpartu<br />
∙ Terminale Bradykardie<br />
∙ Vorangehender Kindsteil am Beckenboden<br />
∙ Anhaltende Tachykardie ohne Geburtsfortschritt<br />
- fetal / maternal<br />
∙ Kongenitale Koagulopathien<br />
∙ Mütterliche Infektionen (HSV, HBV, HCV, HGV, HIV)<br />
∙ Frühgeburtlichkeit (< 34. SSW)<br />
∙ Gesichtshaltung<br />
FBA (MBU) - CAVEAT<br />
- falsch positiv (Kapillarblut-pH < arterieller pH)<br />
∙ Ungenügende Hyperämisierung<br />
∙ Entnahme aus großen Kopfgeschwulst mit Stauungsödem<br />
∙ Verunreinigung durch Fruchtwasser (pH 38-42 SSW 7.13±0.066)<br />
- falsch negativ (Kapillarblut-pH > arterieller pH)<br />
∙ Abnahme von mütterlichem Blut<br />
∙ Langer Kontakt mit Luft<br />
FBA (MBU) – Normalwerte<br />
- pH 7,35 (7,20 - 7,40)<br />
- pCO2 44 (39 - 49)<br />
- pO2 20 (15 - 25)<br />
- HCO3 24 (20 - 28)<br />
- TCO2 26 (23 - 29)<br />
- BE - 6 ( -3 - -9)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 68
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
30.11.11 - Scheier<br />
Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />
Definition<br />
Hypotonie<br />
- Definition WHO: RR ≤100/60 mm Hg<br />
HES und HELLP<br />
Hypertensive Erkrankungen der Schwangerschaft (HES)<br />
- Schwangerschaftshypertension (bisher SIH): diast. ≥ 90 mm Hg (wird 2 x gemessen im 4-6 h Abstand)<br />
- Schwangerschaftsproteinurie: ≥300 mg/l in 24 h Harn<br />
- Präeklampsie: Hypertension und Proteinurie<br />
- Eklampsie: Auftreten von tonisch- klonischen Krämpfen<br />
HELLP Syndrom<br />
- Hemolysis<br />
- Elevated Liver Enzymes<br />
- Low Platelets<br />
Gestationshypertension, Gestationsproteinurie, Proteinurische Gestationshypertension = Präeklampsie → entstehen in der<br />
Schwangerschaft → Präeklampsie kann zur Eklampsie führen<br />
Chronische Hypertension ohne Proteinurie, Chronische Hypertension mit Proteinurie = Propfpräeklampsie („gepfropft“ auf<br />
eine vorbestehende Erkrankung) → kann auch wieder zu einer Präeklampsie und infolge zu einer Eklampsie führen<br />
Wichtig: richtiges RR-Messen: Messung am Arm in Herzhöhe, je dicker der Oberarmumfang, desto breiter der Cuff, in Ruhe<br />
messen, diastolischen Druck dann messen, wenn kein Pulsieren mehr hörbar<br />
Bedeutung<br />
Epidemiologie<br />
Inzidenz<br />
- Präeklampsie: 5 - 8 % aller Schwangeren<br />
- Schwere Präeklampsie: 1 - 2 % (RR sys >160 bis 170, RR diast >110)<br />
- HELLP Syndrom: 0,5 - 0,8 %<br />
Maternale Mortalität in Österreich<br />
Seite 69<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Maternale Mortalität weltweit<br />
HES und HELLP<br />
im roten Bereich höchste maternale Mortalität: bis zu<br />
1000/100.000 Frauen; die häufigste Ursache sind<br />
Blutungen und Infektionen, außerdem der nicht<br />
ordnungsgemäße SS-Abbruch und hypertensive<br />
Erkrankungen<br />
Täglich sterben weltweit ungefähr 200 Frauen infolge<br />
hypertensiver Erkrankungen der Schwangerschaft<br />
Maternale Mortalität - Großbritannien<br />
1952 - 1954 1997 – 1999<br />
Blutdruck 246 15<br />
Blutung 188 7<br />
Schwangerschaftsabbruch 153 0<br />
Thromboembolie 138 38<br />
Anästhesiekomplikationen 49 3<br />
Sepsis 42 14<br />
Maternale Mortalität infolge Hypertension in der SS 1997 – 1999<br />
Intrazerebrale Blutung 7<br />
Leberruptur 2<br />
Andere 6<br />
5 Todesfälle im Rahmen vom HELLP Syndrom<br />
<strong>12</strong> der 15 Mütter hatten „substandard care“<br />
Kindliche Mortalität und Morbidität<br />
Intrauterine Wachstumsrestriktion<br />
- Perinatale Komplikationen (Atemnotsyndrom, NEC, Hirnblutungen)<br />
- Intrauteriner Fruchttod<br />
- Entwicklungsstörungen<br />
- Erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im späteren Leben (Barker Hypothese)<br />
- ...<br />
Frühgeburtlichkeit<br />
- Hohe Mortalität und Morbidität in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche<br />
- Zerebralparese<br />
- Entwicklungsverzögerung<br />
- ...<br />
Ätiologie und Pathogenese<br />
Physiologie<br />
Kreislaufadaptation in der Schwangerschaft<br />
- Blutvolumen steigt<br />
- Herzfrequenz steigt<br />
- Peripherer Gefäßwiderstand nimmt ab der 6. SSW ab durch Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur und<br />
Neoangiogenese im Endstrombett<br />
- Blutdruck sinkt<br />
Schwangerschaft = high output – low resistance<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 70
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
Verminderung des Blutdruckes Erhöhung des Plasmavolumens Erhöhung des Herz-Zeit-Volumens<br />
um 50%<br />
→ ev. brauchen hypertone Frauen in der Schwangerschaft keine Blutdruckmedikamente, diese können mit Vorsicht<br />
abgesetzt werden<br />
Ursache für die hypertensiven Erkrankungen in der Schwangerschaft ist die Plazenta:<br />
Bedeutsam sind die Spiralarterien:<br />
Bei einer normalen Schwangerschaft haben diese Gefäße sowohl im<br />
Myometrium, als auch in der Dezidua ein ähnlich großes Volumen<br />
Bei den hypertensiven Erkrankungen kommt es zu einer Volumenreduktion im<br />
muskulären Anteil<br />
Zytotrophoblasten wandern in<br />
die Spiralarterien und<br />
zerstören die Wand<br />
1. Ab der 7-8 SSW findet sich ein Fluss im intervillösen Raum<br />
2. Trophoblastzellen verschließen anfangs die Arterien der Decidua und schützen den Embryo vor dem aggressiven<br />
Sauerstoff<br />
3. Trophoblastzellen wandern ab der 15. SSW in die Tunica muscularis der Spiralarterien ein und zerstören sie<br />
In der Schwangerschaft muss ein genetisch fremder Organismus Anschluss an das mütterliche Gefäßsystem finden ohne<br />
dass es zu einer Abstoßungsreaktion kommt.<br />
Maternales Immunsystem spielt bei der Implantation eine Rolle, außerdem auch die Vorbereitung des Endometriums<br />
Sauerstoffdruck in der Plazenta bis zum 80. Tag anders: vermehrter Stress auf den Zytotrophoblasten<br />
Seite 71<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
HES und HELLP<br />
Soluble fms-like tyrosine kinase-1 (sFlt-1) = Vascular endothelial growth factor receptor-<br />
1 sVEGFR-1<br />
Bindet freien vascular endothelial growth factor (VEGF) und plazental growth factor<br />
(PlGF).<br />
6-10 Wochen vor der Präeklampsie ist dieser Faktor erhöht und steigt bis zur<br />
Präeklampsie immer weiter an<br />
Pathophysiologie<br />
- Unzureichende endovaskuläre Invasion mütterlicher Spiralarterien durch den Zytotrophoblasten<br />
- Inadäquate Dilatation der Spiralarterien<br />
- Verminderte Produktion vasodilatatorisch wirkender Substanzen im Endothel (Prostacyclin, NO)<br />
- Verminderung der Plazentaperfusion<br />
- Freisetzung von Substanzen aus dem intervillösen Raum in die mütterliche Zirkulation<br />
- Mütterliche Symptomatik<br />
Epidemiologische Daten<br />
- ↑ Primigravidae (Partnerwechsel)<br />
- ↑ Kurze präkonzeptionelle Phase (Spermienantigene?)<br />
∙ Spermien können zu einer Sensibilisierung führen<br />
- ↑ Heterologe Insemination<br />
- ↓ Multiparae 0,3 %<br />
- ↓ vorhergehender Abort<br />
- ↓ Schwangerschaft nach Bluttransfusionen<br />
- ↓ Schwangerschaft von verwandten Partnern<br />
- ↑ Präeklampsie bei der Mutter der Patientin<br />
- ↑ Präeklampsie in vorangegangener Schwangerschaft<br />
- ↑ Lebensalter > 40 a 3 faches Risiko<br />
- ↑ Mehrlingsschwangerschaften<br />
∙ 4 – 5faches Risiko,<br />
∙ 15 – 20 %, bei Drillingen bis zu 60 %<br />
∙ Große Plazenta – neigen zu einer Unterperfusion<br />
- ↑ Diabetes mellitus 14 – 21 %<br />
- ↑ Chronische Hypertonie 15 – 30 %<br />
- ↑ SLE, bei Lupusnephritis bis zu 70%<br />
- ↓ Nikotinabusus<br />
- ↑ Nierentransplantation<br />
- ↑ Vorbestehende Hypertonie<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 72
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
- ↑ Assoziation mit<br />
∙ Adipositas<br />
∙ Insulinresistenz<br />
∙ Präexistente Thrombophilie<br />
∙ hydropische Degeneration der Plazenta (Mole)<br />
Organveränderungen bei HES<br />
Niere<br />
- Glomeruläre Endotheliose<br />
- Vasokonstriktion und partieller Verschluss der Kapillarschlingen mit Oligo/Anurie<br />
Leber<br />
- Obstruktion des Blutflusses in den Sinusoiden Dehnung der Glisson Kapsel Oberbauchschmerzen<br />
- Periportale und fokale Parenchymnekrose Anstieg der Leberenzyme, Leberhämatome bis zu Leberruptur<br />
Gehirn<br />
- Interstitielles Hirnödem<br />
- neurologische Symptomatik<br />
Lunge<br />
- Lungenödem<br />
Augen<br />
- Retinaödem<br />
- Hämorrhagien<br />
- In seltenen Fällen Netzhautablösungen<br />
Hypotonie<br />
Häufigkeit: 2 – 3 %<br />
Symptome<br />
- Müdigkeit (58%)<br />
- Kalte Extremitäten (54%)<br />
- Kopfschmerzen (39%)<br />
- Schwindelattacken (28%)<br />
- Sehprobleme (20%)<br />
- Parästesien (17%)<br />
Therapie<br />
- Physiotherapeutische Maßnahmen<br />
- Medikamentöse Therapie von fraglichem Wert<br />
Vorbestehende Hypertonie<br />
- Essentielle/primäre Hypertonie<br />
- Sekundäre Hypertonie<br />
∙ Nierenerkrankungen (vesikoureteraler Reflux, Glomerulonephropathien, adulte polyzystische Nieren)<br />
∙ Systemerkrankungen mit Nierenbeteiligung: Diabetes mellitus, SLE<br />
∙ Endokrine Erkrankungen: Phäochromozytom, Cushing- und Connsyndrom<br />
∙ Gefäßkrankheiten: Nierenarterienstenose, Koarkation der Aorta<br />
Vorbestehende Hypertonie:<br />
- Hypertonie vor der 20. SSW<br />
- 1/3 der chronisch hypertensiven Schwangeren werden im ersten Trimenon normotensiv<br />
- Je schwerer die Hypertonie vor der Schwangerschaft war, desto ungünstiger ist die Prognose für die Mutter und<br />
das Kind<br />
- 10 – 20 % der Frauen mit vorbestehender Hypertonie entwickeln eine Präeklampsie/Eklampsie<br />
Risiken<br />
- Exazerbation der Hypertonie<br />
- Entwicklung einer Propfpräeklampsie<br />
- Entwicklung einer uteroplazentaren Insuffizienz<br />
- Vorzeitige Plazentalösung<br />
Seite 73<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
HES und HELLP<br />
Präeklampsie<br />
Schwangerenvorsorge<br />
- Anamnese betreffend Vorerkrankungen<br />
- Geburtshilfliche Anamnese<br />
- Größe und Gewicht<br />
- Blutdruckmessung und Harnstix im Rahmen der Mutter-Kind-Passuntersuchungen<br />
Optional und empfehlenswert<br />
- Ersttrimestersonographie mit Doppler der Aa. uterinae und Bestimmung von PAPP A<br />
Symptome<br />
- häufig lange Zeit symptomlos<br />
- Augenflimmern, Photophobie, Diplopie, Skotome, Kopfschmerzen, Klonus<br />
- Epigastrische Schmerzen, Nausea, Erbrechen<br />
- selten Lungenödem durch Linksherzinsuffizienz<br />
- Oligurie, Anurie bis zum akuten Nierenversagen<br />
- Ödeme<br />
Therapie<br />
- Therapie ab ≥ 170/100 mm Hg<br />
- RR Werte zwischen 90 und 105 mm Hg diastolisch nicht unterschreiten!<br />
- Entbindung in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche<br />
Schwere hypertensive Krise<br />
- Stationäre Aufnahme<br />
- Intensivmedizinische Überwachung<br />
- Zentralvenöser Zugang<br />
- Sedierung mit Diazepam (Achtung: lange Halbwertszeit)<br />
- Magnesiumsulfat<br />
- Blutdrucksenkung<br />
- Dauerkatheter<br />
- Abschirmung von optischen und akustischen Reizen<br />
- Gummikeil bereitlegen<br />
- Seitenlagerung<br />
- Entbindung<br />
Antihypertensive Therapie<br />
α - Methyldopa (Aldometil®)<br />
- Dosierung 3 x <strong>12</strong>5 mg bis 3 x 500 mg p.o.<br />
- Wirkungsmechanismus<br />
∙<br />
Zentral wirksamer Neurotransmitter, reduziert peripheren Widerstand ohne Reduktion des Herz-<br />
Minutenvolumens<br />
- Nebenwirkungen<br />
∙ Sedierung, Depressive Verstimmung, Natrium- und Wasserretention, hämolytische Anämie,<br />
Hepatopathie (Fieber, Enzymanstieg, Ikterus), Keine Langzeitnebenwirkungen<br />
β1 Rezeptorenblocker (z.B. Metoprolol – Beloc®)<br />
- Dosierung 3 x 50 mg p.o.<br />
- Wirkungsmechanismus Blokade der β1 Rezeptoren<br />
- Nebenwirkungen: Senkung der Herzfrequenz, erhöhtes Risiko für fetale Wachstumsrestriktion (geringes Ausmaß)<br />
α-β Rezeptorenblocker (z.B. Labetalol . Trandate®)<br />
- Dosierung 3 x 100 mg p.o.<br />
- Wirkungsmechanismus Kombinierte α-β Rezeptoren Blockade<br />
- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Lebertoxizitat, Zittern, IUGR<br />
∙ Eventuell durch β Blockade Reduktion des Herz-Minuten Volumens und Minderdurchblutung des Uterus<br />
Dihydralazin (Nepresol®)<br />
- Dosierung 2-3 x 25 mg p.o.<br />
- Wirkungsmechanismus Direkte Gefäßerweiterung<br />
- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Schwindel, Flush, Parästhesie, Tachyphylaxie<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 74
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
Ca-Kanalblocker (z.B. Nifedipine - Adalat®) – OFF LABEL USE!!!<br />
- Dosierung Retardpräparat 3 x 10 – 20 mg oral<br />
- Wirkungsmechanismus Vasodilatation im arteriellen Stromgebiet<br />
- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Flush,<br />
- Wehenhemmung. Nicht indiziert im 1. Trimenon<br />
- aufgrund teratogener Effekte im Tierversuch<br />
- CAVE Rasche Blutdrucksenkung bei sublingualer Gabe<br />
Kontraindiziert sind<br />
- ACE Hemmer<br />
∙ Akutes Nierenversagen bei Neugeborenen, Oligohydramnion, Schädelkalottendefekte, teratogene<br />
Effekte<br />
- Diuretika in der Schwangerschaft (mit seltenen Ausnahmen)<br />
∙ kontraindiziert, weil sie das intravaskuläre Volumen reduzieren<br />
- Angiotensin-AT1-Antagonisten<br />
∙ Oligohydramnion, Schädelknochenhypoplasie.<br />
∙ Potentiell teratogen und nephrotoxisch für das Neugeborene<br />
- Alle anderen Hypertensiva Ungenügende Information über Anwendung in der Schwangerschaft<br />
Akuttherapie<br />
Dihydralazin (Nepresol®)<br />
- Dosierung 2-3 x 25 mg p.o<br />
- Wirkungsmechanismus Direkte Gefäßerweiterung<br />
- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Schwindel, Flush,<br />
- Parästhesie, Tachyphylaxie<br />
Urapidil (Ebrantil®) – OFF LABEL USE<br />
- Dosierung Initial 6,25 – <strong>12</strong>,5 mg i.v. als Bolus über 2 min,<br />
- dann 3 – 24 mg/h (Perfusor)<br />
- Wirkungsmechanismus Periphere α-1 Rezeptorblockade; zentral<br />
- Modulation des Kreislaufregulationszentrums<br />
- Nebenwirkungen Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Orthostase,<br />
- Mundtrockenheit<br />
- CAVE Rasche Blutdrucksenkung<br />
Ca-Kanalblocker (z.B. Nifedipine - Adalat®)<br />
- Dosierung 10 mg p.o. alle 30 min bis zu <strong>12</strong>0 mg tgl.<br />
- Wirkungsmechanismus Vasodilatation im arteriellen Stromgebiet<br />
- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Flush,<br />
- Wehenhemmung. Nicht indiziert im 1. Trimenon<br />
- aufgrund teratogener Effekte im Tierversuch.<br />
- CAVE Rasche Blutdrucksenkung bei sublingualer Gabe<br />
- Kombination mit Magnesiumsulfat starke<br />
- Blutdrucksenkung und neuromuskuläre Blockade<br />
Entbindung<br />
< 24+0 SSW 24+0 bis 33+6 SSW > 33+6 SSW<br />
Prognose für das Kind infaust Risiko für Kind in Abhängigkeit von der SSW Risiko für Kind gering<br />
Entscheidung über die Entbindung indiziert bei<br />
Entbindung indiziert bei<br />
Fortsetzung<br />
der •Therapierefraktärer Hypertonie<br />
•Schwerer Präeklampsie<br />
Schwangerschaft ist mit den<br />
Eltern individuell zu treffen<br />
•Therapierefraktärer Niereninsuffizienz<br />
•Akutem Lungenödem<br />
•Fetus < 5 Perzentile und<br />
pathologischem Doppler<br />
•Disseminierte intravasale Koagulopathie<br />
•Persistierende Oberbauchschmerzen<br />
•Zentralnervöse Symptome<br />
•Eklampsie<br />
•Fetus < 5. Perzentile und<br />
hochpathologischer Doppler<br />
Keine Lungenreifung Lungenreifung Keine Lungenreifung<br />
Seite 75<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
HES und HELLP<br />
HELLP Syndrom<br />
Hemolyis, Elevated Liver Enzymes, Low Platelets<br />
Symptome<br />
- Oberbauchschmerzen rechts ev. Tage vor laborchemischer Manifestation<br />
- Übelkeit, Erbrechen (bis 80%)<br />
- Kopfschmerzen<br />
- Ödeme<br />
- Hypertonie (fehlt in bis zu 20%, häufig mild)<br />
- Proteinurie (fehlt in bis zu 15 %)<br />
Die Symptome des HELLP-Syndroms……. ..sind unspezifisch. Die Patientinnen klagen über<br />
- allgemeines Unwohlsein (90%)<br />
- epigastrische Schmerzen (90%)<br />
- Nausea und Erbrechen (50%).(...) Die Hypertonie ...kann bei 20% fehlen. Eine Proteinurie liegt in 85% - 95% der<br />
Fälle vor. Zur Vermeidung von Fehldiagnosen sollte deshalb bei allen Schwangeren, die eines oder mehrere der<br />
oben erwähnten Symptome aufweisen, unabhängig von der Höhe des Blutdrucks, ein Laborscreening mit Blutbild,<br />
Thrombozyten und Leberenzymen veranlasst werden".<br />
Laboruntersuchungen<br />
Hemolysis<br />
Indirektes Bilirubin ↑<br />
LDH ↑<br />
Haptoglobin ↓<br />
Hämoglobin ↓<br />
Fragmentozyten im peripheren Blutausstrich<br />
Elevated Liver Enzymes Transaminasen ↑<br />
LDH ↑<br />
Low Platelets<br />
Thrombozytopenie (< 100.000/μl)<br />
Zusätzlich:<br />
Gerinnungsparameter: Fibrinogen, PT PTT, ATIII<br />
Nierenparameter: Harnsäure und Kreatinin<br />
Komplikationen<br />
Gerinnung Disseminierte Koagulopathie, Verbrauchskoagulopathie 4 – 38 %<br />
Plazenta Vorzeitige Plazentalösung bis zu 16 %<br />
ZNS<br />
Eklampsie<br />
Apoplexie<br />
bis zu 3 %<br />
< 1 %<br />
Lunge Lungenödem, Aspiration bis zu 6 %<br />
Niere Akutes Nierenversagen bis zu 8 %<br />
Leber Leberversagen, Leberhämatom, Leberruptur < 1 %<br />
P: konfluierende Hämorrhagien in Periportalfeldern<br />
N: normales Leberparenchym<br />
Ultraschall<br />
CT<br />
Subcapsuläres Leberhämatom im<br />
rechten Leberlappen<br />
Leberruptur mit subphrenischem<br />
Hämatom<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 76
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
Differentialdiagnose<br />
- Akute Schwangerschaftsfettleber<br />
- Intrahepatische Schwangerschaftscholestase<br />
- Cholezystitis<br />
- Virushepatitis<br />
- Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)<br />
- Thrombozytopenische Purpura (ITP)<br />
- Hämolytisch-urämisches Syndrom<br />
- Systemischer Lupus Erythematodes<br />
- Antiphospholipidsyndrom<br />
3 Hauptdifferentialdiagnosen<br />
Klinik HELLP Akute Fettleber Akute Hepatitis<br />
Beginn (Trimenon) 2-3 3 1-3<br />
Klinische Zeichen Hypertonie Gastrointestinale Blutung; Hepatomegalie<br />
Koma; kleine Leber;<br />
Nierenversagen<br />
Hämolyse ++ +/- -<br />
Proteinurie ++ +/- -<br />
Aminotransferasen 5-fach erhöht 10-fach erhöht 100-fach erhöht<br />
Bilirubin etwas erhöht 5-10-fach erhöht 10-15fach erhöht<br />
Blutzucker normal tief normal<br />
Leukozyten normal erhöht normal<br />
Thrombozyten vermindert normal oder vermindert normal<br />
Prothrombinzeit normal verlängert normal<br />
Blutzucker bei der akuten Fettleber vermindert<br />
Management<br />
- Stationäre Aufnahme<br />
- Diagnostik, Ermittlung des mütterlichen und fetalen Zustandes<br />
- Stabilisierung der Mutter<br />
- Antihypertensive Therapie<br />
- Antikonvulsive Prophylaxe mit MgSO 4<br />
- Bei Hämostasestörungen<br />
∙ Thrombozytenkkonzentrate bei Thrombo < 20.000 oder bei Blutungen<br />
∙ Fresh Frozen Plasma bei Gerinnungsstörung<br />
- Volumengabe begleitend zu Dihydralazingabe<br />
Nach der 34. SSW sofort entbinden, weil sich das HELLP auch fulminant entwickeln kann<br />
Seite 77<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
HES und HELLP<br />
Intra- und postpartales Management<br />
- keine Regionalanästhesie bei Thrombozyten < 75.000/μl →<br />
∙ kann zu Blutungen im Spinalkanal bis zum Querschnitt führen<br />
- Wundhämatom bei 20%<br />
- vor der Sectio: Thrombozytensubstitution bei < 40.000/μl<br />
- postpartal Verschlechterung möglich<br />
- Postpartales Monitoring für mindestens 48 Stunden mit<br />
∙ Bilanzierung der Flüssigkeits-Ein- und Ausfuhr<br />
∙ Pulsoxymetrie<br />
∙ Fortführung der MgSO4 Therapie<br />
∙ Antihypertensive Therapie bei RR > 150/105<br />
Eklampsie<br />
Eklamptischer Anfall<br />
- Generalisierter tonisch-klonischer Krampf<br />
- Zyanose<br />
- Bewusstlosigkeit<br />
Prodrome (59%)<br />
- Schwere Kopfschmerzen („wie noch nie im Leben“)<br />
- Augenflimmern<br />
- RR-Anstieg<br />
Maternale Mortalität<br />
- 1,5 – 2 %<br />
- DIC<br />
- Nierenversagen<br />
- Lungenödem<br />
- adult respiratory distress syndrome (ARDS)<br />
- intrazerebrale Blutung<br />
- Herzstillstand<br />
Perinatale Mortalität<br />
- 7 – <strong>12</strong> %<br />
- Frühgeburtlichkeit<br />
- Abruptio placentae<br />
∙ Häufig mit DIC kombiniert<br />
Jeder epileptiforme Anfall in der Schwangerschaft muss als Eklampsie betrachtet und behandelt werden, bis sichergestellt<br />
ist, dass es vielleicht „nur“ ein Grand-Mal Anfall war.<br />
Die Eklampsie ist nicht zwangsweise Folge einer Präeklamspie; in bis zu 40 % der eklamptischen Anfälle besteht keine<br />
Hypertonie oder Proteinurie.<br />
- Antepartale Eklampsie (38%)<br />
∙ Vor dem Einsetzen der Wehen<br />
- Intrapartale Eklampsie (18%)<br />
∙ Krämpfe nach Geburtsbeginn<br />
- Postpartale Eklampsie (44%)<br />
∙ Krämpfe nach der Geburt der Plazenta<br />
Besonderheiten<br />
- Häufung im 3. Trimenon und um den Geburtstermin<br />
- Frühe Fälle um die 20. SSW sind möglich → Diagnose schwieriger<br />
- Eklampsie 3 Wochen nach Geburt mit unauffälliger Schwangerschaft möglich<br />
- Studie von Katz: bei 60% Krämpfe allererstes Symptom ohne vorherige Phase mit erkennbarer Präeklampsie<br />
Pathophysiologie<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 78
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
Sofortmaßnahmen (Erste Hilfe)<br />
- Links-Seitenlage<br />
- Freihalten der Atemwege<br />
- Gabe von Sauerstoff<br />
- Gummikeil<br />
Schnellstmöglicher Transport ins Krankenhaus<br />
Therapie<br />
Therapie des eklamptischen Anfalls<br />
- Diazepam 10 mg i.v.<br />
∙ Wichtig: geht auf das Kind über<br />
- Magnesiumsulfat 2 – 4 g i.v.<br />
- Gummikeil<br />
- Seitenlagerung<br />
- Abschirmung von optischen und akustischen Reizen<br />
→ Notsectio<br />
Magnesiumtherapie des eklamptischen Anfalls<br />
- 2 – 4 g als Bolus über 15 min<br />
- Dann: 1 – 2 g/h bis 24 h nach der Entbindung<br />
- Bei zu viel Magnesium: Areflexie, Atemstillstand, Herzstillstand → daher Plasmaspiegel messen<br />
- Therapeutische Mg Konzentration: 1,3 – 4 mmol/l<br />
∙ > 5 mmol/l Atemdepression, Areflexie, Herzstillstand<br />
∙ Antidot: Ca++ z.B. Ca gluconicum 10% 10 ml i.v.<br />
Postpartale Beratung<br />
- Wiederholungsrisiko in weiterer Schwangerschaft<br />
∙ nach leichter Präeklampsie 20%<br />
∙ nach schwerer Präeklampsie 26 %<br />
∙ nach early onset (2. Trimenon) bis 65 %<br />
∙ nach HELLP 27 – 48 %<br />
• Präeklampsie: ca. 20 %<br />
• Erneutes HELLP: 3 – 19 %<br />
- Internistische Abklärung nach 3 Monaten<br />
∙ Ausschluss präexistenter Hypertonie<br />
∙ Bei early onset Präeklampsie: Gerinnungsabklärung<br />
Prädiktion<br />
Risikofaktoren<br />
- Anamnese<br />
∙ Maternales Alter<br />
∙ Rasse<br />
∙ Konzeption spontan/artifiziell<br />
∙ Nikotinabusus (erniedrigt Risiko)<br />
∙ Erhöhter body mass index (BMI)<br />
∙ Vorangegangene Präeklampsie<br />
∙ Positive Familienanamnese für Präeklampsie<br />
∙ Parität<br />
- Untersuchung<br />
∙ BMI<br />
∙ Blutdruck<br />
∙ A. uterina Doppler<br />
∙ Biochemische Marker<br />
Es gibt einen diagnostischen Test, der aber keine 100%ige Sensitivität und Spezifität besitzt → relatives Risiko kann<br />
berechnet werden<br />
Ausgangsrisiko → alle Risikofaktoren beachten: durch Multiplikation des AR mit den Odds Ratios der einzelnen Faktoren<br />
erhält man des adjustierte Risiko<br />
Detektionsrate (Sensitivität) für 5 % FPR ~ 90 %<br />
Prophylaxe<br />
Festlegung von Risikogruppen<br />
- Individuelle Einschätzung der Risikos<br />
- Anamnese<br />
- Mittlerer Blutdruck<br />
Seite 79<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
HES und HELLP<br />
- Dopplersonographie der Aa. uterinae in der <strong>12</strong>. SSW<br />
- Bestimmung von PAPP A<br />
Bei hohem Risiko: Acetylsalicylsäure 100 mg tgl. von der <strong>12</strong>. bis 34. SSW<br />
Aspirinprophylaxe<br />
- Risiko für Präeklampsie 0,85 OR<br />
- Risiko für Geburt < 37 SSW 0,92 OR<br />
- Risiko perinataler Tod 0,86 OR<br />
Nicht wirksam sind<br />
- Es gibt keine Gestosediät<br />
- Multivitaminpräparate haben keinen Nutzen bei gesunder Ernährung (mit Ausnahme der Folsäureprophylaxe der<br />
Spina bifida)<br />
- Magnesium wirkt nicht prophylaktisch<br />
- Kalzium wirkt nicht prophylaktisch<br />
- ω-3 Fettsäuren vermindern Präeklampsierisiko nicht<br />
Spätmorbidität<br />
erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Gefäßerkrankungen<br />
Kumulatives Risiko einer chronischen Hypertonie nach unauffälligen<br />
Schwangerschaften sowie nach Schwangerschaften mit schwerer Präeklampsie<br />
und/oder Eklampsie (Fischer, Der Gynäkologe 2009, Sibai et al, Am J Obstet Gynecol<br />
1986)<br />
Fallvorstellung A<br />
26jährige Lehrerin<br />
- fühlt sich seit Tagen schlecht, seit einer Woche Fieber bis 38° C, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen<br />
- nimmt die Pille und hat einen regelmäßigen Zyklus<br />
- war nie schwanger<br />
Lässt sich von ihrem Bruder in das Bezirkskrankenhaus fahren<br />
Während der Fahrt Ohnmacht und Krampfanfall<br />
Untersuchung im Bezirkskrankenhaus<br />
- Zungenbiss<br />
- Striae am Abdomen<br />
- Intraabdominaler Tumor<br />
- Labor: Thrombopenie, Anämie, LDH und GOT erhöht<br />
Überweisung an die Klinik<br />
- Schall freie Flüssigkeit im Abdomen und Tumor im Unterbauch<br />
- Starke Kopfschmerzen<br />
- CT: Fetus in der 27 SSW<br />
Frauenklinik<br />
- HELLP Syndrom bei negierter Schwangerschaft<br />
- Notsektio: gesundes 980 g schweres Kind<br />
Fallvorstellung B<br />
26jährige Patientin, 0P IG<br />
- Letzte Menstruation nicht bekannt<br />
- Ultraschallterminbestimmung: 08.11.<strong>2011</strong><br />
- Regelmäßige Kontrollen beim Frauenarzt<br />
Schwangerschaftsverlauf<br />
- Spätabortbestrebungen in der 17. SSW bei tiefsitzender Plazenta<br />
- 22. bis 23. SSW stationär wegen regelstarker vaginaler Blutung bei Plazenta praevia partialis<br />
- Harnwegsinfekt (stationäre Behandlung) mit extrem starker CRP-Erhöhung (60)<br />
- Frühgeburtsbestrebungen in der 25. SSW (stationäre Behandlung)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 80
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
Bezirkskrankenhaus<br />
- Bei 28+1 Überweisung vom Frauenarzt an Bezirkskrankenhaus wegen V. a. EPH Gestose<br />
- zunehmende Ödeme (Gesicht)<br />
- tiefsitzende Hinterwandplazenta<br />
- pathologischer Doppler (Widerstandserhöhung A. umbilicalis)<br />
- Hypertonie<br />
- Proteinurie<br />
- → Überweisung an die Frauenklinik<br />
Frauenklinik<br />
- 28+2 SSW<br />
- RR 150/110<br />
- Proteinurie und Ödeme<br />
- Ultraschall: Kind 1000 g, Oligohydramnion, Zero flow in der A. umbilicalis<br />
- Labor: Harnsäure im oberen Normbereich; HELLP Labor unauffällig<br />
Procedere<br />
- Lungenreifeinduktion<br />
- Aldometil 3 x 250 mg<br />
- Magnesiumtokolyse<br />
28+4 SSW<br />
- Blutdruck 160/100, HELLP Labor unauffällig<br />
- Doppler stabil, CTG unauffällig<br />
- > Nepresoldauerinfusion<br />
29+1 SSW<br />
- Pat. erbricht<br />
- CTG eingeschränkt<br />
- HELLP Labor: GOT 34 U/l, GPT 32 U/l, LDH 503 U/l<br />
- Thrombozyten 103.000G/l<br />
2 Stunden später<br />
- CTG eingeschränkt<br />
- HELLP Labor: GOT 41 U/l, GPT 39 U/l, LDH 560 U/l<br />
- Thrombozyten 82.000G/l<br />
→ Notsektio<br />
Kind<br />
Mutter<br />
- Mädchen, 960 g (3er Perzentile), NSA pH 7,20<br />
- Postoperativ 2 Tage auf Aufwachstation<br />
- Rasche Normalisierung des HELLP Syndroms<br />
Fallvorstellung C – Gutachten<br />
26-jährige Patientin<br />
Bei internist Kontrolle RR 195/<strong>12</strong>5<br />
In den folgenden Jahren Concor und Atacand<br />
Wird Juni 2002 schwanger<br />
- 05.07.02 7. SSW erste gyn Kontrolle, kein RR gemessen<br />
- 19.08.02 13. SSW erstmals RR 135/80<br />
- 30.09.02 19. SSW RR 170/100 Pat geht zu Internist<br />
- Internist verschreibt Seloken und Blutdruckpass<br />
→ erhöhter diastolischer Flow<br />
Seite 81<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
HES und HELLP<br />
30.10.02 23+3 SSW geht wegen Bauchschmerzen zum Gynäkologen<br />
- Was tun Sie?<br />
∙ …<br />
- Was tat der/die Gynäkologe/Gynäkologin?<br />
∙ Ernährungsberatung<br />
- Was tat der/die Gynäkologe/Gynäkologin nicht?<br />
∙ Blutdruck<br />
∙ Harnstix<br />
∙ HELLP Labor<br />
∙ Ultraschall<br />
01.11.02 Allerheiligen, immer noch Oberbauchschmerzen<br />
- Mutter der Patientin macht sich Sorgen und ruft befreundete Krankenschwester in anderem Bundesland an, diese<br />
rät zur KH Aufnahme<br />
02.11.02 24+2 SSW geht ins Bezirkskrankenhaus<br />
- Thrombo 42.000, LFP massiv erhöht, RR 180/100, im CTG Dezelerationen<br />
- Am selben Tag mit Notarzt in Uniklinik<br />
→ Notsectio<br />
- 460g schwerer Knabe verstirbt nach 2 Stunden<br />
- Pat klagt wegen insuffizienter Schwangerenvorsorge<br />
Fallvorstellung D – Gutachten<br />
07.08.<strong>2011</strong> Letzte Regel; errechneter Geburtstermin 11.05.2002<br />
24.10.2001 1. Facharztbesuch: CRL 59 mm<br />
28.<strong>12</strong>.2001 2. Facharztbesuch (20+3)<br />
Jänner 2002 Beinödeme<br />
15.01.2002 3. Facharztbesuch: RR normal, normales fetales Wachstum<br />
14.02.2002 Außertourlicher Facharztbesuch wegen Grippe/Darmgrippe: Fetale Herzaktion unauffällig, AUF bis<br />
22.02.2002<br />
15.02.2002 bis Kurzurlaub in einem Wellnesshotel in Neustift, Stubaital. Pat. geht es schlecht, sie kann nicht essen.<br />
18.02.2002<br />
28.02.2002 Auf der Rückfahrt erhebliche Bauchschmerzen<br />
19.02.2002 Termin beim Facharzt erst am nächsten Tag möglich<br />
20.02.2002 In der Facharztpraxis intrauteriner Fruchttod festgestellt<br />
RR <strong>12</strong>7=80, Proteinurie+++, Thrombozyten 133.000, GPT 97U/l<br />
20.08.2002 16.00 Uhr: Patientin ruft im Belegspital an<br />
22.15 Uhr: 400 μg Cyprostol vaginal<br />
21.08.2002 02.00 Uhr: Temperaturanstieg auf 39,6° C. Telefonische Anordnung von Augmentin® und<br />
Paracetamol<br />
03.00 Uhr: Patientin erhält wegen Schmerzen eine Ampulle Nicomorphin s.c. sowie Paracetamol<br />
04.00 Uhr: Temperatur auf 38° C gesunken. Verabreichung von 400 μg Cyprostol vaginal. Portio<br />
erhalten, fingerdurchgängig<br />
06.20 Uhr: Blasensprung. Muttermund identisch zu 04.00 Uhr<br />
06.50 Uhr: läutet wegen Schmerzen, durch Hebamme untersucht; Muttermund 2 cm, Voltaren®<br />
supp. rektal<br />
07.15 Uhr: läutet erneut wegen Schmerzen. Wird auf dem Rückweg vom WC aufs Bett gesetzt.<br />
Kollaps auf dem Bett, atmet nicht mehr, kein Puls tastbar.<br />
Sofortige Reanimationsmaßnahmen<br />
08.45 Uhr: Abfahrt des NWA ins Landeskrankenhaus<br />
09.15 Uhr: Eintreffen des NAW im LKH. Fortsetzung der intensiven Reanimationsmaßnahmen.<br />
Lyse und aortale Ballonpumpe. Echokardiographisch flottierender Thromboembolus im<br />
Arteria pulmonalis Hauptstamm, ballonierter rechter Herzventrikel und fehlende<br />
linksventrikuläre Auswurfleistung<br />
11.00 Uhr: Beendigung der erfolglosen Reanimation. Die Patientin ist tot.<br />
Fetale Todesursache: partielle Plazentasitzlösung<br />
Maternale Todesursache: Pulmonalembolie bei HELLP Syndrom und Fieberschub unter Cyprostol<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 82
HES und HELLP<br />
Gynäkologie<br />
Ernährung in der Schwangerschaft<br />
So wenig wie möglich:<br />
- Zucker<br />
- Butter<br />
- Margarine<br />
- Öl<br />
Großzügig erlaubt:<br />
- Haferflocken<br />
- Vollkornbrot<br />
- Reis<br />
- Pasta<br />
- Früchte<br />
- Gemüse<br />
In der Schwangerschaft keine unnötigen Verbote und Vorschriften machen<br />
In Maßen erlaubt:<br />
- mageres Fleisch<br />
- Geflügel<br />
- Fisch<br />
- Nüsse<br />
- Eier<br />
- Milch und Milchprodukte<br />
Nur sehr eingeschränkt:<br />
- Alkohol<br />
- Kaffee<br />
Verboten:<br />
- Rauchen<br />
- Energy Drinks<br />
Seite 83<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
07.<strong>12</strong>.11<br />
Nachgeburtsperiode und Wochenbett<br />
Das Kind ist da, der Stress ist vorbei, jetzt können alle relaxen…<br />
der Taj Mahal wurde von Shan Jahan zur Erinnerung an seine Frau Mumtaz Mahal erbaut, die 1632 bei der Geburt ihres 14.<br />
Kindes an einer postpartalen Blutung gestorben war.<br />
3. Frau Heinrich VIII Jane Seymore stirbt am 02.01.1537 im Kindbett nach Geburt Edward VI.<br />
Nichts ist so gefährlich wie die Nachgeburtsphase<br />
Die Plazentarperiode (third stage of labor) stellt die gefährlichste Phase der Schwangerschaft und Geburt dar<br />
Dauer der Nachgeburtsphase: Geburt des Kindes bis Geburt der Plazenta (bis 2h)<br />
1920er Jahre, England, Deutschland: 80% der mütterlichen Todesfälle in den Stunden und Tagen nach der Geburt des<br />
Kindes ( Loudon, 1992).<br />
Dritte Welt heute: postpartale Blutungen für die hohe Müttersterblichkeit verantwortlich<br />
Pathologie der Plazentarperiode<br />
- Blutungen<br />
- Infektionen der Geburtswege (bis zur puerperalen Sepsis)<br />
- thrombo-embolische Ereignisse<br />
Leitung der Nachgeburtsperiode<br />
Aktive Leitung:<br />
- Injektion von 3-5 IE Oxytocin unmittelbar nach der Entwicklung des Kindes<br />
- Cord traction<br />
Expektative Leitung:<br />
- Gabe von Oxytocin<br />
- Abwarten der Lösungszeichen<br />
∙ Schlaffwerden der Nabelschnur<br />
∙ Hochsteigen des leeren Uterus nach re oben (Schröderzeichen)<br />
∙ Fehlendes Zurückweichen der Nabelschnur beim Hochschieben des Uterus (Küstnerzeichen)<br />
Ziel der Leitung der Nachgeburtsperiode:<br />
- Begrenzung des Blutverlustes (> 500 ml in ersten 24 h pathologisch)<br />
Aktive Leitung:<br />
- Injektion von 5 Einheiten Oxytocin unmittelbar nach der Entwicklung des Kindes.<br />
- Fundusdruck, cord traction<br />
Lösungsmodus der Plazenta<br />
Modus Schultze:<br />
- Häufiger (70%)<br />
- Ablösung der Plazenta von der Uteruswand primär zentral<br />
- Plazenta stülpt sich heraus<br />
Modus Duncan:<br />
- Plazenta löst sich zuerst am Rand<br />
- Plazenta kommt gerade heraus<br />
Credé Handgriff<br />
Zur Blutungskontrolle<br />
Durchführung:<br />
- Abwarten / Anreiben einer Wehe<br />
- Umfassung des Uterusfundus<br />
- Auspressen des Uteruscavum<br />
- Schmerzhaft und Unangenehm für Pat., daher nur wenn notwendig<br />
Um den Blutverlust zu kontrollieren, kann man die Frau speziell lagern: überkreuzte Beine + Binden (Binden können später<br />
auch gewogen werden, d.h. man kann den Blutverlust auch quantifizieren)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 84
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Gynäkologie<br />
Vollständigkeit der Plazenta<br />
Verdacht auf Plazentarest:<br />
Kompressionslage<br />
- Mehr als bohnengroßer Defekt bei sorgfältiger Inspektion der Plazenta<br />
- Blutung aus suspekter Stelle der Plazenta<br />
- Fehlen des perlmuttartigen Glanzes der Dezidua nach Reinigung der maternalen Plazentafläche<br />
- Erkennen von in den Eihäuten verlaufenden Gefäßen zu einer eventuellen Nebenplazenta<br />
Unvollständige Lösung der Plazenta<br />
Der Verdacht ist begründet bei:<br />
- mehr als bohnengroßer Defekt<br />
- Blutung aus der Haftstelle der Plazenta<br />
- Fehlen des perlmuttartigen Glanzes der Dezidua<br />
- Erkennen der von Eihäuten verlaufenden Gefäße zu einer ev. Nebenplazenta<br />
- Abklärung einer Blutungsursache wie Cervixriß, Parametrienriß Weiteres Vorgehen:<br />
Austastung des Uterus in Narkose<br />
URSACHEN VON NACHGEBURTSBLUTUNGEN<br />
VAGINALE BLUTUNGEN<br />
Blutung infolge einer maternalen Weichteilverletzung<br />
(Auftreten der Blutung unmittelbar nach der Entwicklung<br />
des Kindes !! – mit der Geburt)<br />
Plazentalösungsblutung<br />
(Auftreten der Blutung nach einem freien Intervall nach<br />
der Entwicklung des Kindes !! – nach einer gewissen Latenz)<br />
- Vulva Verletzung / Hämatom<br />
- Dammverletzung<br />
- Scheidenverletzung<br />
- Zervixriss<br />
- Uterusruptur<br />
- partielle Plazentalösung<br />
- Duncan Lösung<br />
- Retentio placentae totalis<br />
- Retentio placentae partialis<br />
- Retention wandständiger Blutkoagel<br />
Atonische Nachblutung<br />
- (Auftreten von Blutung nach blutungsfreiem Intervall nach vollständiger Entleerung des Uterus)<br />
Geburtshilfliche Koagulopathie<br />
- Verlustkoagulopathie<br />
- Verbrauchskoagulopathie (DIG)<br />
- Hyperfibrinolyse<br />
Retroperitoneale Blutungen<br />
- hohe Zervix Verletzung<br />
- Abriss der A. uterina<br />
- Uterusruptur im unteren Korpus-bzw. Isthmusbereich<br />
- Problem: retroperitoneale Blutungen sind oft maskiert: man bemerkt nur, dass der Blutverlust nach außen gering<br />
ist → sucht man im Ultraschall nach freiem Blut, findet man nichts, da das Blut vom Retroperitoneum bis über die<br />
Nieren hinaufgesaugt wird.<br />
Intraabdominale Blutungen<br />
- Uterusruptur<br />
- Nach außen wenig Blutung, Hb-Abfall, RR-Abfall, freie Flüssigkeit im Bauchraum<br />
Episiotomie – Damm/Scheidenrisse<br />
- 70% der Frauen benötigen nach der Geburt operative Versorgung der Verletzungen der Geburtswege -<br />
Episiotomie/ Riss<br />
- wesentlicher Anteil am postpartalen Blutverlust<br />
- Spätfolgen der geburtstraumatisch und iatrogen bedingten Verletzungen: Schmerzen, Dyspareunie, Harn- und<br />
Stuhl-Inkontinenz und Fistelbildungen<br />
Episiotomie - 3 Möglichkeiten<br />
- Schnitt gerade nach hinten (median – bei weiterreißen: unkontrolliertes Reißen Richtung Anus)<br />
- Mediolateral von der hinteren Kommissur → häufigste<br />
- Lateral von der hinteren Kommissur (viel mehr Weichteilverletzungen)<br />
Seite 85<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Blutungen können auftreten bei:<br />
- Dammriss<br />
- Blutung aus Episiotomie<br />
- Scheidenriss<br />
- Zervixriss<br />
- Uterusruptur<br />
- Hämatombildung<br />
Hämatome postpartal<br />
Symptome / Diagnostik<br />
- Schmerz, Blutdruckabfall, Tachykardie bei unklarem Blutverlust<br />
- rasche Ko Blutbild Gerinnung<br />
- vaginale, rektale und abdominale Untersuchung, Ultraschall<br />
- mit CT nicht zögern!<br />
Rektum ist nach der Geburt eigentlich immer leer – wenn daher eine Frau 2 Stunden nach der Geburt schon das Gefühl hat,<br />
Stuhl absetzen zu müssen, wird es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Hämatom im Bereich des Rektums<br />
handeln<br />
Inzidenz: Hämatome von mehr als 4 cm Durchmesser - ca 1:1000 Geburten<br />
- 80% von einer Epi ausgehend<br />
- 20% nach Spontangeburt mit intaktem Damm<br />
- 50% nach vaginal-operativer Geburt<br />
Lokalisation<br />
unterhalb des Levator:<br />
Vulva,Perineum, paravaginal und in der Fossa ischiorectalis<br />
oberhalb des Levator:<br />
dehnen sich ins Ligamentum latum und nach dorsal in den<br />
retroperitonealen Raum<br />
Therapie<br />
Eine Blutdruckmanschette zusammenrollen, in einen sterilen Handschuh, in die Scheide einbringen und auf 300 mmHg<br />
aufblasen. Dann im Lauf der nächsten 24h langsam den Druck ablassen<br />
Pinborg A, Bodker B, and Hogdall C (2000). Postpartum hematoma and vaginal packing with a blood pressure cuff. Acta Obstet Gynecol<br />
Scand 79:887-889<br />
Vulvahämatom kann leicht diagnostiziert werden Paravaginales Hämatom wird oft nicht bemerkt, bis die Patientin in<br />
Schockzustand verfällt<br />
- unter 5 cm - straffe Tamponade der Scheide, Eisbeutel außen, beobachten ob Größe nicht zunimmt<br />
- über 5 cm - Inzision über Vagina und gründliche chirurgische Ausräumung, Drain legen, Dauerkatheter legen<br />
Fallbericht: Patientin, die bei einem 9 cm großen Hämatom der Vulva jede chirurgische Therapie ablehnte: Lokaltherapie<br />
über einen Monat, der status quo ante an der Vulva war nach über 2 Monaten erreicht.<br />
Antibiose<br />
antibiotische Abschirmung !!<br />
- Cave Hämatome in der Tiefe, die postpartal nicht auffallen!<br />
- Symptomatik fälschlich dem orthopädischen Formenkreis angelastet<br />
- Bei jeder Wöchnerin mit Ischias-artigen Schmerzen nach möglichem paravaginalen Hämatom fahnden - CT ideal!<br />
- gefürchtetste Komplikation der Abszessbildung in diesem Bereich ist die nekrotisierende Fasziitis, Tod der<br />
Patientin!<br />
Streptokokken-induzierte nekrotisierende Fasziitis und septischer Schock nach Sectio caesarea<br />
Anamnese<br />
- 27-jährige Patientin<br />
- unauffällige Familienanamnese<br />
- Vorerkrankungen, Voroperationen: bekannter Protein-S-Mangel Z.n. Mammareduktionsplastik 2000 Z.n.<br />
Chlamydieninfektion 2002<br />
- Gyn. Anamnese: 0. Para, 1. Gravida, L.R.:21.11.03, EGT: 30.08.03 Blutgruppe 0 rh neg Z.n. IVF<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 86
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Gynäkologie<br />
Verlauf<br />
- stationäre Aufnahme in der 36+1 SSW<br />
- bei sonografischem V.a. IUGR und Oligohydramnion<br />
- Geburtseinleitung mit Prostaglandin E2-Vaginaltabletten<br />
- bei pathologischem CTG (DIP I, eingeschränkter CTG-Verlauf) Indikation der Sectio caesarea<br />
- unauffällige Sectio caesarea, Laparotomie nach Pfannenstiel<br />
- Kind: weiblich, APGAR 8/9/9, NapH: 7,31 NvpH: 7,35 Gewicht: 2190 g<br />
Postoperativer Verlauf<br />
- Zwei Tage postoperativ entwickelt die Patientin Zeichen eines akuten Abdomens, eines Ileus und ein septisches<br />
Zustandsbild<br />
- im Bereich der Sectiowunde zeigt sich eine livide Verfärbung - ein subcutanes Hämatom wird sonographisch<br />
ausgeschlossen<br />
- im Abdomen -CT zeigen sich Lufteinschlüsse intraabdominell und ein Emphysem an der Bauchdecke<br />
- explorative Laparotomie: Ascites, Zeichen einer Peritonitis ohne mor-phologischer Auffälligkeiten der<br />
Bauchorgane<br />
- Hygieneabstrich der Bauchdecke: hämolysierende Streptokokken der Gruppe A<br />
- acht Stunden nach der Laparatomie wurde eine Relaparotomie wegen eines akuten toxischen Schocksyndroms<br />
notwendig. Gewebsnekrosen sind abgrenzbar und eine Nekrosektomie mit Resektion von Haut, Subcutis, Fascie<br />
und Rectusmuskulatur sind nötig<br />
Therapie und Heilungsverlauf<br />
- mehrfache Debridements und konservative Wundkonditionierung<br />
- Mesh-graft Deckung<br />
- mehrwöchiger Aufenthalt auf der Intensivstation<br />
- lange Rehabilitationphase<br />
Sepsis/septischer Schock in der Geburtshilfe<br />
Wichtige Symptome der beginnenden Sepsis: Oligurie bis Anurie, CRP-Erhöhung (aber u.U. erst spät),<br />
Thrombozytopenie!!!, manchmal auch Leukopenie<br />
Atonische Nachblutung<br />
Ursache<br />
Verlauf<br />
- Kontraktionsschwäche des Myometriums bei protrahierten Geburtsverläufen<br />
- Oxytocingabe unter der Geburt<br />
- Infektionen unter der Geburt (Chorioamnionitis)<br />
- Überdehnung des Uterus (Mehrlinge, Polyhydramnion)<br />
- Operative Geburt (VE, Forceps)<br />
- Uterus myomatosus<br />
- Uterine Fehlbildungen<br />
- Multipara<br />
- Blutung verläuft meist schubweise - das im Cavum angesammelte Blut wird kontraktionsabhängig entleert<br />
Behandlung<br />
- Kontraktionsmittel; Oxytocin, Methyl-Ergobasil<br />
- Entleerung des Uterus durch Fundusdruck<br />
- Sofortiger Beginn der Volumensubstitution (venöser Zugang, FFP, EKs)<br />
Seite 87<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Bei Therapieversagen – 1. konservativ:<br />
- Behandlung mit Prostaglandinen intravenös bzw. intracavitär<br />
- Nalador (Sulproston)<br />
Bei Therapieversagen – 2. konservativ:<br />
- Bakri-Ballon<br />
Bei Therapieversagen – 3. operativ:<br />
- Kompressionsnähte > Ligatur der A. uterina > A. iliaca interna > interventionelle Radiologie (Embolisation) ><br />
Hysterektomie<br />
Bakri-Ballon<br />
Applikation<br />
- Einbringung in Cavum uteri (Sono-Ko)<br />
- CAVE: Perforation<br />
- Applikation von 250 – 300 ml NaCl (kalt)<br />
- CAVE: Vaso-vagaler Reflex<br />
- Messung Blutverlust über Katheder<br />
- Max. 24 h Liegezeit<br />
Kontraindikation<br />
- Cervix Karzinom<br />
- Uterusanomalie<br />
- DIC<br />
B-Lynch-Nähte<br />
operative Alternative = Kompressionsnähte, z.B. B-Lynch: Uterus von außen<br />
durch die Nähte komprimiert<br />
Funduskompressionsnähte<br />
- Uterus-Fundus wird mit quer durchgreifenden Nähten invertiert und damit komprimiert Re-Lap nach 24 h zur<br />
Fadenentfernung<br />
Vierecktechnik nach Cho<br />
„haemostatic multiple square suturing“<br />
Prinzip: Vorderwand und Hinterwand des Uterus mit großen durchgreifenden Nähten mit einer geraden Nadel unter<br />
Kompression aneinandernähen<br />
Cho et al Obstet Gynecol 96: <strong>12</strong>9-131 2000<br />
Atonische Blutung – Differentialdiagnosen<br />
Bei unzureichender Wirkung der medikamentösen Atoniebehandlung sind die folgenden Maßnahmen einzuleiten:<br />
- 1. Austastung des Uterus: vorhandende Plazentareste und wandständige Blutkoagel werden entfernt. Eine<br />
Uterusruptur wird auf diese Weise ausgeschlossen.<br />
- 2. Spekulumeinstellung: eine Cervix-bzw. Scheidenverletzung wird ausgeschlossen<br />
- 3. Untersuchung des Gerinnungsstatus zum Ausschluß einer Koagulopathie<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 88
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Gynäkologie<br />
Handgriff nach Zweifel<br />
Partielle Plazentaretention<br />
Definition<br />
Kompression durch die Hand des Geburtshelfers erreicht<br />
- unvollständige Ausstoßung der Nachgeburt<br />
Komplikation<br />
- Plazentapolypen um den verbliebenen Plazentarest schalenförmige Anlagerung von koaguliertem Blut mit<br />
konsekutiv Endometritis und puerperalen Blutungen<br />
Diagnose<br />
- Beurteilung der Plazenta<br />
Therapie<br />
- Nachtastung des Cavum uteri in Narkose<br />
- Abrasio<br />
Placenta adhaerens<br />
Ursache<br />
- Uterine Kontraktionsschwäche nach protrahierten Geburtsverläufen oder einer Überdehnung des Uterus<br />
- Insertion der Plazenta in den kontraktionsschwachen Tubenecken<br />
- Placenta membranatia aufgrund der flachen Ausdehnung<br />
Behandlung<br />
- Kontraktionsmittel wie Oxytocin und Methergin<br />
- Credé Handgriff<br />
- Lösung der Plazenta in Allgemeinanästhesie<br />
Placenta incarcerata<br />
Ursache<br />
- Kontraktionsring im Bereich des inneren Muttermundes<br />
- Vesikale Harnretention<br />
Behandlung<br />
- Spasmolytika<br />
- Entleerung der Harnblase<br />
- ev. Gewinnung der Placenta in Allgemeinanästhesie<br />
Placenta acreta, increta oder percreta<br />
Ursache<br />
Niedationsstörungen zumeist als Folge vorangegangener Endometriumsschäden<br />
Aufgrund des Überwiegens invasiver Aktivität des Trophoblasten kommt es zu einem Vordringen der Zotten in die Decidua<br />
basalis (= acreta), in das Myometrium (= increta) oder sogar bis zur Uterusserosa (= percreta).<br />
Häufigkeit selten, zwischen 1:2000 bis zu 1:70 000 Entbindungen<br />
Therapie bei richtig gestellter Diagnose ist stets eine Hysterektomie notwendig<br />
Wichtig: Patientinnen mit Plazenta praevia und Zustand nach Sectio haben ein sehr hohes Blutungsrisiko!<br />
Seite 89<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Fallbericht<br />
Anamnese<br />
Verlauf<br />
- 30-jährige Patientin<br />
- unauffällige Familienanamnese<br />
- Gyn. Anamnese: 1. Para, 3. Gravida, L.R.:14.04.10, EGT: 27.01.11 Blutgruppe A rh pos Z.n. 4x Abrasio (1x Abort, 1x<br />
Blasenmole, 2x Plazentarest post Vaginalgeburt) aktuell: Plazenta prävia partialis (VoWa)<br />
- Vaginale Blutung 11+6 SSW; Gabe von 3 Eks, 2 FFP<br />
- Blutung sistiert vorerst unter strenger Observatio<br />
- Massive Blutung mit pROM 17+4 SSW<br />
- MRT kl. Becken zeigt Plazenta accreta / increta bei Plazenta prävia partialis.<br />
- Abortinduktion 17+4 SSW (Mifegyne + Cyprostol)<br />
- Geburt Fetus, Plazenta in situ<br />
- 4 Zyklen MTX/Folinat (08.10 – 09.10) unter kontinuierlicher Antibiose<br />
- Beginnende Chorioamnionitis mit Septikämie<br />
- Manuelle/instrumentelle Plazentalösung > Notfall-HE<br />
Postpartale Blutung – Risikofaktoren<br />
Koagulopathien<br />
Bei den geburtshilflichen Koagulopathien handelt es sich um akute, im Verlauf der Entbindung erworbene,<br />
Hämostasestörungen.<br />
Es wird unterschieden:<br />
1. Verlustkoagulopathie<br />
2. Verbrauchskoagulopathie (DIC)<br />
3. Hyperfibrinolyse<br />
Diagnostik der akuten Hämostasestörung<br />
Verlustkoagulopathie / Verdünnungskoagluopathie<br />
Häufigste Form der geburtshilflichen Koagulopathien<br />
1. 1.Ab einem Blutverlust von ca. 1,2 – 1,5 l<br />
2. 2.Verlust von Gerinnungsfaktoren<br />
3. Funktionsbeeinträchtigung der Thrombozyten als Folge der Volumensubstitution<br />
4. Gefäßwandschäden infolge der Hypoxie und Azidose im Rahmen des posthämorrhagischen Schocks<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 90
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Gynäkologie<br />
DIC<br />
- Dissiminierter intravasaler Ausfall von Fibrin mit Verbrauch des Fibrinogens infolge der Einschwemmung von<br />
thrombokinetisch wirkenden Substanzen aus dem plazentaren bzw. dezidualen Gewebe.<br />
- Störung der Mikrozirkulation mit hypoxischer Gewebeschädigung, die zu organabhängiger Symptomatik<br />
(kardiogener pulmonaler Schock, zerebrale Symptomatik, Anurie) führen.<br />
Klinische Phasen der DIC<br />
Diagnosekriterien der DIC<br />
Therapie der geburtshilflichen Verbrauchskoagulopathie:<br />
1. FFP oder Fibrinogen<br />
2. EKs<br />
3. TKs<br />
4. Antithrombin III<br />
5. Bei Überschießen auf Fibrinolyse Antifibrinolytika (Aprotinin)<br />
6. Korrektur der metabolischen Azidose<br />
7. Aufrechterhaltung der Mikrozirkulation durch Volumengabe<br />
DIC-Ursachen<br />
Ursachen, Differentialdiagnose und Therapie der frühen postpartalen Blutungen nach<br />
Ausstoßung der Plazenta<br />
Ursache Häufigkeit Differentialdiagn. Vorgehen Therapie<br />
Atonie<br />
häufigste<br />
Ursache:<br />
75%<br />
Blutung dunkel, schwall-weiser<br />
Blutabgang Griff an den Uterus (klein,<br />
kontrahiert - keine Atonie)<br />
Massieren und Entleeren v. Koagula<br />
Kontraktionsmittel, 5 IE Syntoc. i.m. od. i.v. 10<br />
IE Synthocinon (500 ml Infusion (80<br />
Tropfen/Minute)<br />
Blase entleeren<br />
Ersatz: Volumen, Blut, Plasma, Thrombozyten<br />
bimanuelle Uteruskompression<br />
Operation: Uterusexstirpation oder Ligatur der<br />
A. iliaca interna<br />
Verletzungen des<br />
Geburtskanals<br />
Retention von<br />
Plazentateilen bzw<br />
wandständige Blut- Koagel<br />
Gerinnungsstörung als<br />
schon bestehende<br />
Erkrankung, als<br />
Verbrauchskoagulopathie<br />
(Amnioninfektionssyndrom,<br />
Gestose, HELLP-sy.) als<br />
Verlustkoagulopathie<br />
15% Kontinuierliche, eher hellrote Blutung<br />
bei gut kontrahiertem Uterus, Revision<br />
des Geburtskanals<br />
9 % Ausschluß beider vor- genannter<br />
Ursachen<br />
Als Primärursache<br />
selten<br />
Prüfung der Gerinnungsfähigkeit des<br />
Blutes<br />
Versorgung der Geburtsverletzungen<br />
manuelle oder instrumentelle Austastung des<br />
Kavums mit Ent- fernung des Plazentarestes<br />
Cave Perforation!<br />
Da bei starken Blutungen aus anderen Gründen<br />
bald auch Verlustkoagulopathie → rechtzeitig<br />
substituieren<br />
Seite 91<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Differentialdiagnose des Symptoms „Vaginale Spätblutung“<br />
Mögliche Ursachen Wochenbettstag Klein. Befund Diagn. u. Therapie<br />
Nicht versorgte<br />
Geburtsverletzung<br />
2. Tag Unterschiedlich starke, eher hellrote<br />
Blutung, Uterus gut kontrahiert<br />
Spekulumuntersuchung<br />
Versorgung<br />
Endometritis bes. im Bereich<br />
der Plazenta-Haftstelle<br />
2.-10. Tag Fieber, Schmerzen, vermehrter,<br />
blutiger, übelriechender Wochenfluss,<br />
Uterus schlecht kontrahiert<br />
Laboruntersuchungen,<br />
Kontraktionsmittel<br />
Antibiotika<br />
Plazentapolyp (0,5%) Meist nach 2 Wochen Oft sehr starke Blutung<br />
Evtl. Abgang von Plazentagewebe<br />
Dysfunkt. Blutungen durch<br />
protrahierte<br />
Follikelhormoneinwirkung<br />
Wochenbett (Puerperium):<br />
Frühestens nach 6<br />
Wochen<br />
Starke Blutung, oft erste Blutung pp<br />
Sonographie: wenn neg.: Versuch<br />
m. Kontraktions-mittel; wenn pos.<br />
oder Versagen der konservat.<br />
Therapie: Kürettage<br />
Kontraktionsmittel, wenn schon<br />
abgestillt, dann Versuch des<br />
hormon. Blutungsstopps<br />
(Gestagene). sonst evtl. Kürettage<br />
notwendig<br />
Das Wochenbett umfasst jene Zeit nach der Geburt, in der sich schwangerschafts- und geburtsbedingte Veränderungen des<br />
mütterlichen Organismus wieder zurückbilden und die Laktation einsetzt.<br />
Beginn: Ausstoßung der Plazenta.<br />
Ende: 6-8 Wochen post partum<br />
Veränderungen, Nomenklatur und Zusammensetzung der Lochien im Verlauf des Wochenbettes<br />
Zeit Farbe, Konsistenz Bezeichnung Bestandteile<br />
1.-5. Tag Rein blutig Lochia rubra, cruenta Blut, Eihautreste, Dezidua, Bakterien<br />
(ev. Vernix, Lanugo, Mekonium)<br />
Ende der 1. Woche Blutig-serös, bräunlich, dünnflüssig Lochia fusca, serosa Blut, Lymphe, nekrot. Dezidua, Leukozyten,<br />
Schleim, Bakterien<br />
Ende der 2. Woche Schmutzig-gelb, dickflüssig Lochia flava Nekrotische Dezidua, Leukozyten, Schleim,<br />
Bakterien<br />
Ende der 3. Woche Grauweiß, wässrig-schleimig Lochia alba Schleim, Leukozyten<br />
Bei einer Subinvolution des Uterus besteht die<br />
Gefahr einer Infektion<br />
Hoher Fundusstand<br />
Mögliche Ursache<br />
Überfüllte Harnblase<br />
Mangelhafte Kontraktionen (oft<br />
nach Sectio, Mehrlingen, usw.)<br />
Lochialstau<br />
Endometritis, Endomyometritis<br />
Klinischer Befund, diagnostische Maßnahme, Therapie<br />
Fundus abnorm hoch, Uterus kaum tastbar, Ultraschall, Katheterismus der<br />
Harnblase<br />
Uterus groß, eher weich, nicht druckschmerzhaft<br />
Wochenfluss normal, Kontraktionsmittel<br />
Uterus groß, fehlender Wochenfluss, Kontraktionsmittel<br />
Uterus weich, Kantenschmerz, Fieber, übelriechende Lochien, Kontraktionsmittel,<br />
Antibiotika<br />
Fieber im Wochenbett<br />
Mögliche Ursache Temp. Wochenbettstag Klin. Befund Labor<br />
Lochialstau<br />
38-40° erste 7 Tage Fundus hochstehend<br />
keine Auffälligkeit<br />
(Lochiometra)<br />
Uterus weich, reduz. bis<br />
fehlender Wochenfluß<br />
Endometritis 38° 2.-10. Tag Uterus weich, geringer<br />
Kantenschmerz, z.T.<br />
blutiger Wochenfluß<br />
keine Auffälligkeiten<br />
Endomyometritis<br />
Puerperalsepsis<br />
39-40° 2.-10. Tag Uterus weich, deutlicher<br />
Kantern-und Druckschm.<br />
vermehrt<br />
übelriechender Wochenfluß,<br />
reduz. Allgemeinbefinden (Pat.<br />
fühlt sich krank)<br />
Ausgeprägte Leukozytose mit<br />
Linksverschiebung, CRP ↑ ,<br />
Anämie, bakterieller Abstrich,<br />
ev. Blutkultur<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 92
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Gynäkologie<br />
Infektion der<br />
Episiotomie-<br />
Sectiowunde<br />
Meist abendliche<br />
Fieberzacke<br />
38-39°<br />
Beginn meist 3.-4.<br />
Tag<br />
Rötung, Schwellung und<br />
Schmerzen im Wundbereich<br />
Keine Auff.<br />
Milcheinschuss Kaum >38° Meist 3. Tag Beide Brüste groß, prall,<br />
Keine Auff.<br />
schmerzhaft<br />
Hyperämie und Venenzeichung<br />
(unbedingt Ausschluss anderer<br />
Symptome)<br />
Mastitis 38-40° Nicht vor 6. Tag Schmerzhafte Rötung<br />
Leukozytose<br />
Meist 2.-3. Wo Schwellung einer Seite<br />
Pyelonephritis 38-39° Jederzeit Flankenschmerz,<br />
Harnbefund<br />
klopfschmerzhaftes Nierenlager,<br />
Pollakisurie, Dysurie<br />
Thrombophlebitis 38° Jederzeit Lokalbefund an Extremität Keine Auff.<br />
→ es gibt keine Adnexitis! im Wochenbett (immer Fehldiagnose)<br />
Infektion einer Episiotomie - Fallbericht<br />
Anamnese<br />
- 33-jährige Patientin, 2 Partus, 0 Abortus, letzte Geburt am 2.11.2002 – 6 Uhr aus Schädellage, keine Episiotomie,<br />
kleiner Vaginalriss.<br />
- Am 2.11.2002 nachmittags starke Schmerzen und septische Temperaturen.<br />
- Beginn mit antibiotischer Therapie und Nachcurettage.<br />
- Weiterhin septische Temperaturen und Veränderung des Damms.<br />
- Patientin wird am 2.postpartalen Tag nach Innsbruck transferiert.<br />
Endometritis<br />
Klinik Labordiagnostik Therapie<br />
Temp. meist 38° oder knapp darüber an<br />
zwei aufeinanderfolgenden Tagen<br />
labormäßig kaum Erweiterung der<br />
Diagnostik (schwangerschaftsbedingt BSR<br />
stark erhöht, Leukozyten gering erhöht)<br />
Kontraktionsmittel (2 mal tägl. 1 Amp. 5 IE<br />
Syntocinon i.m. 3 mal tägl. 1 Drg.<br />
Methergin)<br />
Uterus groß, weich, evtl.<br />
druckempfindlich(Kantenschmerz)<br />
Lochien vermehrt, übelriechend, evtl.<br />
stärkere vag. Blutung<br />
nicht nur Kantenschmerz, sondern auch<br />
Spontanschmerz Unterbauch<br />
meist bereits leichte peritoneale Zeichen<br />
mikrobiologische Untersuchung (Kultur und<br />
Resistenzbestimmung)<br />
ausgeprägte Leukozytose und<br />
Linksverschiebung mikrobiologische<br />
Untersuchung (Kultur und<br />
Resistenzbestimmung<br />
Antibiotika, die besonders im<br />
gramnegativen und im anaeroben Bereich<br />
wirksam sind<br />
Kontraktionsmittel (5 IE Synthocinon pro<br />
500 ml; 20 Tropfen pro Minute) und<br />
Antibiotika (Cephalosporine im der 3.<br />
Generation, Dalacin, Refobacin)<br />
Kreislaufüberwachung (4 Std Blutdruck,<br />
Puls, Temperatur)<br />
Infusionstherapie<br />
reichlich Lochien<br />
Patientin leidend, erschöpft Transfusion bei Hämoglobin < 8 g% (5,0<br />
mmol/l)<br />
Symptom Unterbauchschmerzen<br />
Mögliche Ursache<br />
physiologische Uteruskontraktion<br />
(„Nachwehen“)<br />
Endometritis<br />
Endomyometritis<br />
Lochiometra<br />
Harnverhaltung - Zystitis<br />
paravaginale oder para-metrane<br />
Hämatome<br />
Beckenringlockerung<br />
Appendizitis,<br />
Ovarialvenenthrombose<br />
Anamnese und klinischer Befund<br />
rhythmische Schmerzzustände, Abhängigkeit vom Stillen, besonders bei Zweit-und<br />
Mehrgebärenden, Ausschluss anderer Ursachen, Uterus gut kontrahiert<br />
eher andauernder leichter Schmerzzustand<br />
Uterus weich, Kanten- und Druckschmerz Fieber, übelriechende Lochien<br />
Fundus hochstehend, Uterus groß fehlender Wochenfluß, Fieber<br />
Pollakisurie, Dysurie, Ultraschall: entweder übervolle Blase (Überlaufblase) oder<br />
leere Blase (Zystitis), Harnbefund<br />
Dauerschmerz, subfebrile Temperatur, Anämie, bei vag. oder rekt. Untersuchung<br />
druckschmerzhafte Resistenz<br />
Schmerzen bei Bewegung (bes. aus dem Bett steigen, Treppensteigen),<br />
Beckenkompressionsschmerz, Symphysendruckschmerz, kein Entzündungszeichen<br />
lokale peritoneale Symptomatik (Druckschmerz, Auslaßschmerz), subfebrile<br />
Temp.,im Zweifelsfall immer operative Intervention<br />
Wochenbettvisite<br />
- Frühmobilisierung: Erstmaliges Aufstehen der Wöchnerinnen 2-3 Stunden nach der Geburt<br />
- Thromboseprophylaxe<br />
- Labor<br />
- Blutgruppe und Rhesusfaktor des Kindes bei Rhesus-negativen Müttern zwecks Rhesusprophylaxe<br />
Seite 93<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
- Indirekter Coombstest bei Rhesus-negativen Müttern<br />
- Rotes Blutbild am 2. Wochenbett-Tag<br />
- Harnbefund<br />
- Klinische Untersuchung:<br />
- Brust<br />
- Fundusstand<br />
- Lochien<br />
- Episiotomie bzw. Sectiowunde<br />
- Beine<br />
- Puls, Blutdruck, Temperatur<br />
- Frage nach Miktio und Stuhl<br />
Rhesusprophylaxe:<br />
- 250μg Anti D Immunglobulin i.m. ( Partubolin, Rhesogam)<br />
- Falls HBf Konzentration im mütterlichen Blut > 10 ‰ Verdoppelung der Dosierung<br />
Röteln Impfung:<br />
- Aktive Impfung bei Frauen ohne Antikörptiter oder Titer 1:16<br />
- Titer Kontrolle 3 Monate nach Impfung<br />
Wochenbettgymnastik<br />
Menstruation und Ovulation nach der Entbindung<br />
Kontrazeption<br />
Um sicher zu gehen muss mit der Kontrazeption ab der 5.-6. Woche post partum begonnen werden, gleichgültig ob gestillt<br />
wird oder nicht Minipille: Reine Gestagenpille bewirkt keine Laktationshemmung, sicherer Konzeptionsschutz während der<br />
Stillzeit. Intrauterinpessar: erst ab der 6. Woche post partum Barriere Methoden Sterilisation post partum<br />
Häufige Beschwerden 18 Monate nach der Geburt<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 94
Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />
Gynäkologie<br />
Thrombose, Thrombophlebitis und Embolie<br />
Ätiologie und Prognose: Hyperkoagulabilität über die Geburt hinaus in der ersten postpartalen Woche, Einschwemmung<br />
von thromboplastischen Substanzen aus Plazenta, Dezidua und Fruchtwasser, Verlangsamte Zirkulation in Bein-und<br />
Beckenvenen bei liegenden Patienten<br />
Kompressionsstrümpfe<br />
Niedermolekulares Heparin (bei Risikopatientinnen und bei stattgehabter Sectio)<br />
Seite 95<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
14.<strong>12</strong>.11 – Putz<br />
Geschichte<br />
Anästhesie in der Geburtshilfe<br />
- Sir James Young Simpson<br />
∙ 1811-1870<br />
∙ Professor für Gebursthilfe an der Universität Edinburgh<br />
∙ testet am 04. November 1847 im Selbstversuch die narkotische Wirkung von Chlorofom<br />
∙ 4 Tage später entbindet er damit erfolgreich die Frau eines Kollegen → Mädchen wird auf Namen<br />
Anaesthesia getauft<br />
- John Snow<br />
∙ 1813-1858<br />
∙ Erster Berufsanästhesist<br />
∙ anästhesiert 1853 Queen Victoria bei Geburt ihres achten Kindes erfolgreich mit Chloroform → Narkose<br />
‚a la reine‘<br />
- Oskar Kreis<br />
∙ 1872-1958<br />
∙ Gynäkologe und Geburtshelfer<br />
∙ Spinalanästhesie zur Linderung von Geburtsschmerzen bei der Schwangeren<br />
- Walter Stöckel<br />
∙ 1871-1961<br />
∙ Gynäkologe und Geburtshelfer<br />
∙ Epiduralanästhesie sakral zur geburtshilflichen Analgesie<br />
- Carl Julius Anselmino<br />
∙ 1900-1978<br />
∙ Gynäkologe und Geburtshelfer<br />
∙ Epiduralanästhesie thorakolumbal gegen Wehenschmerz<br />
Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft<br />
Lunge<br />
Herz<br />
Blut<br />
- Atemminutenvolumen 50% ↑<br />
- Alveoläre Ventilation 70% ↑<br />
- Atemzugvolumen 40% ↑<br />
- Atemfrequenz 15% ↑<br />
- Totraum 0%<br />
- Luftwegswiderstand 30% ↓<br />
- Compliance 35% ↓<br />
- Herzminutenvolumen ↑ ↑<br />
∙ 35 - 40%<br />
∙ Schlagvolumenzunahme > Herzfrequenzzunahme<br />
∙ Maximum 34. Woche<br />
∙ Stressbedingt zusätzlicher während Wehen → 15 - 45%<br />
- Blutvolumen nimmt zu<br />
∙ ↑ 35 - 50%<br />
∙ ↑ 1. und 2. Trimenon rasch, 3. Trimenon langsam<br />
∙ ↑ Plasmavolumen > ↑ Erythozytenmasse (45% vs. 20%) → relative Dilution mit Anämie<br />
∙ ↓ Blutviskosität (20%)<br />
∙ Verteilung → Uterus, Plazenta > Muskulatur, Haut, Nieren<br />
- Gerinnungsfaktoren nehmen zu<br />
∙ ↑ im Verlauf der SS, um ein Verbluten während der Geburt zu verhindern<br />
∙ ↑ Faktor VII, VIII und X und Fibrinogen<br />
∙ Kompensierter hyperkoagulabiler Zustand<br />
∙ Thrombelastographie → Gerinnung ↑ ↔ Risiko ↑ für tiefe Beinvenenthrombose, Pulmonalembolie<br />
(Confidential Enquiries 1994-1996: 48 Todesfälle)<br />
• Heute bei erhöhtem Risiko Lovenox-Therapie<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 96
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
Gynäkologie<br />
GI-Trakt<br />
- Magensaft- und Säureproduktion ↓<br />
- Veränderung des gastro-ösophagealen Winkels<br />
- Sphinktertonus ↓<br />
- Motilität erniedrigt<br />
- Entleerung verlangsamt<br />
- Pylorus wird durch den Uterus hochgeschoben<br />
- Schwangere sind als nicht nüchtern zu betrachten<br />
- Keine Masken-/Larynxmaskennarkose nach 21. Schwangerschaftswoche<br />
- Prämedikation (Elektiveingriff)<br />
∙ Vorabend: H2-Antagonist oral<br />
∙ 1h präoperativ: H2-Antagonist i.v., RLA - Infusion<br />
∙ (präoperativ: Zitrat oral 20-30 ml)<br />
- => Regionalanästhesie bevorzugen!<br />
Geburtserlebnis der Frau<br />
- Agonie ↔ Ekstase<br />
- Persönliche Erfahrung<br />
∙ individuell<br />
∙ multidimensional<br />
• physisch<br />
• emotional<br />
• sozial<br />
• kulturell<br />
• spirituell<br />
Mütterliche Stressreaktion unter Geburt und Auswirkungen auf Fetus<br />
Intensität Geburtsschmerz<br />
Schmerz und Anzahl der Geburten<br />
Seite 97<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
Intrapartale Nozizeption<br />
- Uteruskontraktionen<br />
∙ muskuläre Ischämie → Kalium ↑, Bradykinin ↑, Histamin ↑, Serotonin ↑<br />
- Dehnung der unteren Uterussegmente, Cervix und Vagina<br />
∙ Mechanorezeptoren ↑<br />
- => Aktivierung sensorischer Nervenfasern<br />
- Intrapartale nozizeptive Reize<br />
∙ Hinterhörner der Segmente des Rückenmarks<br />
• T10-L1<br />
▫ kontrahierender Uterus<br />
• T10-T<strong>12</strong><br />
▫ cervikaler Dehnungsschmerz<br />
• L2-S3<br />
▫ Druck auf Beckenorgane (Blase,<br />
Harnröhre, Rektum)<br />
∙ N. pudendus → Hinterhörner der Segmente des<br />
Rückenmarks<br />
• S2-S4<br />
▫ Perineum und Vagina<br />
Nozizeption Geburt<br />
- aszendierend<br />
∙ Tractus spinothalamicus<br />
• Formatio reticularis<br />
• cortical<br />
- Schmerzwahrnehmung<br />
- deszendierend<br />
∙ corticospinal<br />
∙ limbisch<br />
∙ thalamisch<br />
∙ hypothalamisch<br />
∙ reticulospinal<br />
Schmerzqualität und Geburtsverlauf<br />
Mit zunehmender Zervixöffnung ändert sich das Schmerzverhalten von einem viszeralen hin zu einem somatischen Schmerz<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 98
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
Gynäkologie<br />
Schmerzwahrnehmung<br />
Schmerztherapie während Geburt<br />
- Nichtpharmakologische Maßnahmen<br />
∙ Hypnose, Akupunktur, TENS, Quaddeln<br />
- Systemische Medikamentengabe<br />
∙<br />
Opiate: Problem: gehen diaplazentar auf das Kind über → kann u.U. zu Auswirkungen auf das Kind<br />
führen (Dämpfung der Atmung, auch bei der Schwangeren)<br />
- Neuroaxiale Techniken<br />
∙ Epiduralanästhesie<br />
Anforderungen<br />
- Einfache und sichere Anwendung<br />
- Gute Schmerzkontrolle<br />
- Keinen Einfluss auf Mitarbeit der Mutter am Geburtsverlauf<br />
- Neutrales Verhalten bzgl. Kind<br />
Goldstandard<br />
Of the various pharmacologic methods of pain relief during labor and delivery, regional analgesia techniques – spinal,<br />
epidural, and combined spinal epidural – are the most flexible, effective, and least depressing to the central nervous<br />
system, allowing for an alert, participating woman and an alert neonate.<br />
Indikationen<br />
- Schmerzlinderung während Geburt<br />
- Zervixdystokie<br />
- kardiovaskuläre und respiratorische Erkrankungen (Mutter, Kind)<br />
∙ um den Stresspegel und damit die Kreislaufbelastung niedrig zu halten<br />
- Intubationsschwierigkeiten<br />
- Z.n. RM-Schädigung (höher als T6)<br />
∙<br />
Periduralanalgesie<br />
Verhinderung oder Behandlung von autonomer Hyperreflexie (paroxysmale Hypertension, Tachy-/<br />
Bradykardie u.a.)<br />
- Ropivacain 0.1% plus Fentanyl 2 μg/ml<br />
∙ Mischung<br />
• 100 ml NaCl 0.9% → 14 ml NaCl 0.9% verwerfen → ergänzen mit 10 ml Naropin 1.0% und 4 ml<br />
Fentanyl<br />
∙ Dosierung<br />
• initial 10-15 ml im Bolus → kontinuierlich weiter mit 8-<strong>12</strong> ml/h<br />
∙ Naropin<br />
• Potenzverhältnis bzgl. minimal motorische Blockade → Naropin : Carbostesin = 0.7 : 1.0<br />
∙ Fentanyl<br />
• niedrigdosiert → selten Übelkeit, Pruritus, Erbrechen, Sedation<br />
Akzidentelle Duraperforation<br />
typische Komplikation, die in der Schwangerschaft tendentiell häufiger vorkommt → hormonelle Aufweichung des Lig.<br />
flavum (und anderer Bänder)<br />
Seite 99<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
- Lig. flavum<br />
∙ Schwangerschaftsende → Corpus luteum → Hormon Relaxin ↑<br />
∙ Vorbereitung auf vaginale Geburt → Bindegewebslockerung →<br />
Gelenke, Bänder<br />
∙ Punktionswiderstand für Tuohy-Nadel ↓<br />
∙ ~ 1.5% Risiko für Duraperforation<br />
Postspinaler Kopfschmerz:<br />
- Standardtherapie: Blutplombe → Injektion von 2x 10ml autologen Blutes<br />
- i.d.R. dadurch Behebung der Schmerzen<br />
- manchmal geben die Patientinnen radikuläre Symptomatik an → geht von<br />
alleine wieder zurück, sobald sich das Blut verteilt hat<br />
walking epidural<br />
- Einfluss von Mobilisation der Schwangeren auf spontanen Geburtsverlauf<br />
∙ weder positiv noch negativ<br />
- Voraussetzungen für Mobilisation<br />
∙ unauffälliger Geburtsverlauf<br />
∙ unauffälliges CTG<br />
∙ keine Hypotonie (im Liegen und Stehen)<br />
∙ intakte Motorik der unteren Extremität (Kniebeuge)<br />
∙ Propriozeption (Tiefensensibilität) vorhanden<br />
∙ mit Begleitperson im Bereich des Kreißsaals<br />
∙ keine Nachinjektion im Stehen<br />
Wehensturm<br />
- Wehen extrem stark<br />
∙ Amplitude > 50 mmHg, Frequenz > 5/10 min<br />
∙ ‚Schmerz zum Zerreißen‘ → Uterusruptur?<br />
∙ CSE (kombiniert spinal-epidural)<br />
• Punktion median im Sitzen/Liegen<br />
Nachtastung<br />
• initial → intrathekal<br />
▫ 25-50 μg Fentanyl plus 0.5-1.0 ml Carbo 0.25% oder 25-50 μg Fentanyl plus 0.5-1.0<br />
ml NaCl 0.9%<br />
▫ schneller Wirkungseintritt<br />
• weiter → epidural<br />
▫ bei erneutem Wehenbeginn<br />
▫ Ropivacain 0.1% plus 2 μg/ml Fentanyl 8-<strong>12</strong> ml/h<br />
- Bei Plazentaresten im Uterus oder einer sich nicht lösenden Plazenta müssen diese manuell entfernt werden<br />
- Als Notfallsituation anzusehen:<br />
∙ Blutverlust ~<br />
• Spinalanästhesie (nicht mehr nur Analgesie wie unter der Geburt)<br />
▫ Mepivacain 4% hyperbar 1.5-2.0 ml<br />
▫ Bupivacain 0.5% hyperbar 1.5-3.0 ml ± Fentanyl 10-25 μg<br />
▫ Blockadehöhe (Kältereiz) T6 erforderlich<br />
▫ Hypotension 14% bzw. 50%, wenn geschätzter Blutverlust < bzw. > 500 ml<br />
• PDK(liegend)<br />
▫ Bupivacain 0.5% 15-20 ml<br />
∙ Blutverlust ↑ → HF ↑ und RR↓<br />
• Intubationsanästhesie<br />
▫ Blitzintubation (wegen nicht-Nüchternheit, Schwangerschaft)<br />
Regionalanästhesie und Sectio<br />
Vorteile<br />
- Keine Atemwegsprobleme bei der Mutter → mütterliche Mortalität bei Allgemeinanästhesie etwa 3x ↑<br />
- Kein Zeitdruck für Entwicklung des Kindes<br />
- Verminderung von Blutverlust infolge venösen poolings<br />
- Geburtserlebnis Mutter – Vater (‚bonding‘)<br />
- Keine Depression des Kindes durch Narkotika<br />
- Kindliche Hirnentwicklung besser?<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 100
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
Gynäkologie<br />
Spinalanästhesie vs. PDA<br />
Vorteile<br />
- Technik einfach<br />
- Anschlagzeit schnell<br />
- Blockadequalität sehr gut<br />
- Aufwand gering<br />
Nachteile<br />
- Sympathicolyse intensiv<br />
∙ Hypotension<br />
∙ Bradycardie<br />
∙ Übelkeit-Erbrechen<br />
- Schmerztherapie postoperativ → nicht möglich<br />
- Versager → Allgemeinanästhesie<br />
Ultraschall „Voruntersuchung“<br />
- Zunehmend propagiert für PDA > SA<br />
- Aber:<br />
∙ erschwerte Darstellung infolge knöcherner<br />
Strukturen<br />
∙ simultane Anwendung während Punktion technisch<br />
schwierig<br />
∙ „Voruntersuchung“<br />
• Abschätzen der Punktionstiefe<br />
• voraussichtlicher Winkel der Nadelführung<br />
• Mittellinie<br />
• anatomische Variationen erkennen<br />
Dosierungsschema Spinalanästhesie<br />
Bupivacain 0.5% hyperbar (ml) plus 15 - 25 μg Fentanyl<br />
Bei konstanter Größe und zunehmendem Gewicht sinkt die benötigte Dosis<br />
Seite 101<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
Weitere Vorgangsweise<br />
- Volumenzufuhr<br />
∙ Infusionsbeginn bei Übernahme des Patienten im OP<br />
∙ Kristalloid bzw. Kolloid 500–1500 ml<br />
- Kreislaufunterstützung bei RR ↓<br />
∙ HF ↑ → Ephedrin ( , -Agonist → CO ↑, SVR ↑)<br />
• Bolusweise 5-10 mg (max ~ 25 mg)<br />
∙ HF ↓ → Phenylephrin ( -Agonist → ↑ Blutvolumen aus Splanchnikusgebiet )<br />
• Bolusweise 50-100 μg<br />
- Sauerstoffzufuhr<br />
∙ wenn SaO₂ > 95% → kein O₂<br />
∙ wenn SaO₂ < 95% → 2-4 l O₂/min über Venturi-Maske<br />
• Sauerstoffreserve ↑ von Mutter und Kind (Jordan (2002) Int J Obstet Anesth)<br />
Lungenfunktion und Spinalanästhesie<br />
- Lirk P et al., Int J Obstet Anesth 2010<br />
∙ Elektive Sctio<br />
∙ Blockhöhe ≈ T4<br />
∙ Lokalanästhetikum<br />
• Bupivacain 0.5% isobar (5 mg/ml) → 10 mg<br />
• Naropin 1% (10 mg/ml) → 20 mg<br />
• Chirocain 0.5% (5 mg/ml) → 10 mg<br />
∙<br />
Ergebnis<br />
• Änderungen der Lungenfunktion vergleichbar<br />
• Änderungen klinisch vernachlässigbar<br />
Aorto-Cavales Syndrom<br />
- 15-20% der Schwangeren ab 20.-24. SSW<br />
- Rückenlage der Mutter → Obstruktion V. cava inf. bzw. partielle Verlegung der<br />
Aorta abdominalis<br />
∙ venöser Rückstrom zum Herzen ↓ → Schlagvolumen ↓ ↔ Schock<br />
∙ Blutdruckabfall, Tachycardie, Blässe, Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen<br />
- Rückenmarksnahe Anästhesie → Sympathikusblockade → fehlende<br />
kompensatorische Vasokonstriktion<br />
Prävention und Therapie<br />
∙ Lateralpositionierung des Uterus<br />
- 15° bis 30° Seitenlage links lateral<br />
∙ Infusionstherapie<br />
∙ Vasopressor(en)<br />
∙ Sauerstoff<br />
Venogramm in Rückenlage<br />
KM-Injektion in Vv. fem. → Füllung der<br />
V. cava inferior<br />
negativ<br />
(Vene nicht dargestellt)<br />
positiv<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 102
Geburtshilfliche Anästhesie<br />
Gynäkologie<br />
Uteriner Blutfluss (BF)<br />
- Sauerstofftransport<br />
- Mutter → Plazenta → Foetus<br />
=> uteriner BF ↓ → Sauerstofftransport ↓<br />
Uteriner Blutfluss und Foetus<br />
maternaler MAP, maternaler mittlerer arterieller Blutdruck<br />
uteriner VP, uteriner venöser Blutdruck (beim nichtkontrahierten Uterus 10 mmHg)<br />
uteriner VR, uteriner vaskulärer Widerstand<br />
- UBF nimmt ab, wenn ...<br />
∙ maternaler MAP ↓ → Hypovolämie, Sympathikolyse, Blutung<br />
∙ uteriner VP ↑ → hoher abdomineller Druck, Wehen<br />
∙ uteriner VR ↑ → Präeklampsie, Sympathikomimetica, Wehen<br />
- Gefahr → foetale Asphyxie<br />
∙ maternale Rückenlage → ACS → Hypotension<br />
∙ foetale Deceleration → Hypoxie → Vasokonstriktion → Organperfusion ↓ → Bradykardie →<br />
Hypotension → intrauteriner Fruchttod<br />
Notsectio<br />
- Indikationen<br />
∙ z. B.: Plazentasitzlösung, blutende Plazenta praevia, Nabelschnurvorfall, Uterusruptur<br />
- Zeitdruck → jede Sekunde zählt<br />
∙ Narkoseeinleitung ↔ Nabelschnurabklemmung < 10 min<br />
∙ Narkotikaexposition des Feten ↑<br />
∙ Uterotomie → Entwicklung des Kindes < 3 min ↔ fetale Azidose ↑ (uteroplazentare Vasokonstriktion)<br />
- Linksseitenlage 30°<br />
- Präoxygenierung<br />
- Präcurarisierung (Rocuronium 5 mg) ?<br />
- Rapid-sequence induction<br />
∙ Thiopental 4-6 mg/kg (plus Ketanaest 0.5 mg/kg)<br />
∙ Succinylcholin 1.5 mg/kg (von mütterlicher Plasmacholinesterase so rasch abgebaut, dass für Fetus<br />
problemlos) ↔ Rocuronium 0.6 mg/kg<br />
∙ Cricoiddruck ?<br />
- Isofluran 0.5% ↔ Sevofluran 1.0% (gleich bzgl. APGAR oder U-BGA)<br />
Atemweg<br />
- Regurgitation, Erbrechen, Aspiration<br />
- Hochstehender Uterus → Lage des Magens variiert → Funktion unterer Ösophagussphinkter ↓<br />
- Magenentleerung ↓ → Magenvolumen ↑<br />
- saure Magensaftproduktion ↑<br />
- Natriumcitrat p.o. → 30 ml, 0.3 molar, Wirkeintritt nach 10-15 min<br />
- Ranitidin 50 mg i.v. (H2-Rezeptor-Antagonist, z.B.: Zantac®) → Wirkeintritt nach 60 min<br />
Schwierige Intubation<br />
- Gesichtsödem, Schleimhautschwellung ↔ Pharynx-/Larynxödem; Body-Mass-Index ↑; kurzer Hals<br />
Hypoxiegefahr<br />
- Zwerchfellhochstand → Residualvolumen, exspiratorisches Reservevolumen und funktionelle Residualkapazität ↓<br />
Algorithmus<br />
Can’t intubate/can‘t veritable<br />
Bag-valve-mask (two person technique)<br />
Head extension / jaw thrust<br />
Oral/nasal Airway<br />
Failed ventilation with bag-walve-mask<br />
Use LMA (max. 2 attempts)<br />
Can’t intubate/can‘t veritable<br />
Needle cricothyroidotomy failed or inadequate ventilation surgical cricothyroidotomy<br />
Seite 103<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
21.<strong>12</strong>.11 – Wildt<br />
Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />
Schwangerschaft bedeutet eine enorme metabolische Belastung für den Körper der Mutter<br />
Wachstum um einen Faktor von 1,5x10 9<br />
Durch die Belastung in der Schwangerschaft kann auch eine latent bestehende Stoffwechselstörung verstärkt werden<br />
Endokrinologie in der Schwangerschaft<br />
Mutter<br />
Endokrine und metabolisch Adaptation<br />
Support of Growth<br />
Vorbereitung von Geburt und Laktation<br />
Fetus<br />
Wachstum<br />
Metabolische Ansprüche<br />
Ausreifung endokriner Systeme<br />
Vorbereitung auf die Neonatalperiode<br />
- 1.Trimenon: Implantation, embryonales Signal, Luteoplacentarer Shift<br />
- 2. Trimenon: Metabolische Adaptation, Uteruswachstum<br />
- 3. Trimenon: Metabolische Adaptation, Uteruswachstum, Vorbereitung auf die Geburt und Lactation, Ausreifung<br />
fetaler endokriner Systeme<br />
Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />
- Schilddrüsenfunktionsstörungen (häufigste)<br />
- Adrenogenitales Syndrom<br />
- Prolaktinome (Hypophysenadenome) – häufig<br />
- Gestationsdiabetes (sehr häufig)<br />
- Diabetes insipidus<br />
- Hyperparathyreoidismus<br />
- Mb. Cushing<br />
- Phäochromozytom<br />
Schilddrüse und Schwangerschaft<br />
Im alten Ägypten trugen Frauen ein enganliegendes Schilfband um den Hals, dessen Zerreißen als ein positiver<br />
Schwangerschaftstest gewertet wurde<br />
HCG ist dem TSH strukturell sehr ähnlich und stimuliert in<br />
der Schilddrüse auch die Hormonproduktion<br />
Es kommt zu einer negativen Rückkoppelung, das TSH fällt<br />
ab<br />
Abfall von TSH kann fälschlicherweise als<br />
Schilddrüsenfunktionsstörung interpretiert werden<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 104
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
Besonderheiten der Schilddrüsenfunktion in der Schwangerschaft<br />
Steigt HCG in der Schwangerschaft sehr stark an<br />
(z.B. bei Mehrlingsschwangerschaften), kann dies<br />
mit einer Hypertrophie der Schilddrüse<br />
einhergehen<br />
In der Schwangerschaft nimmt die<br />
Nierendurchblutung stark zu, es kommt zu einer<br />
vermehrten Ausscheidung von Jodid → daher<br />
kann es besonders in Jodmangelgebieten leichter<br />
zu einem Jodmangel kommen (es wird<br />
empfohlen, in der Schwangerschaft Jod zu<br />
substituieren)<br />
Normverteilung der TSH-Werte<br />
TSH über 2,5: Verdacht auf eine latente Hypothyreose<br />
Schilddrüsenantikörper<br />
Wird im Rahmen einer Thyreoiditis<br />
Schilddrüsengewebe zerstört, gelangen Antigene<br />
ins Blut und können dadurch zur Bildung von<br />
Autoantikörpern führen<br />
Der Nachweis von Schilddrüsenantikörpern ist<br />
häufig<br />
Problem 1: endemischer Jodmangel<br />
- Prävalenz : ca. 30 %<br />
- ♀ : ♂ = 5 : 1<br />
- Estradiol supprimiert die Expression des Na-J-Symporters in der Schilddrüse und hemmt die Jodidaufnahme<br />
- Frauen sind in besonderem Maße für Schilddrüsendysfunktionen prädisponiert<br />
Jodbedarf nach den Empfehlungen der DGE<br />
Trotz aller Aktivitäten (jodiertes Salz, Substitution in der SS etc.) leiden<br />
auch heute noch ca. 30% der Bevölkerung unter einem Jodmangel<br />
Seite 105<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Plazentatransfer von SD-Medikamenten<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
Jodid geht frei über die Plazenta: hat die Mutter genug,<br />
bekommt auch das Kind ausreichend<br />
Thyroxin geht nur zum Teil über die Plazentaschranke<br />
Auch Thyreostatika gehen auf den Feten über, d.h. man<br />
behandelt auch das Kind und es ist daher wichtig darauf zu<br />
achten, dass man die Medikation nicht überdosiert<br />
Hypothyreose und Schwangerschaft<br />
- Häufige Erkrankung, vor allem bei Sterilitätspatientinnen<br />
- Trotzdem immer noch unterdiagnostiziert<br />
Folgen der Hypothyreose für das Kind<br />
- Fetale Gehirnentwicklung bereits bei subklinischer Hypothyreose gestört !<br />
∙ fT4 an der 10. Perz.: IQ-Verminderung (Man 1976)<br />
∙ TSH > 98. Perz.: IQ-Verminderung (Haddow 1999)<br />
∙<br />
∙<br />
Maternale SD-Hormone essentiell für fetale Hirnentwicklung<br />
Irreversibler Gehirnschaden bei Kindern hypothyreoter Mütter<br />
(Torremante, 2002)<br />
Dendritenausssprossung<br />
Purkinje-Zelle<br />
L-Thyroxinsubstitution in der Schwangerschaft ?<br />
Eine unbehandelte (latente) Hypothyreose in der Schwangerschaft führt zu signifikanten neuropsychologischen<br />
Entwicklungsschäden und zu einem dauerhaft niedrigeren Intelligenzquotienten des Kindes, wenn nicht adäquat<br />
substituiert wird<br />
Hyperthyreose in der Schwangerschaft<br />
Hinweis auf …<br />
- M. Basedow 80-90 %<br />
- fokale Autonomie 10 %<br />
- SS-Hyperthyreose 5 %<br />
- Thyreoiditis 40 mg / Tag<br />
- Bevorzugtes Thyreostatikum Propylthiouracil (weil etwas weniger über die Plazenta gehend)<br />
„Pseudo-“ Hyperthyreose in der Frühschwangerschaft<br />
- Ursache:<br />
∙ hCG stimuliert TSH-Rezeptoren<br />
∙ Hohe hCG Konzentrationen führen in<br />
• 15 % zur Schilddrüsenstimulation mit TSH-Abfall<br />
• 5 % zu einem fT3 und / oder fT4 – Anstieg<br />
- Klinische Folge<br />
∙ Häufig Hyperemesis Gravidarum<br />
- Therapie:<br />
∙ Symptomatisch, bes. Berücksichtigung des sozialen Umfeldes<br />
∙ ggf. niedrig dosierte Thyreostase (2,5-5mg Thiamazol), Propycil nicht überlg.!<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 106
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
Schwangerschaftshyperthyreose vs. „echte“ Hyperthyreose !!<br />
Anamnese negativ oft positiv<br />
TSH erniedrigt-normal erniedrigt<br />
fT4 (hoch)normal erhöht<br />
TT4, TT3 erhöht erhöht<br />
TBG erhöht erhöht<br />
TRAK negativ ggfs. positiv<br />
Sono (Duplex) echonormal inhomogen/knotig<br />
Therapie<br />
Behandlung mit Thyreostatika (bevorzugt Propylthiouracil)<br />
Wichtig:<br />
Kontrolle des Neugeborenen ~ 14 Tage post partum (TSH, fT3 und fT4), da SD- Funktionsstörungen im Screening nicht<br />
erkannt werden !!<br />
Schilddrüsenhormon-Synthese<br />
Aus dem Spuren-Element Jod und der Aminosäure Tyrosin entsteht mittels dem Enzym Thyroxinperoxidase Mono-, Di-, Triund<br />
Tetrathyronin (T3/4). Dabei wird ein Sauerstoff-Atom des Peroxids gebunden, eines bleibt „frei“ (Radikal) und muss<br />
vom Selen aufgefangen werden<br />
Selen senkt signifikant TPO-Autoantikörper bei Autoimmunthyreoiditis<br />
Eine Thyreoiditis kann primär mit einer<br />
Hypothyreose beginnen, aber auch zuerst mit<br />
einer messiven Hyperthyreose, die dann in eine<br />
Hypothyreose übergeht<br />
Mit Selen kann man ev. diese Entwicklung<br />
vermindern<br />
Postpartale Thyreoiditis (PPTD)<br />
- innerhalb von 6 Monaten postpartal transiente Hyper-/Hypothyreose<br />
- Genese: Destruktion von SD-Gewebe<br />
- Inzidenz: in 5- 9% nach einer Schwangerschaft<br />
∙ bei Diabetes Typ1 3fach höheres Risiko<br />
∙ PPTD nach früherer SS 70% Risiko<br />
∙ TPO-AK >900U/l 75% Inzidenz<br />
Unter Selengabe in der Schwangerschaft und post Partum entwickelt sich seltener eine Postpartumthyreoiditis (PPTD) und<br />
eine Hypothyreose<br />
Empfehlung: Substitution mit 200 μg Selenomethionin/d während der Schwangerschaft und <strong>12</strong> Monat post partum<br />
Die Studien zeigen uns, dass…<br />
… das Kind während der gesamten Schwangerschaft auf die Versorgung mit Jodid (und Thyroxin) durch die Mutter<br />
angewiesen ist<br />
ABER: hohe Jodbelastung (mehrere mg/d) zur BLOCKADE der kindlichen Thyroxinsynthese führen kann<br />
Seite 107<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
… eine (ausreichende) THYROXINSUBSTITUTION während der Schwangerschaft unerlässlich ist<br />
… der THYROXINBEDARF bis zur 20. SSW um ca. 50% ansteigt – regelmäßige TSH Kontrollen!<br />
Schilddrüse und Schwangerschaft - Zusammenfassung -<br />
- Struma :<br />
∙ Weiterführung der L-Thyroxintherapie<br />
∙ + Jodidprophylaxe (200mg / Tag)<br />
- Hypothyreose :<br />
∙ Substitution mit L-Thyroxin<br />
∙ Kontrollen min. 1 x im Trimenon<br />
- Hyperthryeose :<br />
∙ Behandlung mit Thyreostatika in möglichst niedriger Dosis sofort nach Diagnosestellung<br />
(Propylthiouracil oder Thiamazol).<br />
∙ bei TSI-Antikörpern engmaschige foetale Kontrollen prä- und postnatal. (Gefahr der foetalen<br />
Hyperthyreose)<br />
Vorgehen bei Hypothyreose<br />
- Bei Nachweis der SS Erhöhung der Dosis von L-Thyroxin um 25 %<br />
- 16. SSW Kontrolle von TSH und fT4 ggf. Dosiserhöhung um <strong>12</strong>,5 – 25 %<br />
- 24-32.SSW Kontrolle von TSH und fT4 ggf. Dosiserhöhung um weitere <strong>12</strong>,5 – 25 %<br />
- 1 Woche post partum Dosisreduktion um 25 %<br />
- 8 Wochen post partum Kontrolle von TSH, fT4 und TPO-AK, abhängig davon weitere Therapieanpassung<br />
Die Halbwertzeit von L-Thyroxin beträgt ~ 8 Tage. fT4 soll im oberen Referenzbereich liegen, TSH- Zielwert vor und nach der<br />
Schwangerschaft um 1 (bis 2) μIU/ml<br />
Schwangerschaft und AGS<br />
Vor Einführung der Cortisontherapie sind Kinder mit AGS meist sehr früh verstorben, Schwangerschaften kamen so gut wie<br />
nie vor. Heute aber kann das Syndrom sehr gut therapiert werden, die Frauen haben einen normalen Zyklus und können<br />
meist auch schwanger werden.<br />
Es gibt 2 Formen des AGS: mit und ohne Salzverlust. Durch die erhöhte Produktion von Androgenen kommen die Kinder mit<br />
einem virilisierten Genitale zur Welt. Durch operative Eingriffe kann es zu Vernarbungen kommen, die bei der Entbindung<br />
problematisch werden können<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 108
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
Fertilität bei AGS<br />
Bei AGS haben weniger Frauen eine stabile Beziehung und<br />
auch deutlich weniger wollen überhaupt schwanger<br />
werden (diskutiert, ob das auch mit der Androgenisierung<br />
des Gehirns zusammenhängt)<br />
Seite 109<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
Behandlung bei AGS in der Schwangerschaft<br />
NICHT Dexamethason!<br />
Dexamethason ist plazentagängig und damit würde man die fetale Nebenniere auch beeinflussen<br />
Outcome of Term Pregnancy<br />
Outcome of Children<br />
Frauen mit AGS bekommen wesentlich häufiger<br />
Mädchen<br />
Follow up of Children<br />
Schwangerschaft bei AGS<br />
Eigene Daten (n=15)<br />
- Aborte: 3<br />
- Entbindung mit Sectio: 3 (Z.n. Genitalkorrektur)<br />
- Forceps: 2<br />
- Spontanpartus: 7<br />
- Gestationsdiabetes: 0<br />
- SGA 0<br />
- LGA 0<br />
- Pränatale Therapie: (DX 1-2 mg): 5<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 110
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
Die junge Frau mit Kinderwunsch und CAH<br />
Präkonzeptionell:<br />
- Dosis der Glucocorticoide<br />
- Moleculargentik des Partners<br />
- Kontrollzyklus: Ovulationszeitpunkt, Tubenfaktor, Endometrium<br />
- Äußere Genitalien: Spontanpartus?<br />
Frühschwangerschaft:<br />
- Pränataldiagnostik, Behandlung<br />
- Anpassung der Dosis<br />
Schwangerschaft und AGS<br />
- Frauen mit AGS sind fertil und fähig zur Reproduktion<br />
- Eine Schwangerschaft bei einer Frau mit AGS stellt eine Riskogravidität dar<br />
- Sie muss von Experten betreut werden<br />
- Hydrocortison, Prednisolon oder Methylprednisolon (nicht-plazentagängiges Corticosteroid)<br />
∙ (kein Dexamethason, außer im Rahmen der pränatalen Therapie)<br />
∙ Dosierung so wählen, dass Serumtestosteronspiegel im hochnormalen Bereich (< 1 ng/ml) liegt<br />
∙ im 3. Trimester leichter Anstieg der Kortisondosis (5-10 mg Hydrocortison/Tag)<br />
- Cave: bei Überdosierung, Suppression der kindlichen Nebenniere, erkennbar am Abfall der Östriolspiegel im<br />
Serum der Schwangeren !!!<br />
∙ Früher hat man sich häufig nicht nach dem Testosteronwert, sondern nach dem 17-OH-Progesteron-<br />
Wert gerichtet → hier können leicht Überdosierungen passieren<br />
Schwangerschaft und AGS mit Salzverlustsyndrom<br />
Progesteron = Mineralokortikoidantagonist<br />
→ Anstieg der notwendigen Fludrocortisondosis<br />
Schwangerschaft und AGS<br />
- Stressdosis bei Erkrankungen oder während der Geburt<br />
- regelmäßige Kontrollen von:<br />
∙ mütterlicher Allgemeinzustand (RR, Gewicht)<br />
∙ Elektrolyte<br />
∙ adrenalen Steroidhormonen im mütterlichen Serum<br />
- Sectio indiziert bei Z.n. Genitalkorrektur<br />
Geburt und AGS<br />
- unter der Geburt:<br />
∙ alle 6 Stunden 100 mg Hydrokortison i.v. oder 50 mg i.m.<br />
∙ ausreichende Hydratisierung mittesl NaCl Infusion<br />
∙ Pädiater muss anwesend sein<br />
- nach der Entbindung:<br />
∙ Dosis alle 24 Stunden halbieren, bis die vor der Schwangerschaft übliche Dosis erreicht<br />
Prolaktinome in der Schwangerschaft<br />
Prolaktin in der SS<br />
Seite 111<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
First-line therapies for the treatment of hyperprolactinaemia<br />
Einfluss Estrogen in der Schwangerschaft<br />
- Estrogene induzieren die Synthese von PRL<br />
- Proliferation der laktotrophen Zellen<br />
- Volumen der Hypophyse (Norm <strong>12</strong>mm) kann sich verdoppeln (meist plus 50-70%)<br />
Normwerte Prolaktin in SS<br />
- Im 1.Trimenon bis 50 μg/l<br />
- Im 2. Trimenon bis 100 μg/l<br />
- Im 3. Trimenon bis 200 μg/l<br />
Risiko Prolaktinome in SS<br />
- Tumorgröße<br />
- Abklemmung des Hypophysenstiels<br />
∙ Kann bis zu einem lebensbedrohlichen Hypopituitarismus führen<br />
- Gesichtsfeldbeeinträchtigung (bitemporale Hemianopsie)<br />
- Blutung<br />
- Sheehan Syndrom<br />
∙ Blutdruck sinkt → Durchblutung der Hypophyse sinkt → Nekrose<br />
∙ V.a. ACTH und LH und FSH Sekretion betroffen<br />
∙ Meist Amenorrhoe nach Entbindung oder akut auftretende Insuffizienz der Nebennierenrinde<br />
Prolaktinome in der Schwangerschaft<br />
- Mikroadenome vs. Makroadenome<br />
∙ Mikroadenome wachsen während der Schwangerschaft praktisch nicht<br />
∙ Makroadenome können sich verändern und Probleme bereiten<br />
Mikroprolaktinome in der SS<br />
- 2 retrospektive Studien<br />
- 3631 bzw. 2462 Schwangerschaften<br />
- Behandlungsende bei Diagnose der SS<br />
- 1,4% bzw.1,6% symptomatische Hypophysenvergrößerung<br />
∙ Eher harmlos<br />
- Keine Patientin musste operiert werden<br />
- Keine Probleme bzgl. Entbindung & Stillen<br />
- 2 Monate nach Entbindung/bei Ende Stillen Verlaufskontrolle<br />
Makroprolaktinome in SS<br />
- Gesamtliteratur ca. 160 Fälle<br />
- Kein Konsensus über Behandlung<br />
- Je nach Ausdehnung/ Nähe zum Chiasma opticum<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 1<strong>12</strong>
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
- Häufig klinische Auffälligkeiten!<br />
- Behandlungsziel Tumorgröße!<br />
- Hohes Ansprechen auf DA Therapie<br />
Interdisziplinär: Radiologie und<br />
Neurochirurgie<br />
Behandlung wie<br />
Mikroprolaktinom<br />
Dopaminagonisten Behandlung<br />
ggf. OP<br />
Stillen<br />
- Basalen PRL-Werte sind n.s. gegenüber nicht stillenden Frauen erhöht<br />
- Saugreizbedingte Anstiege kurzfristig & überschießend<br />
- Beeinträchtigt das Wachstum der laktotrophen Zellen nicht1<br />
- Keine Behandlung indiziert<br />
- Zum Abstillen sind DA geeignet<br />
- Stillen ist kontraindiziert bei neurologischer Symptomatik<br />
Follow UP<br />
- Postpartal engmaschige Kontrolle CAVE: Blutung<br />
- 3-6 Monate nach Geburt bzw. nach dem Abstillen<br />
∙ Prolaktinspiegel<br />
∙ MRT Verlaufskontrolle<br />
- Spontane Remissionen bekannt1<br />
- Mikroprolaktinome: 11-35% Remission2,3<br />
- 50% Senkung des PRL Spiegels bei 50%4<br />
- Bei Persistenz DA Behandlung<br />
Zusammenfassung<br />
- Prolaktinome sind die häufigsten hormonproduzierenden Tumore der Hypophyse<br />
- Häufige Ätiologie von Ovarialinsuffizienz<br />
- Prolaktinome vor einer Schwangerschaft behandeln<br />
- Mikroadenome in SS → Behandlungsstop<br />
- Makroadenome in SS → Interdisziplinäre Vorstellung, Abwägung Behandlung individuell nach Tumorgröße und -<br />
ausdehnung sowie Symptomatik<br />
Duales System der Regulation der Serumosmolalität bzw. Natriumkonzentration<br />
Hyponatriämische Enzephalopathie<br />
- Adynamie<br />
- Vergesslichkeit<br />
- Lethargie<br />
- Desorientiertheit, Agitiertheit<br />
- Anorexia, Übelkeit<br />
- Kopfschmerzen<br />
- Somnolenz<br />
- Krampfanfall<br />
- Koma<br />
Seite 113<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
Diabetes insipidus gravidarum<br />
- Oxytocinase aus der Placenta ist auch eine Vasopressinase (α‐Aminopeptidase)<br />
- Krankheitsbild tritt bei Patienten mit schon eingeschränkter ADH‐Reserve auf („demaskiert“)<br />
- ADH ist therapeutisch unwirksam<br />
- DDAVP ist Oxytocinase resistent; es kann zur Nacht in kleinen Dosen vorsichtig gegeben werden.<br />
- Cave: Hyponatriämie!<br />
- Erkrankung verschwindet einige Tage bis Wochen nach Geburt wieder<br />
Maximale Kontrazeption durch Stillen - Beginn der Empfängnisverhütung-<br />
- Stillfrequenz von mindestens sechsmal täglich<br />
- Stilldauer von mindestens 60 Minuten täglich<br />
- Stillen auch nachts<br />
- Gabe einer Zusatznahrung von maximal einmal pro Tag<br />
- Trotzdem: Kontrazeption ab der 4.- 6. Woche post partum zu diskutieren, auch zum Schutz vor Osteopenie<br />
sinnvoll<br />
- Gegen Kombinationspräparate, orale Gestagene oder IUD keine Einwände<br />
- Von Depot-Gestagenen eher abzuraten (Knochen)<br />
Cushing-Syndrom in der Schwangerschaft<br />
Schwangere mit Cushing-Syndrom sind selten, da Cushing-Patientinnen oft anovulatorisch sind<br />
- Frauen mit Cushing Syndrom werden selten schwanger 75 % sind anovulatorisch (~150 Fälle in der Literatur)<br />
- 60 % leiden an einem ACTH- unabhängigem Cushing Syndrom (48 % Adenome, 10 % Karzinome),<br />
- Schwangerschafts-induziertes Cushing Syndrom mit Remission post partum beschrieben<br />
Ursache<br />
Ätiologie Fälle (%)<br />
Cushing‘s Disease 33 % Cushing’s Disease → eher selten, da wenige Frauen mit Cushing<br />
schwanger werden<br />
NN Adenom 46 %<br />
NN- Karzinom 10 %<br />
Carney‘s Komplex 0.8 %<br />
Phäochromozytom 0,8 %<br />
ACTH-unabh. Hyperplasie 3 %<br />
Ektopisches Cushing-Syndrom 3 %<br />
Beschrieben:<br />
- Einzelfälle mit wiederholtem Cushing Syndrom in der Schwangerschaft und spontaner Remission Post-partum<br />
- NN- Tumor mit LH/hCG - Rezeptoren<br />
Diagnostik<br />
- Klinisches Bild ähnlich dem von nicht-schwangeren Frauen (mit Ausnahme Menses bis zur Gravidität)<br />
- Leitsymptome: Gewichtzunahme, Hirsutismus, Hypertonus, Glucosurie, „Bruising“<br />
- Symptome sind z.T auch Bestandteil der normalen Schwangerschaft !<br />
- Diagnosestellung erfolgt daher eher spät <strong>12</strong> – 26 SSW<br />
- Endokrine Diagnostik (Speichelcortisol, UFC, Tagesprofil, 8 mg Dexamethason-Test ) und Bildgebung<br />
Die Diagnostik ist sehr schwierig, da in jeder Schwangerschaft cushinoide Veränderungen auftreten können: Symptome sind<br />
z.T. Bestandteil der normalen Schwangerschaft<br />
Die mütterliche Morbidität ist sehr hoch:<br />
- Hypertonus (68%)<br />
- Diabetes (25%)<br />
- Präeklampsie (14%)<br />
- Osteoporose/Fraktur (5%)<br />
- Herzversagen (3%)<br />
- Psychiatrische Symptome (4%)<br />
- Wundinfektion (2%)<br />
- Mütterlicher Tod (2%)<br />
Auch die fetale Morbidität ist erhöht<br />
- Frühgeburt (43%)<br />
- Totgeburt (6%)<br />
- Aborte/IUD (5%)<br />
- SGA (21%)<br />
- NNR-Insuffizienz pp (2%)<br />
- Hirnblutung, Missbildung<br />
Der Fetus ist aber von den mütterlichen Cortisolspiegeln relativ gut geschützt (da der Organismus Cortisol umwandelt)<br />
Daher ist die fetale Morbidität und Mortalität eher sekundär auf die Folgeerkrankungen der Mutter zurückzuführen (wie<br />
z.B. Präeklampsie)<br />
- Der Fetus ist vor Hypercortisolismus der Mutter durch die 11ß-Oxidoreduktase weitgehend geschützt<br />
- Dennoch: 30 % SGA, Frühgeburt (61%), 10% Totgeburt<br />
- Transiente neonatale NNR- Insuffizienz<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 114
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
- Mütterliche Komplikationen sind Hypertonus, Gestationsdiabetes, Präeklampsie, Wundheilungsstörungen und<br />
Herzversagen<br />
- Mütterliche Mortalität ~ 1 %<br />
Therapie<br />
- 1. Trimenon – 21. SSW: Operative Therapie bei Tumornachweis (Neurochirurgisch / Adrenalektomie,<br />
- Ausschluß Karzinom)<br />
- 3. Trimenon: Entbindung vaginal oder operativ, ggf. Metyrapone bis zur Entbindung, Geburtshilfliches<br />
Management von Hypertonus, Gestationsdiabetes<br />
- 2. Trimenon: Individualisierte Behandlung mit Metyrapone, Mitotane....<br />
Warum ist die Diagnostik schwierig: wegen Veränderungen in der Cortisol-Produktion in der Schwangerschaft: Durch die<br />
Östrogene wird die Sekretion von Transcortin in der Leber stimuliert, daher steigen die Cortisol-Plasmaspiegel an<br />
(Dexamethason-Test: das an Transcortin gebundene Cortisol zirkuliert weiter, nur das freie wird durch Dexamethason<br />
reduziert → daher kann es passieren, dass die Spiegel scheinbar nicht genug sinken, was für ein Cushing-Syndrom spricht,<br />
obwohl eigentlich keines vorliegt)<br />
Phäochromozytom in der Schwangerschaft<br />
- Auftreten sporadisch oder als Teil der familiären multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2<br />
- Leitsymptom: Wie außerhalb der Schwangerschaft (Intermittierender Hochdruck, Tachykardie,<br />
Schweißausbrüche, Kopfschmerz....)<br />
- Diagnostik: Katecholamine und Metabolite in Blut und Urin<br />
- Bildgebende Verfahren<br />
Mütterliche und kindliche Mortalität:<br />
- Vor 1969 sind 18 der Mütter in der Schwangerschaft verstorben und 58% postpartum<br />
- Wird ein Phäochromozytom in der Schwangerschaft noch diagnostiziert, ist die Prognose wesentlich besser, als<br />
wenn man es erst bei/nach der Geburt entdeckt<br />
- Frühe Diagnose entscheidend<br />
- Daher bei einem Schwangerschaftshypertonus immer daran denken<br />
Patientinnen sterben an Stoffwechselentgleisungen und an hypertonen Krisen<br />
Therapie<br />
- Vor der 24. Woche chirurgische Therapie<br />
- Nach der 24. Woche medikamentös mit alpha- und beta-Blockern und frühzeitige Entbindung<br />
Hirsutismus und Virilisierung in der Schwangerschaft<br />
- Klinik: rasch progredienter Hirsutismus und Virilisierung mit Beginn in der frühen Schwangerschaft<br />
- Häufige Ursache: Luteom, Hyperreactio luteinalis<br />
- Massiver Anstieg von Testosteron/Androstendion<br />
Bildgebung Tumor Virilisierung weiblicher Feten<br />
Bilateral-Cystisch Theca-Lutein-Cysten nein<br />
Bilateral solid Luteom möglich<br />
Unilateral solid Malignom ? möglich<br />
Ovar unauff: NN – Tumor ? möglich<br />
Hypoparathyreoidismus in der Schwangerschaft<br />
Parathormon (parathyroid hormone)<br />
Bildung in der Nebenschilddrüse<br />
Aufgabe:<br />
- Erhöhung des Kalziumspiegels durch Aktivierung der Osteoklasten<br />
- Steigerung der renalen Kalziumresorption<br />
- Hemmung der renalen Phosphatresorption<br />
- Steigerung der Synthese von Calcitriol, dadurch verstärkte Kalziumaufnahme im Ileum<br />
Definition/ Ursachen des Hypoparathyreoidismus<br />
= Unterfunktion der Nebenschilddrüse mit Mangel an Parathormon<br />
DD: Pseudohypoparathyreodismus mit erhöhtem Parathormon bei mangelnder Ansprechbarkeit des Rezeptors<br />
Seite 115<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
Ursachen:<br />
- meist nach chirurgischer (Teil-)entfernung der Nebenschilddrüse<br />
- idiopathisch (selten)<br />
- im Rahmen eines Autoimmunsyndroms (selten)<br />
- Aplasie von Nebenschilddrüse und Thymus (neonatal)<br />
Diagnostik<br />
- Calcium und Magnesium erniedrigt, Phosphatwerte erhöht<br />
- Parathormon erniedrigt<br />
- Kreatininwerte normal (Ausschluss Niereninsuffizienz) und Albuminspiegel normal (Ausschluss<br />
Malassimilationssyndrom)<br />
Symptome<br />
- Tetanie: Krampfanfälle bei erhaltenem Bewusstsein, Pfötchenstellung, Stimmritzenkrampf<br />
- Parästhesien (= „Einschlafen“ und Kribbeln von Händen und Füßen)<br />
- Psychische Auffälligkeiten wie Reizbarkeit, Gedächtnisschwierigkeiten depressive Verstimmungen<br />
Effekte in der Schwangerschaft bei bestehendem Hypoparathyreoidismus<br />
- unbehandelt deutlich erhöhte Morbidität von Mutter und Kind<br />
Mutter:<br />
- Risiko der Tetanie<br />
- erhöhte Abortrate<br />
- vorzeitige Wehen<br />
- erhöhtes Risiko von Frühgeburtlichkeit<br />
Fetus:<br />
- Sekundärer Hyperparathyreoidismus mit Demineralisierung von Knochen<br />
- Frakturen<br />
- vorzeitige Verknöcherung der großen Fontanelle<br />
- intrauterine Wachstumsrestriktion<br />
- Hirnblutungen<br />
- selten intrauteriner Fruchttod<br />
Therapie Hypoparathyreoidismus<br />
Substitution von Calciumgluconat 10% (zwischen 1-1,5 g/d) und Calcitriol (0,5- 3 μg/d) oder Cholecalciferol (Vitamin D 3)<br />
→ kein teratogenes Risiko bei niedriger Dosierung<br />
Magnesium bis zum Ende der Schwangerschaft<br />
Dosissteigerung aller Medikamente im Verlauf der Schwangerschaft erforderlich (Bedarf steigt)<br />
Ziel: Kalziumspiegel sollte an der unteren Normgrenze gehalten werden (2- 2,2 mmol/l)<br />
Aufnahme zur Geburt:<br />
- Sorgfältige Einstellung der Werte peripartal<br />
- Kontrolle der Elektrolyte bei Aufnahme und alle <strong>12</strong> Stunden<br />
- Ziel: Ca um 2,2 mmol/l<br />
- Bei Tetanie: langsame i.v.- Injektion von 20ml Calciumgluconat- Lösung 10% (= Calcium Fresenius®)<br />
Wochenbett:<br />
- Kontrolle der Calciumspiegel im Serum bei Mutter über 2 Tage alle <strong>12</strong> Stunden<br />
- Kind (Hypercalcämie!): Hinzuziehen der Kinderärzte!<br />
- Reduktion der Calcitriol- Dosis<br />
- cave psychische Symptome - DD Wochenbettdepression<br />
- Stillen trotz Medikation möglich<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 116
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
11.01.<strong>12</strong> – Wildt<br />
Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin<br />
Probleme in der Praxis<br />
- Zyklusstörungen 10 %<br />
- PCO und Ovarialinsuffizienz 20 %<br />
- Infertilität 15 %<br />
- Klimakterium und Postmenopause 20 %<br />
- Endometriose 10 %<br />
- Blutungsstörungen 20 %<br />
70 % der Probleme in der frauenärztlichen Praxis sind Probleme der Endokrinologie und Reproduktionsmedizin<br />
Was ist rationelle Diagnostik?<br />
- Diagnose und das Verständnis der Pathophysiologie einer Erkrankung sind die Voraussetzungen für jede Therapie<br />
- Die Stellung der Diagnose stellt die eigentliche intellektuelle Herausforderung dar<br />
- Einsatz klinischer, bildgebender und biochemischer Verfahren die in kürzestmöglicher Zeit kosteneffizient zur<br />
Diagnose führen und in einer rationalen Therapieplanung resultieren<br />
Rationelle Diagnostik bei Zyklusstörungen<br />
Normaler Zyklus<br />
Konzentration von LH und FSH im Verlauf eines<br />
normalen Zyklus: Daten werden auf den Tag des LH-<br />
Gipfels normalisiert, um Verschiebungen zu vermeiden<br />
FSH stimuliert im Ovar die Reifung des Follikels →<br />
Anstieg des Östradiols im Serum → FSH sinkt dann<br />
wieder leicht ab => durch Östradiol und FSH kommt es<br />
zur Ausbildung des Gelbkörpers<br />
In der zweiten Zyklushälfte sind FSH und Östradiol eher<br />
niedrig<br />
Progesteron bleibt (ohne eine Schwangerschaft) für ca.<br />
14d hoch und sinkt dann wieder ab (Gelbkörperphase)<br />
Neuroendokrine Kontrolle der Ovarialfunktion<br />
Diagnostik:<br />
- Anamnese<br />
- Bestimmung von Hormonen<br />
- Ultraschall (Vaginalschall)<br />
Am Tag 14 hat sich bereits ein dominanter Follikel herausgebildet, der kurz vor dem Eisprung steht und eine Größe von ca.<br />
2cm hat<br />
Apex: proteolytische Andauung des Graf’schen Follikels<br />
Seite 117<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
Zyklusanamnese<br />
- Zyklusintervalle notieren: in ein Diagramm eintragen → Zyklen und Blutungsstärke<br />
- Abstand >35d zwischen einzelnen Blutungen = Oligomenorrhoe<br />
- Amenorrhoe: keine Blutung für mehr als 3 Monate<br />
- Polymenorrhoe:
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
Wann soll man eine Blutprobe entnehmen?<br />
- Bei Amenorrhoe egal<br />
- Bei einer verbleibenden Blutung sollte am Anfang des Zyklus gemessen werden<br />
- Tageszeit spielt keine besondere Rolle<br />
∙ Außer Prolaktin: steigt während des Schlafes an (auch kein Problem, da Blut nicht während dem Schlaf<br />
abgenommen wird<br />
Hormonbasisdiagnostik:<br />
- Blutabnahme am Vormittag Tag 3- 7 des Zyklus (kein Follikel > 10mm)<br />
- Bestimmung von LH, FSH, Prolaktin, Testosteron, SHBG (FAI), DHEAS, AMH, TSH, fT3, fT4, SD-AK<br />
- Bei gleichzeitiger Bestimmung von Insulin/Glucose: Nüchternabnahme und Berechnung des HOMA- Index<br />
Immer auch Schilddrüsenhormone bestimmen! Weil bei Frauen mit Zyklusstörungen oft eine latente Hypothyreose mit<br />
erhöhtem TSH Wert vorliegt<br />
In bestimmten Situationen kann auch die Bestimmung von Insulin und Glukose sinnvoll sein (PCO)<br />
- Keimzellen ab der 5. SSW im Dottersack<br />
- Mitotische Teilung und Vermehrung während der Wanderung zum Ovar<br />
∙ 5. SSW : 700-1300<br />
∙ 8. SSW : 600,000<br />
∙ 20. SSW: 6,000,000<br />
- Bildung der Oozyten mit dem 1. Lebensjahr abgeschlossen, danach Verlust durch Atresie<br />
- Vorhanden<br />
∙ Geburt: 1,000,000<br />
∙ Pubertät 400 000<br />
Maximum der Eizellen etwa im 6. Schwangerschaftsmonat → bei der Geburt noch ca. 1.000.000<br />
300-400 Eizellen kommen zur Ovulation<br />
POF<br />
- Vor dem 45. Lebensjahr – primary ovarian failure (POF)<br />
∙ Häufigkeit: ~ 5% (WHO 1996; Santoro, 2003)<br />
- Erliegen der Ovarialfunktion vor dem 40. Lebensjahr<br />
∙ Häufigkeit: ~ 1-3% (Coulam et al,1986; Anastil et al, 1998; Laml et al, 2000)<br />
- Vor dem 35. Lebensjahr<br />
∙ Häufigkeit: ~ 0,3% (Coulam et al, 1986)<br />
- Vor dem 30. Lebensjahr<br />
∙ Häufigkeit: ~ 0,1% (Coulam et al, 1986)<br />
Korrelation Menopausenalter Mutter/Tochter<br />
- Ist das Menopausenalter der Mutter weit über dem der Tochter, muss man davon ausgehen, dass eine Störung<br />
vorliegt<br />
Ätiologie der primären Ovarialinsuffizienz<br />
- Chromosomale Störungen:<br />
• X0 Gonadendysgenesie<br />
• XY Gonadendysgenesie<br />
• XX Gonadendysgenesie<br />
• Mosaike, Fragile X-Prämutation<br />
∙ Sind nicht therapierbar (genetisch festgelegt)<br />
∙ Wichtig: Analyse, da XY-Anomalien ein sehr hohes Risiko der malignen Entartung haben<br />
- Infekte<br />
∙ Mumps und andere Virusinfekte<br />
∙ Können eine Zerstörung der Eierstöcke auslösen<br />
Seite 119<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
- Noxen<br />
∙ Chemotherapie<br />
∙ Radiatio<br />
∙ Polizyklische aromatische Kohlenwasserstoffe<br />
- Autoimmunerkrankungen, Stoffwechselstörungen, Resistenzen, Enzymdefekte, Anlagestörungen<br />
Die Bedeutung von AMH (Anti-Müller-Hormon)<br />
- Vom Eierstock gebildet<br />
- Bedeutung überschätzt:<br />
∙ „Ist ein fixer Parameter“<br />
• Stimmt nicht: ändert sich im Verlauf des Zyklus<br />
• Sinkt unter der Behandlung mit oralen Antikonzeptiva<br />
∙ „Erlaubt eine Abschätzung des fertilen Potentials und der ovariellen Reserve“<br />
• Stimmt nicht: auch wenn AMH unter der Nachweisgrenze ist, ist die Wahrscheinlichkeit<br />
schwanger zu werden normal hoch<br />
∙ „Erlaubt eine Vorhersage der Menopause“<br />
• Stimmt nicht<br />
- AMH spielt eine Rolle beim PCO<br />
Therapie bei Primärer Ovarialinsuffizienz<br />
- Bis zum 50. Lj.<br />
∙ HRT oder Pille: meistens eher orale Antikonzeptiva verwendet<br />
- Danach: wie im normalen Klimakterium<br />
- Bei Kinderwunsch Eizellspende (in Ö nicht erlaubt)<br />
Entscheidend ist für die Schwangerschaftsrate ist das Alter der Eizellen (entnimmt man einer Frau mit 20<br />
Jahren Eizellen, lagert diese und reimplantiert sie befruchtet in einem Alter von 40-50 Jahren, liegt die<br />
Schwangerschaftsrate bei der einer 20-Jährigen)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>0
Endokrine Erkrankungen<br />
Gynäkologie<br />
Hypothalamische Ovarialinsuffizienz<br />
- Produktion von GNRH eingeschränkt oder fehlend → kein LH/FSH → Eierstock nicht stimuliert<br />
- Ursachen:<br />
∙ Primär (Patientin hat nie spontan geblutet) vs. Sekundär (Patientin hatte Blutungen)<br />
• Kallmann-sy oder andere genetische Veränderungen<br />
• Perinatales Trauma (Abreißen des Hypophysenstiels bei BEL-Geburt)<br />
• Pubertas tarda (entscheidend ist das Alter der Mutter bei der Menarche)<br />
• Idiopathisch<br />
• Z.B. Leistungssport (mit Amenorrhoe)<br />
- Weiterführende Diagnostik<br />
∙ Schweregradbestimmung (Gestagen- und Clomiphen-Test)<br />
∙ Bildgebung: MRT (Ausschluss Hypophysentumor)<br />
∙ Knochendichte<br />
∙ GnRH- Test (nur bei Gestagen-negativer Amenorrhoe)<br />
Gestagentest:<br />
- Bioassay für die endogene Östrogenaktivität<br />
nur bei negativem Gestagentest wird ein GNRH-Test durchgeführt, um eine hypophysäre Störung auszuschließen<br />
v.a. bei einem plötzlichen Ausbleiben der Blutung sollte ein Schädel-MR durchgeführt werden, um ein Kraneopharyngeom<br />
auszuschließen<br />
Therapie:<br />
- Ohne Kinderwunsch<br />
∙ Orale Antikonzeptiva (sicherheitshalber, weil manchmal durch Stress ausgelöst → bei Abfallen des<br />
Stress kann es noch vor der ersten Blutung zum Eisprung und damit zu einer ungewollten<br />
Schwangerschaft kommen)<br />
∙ HRT<br />
∙ Zur Osteoporoseprophylaxe, (Peak Bone Mass), Schleimhaut etc.......Calcium Vit D<br />
- Mit Kinderwunsch<br />
∙ Clomiphen: Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft<br />
∙ GNRH: muss mit dem physiologischen Rhythmus appliziert werden (mittels Pumpen - Zyklomattherapie)<br />
• Schwangerschaftsrate unter dieser Therapie ist wie bei Frauen mit normalem Zyklus und<br />
deutlich höher als bei Clomiphen<br />
∙ low-Dose Stimulation mit Gonadotropinen<br />
∙ Opiatantagonisten<br />
Hyperprolaktinämische O.<br />
- Häufig bedingt durch einen Hypophysentumor<br />
- Eine Makroprolaktinämie muss ausgeschlossen werden<br />
- Im Serum liegt Prolaktin als monomere Form, in Form von Aggregaten und gebunden an Gamma-Globuline vor<br />
- Makroprolaktinämie = Aggregate → sind biologisch nicht aktiv: d.h. bei einer reinen Makroprolaktinämie kein<br />
Krankheitswert (nur wenn auch das monomere Prolaktin erhöht)<br />
- Identifizierung durch Chromatographie oder PEG-Fällung: Beispiel: 100 ng/ml Prolaktin → Nach Fällung 20 % = 20<br />
ng/ml Prolaktin = Normalbefund<br />
- Prolaktinome<br />
∙ Unterscheidung Mikroprolaktinom – Makroprolaktinom: bei 1cm (hat nichts mit der<br />
Mikro/Makroprolaktinämie zu tun)<br />
∙ Makroprolaktinome haben die Tendenz zu wachsen und können dadurch Kompressionssyndrome<br />
auslösen<br />
- Klassischer Fall: Hypophysenadenom, das Prolaktin produziert<br />
∙<br />
Weitere Möglichkeit: Blockade des Hypophysenstiels durch Kraneopharyngeom (= Pseudoprolaktinom)<br />
• Problem: wenn alleine aufgrund der im Labor festgestellten Hyperprolaktinämie ein<br />
dopaminerges Medikament verschrieben wird, sinkt zwar das Prolaktin, aber der Tumor bleibt<br />
→ daher immer MR!! (beim echten Prolaktinom sinkt durch diese Therapie auch die<br />
Tumorgröße)<br />
Seite <strong>12</strong>1<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
Prolaktinom<br />
- Ätiologie :<br />
∙ Mikro- / Makroprolaktinome der Hypophyse<br />
∙ ZNS Raumforderungen (mit Begleithyperprolaktinämie durch Beeinflussung der dopaminergen<br />
Hemmung)<br />
∙ Medikamente (Psychopharmaka, Antiemetika)<br />
∙ (latente) Hypothyreose<br />
- Klinik<br />
∙ Zyklusstörungen,<br />
∙ Galaktorrhoe<br />
∙ Bilaterale Hemianopsie (bei großem Tumor)<br />
- Diagnostik<br />
∙ Prolaktin erhöht > 25 ng/ml<br />
∙ (Ausschluss Makroprolaktinämie, Begleithyperprolaktinämie bei PCO)<br />
∙ Kernspintomographie der Hypophyse (Prolaktin > 100 ng/ml)<br />
- Therapie:<br />
∙ Dopaminagonisten (unabhängig vom Kinderwunsch)<br />
• Auch große Hypophysenadenome können erfolgreich mit Dopaminagonisten therapiert<br />
werden<br />
• Vor einer Operation immer medikamentös versuchen<br />
∙ Neurochirurgisch<br />
• Auch nach einer Operation ist die Rezidivrate nicht gleich null!<br />
• Daher spricht viel für die medikamentöse Therapie<br />
∙ Bei Psychopharmaka-induzierter Hyperprolaktinämie und Oligo-Amenorrhoe: HRT oder Pille<br />
• Hier keine Dopaminagonisten (weil in der Psychopharmakologie Dopaminantagonisten<br />
verwendet werden)<br />
Manche Frauen haben eine leichte Galaktorrhoe<br />
während der Menstruation (diese ist durch den Abfall<br />
der Östrogene bedingt und nicht krankhaft, kann aber<br />
auch durch Dopaminagonisten behandelt werden)<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>2
Assistierte Reproduktion<br />
Gynäkologie<br />
18.01.<strong>12</strong><br />
Assistierte Reproduktion<br />
Hintergründe der Sterilität:<br />
Epidemiologie:<br />
- 15% der Paare europaweit bleiben ungewollt kinderlos (etwa jede 6. bis 7. Ehe).<br />
- Etwa jedes 13. Kind ist 2002 mit medizinischer Hilfe in irgendeiner Form entstanden.<br />
- Etwa jedes 50. Kind wurde 2002 nach einer IVF/ ICSI geboren.<br />
- Dokumentierte Behandlungszyklen im Jahr 2010: 6.781 in Österreich 75.928 in Deutschland<br />
Definition der Sterilität:<br />
- Sterilität: Ausbleiben der Konzeption trotz bestehendem Kinderwunsch und regelmäßigen ungeschützten<br />
Geschlechtsverkehrs innerhalb eines Jahres<br />
- Primäre Sterilität: Die Frau hat noch nie konzipiert bzw. der Mann hat noch nie Kinder gezeugt.<br />
- Sekundäre Sterilität: Mindestens eine Schwangerschaft ist vorausgegangen.<br />
- Infertilität: Unfähigkeit, eine Schwangerschaft bis zur Geburt eines lebensfähigen Kindes auszutragen<br />
- Subfertilität: Gesundheitliche Veränderung, die lediglich zur Verminderung der Fertilität führt<br />
Ursachen für Sterilität:<br />
Zu je 40% sind Mann und Frau die Ursache der Sterilität, in 15% der Fälle sind beide steril und zu 5% ist die Ursache der<br />
Sterilität unklar.<br />
Alter und Kinderwunsch:<br />
- Verschiebung der Familienplanung in spätere Lebensabschnitte.<br />
- Durchschnittsalter der Frau bei Erstvorstellung in der Sterilitätssprechstunde: 30,8 Jahre<br />
- Physiologische altersrelevante Fertilität durch Menopause (ab < 1.000 Follikel im Ovar)<br />
- AMH wird von den Granulosazellen des Primordialfollikels gebildet. Der AMH-Spiegel lässt im Alter<br />
Rückschlüsse auf die Fertile Phase und die Zeit der Menopause schließen.<br />
Spermienqualität im 20. Jahrhundert:<br />
- Spermiendichte sank von durchschnittlich 113 Mio/ml (1940) auf 66 Mio/ml (1990)<br />
- Anteil der Männer mit einer Spermiendichte 2 % pro Jahr<br />
- 1981 hatten 56 % aller Männer normale Spermienqualität , 1991 noch 26,9 %<br />
Ursachen weiblicher Kinderlosigkeit:<br />
- Funktionsstörungen des Eierstocks (PCO)<br />
- Endometriose<br />
- Verschluss der Eileiter<br />
- eingeschränkte Spermienqualität<br />
Tubare Sterilität:<br />
- Ätiologie: Tubenverschluss oder schwere Tubenfunktionsstörung als Folge von Infektionen, postoperativen<br />
Verwachsungen, Endometriose oder mechanischer Verlegung (z.B. Myome)<br />
- Therapie: In Vitro Fertilisation, Tubenchirurgie<br />
Seite <strong>12</strong>3<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Assistierte Reproduktion<br />
Endometriose:<br />
- Klinik:<br />
∙ zyklusabhängige Schmerzen (Dysmenorrhoe, Dyspareunie)<br />
∙ Sterilität<br />
- Diagnostik: Laparoskopie<br />
- Ätiologie: weitgehend unbekannt<br />
- Pathogenese: Verschleppung von proliferationsbereitem Endometrium ins Abdomen<br />
- Komplikationen:<br />
∙ Tubenverschluss durch Endometriosebefall oder Adhäsionen bei schwerer Endometriose<br />
∙ Sterilität durch Störung der uterinen Kontraktion und Störungen des Spermientransportes<br />
- Therapie:<br />
∙ Kein Kinderwunsch → OC ( kontinuierlich), Gestagene (Lynestrenol), intrauterin (Mirena), Danazol,<br />
GnRHa (evtl. plus „add back“)<br />
∙ Kinderwunsch → GnRHa über 3-6 Mo., ART<br />
Uterine, zervikale und vaginale Sterilität:<br />
- Uterine Fehlbildungen:<br />
∙ Uterus bicornis, Uterusseptum<br />
∙ Uterus myomatosus, Endometriumpolyp<br />
- Ashermann Syndrom: Synechien im Cavum nach Curettage<br />
- Zervixfaktor:<br />
∙ Spermienantikörper im Cervixschleim<br />
∙ Zervikalpolyp<br />
- Vaginalfaktor:<br />
∙ Vaginalseptum<br />
∙ Posttraumatische und postinfektiöse Veränderungen; Kolpitis (unspezifische Infektion, Trichomoniasis,<br />
Leukozytose)<br />
Psychogene und extragenitale Ursachen der Sterilität:<br />
- Psychogene Ursachen:<br />
∙ Vaginismus<br />
∙ Partnerschaftsprobleme<br />
∙ Soziale Konfliktsituationen<br />
∙ chronische Stresssituationen<br />
∙ sportliches Intensivtraining<br />
- Extragenitale Ursachen:<br />
∙ Schilddrüsenstörungen → Hypo-/Hyperthyreose<br />
∙ Nebennierenrindenstörungen → M. Cushing, M. Addison, Tumoren, Adrenogenitales Syndrom<br />
∙ Diabetes mellitus<br />
∙ Drogen-, Alkohol-, Nikotinabusus<br />
Ursachen männlicher Sterilität:<br />
- Varikozele<br />
- Z. n. Entzündung<br />
- Z. n. Vasektomie<br />
- Z. n. Karzinom<br />
- Neurogene Störung / erektile Dysfunktion<br />
- Z. n. Maldescensus testis<br />
- CBAVD (Congenitale Bilaterale Aplasie des Vas deferens) wegen der CFTR-Genmutation bei Männern mit<br />
Cystischer Fibrose<br />
- Gestörter Verlauf der Spermatogenese-“AZF-Faktor“, z.B. bei Deletionen auf dem langen Arm des Y-Chromosoms<br />
(Yq11.22-23)<br />
- Azoospermie bei Klinefelter-Syndrom (47,XXY)<br />
Spermiogramm nach WHO-Richtlinien:<br />
- Volumen >1,5ml<br />
- pH >7,2<br />
- Konzentration >15Mio/ml<br />
- Motilität Gesamt 40%, progressiv 32%<br />
- Morphologie >4% normal geformt<br />
- Vitalität > 58%<br />
- Verflüssigung
Assistierte Reproduktion<br />
Gynäkologie<br />
- Asthenozoospermie: Spermatozoenbeweglichkeit erniedrigt<br />
- Teratozoospermie: Morphologische Qualität erniedrigt<br />
- Oligoasthenoterato-zoospermie (OAT): Kombination (s. oben)<br />
- Azoospermie: Kein Nachweis von Spermatozoen (nach Zentrifugation des Ejakulats)<br />
- Aspermie: Kein Ejakulat<br />
Therapiemöglichkeiten:<br />
Stimulationsbehandlung (Kontrollierte ovarielle Stimulation):<br />
- Zielsetzung:<br />
∙ Heranreifen eines oder mehrerer Follikel aus der Follikelkohorte<br />
∙ Vermeidung der Atresie<br />
∙ Bei Insemination (IUI) und Verkehr zum optimalen Zeitpunkt (VZO):<br />
• Heranreifen von max. 1 - 3 Eizellen => (Vermeidung Mehrlingsschwangerschaft)<br />
∙ Bei IVF / ICSI:<br />
• Gewinnung mehrerer reifer Eizellen (Metaphase II)<br />
• Vermeidung der spontanen Ovulation<br />
- Grundsätze Clomifenbehandlung:<br />
∙ Keine Stimulation ohne Monitoring<br />
∙ max. Erfolgsaussichten in den ersten 3 Zyklen<br />
∙ max. 6 Clomifenzyklen (Beginn mit 50 mg/die über 5 Tage, Maximaldosis 150 mg/die)<br />
∙ Gleiche Ergebnisse mit Ovulationsauslösung (hCG) oder Spontanovulation<br />
∙ Gleiche Ergebnisse bei Beginn an Tag 3, 4 oder 5<br />
- Indikationen zur alternativen low-dose Stimulation mit Gonadotropinen:<br />
∙ PCOS, hypophysär-hypothalamische Ovarialinsuffizienz<br />
∙ Follikelreifungsstörungen, Clomifenversager<br />
Methoden der Assistierten Reproduktion:<br />
Intrauterine Insemination – IUI:<br />
- 80 % aller Schwangerschaften entstehen in den ersten 3 Zyklen<br />
- Mehr als 5 - 6 Inseminationszyklen sind nicht vertretbar → Indikation zur IVF<br />
Indikationen:<br />
- Dysmukorrhö (Z.n. Konisation)<br />
- Störung der Sperma-Mukus-Interaktion<br />
- OAT-Syndrom I° (10-20 Mio/ml, eingeschränkte Beweglichkeit der Spermatozoen)<br />
- Unmögliche intravaginale Ejakulation (sofern psychologische Ursachen ausgeschlossen<br />
sind)<br />
- Grundsätze:<br />
∙ Trennung der Spermatozoen vom Seminalplasma<br />
∙ max. 6 Zyklen<br />
Seite <strong>12</strong>5<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
Assistierte Reproduktion<br />
In Vitro Fertilisation – IVF:<br />
Indikation:<br />
- Ovarialinsuffizienz nach Versagen konservativer Therapie (z.B. PCO)<br />
- Endometriose<br />
- Verschluss - / Funktionsstörung der Tuben (operativ nicht korrigierbar)<br />
- Pathospermie<br />
- Misserfolg bei Inseminationsbehandlung<br />
- Immunologischer Faktor<br />
- Idiopathische Sterilität<br />
Stimulationsbehandlung zur IVF (Kontrollierte ovarielle Stimulation) → Zielsetzung:<br />
- Heranreifen mehrerer Follikel aus der Follikelkohorte<br />
- Vermeidung der vorzeitiger Ovulation und Atresie<br />
- Gewinnung reifer Metaphase-II-Eizellen<br />
Intracytoplasmatische Spermieninjektion – ICSI:<br />
Intrazytoplasmatisch morphologisch selektierte Spermieninjektion – IMSI<br />
Weiterentwicklung der ICSI, bei der die Spermien elektronenmikroskopisch auf Vakuolen im Spermienkopf untersucht<br />
werden, da man festgestellt hat, dass dies mit genetischen Defekten korreliert.<br />
Kosten einer IVF / ICSI:<br />
- Anteilige Kostenübernahme für 4 Versuche über den IVF-Fond → Fond 70%, Eigenanteil 30%<br />
- Voraussetzungen:<br />
∙ Frauen unter 40 Jahre<br />
∙ Mann unter 50 Jahre<br />
∙ Versicherungsbescheinigung, eCard<br />
∙ Heiratsurkunde oder Notariatsakt über eheähnliche Lebensgemeinschaft<br />
- Indikationen: PCOS, Endometriose, Tubenverschluß, Pathospermie<br />
- Im Falle einer eingetretenen Schwangerschaft werden, wenn gewünscht, erneut 4 Versuche finanziert.<br />
Risiken der Assistierten Reproduktion:<br />
Überstimulationssyndrom (OHSS):<br />
Durch die Stimulation reifen mehr Follikel und produzieren vermehrt Hormone. Die höheren Östrogenspiegel führen zu<br />
einem Flüssigkeitstransfer in den Extravasalraum mit Aszites, Thromboserisiko↑<br />
PCO-Patientinnen haben ein erhöhtes Risiko für ein OHSS.<br />
Mehrlinge:<br />
Um dieses Risiko zu senken werden mittlerweile nur noch 1-2 Embryonen transferiert.<br />
Kongenitale Anomalien:<br />
Vernachlässigbar. Abhängig vom Alter der Patientin, da mit dem Alter das Aneuploidie-Risiko steigt.<br />
Imprinting Defekte nach ICSI:<br />
- Angelmann-Syndrom → Deletion im Bereich 15q11.2- q13 Geistige Behinderung, Lachepisoden, ataktische<br />
Extremitätenbewegungen, Mikrozephalie, Epilepsie, muskuläre Hypotonie<br />
- Beckwith-Wiedemann-Syndrom → Väterliche Disomie, begrenzt auf das Segment 11p15 des kurzen Arms.<br />
Exomphalos, Makroglossie, Gigantismus<br />
Fragen zur Thematik anhand eines Fallbeispiels:<br />
Frage 1:<br />
Eine 33-jährige Nulligravida stellt sich in Ihrer Sprechstunde mit seit einem Jahr bestehendem Kinderwunsch vor. Ihr<br />
Ehemann ist 34 Jahre alt und hat ebenfalls keine Kinder.<br />
Bisher sei weder bei Ihr noch beim Partner eine Diagnostik durchgeführt worden. Die Patientin ist von Beruf Sekretärin,<br />
normalgewichtig und immer gesund gewesen. Auch beim Ehemann sind keine Vorerkrankungen bekannt. Welche<br />
Maßnahmen ergreifen Sie?<br />
Frage 2:<br />
Auf genaueres Nachfragen gibt die Patientin an, vor Jahren mittels Spirale verhütet zu haben, die nach einem Jahr bei<br />
anhaltenden Unterbauchschmerzen und Schmierblutungen entfernt wurde. Sie mußte über zwei Wochen Antibiotika<br />
einnehmen. Wie gehen Sie weiter vor? Was würden Sie weiter abklären?<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>6
Assistierte Reproduktion<br />
Gynäkologie<br />
Frage 3:<br />
Die Patientin zeigt ein unauffälliges Zyklusmonitoring, im außerhalb durchgeführten Spermiogramm des Mannes findet sich<br />
eine Normozoospermie. Die Laparoskopie zeigt, dass die Tuben beidseits nicht durchgängig sind.<br />
Was raten Sie dem Paar zur Erfüllung Ihres Kinderwunsches?<br />
Frage 4:<br />
In der Laparoskopie hat sich nun eine Tube als verschlossen, die andere als durchgängig herausgestellt.<br />
Bei Partner zeigt sich folgendes Spermiogramm: Spermatozoenzahl 14 Mio/ml, Motilität 25 %, schnell progressiv 15%,<br />
langsam progessiv 10 %, ortsbeweglich 25 %, unbeweglich 50 %, Morphologie <strong>12</strong> % normal. Welche Therapie empfehlen<br />
Sie dem Paar?<br />
Frage 5:<br />
In der Laparoskopie hat sich nun eine Tube als verschlossen, die andere als durchgängig herausgestellt. Es besteht eine<br />
Endometriose. Bei Partner zeigt sich folgendes Spermiogramm: Spermatozoenzahl 64 Mio/ml, Motilität 54 %, schnell<br />
progressiv 34%, langsam progessiv 20 %, ortsbeweglich 26 %, unbeweglich 20 %, Morphologie 35 % normal. Welche<br />
Therapie empfehlen Sie dem Paar?<br />
Seite <strong>12</strong>7<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
PCO-Syndrom<br />
25.01.<strong>12</strong> – Wildt<br />
4 Ursachen der Ovarialinsuffizienz werden unterschieden<br />
- Primäre<br />
- Hypothalamische<br />
- Hyperprolaktinämische<br />
- hyperandrogenämische<br />
PCO-Syndrom<br />
Polyzystisches Ovarsyndrom = Stein Leventhal-syndrom<br />
- Erstbeschreibung<br />
∙ 7 Patientinnen mit Oligo-Amenorrhoe, Hirsutismus, Adipositas,…<br />
NIH- Kriterien (1990)<br />
- Chronische Anovulation<br />
- Klinische und biochemische Zeichen des<br />
Hyperandrogenismus und Ausschluss anderer<br />
Ursachen<br />
Beide Kriterien müssen erfüllt Sein<br />
Rotterdam-Kriterien (2003)<br />
- Oligo- oder Anovulation e<br />
- Klinische und biochemische Zeichen des<br />
Hyperandrogenismus<br />
- Polycystische Ovarien (1) ><strong>12</strong> 2-9 mm, Volumen ><br />
10 ml<br />
2 von 3 Kriterien müssen erfüllt sein<br />
Übermaß an Androgen und FSH führt dazu, dass nicht die<br />
gesamte Menge an Androgenen in Östrogene umgewandelt<br />
werden kann → der überschüssige Anteil an Androgenen<br />
wirkt auf die Ovarien und führt zur Bildung eines<br />
„polyzystischen“ Ovars<br />
Diese Erkrankung hat keine Tendenz, sich zu normalisieren<br />
Thekazelle bildet unter dem Einfluss von LH Testosteron → dieses wird dann normalerweise aromatisiert zu Östrogen<br />
Die Hälfte des Testodsterons und Andrstendions kommt aus dem Ovar, die Hälfte aus der Nebenniere<br />
Testosteron wird in bestimmten Geweben (u.a. Gettgewebe) zu Östrogenen aromatisiert<br />
Wirkungen:<br />
- Gonadotropinsekretion<br />
- Spermatogenese<br />
- Stoffwechsel<br />
- Muskel<br />
- Kognition<br />
Klinische Folgen des Androgenüberschusses bei der Frau<br />
Androgenisierung (reversibel)<br />
Hirsutismus<br />
Alopezie<br />
Seborrhoe<br />
Akne<br />
Männliche Fettverteilung<br />
(Akanthosis nigricans)<br />
Virilisierung (irreversibel)<br />
Klitorishypertrophie<br />
Tiefe Stimme<br />
Männlicher Habitus<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>8
PCO-Syndrom<br />
Gynäkologie<br />
Hirsutismus<br />
Transformation des Haarfollikels<br />
Wirkung des 5a DHT<br />
- Körper: Vellusfollikel werden zu Terminalfollikeln umgewandelt → Hirsutismus<br />
- Kopf: Terminalfollikel in Vellusfollikel umgewandelt → Alopezie<br />
Bestimmung des Hirsutismus:<br />
- Empfindlichstes Gewebe: Areola → wird hier nur ein einziges Terminalhaar gefunden, ist das ein Hinweis auf<br />
Androgenüberproduktion<br />
Diagnostik<br />
Sonographie der Ovarien<br />
Labor<br />
- Polyzystisch oder polyfollikulär<br />
- Ev. auch vergrößerte Ovarien beidseits<br />
- Aber Ultraschall alleine nicht aussagekräftig genug<br />
- Testosteron bestimmen<br />
- Immer auch die Schilddrüsenfunktion bestimmen!<br />
- Freier Androgenindex kann berechnet werden: diskriminiert noch besser<br />
- Auch Prolaktin bestimmen<br />
∙ Meist erster Fehlschluss: Östrogene stimulieren die Prolaktin-Sekretion → Frauen mit einem PCO haben<br />
oft einen leicht erhöhten Prolaktin-Wert => das darf aber nicht als hyperprolatinämische<br />
Ovarialinsuffizienz fehlinterpretiert werden!<br />
Wichtigste diagnostische Parameter<br />
- LH > 10 mIU/ml 0.3<br />
- FSH < 5 mIUml 0.2<br />
- AMH > 5 ng/ml 0.9<br />
- LH/FSH > 1.0 0.9<br />
- Testosterone > 0.4ng/ml 0.8<br />
- Free Testosterone 0.6<br />
- Androstendione 0.7<br />
- SHBG < 4.5 μgDHT/dl 0.6<br />
- FAI: > 2.5 0.9<br />
- DHEAS > 3000 ng/ml 0.4<br />
Seite <strong>12</strong>9<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
PCO-Syndrom<br />
Ätiologie der Hyperandrogenämie und des PCO-S<br />
- Adrenal ovarielle Enzymdefekte<br />
- Insulin-Resistenz<br />
- Hormonproduzierende Tumoren<br />
- Ovarielle Rezeptordefecte (LH/FSH)<br />
- Androgen-Rezeptor: CAG- repeats<br />
- Schilddrüsenfunktionsstörungen<br />
- Anormale venöse Drainage des Ovars<br />
- Umweltfaktoren (3ß-HSD Inhibitoren)<br />
- Idiopathisch<br />
→ genaue Ätiologie aber ungeklärt<br />
Genetik<br />
Ergebnisse des ACTH-Tests:<br />
- Heterozygot: 18%<br />
- Erwartet: 2 %<br />
- Late Onset AGS: 1.1 %<br />
Molekulargenetik<br />
- Molekulargenetik zum Ausschluss eines heterozygoten oder homozygotes late onset AGS nur bei<br />
- 1. auffälligem ACTH- Test<br />
- 2. positver Familienanamnese<br />
Pathogenese von Insulinresistenz und Hyperandrogenämie beim PCO<br />
Bestimmung der Insulinresistenz<br />
- Glucosetoleranztest<br />
- Glucoseverlauf normal, aber IGF zeigt einen pathologischen Verlauf<br />
- Erhöhtes Risiko einen Typ II Diabetes zu entwickeln<br />
∙ Etwa 50% der Menschen haben eine Insulinresistenz (Frauen im Alter von 20-30)<br />
- Nicht immer muss ein glucosetoleranztest gemacht werden:<br />
∙ Meist ausreichend, wenn basale Insulin und Glucosewerte gemessen werden und der HOMA-Index<br />
berechnet wird<br />
Diagnostik:<br />
1. Klinische Untersuchung und Dokumentation<br />
2. Sonographie der Ovarien<br />
3. Hormonbasisdiagnostik: LH, FSH, Prolaktin, Testosteron, SHBG, FAI, DHEAS,AMH, SD Hormone<br />
a. basales Insulin + Glucose (HOMA-Index)<br />
4. Funktionsdiagnostik: oGTT, ACTH- Test, Tagesprofil<br />
5. Bei Verdacht: Molekulargenetik, Organvenenkatheter<br />
Therapie beim PCOS<br />
- Kein Kinderwunsch -<br />
1. OC mit antiandrogener Gestagenkomponente (Cyproteromacetat, Drospirenon, Chlormadinonacetat, Dienogest)<br />
2. Antiandrogene Therapie (CPA, Spironolacton, Fugerel)<br />
3. Enzymblocker (Ketoconazol, Metformin)<br />
4. Lokale Therapie (Progesteron, 17alpha-E2)<br />
5. Epilation, Laser<br />
Therapie mindestens über 6 Monate → danach sollte die Behandlung nicht einfach abgesetzt werden, am besten setzt man<br />
die Therapie bis zum Kinderwunsch fort<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 130
PCO-Syndrom<br />
Gynäkologie<br />
- Kinderwunsch -<br />
1. OC + Prednisolon (medikamentöse Keileresektion)<br />
– Anschließend an die OC Therapie ist ein großer Anteil der Zyklen ovulatorisch<br />
2. Clomiphen<br />
3. Metformin<br />
4. Low-dose Stimulation<br />
5. Assistierte Reproduktion<br />
6. Ovarian Drilling (?)<br />
– Gefahr der Zerstörung der Follikel → ev. iatrogene verfrühte Menopause<br />
Ovulationsauslösung mit Gonadotropinen bei Frauen mit PCO<br />
- Risiken: Steile Dosis-Wirkungs-Kurve<br />
- Risiko des Überstimulationssyndroms: lebensbedrohlich, Hämokonzentration<br />
- Risiko der Mehrlingsschwangerschaft bei bis zu 30%<br />
Behandlung mit Metformin deutlich schlechter als Clomiphen (bezüglich Lebendgeburtenrate) → daher heute Mehrheit der<br />
Therapien mit Clomiphen<br />
Consensus 2008<br />
- The LBR with CC monotherapy is superior to that with MET monotherapy; there is no evidence that combination<br />
therapy is superior to CC alone<br />
- No evidence to support the use of MET during pregnancy to prevent spontaneous abortions or GDM.<br />
Denken Sie immer an die Schilddrüsenfunktion!!!<br />
- Alle Schilddrüsendysfunktionen können zu Sterilität und Abortneigung führen !!!<br />
- Einstellen des basalen TSH in den Normalbereich (0.4 – 2 mIU/l)<br />
Differentialdiagnose der Ovarialinsuffizienz<br />
Frage: wann soll die Blutprobe entnommen werden?<br />
- Bei Oligomenorrhoe möglichst früh im Zyklus<br />
- Bei Amenorrhoe egal wann<br />
- Tageszeit spielt keine Rolle<br />
Seite 131<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
Gynäkologie<br />
PCO-Syndrom<br />
Innerhalb eines Monats kann eine komplette Diagnostik bei Kinderwunsch durchgeführt werden<br />
Hormonuntersuchung<br />
vor HRT<br />
- Bestimmung von FSH (AMH) und E2 zur Ermittlung des Menopausestatus<br />
∙ ist nicht erforderlich<br />
vor Kontrazeption<br />
- Hormonbasisdiagnostik und weiterführende Diagnostik vor Kontrazeption<br />
∙ ist nur bei klinischem Verdacht (Hyperandrogenämie, Zyklusstörung) erforderlich<br />
- Thrombophilie-Screening:<br />
∙ nur bei positiver Anamnese<br />
Fazit für die Praxis: Checkliste Thrombosersisiko II<br />
- Anamnestische /aktuelle Risikofaktoren<br />
∙ fortgeschrittenes Alter<br />
∙ Rauchen<br />
∙ positive FA für venöse oder arterielle Thromboembolien<br />
- oder<br />
∙ Thrombophilie bei einem Geschwister oder einem Elternteil<br />
∙ Adipositas (BMI >30 kg/m²)<br />
∙ Störungen des Fettstoffwechsels (Dyslipoproteinämie)<br />
∙ Hypertonie<br />
∙ Migräne mit Aura<br />
∙ Herzklappenerkrankungen<br />
∙ Vorhofflimmern<br />
∙ längerfristige Immobilisierung, größere chirurgische Eingriffe,<br />
∙ schwere Verletzungen, Eingriffe/Frakturen untere Extremität<br />
Erkrankungen mit ungünstigen Zirkulationsverhältnissen<br />
- Diabetes mellitus<br />
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE)<br />
- Antiphospholipidsnydrom<br />
- Migräne<br />
- hämolytisch-urämisches Syndrom<br />
- chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)<br />
- Sichelzellenanämie<br />
- Thrombophiliescreening bei Risikofaktoren -<br />
- APC- Resistenz, Faktor V- Leiden – Mutation<br />
- Protein S, Protein C, Antithrombin II<br />
- Antiphospholipid-Antikörper (bei verlängerter PTT oder bel. Anamnese: Lupus Antikoagulans, ß2<br />
Glykoproteinantikörper, Cardiolipin AK)<br />
- Prothrombin-Mutation G 20210 A<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 132
PCO-Syndrom<br />
Gynäkologie<br />
- MTHFR- Mutation, Homocystein<br />
- Faktor VIII Aktivität<br />
Wo brauchen wir rationelle Diagnostik ?<br />
- Abklärung von Zyklusstörungen und Ovarialinsuffizienz<br />
- Abklärung bei Kinderwunsch<br />
- Abklärung vor Kontrazeption<br />
- Abklärung bei zyklusabhängigen Erkrankungen<br />
Seite 133<br />
<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>