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Gynäkologie Verena Kaiser Wintersemester 2011/12 - anthropia

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Medizinische Universität Innsbruck<br />

Gynäkologie<br />

Modul 3.13<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong><br />

<strong>Wintersemester</strong> <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Gynäkologie<br />

Inhaltsverzeichnis:<br />

Sectio ................................................................................................................................................................................. 1<br />

Historischer Rückblick ................................................................................................................................................................................... 1<br />

Entwicklung der mütterlichen Sectiomortalität ............................................................................................................................................ 1<br />

Wertewandel in der Indikationsstellung ....................................................................................................................................................... 2<br />

Einflussfaktoren auf die Sectiofrequenz ........................................................................................................................................................ 2<br />

Spezifische Sectio-Indikationen ..................................................................................................................................................................... 3<br />

Sectio Indikationen ....................................................................................................................................................................................... 3<br />

Protrahierter Geburtsverlauf ........................................................................................................................................................................ 4<br />

Beckenendlage .............................................................................................................................................................................................. 5<br />

Drohende intrauterine Hypoxie .................................................................................................................................................................... 5<br />

Wunschsectio ................................................................................................................................................................................................ 5<br />

Vakuum-Geburt ................................................................................................................................................................. 6<br />

Konzept des Kiwi-Vakuums: .......................................................................................................................................................................... 6<br />

Komplikationen ............................................................................................................................................................................................. 8<br />

Fazit: ............................................................................................................................................................................................................. 8<br />

Schulterdystokie ................................................................................................................................................................ 9<br />

Geburtsmechanik bei I HHL ........................................................................................................................................................................... 9<br />

Hoher Schultergeradstand: ........................................................................................................................................................................... 9<br />

Tiefer Schulterquerstand: ........................................................................................................................................................................... 10<br />

Differentialdiagnosen:................................................................................................................................................................................. 10<br />

Neonatale Komplikationen (ca. 30%): ......................................................................................................................................................... 10<br />

Maternale Komplikationen ......................................................................................................................................................................... 10<br />

Risikofaktoren für das Auftreten ................................................................................................................................................................. 10<br />

Vorgehen bei Schulterdystokie ................................................................................................................................................................... 11<br />

Zusammenfassung Schulterdystokie ........................................................................................................................................................... <strong>12</strong><br />

Beckenendlage ................................................................................................................................................................ <strong>12</strong><br />

Häufigkeit .................................................................................................................................................................................................... <strong>12</strong><br />

Ursachen ..................................................................................................................................................................................................... <strong>12</strong><br />

Reifes Kind .................................................................................................................................................................................................. 13<br />

Formen der Beckenendlage ........................................................................................................................................................................ 14<br />

Manualhilfe nach Bracht ............................................................................................................................................................................. 14<br />

Armlösungen ............................................................................................................................................................................................... 14<br />

Manuelle Extraktion .................................................................................................................................................................................... 15<br />

Äußere Wendung ........................................................................................................................................................................................ 15<br />

Mütterliche Erkrankungen in der Schwangerschaft .......................................................................................................... 16<br />

Allgemein .................................................................................................................................................................................................... 16<br />

Körperliche Veränderungen in der Schwangerschaft .................................................................................................................................. 16<br />

Hyperemesis gravidarum ............................................................................................................................................................................ 17<br />

Anämie in der Schwangerschaft .................................................................................................................................................................. 19<br />

Thromboembolie ........................................................................................................................................................................................ 19<br />

Gastroösophageale Refluxkrankheit ........................................................................................................................................................... 20<br />

Niere und ableitende Harnwege ................................................................................................................................................................. 20<br />

Erkrankungen der Leber .............................................................................................................................................................................. 21<br />

Herzerkrankungen ...................................................................................................................................................................................... 21<br />

DD: Akutes Abdomen in der Schwangerschaft ............................................................................................................................................ 22<br />

Unfallverletzungen in der Schwangerschaft ................................................................................................................................................ 23<br />

Diabetes in grav. (VL vom 19.10.) ..................................................................................................................................... 24<br />

Formen des Diabetes .................................................................................................................................................................................. 24<br />

Häufigkeit .................................................................................................................................................................................................... 24<br />

Risikofaktoren ............................................................................................................................................................................................. 24<br />

Definition .................................................................................................................................................................................................... 25<br />

Formen ........................................................................................................................................................................................................ 25<br />

Folgen (der Fetopathie) .............................................................................................................................................................................. 25<br />

Differentialdiagnosen.................................................................................................................................................................................. 25<br />

Pathogenese ............................................................................................................................................................................................... 25<br />

SONO .......................................................................................................................................................................................................... 26<br />

Polyhydramnion .......................................................................................................................................................................................... 26<br />

Maternale Risiken ....................................................................................................................................................................................... 27<br />

Screening – oGTT ........................................................................................................................................................................................ 27<br />

Überwachung der Schwangeren ................................................................................................................................................................. 27<br />

Einstellung des Zuckers ............................................................................................................................................................................... 27<br />

Therapie ...................................................................................................................................................................................................... 28<br />

Peripartale Überwachung ........................................................................................................................................................................... 28<br />

Fetales Wachstum und NT-Messung ................................................................................................................................ 28<br />

Stadien der pränatalen Entwicklung ........................................................................................................................................................... 28<br />

Kritische Phase für spezifische Organ - FB ................................................................................................................................................... 30<br />

Diagnostik im 1. Trimenon (SSW 1-<strong>12</strong>) ........................................................................................................................................................ 30<br />

NT-Messung (SSW 11-14!!!) ........................................................................................................................................................................ 30<br />

Seite i<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Diagnostik im 2. + 3. Trimenon (> SSW 13) ................................................................................................................................................. 34<br />

Mehrlinge ........................................................................................................................................................................ 36<br />

Entstehung .................................................................................................................................................................................................. 36<br />

Epidemiologie ............................................................................................................................................................................................. 37<br />

Diagnostik ................................................................................................................................................................................................... 38<br />

Monozygote Zwillingsschwangerschaft....................................................................................................................................................... 38<br />

Komplikationen ........................................................................................................................................................................................... 39<br />

Monoamniale Gemini ................................................................................................................................................................................. 40<br />

Monochoriale Gemini ................................................................................................................................................................................. 41<br />

Zwillingstransfusionssyndrom ..................................................................................................................................................................... 41<br />

TTTS (Twin to Twin Transfusion Syndrome) ................................................................................................................................................ 41<br />

TAPS (Twin - Anemia - Polycythemia - Sequence) ....................................................................................................................................... 42<br />

TRAP (Twin Reversed Arterial Perfusion Sequence) .................................................................................................................................... 43<br />

Conjoined Twins (siamesische Zwillinge) .................................................................................................................................................... 44<br />

SIUGR (selektive intrauterine Wachstumsretardierung) ............................................................................................................................. 44<br />

sIUFD ........................................................................................................................................................................................................... 44<br />

Mütterliche Komplikationen ....................................................................................................................................................................... 45<br />

Betreuung ................................................................................................................................................................................................... 45<br />

Entbindung .................................................................................................................................................................................................. 45<br />

Frühgeburt - Tokolyse - Lungenreife ................................................................................................................................. 47<br />

Definition: ................................................................................................................................................................................................... 47<br />

Diagnose ..................................................................................................................................................................................................... 47<br />

Epidemiologie ............................................................................................................................................................................................. 48<br />

Ursachen: .................................................................................................................................................................................................... 48<br />

Risikofaktoren ............................................................................................................................................................................................. 48<br />

Therapie ...................................................................................................................................................................................................... 49<br />

Lungenreife ................................................................................................................................................................................................. 50<br />

Tokolyse ...................................................................................................................................................................................................... 51<br />

Geburt ......................................................................................................................................................................................................... 53<br />

Rhesus-Inkompatibilität ................................................................................................................................................... 54<br />

Entwicklung des fetalen Blutes: .................................................................................................................................................................. 54<br />

Feto-maternaler und materno-fetaler Transport von Erythrozyten ............................................................................................................ 54<br />

Rhesus Sensibilisierung ............................................................................................................................................................................... 54<br />

Rhesus Faktor .............................................................................................................................................................................................. 55<br />

Fetomaternale Transfusion im klinischen Alltag ......................................................................................................................................... 56<br />

Kleihauer Test ............................................................................................................................................................................................. 57<br />

Praktisches Vorgehen.................................................................................................................................................................................. 58<br />

Differentialdiagnose Hydrops universalis congenitus ................................................................................................................................. 59<br />

Parvovirus B 19 ........................................................................................................................................................................................... 59<br />

CTG, MBU, Doppler-US .................................................................................................................................................... 61<br />

CTG (CardioTokoGramm): ........................................................................................................................................................................... 61<br />

Fetale Blutgasanalyse (FBA) ........................................................................................................................................................................ 67<br />

HES und HELLP ................................................................................................................................................................. 69<br />

Definition .................................................................................................................................................................................................... 69<br />

Bedeutung................................................................................................................................................................................................... 69<br />

Ätiologie und Pathogenese ......................................................................................................................................................................... 70<br />

Hypotonie ................................................................................................................................................................................................... 73<br />

Vorbestehende Hypertonie ......................................................................................................................................................................... 73<br />

Präeklampsie ............................................................................................................................................................................................... 74<br />

HELLP Syndrom ........................................................................................................................................................................................... 76<br />

Eklampsie .................................................................................................................................................................................................... 78<br />

Postpartale Beratung .................................................................................................................................................................................. 79<br />

Prophylaxe .................................................................................................................................................................................................. 79<br />

Spätmorbidität ............................................................................................................................................................................................ 80<br />

Fallvorstellung A.......................................................................................................................................................................................... 80<br />

Fallvorstellung B .......................................................................................................................................................................................... 80<br />

Fallvorstellung C – Gutachten ..................................................................................................................................................................... 81<br />

Fallvorstellung D – Gutachten ..................................................................................................................................................................... 82<br />

Ernährung in der Schwangerschaft ............................................................................................................................................................. 83<br />

Nachgeburtsperiode und Wochenbett ............................................................................................................................. 84<br />

Pathologie der Plazentarperiode ................................................................................................................................................................ 84<br />

Leitung der Nachgeburtsperiode ................................................................................................................................................................ 84<br />

URSACHEN VON NACHGEBURTSBLUTUNGEN ............................................................................................................................................. 85<br />

Antibiose ..................................................................................................................................................................................................... 86<br />

Atonische Nachblutung ............................................................................................................................................................................... 87<br />

Partielle Plazentaretention ......................................................................................................................................................................... 89<br />

Placenta adhaerens ..................................................................................................................................................................................... 89<br />

Placenta incarcerata ................................................................................................................................................................................... 89<br />

Placenta acreta, increta oder percreta ........................................................................................................................................................ 89<br />

Postpartale Blutung – Risikofaktoren .......................................................................................................................................................... 90<br />

Koagulopathien ........................................................................................................................................................................................... 90<br />

Ursachen, Differentialdiagnose und Therapie der frühen postpartalen Blutungen nach Ausstoßung der Plazenta ................................... 91<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong><br />

Seite ii


Inhaltsverzeichnis<br />

Gynäkologie<br />

Wochenbett (Puerperium): ......................................................................................................................................................................... 92<br />

Menstruation und Ovulation nach der Entbindung..................................................................................................................................... 94<br />

Häufige Beschwerden 18 Monate nach der Geburt .................................................................................................................................... 94<br />

Thrombose, Thrombophlebitis und Embolie ............................................................................................................................................... 95<br />

Anästhesie in der Geburtshilfe ......................................................................................................................................... 96<br />

Geschichte .................................................................................................................................................................................................. 96<br />

Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft ............................................................................................................................. 96<br />

Geburtserlebnis der Frau ............................................................................................................................................................................ 97<br />

Schmerztherapie während Geburt .............................................................................................................................................................. 99<br />

Periduralanalgesie....................................................................................................................................................................................... 99<br />

Regionalanästhesie und Sectio ................................................................................................................................................................. 100<br />

Lungenfunktion und Spinalanästhesie ...................................................................................................................................................... 102<br />

Aorto-Cavales Syndrom ............................................................................................................................................................................ 102<br />

Uteriner Blutfluss (BF) ............................................................................................................................................................................... 103<br />

Notsectio ................................................................................................................................................................................................... 103<br />

Atemweg ................................................................................................................................................................................................... 103<br />

Algorithmus .............................................................................................................................................................................................. 103<br />

Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft ........................................................................................................... 104<br />

Endokrinologie in der Schwangerschaft .................................................................................................................................................... 104<br />

Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft ..................................................................................................................................... 104<br />

Schilddrüse und Schwangerschaft ............................................................................................................................................................. 104<br />

Hypothyreose und Schwangerschaft......................................................................................................................................................... 106<br />

Hyperthyreose in der Schwangerschaft .................................................................................................................................................... 106<br />

Schilddrüse und Schwangerschaft - Zusammenfassung - .......................................................................................................................... 108<br />

Schwangerschaft und AGS ........................................................................................................................................................................ 108<br />

Prolaktinome in der Schwangerschaft ...................................................................................................................................................... 111<br />

Duales System der Regulation der Serumosmolalität bzw. Natriumkonzentration .................................................................................. 113<br />

Maximale Kontrazeption durch Stillen - Beginn der Empfängnisverhütung- ............................................................................................. 114<br />

Cushing-Syndrom in der Schwangerschaft ................................................................................................................................................ 114<br />

Phäochromozytom in der Schwangerschaft .............................................................................................................................................. 115<br />

Hirsutismus und Virilisierung in der Schwangerschaft .............................................................................................................................. 115<br />

Hypoparathyreoidismus in der Schwangerschaft ...................................................................................................................................... 115<br />

Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin .......................................................................................... 117<br />

Probleme in der Praxis .............................................................................................................................................................................. 117<br />

Rationelle Diagnostik bei Zyklusstörungen ............................................................................................................................................... 117<br />

Ovarialinsuffizienz ..................................................................................................................................................................................... 118<br />

Assistierte Reproduktion ............................................................................................................................................... <strong>12</strong>3<br />

Hintergründe der Sterilität: ....................................................................................................................................................................... <strong>12</strong>3<br />

Ursachen für Sterilität: .............................................................................................................................................................................. <strong>12</strong>3<br />

Methoden der Assistierten Reproduktion: ................................................................................................................................................ <strong>12</strong>5<br />

Risiken der Assistierten Reproduktion: ..................................................................................................................................................... <strong>12</strong>6<br />

Fragen zur Thematik anhand eines Fallbeispiels: ...................................................................................................................................... <strong>12</strong>6<br />

PCO-Syndrom ................................................................................................................................................................ <strong>12</strong>8<br />

Polyzystisches Ovarsyndrom = Stein Leventhal-syndrom.......................................................................................................................... <strong>12</strong>8<br />

Klinische Folgen des Androgenüberschusses bei der Frau ........................................................................................................................ <strong>12</strong>8<br />

Hirsutismus ............................................................................................................................................................................................... <strong>12</strong>9<br />

Diagnostik ................................................................................................................................................................................................. <strong>12</strong>9<br />

Ätiologie der Hyperandrogenämie und des PCO-S .................................................................................................................................... 130<br />

Genetik...................................................................................................................................................................................................... 130<br />

Pathogenese von Insulinresistenz und Hyperandrogenämie beim PCO .................................................................................................... 130<br />

Diagnostik: ................................................................................................................................................................................................ 130<br />

Therapie beim PCOS.................................................................................................................................................................................. 130<br />

Differentialdiagnose der Ovarialinsuffizienz ............................................................................................................................................. 131<br />

Hormonuntersuchung ............................................................................................................................................................................... 132<br />

Wo brauchen wir rationelle Diagnostik ? .................................................................................................................................................. 133<br />

Seite iii<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Sectio und Vakuum<br />

Gynäkologie<br />

05.10.11 – Concin<br />

Sectio<br />

Historischer Rückblick<br />

Griechische Mythologie<br />

Apollo schnitt seinen Sohn Asklepios aus dem Körper seiner toten Mutter Koronis, die er vorher im Zorn getötet hatte<br />

römisches Gesetz<br />

Herleitung des Namens durch ein römisches Gesetz, die Lex regia oder lex caesarea<br />

caedere = herausschneiden<br />

An der im Sterben liegenden Frau darf durch einen Arzt ein <strong>Kaiser</strong>schnitt durchgeführt werden, um das Kind getrennt<br />

beerdigen zu können<br />

Gajus Julius Caesar (100 - 44 v. Ch) soll nach Angaben des römischen Schriftstellers Plinius die erste Person sein, die per<br />

<strong>Kaiser</strong>schnitt zur Welt gekommen ist. Das Gesetz war der Legende nach Namensgeber für Caesar.<br />

Section in mortui<br />

Im Mittelalter aus der römischen Lex Regia übernommene Vorschrift: eine Schwangere darf nicht mit dem Kind im Leib<br />

beerdigt werden<br />

Christliches Konzil von Köln <strong>12</strong>80 verpflichtet zur Taufe des Kindes<br />

Sectio an der lebenden Frau<br />

Erste verlässliche Berichte aus dem 16. und 17. Jahrhundert: nur selten Rettung der Mutter oder des Kindes<br />

- Nicolas Guillet (F, 1550)<br />

- Cristophores Bainus (I, 1540)<br />

- Scipione Mercurio (I, 1596)<br />

- Trautmann von Wittemberg (D, 1610)<br />

- Sonnius (B, 1640)<br />

" Enfantement césarien "<br />

François Rousset veröffentlichte die erste Beschreibung des <strong>Kaiser</strong>schnittes, Avignon 1581<br />

- Entleerung der Blase vor der Operation<br />

- Paramediane Inzision links oder rechts<br />

- erst spitze, dann stumpfe Messer, um das Kind nicht zu verletzen<br />

- Keinesfalls den Uterus vernähen, da dieser sich von selbst verschließt<br />

- Drainage des Uterus mit einem Pessarium aus Wachs<br />

- Verschluss der Bauchwand<br />

Historischer Rückblick: Zusammenfassung<br />

- Bis Ende des 19. Jahrhunderts<br />

∙ Notmaßnahme zur Rettung der Mutter<br />

∙ stets eine tödliche Bedrohung für Mutter und Kind<br />

- Bis ca 1850<br />

∙ Mortalität der Mutter 60-100%<br />

∙ Hauptgründe: Peritonitis, Endometritis<br />

Entwicklung der mütterlichen Sectiomortalität<br />

Senkung der mütterlichen Sectiomortalität<br />

- 1882<br />

∙ man beginnt die Uterotomie zu nähen<br />

∙ Max Sänger (1853-1903) und Adolf Kehrer (1837-1914)<br />

Verbesserung der Allgemein-Anästhesie<br />

- ab etwa 1950 in Europa:<br />

∙ Verfügbarkeit von Blut und Blutersatzmitteln<br />

∙ Verständnis von gerinnungsphysiologischen Problemen<br />

∙ Einsatz von Antibiotika<br />

Seite 1<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Sectio und Vakuum<br />

Sectiomortalität 1990<br />

- Sectiomortalität der Mutter: 30 auf 100 000 (in Mitteleuropa)<br />

- elektiver Sectio caesarea: 3 auf 100 000<br />

Mütterliche Sectio-Mortalität: Zusammenfassung<br />

Dramatische Senkung!<br />

Bis ca 1850:<br />

- Mortalität der Mutter bei 60-100 %<br />

1990 in Mitteleuropa:<br />

- 0.03-0.04 %<br />

- Elektive Sectio 0.003%<br />

Wertewandel in der Indikationsstellung<br />

Innerhalb von etwas mehr als 100 Jahren ist eine dramatische, fast immer für Mutter und Kind tödliche Geburtsmethode<br />

zum Normalfall geworden!<br />

Klassische Geburtshilfe vom Bewusstsein der hohen geburtshilflichen Kunst der vaginal-operativen Entbindung (Vakuum-/<br />

Zangengeburt) geprägt.<br />

Bis in die 50er Jahre: Vaginal-operativer Weg bis zur letzten Konsequenz<br />

Güterabwägung:<br />

- Sectio: maternales Mortalitätsrisiko<br />

- Vaginal-operative Entbindung: maternales und fetales Morbiditätsrisiko<br />

Heute: Entscheidung zunehmend in Richtung abdomiellem Entbindungsweg<br />

Risiko-Geburt<br />

Relatives Risikodenken: Sectio vs. vaginale operative Entbindung<br />

zB: Beckenendlage: seit den 80er Jahren grundsätzlich primäre Sectio<br />

Zwillingsschwangerschaften<br />

Vaginal-operative Verfahren werden bei Schädellagen auf den Beckenausgang reduziert<br />

Fortschritte der Perinatalmedizin mir drastisch verbesserten Chancen auch für das extrem kleine Frühgeborene<br />

- Bis Mitte des 20. Jhdts: Sectio als Notmaßnahme zur Rettung der Mutter (erst in 2. Linie des ausschließlich reifen<br />

Kindes)<br />

- Heute: Einsatz der Section zu Gunsten des extrem kleinen Kindes<br />

Einflussfaktoren auf die Sectiofrequenz<br />

Klinische und arztabhängige Faktoren:<br />

- Ultraschallfetometrie (sehr große Kinder werden erkannt)<br />

∙ 4000g Schätzgewicht die Sectio diskutieren<br />

∙ 4500g primäre Sectio<br />

- CTG Überwachung (ohne Mikroblutuntersuchung)<br />

- Mangelnde Erfahrung mit Entbindung von Beckenendlage/mit vaginal-operativen Entbindungen aus Beckenmitte<br />

- Furcht der Geburtshelfer vor Kunstfehlern (Zunahme der Haftpflichtfälle)<br />

- Planbarkeit (bei fetalen Fehlbildungen)<br />

- Zunahme der Mehrlingsschwangerschaften<br />

- Verbesserte Chancen des unreifen Neonaten<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 2


Sectio und Vakuum<br />

Gynäkologie<br />

Patientenabhängige Faktoren<br />

- sozioökonomische Faktoren: ist die Sektiofrequenz bei Privatpatientinnen in bestimmten Ländern signifikant<br />

höher<br />

- Höheres Gebäralter<br />

- Hohes Anspruchsniveau, Wunsch nach Perfektion und Planbarkeit<br />

- Belastungsintoleranz in den letzten Schwangerschaftswochen<br />

- Geringe Belastungstoleranz der Gebärenden und ihres Partners unter der Geburt<br />

- Komfortdenken und Lebensqualität auch unter der Geburt<br />

- Verzicht auf den natürlichen Geburtsvorgang zu Gunsten eines intakten Beckenbodens<br />

- Traumatische spontane Erstgeburt<br />

- Zufriedenheit nach erster Geburt mit Sectio<br />

Sectiofrequenz: Zusammenfassung<br />

Starker Anstieg!<br />

Bis 1960 in Mitteleuropa: Sectioraten selten über 3-5 %<br />

Heute in Mitteleuropa: bei 25 %, Klinik Innsbruck 2004: 34%<br />

Spezifische Sectio-Indikationen<br />

Primäre Sectio:<br />

Es stand schon von Anfang an fest, dass die Geburt per Sectionem stattfinden sollte, man plant sie vor Eintritt von<br />

Wehen/Blasensprung<br />

Sekundäre Sectio:<br />

Die “intention to give birth” war vaginal, während der begonnen Vaginalgeburt, also nach Blasensprung und/oder Wehen,<br />

fiel die Entscheidung zur Sectio<br />

Sectio am Termin: Uterotomie im unteren Uterinsegment (quer inzidiert) - wenig vaskularisiert, geringe<br />

Blutung<br />

Uterotomienaht: Einzelknopf oder fortlaufend, Darstellung der unteren Wundlefze mit Klemmen<br />

De Lee:<br />

Mediane Uterotomie ausschließlich bei Sectio vor der 32 SSW, besonders bei vorzeitigem Blasensprung (Kind kann<br />

schonender entwickelt werden)<br />

Technik nach Hillemans<br />

bei sehr kleinen Frühgeborenen vor der 29 SSW<br />

Mediane Uterotomie bis in den Fundus<br />

Entwicklung so sanft wie möglich, vor allem des kindlichen Kopfes<br />

Außerhalb der Fruchtblase bleiben!!<br />

Versuch, das Kind mit Fruchtblase und Plazenta zu entwickeln<br />

Das Neugeborene wird aus seiner Glückshaube befreit<br />

die mediane Uterotomie wird mit durchgreifenden Einzelknopfnähten versorgt<br />

Sectio Indikationen<br />

Seite 3<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Sectio und Vakuum<br />

Häufigste Indikationen<br />

- In westlichen europäischen Industriestaaten und USA‡<br />

∙ Status post Sectio<br />

∙ Protrahierter Geburtsverlauf<br />

∙ Beckenendlage<br />

∙ drohende intrauterine Hypoxie<br />

Zustand nach Sectio<br />

Früher: “Once a cesarean, always a cesarean” (1916)<br />

Grund: hohe Rate an Uterusrupturen nach klassischer vertikaler Uterusincison<br />

Studie 1978: Sichere Spontangeburt in 83% der Frauen mit vorheriger Sectio<br />

→ Anstieg der Rate an Spontangeburten nach <strong>Kaiser</strong>schnitt<br />

Risiko einer Uterusruptur nach transisthmischer Uterotomie: St p 1x Sectio 0.006-2%<br />

Art der vorangegangenen uterinen Incision entscheidend für das Rupturrisiko!<br />

!!! nach einer queren isthmischen Uterotomie ist das Risiko einer Ruptur sehr gering !!!<br />

Absolute Kontraindikationen:<br />

- Uteriner Längsschnitt<br />

- Status post Narbendehiszenz bzw. Ruptur<br />

- Fortbestehen der Indikation für die vorausgegangene Sectio<br />

- Schädel-Becken Missverhältnis<br />

Relative Kontraindikationen:<br />

- Gemini<br />

- BEL<br />

- Verdacht auf Makrosomie<br />

Aktueller Trend<br />

- Rate an Spontangeburten nach Sectio in USA von 1996-2002 um 55% gesunken!<br />

- Massiver Rückgang der versuchten Spontangeburt nach Sectio um 39% von 1998-2002 (von 58.7 auf 35.75)<br />

- bei gleichbleibender Erfolgsrate der versuchten Spontangeburt<br />

- Starke Rückgang an Spontangeburten nach Sectio dadurch beding, dass immer seltener eine Spontangeburt nach<br />

Sectio angestrebten wird.<br />

Zustand nach Sectio: Zusammenfassung<br />

- Fatale Uterusruptur-Verläufe nach querer isthmischer Uterotomie sind selten!<br />

- keine medizinische Begründung für die grundsätzliche elektive Sectio<br />

- der Trend geht stark in die Richtung RE-Sectio nach Sectio<br />

Beurteilung ob ein Versuch einer Vaginalgeburt in Angriff genommen werden sollte<br />

- je früher in der Schwangerschaft die vorherige Sectio war<br />

- je höher hinauf Richtung Fundus geschnitten werden musste<br />

- umso höher die Wahrscheinlichkeit einer Uterusruptur - bereits vor Beginn der richtigen Wehen<br />

- Je normaler die vorherige Sectio war...<br />

∙ T-8 (8 Tage vor Geburtstermin), unproblematische „hofratische“ Sectio am wehenlosen Uterus....<br />

- desto eher kann ein Versuch einer Vaginalgeburt in Angriff genommen werden<br />

Protrahierter Geburtsverlauf<br />

Heterogene Gruppe von Indikationen<br />

Verschiedene Indikationen unter diesem Überbegriff subsummiert:<br />

- Geburtsstillstand in der Eröffnungsphase<br />

- Geburtsstillstand in der Austreibungsperiode<br />

- Fehlender Geburtsfortschritt<br />

- Kopf-Becken-Missverhältnis<br />

∙ bei verengten Beckenmassen<br />

∙ bei Einstellungsanomalien<br />

∙ bei hohem Geburtsgewicht<br />

- Weichteildystokie<br />

- Wehendystokie<br />

- Usw.<br />

Grenzwerte in der Literatur variieren erheblich!<br />

Keine allgemein anerkannte Definition der protrahierten Geburt oder der einzelnen Geburtsabschnitte.<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 4


Sectio und Vakuum<br />

Gynäkologie<br />

Beckenendlage<br />

Im Aussterben begriffen: Die vaginale Becken-Endlagen-Geburt<br />

Beckenendlage:<br />

- Bis in die 60er Jahre international üblich, Beckenendlagen vaginal zu entbinden<br />

- seit den 80 er Jahren häufig grundsätzliche angewandte Sectio caesarea bei Beckenendlagen<br />

relatives Risikodenken<br />

- Risiken bei vaginaler Entbindung: Nabelschnurvorfall, Head entrapment (cerebrale Blutungen, neurologische<br />

Schäden), Uterusruptur bei schwieriger Kopfentwicklung, Zervixrisse<br />

Mangelnde Erfahrung mit der vaginalen Entbindung von Beckenendlagen → Auch Beckenendlagen mit sehr niedrigem<br />

Risiko werden teils via sectionem entbunden<br />

1997 wurden 85% aller Beckenendlagen mittels <strong>Kaiser</strong>schnitt entbunden<br />

Mitteleuropa heute bei 95% Sectiorate<br />

Drohende intrauterine Hypoxie<br />

Seit 1970 CTG Überwachung: Hoffnung durch zeitgerechte Sectio kindliche Schäden zu vermeiden<br />

Alleinige CTG Überwachung versus intermittierenden Auskultation der Herzfrequenz: Keine Reduktion des Risikos für<br />

zerebraler Schäden und keine Verbesserung des fetalen Outcome<br />

Niedrige Spezifität-> Anstieg der Sectiofrequenz<br />

Wunschsectio<br />

Definition<br />

- keine somatischen Störungen auf Seiten des Feten oder der Frau<br />

- keine psychologischen/psychiatrischen Veränderungen<br />

- keine anamnestischen Erfahrungskrisen<br />

- entspricht dem Bild einer selbstbestimmenden Patientin<br />

- nur nach ausführlicher, gut dokumentierter Aufklärung<br />

Der rasche Wandel in der Einschätzung der Wunschsectio<br />

1996 AG Medizinrecht der DGGG – „Gefälligkeitssectio ist unärztlich und eigentlich rechtswidrig“<br />

2001 AG Medizinrecht der DGGG - „Wo eine medizinische Indikation zur Sectio fehlt...darf der Geburtshelfer dem<br />

ernsthaften und nachdrücklichen Wunsch der Frau nach einer Schnittentbindung entsprechen“<br />

Mütterliches Mortalitätsrisiko:<br />

-> Letalität 1 auf 60 000 bei primärer Sectio<br />

-> entspricht jener der Spontangeburt<br />

Morbiditätsrisiko<br />

Kosten<br />

- anders geartete Morbiditätsrisiken<br />

- Beide mit subjektiven und objektiven Vor- und Nachteilen<br />

- Unterschiedliche Gewichtung der individuellen Frau<br />

- Unterschiedliche Gewichtung aus der Sicht des Arztes<br />

- Mütterliche Morbidität nach einer Sectio caesarea im Hinblick auf eine Folgeschwangerschaft muss bedacht<br />

werden<br />

- Vaginalgeburt (ohne Oxytocin, ohne PDA): 15% -20% kostengünstiger als elektive Sectio<br />

- Vaginalgeburt bei Nulliparae mit Oxytocin: gleiche Kosten wie für elektive Sectio<br />

- Vaginalgeburt bei Nulliparae mit Oxytocin und PDA: um 10% höhere Kosten als bei elektive Sectio<br />

- abgebrochene Vaginalgeburt: deutlich kostenintensiver als elektive Sectio<br />

Der Wunschkaiserschnitt hat nur eine geringe Auswirkung auf die Gesamtkosten in der Geburtshilfe<br />

“…perhaps the time has come when the risks, benefits and costs are so balanced between cesarean section and vaginal<br />

delivery that the deciding factor should simply be the mother’s preference for how her baby is to be delivered.”<br />

Seite 5<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Sectio und Vakuum<br />

Vakuum-Geburt<br />

Erste Anwendung des Vakuum in der Medizin: Schröpfgläser aus dem arabischen Mittelalter, bis heute in der<br />

Naturheilkunde verwendet<br />

James Young Simpson 1811-1870<br />

- Professor of Obstetrics, Edinburgh<br />

- führte 1848 nach Selbstversuchen das Chloroform zur geburtshilflichen Anästhesie ein<br />

- stellte 1849 einen „obstetric air tractor“ aus Messing und Leder vor<br />

- Simpson sucht Alternative zur Zange: „This metallic instrument (forceps) in being introduced between the<br />

maternal passages and head is apt to injure these passages and to ontuse and even lacerate them during their<br />

working³<br />

Prof.Tage Malmström, Göteburg (1911-1995)<br />

- Stellt 1953 das Vakuum mit Pump-Schlauch und Saugglocken verschiedener Größe vor<br />

1969 - 1976 Prof.Geoff Bird, Perth, entwickelt neue Designs → Ziel: mehr Zug-Kraft ausüben können<br />

Ab Ende der 1960iger Jahre war es technisch möglich, elastische Gummi- und Silikonstoffe zur Vakuumherstellung im<br />

Haushalt zu produzieren<br />

1970 T Kobayashi, Tokyo, entwickelt Silicon-Vacuum<br />

1984 Erik Uddenberg, Malmö, modifiziert es zur Silc-Cup<br />

1997 Aldo Vacca, Queensland, patentiert Kiwi-Vakuum<br />

Konzept des Kiwi-Vakuums:<br />

niedriges Malmström-Design<br />

statt der Zugkette und dem rigiden Stängel des Schlauches ein dünnes Plastikkabel für Vakuum und Zug<br />

dadurch maximale Beweglichkeit, damit Glocke nicht irgendwo an den Schädel angebracht werden muss, sondern gezielt<br />

an einen gewünschten Punkt manövriert wird<br />

Schaumstoff-Filter in der Glocke verhindert, dass der schmale Schlauch durch Vernixflocken verstopft wird<br />

1) Verpackung unter sterilen Kautelen öffnen, Arzt hat bereits Handschuhe an<br />

2) Vakuum-Check: Glocke auf die Handfläche legen und oberhalb des gelben Strichs ansaugen - mit Druck auf die<br />

andere Seite wieder loslassen<br />

3) Lagerung der Patientin<br />

a. Steinschnittlagerung mit Stützen<br />

b. Unterteil des Bettes weg<br />

c. Gesäß knapp über der Bettkante!<br />

d. Kiwi nicht im Bett anwenden!<br />

Spätestens jetzt noch einmal überlegen: passt die Indikation?<br />

- nach 36 SSW<br />

- Blase gesprungen<br />

- Muttermund vollständig<br />

- Schädel unterhalb der I-Linie (Interspinallinie – Kopf hat die engste Stelle passiert)<br />

- Kein Schädel-Becken Mißverhältnis<br />

- ginge es nicht auch ohne Vakuum?<br />

Kopf hat keine Geburtsgeschwulst und hat die I-Linie erreicht<br />

Kopf hat Geburtsgeschwulst, erst diese hat die I-Linie erreicht, größter Umfang des Kopfes I-Linie noch nicht<br />

überschritten!<br />

Regelrechte (vordere Hinterhauptslage)<br />

- Leitstelle - kleine Fontanelle<br />

- Drehpunkt - Nackenhaargrenze<br />

- Kopfaustrittsbewegung - reine Streckbewegung<br />

- Größtes Durchtrittsplanum - Pl.suboccipto-bregmat 32 cm<br />

Vacuum-Indikation:<br />

- fetaler Distress<br />

- mütterl Erschöpfung<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 6


Sectio und Vakuum<br />

Gynäkologie<br />

Vorderhauptslage<br />

- Deflexionslage - Rücken hinten<br />

- Große Fontanelle führt<br />

- Wesentlich langsamerer Geburtsverlauf (außer bei Frühgeburten)<br />

- Hauptgefahr: für mütterlichen Damm<br />

- Umfang Durchtrittsebene HiHHL (hintere Hinterhauptslage) 32 cm, VoHL 34 cm!!!!<br />

Richtiges Einbringen der Glocke<br />

Vaginal untersuchen<br />

- Muttermund vollständig<br />

- Blase gesprungen<br />

- Schädel Vakuum-gerecht (keine große Geburtsgeschwulst)<br />

- Vakuum nie auf Gesicht oder Ohr des Kindes anbringen!<br />

The very ease of use and apparent safety of the vacuum extractor make it a dangerous instrument in poorly trained<br />

hands<br />

4) die Handpumpe betätigen!<br />

a. Zuerst auf 200 mm Hg pumpen, sodass man den gelben Bereich nicht mehr sieht<br />

b. erneut die Lage testen<br />

5) Bei der ersten Wehe voll in den grünen Bereich pumpen!<br />

a. Bei der ersten richtigen Wehe nach Anlegen der Vakuumglocke<br />

b. mit ein paar Zügen auf 450 - 600 mm Hg pumpen, sodass der Stift gerade noch die grüne Zone anzeigt<br />

c. Bei Wehe in den grünen Bereich!<br />

i. Für effektives Vakuum:<br />

ii. 0,6 -0,8 kg/m2<br />

iii. 60 - 89 kPa<br />

iv. 450-60 mm Hg<br />

6) Ziehen!<br />

a. Mit der Zughand wehensynchronen Zug nach unten<br />

b. Beim Ziehen: mit dem Daumen der Nicht-Zughand auf der Vakuumglocke drücken um rechtzeitig<br />

Ablösung zu bemerken, Zeigefinger auf der Stirn des Kindes<br />

c. Vorsicht mit schrägem Zug oder Pendel/Kreisbewegungen - erhöhte Gefahr maternaler Verletzungen<br />

und Ablösung der Vakuumglocke!<br />

d. Zugrichtung: zunächst kontinuierlich nach unten!<br />

7) Keinen Zug zwischen den Wehen!<br />

a. Geburtsfortschritt:<br />

b. bereits der Zug in der ersten Wehe sollte zu einer Bewegung des Kopfes führen<br />

c. Mit der zweiten Wehe sollte der Schädel am Beckenboden sein - dann ggf. Epi schneiden!<br />

d. Mit der dritten Wehe sollte die Geburt des Kopfes erfolgen oder zumindest unmittelbar bevorstehen<br />

e. nicht zu früh nach oben ziehen!<br />

8) Nach der Geburt Vacuum - Release Knopf drücken<br />

a. Glocke ohne große Hektik vom Kopf des Kindes entfernen<br />

b. Nicht den Schlauch durchschneiden, da ist ein starker Draht drin, der die Schere ruiniert!<br />

Bei Vakuum wird bei Indikationsstellung der Kinderarzt gerufen!<br />

- Selbst bzw. Kinderarzt: Kopf auf allfällige Verletzungszeichen anschauen<br />

- Eltern beruhigen, dass die „Beule“ in 24h weggeht<br />

Vakuum war instrumentelle Geburt, daher dieselben Vorsichtsmaßnahmen in der Nachgeburtsperiode<br />

- 2 Ampullen Syntochinon (uteruskontrahierend) iv wegen erhöhter Gefahr atone Nachblutung<br />

- Zervixrevision mit großen Specula, Assistenz und vernünftiger Beleuchtung<br />

- Speziell auf Risse bei 3 Uhr und 9 Uhr schauen!<br />

Geburt des Kindes sollte 15 Minuten nach dem ersten Platzieren der Vakuumglocke beendet sein<br />

Wenn unter Zug kein Geburtsfortschritt bemerkbar ist, dann rechtzeitig auf Sectio umsteigen<br />

Seite 7<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Sectio und Vakuum<br />

Komplikationen<br />

Pop -­off<br />

Abgehen der Vakuumglocke<br />

- Macht sich durch zischendes Geräusch bemerkbar, gleichzeitig taucht der Messstab aus der Pumpe wieder auf<br />

- Kann durch Gegendruck mit dem Daumen der anderen Hand verhindert werden, dadurch wird auch exzessive<br />

Kraftanwendung mit der Zughand vermieden<br />

- Nach zwei Pop-Offs keine weiteren Versuche mit Kiwi-Vakuum mehr!<br />

Immer nachgehen warum Pop-off:<br />

- falsch gezogen (auf und nieder gerüttelt?)<br />

- Zu früh nach oben gezogen?<br />

- Zu sehr nach der Seite gezogen?<br />

- Große Geburtsgeschwulst?<br />

- Inadequates Vakuum, Produktfehler?<br />

Caput Succedaneum<br />

Geburtsgeschwulst am Hinterhaupt nach Vakuum<br />

Bei mehreren Vakuumversuchen, wobei die Glocke abgeht und wieder angebracht wird, kommt es zum<br />

subgalearen/subaponeurotischen Hämatom, Hypoxie und Acidose beschleunigen den Prozess<br />

„subgaleare“ Flüssigkeitsansammlung unter der galea aponeurotica, also knapp unter dem "Skalp" des Kindes<br />

Das subgaleare (subaponeurotische) Hämatom ist eine seltene Komplikation bei schwierigen Vakuum-Geburten, es<br />

kommt bei 1 von 1300 Vakuumgeburten vor<br />

Cave: Anämie!<br />

Differentialdiagnose: Subgaleares Hämatom kann man herumdrücken, was weder bei Caput Succedaneum noch bei<br />

Cephalhämatom geht<br />

Cephalhämatom ist eine Schicht tiefer, unterhalb der obersten dünnen Knochenhaut, endet jeweils an den Schädelnähten<br />

Fazit:<br />

- das Kiwi sieht nett und leicht und wie ein Spielzeug aus<br />

- am kindlichen Kopf wirken dieselben Kräfte, wie beim Malmström-Vakuum!<br />

- die Scherkräfte an den maternalen Weichteilen sind - vor allem bei schrägem Zug und Rütteln - nicht anders als<br />

bei Malmström<br />

- Indikationen und Vorsichtsmaßnahmen werden durch nettes Design nicht außer Kraft gesetzt!<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 8


Schulterdystokie<br />

Gynäkologie<br />

<strong>12</strong>.10.11 – Marth<br />

Schulterdystokie<br />

Schädel findet nur den Weg durch das Becken, wenn er quer in das Becken eintritt, dasselbe gilt für die Schultern.<br />

Definition:<br />

Formen<br />

- Für den Fetus vital bedrohlicher Geburtsstillstand bei Geburt aus Schädellage nach Austreten des kindlichen<br />

Kopfes<br />

- Hoher Schhultergeradstand: häufiger<br />

- Tiefer Schulterquerstand<br />

Häufigkeit:<br />

- 0,1-2,3%<br />

Wichtigster Risikofaktor: hohes Geburtsgewicht<br />

Geburtsmechanik bei I HHL<br />

- Austrittsmechanismus - Kopf<br />

tritt aus dem Geburtskanal aus<br />

- Muss im Bogen um die<br />

Symphyse herum, macht eine<br />

Entbeugung - Streckbewegung<br />

– Deflexion<br />

(Haltungsänderung)<br />

- Kleine Fontanelle,<br />

Nackenhaargrenze als<br />

Hypomochlion (Stemmpunkt)<br />

am unteren Symphysenrand,<br />

um diesen erfolgt die<br />

Drehbewegung<br />

- Pfeilnaht gerade, Schultern<br />

quer<br />

- Beginn der äußeren Drehung<br />

des Kopfes<br />

- Schultern sind im geraden<br />

Durchmesser des<br />

Beckenausgangs<br />

- vordere Schulter wird geboren<br />

- Vollendung der<br />

Austrittsbewegung des<br />

Kopfes<br />

- Streckbewegung vollendet<br />

- Vollendung der äußeren<br />

Kopfdrehung<br />

- Hintere Schulter wird über<br />

den Damm geboren<br />

1. Entwicklung der vorderen Schulter: wichtig: senken, NICHT ziehen!!!<br />

2. Entwicklung der hinteren Schulter: Kopf wird vorsichtig in Richtung Symphyse<br />

gehoben<br />

Hoher Schultergeradstand:<br />

Schulterbreite im Längsdurchmesser über dem Beckeneingang, Kopf in die Vulva gepresst (turtle). Schulter an der<br />

Symphyse macht mehr Probleme als die andere Schulter am Promontorium.<br />

In Folge der ausgebliebenen Rotation der Schulterbreite in den hohen Querstand steht die linke Schulter des Kindes über<br />

der Symphyse<br />

Seite 9<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Schulterdystokie<br />

Tiefer Schulterquerstand:<br />

Schulterbreite dreht sich nicht in Geradstand sondern ist gegen den längsovalen Beckenausgang fixiert<br />

Rotation des Kopfes bleibt aus<br />

Differentialdiagnosen:<br />

- Kurze Nabelschnur<br />

- Vergrößerung des fetalen Thorax- oder Abdomenumfangs (z.B. Hydrops fetalis, Tumoren)<br />

- Zwillingskollision<br />

- Siamesische Zwillinge<br />

Kurze Nabelschnur: selten, aber möglich → gefährlich, da Nabelschnur unter der Geburt reißen kann und damit das Kind<br />

viel Blut verlieren kann<br />

Zwillingskollision: Kopf des zweiten Kindes blockiert den weiteren Geburtsvorgang des ersten<br />

Neonatale Komplikationen (ca. 30%):<br />

- Fetale Asphyxie/Azidose 4,3%<br />

- Mekoniumaspiration 2,9%<br />

- Vorzeitige Plazentasitzlösung<br />

- Klavikulafraktur 5-23%<br />

- Schulterblatt-, Oberarmfraktur<br />

- Obere und untere Plexuslähmung<br />

- Läsion des Halssympathicus<br />

- Wurzelabriss mit bleibender Armlähmung<br />

Maternale Komplikationen<br />

- Gehäuft Weichteilverletzungen<br />

∙ Cervix- und Vaginalrisse<br />

∙ Höhergradige Dammrisse III° und IV°<br />

∙ Verstärkte intra- und postpartale Blutungen<br />

∙ Traumatische Uterusruptur<br />

Risikofaktoren für das Auftreten<br />

- Fetale Makrosomie (Grenze 4kg)<br />

→ Dominierender Faktor<br />

→ Risiko >4000g 3% (15-fach erhöht)<br />

→ Risiko >4500g 11% (55-fach erhöht)<br />

→ Risiko >5000g 40% (200-fach erhöht)<br />

∙<br />

∙<br />

∙<br />

∙<br />

∙<br />

Maternaler Diabetes/Gestationsdiabetes<br />

Maternale Adipositas<br />

Exzessive Gewichtszunahme während der Schwangerschaft<br />

Terminüberschreitung<br />

Vorausgegangene Geburt eines makrosomen Kindes<br />

- Vorausgegangene Geburt mit Schulterdystokie<br />

- Maternale Beckenanatomie<br />

- Intrapartal<br />

∙ Gestörter Geburtsverlauf in der EP (v.a. protrahierter Verlauf, Geburtsstillstand)<br />

∙ Verlängerte Austreibungsphase/Geburtsstillstand (Oxitocinunterstützung)<br />

∙ Sehr schneller Geburtsverlauf<br />

∙ Frühzeitiges „Kristellern“ (Druck auf den Fundus uteri, um die Austreibung zu beschleunigen →<br />

Kristeller’scher Handgriff ist eigentlich obsolet)<br />

∙ Vaginal-operative Entbindung aus BM (=Beckenmitte)<br />

• „Hohes Vakuum“ heute Rarität<br />

Merke:<br />

Eine zuverlässige Risikokonstellation bezüglich späterer Schulterdystokien ist kaum möglich!!<br />

Das höchste Gefährdungspotential weist die Kombination einer fetalen Makrosomie jenseits des Geburtstermins mit einem<br />

DM/GDM bei maternaler Adipositas bzw. mit einem Z.n. Schulterdystokie auf<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 10


Schulterdystokie<br />

Gynäkologie<br />

Vorgehen bei Schulterdystokie<br />

4 Ps der Schulterdystokie<br />

- do not pull<br />

- do not push<br />

- do not press<br />

- do not panic<br />

Der Kopf ist geboren, die Geburt steht, was tun?<br />

- kein Ziehen am Kopf, kein Kristellern!<br />

- immer an die 4 Ps denken!<br />

- Oxytocin weg, Bolustokolyse geben<br />

∙ Kein Oxitocin: Wehen drücken die Schultern eher weiter hinauf → daher Wehenhemmer (Bolus-<br />

Tokolyse) geben<br />

- großzügige mediolaterale Episiotomie(unterlassene Epi bei Schulterdystokie ist schwerer Behandlungsfehler<br />

∙ Episiotomie verhindert keinen Descensus, sie dient nicht dazu, den Beckenboden zu schützen, sie<br />

schützt auch nicht vor einem hochgradigen Dammriss → Grund für die Episiotomie ist heute nur mehr<br />

die fetale Indikation: durch den Dammschnitt wird Platz geschaffen, die Geburt beschleunigt<br />

- rasch erfahrensten Arzt, erfahrenste Hebamme, Anästhesist holen<br />

- schrittweises Vorgehen zur „Befreiung“ der Schultern<br />

1. Schritt äußere Überdrehung des Kopfes<br />

2.Schritt<br />

- In 1.Stellung (Rücken links, rechte Schulter hängt über der Symphyse) kindl Hinterhaupt nach<br />

rechts, Gesicht nach hinten drehen.<br />

- um einen tiefen Schulterquerstand zu vermeiden, soll dann der Kopf wieder „zurückgedreht“<br />

werden<br />

- mit Gefühl, keine große Kraftanstrengung!!!!<br />

- spätestens jetzt:<br />

∙ Bolus-Tokolyse<br />

∙ Facharzt, erfahrene Hebamme, Anästhesist, Kinderarzt rufen<br />

∙ großzügige Erweiterung der Episiotomie<br />

3. Schritt McRoberts Manöver:<br />

- zuerst Beine maximal strecken, dann Oberschenkel maximal anwinkeln<br />

- Mehrfach wiederholen<br />

- So Gewinn von etwa 1,5cm<br />

4. Schritt: McRoberts mit suprasymphysärem Druck<br />

- Rubens-Technik:<br />

Schräge Druckrichtung, „rütteln“ oder rhythmischen Druck auf die Schulter ausüben, damit sie sich von der<br />

Symphyse löst<br />

- Mazzanti-Technik:<br />

direkt von vorne nach hinten Druck auf die Schulter ausüben<br />

(hier passieren häufig Plexusbrachialis-Läsionen)<br />

5.Schritt: Woods-Manöver<br />

- mit 2 Fingern von ventral auf die hintere Schulter drücken<br />

- wenn Kind in 2.Stellung, erfolgt Drehung im Uhrzeigersinn<br />

6.Schritt: „umgekehrtes Woods-Manöver“ (auch Rubin)<br />

Von vorne<br />

die vordere<br />

Schulter<br />

erreichen<br />

und auf die<br />

Skapula<br />

drücken<br />

7. Schritt Hibbard Manöver:<br />

- spätestens jetzt Narkose erforderlich<br />

- Kindlichen Kopf nach oben drücken, Hinterhaupt Richtung os sacrum<br />

- Gleichzeitig suprapubischer Druck auf die Schulter, um diese freizubekommen<br />

Seite 11<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Schulterdystokie<br />

8. Schritt - Entwicklung des hinteren Armes<br />

Die hintere Schulter muss<br />

im Becken sein, bevor die<br />

vordere entwickelt werden<br />

kann - also erst die hintere<br />

Schulter befreien<br />

Entwicklung eines Armes: nie einfach an der Hand ziehen, sondern Oberarm mit zwei Fingern schienen<br />

→ Große Gefahr von Frakturen des Humerus und der Clavicula<br />

9. Handgriff Zavanelli-Manöver<br />

Kind zurückschieben und durch Sectio<br />

zur Welt bringen<br />

oder bei Sectio von innen so auf die<br />

Schulter drücken, dass es doch vaginal<br />

geboren werden kann<br />

Zavanelli-Manöver: wird kaum durchgeführt<br />

Abdomineller Rettungsversuch<br />

- Als letzte Möglichkeit zur Rettung eines noch lebenden Kindes<br />

- bei Sectio von innen so auf die Schulter drücken, dass es doch noch<br />

vaginal geboren werden kann<br />

in Europa abzuraten:<br />

- Cleidotomie<br />

∙ Fraktur der vorderen Clavicula mit Fingern → hat kaum einen Platzgewinn zur Folge, daher sinnlos<br />

∙ wenig Platzgewinn, da „Grünholzfraktur“<br />

- Symphysiotomie<br />

∙ 3. Welt Methode, hohe Komplikationsrate<br />

Zusammenfassung Schulterdystokie<br />

- 1.Schritt äußere Überdrehung des Kopfes<br />

- 2.Schritt spätestetens jetzt: Tokolyse Facharzt etc.<br />

- 3.Schritt McRoberts Manöver<br />

- 4.Schritt McRoberts mit suprasymphysärem Druck kombinieren<br />

- 5.Schritt Woods-Manöver<br />

- 6.Schritt „umgekehrtes Woods-Manöver“ (auch Rubin)<br />

- 7. Schritt Hibbard Manöver - spätestens jetzt Narkose<br />

- 8. Schritt Entwicklung des hinteren Armes<br />

- 9. Schritt Zavanelli-Manöver<br />

Häufigkeit<br />

- 3 - 4 % aller Termingeburten<br />

Ursachen<br />

Beckenendlage<br />

- Noch nicht erfolgte Drehung des Kindes zur Schädellage<br />

∙ Frühgeburt<br />

∙ Fruchttod<br />

∙ Verminderte Kindsbewegung bei Vorschädigung (z.B. Plazentainsuffizienz oder Fehlbildungen des<br />

Kindes)<br />

- Behinderung der Fruchtdrehung<br />

∙ Straffe Uteruswand (z.B. bei alter Erstgebärender)<br />

∙ Verminderung der Fruchtwassermenge (z.B. Plazentainsuffizienz)<br />

∙ Tubeneckplazenta oder Myome mit Deformierung des Uteruskavums<br />

∙ Übermaßigkeit des Kindes<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>


Beckenendlage<br />

Gynäkologie<br />

- Abnorme Beweglichkeit des Kindes<br />

∙ Hydramnion<br />

∙ Überdehnte bzw. schlaffe Uteruswand (z.B. bei schnell aufeinander folgenden Geburten oder<br />

Vielgebärenden)<br />

- Behinderung der Einstellung des Kopfes im Beckeneingang<br />

∙ Abnorme Kopfform (betonter Langkopf, Anenzephalus)<br />

∙ Tiefsitzende Myome<br />

∙ Plazenta praevia<br />

∙ Spastisches unteres Uterinsegment<br />

Reifes Kind<br />

- 3000-4000g<br />

- 49-52cm lang<br />

- Große Teile: Kopf, Rücken, Steiß<br />

- Kleine Teile: Beine, Arme<br />

- Kopf ist der größte und härteste Teil des Kindes => limitiernder Faktor für die Geburt<br />

∙ Maße des Kopfes sind haltungsabhängig:<br />

• Indifferent (gestreckt): 11,75cm<br />

• Bei Beugung: 9,5cm<br />

Großes Problem: wenn der Körper bereits geboren ist, ist fraglich, ob auch der Kopf durchkommt<br />

Die 3 Ebenen des Kopfes<br />

- Circumferentia suboccipitio-bregmatica 32 cm<br />

- Circumferentia fronto-occipitalis 34 cm<br />

- Circumferentia mento-occipitalis 35 cm<br />

Eintritt des Steißes in den<br />

Beckeneingang<br />

Steiß am Beckenausgang –<br />

Austrittsmechanismus<br />

Geburt des Rumpfes<br />

Geburt der Schultern<br />

Geburt des Kopfes<br />

Seite 13<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Beckenendlage<br />

Indikationen zur primären Sectio caesarea bei Beckenendlage<br />

- Absolute Indikation<br />

∙ Verengtes Becken<br />

∙ Nabelschnurvorfall<br />

∙ Placenta praevia<br />

∙ Großes Kind<br />

- Relative Indikation<br />

∙ Prämaturität vor der 34. SSW<br />

∙ Geschätztes Kindsgewicht > 3.500 g<br />

∙ Reine Steißlage<br />

∙ Hyperextension des Kopfes<br />

∙ Zervikale Unreife und vorzeitiger Blasensprung<br />

∙ Zusatzrisiken (Diabetes mellitus, pathologisches CTG, Hypotrophie<br />

In Ö quasi keine vaginale Beckenendlagengeburt mehr durchgeführt<br />

- Mortalität 1:400<br />

- Risiko für eine schwere Schädigung 1:200<br />

→ auch immer weniger Geburtshelfer sind in der Lage vaginal einen Steiß zu entwickeln (in Ibk noch 4)<br />

Formen der Beckenendlage<br />

Reine Steißlage<br />

(extended legs)<br />

vollkommene<br />

Steiß-Fußlage<br />

vollkommene<br />

Fußlage<br />

Unvollkommene<br />

Fußlage<br />

Wichtig: nicht ziehen!<br />

Manualhilfe nach Bracht<br />

- Warten bis man zumindest den Unterrand der Scapula sieht<br />

- Mit beiden Händen Steiß und Thorax umfassen<br />

- Steiß nach oben heben → führt zur Geburt des Schädels<br />

Bei jeder Beckenendlage: beginnen mit dem Bracht → fallen die Arme nicht heraus, darf das Manöver nicht fortgeführt<br />

werden<br />

Arm lösen: hinteren Arm lösen → dann zweite Schulter nach hinten drehen → zweiter Arm kann herausgelöst werden<br />

Armlösungen<br />

- Armlösung nach Müller<br />

- Armlösung nach Lövset<br />

- Klassische Armlösung<br />

Handgriff nach Veit-Smellie<br />

- Finger in den Mund des Kindes (Schienung) → mit der zweiten Hand<br />

kann gezogen werden (unter gleichzeitigem Zug mit dem ersten Arm,<br />

damit keine Verletzungen entstehen)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 14


Beckenendlage<br />

Gynäkologie<br />

Manuelle Extraktion<br />

- Bei intrauterinem Fruchttod, der in Beckenendlage zum Liegen kommt<br />

- Vaginale Geburt von Zwilling: Geburt des zweiten Zwillings nicht abwarten<br />

(Zeit zwischen beiden sollte möglichst kurz gehalten werden, damit der<br />

zweite keinen Sauerstoffmangel erleidet)<br />

∙ Liegt der zweite Zwilling nicht in Schädellage<br />

∙ Vorderes Bein zuerst entwickeln, dann herausziehen<br />

- Manuelle Extraktion wird nicht sehr häufig durchgeführt<br />

Term Breech Trial<br />

- Mehr Probleme bei Kindern, wenn Vaginalgeburt geplant wird<br />

- Anteil der Sectiones deutlich gesteigert<br />

Äußere Wendung<br />

- Kind auf den Kopf drehen indem mit zwei Händen von außen versucht wird, das<br />

Kind zu bewegen<br />

- Aber: sehr schmerzhaft für die Frau, Erfolgsrate liegt nur bei 40-50%, von diesen<br />

werden wieder einige sectioniert → maximal 20% Sectiones gespart → daher<br />

nicht mehr empfohlen<br />

- Geringes Risiko von: Abruptio plazentae, Nabelschnurkomplikationen,<br />

fetomaternales Transfusionssyndrom<br />

Seite 15<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Mütterliche Erkrankungen<br />

19.10.11 – Reimer<br />

Allgemein<br />

Mütterliche Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />

- Schwangerschaftsinduzierte Erkrankungen (Gestosen, SIH, etc.)<br />

- Synchron auftretende Erkrankungen (Infektionen)<br />

- Präexistente Erkrankungen (Diabetes mellitus)<br />

PROBLEME<br />

- Symptome lassen sich oft schwer von physiologischen Veränderungen abgrenzen (Emesis, UB-Schmerzen)<br />

- Physiologische Veränderungen der Anatomie (z.B. bei Appendizitis in grav.)<br />

- Erschwerte Diagnostik (Röntgen, CT, etc.)<br />

- Therapeutisches Spektrum limitiert<br />

∙ teratogene oder toxische Medikamente<br />

∙ Einschränkung operativer Eingriffe<br />

Grundsätzlich ist individuell und in enger interdisziplinärer Kooperation bereits präkonzeptionell, bei Eintritt oder im<br />

weiteren Verlauf der Schwangerschaft zu klären:<br />

- ob die Schwangerschaft im Hinblick auf das Grundleiden überhaupt vertretbar ist oder ob eine Abruptio<br />

graviditatis indiziert ist<br />

- ob eine medikamentöse oder chirurgische Therapie in der Gravidität notwendig wird und durchführbar ist<br />

- zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß die stationäre Aufnahme der Patientin erforderlich ist<br />

- welche Maßnahmen im Hinblick auf den Entbindungsmodus im Einzelfall zu treffen sind<br />

- ob für das Neugeborene bestimmte Vorsichtsmaßnahmen in der Neonatalperiode zu veranlassen sind (z. B.<br />

Isolierung des Kindes, Frage des Stillens)<br />

Körperliche Veränderungen in der Schwangerschaft<br />

- Herz-Kreislauf-System:<br />

∙ Peripherer Gefäßwiderstand ↓, Blutvolumen (30-40%)↑ und Herzminutenvolumen ↑, Herzgröße↑,<br />

Venendruck↑<br />

∙ Bei einer spontanen, normalen Geburt verliert eine Frau bis zu 500ml Blut (bei einer Sectio bis zu einem<br />

Liter) → auf diesen Blutverlust bereitet sich der Körper bereits während der Schwangerschaft vor<br />

- Hämatologie:<br />

∙ Eisenstoffwechsel, Leukozyten↑, Gerinnungsfaktoren↑<br />

∙ CRP steigt an (physiologischerweise bei 2) → daher schwieriger, Differentialdiagnosen zu stellen<br />

- Lunge<br />

∙ Atemzugsvolumen (40%)↑, Reservevolumen↓<br />

- Niere<br />

∙ Renale Durchblutung (50%)↑<br />

∙ GFR (35%) ↑<br />

∙ Dilatation des Nierenbeckens und der Ureteren<br />

• Begünstigt aufsteigende Infektionen<br />

- Gewichtszunahme<br />

∙ Veränderung des Körperschemas, - der Brust und Haut<br />

- Stoffwechselveränderungen<br />

∙ Kohlehydrat-, Protein- (1000g Neubildung) und Fettstoffwechsel<br />

- Magen-Darm-Trakt<br />

∙ Gingivitis, Motilitäts- und Tonusreduktion<br />

- Hormonsystem<br />

∙ Prolaktin↑, Schilddrüse↑, Nebennierenrinde↑<br />

Geburtsgewicht und Genetik<br />

- Geburtsgewicht korreliert signifikant mit dem mütterlichen Gewicht, kaum mit dem väterlichen Gewicht<br />

- Das intrauterine Umfeld ist wichtiger als das genetische Wachstumspotential (diabetische Mutter kann eine<br />

Adipositas haben, aber aufgrund der Plazentainsuffizienz ein kleines, dystrophes Kind bekommen)<br />

- Das genetische Wachstumspotential wird nach der Geburt wirksam<br />

Energiebedarf in der Schwangerschaft<br />

- Steigt nur gering an, gegen Ende der Schwangerschaft 10-15% mehr<br />

- „Essen für Zwei“ (oder für drei - bei Zwillingen) ist gefährliche Folklore!<br />

- Bedarf an Vitaminen und Mineralen/Spurenelementen steigt, daher mehr als sonst auf bewusste Ernährung zu<br />

achten (keine Marlboro + Espresso + Soletti Diät!)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 16


Mütterliche Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

normale Gewichtszunahme in der Schwangerschaft<br />

- Zunahme Blutvolumen 2 kg<br />

- Zunahme Fettgewebe 2.5 kg<br />

- Zunahme Brust 0.5 kg<br />

- Placenta 0.5 kg<br />

- Fruchtwasser 1 kg<br />

- Baby 3.5 kg<br />

- Uterusgröße 1 kg<br />

- Gesamtzunahme 10 - 13 kg<br />

Hyperemesis gravidarum<br />

Hyperemesis gravidarum versus „normales“ in der Schwangerschaft<br />

- 70% - 80% aller Schwangeren verspüren in den ersten drei Monaten Unwohlsein mit Nausea und morgendlichem<br />

Erbrechen.<br />

- „typisches (unsicheres) Schwangerschaftszeichen“<br />

- 0,5% - 1% der Schwangeren zeigen klinisch bedrohliche Hyperemesis gravidarum<br />

Problem der Definition<br />

in der englischsprachigen Literatur NVP (Nausea and Vomiting of Pregnancy) unterschieden von Hyperemesis gravidarum<br />

Ätiologie<br />

Durch die Evolution entstandener protektiver, adaptiver Mechanismus?<br />

Frau vermeidet potenziell toxische und teratogene Nahrungsmittel<br />

Schwangerschaftserbrechen ist am stärksten in der auf Teratogene empfindlichsten Phase der Organogenese (6. - 14. SSW)!<br />

Schwangere vermeidet in einer kritischen Zeit der geschwächten Immunabwehr und des besonders empfindlichen Embryos<br />

potentiell kontaminierte Nahrungsmittel (vor allem Fleisch, Fisch und Eier).<br />

Cross-Cultural Society Study zeigte niedrige Hyperemesis Inzidenz bei Kulturen mit wenig Fleischverzehr.<br />

Mütter weiblicher Feten leiden eher an belastendem Schwangerschaftserbrechen, als Mütter männlicher Feten<br />

Symptome beim ersten Kind besonders stark und bei den folgenden Kindern weniger ausgeprägt?<br />

Manche Frauen müssen in jeder ihrer Schwangerschaften wegen unstillbaren Erbrechens stationär aufgenommen und<br />

parenteral ernährt werden.<br />

(Hyper)emesis gravidarum geht mit einem besseren Outcome einher?<br />

Studien zeigten inverse Korrelation zwischen Emesis gravidarum und Frühabortrate [Brades JM et al. (1967), Chatenoud L et<br />

al. (1998)].<br />

Emesis führt zur Abnahme der Energieaufnahme (damit Insulin / IGF-1 ↓) dadurch verminderte Synthese im mütterlichen<br />

Gewebe und Anregung des Plazentawachstums [Huxley R et al. (2000)].<br />

Reduktion der mütterlicher Energieaufnahme korreliert invers mit dem Plazentagewicht [Schuster K et al. (1985), Lumey LH<br />

et al. (1998)].<br />

→ endokrine Veränderungen (hCG) (bei hohem hCG häufiger Hyperemesis → z.B. bei Trisomie 21 Kindern – höheres hCG –<br />

vermehrt Hyperemesis)<br />

→ psychische Faktoren<br />

Ablehnungsneurose: Wunsch nach Befreiung von der unbewusst unerwünschten Schwangerschaft<br />

Angstneurose: Angst vor Geburtsschmerz Furcht vor sozialer Zukunft<br />

Symptomatik<br />

Beginn 5. - <strong>12</strong>. Schwangerschaftswoche<br />

Dauer ~ 3 - 4 Monate<br />

Symptome:<br />

- Erbrechen unabhängig von Magenfüllung (bis zu 10 x)<br />

- Durst (Wasserverlust)<br />

- Exsikkose<br />

- Foetor ex ore<br />

- Gewichtsabnahme<br />

- reduzierter AZ<br />

- Ikterus<br />

- Neurologische Symptomatik (Benommenheit, Delirium Muster) – durch Exsikkose<br />

Laborbefunde:<br />

- Ketonurie<br />

- Bilirubin ↑<br />

- Elektrolytentgleisung (K+, Cl-)<br />

- Hämatokrit ↑ (durch Flüssigkeitsverlust/Flüssigkeitsverschiebung)<br />

Seite 17<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Mütterliche Erkrankungen<br />

Therapie - Allgemein<br />

Emesis gravidarum - ambulant / Hyperemesis gravidarum - stationär<br />

Allgemeine Verhaltensregeln zur Beratung bei Emesis gravidarum<br />

- Häufige, über den Tag verteilte kleine Essmengen.<br />

- KEINE kohlesäurehaltigen Getränke, KEIN Tee / Kaffee<br />

- EINE scharf gewürzten Speisen<br />

- Bei morgendlicher Übelkeit - Essen vor dem Aufstehen<br />

- Flüssigkeitszufuhr - häufig kleine Mengen über den Tag verteilt<br />

- Geschnittenes Obst in kleinen Portionen (CAVE: säurehaltiges Obst)<br />

- Große Nahrungsmengen in großen Anständen<br />

Hausmittel:<br />

Ingwer<br />

Extrakt aus dem Wurzelknollen des Zingiber Officinale wird in der chinesischem und indischen Medizin seit<br />

Jahrtausenden für unterschiedliche Indikationsstellungen, u.a. auch bei Erbrechen, verwendet.<br />

Ingwer ist in Europa vom Mittelalter an weit verbreitet. Ingwer findet es sich als Bestandteil eines "gar guyten<br />

Magenpulvers" und eines "guyten Pulvers für den Schwindel" im Rezeptbuch der Tiroler Landesfürstin Philippine<br />

Welser(1527-1580).<br />

randomisierte Doppelblindstudie in Thailand:<br />

- 70 Frauen mit Schwangerschafts-erbrechen<br />

- über 4 Tage entweder<br />

∙ 250mg frische Ingwerwurzel<br />

∙ Plazebo<br />

- Signifikant mehr Frauen der Ingwer-Gruppe berichteten von einer deutlichen Besserung ihrer Symptome<br />

Akupunktur<br />

In einer Studie einer englischen Arbeitsgruppe wurden 55 Frauen mit Schwangerschaftserbrechen<br />

- von einem Könner mit Nadeln an den korrekten Punkten akupunktiert.<br />

- wahllos mit einem Cocktail-Spießchen gestochen.<br />

In beiden Behandlungsgruppen kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Symptome im Lauf der Behandlung.<br />

Das Gefühl, ernst genommen zu werden, die Möglichkeit, mit einem geduldigen fachkundigen Zuhörer ausführlich über<br />

die eigenen Beschwerden zu reden, hat eine ganz wesentliche Wirkung?<br />

Therapie der Hyperemesis<br />

Allgemeine Verhaltensregeln zur Beratung bei Emesis gravidarum<br />

- Stationäre Aufnahme - Ruhe (Beschränkung des Besuches)<br />

- Flüssigkeitszufuhr (mindestens 3000 ml / die)<br />

- Nahrungskarenz in den ersten 24 h<br />

- Elektrolytausgleich<br />

- Medikamentöse Therapie der Emesis<br />

Problematik - Medikamentöse Therapie in der Frühschwangerschaft<br />

Contergan in 60iger Jahren als Schlafmittel / bei Übelkeit verwendet<br />

Medikamentöse Therapie<br />

Therapie der 1. Wahl - Vertirosan® (Dimenhydrinat)<br />

Dosierung: 1x1 Tbl. / Supp. Alle 4-6 h<br />

Wirkt unter Umständen Wehen induzierend - daher nicht im 3. Trimenon<br />

Anticholinerge Wirkung (AU (Sehstörung) - MU (Mundtrockenheit) – BLA (Blasenentleerungsstörungen) - DA<br />

(Obstipation)<br />

KI: Glaukom, Porphyrie, Herzrhythmusstörung (cave: Hypokaliämie), „long-QT“, Pylorusstenose, Epilepsie (Eklampsie)<br />

Studie 1964 konnte keine teratogene Wirkung feststellen, ABER Collaborative Perinatal Project Study (1977) zeigte an 319<br />

Schwangeren fraglichen Zusammenhang mit Inguinalhernie und kardiovaskulären Fehlbildungen.<br />

Metaanalyse aller Studien 1960 - 1991 (200,000 Schwangere) zeigte KEINE Teratogenität [Seto A et al. (1997)]<br />

Therapie der 1. Wahl - Promethazin® vs. Paspertin®<br />

150 Frauen in Metoclopramid und Promethazin randomisiert<br />

Metoclopramid deutlich geringere Nebenwirkungen, weniger Erbrechens-Episoden, weniger Therapieabbrüche<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 18


Gynäkologie<br />

Mütterliche Erkrankungen<br />

2. Hämodynamische Veränderungen<br />

- Flussverlangsamung<br />

- Venentonus ↓<br />

- Kompression der Gefäße durch den Uterus<br />

- Immobilisierung (iatrogen) der Patientin (z.B. bei FGB)<br />

3. Varikose<br />

Kompensation der thrombosefördernden Faktoren:<br />

Physiologische Hämodilution (Anstieg des Plasmavolumens)<br />

Vasodilation + höhere HF führen zu einer Erhöhung des Herzzeitvolumens (ca. 30 - 50%)<br />

Verbesserung der Mikrozirkulation<br />

Prophylaxe<br />

1. Physikalische Maßnahmen<br />

- Kompressionsstrümpfe<br />

- Mobilisierung<br />

2. Medikamentöse Maßnahmen<br />

- Heparin (bei belastender Anamese)<br />

- Orale Antikoagulantien sind kontraindiziert<br />

Warfarin-Embryopathie (Embryopathie bei Einnahme in 6. - <strong>12</strong>. SSW)<br />

Nasenhypoplasie + Entwicklungsstörung der Epiphysen (Chondrodysplasia punctata)<br />

Blutungen in späterem SS-Verlauf führt zu ZNS-Defekten, Mikrozephalie, Optikusatrophie<br />

Gastroösophageale Refluxkrankheit<br />

Sodbrennen - häufigstes Symptom in der Schwangerschaft (50-72 %)<br />

Bei anhaltendem Reflux Ösophagitis mit Stenose möglich<br />

Therapie:<br />

- kleine dafür häufige Mahlzeiten<br />

- Vermeidung von Alkohol, Nikotin, Kaffee und süßer Kohlehydrate<br />

- Erhöhung des Bettkopfteiles um 10-15 cm<br />

- Antacida (Mg-haltig: Mg hilft auch gegen Obstipation → daher in der Schwangerschaft besonders geeignet)<br />

- bei ausgeprägter Symptomatik H2-Rezeptor-Antagonisten (Zantac®)<br />

Niere und ableitende Harnwege<br />

- 2 - 10% asymptomatische Bakteriurie (ASB - mehr als 10,000 Keime/ml)<br />

- 1% Zystitis<br />

- 1-2% Pyelonephritis<br />

Symptome:<br />

- Dysurie / Pollakisurie<br />

- Fieber<br />

- Unterbauchschmerzen<br />

- Flanken-und Nierenklopfschmerzen<br />

- Übelkeit und Erbrechen<br />

- vorzeitige Wehen<br />

Problem 1 - „physiologische“ Hydronephrose begünstigt Pyelonephritis<br />

Problem 2 - nicht behandelter HWI / Kolpitis führt zu aszendierender Infektion<br />

Diagnostik:<br />

- Harntest (Nitrit)<br />

- Harnkultur<br />

- Leukozyten<br />

- CRP<br />

Therapie:<br />

- obligat antibiotische Therapie<br />

∙ orale Penicilline (8-10 d)<br />

∙ Cephalosporine<br />

∙ Trimethoprim<br />

∙ (Ø Gyrasehemmer)<br />

- Spasmolytika<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 20


Mütterliche Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

Erkrankungen der Leber<br />

Ikterus<br />

1. Ikterus in graviditate (neben SS vorliegend)<br />

- akute Virushepatitis (10%)<br />

- extrahepatische Cholestase (6%)<br />

- chronische Hepatitis/Zirrhose (10%)<br />

2. Ikterus e graviditate (aus SS hervorgehend)<br />

- intrahepatische Schwangerschaftscholestase (20%)<br />

- HELLP (10%)<br />

- akute Schwangerschaftsfettleber (0.4% !)<br />

Intrahepatische SS-Cholestase<br />

- Inzidenz: 1:500 - 1:2000; familiäre Häufung, gehäuft in Skandinavien, Chile, Bolivien<br />

- Pathogenese: ungeklärt; gesteigerte Östrogenempfindlichkeit (ähnliche Symptomatik bei Pilleneinnahme<br />

beschrieben)<br />

∙ Wiederholungsrisiko > 20%<br />

- Klinik: Pruritus, leichte Übelkeit , meist nur minimaler Ikterus<br />

∙ Hyperbilirubinämie + alkalische Phosphatase ↑<br />

∙ Gallensäuren (Serum und Harn) ↑↑; γGT, LDH normal<br />

- Therapie: Cholestyramin (Ursodeoxycholsäure) 4 x 4 g/d + Vit A/D/E/K<br />

- Prognose: FGB (20%); IUFT (1-2%) daher CTG ab 34. SSW, eventl. Sektio ab 38. SSW)<br />

DD: Cholelithiasis in grav.<br />

- Inzidenz: unklar; 0,1% der SS<br />

- Pathogenese: unklar; erhöhter Gallensäurepool, verminderter enterohepatischer Kreislauf<br />

- Klinik: Schmerzen im Epigastrium und rechten OB; Überlkeit<br />

- DD:<br />

∙<br />

∙<br />

Akute SS-Fettleber<br />

Akute virale Hepatitis, Duodenalulkus, akute Panreatitis, PE, akute SS-Fettleber, Appendizitis<br />

Präeklampsie, HELLP<br />

• Rechtsseitige Oberbauchschmerzen (besonders im 3. Trimenon) immer Alarm: kann erstes<br />

Zeichen einer Präeklampsie sein → entwickelt sich dann über Stunden<br />

- Häufigkeit: 1 :13000 Schwangerschaften; 28. - 40. SSW (30% mit Präeklampsie<br />

- Klinik:<br />

∙ Übelkeit, Inappetenz, OB-Schmerzen, (später) Ikterus<br />

∙ neurologische Symptome (Konvulsionen)<br />

∙ GI-Blutungen, akute hämorrhagische Diathese,<br />

∙ Niereninsuffizienz, letztlich Multiorganversagen<br />

- mütterliche Letalität 20% !!!<br />

- Diagnostik: Histologie<br />

- Therapie:<br />

∙ Beendigung der Schwangerschaft<br />

∙ symptomatisch<br />

Herzerkrankungen<br />

Häufigkeit: 0,2 - 2 % (steigend !)<br />

Ursachen:<br />

- Rheumatisch bedingte Herzerkrankung (abnehmend)<br />

- Angeborene Vitien (Risiko für ein fetale Herzvitium 6% erhöht)<br />

- koronare Herzkrankheit (Diabetes, Nikotin)<br />

Frauen mit nicht medikamentös/operativ therapierbarer NYHA 3 & 4 sollte eine SS eher abgeraten werden; dilatative<br />

Kardiomyopathie, Marfan-Syndrom, pulmonale AV-Fistel relative Indikation zum SS-Abbruch.<br />

Gefahren einer kardialen Dekompensation durch SS<br />

- 28.-34. SSW: max. Blutvolumen u. Herzzeitvolumens-Steigerung<br />

- Eröffnungsperiode: wehensynchrone Druck- und Volumenserhöhung<br />

Seite 21<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Mütterliche Erkrankungen<br />

- Austreibungsperiode: max. zentralvenöser + arterieller Druck (3200 mm Hg)<br />

- Unmittelbar post partum:<br />

∙ Auspressvolumen des Uterus, Dekompression der Vena cava<br />

∙ Mobilisierung von interstitiellen Wasser<br />

Gefahren einer kardialen Dekompensation durch SEKTIO<br />

- Volumen- und Druckschwankungen, Beatmungskomplikationen) und Regionalanästhesie (Hypotonie,<br />

Verminderung des „cardiac output“ →Herzminutenvolumen Senkung)<br />

- akute Volumen- und Druckbelastung durch die medikamentös induzierte Uteruskontraktion während der<br />

Operation sowie die plötzliche Dekompression der V. cava inferior<br />

- unkontrollierte Volumensubstitution intra und post operativ (cave: Lungenödem),<br />

- Shuntumkehr bei Senkung des peripheren Widerstandes und damit verbundenem Blutdruckabfall.<br />

Die Sectio schafft zwar während der Operation für Mutter und Kind stabile Bedingungen, allerdings ist das Risiko einer<br />

kardialen Dekompensation nach der Operation deutlich erhöht<br />

Peripartale Kardiomyopathie - Meadows Syndrom<br />

- Epidemiologie: 1:3000 - 8000; 3. Trimenon - 6 Monate pp.<br />

- Ätiologie: Multifaktoriell: unerkannte Virusinfekte, Autoimmunprozesse und genetische Prädisposition<br />

- Pathologie: Dilatative Kardiomyopathie: Muskelfaserdegenerationen, interstielles Ödem, fokale Fibrosierung,<br />

perivaskuläre Infiltrate<br />

- Klinik: Zeichen der Herzinsuffizienz bei systolischer Dysfunktion des linksventrikulären Myocards, Angina pectoris,<br />

Palpitationen<br />

- Prognose: 10 - 30 % Mortalität<br />

∙ Hohes Wiederholungsrisiko<br />

∙ Indikation für Schwangerschaftsabbruch<br />

Vena Cava Kompressionssyndrom<br />

→ bleibt in den meisten Fällen unerkannt<br />

Sonderform der Hypotonie bei Rückenlage der Schwangeren auftretend. Druck des schwangeren Uterus auf V. cava<br />

inferior führt zur Verminderung des kardialen Rückstroms und zur Verminderung´des HZV + peripheren Durchblutung.<br />

Symptome: Schwindel, Atemnot, Erstickungsgefühl → CTG-Veränderungen (Bradykardie) infolge unteriner<br />

Minderperfusion (wannenförmige Dezeleration)<br />

Prophylaxe: Lagerung der Schwangeren in LINKSSEITENLAGE<br />

DD: Akutes Abdomen in der Schwangerschaft<br />

- Perforationsperitonitis<br />

- mechanischer Ileus (Briden)<br />

- akute Pankreatitis<br />

- komplizierte Cholelithiasis (Empyem)<br />

- intraabdominelle Blutung (Leberruptur, Milzruptur)<br />

- Mesenterialgefäßverschluß<br />

- Harnwegsinfekt, Pyelonephritis<br />

- (vorzeitige) Plazentasitzlösung<br />

- Wehen<br />

- Uterusruptur<br />

- Leberruptur beim HELLP-Syndrom<br />

- Tubarruptur<br />

- Torsion von Ovarialzysten<br />

- septischer Abort + Peritonitis<br />

Appendizitis<br />

- Epidemiologie: Häufigste chirurgische Komplikation während der Schwangerschaft (1:1000 - 1:2000)<br />

- Klinik:<br />

∙ Übelkeit, Erbrechen, Druckschmerz<br />

∙ Abwehrspannung<br />

∙ Psoas- und Douglasschmerz<br />

∙ Leukozytose > 15000/μl (CRP ↑) – unspezifisch (bei einer Schwangerschaft physiologischerweise leichte<br />

Leukozytose und CRP-Erhöhung)<br />

∙ Fieber (rektal > axillar)<br />

- Therapie:<br />

∙ Laparotomie<br />

∙ gleichzeitig Sectio (wenn Kind lebensfähig) oder Tokolyse postoperativ<br />

∙ Antibiotika perioperativ (wird bei einer klassischen Appendizitis nicht benötigt)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 22


Mütterliche Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

McBurney-Punkt wird durch die<br />

Schwangerschaft verlagert<br />

Colon hebt sich → daher wandert<br />

Appendix in den Oberbauch (im 3.<br />

Trimenon<br />

können<br />

Oberbauchschmerzen re auftreten)<br />

Außer bei Colon fixatum: rutscht<br />

hinter den Uterus → Appendix bleibt<br />

kaudal)<br />

Appendizitis in der Schwangerschaft<br />

daher oft schwer diagnostizierbar<br />

Unfallverletzungen in der Schwangerschaft<br />

- Sicherheitsgurte: mütterliche Letalität ↓ (7.8% auf 3.6%), kindliche Mortalität ↑ (14.4% auf 16.2%)<br />

∙ Beachte: Ursache meist falsch angelegte Sicherheitsgurte<br />

- Bauchtrauma:<br />

∙ Uterus + Fetus selten betroffen<br />

∙ Abortus selten (Schutz durch knöcherne Becken)<br />

∙ vorzeitige Plazentasitzlösung (Sono-Ko)<br />

- Häufigste kindliche Verletzung ist Schädelfraktur<br />

- Bei Schock der Mutter cave fetale Asphyxie<br />

- Stets Tetanusprophylaxe<br />

- Peri-mortem Sektio (Sectio bei verstorbener Mutter)<br />

∙ Problem: Reanimation einer Schwangeren sehr schwierig und meist geringe Erfolgsrate<br />

∙ Wenn man eine Sectio bei einer reanimationspflichtigen Frau durchführt, muss damit gerechnet<br />

werden, dass die erfolgschancen der Reanimation durch den Blutverlust bei der Sectio noch geringer<br />

sind<br />

∙ Peri-Mortem Sectio nicht eindeutig geregelt – wird von Fall zu Fall entschieden<br />

∙ Prognose für Mutter und Kind schlecht<br />

Nach stumpfem Bauchtrauma sollten schwangere Frauen immer 24h zur Beobachtung stationär aufgenommen werden<br />

(früher wurde zur Entscheidung, ob eine Aufnahme gemacht werden soll, fetales Hb gemessen → allerdings sehr viele<br />

falsche Ergebnisse, daher heute nicht mehr)<br />

Seite 23<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Gestationsdiabetes<br />

09.11.11 – Reimer<br />

Diabetes in grav. (VL vom 19.10.)<br />

Formen des Diabetes<br />

Auch beim Schwangerschaftsdiabetes werden der „echte“<br />

Diabetes und die gestörte Glukosetoleranz unterschieden<br />

Diabetes in grav. White Klassifikation des Diabetes mellitus<br />

(Diese Einteilung wird bei uns selten verwendet)<br />

Häufigkeit<br />

0,5 - 1 % der Schwangerschaften betreffen Diabetikerinnen<br />

2% der Schwangeren entwickeln einen Gestationsdiabetes<br />

Kinder diabetischer Mütter haben ein 2- 4 x höheres Risiko für<br />

Einzel- und Mehrfachbehinderungen<br />

Prozentsatz von Malformationen korreliert mit dem HbA1c<br />

Risikofaktoren<br />

- Alter > 30a<br />

- Adipositas (BMI > 27.0 kg/m²)<br />

- Glucosurie bis zur 24. SSW<br />

∙ Bei jeder Untersuchung einer Schwangeren sollte auch der Harn untersucht werden<br />

- auffällige SS-Anamnese: Z.n. Makrosomie, Z.n. IUFT/Totgeburt<br />

- Z.n. schwere kongenitale Fehlbildung in vorheriger SS<br />

- Abortus habitualis (mehr als 3 Aborte in Folge)<br />

∙ Ursache kann eine gestörte Glukosetoleranz sein<br />

- Z.n. GDM in vorheriger SS<br />

- familiäre Belastung (Diabetes bei Eltern, Geschwister)<br />

- Hypertonie (der gesamte Formenkreis des metabolischen Syndroms geht mit einem erhöhten Risiko einher)<br />

- Proteinurie<br />

- Präeklampsie<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 24


Gestationsdiabetes<br />

Gynäkologie<br />

Definition<br />

Gestationsdiabetes (ICD-10: O24.4) ist definiert als eine erstmals in der SS aufgetretene oder diagnostizierte<br />

Glukosetoleranzstörung. Die Definition ist unabhängig davon, ob Insulin benötigt wurde oder die<br />

Glukosestoffwechselstörung nach der SS fortbesteht. (AWMF-Leitlinien-Register 2001)<br />

Symptomenkomplex des Feten (und Neugeborenen) durch intrauterin erhöhten Blutzuckerspiegeln bei Erkrankung der<br />

Mutter an Diabetes mellitus<br />

Jedes Kind einer Mutter mit insulinpflichtigem Diabetes benötigt postnatal eine intensive Überwachung<br />

Formen<br />

Diabetische Embryopathie (4-10%)<br />

Schädigung in den ersten 8. Schwangerschaftswochen (SSW)<br />

- Fehlbildungen (kardial, renal, gastrointestinal, neuronal, skelettal)<br />

- Abortus (bis 50%) abhängig von Ausprägung und Dauer<br />

Diabetische Fetopathie (40%)<br />

Noxe erst in Fetalperiode wirksam (nach 28. SSW)<br />

- Makrosomie<br />

- IUFT durch Plazentainsuffizienz (ab 34.SSW) - perinatale Mortalität (6%)<br />

- Frühgeburtlichkeit und/oder postpartale Adaptationsstörung<br />

- Kardio-, Hepato-, Splenomegalie durch Glykogeneinlagerungen<br />

- Polyhydramnion (10%) durch fetale Polyurie<br />

Folgen (der Fetopathie)<br />

- Geburtsgewicht > 4000 g 80 %<br />

- Fehlbildungen 5-10%<br />

∙ Cardiale Vitien 21%<br />

∙ ZNS / Neuralrohrdefekte (Hydrocephalus) 18%<br />

∙ thorako-lumbale Rippen- und Wirbelstörungen 10%<br />

∙ kaudales Regressionssyndrom 5%<br />

• (Fehlen/Hypoplasie des Beckens, Sakrum, Muskelhypoplasie, Paresen, Kontrakturen)<br />

∙ Klumpfuß, Hüftluxationen<br />

∙ Atresien Gastrointestinaltrakt<br />

∙ Nierenagenesie<br />

Differentialdiagnosen<br />

- Physiologisch bei konstitutionellem Großwuchs<br />

- Hydrops fetalis<br />

∙ hohes Geburtsgewicht durch Ödeme, keine echte Makrosomie<br />

- Beckwith-Wiedemann-Syndrom<br />

∙ Exomphalos-Makroglossie-Gigantismus-Syndrom = EMG-Syndrom)<br />

∙ Chrom. 11, Häufigkeit ca. 1:15,000<br />

- seltene Syndrome<br />

∙ Sotos und Weaver Syndrom<br />

Pathogenese<br />

- Glukose ist plazentagängig, erreicht damit den fetalen Kreislauf<br />

- fetale BZ-Konzentration ↑ bei mütterlichen Hyperglykämien<br />

- Fetales Pankreas antwortet mit Hyperinsulinismus und fetaler β-Zell-Hyperplasie<br />

- Hyperinsulinismus wirkt als Wachstumsfaktor (Insulin, IGF-1)<br />

dadurch anabole Stoffwechsellage → Zuckermast, Organwachstum (Ventrikelseptum)<br />

=> Pedersen’s Hypothese<br />

Vergrößerte Organe, Makrosomie (LGA – large for gestational age)<br />

- durch Lipogenese & Proteinsynthese Geburtsgewicht > 90. Perzentile<br />

Polyglobulie<br />

- GDM geht häufig mit einer Plazentarinsuffizienz einher<br />

- hohes Insulin fördert Erythrpoetin-Freisetzung → Erytrhopoese steigt<br />

- fetale Hypoxie und gesteigerten oxidativen Umsatz, erhöhte Thromboseneigung<br />

Seite 25<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Gestationsdiabetes<br />

Hypoglykämie beim Neugeborenen<br />

- durch verzögerte Regression des kindl. Hyperinsulinismus<br />

- postnatal verzögerte hepatische Glukoneogenese<br />

∙ v.a. 1-3h postnatal<br />

∙ Plasmaglucose >6mmol/l in letzten 4h präpartal erhöht<br />

SONO<br />

DD: Makrosomie - Exakte Bestimmung des Gestationsalters<br />

- Messung:<br />

∙ Scheitel-Steiß- Länge (SSL)<br />

∙ Crown-rump-length (CRL)<br />

- Zeitpunkt:<br />

∙ 15 mm (8 Wo) - 54 mm (<strong>12</strong> Wo)<br />

- Terminexaktheit +/- 4 Tage<br />

Biometrie<br />

Gestationsalter mit Terminbestimmung aus Ersttrimester-Sono<br />

exakte Biometrie (richtige Einstellung) des Abdomenumfang (AU)<br />

Vergleich in Überschau mit BIP, HC und FL<br />

normaler Abdomenumfang schließt schweren fetalen Hyperinsulinismus weitestgehend aus<br />

Subkutanes Fettgewebe<br />

The majority of sonographic EFW (estimated fetal weight) formulas do not take body composition into account.<br />

Because body composition can vary greatly, even in the fetus, significant variation in birth weight can occur among fetuses<br />

with similar biometric parameters. Body fat accounts for 14 percent of the BW (body weight) in neonates, but 46 percent<br />

of BW variance<br />

Bernstein, Obstet Gynecol 1992<br />

Zunahme des subcutanen Fettgewebes bei<br />

unzureichender BZ-Einstellung<br />

Längsschnitt Oberarm<br />

Polyhydramnion<br />

- Z.B. auch bei Ösophagusatresie<br />

- Fruchtwasser Index<br />

∙ semiquantitative Methode durch Messung des tiefsten vertikalen Fruchtwasserdepots in allen 4<br />

Quadranten<br />

- Faustregel > 20.SSW<br />

∙ kindlicher Abdomenumfang (AU) hat noch 2x Platz im Fruchtwasser<br />

- cave<br />

∙ Adipositas lässt Fruchtwasser-Menge geringer erscheinen, Streuung an Grenzflächen durch<br />

Reverberation (Nachhall)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 26


Gestationsdiabetes<br />

Gynäkologie<br />

Maternale Risiken<br />

- Harnwegsinfektionen<br />

- vulvovaginale Infektionen (Soor)<br />

- hypertensive Schwangerschaftserkrankungen<br />

Prognose Verschlechterung des maternalen / fetalen Outcome durch<br />

- Pyelonephritis<br />

- schwere Ketoazidose<br />

- hypertensive Schwangerschaftserkrankung<br />

- mangelhafte Betreuung bzw. Compliance<br />

Screening – oGTT<br />

- oGTT zwischen der 24.-28. SSW:<br />

∙ 50g GLU, BZ-Ko 1h nach Einnahme<br />

∙ falls BZ > 140mg/dl -> oGTT mit 75g<br />

- Normwerte:<br />

∙ nü < 90mg/dl<br />

∙ 1h < 190mg/dl<br />

∙ 2h < 160mg/dl<br />

- 1 Wert pathol., Ko in spätestens 4 Wochen > IGT (gestörte Glu Toleranz)<br />

- 2 Werte pathol. / mehrfach erhöhtem nüBZ > 100mg/dl > GDM gesichert<br />

Überwachung der Schwangeren<br />

Normale MKP-Untersuchungen reichen bei GDM nicht aus<br />

→ die Schwangere muss engmaschiger kontrolliert werden<br />

Einstellung des Zuckers<br />

Seite 27<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Gestationsdiabetes<br />

Insulintherapie<br />

Tritt nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen (Diät, Gewichtsreduktion, Bewegung, etc.) ein.<br />

Mütterliche Indikation zur Insulintherapie: Mehrfache Überschreitung der Zielwerte (mindestens 2 präprandial u/o<br />

postprandial erhöhte Werte an 2 Tagen innerhalb einer Woche)<br />

Fetale Indikation:<br />

- Verdacht auf fetale Makrosomie (AU > 75. Perzentile)<br />

∙ Im Ultraschall sicher sein, dass es wirklich eine Makrosomie ist und nicht nur ein LGA (large for<br />

gestational age)<br />

∙ Makrosomie ist nur eine relative Indikation zur Insulintherapie<br />

- Fetaler Hyperinsulinismus (nach FW-Insulinbestimmung)<br />

Therapie – sonstige<br />

- optimale BZ-Einstellung (Diät/Insulin)<br />

- Intensive Schulung: Bewegung, Diät<br />

- HbA1c alle 4 Wo<br />

- CTG Ko wö ab der 28. SSW<br />

- Fetometrie alle 10 die ab der 30. SSW<br />

- Geburtseinleitung (cave: Gynipral und SoluCelestan sind diabetogen!) - ENTBINDUNG am TERMIN<br />

- GDM ist primär KEINE Sektio Indikation (CAVE: GG > 4,500g)<br />

- pp BZ KO beim Kind, evtl. internist./ophthalmolog. Konsil der Mutter<br />

Therapie<br />

- Diätetische Maßnahmen<br />

- Insulin ev. Pumpe<br />

- orale Antidiabetika sind kontraindiziert<br />

∙ Metformin u.a. sind fetotoxisch<br />

- DM-Typ I bereits präkonzeptionell einstellen<br />

∙<br />

Peripartale Überwachung<br />

Insulinpflichtiger Diabetes vor der Schwangerschaft wird durch die Schwangerschaft verstärkt → höhere<br />

Insulinspiegel nötig<br />

- Peripartale, kontinuierliche CTG-Überwachung empfohlen<br />

- Non-Stress-Test (CTG): fehlende Akzeleration im CTG – Geburtseinleitung<br />

- Biophysikalischer Sono-Score zur Abschätzung des Risikos<br />

Stadien der pränatalen Entwicklung<br />

- Blastogenese (Tag 1 - 14 p.c.) > Blastopathien<br />

- Embyrogenese (Tag 15 - 56 p.c.) > Embryopathien<br />

- Fetalperiode (Tag 57 - 266 p.c.) > Fetopathien<br />

Blastogenese - EW 1<br />

Fetales Wachstum und NT-Messung<br />

- Embryonales Gewebe mit hoher Potenz zu Reparatur und Heilung.<br />

- Toxische Schädigung führt zu kompletter Heilung oder Absterben der<br />

- Fruchtanlage – „Alles oder Nichts“<br />

Embryonalwoche 1 (= 3. SSW)<br />

- 30 h nach Konzeption - erste Zellteilung<br />

- Tag p.c. (post conceptionem) - Morulastadium (16-Zellstadium); Eintritt in den Uterus<br />

- Tag p.c. - Blastozyste (0.1 - 0.3 mm)<br />

- 5.-6. Tag p.c. - Nidation<br />

Blastogenese - EW 2<br />

Embryonalwoche 2 (= 4. SSW – weil Schwangerschaft vom ersten Tag der letzten Regel gerechnet wird)<br />

- Blastozyste dringt in das Endometrium ein, Abschluss der Nidation am Ende der 2. Woche p.c.<br />

- Bildung von Amnion und Dottersack<br />

- Embryoblast besteht aus 2 Zellschichten; Anlage der Neuralplatte erkennbar.<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 28


Fetales Wachstum<br />

Gynäkologie<br />

Embryopathien:<br />

- Alkohol<br />

- Antikonvulsiva (Phenytoin, Barbiturate)<br />

- Kumarinderivate (Warfarin)<br />

- Vit-A-Derivate<br />

- Folsäureantagonisten (MTX)<br />

∙ Methotrexat z.B. auch in der konservativen Therapie der EU-Gravidität<br />

verwendet<br />

- Virale Infektionen (z.B. Röteln)<br />

Embryogenese - EW 3<br />

Embryonalwoche 3 (= 5. SSW)<br />

- Bildung von Zotten, welche sich verzweigen; Blutgefäße bilden sich innerhalb der<br />

Zotten > Gasaustausch erfolgt über die Plazenta<br />

- Neuralplatte wölbt sich auf und beginnt Neuralrohr.<br />

- Primitiver Herzschlauch.<br />

Embryogenese - EW 4<br />

Embryonalwoche 4 (= 6. SSW)<br />

- Schluss des Neuralrohrs.<br />

- Einfacher Blutkreislauf; positive Herzaktion (um Tag 45 p.c.).<br />

∙ Sobald eine positive Herzaktion festgestellt wurde, wird der MKP ausgestellt<br />

- Bildung der Kieferwülste, Augen- und Ohrgruben.<br />

Sonographie:<br />

Dottersack sichtbar (2 - 4 mm)<br />

Fetale Anteile sichtbar<br />

SSL = 4 - 8 mm<br />

Embryogenese - EW 5/6<br />

Embryonalwoche 5/6 (= 7./8. SSW)<br />

Kopfentwicklung<br />

- Entstehung des Vorderhirns, der Augen.<br />

- Herz weist 4 Kammern auf; Blutbildung in der Leber.<br />

- Finger und Zehen werden erkennbar.<br />

- Embryo beginnt sich „einzurollen“ (embryonal curling-up)<br />

Embryogenese - EW 7/8<br />

Embryonalwoche 7/8 (= 9./10. SSW)<br />

Gliedmaßen und Bewegung<br />

- Beginnende Verknöcherung der Gliedmaßen.<br />

- Ausbildung und Innervation der Muskeln.<br />

Seite 29<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

fetales Wachstum<br />

- Physiologischer „Nabelbruch“.<br />

∙ Darm wächst schneller als das Kind und wird kurzzeitig ausgelagert<br />

Embryogenese - EW 9/10<br />

Embryonalwoche 9/10 (= 11./<strong>12</strong>. SSW)<br />

- Erste Reflexe auslösbar.<br />

- Anlage von Nägeln, Haare, Zähnen.<br />

- Niere nimmt Funktion auf.<br />

- (theoretisch) Geschlechtsunterschiede am äußeren Genital erkennbar<br />

(EW 10).<br />

Fetogenese - EW 11/<strong>12</strong><br />

Embryonalwoche 11/<strong>12</strong> (= 13./15. SSW)<br />

- Bewegung der Gliedmaßen sichtbar.<br />

- Längenwachstum - physiologische Nabelhernie verschwindet.<br />

∙ Abdomen sieht jetzt wesentlich flacher aus<br />

- Gesichtsstrukturen erkennbar.<br />

- Sonographische Evaluierung von Magen, Blase möglich. NT-Messung.<br />

Kritische Phase für spezifische Organ - FB<br />

Organsystem<br />

SSW (p.m.)<br />

Neuralrohr 6<br />

Extremitäten 6-8<br />

Gaumen/Gesicht 11-14<br />

Herz 5-8<br />

Gefäßsystem 5-10<br />

Geschlechtsorgane 8-14<br />

Augen/Ohren 5-9<br />

Diagnostik im 1. Trimenon (SSW 1-<strong>12</strong>)<br />

Nach Degenhardt 1971<br />

- Nachweis und Lokalisation der SS<br />

- Identifizierung fetaler Strukturen / Vitalitätskontrolle<br />

- Nachweis / Ausschluss von Mehrlings-SS<br />

- Biometrie / Festlegung des Gestationsalters<br />

- Besonderheiten des Uterus und der Adnexe<br />

Fruchtsack<br />

- darstellbar ab 3 mm; ab 4+1 SSW<br />

- echoleere Ringstruktur mit hyperechogenem Randsaum<br />

- ab βHCG 800 - 1,000 IE/l entspricht 5 - 6 mm<br />

- 10. SSW 40 - 45 mm<br />

Dottersack<br />

- ab 4+1 SSW<br />

- Kontinuierliche Zunahme bis 10. SSW bis 5.5 mm (bleibt bei dieser Größe stehen)<br />

Embryonalanlage, HT, Bewegung<br />

- HT positiv ab 5+1 SSW<br />

- In der 5./6. SSW als uniforme, hyperdense<br />

Struktur im FS erkennbar<br />

- Physiologische Nabelhernie 9. - <strong>12</strong>. SSW<br />

- Aktive Bewegungen ab der 8. SSW<br />

- Scheitel-Steiß-Länge (SSL) bis <strong>12</strong>. SSW zur<br />

Bestimmung/Korrektur des Gestationsalters.<br />

SSL-Bestimmung in 8. - <strong>12</strong>. SSW legt GA (± 5 Tage) in 95%<br />

der Fälle korrekt fest.<br />

NT-Messung (SSW 11-14!!!)<br />

Ein Screening Test ergibt eine „individuelle Statistik“<br />

Wie hoch ist das Risiko eines genetischen Defektes bei einer bestimmten Patientin in der gegenwärtigen SS?<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 30


Fetales Wachstum<br />

Gynäkologie<br />

Ein invasiver Test (AC, CVS) ergibt eine „sichere Diagnostik“<br />

- Sensitivität bei beiden Methoden gleich<br />

- Risiko einer Abortinduktion ca. 1%<br />

- AC erst ab 15. SSW (frühere AC erhöht Abortrisiko auf ca. 2%)<br />

- CVS erst ab 11. SSW (frühere CVS erhöht Amputationsrisiko)<br />

Das Risiko eines genetischen Defekts (z.B. Trisomie-21) steigt mit dem mütterlichen Alter - Traditionelles Screening<br />

basierend auf mütterlichem Alter<br />

Prävalenz Trisomie-21 ca. 1:500.<br />

Allen Schwangeren > 35 Lj. Wird eine AC / CVS angeboten<br />

- Nur 50% der Tri-21 SS werden bei 20,000 Tests entdeckt<br />

- Mit 200 iatrogenen Aborten ist zu rechnen<br />

Kombiniertes Screening basierend auf mütterlichem Alter + Bluttest (PAPP-A, freies HCG) + NT<br />

Individuelles Risiko < 1:100 in circa 3% der Tests. Sensitivität ca. 90%.<br />

Allen Schwangeren > 35 Lj. Wird eine AC / CVS angeboten<br />

- 90% der Tri-21 SS werden bei 3,000 Tests entdeckt<br />

- Mit 200 iatrogenen Aborten ist zu rechnen<br />

Kombiniertes Screening basierend auf mütterlichem Alter + Bluttest (PAPP-A, freies HCG) + NT + „neuen“ Sono-Markern<br />

(Nasal Bone)<br />

Individuelles Risiko < 1:100 in circa 2.5% der Tests. Sensitivität ca. 95%.<br />

Allen Schwangeren > 35 Lj. Wird eine AC / CVS angeboten<br />

- 95% der Tri-21 SS werden bei 2,500 Tests entdeckt<br />

- Mit 200 iatrogenen Aborten ist zu rechnen<br />

Das Risiko eines genetischen Defekts (z.B. Trisomie-21)<br />

steigt mit dem mütterlichen Alter.<br />

Sinkt jedoch mit zunehmendem Gestationsalter<br />

Seite 31<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

fetales Wachstum<br />

Nackentransparenz - eine subcutane Flüssigkeitsansammlung (Ödem) zwischen Haut und Weichteilgewebe im Bereich der<br />

zervikalen WS.<br />

Sichtbar ideal 10+0 bis 13+6 SSW<br />

SSL zwischen 45 - 84 mm<br />

Verbreitert bei chromosomalen Abnormitäten<br />

10+0 SSW:<br />

CVS vor 11. SSW nicht sicher<br />

Organe vor 11. SSW noch nicht sichtbar<br />

13+6 SSW:<br />

Abortinduktion im 1. Trimenon<br />

Breite NT verschwindet nach 14. SSW<br />

- Fetus in „neutraler Position“<br />

- Profil sichtbar<br />

- Der breiteste Abstand zählt<br />

- Messpunkt: Innen-Innen<br />

Bei überstreckter Lage des Kopfes ist die<br />

Nackenfalte verdickt!<br />

Verteilung Euploid vs. Tri-21 vs. Tri-18/-13/etc. in 100,000 SS<br />

75% der Tri-21 (150)<br />

75% der Tri-18/-13/etc. (150)<br />

mit NT oberhalb Normal<br />

4,800 (fp)<br />

300 (rp)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 32


Fetales Wachstum<br />

Gynäkologie<br />

Erhöhung der NT korreliert invers mit „gesundem Outcome“<br />

Spezielle Computersoftware „integriert“ NT und errechnet ein individuelles Risiko in Abhängigkeit des mütterlichen Alters<br />

(Hintergrundrisiko)<br />

Hintergrundrisiko<br />

NT (breit) erhöht Risiko [rot]<br />

NT (schmal) erniedrigt Risiko<br />

[blau]<br />

Risiko 20 Lj / NT (breit)<br />

Risiko 40 Lj / NT (schmal)<br />

Serumparameter zusätzlich zur NT und dem mütterlichen Risiko.<br />

1. freies HCG<br />

2. PAPP-A (pregnacy-associated plasma protein A)<br />

CAVE: Werte abhängig von (Körpergewicht, Ethnischer Herkunft, Rauchen, Mehrlingen, etc.)<br />

Trisomie 21: freies ßHCG 2-fach erhöht, bzw. PAPP-A um 50% reduziert<br />

Syndrome / Chromosomale Aberationen / Fehlbildungen, welche mit einer erhöhten NT einhergehen:<br />

Trisomie 10<br />

Pätau-Syndrom (Trisomie 13)<br />

Trisomie 15<br />

Trisomie 16<br />

Edwards-Syndrom (Trisomie 18)<br />

Down-Syndrom (Trisomie 21)<br />

Trisomie 22<br />

Triplo-X-Syndrom<br />

Tetrasomie <strong>12</strong>p<br />

Cornelia-de-Lange-Syndrom<br />

Noonan-Syndrom<br />

Turner-Syndrom<br />

Smith-Lemli-Opitz-Syndrom<br />

Joubert-Syndrom<br />

Multiple-Pterygien-Syndrom<br />

Fryns-Syndrom<br />

Zwerchfellhernie<br />

Nabelhernie<br />

Fehlbildung der Bauchwand<br />

Nierenfehlbildungen<br />

Herzfehler<br />

Frühes FFTS<br />

Seite 33<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

fetales Wachstum<br />

Diagnostik im 2. + 3. Trimenon (> SSW 13)<br />

Fetales Wachstum und Gewichtsschätzung<br />

- Fetale Vitalitätszeichen - HT / Bewegung<br />

- Fetale Gewichtsschätzung (Biometrie)<br />

- Kindslage<br />

- Lokalisation der Plazenta<br />

- Fruchtwassermenge<br />

Ab der <strong>12</strong>. SSW zunehmende individuelle Streubreite der fetalen Gewichtszunahme - Gestationsalter Bestimmung ab <strong>12</strong>.<br />

SSW ungenau<br />

Gewichtsschätzung mit Hilfe der HADLOCK-FORMEL unter Einbeziehung von:<br />

- biparietaler Schädeldurchmesser (BPD)<br />

- Kopfumfang (KU)<br />

- Abdomenumfang (AU)<br />

- Femurlänge (FL)<br />

Biparietaler Schädeldurchmesser / frontookzipitaler DM / Kopfumfang<br />

- Kopf im Horizontaldurchmesser, symmetrisch mit durchgehenden Konturen<br />

- Mittelecho durch Cavum septi pellucidi unterbrochen; Thalamuskerne parallel<br />

- Bei richtiger Einstellung sind Orbita und Cerebellum nicht sichtbar<br />

- Messpunkte: Außen - Außen (knöcherner Schädel)<br />

Abdomenquerdurchmesser / Abdomenumfang<br />

- Einmündungsstelle der Vena umbilicalis in den Sinus Venae portae „Hockeyschläger“<br />

- Abdomen soll möglichst rund zur Darstellung kommen<br />

- Schlagendes Herz nicht sichtbar - Magenblase sichtbar<br />

- Messpunkte: Außen - Außen (knöcherne Rippen)<br />

Verknöcherte Rippen<br />

Femurlänge<br />

- Ab <strong>12</strong>. SSW messbar<br />

- Femur in seiner längsten Ausdehung quer zum Schallkopf<br />

- Gemessen wir der ossifizierte Röhrenknochen (ohne Femurkern)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 34


Fetales Wachstum<br />

Gynäkologie<br />

Normkurven für fetalen Wachstumsverlauf im MKP<br />

Biparietaler Durchmesser<br />

Abdomen-Transversaldurchmesser<br />

Weitere Biometriemaße<br />

- Querdurchmesser des Cerebellum (in mm) korreliert in der 20. - 30. SSW mit dem Gestationsalter.<br />

- Orbita-Orbita Abstand (ab der 13. SSW), Humeruslänge (HL) für spezielle Fragestellungen (Fehlbildungen)<br />

∙ Heute nur im Rahmen klinischer Studien → relativ neue Maße<br />

∙ Noch nicht in den Leitlinien enthalten<br />

Cerebellum; 24. SSW<br />

Humeruslänge; 35. SSW<br />

Seite 35<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Mehrlinge<br />

10.11.11 - Widschwendter<br />

Mehrlinge<br />

Entstehung<br />

Dizygote Zwillinge<br />

- 70% aller Zwillinge sind dizygot („zweieiig“)<br />

- 2 Eizellen werden von 2 Spermatozoen befruchtet<br />

- Die sind erbverschieden<br />

- immer dichorial/diamniot<br />

- zwei Plazenten (wenn die Implantationsstellen nahe beieinander liegen kann eine gemeinsame Plazenta<br />

vorgetäuscht werden)<br />

- Das Geschlecht kann gleich oder unterschiedlich sein<br />

Monozygote Zwillinge<br />

- 30% aller Zwillinge<br />

- Erbgleich und immer gleichgeschlechtlich<br />

- Entstehen durch eine sekundäre Teilung des durch einen Spermatozoon befruchteten Hauptkerns einer Eizelle<br />

- Oft unterschiedlich groß bei der Geburt - Gefäßanastomosen<br />

FF-Transfusionssyndrom<br />

Varianten der monozygoten Zwillinge<br />

- Teilung in den ersten 2-3 Tagen (bis zum Morulastadium) = 2 Blastozysten - dichoriale/diamniote Gemini - 10%<br />

aller Zwillinge<br />

- Teilung ab 4. Tag (Blastozystenstadium) - nur das Embryoblast teilt sich - monochorial/ diamniot (20% aller<br />

Zwillinge) – FFTS-Gefahr - <strong>12</strong>-15%<br />

- Teilung nach dem 8. Entwicklungstag (erst nach Ausbildung des Amnions) - monochorial/monoamniot (1% aller<br />

Zwolinge)<br />

- Bei einer Embryonalspaltung zwischen dem <strong>12</strong>-14 Tag entstehen „Siamesische Zwillinge“ (Häufigkeit 1/45.000<br />

Geburten)<br />

- Monochoriale Zwillinge sind monozygot<br />

Entstehung – spontan<br />

30%<br />

70%<br />

Entstehung - ART/Stimulation<br />

- Transfer mehrerer Embryonen<br />

- Ovarielle Stimulation<br />

- Erhöhte Rate monozygoter Zwillinge (2-<strong>12</strong>x)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 36


Mehrlinge<br />

Gynäkologie<br />

- Veränderung der Zona pellucida durch Fertilisationstechniken<br />

Epidemiologie<br />

Häufigkeitsschätzung spontaner Mehrlinge – „Hellin-Regel“<br />

Mehrlinge n Häufigkeit = 1:85n-1<br />

Zwillinge 2 1:85 1,18%<br />

Drillinge 3 1:852 1:7225<br />

Vierlinge 4 1:853 1:614.<strong>12</strong>5<br />

Fünflinge 5 1:854 1:52.200.652<br />

Zwillingsgeburten in Österreich<br />

Zwillingsgeburten in den vergangenen 10 Jahren zw. 2,3 und 4,3% aller Geburten<br />

Epidemiologie Zwillinge spontan vs. ART<br />

<br />

<br />

Monozygot (Inzidenz)<br />

o 3-5/1000 Geburten<br />

Dizygot (Inzidenz)<br />

o variabel<br />

Faktoren, die dizygote Zwillingswahrscheilichkeit erhöhen:<br />

- Reproduktionsmedizinische Therapie<br />

- Geographische Herkunft: Afrika (1/30), Asien (


Gynäkologie<br />

Mehrlinge<br />

Vanishing Twin, Fetus papyraceus<br />

- Absterben des Fetus im 2. Trimenon<br />

Diagnostik<br />

- Sonographie in der Frühschwangerschaft<br />

- Zahl der Fruchthöhlen in der ca. 5 SSW sichtbar<br />

- Herzaktionen 6-7 SSW<br />

- 8.-<strong>12</strong>. SSW: Zahl der Chorion- und Amnionhöhlen erkennbar (nach der 13.-15. SSW nicht mehr sichtbar)<br />

∙ Lambda-Zeichen bei dichorialen-diamnioten Gemini<br />

∙ T-Zeichen bei monochorialen/diamnioten Gemini<br />

Monozygote Zwillingsschwangerschaft<br />

Je später die Teilung, umso höher das Risiko von Komplikationen<br />

Chorionizität<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 38


Mehrlinge<br />

Gynäkologie<br />

Fetal Loss Rates<br />

Komplikationen<br />

Mehrlingsschwangerschaft = Risikoschwangerschaft<br />

- Fetales Risiko:<br />

∙ Chorionizität (Monochorial):<br />

• TTTS (twin-to-twin transfusion syndrome)<br />

• TAPS<br />

• TRAP<br />

• sIUGR<br />

• IUFT<br />

∙ Frühgeburt<br />

∙ Fehlbildungen<br />

- Maternales Risiko:<br />

∙ Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (SIH)<br />

∙ Präeklampsie<br />

• Hängt zusammen mit Plazentationsstörung, diese ist bei Gemini wesentlich häufiger<br />

∙ Gestationsdiabetes<br />

∙ Postpartale Blutung: v.a. atone Blutungen durch Überdehnung des Uterus<br />

Morbidität und Mortalität bei Mehrlingen<br />

Merkmale Gemini Drillinge Vierlinge<br />

Geburtsgewicht (durchschnittlich) 2.347g 1.687g 1.309g<br />

Schwangerschaftsalter (durchschnittlich) 35,3 SSW 32,2 SSW 29,9 SSW<br />

Intrauterine Wachstumsrestriktion (IUGR) 14-25% 50-60% 50-60%<br />

Neo-Intensivtherapie 25% 75% 100%<br />

Mit schwerem Handicap - 20% 50%<br />

Risiko für Zerebralparese 4x höher 17x höher -<br />

Risiko im ersten Lebensjahr zu versterben<br />

7x höher<br />

(als Einlinge)<br />

20x höher (als<br />

Einlinge)<br />

-<br />

Morbidität und Mortalität bei Zwillingen<br />

Risiko Zwillinge<br />

- Alle Zwillinge<br />

∙ Frühgeburtlichkeit<br />

∙ IUGR<br />

∙ IUFT<br />

∙ Präeklampsie<br />

Seite 39<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Mehrlinge<br />

- Monoamniale Gemini<br />

∙ Nabelschnurverschlingungen → bis zu IUFT<br />

∙ Verhaken intrapartal<br />

- Monochoriale Gemini<br />

∙ Erhöhte Abortrate<br />

∙ Erhöhte Fehlbildungsrate<br />

∙ TTTS<br />

∙ TAPS<br />

∙ TRAP-Sequenz<br />

∙ IUGR/sIUGR<br />

Frühgeburtlichkeit: Ursachen für verminderte Schwangerschaftsdauer<br />

- Mechanische Belastung der Zervix<br />

- Uterusüberdehnung mit vorzeitiger Zervixreifung<br />

- Relativ verminderte Uterusdurchblutung (durch Überdehnung) und verminderte Plazentafunktion<br />

- Diskrepanz zwischen wachsendem Fetalgewicht und Plazentavolumen<br />

- Relative Abnahme der Progesteronspiegel<br />

Vorhersage von Zwillingsgeburt vor der 33. SSW mit Zervixlängenmessung in der 23. SSW<br />

Einer der verlässlichsten Parameter für die Vorhersage der<br />

Frühgeburtlichkeit (nicht nur bei Mehrlingen)<br />

(früher prophylaktische Cerclage durchgeführt: hat sich<br />

aber herausgestellt, dass die Cervix-stützende Funktion die<br />

Risiken – z.B. Infektion – dieser Methode nicht aufwiegt)<br />

Ursachen für IUGR<br />

- Geringere uterine Perfusion<br />

- Anomalien der Nabelschnur<br />

- Limitierte Transportkapazität der Plazenta<br />

- Ungleich verteiltes Plazentavolumen<br />

- FFTS – Hauptfaktor<br />

- Erhöhtes Anomalierisiko<br />

Monoamniale Gemini<br />

- kurze Entfernung der Nabelschnüre<br />

- in 1/3 der Fälle marginale oder velamentöse Insertion (Nabelschnur inseriert nicht direkt<br />

in der Plazenta, sondern in Eihäuten)<br />

- immer vaskuläre Anastomosen aber selten TTTS<br />

- in 2/3 Nabelschnur- Verschlingungen („Cord Entanglement“) mit Knoten<br />

- selbe Risiken wie für andere Zwillinge<br />

- 20-75% Mortalität (!)<br />

- wöchentliche Kontrollen ab der 16. SSW bis zur 26.SSW (Blasenfüllung und Doppler UA, DV & ACM) im<br />

Spezialschall<br />

- stationäre Aufnahme ab der 26.SSW<br />

- engmaschiges Monitoring mit CTG und Doppler<br />

- signifikant verbessertes Outcome mit Reduktion der Mortalität (0 vs. 14,8%) und Morbidität (29 vs.50%)<br />

- Signifikant verbessertes Outcome bei elektiver Entbindung durch Sectio bis 32+0 SSW nach Lungenreifeinduktion<br />

(Mortalität steigt ab der 30.-32. Woche stark an)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 40


Mehrlinge<br />

Gynäkologie<br />

Monochoriale Gemini<br />

Gemeinsame Plazenta hat immer Verbindungen beider fetaler Kreisläufe: AV, AA, VV<br />

Risiko im Vergleich zu DC<br />

- fetaler/perinataler Verlust x5<br />

- Neurolog. Schädigung x10<br />

- IUGR x2<br />

Spezielle Risiken: TTTS – TAPS – TRAP-Sequenz – sIUGR – sIUFT<br />

Zwillingstransfusionssyndrom<br />

Ort, von dem die beiden Feten aus der Plazenta ihr Blut erhalten ist<br />

variabel → solange die Areale getrennt sind: kein Problem; wenn<br />

allerdings Anastomosen auftreten, kann es zum Transfusionssyndrom<br />

kommen (kann nur bei einer einzigen gemeinsamen Plazenta<br />

auftreten, d.h. nur bei monochorialen Zwillingen)<br />

Anastomosen<br />

TTTS (Twin to Twin Transfusion Syndrome)<br />

gemeinsame Plazenta über Anastomosen verbunden -> Problem,<br />

sobald unbalanciert; Donor, der zu wenig Blut bekommt, wird wenig<br />

ausscheiden und dadurch auch wenig Fruchtwasser haben<br />

eine leichte Form des TTTS kann auch ohne Symptome bleiben, erst<br />

ab einem schweren Verlauf werden klinisch Symptome erkannt<br />

wichtig in der Diagnostik: Fruchtwasser und Harnblase beurteilen<br />

Diagnostische Kriterien<br />

Monochoriale Schwangerschaft<br />

Donor<br />

Rezipient<br />

Fruchtwasser Oligohydramnion Polyhydramnion<br />

Harnblase nicht darstellbar stark gefüllt<br />

Seite 41<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Mehrlinge<br />

Quintero Stadien<br />

Stadium I Poly/Oligohydramnion; Blase beim Donor darstellbar<br />

Stadium II Poly/Oligohydramnion, Blase beim Donor nicht darstellbar<br />

Stadium III Poly/Oligohydramnion mit pathologischem Doppler<br />

Stadium IV Poly/Oligohydramnion mit Aszites oder Hydrops fetalis<br />

Stadium V Intrauteriner Fruchttod<br />

Von diesen Stadien ist auch abhängig, wie und wann man interveniert<br />

Inzidenz<br />

- 1/3 der Zwillinge sind monozygot<br />

- 2/3 der MZ Zwillinge sind monochorial<br />

- 15 % der MC Zwillinge → TTTS<br />

Österreich 2008<br />

- 1.324 Mehrlingsgeburten → 43 schwere TTTS<br />

natürlicher Verlauf<br />

- > 80 % Mortalität<br />

- ca. 40 % neurologische Komplikationen<br />

Ziel der Therapie<br />

Unbalanzierte Transfusion → Behandlung der Erkrankung<br />

Lasertherapie: unter lokaler Betäubung in das Amnion einstechen (Laserfaser ist sehr dünn ~1mm) → Anastomosen werden<br />

mit dem Laser koaguliert<br />

Alternative vorher waren serielle Amniozentesen: Fruchtwasser bei<br />

Oligohydramnion regelmäßig abgezogen → aber nur symptomatische<br />

Therapie<br />

Lasertherapie vs. Amniozentese:<br />

Periventrikuläre Leukomalazie: 6 % vs. 14%<br />

Überleben eines Kindes >28 d pp: 76% vs. 58%<br />

Diagnose und Intervention: zwischen der 16.<br />

Und 36. SSW (danach bringt Lasertherapie<br />

nichts mehr)<br />

Behandlungsergebnis<br />

Blau: überlebt<br />

Rosa: intrauterin verstorben<br />

ca. ¼ verstirbt trotz der Intervention intrauterin<br />

TAPS (Twin - Anemia - Polycythemia - Sequence)<br />

- Seltene Form des TTTS<br />

- häufig späteres Auftreten (>26.SSW)<br />

- langsame Entstehung<br />

- wenige dünne, unidirektionale arteriovenöse Anastomosen<br />

- meist gleichmäßige Größenverteilung der Plazenta<br />

- keine Fruchtwasserdiskrepanz da hämodynamische Kompenstation<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 42


Mehrlinge<br />

Gynäkologie<br />

auch unbalancierte Transfusion, aber wesentlich schwächer als beim<br />

TTTS<br />

→ Donor hat eine Anämie, aber keine Oligurie;<br />

→ Rezipient hat Polyglobulie, aber kein Polyhydramnion<br />

Plazenta:<br />

Anastomose nicht hämodynamisch wirksam<br />

Diagnose<br />

- Monochoriale Zwillingsschwangerschaft<br />

- MCA PSV (peak systolic velocity – Parameter für Höhe des Hb) – mit Doppler messbar<br />

∙ > MW + 1.5 SDEV bei einem Kind (Donor - Anämie)<br />

∙ < MW - 1.0 SDEV beim anderen Kind (Rezipient - Polyzythämie)<br />

- Hämoglobin bei der Geburt<br />

∙ < <strong>12</strong> g/dl beim einen Kind<br />

∙ > 20 g/dl beim anderen Kind<br />

Inzidenz<br />

? ~3 % der MC ohne TTTS<br />

Sonographie<br />

anämer Zwilling mindestens eine Standardabweichung darüber, polyglober<br />

mindestens eine Standardabweichung darunter → bei so einer Differenz<br />

kann von einem TAPS ausgegangen werden<br />

Folgen<br />

- Aszites<br />

- Perikarderguss<br />

- Dilatation des Herzens<br />

- Hautödem<br />

- Hydrops der Plazenta<br />

- Diffus-körnige Echogenizität der Leber<br />

TRAP (Twin Reversed Arterial Perfusion Sequence)<br />

“Chorangiopagus Parasyticus” und “arkadische Zwillinge”<br />

- Spender-Zwilling („pump-Twin“) versorgt Empfänger mit dem fehlgebildeten Herzen („Arkadius“) über<br />

Gefäßanastomosen (generell arterioarteriell)<br />

- Inzidenz 1% der monochorialen Gemini<br />

- durch Formation plazentarer Gefäßanastomosen, bei denen es zur Umkehr des Blutflusses kommt.<br />

Seite 43<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Mehrlinge<br />

- Vorangehender Zwilling in SL<br />

- Keine monoamnialen Zwillinge (Verhaken)<br />

- unauffällige Schwangerschaft, keine Zusatzrisiken<br />

- CTG-Registrierung und Notsectio<br />

- Pädiater zur Geburt anwesend<br />

Nach der Entbindung des 1. Zwillings<br />

- sofortige sonographische Lagekontrolle des 2. Zwillings<br />

- Kontrolle des Muttermundes<br />

- Wehenunterstützung mit Oxytocin i.v.<br />

- Geburtsintervall gering halten<br />

- Selten: Sectio am 2. Zwilling bei pathologischem CTG<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 46


Frühgeburt<br />

Gynäkologie<br />

16.11.11 - Widschwendter<br />

Definition:<br />

Frühgeburt - Tokolyse - Lungenreife<br />

- Geburt vor der vollendeten 36. SSW<br />

- Ab der 24. SSW<br />

∙ Frühabort: vor der <strong>12</strong>. SSW<br />

∙ Spätabort nachher<br />

- (alt) Geburtsgewicht 4 Kontraktionen<br />

- Verkürzung der Zervix unter 25mm<br />

Zervixlänge<br />

Risiko für Frühgeburt:<br />

Cx LR<br />

5 mm 52<br />

10 mm 9.1<br />

15 mm 2.7<br />

20 mm 1.2<br />

25 mm 0.7<br />

30 mm 0.5<br />

40 mm 0.5<br />

50 mm 0.4<br />

60 mm 0.1<br />

normal<br />

verkürzt<br />

Zervix sollte mindestens 25mm Länge haben (am besten über 3). Die Zervixlänge sinkt nach Geburten etwas.<br />

- Isoliert betrachtet haben diese Symptome (Zervixlänge und Wehen) nur geringe Aussagekraft<br />

- Daher Kombination mit Tests: Fibronectin-Test, Amniocheck<br />

Seite 47<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Frühgeburt<br />

Fibronectin<br />

- Qualitativer Nachweis der fetalen Isoform von Fibronectin im Zervicovaginalsekret<br />

- Immunoassay auf Basis monoklonaler AK<br />

- Abstrich aus hinterem Fornix<br />

- Dieser Test hat v.a. einen sehr hohen negativen Vorhersagewert<br />

Schwangere mit vorzeitiger Wehentätigkeit<br />

- negatives Ergebnis = 99.2 % Vorhersagewert<br />

∙ Geburt binnen 1 Woche ohne Tokolyse : < 1%<br />

∙ Geburt binnen 2 Wochen ohne Tokolyse < 5%<br />

Epidemiologie<br />

Mortalität<br />

- Extrem hoch, je früher die Woche<br />

-<br />

- Erst ab der 32. SSW ist ein Plateau der Mortalität erreicht<br />

- Ab der 34. Woche geht die Mortalität fast auf null<br />

Mortalität/Morbidität<br />

- Vor der 24. Woche Outcome fatal<br />

- Auch bei den bleibenden Schäden sinkt das Risiko mit der 32. Woche auf einen niedrigen Wert<br />

Frühgeburt<br />

Die Frühgeburtenrate konnte nicht gesenkt werden in den letzten 10 Jahren, sie beträgt 7-<strong>12</strong> % in den entwickelten<br />

Ländern<br />

1/3 der Frühgeburten treten vor der 34.SSW auf.<br />

Die perinatale Mortalität wurde drastisch vermindert, blieb jedoch bei den FG < 37 SSW mit 6,5 % in den letzten 10 Jahren<br />

im Wesentlichen unverändert.<br />

Wie groß ist das Problem?<br />

- Mortalität in Österreich<br />

- Frühgeburten<br />

- Rund 250 Todesfälle pro Jahr<br />

- - 1 Todesfall pro WOCHENTAG<br />

Frühgeburten sind für 75-95% aller neonatalen Todesfälle verantwortlich<br />

bei den überlebenden Kindern vor der 37.SSW beträgt das Risiko eines Handicaps 10-15 %,schwere Behinderungen v.a. vor<br />

der 34.SSW<br />

Mathews:Infant mortality statistics from1998, Natl vital state report 2000<br />

Die wöchentlichen Kosten für ein Frühgeborenes auf der neonatologischen Intensivstation werden mit bis zu 10.000$<br />

angegeben<br />

Ursachen:<br />

- maternale genitale Faktoren<br />

- maternale extragenitale Faktoren<br />

- Kyematogene (fetoplazentare) Ursachen<br />

- artifizielle Frühgeburt<br />

Risikofaktoren<br />

Maternale genitale Faktoren:<br />

- Uterine Malformation<br />

∙ Uterus septus<br />

∙ Uterus bicornis<br />

∙ Problem bei z.B. septiertem Uterus: Kind ist in diesen engen Räumen sehr stark fixiert → daher muss oft<br />

der ganze Uterus längs aufgeschnitten werden, um das Kind zu entwickeln<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 48


Frühgeburt<br />

Gynäkologie<br />

- Myome<br />

- Zustand nach Konisation<br />

- Zervixinsuffizienz<br />

- Zustand nach Zervixriß (kann zur Zervixinsuffizinez führen)<br />

- Aszendierende vaginale Infektion ! → Hauptursache<br />

Infektion<br />

Zervixreifung<br />

- Die straffe Zervix weicht in den Wochen vor der Geburt auf.<br />

- Decidua und Eihaut am unteren Eipol produzieren IL 8<br />

IL-8 wirkt chemotaktisch auf polymorphkernige Granulozyten Diese geben Elastasen und<br />

Kollagenasen frei<br />

Zytokine<br />

Erhöhung verschiedener Zytokine im Fruchtwasser bei vorzeitiger Wehentätigkeit mit Infektionszeichen.<br />

Klinik:<br />

- Zervixinsuffizienz<br />

- Wehen<br />

- Blasensprung<br />

Myometriale<br />

Kontraktionen<br />

Zervixreifung<br />

Maternale extragenitale Ursachen:<br />

- Sozialstatus<br />

- Alter < 18 a oder<br />

- Alter > 35 a<br />

- Spätgestose<br />

- Harnwegsinfektion<br />

Kyematogene (=fetoplazentare) Ursachen:<br />

- Mehrlinge<br />

- Hydramnion<br />

- Plazentaanomalie (Plazenta praevia)<br />

- Plazentare Insuffizienz<br />

- Infektion<br />

Therapie<br />

- Schonung, Bettruhe<br />

- Tokolyse<br />

- Behandlung einer Infektion<br />

- Lungenreifeinduktion<br />

- Cerclage<br />

- Pessar<br />

Cerclage<br />

Heute immer weniger → weil in den letzten Jahren erkannt wurde, dass Cerclagen nicht immer etwas bringen und eventuell<br />

sogar das Gegenteil bewirken können. Daher werden heute die Indikationen viel strenger gestellt.<br />

Seite 49<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Frühgeburt<br />

Gynäkologie<br />

- Wirkung:<br />

∙ Gesteigerte Surfactant Synthese,<br />

∙ Reduktion der Oberflächenspannung,<br />

∙ Erhöhung der Lungendehnbarkeit,<br />

∙ Verringerung der alveolokapillären Permeabilität für Serumproteine →weniger Lungenödem<br />

- 10-14 Tage Vorsprung im Vergleich zu keiner Lungenreifeninduktion werden erreicht<br />

Wirkungsbeginn nach 24h-48h, Wirkung hält 7-10 Tage an<br />

Neonatales Outcome<br />

- Perinatale Mortalität 40% ↓<br />

- RDS 50% ↓<br />

- Intraventrikuläre Blutungen 40% ↓<br />

- Nekrotisierende Enterocolitis 30% ↓<br />

Langzeitstudien (einmalige Lungenreife):<br />

- Kein negativer Einfluss auf weiteres Lungenwachstum<br />

- Keine häufigeren psychomotorischen Komplikationen<br />

- Keine Wachstumsverzögerungen<br />

Bei mehrmaliger Lungenreife treten Entwicklungsverzögerungen häufiger auf → daher nur bei bestimmten Kriterien<br />

Wiederholung der Lungenreifeinduktion<br />

3 Kriterien:<br />

- Letzte Lungenreife mindestens 3 Wochen zurückliegend<br />

und<br />

- Geburt in den nächsten Tagen zu erwarten<br />

und<br />

- vor der 34+0 SSW<br />

Tokolyse<br />

Tokolyseindikation<br />

- Primäres Ziel: Wehenhemmung über 48 Stunden um während dieser Zeit eine vollständige Lungenreifung<br />

durchzuführen ( 24+0 bis 33+6 SSW)<br />

- Sekundäres Ziel: Prolongieren der Schwangerschaft<br />

∙ aufgrund der im Vergleich zu Beta-Mimetika geringeren Tachyphylaxie-Wirkung sollen bei dieser<br />

Indikation Oxytocin-Antagonisten verwendet werden<br />

Tokolytika<br />

In Österreich als Tokolytikum registriert:<br />

- Beta-Mimetika: Gynipral (Fenoterol)<br />

- Oxytocinantagonist: Tractocile (Atosiban)<br />

- Magnesiumsulfat<br />

Tokolytisch wirksam, nicht registriert:<br />

- Indomethacin ( Indobene)<br />

- NO-Donatoren: Nitroglycerin<br />

- Calciumkanalblocker:Nifedipin (Adalat)<br />

Grundgedanke der Tokolyse mit Beta-Mimetika<br />

Gesamte glatte Muskulatur……<br />

……Myometrium, Muscularis der Bronchien und der Gefäße wird durch Stimulation von β2 Rezeptoren relaxiert<br />

Nebenwirkungen Beta-Mimetika<br />

- Erhöhung Herzfrequenz und Systolischer RR<br />

- Senkung diastolischer RR<br />

- Passagerer Anstieg Blutzucker<br />

- Passagere Verschiebung extrazelluläres K in die Zellen<br />

- Passagere Oligurie mit Flüssigkeitsretention<br />

- Passagerer Abfall von Hämoglobin/Hämatokrit<br />

- Verstärktes Durstgefühl<br />

- Weitere Hyperhydration, Herzbelastung bis zum Lungenödem!<br />

Seite 51<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Frühgeburt<br />

Gefahr von Lungenödem!!!<br />

Vor allem bei Gynipral-Dauertokolyse!<br />

- Beginn mit Hustenreiz und Atemnot, es folgen schwerste Dyspnoe<br />

und Orthopnoe<br />

- "Rasseln in der Brust"<br />

- Bei voller Ausbildung schaumiges weißes oder rosa tingiertes<br />

Sputum<br />

- Häufig Schockzustand mit Kreislaufzentralisation und Zyanose<br />

Röntgenzeichen der Linksherzinsuffizienz<br />

auf der Thoraxaufnahme beim<br />

Lungenödem<br />

Beta-Mimetika – Kontraindikationen<br />

- Herzerkrankungen, Myocarditis, Mitralvitium, IHSA, Rhythmusstörungen<br />

- Hyperthyreose<br />

- Leber und Nierenerkrankung<br />

- Engwinkelglaukom<br />

- Genitale Blutung und intrauterine Infekte<br />

- DM<br />

„Dauertokolyse“ mit Gynipral oder Partusisten<br />

Problem der Tachyphylaxie<br />

Wirkungsabschwächung – Bei wiederholter Einnahme nimmt die Wirkung trotz gesteigerter Dosen des Wirkstoffs ab, bis sie<br />

ganz ausbleibt<br />

Der neue Ansatz: Beta-Mimetika-Perfusor-Bolustokolyse<br />

Grundgedanke: Pulsatile Applikation<br />

- Spezielle Spritzenpumpe<br />

- Deutliche Dosisreduzierung<br />

Tokolyse mit Tractocile/Atosiban<br />

Wirkungsweise<br />

- Kompetitive Hemmung des Oxytocin-Rezeptors<br />

Hauptvorteil<br />

- Günstigeres maternales Nebenwirkungsprofil als Beta-Mimetika (Übelkeit, Erbrechen, Kopfweh)<br />

- Keine fetalen Nebenwirkungen<br />

Hauptnachteil:<br />

- SAUTEUER !<br />

Oxytocin-Antagonist<br />

Mittel der 1.Wahl lt. OEGGG Leitlinie bei :<br />

- Mehrlingsschwangerschaft, aufgrund der erhöhten kardiorespiratorischen Belastung<br />

- Bei mütterlicher Indikation<br />

- Bei Indikation zur prolongierten Tokolyse nach erreichter Lungenreife ( fehlende Tachyphylaxie)<br />

Magnesiumsulfat<br />

- In Diskussion<br />

- Cochrane Review 2004 (9 random. Studien): „Magnesium is ineffective at delaying birth or preventing preterm<br />

birth, and its use is associated with an increased mortality for the infant”<br />

- OEGGG: Magnesium kann aufgrund der derzeitigen Datenlage nicht empfohlen werden.<br />

∙ Kombinationen aus Magnesium und Beta-Agonisten zeigen keine bessere tokolytische Wirkung, jedoch<br />

erhöhte NW-Rate<br />

Nicht registrierte Tokolytika<br />

Prostaglandinsynthesehemmer (Indomethacin)<br />

- Blockieren Prostaglandinsynthese in Eihäuten und Uterus<br />

- Indomethacin wäre ideales Tokolytikum → wenn es nicht den ductus arteriosus des Feten konstringieren würde!<br />

Indomethacin - als Kurzzeittokolyse vor der 30 SSW, z.B. Transport in Zentrum<br />

- Wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht<br />

- Wenn Kontraindiktionen bestehen oder eine ultima ratio Verzweiflungstokolyse nötig ist<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 52


Frühgeburt<br />

Gynäkologie<br />

Dosierung:<br />

- Therapiebeginn 100 mg rektal<br />

- 25 mg oral alle 4h für 24h<br />

Keine Indomethacin-Tokolyse ohne Doppler-Möglichkeit ! Konstringierter ductus arteriosus ist enorm „schnell“ und hat<br />

hohe Diastole und damit niedrigen PI<br />

Nitroglyzerin<br />

- Ist ein NO-Donator, aktiviert cAMP, was zur Relaxation glatter Muskeln beiträgt<br />

- Nitro-Patch mit konstanter Abgabe 10mg/24h<br />

Studienlage<br />

- 11 randomisierte Studien mit > 1000 Pat<br />

- Vs MgSO4<br />

∙ Clavin et al AJOG Obstet 1996 174:307<br />

- Vs beta-Mimetika<br />

∙ Bisits A et al 1998 AJOG 178:862<br />

∙ Lees C et al 1998 Obstet Gynecol<br />

∙ Schleussner et al 2002 Arch Gyn Obst 267<br />

∙ Wani et al 2004 Int J Gyn Obstet 85:165<br />

- Gleich effektiv über 48 h und 7 Tage<br />

- Geburt < 37 SSW überlegen (Lees, Wani, Schleussner)<br />

NO-Donatoren<br />

- Nitroglycerin 10-20 mg/d (Nitrolingual)<br />

∙ Gleich effektiv wie Beta-Agonisten<br />

∙ Abgesehen von maternalem Kopfschmerz deutlich geringere NW als Beta-Agonist<br />

∙ Quälende Kopfschmerzen in 30-70 %führen zu Therapieabbruchrate von 25 %<br />

∙ Negative Auswirkungen auf den Feten und das neonatale outcome bestehen nicht<br />

Kalziumkanalblocker (Adalat)<br />

- Kalziumkanalblocker binden an den Kalziumkanal, blockieren ihn und hemmen dadurch den Kalziumeinstrom in<br />

die Zelle.<br />

- Dadurch sinkt die Kalziumkonzentration in der Zelle, die Muskelkontraktion lässt nach<br />

→ gute Wirksamkeit, aber nicht zugelassen<br />

Adalat ist nach Evidence-Based-Medicine besser.... ...aber ein off-label use !<br />

KEINESFALLS ADALAT GLEICHZEITIG MIT MAGNESIUM iv GEBEN ! → Steigert die Muskelrelaxation !<br />

Alkohol<br />

Ethanol and ritodrine were both found to be effective inhibitors of premature labor with ritodrine giving the most favorable<br />

results<br />

Wirkungsdosis 1 Promille !<br />

Geburt<br />

Frühgeburt – Geburt<br />

- Verlegung des Kindes in utero an ein perinatologisches Zentrum<br />

- Planung der Geburt gemeinsam mit Pädiater<br />

- Sectio - Spontangeburt<br />

∙ BEL<br />

∙ keine Vakuumextraktion<br />

∙ Polyhydramnie → geburtsmechanische Probleme und Nabelschnurvorfall<br />

∙ Schonende Geburtsleitung<br />

∙ (Spiegelgeburt, allenfalls Zange → Käfigwirkung)<br />

Seite 53<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Rhesus-Inkompatibilität<br />

17.11.11 – Hofstetter<br />

Entwicklung des fetalen Blutes:<br />

Rhesus-Inkompatibilität<br />

- 17 Tage nach der Befruchtung (5.SSW.) finden sich erste Blutzellen im Dottersack<br />

∙ = hämatopoetische Stammzellen (HSC)<br />

- Abnahme der Dottersack Erythropoese in der 6.-7. SSW, hämatopoetische Stammzellen wandern in die Leber aus,<br />

die Leber übernimmt die Blutbildung<br />

- Bis zur 30. Woche ist die Leber das wichtigste hämatopoetische Organ. Der Großteil des dabei synthetisierten<br />

Hämoglobins ins HbF<br />

- Von der Leber aus „besiedeln“ hämatopoetische Stammzellen weitere blutbildende Organe: Milz, Thymus,<br />

Lymphknoten, Knochenmark<br />

- Ab der 20. Woche beginnt das Knochenmark mit der Blutbildung<br />

- Ab der Geburt ist wie beim Erwachsenen die Hauptblutbildung im Knochenmark<br />

Feto-maternaler und materno-fetaler Transport von Erythrozyten<br />

Ständiger Austausch zwischen maternalem und fetalem Blut. Auch bei Erwachsenen sind noch Zellen nachweisbar, die sie<br />

von ihren Müttern erhalten haben<br />

In jeder SS gehen geringe Mengen fetalen Blutes an die Mutter über: mütterliche Erys umspülen die Plazentazotten, die von<br />

Synzytiotrophoblasten umhüllt sind<br />

Erys des Feten haben noch einen Kern<br />

Der Mechanismus, wie die Erys über die Plazentaschranke kommen, ist noch nicht bekannt<br />

Nicht nur Erys, sondern auch DNA und RNA werden an die Mutter übertragen → in Zukunft mögliche, für den fetus nicht<br />

invasive Pränataldiagnostik aus dem Blut der Mutter (Seit Jahren wird prognostiziert, dass die Pränataldiagnostik mit<br />

Amniocentese und CVS bald durch eine Blutabnahme bei der Mutter abgelöst wird)<br />

Rhesus Sensibilisierung<br />

Übertritt fetaler Erythrozyten in den mütterlichen Kreislauf (Fetomaternale<br />

Transfusion)<br />

- In der ersten Schwangerschaft noch keine Gefahr<br />

- Rhesus-positive Erys im Feten lösen nach der Schwangerschaft<br />

Akö-Produktion in der Mutter aus<br />

Morbus hämolyticus fetalis<br />

- Beim zweiten Kind wandern dann diese Akö (IgG) über die Plazentaschranke und binden an die fetalen Erys,<br />

wodurch diese in der Milz schneller abgebaut werden → es kommt zur fetalen Anämie<br />

- Der Fetus beginnt durch stärkere Erythropoese (im Knochenmark, der Leber und der Milz) den anämischen<br />

Zustand zu kompensieren; es kommt zur Hepatosplenomegalie und auch zum Ausschwemmen unreifer Vorstufen<br />

(=> Erythroblastosis fetalis)<br />

- Erhöhtes indirektes Bilirubin (Gelbverfärbung des Fruchtwassers)<br />

∙ Erhöhtes Bilirubin durch die Hämolyse in uteri noch kein Problem<br />

- Kardiomegalie<br />

- Aszites: durch Hepatosplenomegalie portale Hypertension → Aszites (unterstützt durch Hypoproteinämie)<br />

- Auch Perikard- und Pleuraergüsse<br />

- => Hydrops fetalis<br />

- Trat einmal ein Morbus hämolyticus neonatorum auf, ist bei weiteren Schwangerschaften der Verlauf stärker<br />

- Bis zum intrauterinen Fruchttod<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 54


Rhesus-Inkompatibilität<br />

Gynäkologie<br />

Pathophysiologie<br />

- Vermehrter Blutfluss durch verminderte Viskosität<br />

- Polyhydramnion<br />

- Plazenta viel dicker als normal, sieht auch anämisch (blass) aus<br />

M. hämolyticus neonatorum<br />

- Neugeborenes hat noch keine ausreichende BHS → Bili kann ins Hirn und wird typischerweise in den<br />

Stammhirnganglien eingelagert<br />

- Taubheit, Revertierung, Entwicklungsstörungen,…<br />

Nach Geburt: Wegfall der Plazenta als Ausscheidungsorgan für Bilirubin<br />

Nicht ausreichende Blut-Hirn Schranke: Ablagerung in Stammhirnkernen<br />

KERNIKTERUS mit schweren irreversiblen neurologischen Störungen<br />

- Neurosensorische Taubheit<br />

- Spastische Choreoathetose<br />

- Geistige Retardierung<br />

- Krampfanfälle<br />

- Ophistotonus<br />

Rhesus Faktor<br />

- Entdeckt durch K. Landsteiner und A.S. Wiener 1940<br />

∙ Injizierten Kaninchen mit Blut von Rhesus-Affen und fanden Antikörper<br />

- Die Fisher-Race Nomenklatur: nimmt drei mögliche Loci für Antigene mit jeweils 2 Allelen an<br />

∙ Die wichtigsten Antigene sind: D, C, c, E, e<br />

∙ Werden als Haplotyp in zwei Dreiersets vererbt, jeweils ein Set von einem Elternteil<br />

∙ Rhesus positiv: Vorhandensein eines D-Antigens<br />

∙ Rhesus negativ: Abwesenheit eines D-Antigens<br />

∙ Von den Rhesus positiven sind ca. 40% homozygot, ca. 60% heterozygot<br />

Heute sind mehr als 45 Antigene bekannt. Es gibt 2 Rhesus-Gene, RhD und RhCE, die am kurzen Arm des Chromosom 1<br />

lokalisiert sind<br />

Rh-antigen ist ein Transmembranprotein in der Membran von Erys<br />

Rhesusnegativität regional sehr unterschiedlich (in Mitteleuropa ca. 15%)<br />

<strong>12</strong>% Finnland<br />

15-18% Mitteleuropa<br />

35% Baskenland<br />

1% China, Japan, amerikanische Ureinwohner<br />

5% Westafrikaner<br />

8% Afroamerikaner<br />

Rhesus Konstellation<br />

Europa: Rhesus-negative Frau: 60% Wahrscheinlichkeit mit einem Rhesus positiven Kind schwanger zu sein<br />

Demnach ist bei ca. 10% aller mitteleuropäischen Schwangerschaften eine Rhesus-Konstellation<br />

Seite 55<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Rhesus-Inkompatibilität<br />

Das D-Antigen ist sehr „immunogen“<br />

- auf 0,1ml Rh+-Blut bilden 30% der Rhesus-negativen Antikörper<br />

- auf 0,5ml reagieren 50%<br />

- auf 1 ml bereits 80%<br />

- 20-30% sind non-responder, die nie Akö ausbilden (nie sensibilisiert werden)<br />

Schutz durch AB0-Inkompatibilität:<br />

- Eine 0 Mutter wird durch ihr A-Kind seltener sensibilisiert als eine A-Mutter durch ihr A-Kind<br />

Antikörper werden erst nach ca. 16 Wochen gebildet<br />

Direkter Coombs-Test<br />

Indirekter Coombs-Test<br />

→ d.h. bei der Rh-negativen Mutter ist nur der indirekte Test positiv, beim betroffenen Feten auch der direkte<br />

Fetomaternale Transfusion im klinischen Alltag<br />

Frühschwangerschaft<br />

- Spontanabort, Interruptio<br />

- EU-Gravidität<br />

- Invasive Prozeduren: Chorionzottenbiopsie, Amniocentese<br />

Wie viel Blutvolumen hat der Embryo?<br />

Keine verlässliche Angaben über das vor der <strong>12</strong>. SSW zirkulierende Blutvolumen!<br />

- Geschätzt 0,25ml in der 6.-7. SSW<br />

∙ 0,33ml in der 8.-9. SSW<br />

Ab wann exprimiert der Embryo Rhesus AG?<br />

Embryo exprimiert von Beginn an Rh-Antigen<br />

- Rh-Antigene an einem 10 mm Embryo<br />

- Hysterektomie-Präparat 38 Tage nach Konzeption (7.SSW)<br />

- Im Dottersack: kernhaltige Megaloblasten mit positivem Rh-Antigen<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 56


Rhesus-Inkompatibilität<br />

Gynäkologie<br />

→ feto-maternale Transfusion ab der 6. SSW möglich<br />

Spontanabort vor der 14 SSW:<br />

Transfusion von bis zu 0,1 ml<br />

Abortus imminens: 11% Transfusion<br />

→ RHESUSPROPHYLAXE auch in der Frühschwangerschaft<br />

Plazentapathologie<br />

Placenta praevia: deutlich erhöhtes Risiko einer fetomaternalen Transfusion<br />

Kokain → Vasokonstriktion → Plazentasitzlösung<br />

Plazentasitzlösung: Wiederholungsrisiko 15%<br />

Diagnose<br />

- Starke Schmerzen<br />

- Eher dunkles Blut im Vgl. zur Plazenta prävia<br />

- Hinterwandplazenta kann im Ultraschall nicht immer sichtbar sein<br />

- Therapie: rasche Sectio<br />

Rhesus-Sensibilisierung<br />

Bei der Geburt selbst höchstes Risiko einer fetomaternalen Transfusion<br />

Höheres Risiko bei Präeklampsie (weil Zusammenhang mit Plazentaarchitekturstörung)<br />

- RISIKO: Schwangerschaft: 0,9%, Geburt: 14%<br />

- GEBURT: 99%: 4ml fetales Blut<br />

∙ 0.3%: >15ml fetales Blut (Makrotransfusion)<br />

- Höheres Risiko bei Präeklampsie<br />

Massive fetomaternale Transfusion<br />

- 1 : 1000 Geburten<br />

- unerwartet<br />

- 74 % > 37. SSW<br />

- Meist spontan<br />

- bei Trauma, invasiven Proceduren, äußerer Wendung, Abruptio placentae<br />

∙ Meistens durch Vorschädigung<br />

- ¼ der Patientinnen bemerken reduzierte Kindsbewegungen<br />

- Veränderungen im CTG: sinusoidal, DIP II, Tachykardie<br />

→ Sectio indiziert, 35 % Anämie bei der Geburt, <strong>12</strong>% Totgeburten<br />

Kleihauer Test<br />

Ausmaß der fetomaternalen Transfusion kann abgeschätzt werden:<br />

- Wie viel fetales Blut ist im Blut der Mutter<br />

- Acidic pH solution: HbA nicht stabil (Ghost cells), HbF stabil im sauren Milieu → fetale<br />

Zellen können gezählt werden<br />

Umrechnung:<br />

- HbF-Zellen (‰) x 10 = fetales Blut (ml)<br />

∙ Beispiel: HbF 3‰: 3x10 = 30 ml<br />

- 10μg Anti-D neutralisieren 1ml Rh-pos Blut<br />

∙ 1A Rhophylac (300μg Anti-D) neutralisiert 30ml Rh-pos Blut<br />

Anti-D Prophylaxe<br />

- 1 Ampulle der Rhesusprophylaxe beinhaltet 300µg AntiD-Immunglobulin vom Menschen → 10µg Anti-D<br />

neutralisieren 1ml Rh+ Blut<br />

∙ D.h. wenn ein höherer Befund zurückkommt, muss mehr als eine Ampulle gespritzt werden<br />

∙ Routinemäßig i.m. (auch i.v. möglich)<br />

Seite 57<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Rhesus-Inkompatibilität<br />

∙ Genauer Wirkmechanismus unbekannt: nicht nur reine Maskierung der D-AG durch Anti-D-Akö, auch<br />

Quervernetzung mit B-Zellen (Down-Regulation von AG-spez. B-Lymphozyten durch Querverbindung<br />

mit Rh-pos. Erythrozyten) scheint zur Wirkung beizutragen<br />

∙ Eine Dosis schützt für <strong>12</strong> Wochen<br />

- Innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt eines Rhesus positiven Kindes<br />

- Risiko für fetomaternale Transfusion in der Schwangerschaft:<br />

∙ Abort, Interruptio<br />

∙ Extrauteringravidität<br />

∙ Invasive Proceduren: CVS, AC<br />

∙ Blutungen in der SSW<br />

∙ Maternales abdominales Trauma<br />

- In der 28. SSW bei allen Rhesus negativen Schwangeren<br />

Ohne Prophylaxe 16% Sensibilisierung der Mutter nach 2 SS:<br />

- Ab 1960: postpartale Prophylaxe: 2%<br />

- Ab 2005: antepartale Prophylaxe: 0.1%<br />

Rhesus-Sensibilisierung heute<br />

- Vergessene Rhesusprophylaxe prä/postpartum<br />

- Sensibilisierung in normaler Grav. VOR der Rhesusprophylaxe in der 28. SSW<br />

- Im Vergleich zur Makrotransfusion zu niedrige Dosierung (Versagen Kleihauer Test)<br />

- Andere Antikörper<br />

Praktisches Vorgehen<br />

- Bei erster MKP Untersuchung:<br />

∙ Blutgruppe inkl. Rhesusfaktor und indirekter Coombstest<br />

- NEGATIVER COOMBSTEST:<br />

∙ Wiederholung ca. 28.SSW<br />

- POSITIVER COOMBSTEST:<br />

∙ Art der Antikörper<br />

∙ Titerbestimmung (≥ 1:16)<br />

∙ Fetale Blutgruppe aus mütterl. Blut (freie DNA; PCR)<br />

∙ Vater: Blutgruppe<br />

Betreuung der Rh-sensibilisierten Schwangeren<br />

- Antikörper Titerkontrollen<br />

- Sonographiekontrollen<br />

∙ Anämiediagnostik mittels Messung der maximalen Blutflussgeschwindigkeit in der Arteria cerebri<br />

media<br />

MCA PSV Messung<br />

- Winkel (MCA mit Dopplergate) < 10 Grad<br />

- Minimaler Druck auf den Schädel<br />

- Ausreichende Vergrößerung<br />

- Messort im proximalen Drittel der MCA<br />

- Fetus in Ruhe<br />

- Gleichförmiges Kurvenbild<br />

Nabelschnurpunktion<br />

- Intrauterine Diagnose und Therapie<br />

- Bestimmung fetales Hämoglobin<br />

- Direkte Transfusion in die Nabelschnurvene<br />

Intrauterine Bluttransfusion – Komplikationen<br />

Komplikation<br />

% pro Prozedur<br />

Perinatal Death 1.6<br />

Notfallsectio 2<br />

Infektion 0.3<br />

Blasensprung 0.1<br />

Akzidentelle Punktion der Arterie 3<br />

Bradykardie/Tachykardie 5<br />

Blutung von Punktionsstelle<br />

TOTAL 3.1<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 58


Rhesus-Inkompatibilität<br />

Gynäkologie<br />

Entbindung<br />

- Geburt eines Kindes, dessen Mutter AK besitzt<br />

∙ Sofort abnabeln<br />

∙ Langlassen des Nabelschnurstumpfes<br />

∙ Untersuchung des Nabelvenenblutes:<br />

• In/direkter Coombstest<br />

• Bestimmung der Blutgruppe<br />

• Blutbild<br />

• Bilirubin, LDH<br />

Postpartale Therapie<br />

- Phototherapie<br />

∙ blaues Licht (425-475nm)<br />

∙ In der Haut entstehen wasserlösliche Bilirubinmetaboliten, die mit Galle und Harn ausgeschieden<br />

werden können<br />

- Austauschtransfusion<br />

Differentialdiagnose Hydrops universalis congenitus<br />

- Maternale Ursachen:<br />

∙ Morbus haemolyticus = immunologisch bedingt<br />

∙ α-Thalassämie<br />

∙ Diabetes mellitus<br />

∙ Hypertensive Schwangerschaftserkrankung<br />

- Plazentare Ursachen:<br />

∙ Chorioangiom<br />

∙ Chorionvenenthrombose<br />

∙ Nabelvenenthrombose<br />

- Fetale Ursachen:<br />

∙ Anämie, z.B. fetomaternale oder fetofetale Transfusion<br />

∙ kardial, z.B. schweres Vitium, supraventrikuläre Tachykardie pulmonal, z.B. Lungenhypoplasie<br />

∙ Hypoproteinämie, z.B. Nephrose, Nierenvenenthrombose<br />

∙ infektiös, z.B. Zytomegalie, Parvovirus, Virushepatitis, Syphilis, Toxoplasmose<br />

∙ Anomalien, z.B. Chromosomenaberrationen<br />

- Idiopathischer Hydrops<br />

Parvovirus B 19<br />

- Kleines, einsträngiges DNA Virus ohne Kapsel<br />

- Entdeckt 1975<br />

- milde Kinderkrankheit: „Ringelröteln“ – „fifth disease“<br />

∙ slapped cheek, lace-like rash<br />

- Erwachsener: oft asymptomatisch<br />

- Zellulärer Rezeptor des Parvovirus B 19 ist das p- Antigen auf den erythroid progenitor cells.<br />

- Individuen, denen das p-Antigen fehlt, sind resistent gegen Parvovirusinfektion<br />

- Beim Erwachsenen mit bestehender hämolytischer Anämie: transiente aplastische Anämie<br />

Fetaler Befall<br />

- Lyse der Retikulozyten, Myocarditis → reticulocytopenische Anämie, Hydrops, Herzversagen<br />

- Angaben zum IUFT bei B-19 Infektion der Mutter schwanken zwischen 4% und 38%<br />

Tröpfcheninfektion:<br />

- 5-10 Tage nach Inokulation sind Atemwege infektiös<br />

- bleiben 1-5 Tage infektiös<br />

- Hautausschlag tritt erst 17-18 Tage nach Inokulation auf, dann sind die Personen aber nicht mehr infektiös<br />

Wer wird angesteckt?<br />

- Lehrerinnen<br />

- Kindergärtnerinnen<br />

- Zimmermädchen<br />

- Hausfrauen<br />

Epidemiologie<br />

- 35 bis 55 % Immunität bei Frauen zwischen 20 und 40 Jahren<br />

- Infektionsrisiko während Endemie zwischen 19% und 70%<br />

- Transplazentare Infektion bei ca. 25 % der infizierten Mütter<br />

- Fetale Erkrankung bei ca. 9 % der infizierten Mütter<br />

Seite 59<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Rhesus-Inkompatibilität<br />

Wenn Schwangere an Kinder exponiert war, die Ringelröteln entwickeln....<br />

- keine Indikation zur sofortigen Interruptio<br />

- Nur 25% materno-fetale Transmission!<br />

- IgM und IgG Parvo-B-19 bestimmen<br />

- Mehrfach Ultraschall ob Auftreten Hydrops<br />

Parvovirus B 19: Fetale Therapie<br />

- Hydrops fetalis<br />

∙ Erfolgreiche Therapie mit Cordozentese und Bluttransfusion möglich<br />

∙ Da die Infektion nur einige Tage die Retikulozyten supprimiert, kann mit der Transfusion die Anämie<br />

überbrückt werden<br />

- Intrauterine Bluttransfusion:<br />

∙ 82% Überleben nach Transfusion gegenüber 55% ohne Transfusion<br />

∙ Unauffällige postnatale neurologische Entwicklung der Kinder<br />

Kell-Blutgruppensystem:<br />

- Nicht nur Schädigung der reifen Erys, sondern auch der Erythroblasten → Aplastische Anämie<br />

Indirekter Coombstest = antikörpersuchtest → wenn negativ in 28. Woche: im Verlauf der SS weiter kontrolliert<br />

(wichtig: vor Prophylaxe kontrollieren, denn nachher immer positiv)<br />

Bei pos Coombs Test werden die Akö Typen bestimmt → IgG?<br />

Direkter Zusammenhang zwischen dem Blutfluss in der A. cerebri media des Feten und dem fetalen Hb<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 60


CTG, MBU, Doppler<br />

Gynäkologie<br />

23.11.11 – Alge<br />

CTG, MBU, Doppler-US<br />

CTG (CardioTokoGramm):<br />

Möglichkeiten der Auskultation kindlicher Herztöne:<br />

- Herztönerohr nach Pinard<br />

- Dopplergerät<br />

- Cardiotokographie<br />

Auskultation der kindlichen Herztöne mit dem Pinard-Stethoskop:<br />

- Nachteile:<br />

∙ Die stichprobenartige Erfassung<br />

∙ Die wehenabhängigen Herzfrequenzänderungen werden in der Routineanwendung nicht bemerkt<br />

∙ Kurzfristige Herzfrequenzänderungen werden nicht registriert<br />

Fetale Herzfrequenz<br />

Schon in der frühen Schwangerschaft gibt es Herzfrequenz-alterationen<br />

Tachykardien oder Bradykardien können schon früh auf einen<br />

Herzfehler hinweisen (schon im ersten Trimester)<br />

Das CTG wird normalerweise ab der 33. SSW geschrieben<br />

Herzfrequenzanstieg kann auch provoziert werden, indem man einen<br />

„Weckreiz“ setzt → fibroakustische Stimulation<br />

(intrauterin gibt es auch REM-Phasen<br />

Außer Körperbewegung kommen auch noch kindliche Schluckbewegungen vor, die mit dem Ultraschall gut sichtbar sind<br />

(eine Art intrauterine Atembewegungen = Zwerchfellbewegungen → Fruchtwasser in die Trachea)<br />

Maternale Beweglichkeit: Kinder bewegen sich meist dann mehr, wenn sich auch die Mütter mehr bewegen<br />

Pharmaka: v.a. Medikamente, die zur Analgesie im Kreissaal verwendet werden<br />

Infektionen: durch Anstieg der Körpertemperatur der Mutter kommt es beim Kind zu Tachykardien<br />

Pathophysiologie:<br />

Definitionen:<br />

- Azidose Pathologische Zustand mit einer Zunahme von Wasserstoffionen im Blut und im Gewebe<br />

- Hypoxie Pathologischer Zustand mit Abnahme der Sauerstoffkonzentration im Blut und im Gewebe<br />

- Asphyxie Schwere Abnormalität beim Blutgasaustausch mit Azidose und Hypoxie, umstrittene Bezeichnung<br />

- Fetaler Distress Unspezifischer Zustand der fetalen Gefährdung<br />

Azidose:<br />

Das Säure-Basen Gleichgewicht wird durch ein<br />

Bikarbonat-Puffersystem im Blut aufrecht erhalten.<br />

Hauptnachteil des Feten: Er kann überschüssiges CO2 nicht abatmen<br />

Fetus muss CO2 an die Mutter abgeben können, was unter normalen Umständen auch gelingt:<br />

Fetus hat ein Kapillar CO2 von 38-44 mmHg Mutter von 18-24 mmHg<br />

Je mehr CO2 der Fetus produziert, desto mehr muss weggepuffert werden (desto mehr H+ Ionen entstehen).<br />

Je mehr Wasserstoffionen der Fetus bei metabolischer Azidose produziert, desto mehr muss weggepuffert werden (desto<br />

mehr CO2 entsteht).<br />

Seite 61<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

CTG, MBU, Doppler<br />

Plazentainsuffizienz Metabolische Azidose:<br />

Fetaler O2 Mangel respiratorische Azidose:<br />

- O2 haltiges Blut nur mehr in wichtigen Organen.<br />

- Anaerobe Glycolyse in allen anderen Organen.<br />

- Jedes Mol Glucose = 2 Mol Lactat + 2 Mol H+ Ionen.<br />

- H+ Ionen werden zunehmend „abgepuffert“.<br />

- Verbrauch von Bicarbonat Puffersystem.<br />

- Entstehung einer metabolischen Azidose.<br />

Zentralisation kann mit dem CTG nicht erfasst werden, nur der fetale Distress!<br />

Zentralisation: erhöht sich der Druck in der Nabelschnur wird der cerebrale Druck reflektorisch erniedrigt<br />

Metabolische Azidose "schleichende" Abnahme des Sauerstoffangebotes, z.B. bei chron. Plazentainsuffizienz.<br />

Respiratorische Azidose "akute" Abnahme des Sauerstoffangebotes z.B. bei Nabelschnurvorfall.<br />

Cardiotokogramm:<br />

- Kindliche Herzfrequenz (C)<br />

- Mütterliche Wehentätigkeit (T)<br />

- Beziehung von Herzfrequenz + Wehen<br />

Doppler: immer Information über das nachgeschaltete Stromgebiet → daher wesentlich genauere/detailliertere Darstellung<br />

als beim CTG (aber CTG kann an Pflegepersonal delegiert werden, Doppler nicht, außerdem kann CTG 24h lang<br />

aufgezeichnet werden)<br />

CTG: Beat-to-beat-Korrelation: Herzfrequenz in einem bestimmten Muster sichtbar<br />

Beim CTG können sehr oft Blickdiagnosen gestellt werden<br />

Wie viele Wehen in 10min?<br />

Basalfrequenz, Oszilaltionsbreite?<br />

HF-alterationen, Bezug zur Wehe?<br />

Tokographie:<br />

- Externe Ableitung<br />

∙ Prinzip: Taststift, der die Härte der Bauchwand registriert<br />

∙ Nachteil: keine absoluten intrauterinen Druckwerte große Abhängigkeit von Physionomie z.B.<br />

Adipositas<br />

- Interne Ableitung Druckveränderungen werden in der Amnionhöhle über einen offenen Katheter registriert<br />

∙ Vorteil: exakte störungsfreie intrauterine Druckwerte messbar<br />

∙ Nachteil: Voraussetzung ist eine eröffnete Fruchtblase, Begünstigung der aszendierenden Infektion des<br />

Fruchtwassers<br />

∙ Wird heute nicht mehr gemacht, weil nicht-invasive Methoden zur Verfügung stehen<br />

Abschätzung der Wehentätigkeit<br />

- Patientin fragen, wie stark die Wehen sind<br />

- Cervixlänge messen → Wehen auch cervix-wirksam?<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 62


CTG, MBU, Doppler<br />

Gynäkologie<br />

Hypokinetische Wehenstörung:<br />

- Symptome:<br />

∙ geringe Wehenamplitude (intrauteriner Druckanstieg < 30mm Hg)<br />

∙ niedrige Wehenfrequenz (< 3 pro 10 Minuten)<br />

∙ verkürzte Wehendauer<br />

∙ niedriger Basaltonus<br />

- Ursachen:<br />

∙ Störung der geburtsauslösenden Mechanismen<br />

∙ sekundäre Ermüdungserscheinungen am Myometrium<br />

∙ Hypoplasia uteri<br />

∙ Überdehnung des Myometriums z.B. bei Mehrlingen<br />

∙ Fehlender oder hochstehender vorangehender Teil (z.B. QL, BEL)<br />

- Therapie der Wehenschwäche:<br />

∙ Oxytozin Dauertropf-Infusion<br />

∙ Amniotomie<br />

Diskordinierte Wehenstörung:<br />

- Aufhebung oder Umkehr des dreifach absteigenden Gradienten<br />

∙ Kontraktionswellen laufen nicht in der üblichen physiologischen Form ab<br />

- Konstriktion dicht oberhalb des unteren Uterinsegmentes und spastische Veränderungen der Cervix<br />

- Typischerweise Mutter-Kind Wehen bzw. Kamelwehen<br />

- Therapie: niedrig dosierte Tokolyse, suffiziente Schmerztherapie z.B. PDA<br />

Hyperkinetische Wehenstörung:<br />

- Uterine Hyperaktivität<br />

∙ Kontraktionsamplitude > 50 mmHg<br />

∙ Wehenfrequenz > 5/10min<br />

∙ Basaltonus normal (bis 15 mm Hg)<br />

- Uterine Hypertonie<br />

∙ erhöhter Basaltonus > 15 mm Hg<br />

- Ursachen:<br />

∙ Endogene Oxytozinüberstimulierung<br />

∙ reflektorisch erhöhte Oxytozinausschüttung als Folge eines verstärkten Dehnungsreflex der Cervix<br />

∙ passive Überdehnung des Myometriums bei vermehrtem Uterusinhalt<br />

∙ Geburtseinleitung mit z.B. Prostaglandinen<br />

- Therapie: Tokolyse<br />

Durchführung CTG:<br />

- CTG in Ruhe (non-Stresstest)<br />

- CTG mit körperlicher Belastung (Kniebeugen Belastungstest nach Saling)<br />

∙ Nicht mehr durchgeführt<br />

- CTG mit medikamentös ausgelöster Wehenbelastung (Oxytocin Belastungstest)<br />

∙ Auch an Bedeutung verloren, aber Möglichkeit das Kinde einer Grenzsituation auszusetzen, wenn man<br />

sich nicht sicher ist, wie hoch der fetale Distress ist<br />

CTG – Herzfrequenzmuster:<br />

- langfristige Herzfrequenzmuster<br />

- mittelfristige Herzfrequenzmuster<br />

- kurzfristige Herzfrequenzmuster<br />

langfristige HF-Muster - Basalfrequenz:<br />

- Normokardie 110 -150 Schläge/Minute<br />

- Bradykardie: länger als 3 Minuten anhaltende Verlangsamung der Basalfrequenz<br />

∙ leichte Bradykardie: 100 -109 Schläge/Minute<br />

∙ schwere Bradykardie: < 100 Schläge/Minute<br />

- Tachykardie: länger als 10 Minuten anhaltender Anstieg der Basalfrequenz<br />

∙ leichte Tachykardie: 151-160 Schläge/Minute<br />

∙ mittelgradige Tachykardie: 161-180 Schläge/Minute<br />

∙ schwere Tachykardie: > 180 Schläge/Minute<br />

- tachykarde Herzaktion nie so schlimm wie eine bradykarde (Tachykardie kann auch Zeichen einer kindlichen<br />

intrauterinen Gefährdung sein, hier gibt es aber noch andere Anzeichen)<br />

- Bradykardie ist immer eine Notsituation<br />

Seite 63<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

CTG, MBU, Doppler<br />

Mittelfristige HF-Muster:<br />

- Akzeleration: Frequenzanstieg<br />

∙ sporadisch (unabhängig von Wehen)<br />

∙ periodisch (wehen-abhängig)<br />

- Dezelerationen:<br />

∙ wehen-abhängige Dezelerationen<br />

∙ wehen-unabhängige Dezelerationen<br />

∙<br />

∙<br />

Uniform<br />

• frühe Dezelerationen (Typ I)<br />

• späte Dezelerationen (Typ II)<br />

Nicht - uniform<br />

• variable Dezelerationen (Typ III)<br />

- Definition: Absinken der FHF unter die Basalfrequenz bis zu 3 Minuten<br />

- Ursache: fetaler Sauerstoffmangel durch verminderte uteroplazentare und/oder umbilikale Durchblutung<br />

- Bedeutung: in Abhängigkeit von Dauer und Häufigkeit Asphyxie des Kindes möglich. In jedem Falle<br />

kontrollbedürftig.<br />

- Prognose: abhängig von Typ (I-III), Dauer, Häufigkeit und Zusatzkriterien fraglich bis akut bedrohlich!<br />

Frühe Dezeleration (TYP I):<br />

- Definition: HF fällt kurzfristig und wehensynchron ab, Anfang und Ende entsprechen zeitlich dem Einsetzen und<br />

Aufhören der Wehe.<br />

- Ursache: Kopfkompression (selten), in der Regel Nabelschnurkompression<br />

- Vorkommen: nach Blasensprung/Blasensprengung, bei Polysystolie<br />

- Bedeutung: hypoxämische Gefährdung des Kindes möglich, vor allem bei Anstieg der Basalfrequenz und<br />

Abnahme der Oszillationsamplitude<br />

- Prognose: günstig, wenn von kurzer Dauer<br />

- Klinisches Vorgehen:<br />

∙ bei Bestehen > 30 Minuten MBU (Mikroblutgasanalyse)<br />

∙ evtl. operative Entbindung indiziert. Bei Polysystolie → Wehenregulation mit ß-Sympathikomimetika<br />

In der Wehen Akme werden sowohl die<br />

Nabelvene als auch die Arterien komprimiert, es<br />

kommt zu einem Rückstau im arteriellen<br />

Gefäßsystem…<br />

…und durch die resultierende Druckerhöhung im<br />

Aortenbogen zu einer Stimulation der<br />

Pressozeptoren. Hierdurch wird eine vagotone Reaktion ausgelöst, dies führt<br />

zu einem Abfall der fetalen Herzfrequenz.<br />

Späte Dezeleration (TYP II):<br />

- Definition: Herzfrequenz fällt erst mit der Wehen-Akme ab und erst nach Ende der Wehe zur Basalfrequenz<br />

zurück.<br />

- Ursache: in der Regel verminderte uteroplazentare Perfusion mit Sauerstoffmangel, (MyokardDepression)<br />

- Vorkommen: gehäuft bei Plazentainsuffizienz<br />

- Bedeutung: Hypoxämische Gefährdung des Kindes gegeben<br />

- Prognose ungünstig - besonders, wenn kombiniert mit Oszillationsverlust (evtl. auch auf dem Boden der<br />

Dezeleration) und hoher Basalfrequenz sowie mit Ausbleiben einer kompensatorischen Tachykardie.<br />

Kann O2 Mangel im Gewebe durch Akzeleration nicht mehr<br />

ausgeglichen werden, so kommt es zu einer Dezeleration, die<br />

ihren Tiefpunkt erst nach Ende der Wehe erreicht.<br />

Sympathikus wird blockiert, Parasympathicus überwiegt.<br />

- Vorsicht: Bei hoher Basalfrequenz und geringer<br />

Oszillationsamplitude gilt: je flacher die Dezeleration und je kleiner<br />

die Dezelerationsfläche, desto größer ist u.U. die Gefährdung des Kindes!<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 64


CTG, MBU, Doppler<br />

Gynäkologie<br />

- Klinisches Vorgehen: bei Auftreten → Fetalblutanalyse, evtl. parallel operative Entbindung vorbereiten. Neben<br />

der anhaltenden Bradykardie und der Silenz der Oszillation (Oszillationstyp 0) sind rezidivierende späte<br />

Dezelerationen der wichtigste CTG-Hinweis auf eine drohende Asphyxie des Kindes in utero.<br />

Chronischer O2 Mangel: Blockade von Sympatikus + Parasympatikus. → Verlust<br />

der Oszillationsbreite!<br />

„Vogelschwingen“(TYP II):<br />

Variable Dezeleration (TYP III):<br />

- Leicht (Dauer 60s; Frequenzabfall bis auf 70 Spm)<br />

- Schwer (Dauer > 60s; Frequenzabfall bis auf < 70 Spm)<br />

- Definition: Herzfrequenzabfall in wechselnder Form und zeitlicher Beziehung zur Wehe; Uneinheitlich<br />

- Ursache: unterschiedlich; Sauerstoffmangel, z.B. durch verminderte umbilikale Perfusion oder verminderten<br />

uterinen Perfusionsdruck<br />

- Vorkommen: Nabelschnurumschlingung (straff), V.-cava- Okklusionssyndrom, Dauerkontraktion<br />

∙<br />

V.cava Okklusionssyndrom: in Rückenlage drückt Uterus auf die Gefäße → Abfall des Preloads am<br />

Herzen → es kann zu einer Dauerkontraktion kommen<br />

- Klinisches Vorgehen: bei Auftreten → Fetalblutanalyse, evtl. operative Entbindung indiziert<br />

- Bedeutung: je nach Schweregrad (Dauer und Tiefe der Dezeleration) hypoxämische Gefährdung des Kindes<br />

gegeben<br />

- Prognose: ungünstig, wenn kombiniert mit Oszillationsverlust (evtl. auch auf dem Boden der Degeneration) und<br />

hoher Basalfrequenz sowie mit Ausbleiben einer kompensatorischen Tachykardie.<br />

Variable Dezeleration (Typ III):<br />

Formen der Dezeleration:<br />

• Frühe Dezeleration - DIP I<br />

• Späte Dezeleration - DIP II<br />

• variable Dezeleration<br />

• Prolongierte Dezeleration - „Wandl“<br />

Akzeleration:<br />

Definition: deutliche Erhöhung der FHF über die Basalfrequenz bis 10 min Dauer<br />

- TYP I Sporadische Akzelerationen<br />

∙ Ursache: Kindsbewegungen, z.B. im aktiven Schlaf (dem REMSchlaf vergleichbar, Verhaltensstadium 2F<br />

des Feten mit Herzfrequenzmuster „B“ nach Nijhuis) oder taktile Reize<br />

Seite 65<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

CTG, MBU, Doppler<br />

∙ Bedeutung: physiologische sympathikotone Reaktion bei unbeeinträchtigtem Herz-Kreislauf-System<br />

∙ Prognose: gut<br />

- TYP II Periodische Akzelerationen, Evtl. Mit Steilem Frequenzanstieg Und - Abfall<br />

∙ Ursache: hämodynamische Anpassung. z.B. bei noch kompensierbarer uteroplazentarer<br />

Minderperfusion oder bei Nabelschnurkompression unter Wehentätigkeit<br />

∙ Bedeutung: hämodynamische Adaptionsfähigkeit vorhanden<br />

∙ Prognose: in der Regel gut, wenn Basalfrequenz nicht ansteigt<br />

Kurzfristige HF-Muster:<br />

- Oszillation Fluktuationen der Herzfrequenz, die sich charakterisiert durch die Oszillationsamplitude und die<br />

Oszillationsfrequenz (0 Durchgänge)<br />

Tiefschlaf, Hypoxie<br />

Normalbefund<br />

Schlaf<br />

Kindsbewegung,<br />

intrakranielle<br />

Druckstg.,<br />

Ephedrin (PDA)<br />

„Sinusoidal“ – Silent<br />

→ höchste intrauterine Gefährdung!<br />

MEYER-MENK-SCORE (1976)<br />

CTG Überwachung – CAVE AT:<br />

Die Beurteilung des CTG erfordert die Berücksichtigung von …<br />

- Gestationsalter ( < 30. SSW).<br />

- fetale Aktivitätszustände.<br />

- Lagerung der Mutter bei CTG Überwachung.<br />

- Art und Dosis der verabreichten Medikamente.<br />

- Papiergeschwindigkeit.<br />

DGGG / OEGGG Leitlinien 2004:<br />

- Generelle CTG Überwachung bei allen Geburten ab später Eröffnungsperiode.<br />

- Aufnahme-CTG mindestens 30 min.<br />

- Falls unauffällig, erfolgt eine diskontinuierliche CTG<br />

- Überwachung in der frühen Eröffnungsperiode.<br />

- Kontinuierliche CTG Überwachung…<br />

∙ bei allen Risikoschwangerschaften.<br />

∙ bei vorherigem pathologischem CTG.<br />

∙ ab der späten Eröffnungs- und Austreibungsperiode.<br />

- Interne CTG Ableitung...<br />

∙ … bei unzureichender Aufzeichnungsqualität.<br />

∙ … bei Mehrlingen in der Austreibungsperiode.<br />

∙ Abklärung eines pathologischen CTG durch FBA (MBU) bei pathologischem CTG > 30min.<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 66


CTG, MBU, Doppler<br />

Gynäkologie<br />

Problematik bei CTG Beurteilung…<br />

- … hohe Inter- und Intra Observer Varianz.<br />

- … niedrige Spezifität (viele Falsch-Positive).<br />

- … daraus resultierend Anstieg operativer Entbindung.<br />

- … CTG Überwachung aus forensischer Sicht?<br />

- … Personalmangel verhindert alleinige Auskultation.<br />

- … Dokumentation sub partu möglich.<br />

Fetale Blutgasanalyse (FBA)<br />

(früher: Mikroblutuntersuchung (MBU))<br />

Empfehlung (DGGG 2004)<br />

Zur Abklärung suspekter / pathologischer HF-Muster sub partu ( >30min soll eine FBA (früher MBU) erfolgen.<br />

Voraussetzung:<br />

- … Muttermund Eröffnung mindestens 2-3cm.<br />

- … tastbarer vorangehender Kindsteil. (sollte der Kopf sein)<br />

- … eröffnete (gesprungene) Fruchtblase.<br />

Durchführung:<br />

1. Amnioskopie – Einstellung des vorangehenden Kindsteils.<br />

2. Entfernung von (mütterlichem) Blut, Schleim, etc.<br />

3. Paraffinöl oder Finalgon (Hyperämisierung) Applikation.<br />

4. 2-3mm Stichinzision am vorangehenden Kindsteil.<br />

5. Auffangen des Blutstropfens mittels Kapillare.<br />

Fetaler O2-Mangel<br />

Materne Oxygenationsstörungen<br />

- respiratorisch-pulmonale Erkrankungen / Funktionsstörungen<br />

- kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

- Anämien (< 8 g%)<br />

- hypotensives Syndrom<br />

- eklamptischer Anfall<br />

- Intoxikationen<br />

Gestörter Gastransfer zum Feten<br />

- Plazentare Insuffizienz<br />

∙ schwangerschaftsinduzierte Hypertonie<br />

∙ Diabetes<br />

∙ vorzeitige Plazentalösung<br />

∙ Chorioamnionitis / Plazentitis<br />

∙ Plazenta Fehlbildungen<br />

Gestörter Gastransfer zum Feten<br />

- Umbilikale Kompression<br />

∙ Umschlingungen / Knoten<br />

∙ Torquierung<br />

- Uterine Hypoperfusion<br />

∙ Hyper- und Tachystolie<br />

∙ erhöhter Basaltonus<br />

∙ Überdehnung des Myometriums<br />

∙ Rückenlage bzw. Vena-cava-Okklusion<br />

Fetale Ursachen eines Sauerstoffmangels<br />

- Anämie<br />

∙ Hämolyse<br />

∙ Hypovolämie<br />

∙ fetomaternale Transfusion<br />

- Kardiale Insuffizienz<br />

∙ paroxysmale Tachykardie<br />

∙ Kardiopathien, Fehlbildungen<br />

Seite 67<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

CTG, MBU, Doppler<br />

FBA (MBU) - Indikationen<br />

- Bei unklaren bzw. suspekten CTG - Befunden<br />

∙ anhaltende Tachykardien<br />

∙ unklare Bradykardieformen<br />

∙ mittelschwere variable Dezelerationen<br />

∙ leichte bis mittelschwere späte Dezelerationen<br />

∙ anhaltende Frühdezelerationen<br />

∙ unklare Symptom Kombinationen<br />

- Bei unauffälligem CTG<br />

∙ Risikoschwangerschaft mit deutliche erhöhtem fetalen Risiko<br />

∙ „grünes“ Fruchtwasser<br />

>30 min<br />

Kontraindikationen<br />

- subpartu<br />

∙ Terminale Bradykardie<br />

∙ Vorangehender Kindsteil am Beckenboden<br />

∙ Anhaltende Tachykardie ohne Geburtsfortschritt<br />

- fetal / maternal<br />

∙ Kongenitale Koagulopathien<br />

∙ Mütterliche Infektionen (HSV, HBV, HCV, HGV, HIV)<br />

∙ Frühgeburtlichkeit (< 34. SSW)<br />

∙ Gesichtshaltung<br />

FBA (MBU) - CAVEAT<br />

- falsch positiv (Kapillarblut-pH < arterieller pH)<br />

∙ Ungenügende Hyperämisierung<br />

∙ Entnahme aus großen Kopfgeschwulst mit Stauungsödem<br />

∙ Verunreinigung durch Fruchtwasser (pH 38-42 SSW 7.13±0.066)<br />

- falsch negativ (Kapillarblut-pH > arterieller pH)<br />

∙ Abnahme von mütterlichem Blut<br />

∙ Langer Kontakt mit Luft<br />

FBA (MBU) – Normalwerte<br />

- pH 7,35 (7,20 - 7,40)<br />

- pCO2 44 (39 - 49)<br />

- pO2 20 (15 - 25)<br />

- HCO3 24 (20 - 28)<br />

- TCO2 26 (23 - 29)<br />

- BE - 6 ( -3 - -9)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 68


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

30.11.11 - Scheier<br />

Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />

Definition<br />

Hypotonie<br />

- Definition WHO: RR ≤100/60 mm Hg<br />

HES und HELLP<br />

Hypertensive Erkrankungen der Schwangerschaft (HES)<br />

- Schwangerschaftshypertension (bisher SIH): diast. ≥ 90 mm Hg (wird 2 x gemessen im 4-6 h Abstand)<br />

- Schwangerschaftsproteinurie: ≥300 mg/l in 24 h Harn<br />

- Präeklampsie: Hypertension und Proteinurie<br />

- Eklampsie: Auftreten von tonisch- klonischen Krämpfen<br />

HELLP Syndrom<br />

- Hemolysis<br />

- Elevated Liver Enzymes<br />

- Low Platelets<br />

Gestationshypertension, Gestationsproteinurie, Proteinurische Gestationshypertension = Präeklampsie → entstehen in der<br />

Schwangerschaft → Präeklampsie kann zur Eklampsie führen<br />

Chronische Hypertension ohne Proteinurie, Chronische Hypertension mit Proteinurie = Propfpräeklampsie („gepfropft“ auf<br />

eine vorbestehende Erkrankung) → kann auch wieder zu einer Präeklampsie und infolge zu einer Eklampsie führen<br />

Wichtig: richtiges RR-Messen: Messung am Arm in Herzhöhe, je dicker der Oberarmumfang, desto breiter der Cuff, in Ruhe<br />

messen, diastolischen Druck dann messen, wenn kein Pulsieren mehr hörbar<br />

Bedeutung<br />

Epidemiologie<br />

Inzidenz<br />

- Präeklampsie: 5 - 8 % aller Schwangeren<br />

- Schwere Präeklampsie: 1 - 2 % (RR sys >160 bis 170, RR diast >110)<br />

- HELLP Syndrom: 0,5 - 0,8 %<br />

Maternale Mortalität in Österreich<br />

Seite 69<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Maternale Mortalität weltweit<br />

HES und HELLP<br />

im roten Bereich höchste maternale Mortalität: bis zu<br />

1000/100.000 Frauen; die häufigste Ursache sind<br />

Blutungen und Infektionen, außerdem der nicht<br />

ordnungsgemäße SS-Abbruch und hypertensive<br />

Erkrankungen<br />

Täglich sterben weltweit ungefähr 200 Frauen infolge<br />

hypertensiver Erkrankungen der Schwangerschaft<br />

Maternale Mortalität - Großbritannien<br />

1952 - 1954 1997 – 1999<br />

Blutdruck 246 15<br />

Blutung 188 7<br />

Schwangerschaftsabbruch 153 0<br />

Thromboembolie 138 38<br />

Anästhesiekomplikationen 49 3<br />

Sepsis 42 14<br />

Maternale Mortalität infolge Hypertension in der SS 1997 – 1999<br />

Intrazerebrale Blutung 7<br />

Leberruptur 2<br />

Andere 6<br />

5 Todesfälle im Rahmen vom HELLP Syndrom<br />

<strong>12</strong> der 15 Mütter hatten „substandard care“<br />

Kindliche Mortalität und Morbidität<br />

Intrauterine Wachstumsrestriktion<br />

- Perinatale Komplikationen (Atemnotsyndrom, NEC, Hirnblutungen)<br />

- Intrauteriner Fruchttod<br />

- Entwicklungsstörungen<br />

- Erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im späteren Leben (Barker Hypothese)<br />

- ...<br />

Frühgeburtlichkeit<br />

- Hohe Mortalität und Morbidität in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche<br />

- Zerebralparese<br />

- Entwicklungsverzögerung<br />

- ...<br />

Ätiologie und Pathogenese<br />

Physiologie<br />

Kreislaufadaptation in der Schwangerschaft<br />

- Blutvolumen steigt<br />

- Herzfrequenz steigt<br />

- Peripherer Gefäßwiderstand nimmt ab der 6. SSW ab durch Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur und<br />

Neoangiogenese im Endstrombett<br />

- Blutdruck sinkt<br />

Schwangerschaft = high output – low resistance<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 70


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

Verminderung des Blutdruckes Erhöhung des Plasmavolumens Erhöhung des Herz-Zeit-Volumens<br />

um 50%<br />

→ ev. brauchen hypertone Frauen in der Schwangerschaft keine Blutdruckmedikamente, diese können mit Vorsicht<br />

abgesetzt werden<br />

Ursache für die hypertensiven Erkrankungen in der Schwangerschaft ist die Plazenta:<br />

Bedeutsam sind die Spiralarterien:<br />

Bei einer normalen Schwangerschaft haben diese Gefäße sowohl im<br />

Myometrium, als auch in der Dezidua ein ähnlich großes Volumen<br />

Bei den hypertensiven Erkrankungen kommt es zu einer Volumenreduktion im<br />

muskulären Anteil<br />

Zytotrophoblasten wandern in<br />

die Spiralarterien und<br />

zerstören die Wand<br />

1. Ab der 7-8 SSW findet sich ein Fluss im intervillösen Raum<br />

2. Trophoblastzellen verschließen anfangs die Arterien der Decidua und schützen den Embryo vor dem aggressiven<br />

Sauerstoff<br />

3. Trophoblastzellen wandern ab der 15. SSW in die Tunica muscularis der Spiralarterien ein und zerstören sie<br />

In der Schwangerschaft muss ein genetisch fremder Organismus Anschluss an das mütterliche Gefäßsystem finden ohne<br />

dass es zu einer Abstoßungsreaktion kommt.<br />

Maternales Immunsystem spielt bei der Implantation eine Rolle, außerdem auch die Vorbereitung des Endometriums<br />

Sauerstoffdruck in der Plazenta bis zum 80. Tag anders: vermehrter Stress auf den Zytotrophoblasten<br />

Seite 71<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

HES und HELLP<br />

Soluble fms-like tyrosine kinase-1 (sFlt-1) = Vascular endothelial growth factor receptor-<br />

1 sVEGFR-1<br />

Bindet freien vascular endothelial growth factor (VEGF) und plazental growth factor<br />

(PlGF).<br />

6-10 Wochen vor der Präeklampsie ist dieser Faktor erhöht und steigt bis zur<br />

Präeklampsie immer weiter an<br />

Pathophysiologie<br />

- Unzureichende endovaskuläre Invasion mütterlicher Spiralarterien durch den Zytotrophoblasten<br />

- Inadäquate Dilatation der Spiralarterien<br />

- Verminderte Produktion vasodilatatorisch wirkender Substanzen im Endothel (Prostacyclin, NO)<br />

- Verminderung der Plazentaperfusion<br />

- Freisetzung von Substanzen aus dem intervillösen Raum in die mütterliche Zirkulation<br />

- Mütterliche Symptomatik<br />

Epidemiologische Daten<br />

- ↑ Primigravidae (Partnerwechsel)<br />

- ↑ Kurze präkonzeptionelle Phase (Spermienantigene?)<br />

∙ Spermien können zu einer Sensibilisierung führen<br />

- ↑ Heterologe Insemination<br />

- ↓ Multiparae 0,3 %<br />

- ↓ vorhergehender Abort<br />

- ↓ Schwangerschaft nach Bluttransfusionen<br />

- ↓ Schwangerschaft von verwandten Partnern<br />

- ↑ Präeklampsie bei der Mutter der Patientin<br />

- ↑ Präeklampsie in vorangegangener Schwangerschaft<br />

- ↑ Lebensalter > 40 a 3 faches Risiko<br />

- ↑ Mehrlingsschwangerschaften<br />

∙ 4 – 5faches Risiko,<br />

∙ 15 – 20 %, bei Drillingen bis zu 60 %<br />

∙ Große Plazenta – neigen zu einer Unterperfusion<br />

- ↑ Diabetes mellitus 14 – 21 %<br />

- ↑ Chronische Hypertonie 15 – 30 %<br />

- ↑ SLE, bei Lupusnephritis bis zu 70%<br />

- ↓ Nikotinabusus<br />

- ↑ Nierentransplantation<br />

- ↑ Vorbestehende Hypertonie<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 72


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

- ↑ Assoziation mit<br />

∙ Adipositas<br />

∙ Insulinresistenz<br />

∙ Präexistente Thrombophilie<br />

∙ hydropische Degeneration der Plazenta (Mole)<br />

Organveränderungen bei HES<br />

Niere<br />

- Glomeruläre Endotheliose<br />

- Vasokonstriktion und partieller Verschluss der Kapillarschlingen mit Oligo/Anurie<br />

Leber<br />

- Obstruktion des Blutflusses in den Sinusoiden Dehnung der Glisson Kapsel Oberbauchschmerzen<br />

- Periportale und fokale Parenchymnekrose Anstieg der Leberenzyme, Leberhämatome bis zu Leberruptur<br />

Gehirn<br />

- Interstitielles Hirnödem<br />

- neurologische Symptomatik<br />

Lunge<br />

- Lungenödem<br />

Augen<br />

- Retinaödem<br />

- Hämorrhagien<br />

- In seltenen Fällen Netzhautablösungen<br />

Hypotonie<br />

Häufigkeit: 2 – 3 %<br />

Symptome<br />

- Müdigkeit (58%)<br />

- Kalte Extremitäten (54%)<br />

- Kopfschmerzen (39%)<br />

- Schwindelattacken (28%)<br />

- Sehprobleme (20%)<br />

- Parästesien (17%)<br />

Therapie<br />

- Physiotherapeutische Maßnahmen<br />

- Medikamentöse Therapie von fraglichem Wert<br />

Vorbestehende Hypertonie<br />

- Essentielle/primäre Hypertonie<br />

- Sekundäre Hypertonie<br />

∙ Nierenerkrankungen (vesikoureteraler Reflux, Glomerulonephropathien, adulte polyzystische Nieren)<br />

∙ Systemerkrankungen mit Nierenbeteiligung: Diabetes mellitus, SLE<br />

∙ Endokrine Erkrankungen: Phäochromozytom, Cushing- und Connsyndrom<br />

∙ Gefäßkrankheiten: Nierenarterienstenose, Koarkation der Aorta<br />

Vorbestehende Hypertonie:<br />

- Hypertonie vor der 20. SSW<br />

- 1/3 der chronisch hypertensiven Schwangeren werden im ersten Trimenon normotensiv<br />

- Je schwerer die Hypertonie vor der Schwangerschaft war, desto ungünstiger ist die Prognose für die Mutter und<br />

das Kind<br />

- 10 – 20 % der Frauen mit vorbestehender Hypertonie entwickeln eine Präeklampsie/Eklampsie<br />

Risiken<br />

- Exazerbation der Hypertonie<br />

- Entwicklung einer Propfpräeklampsie<br />

- Entwicklung einer uteroplazentaren Insuffizienz<br />

- Vorzeitige Plazentalösung<br />

Seite 73<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

HES und HELLP<br />

Präeklampsie<br />

Schwangerenvorsorge<br />

- Anamnese betreffend Vorerkrankungen<br />

- Geburtshilfliche Anamnese<br />

- Größe und Gewicht<br />

- Blutdruckmessung und Harnstix im Rahmen der Mutter-Kind-Passuntersuchungen<br />

Optional und empfehlenswert<br />

- Ersttrimestersonographie mit Doppler der Aa. uterinae und Bestimmung von PAPP A<br />

Symptome<br />

- häufig lange Zeit symptomlos<br />

- Augenflimmern, Photophobie, Diplopie, Skotome, Kopfschmerzen, Klonus<br />

- Epigastrische Schmerzen, Nausea, Erbrechen<br />

- selten Lungenödem durch Linksherzinsuffizienz<br />

- Oligurie, Anurie bis zum akuten Nierenversagen<br />

- Ödeme<br />

Therapie<br />

- Therapie ab ≥ 170/100 mm Hg<br />

- RR Werte zwischen 90 und 105 mm Hg diastolisch nicht unterschreiten!<br />

- Entbindung in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche<br />

Schwere hypertensive Krise<br />

- Stationäre Aufnahme<br />

- Intensivmedizinische Überwachung<br />

- Zentralvenöser Zugang<br />

- Sedierung mit Diazepam (Achtung: lange Halbwertszeit)<br />

- Magnesiumsulfat<br />

- Blutdrucksenkung<br />

- Dauerkatheter<br />

- Abschirmung von optischen und akustischen Reizen<br />

- Gummikeil bereitlegen<br />

- Seitenlagerung<br />

- Entbindung<br />

Antihypertensive Therapie<br />

α - Methyldopa (Aldometil®)<br />

- Dosierung 3 x <strong>12</strong>5 mg bis 3 x 500 mg p.o.<br />

- Wirkungsmechanismus<br />

∙<br />

Zentral wirksamer Neurotransmitter, reduziert peripheren Widerstand ohne Reduktion des Herz-<br />

Minutenvolumens<br />

- Nebenwirkungen<br />

∙ Sedierung, Depressive Verstimmung, Natrium- und Wasserretention, hämolytische Anämie,<br />

Hepatopathie (Fieber, Enzymanstieg, Ikterus), Keine Langzeitnebenwirkungen<br />

β1 Rezeptorenblocker (z.B. Metoprolol – Beloc®)<br />

- Dosierung 3 x 50 mg p.o.<br />

- Wirkungsmechanismus Blokade der β1 Rezeptoren<br />

- Nebenwirkungen: Senkung der Herzfrequenz, erhöhtes Risiko für fetale Wachstumsrestriktion (geringes Ausmaß)<br />

α-β Rezeptorenblocker (z.B. Labetalol . Trandate®)<br />

- Dosierung 3 x 100 mg p.o.<br />

- Wirkungsmechanismus Kombinierte α-β Rezeptoren Blockade<br />

- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Lebertoxizitat, Zittern, IUGR<br />

∙ Eventuell durch β Blockade Reduktion des Herz-Minuten Volumens und Minderdurchblutung des Uterus<br />

Dihydralazin (Nepresol®)<br />

- Dosierung 2-3 x 25 mg p.o.<br />

- Wirkungsmechanismus Direkte Gefäßerweiterung<br />

- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Schwindel, Flush, Parästhesie, Tachyphylaxie<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 74


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

Ca-Kanalblocker (z.B. Nifedipine - Adalat®) – OFF LABEL USE!!!<br />

- Dosierung Retardpräparat 3 x 10 – 20 mg oral<br />

- Wirkungsmechanismus Vasodilatation im arteriellen Stromgebiet<br />

- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Flush,<br />

- Wehenhemmung. Nicht indiziert im 1. Trimenon<br />

- aufgrund teratogener Effekte im Tierversuch<br />

- CAVE Rasche Blutdrucksenkung bei sublingualer Gabe<br />

Kontraindiziert sind<br />

- ACE Hemmer<br />

∙ Akutes Nierenversagen bei Neugeborenen, Oligohydramnion, Schädelkalottendefekte, teratogene<br />

Effekte<br />

- Diuretika in der Schwangerschaft (mit seltenen Ausnahmen)<br />

∙ kontraindiziert, weil sie das intravaskuläre Volumen reduzieren<br />

- Angiotensin-AT1-Antagonisten<br />

∙ Oligohydramnion, Schädelknochenhypoplasie.<br />

∙ Potentiell teratogen und nephrotoxisch für das Neugeborene<br />

- Alle anderen Hypertensiva Ungenügende Information über Anwendung in der Schwangerschaft<br />

Akuttherapie<br />

Dihydralazin (Nepresol®)<br />

- Dosierung 2-3 x 25 mg p.o<br />

- Wirkungsmechanismus Direkte Gefäßerweiterung<br />

- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Schwindel, Flush,<br />

- Parästhesie, Tachyphylaxie<br />

Urapidil (Ebrantil®) – OFF LABEL USE<br />

- Dosierung Initial 6,25 – <strong>12</strong>,5 mg i.v. als Bolus über 2 min,<br />

- dann 3 – 24 mg/h (Perfusor)<br />

- Wirkungsmechanismus Periphere α-1 Rezeptorblockade; zentral<br />

- Modulation des Kreislaufregulationszentrums<br />

- Nebenwirkungen Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Orthostase,<br />

- Mundtrockenheit<br />

- CAVE Rasche Blutdrucksenkung<br />

Ca-Kanalblocker (z.B. Nifedipine - Adalat®)<br />

- Dosierung 10 mg p.o. alle 30 min bis zu <strong>12</strong>0 mg tgl.<br />

- Wirkungsmechanismus Vasodilatation im arteriellen Stromgebiet<br />

- Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Herzklopfen, Flush,<br />

- Wehenhemmung. Nicht indiziert im 1. Trimenon<br />

- aufgrund teratogener Effekte im Tierversuch.<br />

- CAVE Rasche Blutdrucksenkung bei sublingualer Gabe<br />

- Kombination mit Magnesiumsulfat starke<br />

- Blutdrucksenkung und neuromuskuläre Blockade<br />

Entbindung<br />

< 24+0 SSW 24+0 bis 33+6 SSW > 33+6 SSW<br />

Prognose für das Kind infaust Risiko für Kind in Abhängigkeit von der SSW Risiko für Kind gering<br />

Entscheidung über die Entbindung indiziert bei<br />

Entbindung indiziert bei<br />

Fortsetzung<br />

der •Therapierefraktärer Hypertonie<br />

•Schwerer Präeklampsie<br />

Schwangerschaft ist mit den<br />

Eltern individuell zu treffen<br />

•Therapierefraktärer Niereninsuffizienz<br />

•Akutem Lungenödem<br />

•Fetus < 5 Perzentile und<br />

pathologischem Doppler<br />

•Disseminierte intravasale Koagulopathie<br />

•Persistierende Oberbauchschmerzen<br />

•Zentralnervöse Symptome<br />

•Eklampsie<br />

•Fetus < 5. Perzentile und<br />

hochpathologischer Doppler<br />

Keine Lungenreifung Lungenreifung Keine Lungenreifung<br />

Seite 75<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

HES und HELLP<br />

HELLP Syndrom<br />

Hemolyis, Elevated Liver Enzymes, Low Platelets<br />

Symptome<br />

- Oberbauchschmerzen rechts ev. Tage vor laborchemischer Manifestation<br />

- Übelkeit, Erbrechen (bis 80%)<br />

- Kopfschmerzen<br />

- Ödeme<br />

- Hypertonie (fehlt in bis zu 20%, häufig mild)<br />

- Proteinurie (fehlt in bis zu 15 %)<br />

Die Symptome des HELLP-Syndroms……. ..sind unspezifisch. Die Patientinnen klagen über<br />

- allgemeines Unwohlsein (90%)<br />

- epigastrische Schmerzen (90%)<br />

- Nausea und Erbrechen (50%).(...) Die Hypertonie ...kann bei 20% fehlen. Eine Proteinurie liegt in 85% - 95% der<br />

Fälle vor. Zur Vermeidung von Fehldiagnosen sollte deshalb bei allen Schwangeren, die eines oder mehrere der<br />

oben erwähnten Symptome aufweisen, unabhängig von der Höhe des Blutdrucks, ein Laborscreening mit Blutbild,<br />

Thrombozyten und Leberenzymen veranlasst werden".<br />

Laboruntersuchungen<br />

Hemolysis<br />

Indirektes Bilirubin ↑<br />

LDH ↑<br />

Haptoglobin ↓<br />

Hämoglobin ↓<br />

Fragmentozyten im peripheren Blutausstrich<br />

Elevated Liver Enzymes Transaminasen ↑<br />

LDH ↑<br />

Low Platelets<br />

Thrombozytopenie (< 100.000/μl)<br />

Zusätzlich:<br />

Gerinnungsparameter: Fibrinogen, PT PTT, ATIII<br />

Nierenparameter: Harnsäure und Kreatinin<br />

Komplikationen<br />

Gerinnung Disseminierte Koagulopathie, Verbrauchskoagulopathie 4 – 38 %<br />

Plazenta Vorzeitige Plazentalösung bis zu 16 %<br />

ZNS<br />

Eklampsie<br />

Apoplexie<br />

bis zu 3 %<br />

< 1 %<br />

Lunge Lungenödem, Aspiration bis zu 6 %<br />

Niere Akutes Nierenversagen bis zu 8 %<br />

Leber Leberversagen, Leberhämatom, Leberruptur < 1 %<br />

P: konfluierende Hämorrhagien in Periportalfeldern<br />

N: normales Leberparenchym<br />

Ultraschall<br />

CT<br />

Subcapsuläres Leberhämatom im<br />

rechten Leberlappen<br />

Leberruptur mit subphrenischem<br />

Hämatom<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 76


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

Differentialdiagnose<br />

- Akute Schwangerschaftsfettleber<br />

- Intrahepatische Schwangerschaftscholestase<br />

- Cholezystitis<br />

- Virushepatitis<br />

- Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)<br />

- Thrombozytopenische Purpura (ITP)<br />

- Hämolytisch-urämisches Syndrom<br />

- Systemischer Lupus Erythematodes<br />

- Antiphospholipidsyndrom<br />

3 Hauptdifferentialdiagnosen<br />

Klinik HELLP Akute Fettleber Akute Hepatitis<br />

Beginn (Trimenon) 2-3 3 1-3<br />

Klinische Zeichen Hypertonie Gastrointestinale Blutung; Hepatomegalie<br />

Koma; kleine Leber;<br />

Nierenversagen<br />

Hämolyse ++ +/- -<br />

Proteinurie ++ +/- -<br />

Aminotransferasen 5-fach erhöht 10-fach erhöht 100-fach erhöht<br />

Bilirubin etwas erhöht 5-10-fach erhöht 10-15fach erhöht<br />

Blutzucker normal tief normal<br />

Leukozyten normal erhöht normal<br />

Thrombozyten vermindert normal oder vermindert normal<br />

Prothrombinzeit normal verlängert normal<br />

Blutzucker bei der akuten Fettleber vermindert<br />

Management<br />

- Stationäre Aufnahme<br />

- Diagnostik, Ermittlung des mütterlichen und fetalen Zustandes<br />

- Stabilisierung der Mutter<br />

- Antihypertensive Therapie<br />

- Antikonvulsive Prophylaxe mit MgSO 4<br />

- Bei Hämostasestörungen<br />

∙ Thrombozytenkkonzentrate bei Thrombo < 20.000 oder bei Blutungen<br />

∙ Fresh Frozen Plasma bei Gerinnungsstörung<br />

- Volumengabe begleitend zu Dihydralazingabe<br />

Nach der 34. SSW sofort entbinden, weil sich das HELLP auch fulminant entwickeln kann<br />

Seite 77<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

HES und HELLP<br />

Intra- und postpartales Management<br />

- keine Regionalanästhesie bei Thrombozyten < 75.000/μl →<br />

∙ kann zu Blutungen im Spinalkanal bis zum Querschnitt führen<br />

- Wundhämatom bei 20%<br />

- vor der Sectio: Thrombozytensubstitution bei < 40.000/μl<br />

- postpartal Verschlechterung möglich<br />

- Postpartales Monitoring für mindestens 48 Stunden mit<br />

∙ Bilanzierung der Flüssigkeits-Ein- und Ausfuhr<br />

∙ Pulsoxymetrie<br />

∙ Fortführung der MgSO4 Therapie<br />

∙ Antihypertensive Therapie bei RR > 150/105<br />

Eklampsie<br />

Eklamptischer Anfall<br />

- Generalisierter tonisch-klonischer Krampf<br />

- Zyanose<br />

- Bewusstlosigkeit<br />

Prodrome (59%)<br />

- Schwere Kopfschmerzen („wie noch nie im Leben“)<br />

- Augenflimmern<br />

- RR-Anstieg<br />

Maternale Mortalität<br />

- 1,5 – 2 %<br />

- DIC<br />

- Nierenversagen<br />

- Lungenödem<br />

- adult respiratory distress syndrome (ARDS)<br />

- intrazerebrale Blutung<br />

- Herzstillstand<br />

Perinatale Mortalität<br />

- 7 – <strong>12</strong> %<br />

- Frühgeburtlichkeit<br />

- Abruptio placentae<br />

∙ Häufig mit DIC kombiniert<br />

Jeder epileptiforme Anfall in der Schwangerschaft muss als Eklampsie betrachtet und behandelt werden, bis sichergestellt<br />

ist, dass es vielleicht „nur“ ein Grand-Mal Anfall war.<br />

Die Eklampsie ist nicht zwangsweise Folge einer Präeklamspie; in bis zu 40 % der eklamptischen Anfälle besteht keine<br />

Hypertonie oder Proteinurie.<br />

- Antepartale Eklampsie (38%)<br />

∙ Vor dem Einsetzen der Wehen<br />

- Intrapartale Eklampsie (18%)<br />

∙ Krämpfe nach Geburtsbeginn<br />

- Postpartale Eklampsie (44%)<br />

∙ Krämpfe nach der Geburt der Plazenta<br />

Besonderheiten<br />

- Häufung im 3. Trimenon und um den Geburtstermin<br />

- Frühe Fälle um die 20. SSW sind möglich → Diagnose schwieriger<br />

- Eklampsie 3 Wochen nach Geburt mit unauffälliger Schwangerschaft möglich<br />

- Studie von Katz: bei 60% Krämpfe allererstes Symptom ohne vorherige Phase mit erkennbarer Präeklampsie<br />

Pathophysiologie<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 78


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

Sofortmaßnahmen (Erste Hilfe)<br />

- Links-Seitenlage<br />

- Freihalten der Atemwege<br />

- Gabe von Sauerstoff<br />

- Gummikeil<br />

Schnellstmöglicher Transport ins Krankenhaus<br />

Therapie<br />

Therapie des eklamptischen Anfalls<br />

- Diazepam 10 mg i.v.<br />

∙ Wichtig: geht auf das Kind über<br />

- Magnesiumsulfat 2 – 4 g i.v.<br />

- Gummikeil<br />

- Seitenlagerung<br />

- Abschirmung von optischen und akustischen Reizen<br />

→ Notsectio<br />

Magnesiumtherapie des eklamptischen Anfalls<br />

- 2 – 4 g als Bolus über 15 min<br />

- Dann: 1 – 2 g/h bis 24 h nach der Entbindung<br />

- Bei zu viel Magnesium: Areflexie, Atemstillstand, Herzstillstand → daher Plasmaspiegel messen<br />

- Therapeutische Mg Konzentration: 1,3 – 4 mmol/l<br />

∙ > 5 mmol/l Atemdepression, Areflexie, Herzstillstand<br />

∙ Antidot: Ca++ z.B. Ca gluconicum 10% 10 ml i.v.<br />

Postpartale Beratung<br />

- Wiederholungsrisiko in weiterer Schwangerschaft<br />

∙ nach leichter Präeklampsie 20%<br />

∙ nach schwerer Präeklampsie 26 %<br />

∙ nach early onset (2. Trimenon) bis 65 %<br />

∙ nach HELLP 27 – 48 %<br />

• Präeklampsie: ca. 20 %<br />

• Erneutes HELLP: 3 – 19 %<br />

- Internistische Abklärung nach 3 Monaten<br />

∙ Ausschluss präexistenter Hypertonie<br />

∙ Bei early onset Präeklampsie: Gerinnungsabklärung<br />

Prädiktion<br />

Risikofaktoren<br />

- Anamnese<br />

∙ Maternales Alter<br />

∙ Rasse<br />

∙ Konzeption spontan/artifiziell<br />

∙ Nikotinabusus (erniedrigt Risiko)<br />

∙ Erhöhter body mass index (BMI)<br />

∙ Vorangegangene Präeklampsie<br />

∙ Positive Familienanamnese für Präeklampsie<br />

∙ Parität<br />

- Untersuchung<br />

∙ BMI<br />

∙ Blutdruck<br />

∙ A. uterina Doppler<br />

∙ Biochemische Marker<br />

Es gibt einen diagnostischen Test, der aber keine 100%ige Sensitivität und Spezifität besitzt → relatives Risiko kann<br />

berechnet werden<br />

Ausgangsrisiko → alle Risikofaktoren beachten: durch Multiplikation des AR mit den Odds Ratios der einzelnen Faktoren<br />

erhält man des adjustierte Risiko<br />

Detektionsrate (Sensitivität) für 5 % FPR ~ 90 %<br />

Prophylaxe<br />

Festlegung von Risikogruppen<br />

- Individuelle Einschätzung der Risikos<br />

- Anamnese<br />

- Mittlerer Blutdruck<br />

Seite 79<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

HES und HELLP<br />

- Dopplersonographie der Aa. uterinae in der <strong>12</strong>. SSW<br />

- Bestimmung von PAPP A<br />

Bei hohem Risiko: Acetylsalicylsäure 100 mg tgl. von der <strong>12</strong>. bis 34. SSW<br />

Aspirinprophylaxe<br />

- Risiko für Präeklampsie 0,85 OR<br />

- Risiko für Geburt < 37 SSW 0,92 OR<br />

- Risiko perinataler Tod 0,86 OR<br />

Nicht wirksam sind<br />

- Es gibt keine Gestosediät<br />

- Multivitaminpräparate haben keinen Nutzen bei gesunder Ernährung (mit Ausnahme der Folsäureprophylaxe der<br />

Spina bifida)<br />

- Magnesium wirkt nicht prophylaktisch<br />

- Kalzium wirkt nicht prophylaktisch<br />

- ω-3 Fettsäuren vermindern Präeklampsierisiko nicht<br />

Spätmorbidität<br />

erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Gefäßerkrankungen<br />

Kumulatives Risiko einer chronischen Hypertonie nach unauffälligen<br />

Schwangerschaften sowie nach Schwangerschaften mit schwerer Präeklampsie<br />

und/oder Eklampsie (Fischer, Der Gynäkologe 2009, Sibai et al, Am J Obstet Gynecol<br />

1986)<br />

Fallvorstellung A<br />

26jährige Lehrerin<br />

- fühlt sich seit Tagen schlecht, seit einer Woche Fieber bis 38° C, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen<br />

- nimmt die Pille und hat einen regelmäßigen Zyklus<br />

- war nie schwanger<br />

Lässt sich von ihrem Bruder in das Bezirkskrankenhaus fahren<br />

Während der Fahrt Ohnmacht und Krampfanfall<br />

Untersuchung im Bezirkskrankenhaus<br />

- Zungenbiss<br />

- Striae am Abdomen<br />

- Intraabdominaler Tumor<br />

- Labor: Thrombopenie, Anämie, LDH und GOT erhöht<br />

Überweisung an die Klinik<br />

- Schall freie Flüssigkeit im Abdomen und Tumor im Unterbauch<br />

- Starke Kopfschmerzen<br />

- CT: Fetus in der 27 SSW<br />

Frauenklinik<br />

- HELLP Syndrom bei negierter Schwangerschaft<br />

- Notsektio: gesundes 980 g schweres Kind<br />

Fallvorstellung B<br />

26jährige Patientin, 0P IG<br />

- Letzte Menstruation nicht bekannt<br />

- Ultraschallterminbestimmung: 08.11.<strong>2011</strong><br />

- Regelmäßige Kontrollen beim Frauenarzt<br />

Schwangerschaftsverlauf<br />

- Spätabortbestrebungen in der 17. SSW bei tiefsitzender Plazenta<br />

- 22. bis 23. SSW stationär wegen regelstarker vaginaler Blutung bei Plazenta praevia partialis<br />

- Harnwegsinfekt (stationäre Behandlung) mit extrem starker CRP-Erhöhung (60)<br />

- Frühgeburtsbestrebungen in der 25. SSW (stationäre Behandlung)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 80


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

Bezirkskrankenhaus<br />

- Bei 28+1 Überweisung vom Frauenarzt an Bezirkskrankenhaus wegen V. a. EPH Gestose<br />

- zunehmende Ödeme (Gesicht)<br />

- tiefsitzende Hinterwandplazenta<br />

- pathologischer Doppler (Widerstandserhöhung A. umbilicalis)<br />

- Hypertonie<br />

- Proteinurie<br />

- → Überweisung an die Frauenklinik<br />

Frauenklinik<br />

- 28+2 SSW<br />

- RR 150/110<br />

- Proteinurie und Ödeme<br />

- Ultraschall: Kind 1000 g, Oligohydramnion, Zero flow in der A. umbilicalis<br />

- Labor: Harnsäure im oberen Normbereich; HELLP Labor unauffällig<br />

Procedere<br />

- Lungenreifeinduktion<br />

- Aldometil 3 x 250 mg<br />

- Magnesiumtokolyse<br />

28+4 SSW<br />

- Blutdruck 160/100, HELLP Labor unauffällig<br />

- Doppler stabil, CTG unauffällig<br />

- > Nepresoldauerinfusion<br />

29+1 SSW<br />

- Pat. erbricht<br />

- CTG eingeschränkt<br />

- HELLP Labor: GOT 34 U/l, GPT 32 U/l, LDH 503 U/l<br />

- Thrombozyten 103.000G/l<br />

2 Stunden später<br />

- CTG eingeschränkt<br />

- HELLP Labor: GOT 41 U/l, GPT 39 U/l, LDH 560 U/l<br />

- Thrombozyten 82.000G/l<br />

→ Notsektio<br />

Kind<br />

Mutter<br />

- Mädchen, 960 g (3er Perzentile), NSA pH 7,20<br />

- Postoperativ 2 Tage auf Aufwachstation<br />

- Rasche Normalisierung des HELLP Syndroms<br />

Fallvorstellung C – Gutachten<br />

26-jährige Patientin<br />

Bei internist Kontrolle RR 195/<strong>12</strong>5<br />

In den folgenden Jahren Concor und Atacand<br />

Wird Juni 2002 schwanger<br />

- 05.07.02 7. SSW erste gyn Kontrolle, kein RR gemessen<br />

- 19.08.02 13. SSW erstmals RR 135/80<br />

- 30.09.02 19. SSW RR 170/100 Pat geht zu Internist<br />

- Internist verschreibt Seloken und Blutdruckpass<br />

→ erhöhter diastolischer Flow<br />

Seite 81<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

HES und HELLP<br />

30.10.02 23+3 SSW geht wegen Bauchschmerzen zum Gynäkologen<br />

- Was tun Sie?<br />

∙ …<br />

- Was tat der/die Gynäkologe/Gynäkologin?<br />

∙ Ernährungsberatung<br />

- Was tat der/die Gynäkologe/Gynäkologin nicht?<br />

∙ Blutdruck<br />

∙ Harnstix<br />

∙ HELLP Labor<br />

∙ Ultraschall<br />

01.11.02 Allerheiligen, immer noch Oberbauchschmerzen<br />

- Mutter der Patientin macht sich Sorgen und ruft befreundete Krankenschwester in anderem Bundesland an, diese<br />

rät zur KH Aufnahme<br />

02.11.02 24+2 SSW geht ins Bezirkskrankenhaus<br />

- Thrombo 42.000, LFP massiv erhöht, RR 180/100, im CTG Dezelerationen<br />

- Am selben Tag mit Notarzt in Uniklinik<br />

→ Notsectio<br />

- 460g schwerer Knabe verstirbt nach 2 Stunden<br />

- Pat klagt wegen insuffizienter Schwangerenvorsorge<br />

Fallvorstellung D – Gutachten<br />

07.08.<strong>2011</strong> Letzte Regel; errechneter Geburtstermin 11.05.2002<br />

24.10.2001 1. Facharztbesuch: CRL 59 mm<br />

28.<strong>12</strong>.2001 2. Facharztbesuch (20+3)<br />

Jänner 2002 Beinödeme<br />

15.01.2002 3. Facharztbesuch: RR normal, normales fetales Wachstum<br />

14.02.2002 Außertourlicher Facharztbesuch wegen Grippe/Darmgrippe: Fetale Herzaktion unauffällig, AUF bis<br />

22.02.2002<br />

15.02.2002 bis Kurzurlaub in einem Wellnesshotel in Neustift, Stubaital. Pat. geht es schlecht, sie kann nicht essen.<br />

18.02.2002<br />

28.02.2002 Auf der Rückfahrt erhebliche Bauchschmerzen<br />

19.02.2002 Termin beim Facharzt erst am nächsten Tag möglich<br />

20.02.2002 In der Facharztpraxis intrauteriner Fruchttod festgestellt<br />

RR <strong>12</strong>7=80, Proteinurie+++, Thrombozyten 133.000, GPT 97U/l<br />

20.08.2002 16.00 Uhr: Patientin ruft im Belegspital an<br />

22.15 Uhr: 400 μg Cyprostol vaginal<br />

21.08.2002 02.00 Uhr: Temperaturanstieg auf 39,6° C. Telefonische Anordnung von Augmentin® und<br />

Paracetamol<br />

03.00 Uhr: Patientin erhält wegen Schmerzen eine Ampulle Nicomorphin s.c. sowie Paracetamol<br />

04.00 Uhr: Temperatur auf 38° C gesunken. Verabreichung von 400 μg Cyprostol vaginal. Portio<br />

erhalten, fingerdurchgängig<br />

06.20 Uhr: Blasensprung. Muttermund identisch zu 04.00 Uhr<br />

06.50 Uhr: läutet wegen Schmerzen, durch Hebamme untersucht; Muttermund 2 cm, Voltaren®<br />

supp. rektal<br />

07.15 Uhr: läutet erneut wegen Schmerzen. Wird auf dem Rückweg vom WC aufs Bett gesetzt.<br />

Kollaps auf dem Bett, atmet nicht mehr, kein Puls tastbar.<br />

Sofortige Reanimationsmaßnahmen<br />

08.45 Uhr: Abfahrt des NWA ins Landeskrankenhaus<br />

09.15 Uhr: Eintreffen des NAW im LKH. Fortsetzung der intensiven Reanimationsmaßnahmen.<br />

Lyse und aortale Ballonpumpe. Echokardiographisch flottierender Thromboembolus im<br />

Arteria pulmonalis Hauptstamm, ballonierter rechter Herzventrikel und fehlende<br />

linksventrikuläre Auswurfleistung<br />

11.00 Uhr: Beendigung der erfolglosen Reanimation. Die Patientin ist tot.<br />

Fetale Todesursache: partielle Plazentasitzlösung<br />

Maternale Todesursache: Pulmonalembolie bei HELLP Syndrom und Fieberschub unter Cyprostol<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 82


HES und HELLP<br />

Gynäkologie<br />

Ernährung in der Schwangerschaft<br />

So wenig wie möglich:<br />

- Zucker<br />

- Butter<br />

- Margarine<br />

- Öl<br />

Großzügig erlaubt:<br />

- Haferflocken<br />

- Vollkornbrot<br />

- Reis<br />

- Pasta<br />

- Früchte<br />

- Gemüse<br />

In der Schwangerschaft keine unnötigen Verbote und Vorschriften machen<br />

In Maßen erlaubt:<br />

- mageres Fleisch<br />

- Geflügel<br />

- Fisch<br />

- Nüsse<br />

- Eier<br />

- Milch und Milchprodukte<br />

Nur sehr eingeschränkt:<br />

- Alkohol<br />

- Kaffee<br />

Verboten:<br />

- Rauchen<br />

- Energy Drinks<br />

Seite 83<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

07.<strong>12</strong>.11<br />

Nachgeburtsperiode und Wochenbett<br />

Das Kind ist da, der Stress ist vorbei, jetzt können alle relaxen…<br />

der Taj Mahal wurde von Shan Jahan zur Erinnerung an seine Frau Mumtaz Mahal erbaut, die 1632 bei der Geburt ihres 14.<br />

Kindes an einer postpartalen Blutung gestorben war.<br />

3. Frau Heinrich VIII Jane Seymore stirbt am 02.01.1537 im Kindbett nach Geburt Edward VI.<br />

Nichts ist so gefährlich wie die Nachgeburtsphase<br />

Die Plazentarperiode (third stage of labor) stellt die gefährlichste Phase der Schwangerschaft und Geburt dar<br />

Dauer der Nachgeburtsphase: Geburt des Kindes bis Geburt der Plazenta (bis 2h)<br />

1920er Jahre, England, Deutschland: 80% der mütterlichen Todesfälle in den Stunden und Tagen nach der Geburt des<br />

Kindes ( Loudon, 1992).<br />

Dritte Welt heute: postpartale Blutungen für die hohe Müttersterblichkeit verantwortlich<br />

Pathologie der Plazentarperiode<br />

- Blutungen<br />

- Infektionen der Geburtswege (bis zur puerperalen Sepsis)<br />

- thrombo-embolische Ereignisse<br />

Leitung der Nachgeburtsperiode<br />

Aktive Leitung:<br />

- Injektion von 3-5 IE Oxytocin unmittelbar nach der Entwicklung des Kindes<br />

- Cord traction<br />

Expektative Leitung:<br />

- Gabe von Oxytocin<br />

- Abwarten der Lösungszeichen<br />

∙ Schlaffwerden der Nabelschnur<br />

∙ Hochsteigen des leeren Uterus nach re oben (Schröderzeichen)<br />

∙ Fehlendes Zurückweichen der Nabelschnur beim Hochschieben des Uterus (Küstnerzeichen)<br />

Ziel der Leitung der Nachgeburtsperiode:<br />

- Begrenzung des Blutverlustes (> 500 ml in ersten 24 h pathologisch)<br />

Aktive Leitung:<br />

- Injektion von 5 Einheiten Oxytocin unmittelbar nach der Entwicklung des Kindes.<br />

- Fundusdruck, cord traction<br />

Lösungsmodus der Plazenta<br />

Modus Schultze:<br />

- Häufiger (70%)<br />

- Ablösung der Plazenta von der Uteruswand primär zentral<br />

- Plazenta stülpt sich heraus<br />

Modus Duncan:<br />

- Plazenta löst sich zuerst am Rand<br />

- Plazenta kommt gerade heraus<br />

Credé Handgriff<br />

Zur Blutungskontrolle<br />

Durchführung:<br />

- Abwarten / Anreiben einer Wehe<br />

- Umfassung des Uterusfundus<br />

- Auspressen des Uteruscavum<br />

- Schmerzhaft und Unangenehm für Pat., daher nur wenn notwendig<br />

Um den Blutverlust zu kontrollieren, kann man die Frau speziell lagern: überkreuzte Beine + Binden (Binden können später<br />

auch gewogen werden, d.h. man kann den Blutverlust auch quantifizieren)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 84


Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Gynäkologie<br />

Vollständigkeit der Plazenta<br />

Verdacht auf Plazentarest:<br />

Kompressionslage<br />

- Mehr als bohnengroßer Defekt bei sorgfältiger Inspektion der Plazenta<br />

- Blutung aus suspekter Stelle der Plazenta<br />

- Fehlen des perlmuttartigen Glanzes der Dezidua nach Reinigung der maternalen Plazentafläche<br />

- Erkennen von in den Eihäuten verlaufenden Gefäßen zu einer eventuellen Nebenplazenta<br />

Unvollständige Lösung der Plazenta<br />

Der Verdacht ist begründet bei:<br />

- mehr als bohnengroßer Defekt<br />

- Blutung aus der Haftstelle der Plazenta<br />

- Fehlen des perlmuttartigen Glanzes der Dezidua<br />

- Erkennen der von Eihäuten verlaufenden Gefäße zu einer ev. Nebenplazenta<br />

- Abklärung einer Blutungsursache wie Cervixriß, Parametrienriß Weiteres Vorgehen:<br />

Austastung des Uterus in Narkose<br />

URSACHEN VON NACHGEBURTSBLUTUNGEN<br />

VAGINALE BLUTUNGEN<br />

Blutung infolge einer maternalen Weichteilverletzung<br />

(Auftreten der Blutung unmittelbar nach der Entwicklung<br />

des Kindes !! – mit der Geburt)<br />

Plazentalösungsblutung<br />

(Auftreten der Blutung nach einem freien Intervall nach<br />

der Entwicklung des Kindes !! – nach einer gewissen Latenz)<br />

- Vulva Verletzung / Hämatom<br />

- Dammverletzung<br />

- Scheidenverletzung<br />

- Zervixriss<br />

- Uterusruptur<br />

- partielle Plazentalösung<br />

- Duncan Lösung<br />

- Retentio placentae totalis<br />

- Retentio placentae partialis<br />

- Retention wandständiger Blutkoagel<br />

Atonische Nachblutung<br />

- (Auftreten von Blutung nach blutungsfreiem Intervall nach vollständiger Entleerung des Uterus)<br />

Geburtshilfliche Koagulopathie<br />

- Verlustkoagulopathie<br />

- Verbrauchskoagulopathie (DIG)<br />

- Hyperfibrinolyse<br />

Retroperitoneale Blutungen<br />

- hohe Zervix Verletzung<br />

- Abriss der A. uterina<br />

- Uterusruptur im unteren Korpus-bzw. Isthmusbereich<br />

- Problem: retroperitoneale Blutungen sind oft maskiert: man bemerkt nur, dass der Blutverlust nach außen gering<br />

ist → sucht man im Ultraschall nach freiem Blut, findet man nichts, da das Blut vom Retroperitoneum bis über die<br />

Nieren hinaufgesaugt wird.<br />

Intraabdominale Blutungen<br />

- Uterusruptur<br />

- Nach außen wenig Blutung, Hb-Abfall, RR-Abfall, freie Flüssigkeit im Bauchraum<br />

Episiotomie – Damm/Scheidenrisse<br />

- 70% der Frauen benötigen nach der Geburt operative Versorgung der Verletzungen der Geburtswege -<br />

Episiotomie/ Riss<br />

- wesentlicher Anteil am postpartalen Blutverlust<br />

- Spätfolgen der geburtstraumatisch und iatrogen bedingten Verletzungen: Schmerzen, Dyspareunie, Harn- und<br />

Stuhl-Inkontinenz und Fistelbildungen<br />

Episiotomie - 3 Möglichkeiten<br />

- Schnitt gerade nach hinten (median – bei weiterreißen: unkontrolliertes Reißen Richtung Anus)<br />

- Mediolateral von der hinteren Kommissur → häufigste<br />

- Lateral von der hinteren Kommissur (viel mehr Weichteilverletzungen)<br />

Seite 85<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Blutungen können auftreten bei:<br />

- Dammriss<br />

- Blutung aus Episiotomie<br />

- Scheidenriss<br />

- Zervixriss<br />

- Uterusruptur<br />

- Hämatombildung<br />

Hämatome postpartal<br />

Symptome / Diagnostik<br />

- Schmerz, Blutdruckabfall, Tachykardie bei unklarem Blutverlust<br />

- rasche Ko Blutbild Gerinnung<br />

- vaginale, rektale und abdominale Untersuchung, Ultraschall<br />

- mit CT nicht zögern!<br />

Rektum ist nach der Geburt eigentlich immer leer – wenn daher eine Frau 2 Stunden nach der Geburt schon das Gefühl hat,<br />

Stuhl absetzen zu müssen, wird es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Hämatom im Bereich des Rektums<br />

handeln<br />

Inzidenz: Hämatome von mehr als 4 cm Durchmesser - ca 1:1000 Geburten<br />

- 80% von einer Epi ausgehend<br />

- 20% nach Spontangeburt mit intaktem Damm<br />

- 50% nach vaginal-operativer Geburt<br />

Lokalisation<br />

unterhalb des Levator:<br />

Vulva,Perineum, paravaginal und in der Fossa ischiorectalis<br />

oberhalb des Levator:<br />

dehnen sich ins Ligamentum latum und nach dorsal in den<br />

retroperitonealen Raum<br />

Therapie<br />

Eine Blutdruckmanschette zusammenrollen, in einen sterilen Handschuh, in die Scheide einbringen und auf 300 mmHg<br />

aufblasen. Dann im Lauf der nächsten 24h langsam den Druck ablassen<br />

Pinborg A, Bodker B, and Hogdall C (2000). Postpartum hematoma and vaginal packing with a blood pressure cuff. Acta Obstet Gynecol<br />

Scand 79:887-889<br />

Vulvahämatom kann leicht diagnostiziert werden Paravaginales Hämatom wird oft nicht bemerkt, bis die Patientin in<br />

Schockzustand verfällt<br />

- unter 5 cm - straffe Tamponade der Scheide, Eisbeutel außen, beobachten ob Größe nicht zunimmt<br />

- über 5 cm - Inzision über Vagina und gründliche chirurgische Ausräumung, Drain legen, Dauerkatheter legen<br />

Fallbericht: Patientin, die bei einem 9 cm großen Hämatom der Vulva jede chirurgische Therapie ablehnte: Lokaltherapie<br />

über einen Monat, der status quo ante an der Vulva war nach über 2 Monaten erreicht.<br />

Antibiose<br />

antibiotische Abschirmung !!<br />

- Cave Hämatome in der Tiefe, die postpartal nicht auffallen!<br />

- Symptomatik fälschlich dem orthopädischen Formenkreis angelastet<br />

- Bei jeder Wöchnerin mit Ischias-artigen Schmerzen nach möglichem paravaginalen Hämatom fahnden - CT ideal!<br />

- gefürchtetste Komplikation der Abszessbildung in diesem Bereich ist die nekrotisierende Fasziitis, Tod der<br />

Patientin!<br />

Streptokokken-induzierte nekrotisierende Fasziitis und septischer Schock nach Sectio caesarea<br />

Anamnese<br />

- 27-jährige Patientin<br />

- unauffällige Familienanamnese<br />

- Vorerkrankungen, Voroperationen: bekannter Protein-S-Mangel Z.n. Mammareduktionsplastik 2000 Z.n.<br />

Chlamydieninfektion 2002<br />

- Gyn. Anamnese: 0. Para, 1. Gravida, L.R.:21.11.03, EGT: 30.08.03 Blutgruppe 0 rh neg Z.n. IVF<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 86


Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Gynäkologie<br />

Verlauf<br />

- stationäre Aufnahme in der 36+1 SSW<br />

- bei sonografischem V.a. IUGR und Oligohydramnion<br />

- Geburtseinleitung mit Prostaglandin E2-Vaginaltabletten<br />

- bei pathologischem CTG (DIP I, eingeschränkter CTG-Verlauf) Indikation der Sectio caesarea<br />

- unauffällige Sectio caesarea, Laparotomie nach Pfannenstiel<br />

- Kind: weiblich, APGAR 8/9/9, NapH: 7,31 NvpH: 7,35 Gewicht: 2190 g<br />

Postoperativer Verlauf<br />

- Zwei Tage postoperativ entwickelt die Patientin Zeichen eines akuten Abdomens, eines Ileus und ein septisches<br />

Zustandsbild<br />

- im Bereich der Sectiowunde zeigt sich eine livide Verfärbung - ein subcutanes Hämatom wird sonographisch<br />

ausgeschlossen<br />

- im Abdomen -CT zeigen sich Lufteinschlüsse intraabdominell und ein Emphysem an der Bauchdecke<br />

- explorative Laparotomie: Ascites, Zeichen einer Peritonitis ohne mor-phologischer Auffälligkeiten der<br />

Bauchorgane<br />

- Hygieneabstrich der Bauchdecke: hämolysierende Streptokokken der Gruppe A<br />

- acht Stunden nach der Laparatomie wurde eine Relaparotomie wegen eines akuten toxischen Schocksyndroms<br />

notwendig. Gewebsnekrosen sind abgrenzbar und eine Nekrosektomie mit Resektion von Haut, Subcutis, Fascie<br />

und Rectusmuskulatur sind nötig<br />

Therapie und Heilungsverlauf<br />

- mehrfache Debridements und konservative Wundkonditionierung<br />

- Mesh-graft Deckung<br />

- mehrwöchiger Aufenthalt auf der Intensivstation<br />

- lange Rehabilitationphase<br />

Sepsis/septischer Schock in der Geburtshilfe<br />

Wichtige Symptome der beginnenden Sepsis: Oligurie bis Anurie, CRP-Erhöhung (aber u.U. erst spät),<br />

Thrombozytopenie!!!, manchmal auch Leukopenie<br />

Atonische Nachblutung<br />

Ursache<br />

Verlauf<br />

- Kontraktionsschwäche des Myometriums bei protrahierten Geburtsverläufen<br />

- Oxytocingabe unter der Geburt<br />

- Infektionen unter der Geburt (Chorioamnionitis)<br />

- Überdehnung des Uterus (Mehrlinge, Polyhydramnion)<br />

- Operative Geburt (VE, Forceps)<br />

- Uterus myomatosus<br />

- Uterine Fehlbildungen<br />

- Multipara<br />

- Blutung verläuft meist schubweise - das im Cavum angesammelte Blut wird kontraktionsabhängig entleert<br />

Behandlung<br />

- Kontraktionsmittel; Oxytocin, Methyl-Ergobasil<br />

- Entleerung des Uterus durch Fundusdruck<br />

- Sofortiger Beginn der Volumensubstitution (venöser Zugang, FFP, EKs)<br />

Seite 87<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Bei Therapieversagen – 1. konservativ:<br />

- Behandlung mit Prostaglandinen intravenös bzw. intracavitär<br />

- Nalador (Sulproston)<br />

Bei Therapieversagen – 2. konservativ:<br />

- Bakri-Ballon<br />

Bei Therapieversagen – 3. operativ:<br />

- Kompressionsnähte > Ligatur der A. uterina > A. iliaca interna > interventionelle Radiologie (Embolisation) ><br />

Hysterektomie<br />

Bakri-Ballon<br />

Applikation<br />

- Einbringung in Cavum uteri (Sono-Ko)<br />

- CAVE: Perforation<br />

- Applikation von 250 – 300 ml NaCl (kalt)<br />

- CAVE: Vaso-vagaler Reflex<br />

- Messung Blutverlust über Katheder<br />

- Max. 24 h Liegezeit<br />

Kontraindikation<br />

- Cervix Karzinom<br />

- Uterusanomalie<br />

- DIC<br />

B-Lynch-Nähte<br />

operative Alternative = Kompressionsnähte, z.B. B-Lynch: Uterus von außen<br />

durch die Nähte komprimiert<br />

Funduskompressionsnähte<br />

- Uterus-Fundus wird mit quer durchgreifenden Nähten invertiert und damit komprimiert Re-Lap nach 24 h zur<br />

Fadenentfernung<br />

Vierecktechnik nach Cho<br />

„haemostatic multiple square suturing“<br />

Prinzip: Vorderwand und Hinterwand des Uterus mit großen durchgreifenden Nähten mit einer geraden Nadel unter<br />

Kompression aneinandernähen<br />

Cho et al Obstet Gynecol 96: <strong>12</strong>9-131 2000<br />

Atonische Blutung – Differentialdiagnosen<br />

Bei unzureichender Wirkung der medikamentösen Atoniebehandlung sind die folgenden Maßnahmen einzuleiten:<br />

- 1. Austastung des Uterus: vorhandende Plazentareste und wandständige Blutkoagel werden entfernt. Eine<br />

Uterusruptur wird auf diese Weise ausgeschlossen.<br />

- 2. Spekulumeinstellung: eine Cervix-bzw. Scheidenverletzung wird ausgeschlossen<br />

- 3. Untersuchung des Gerinnungsstatus zum Ausschluß einer Koagulopathie<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 88


Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Gynäkologie<br />

Handgriff nach Zweifel<br />

Partielle Plazentaretention<br />

Definition<br />

Kompression durch die Hand des Geburtshelfers erreicht<br />

- unvollständige Ausstoßung der Nachgeburt<br />

Komplikation<br />

- Plazentapolypen um den verbliebenen Plazentarest schalenförmige Anlagerung von koaguliertem Blut mit<br />

konsekutiv Endometritis und puerperalen Blutungen<br />

Diagnose<br />

- Beurteilung der Plazenta<br />

Therapie<br />

- Nachtastung des Cavum uteri in Narkose<br />

- Abrasio<br />

Placenta adhaerens<br />

Ursache<br />

- Uterine Kontraktionsschwäche nach protrahierten Geburtsverläufen oder einer Überdehnung des Uterus<br />

- Insertion der Plazenta in den kontraktionsschwachen Tubenecken<br />

- Placenta membranatia aufgrund der flachen Ausdehnung<br />

Behandlung<br />

- Kontraktionsmittel wie Oxytocin und Methergin<br />

- Credé Handgriff<br />

- Lösung der Plazenta in Allgemeinanästhesie<br />

Placenta incarcerata<br />

Ursache<br />

- Kontraktionsring im Bereich des inneren Muttermundes<br />

- Vesikale Harnretention<br />

Behandlung<br />

- Spasmolytika<br />

- Entleerung der Harnblase<br />

- ev. Gewinnung der Placenta in Allgemeinanästhesie<br />

Placenta acreta, increta oder percreta<br />

Ursache<br />

Niedationsstörungen zumeist als Folge vorangegangener Endometriumsschäden<br />

Aufgrund des Überwiegens invasiver Aktivität des Trophoblasten kommt es zu einem Vordringen der Zotten in die Decidua<br />

basalis (= acreta), in das Myometrium (= increta) oder sogar bis zur Uterusserosa (= percreta).<br />

Häufigkeit selten, zwischen 1:2000 bis zu 1:70 000 Entbindungen<br />

Therapie bei richtig gestellter Diagnose ist stets eine Hysterektomie notwendig<br />

Wichtig: Patientinnen mit Plazenta praevia und Zustand nach Sectio haben ein sehr hohes Blutungsrisiko!<br />

Seite 89<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Fallbericht<br />

Anamnese<br />

Verlauf<br />

- 30-jährige Patientin<br />

- unauffällige Familienanamnese<br />

- Gyn. Anamnese: 1. Para, 3. Gravida, L.R.:14.04.10, EGT: 27.01.11 Blutgruppe A rh pos Z.n. 4x Abrasio (1x Abort, 1x<br />

Blasenmole, 2x Plazentarest post Vaginalgeburt) aktuell: Plazenta prävia partialis (VoWa)<br />

- Vaginale Blutung 11+6 SSW; Gabe von 3 Eks, 2 FFP<br />

- Blutung sistiert vorerst unter strenger Observatio<br />

- Massive Blutung mit pROM 17+4 SSW<br />

- MRT kl. Becken zeigt Plazenta accreta / increta bei Plazenta prävia partialis.<br />

- Abortinduktion 17+4 SSW (Mifegyne + Cyprostol)<br />

- Geburt Fetus, Plazenta in situ<br />

- 4 Zyklen MTX/Folinat (08.10 – 09.10) unter kontinuierlicher Antibiose<br />

- Beginnende Chorioamnionitis mit Septikämie<br />

- Manuelle/instrumentelle Plazentalösung > Notfall-HE<br />

Postpartale Blutung – Risikofaktoren<br />

Koagulopathien<br />

Bei den geburtshilflichen Koagulopathien handelt es sich um akute, im Verlauf der Entbindung erworbene,<br />

Hämostasestörungen.<br />

Es wird unterschieden:<br />

1. Verlustkoagulopathie<br />

2. Verbrauchskoagulopathie (DIC)<br />

3. Hyperfibrinolyse<br />

Diagnostik der akuten Hämostasestörung<br />

Verlustkoagulopathie / Verdünnungskoagluopathie<br />

Häufigste Form der geburtshilflichen Koagulopathien<br />

1. 1.Ab einem Blutverlust von ca. 1,2 – 1,5 l<br />

2. 2.Verlust von Gerinnungsfaktoren<br />

3. Funktionsbeeinträchtigung der Thrombozyten als Folge der Volumensubstitution<br />

4. Gefäßwandschäden infolge der Hypoxie und Azidose im Rahmen des posthämorrhagischen Schocks<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 90


Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Gynäkologie<br />

DIC<br />

- Dissiminierter intravasaler Ausfall von Fibrin mit Verbrauch des Fibrinogens infolge der Einschwemmung von<br />

thrombokinetisch wirkenden Substanzen aus dem plazentaren bzw. dezidualen Gewebe.<br />

- Störung der Mikrozirkulation mit hypoxischer Gewebeschädigung, die zu organabhängiger Symptomatik<br />

(kardiogener pulmonaler Schock, zerebrale Symptomatik, Anurie) führen.<br />

Klinische Phasen der DIC<br />

Diagnosekriterien der DIC<br />

Therapie der geburtshilflichen Verbrauchskoagulopathie:<br />

1. FFP oder Fibrinogen<br />

2. EKs<br />

3. TKs<br />

4. Antithrombin III<br />

5. Bei Überschießen auf Fibrinolyse Antifibrinolytika (Aprotinin)<br />

6. Korrektur der metabolischen Azidose<br />

7. Aufrechterhaltung der Mikrozirkulation durch Volumengabe<br />

DIC-Ursachen<br />

Ursachen, Differentialdiagnose und Therapie der frühen postpartalen Blutungen nach<br />

Ausstoßung der Plazenta<br />

Ursache Häufigkeit Differentialdiagn. Vorgehen Therapie<br />

Atonie<br />

häufigste<br />

Ursache:<br />

75%<br />

Blutung dunkel, schwall-weiser<br />

Blutabgang Griff an den Uterus (klein,<br />

kontrahiert - keine Atonie)<br />

Massieren und Entleeren v. Koagula<br />

Kontraktionsmittel, 5 IE Syntoc. i.m. od. i.v. 10<br />

IE Synthocinon (500 ml Infusion (80<br />

Tropfen/Minute)<br />

Blase entleeren<br />

Ersatz: Volumen, Blut, Plasma, Thrombozyten<br />

bimanuelle Uteruskompression<br />

Operation: Uterusexstirpation oder Ligatur der<br />

A. iliaca interna<br />

Verletzungen des<br />

Geburtskanals<br />

Retention von<br />

Plazentateilen bzw<br />

wandständige Blut- Koagel<br />

Gerinnungsstörung als<br />

schon bestehende<br />

Erkrankung, als<br />

Verbrauchskoagulopathie<br />

(Amnioninfektionssyndrom,<br />

Gestose, HELLP-sy.) als<br />

Verlustkoagulopathie<br />

15% Kontinuierliche, eher hellrote Blutung<br />

bei gut kontrahiertem Uterus, Revision<br />

des Geburtskanals<br />

9 % Ausschluß beider vor- genannter<br />

Ursachen<br />

Als Primärursache<br />

selten<br />

Prüfung der Gerinnungsfähigkeit des<br />

Blutes<br />

Versorgung der Geburtsverletzungen<br />

manuelle oder instrumentelle Austastung des<br />

Kavums mit Ent- fernung des Plazentarestes<br />

Cave Perforation!<br />

Da bei starken Blutungen aus anderen Gründen<br />

bald auch Verlustkoagulopathie → rechtzeitig<br />

substituieren<br />

Seite 91<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Differentialdiagnose des Symptoms „Vaginale Spätblutung“<br />

Mögliche Ursachen Wochenbettstag Klein. Befund Diagn. u. Therapie<br />

Nicht versorgte<br />

Geburtsverletzung<br />

2. Tag Unterschiedlich starke, eher hellrote<br />

Blutung, Uterus gut kontrahiert<br />

Spekulumuntersuchung<br />

Versorgung<br />

Endometritis bes. im Bereich<br />

der Plazenta-Haftstelle<br />

2.-10. Tag Fieber, Schmerzen, vermehrter,<br />

blutiger, übelriechender Wochenfluss,<br />

Uterus schlecht kontrahiert<br />

Laboruntersuchungen,<br />

Kontraktionsmittel<br />

Antibiotika<br />

Plazentapolyp (0,5%) Meist nach 2 Wochen Oft sehr starke Blutung<br />

Evtl. Abgang von Plazentagewebe<br />

Dysfunkt. Blutungen durch<br />

protrahierte<br />

Follikelhormoneinwirkung<br />

Wochenbett (Puerperium):<br />

Frühestens nach 6<br />

Wochen<br />

Starke Blutung, oft erste Blutung pp<br />

Sonographie: wenn neg.: Versuch<br />

m. Kontraktions-mittel; wenn pos.<br />

oder Versagen der konservat.<br />

Therapie: Kürettage<br />

Kontraktionsmittel, wenn schon<br />

abgestillt, dann Versuch des<br />

hormon. Blutungsstopps<br />

(Gestagene). sonst evtl. Kürettage<br />

notwendig<br />

Das Wochenbett umfasst jene Zeit nach der Geburt, in der sich schwangerschafts- und geburtsbedingte Veränderungen des<br />

mütterlichen Organismus wieder zurückbilden und die Laktation einsetzt.<br />

Beginn: Ausstoßung der Plazenta.<br />

Ende: 6-8 Wochen post partum<br />

Veränderungen, Nomenklatur und Zusammensetzung der Lochien im Verlauf des Wochenbettes<br />

Zeit Farbe, Konsistenz Bezeichnung Bestandteile<br />

1.-5. Tag Rein blutig Lochia rubra, cruenta Blut, Eihautreste, Dezidua, Bakterien<br />

(ev. Vernix, Lanugo, Mekonium)<br />

Ende der 1. Woche Blutig-serös, bräunlich, dünnflüssig Lochia fusca, serosa Blut, Lymphe, nekrot. Dezidua, Leukozyten,<br />

Schleim, Bakterien<br />

Ende der 2. Woche Schmutzig-gelb, dickflüssig Lochia flava Nekrotische Dezidua, Leukozyten, Schleim,<br />

Bakterien<br />

Ende der 3. Woche Grauweiß, wässrig-schleimig Lochia alba Schleim, Leukozyten<br />

Bei einer Subinvolution des Uterus besteht die<br />

Gefahr einer Infektion<br />

Hoher Fundusstand<br />

Mögliche Ursache<br />

Überfüllte Harnblase<br />

Mangelhafte Kontraktionen (oft<br />

nach Sectio, Mehrlingen, usw.)<br />

Lochialstau<br />

Endometritis, Endomyometritis<br />

Klinischer Befund, diagnostische Maßnahme, Therapie<br />

Fundus abnorm hoch, Uterus kaum tastbar, Ultraschall, Katheterismus der<br />

Harnblase<br />

Uterus groß, eher weich, nicht druckschmerzhaft<br />

Wochenfluss normal, Kontraktionsmittel<br />

Uterus groß, fehlender Wochenfluss, Kontraktionsmittel<br />

Uterus weich, Kantenschmerz, Fieber, übelriechende Lochien, Kontraktionsmittel,<br />

Antibiotika<br />

Fieber im Wochenbett<br />

Mögliche Ursache Temp. Wochenbettstag Klin. Befund Labor<br />

Lochialstau<br />

38-40° erste 7 Tage Fundus hochstehend<br />

keine Auffälligkeit<br />

(Lochiometra)<br />

Uterus weich, reduz. bis<br />

fehlender Wochenfluß<br />

Endometritis 38° 2.-10. Tag Uterus weich, geringer<br />

Kantenschmerz, z.T.<br />

blutiger Wochenfluß<br />

keine Auffälligkeiten<br />

Endomyometritis<br />

Puerperalsepsis<br />

39-40° 2.-10. Tag Uterus weich, deutlicher<br />

Kantern-und Druckschm.<br />

vermehrt<br />

übelriechender Wochenfluß,<br />

reduz. Allgemeinbefinden (Pat.<br />

fühlt sich krank)<br />

Ausgeprägte Leukozytose mit<br />

Linksverschiebung, CRP ↑ ,<br />

Anämie, bakterieller Abstrich,<br />

ev. Blutkultur<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 92


Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Gynäkologie<br />

Infektion der<br />

Episiotomie-<br />

Sectiowunde<br />

Meist abendliche<br />

Fieberzacke<br />

38-39°<br />

Beginn meist 3.-4.<br />

Tag<br />

Rötung, Schwellung und<br />

Schmerzen im Wundbereich<br />

Keine Auff.<br />

Milcheinschuss Kaum >38° Meist 3. Tag Beide Brüste groß, prall,<br />

Keine Auff.<br />

schmerzhaft<br />

Hyperämie und Venenzeichung<br />

(unbedingt Ausschluss anderer<br />

Symptome)<br />

Mastitis 38-40° Nicht vor 6. Tag Schmerzhafte Rötung<br />

Leukozytose<br />

Meist 2.-3. Wo Schwellung einer Seite<br />

Pyelonephritis 38-39° Jederzeit Flankenschmerz,<br />

Harnbefund<br />

klopfschmerzhaftes Nierenlager,<br />

Pollakisurie, Dysurie<br />

Thrombophlebitis 38° Jederzeit Lokalbefund an Extremität Keine Auff.<br />

→ es gibt keine Adnexitis! im Wochenbett (immer Fehldiagnose)<br />

Infektion einer Episiotomie - Fallbericht<br />

Anamnese<br />

- 33-jährige Patientin, 2 Partus, 0 Abortus, letzte Geburt am 2.11.2002 – 6 Uhr aus Schädellage, keine Episiotomie,<br />

kleiner Vaginalriss.<br />

- Am 2.11.2002 nachmittags starke Schmerzen und septische Temperaturen.<br />

- Beginn mit antibiotischer Therapie und Nachcurettage.<br />

- Weiterhin septische Temperaturen und Veränderung des Damms.<br />

- Patientin wird am 2.postpartalen Tag nach Innsbruck transferiert.<br />

Endometritis<br />

Klinik Labordiagnostik Therapie<br />

Temp. meist 38° oder knapp darüber an<br />

zwei aufeinanderfolgenden Tagen<br />

labormäßig kaum Erweiterung der<br />

Diagnostik (schwangerschaftsbedingt BSR<br />

stark erhöht, Leukozyten gering erhöht)<br />

Kontraktionsmittel (2 mal tägl. 1 Amp. 5 IE<br />

Syntocinon i.m. 3 mal tägl. 1 Drg.<br />

Methergin)<br />

Uterus groß, weich, evtl.<br />

druckempfindlich(Kantenschmerz)<br />

Lochien vermehrt, übelriechend, evtl.<br />

stärkere vag. Blutung<br />

nicht nur Kantenschmerz, sondern auch<br />

Spontanschmerz Unterbauch<br />

meist bereits leichte peritoneale Zeichen<br />

mikrobiologische Untersuchung (Kultur und<br />

Resistenzbestimmung)<br />

ausgeprägte Leukozytose und<br />

Linksverschiebung mikrobiologische<br />

Untersuchung (Kultur und<br />

Resistenzbestimmung<br />

Antibiotika, die besonders im<br />

gramnegativen und im anaeroben Bereich<br />

wirksam sind<br />

Kontraktionsmittel (5 IE Synthocinon pro<br />

500 ml; 20 Tropfen pro Minute) und<br />

Antibiotika (Cephalosporine im der 3.<br />

Generation, Dalacin, Refobacin)<br />

Kreislaufüberwachung (4 Std Blutdruck,<br />

Puls, Temperatur)<br />

Infusionstherapie<br />

reichlich Lochien<br />

Patientin leidend, erschöpft Transfusion bei Hämoglobin < 8 g% (5,0<br />

mmol/l)<br />

Symptom Unterbauchschmerzen<br />

Mögliche Ursache<br />

physiologische Uteruskontraktion<br />

(„Nachwehen“)<br />

Endometritis<br />

Endomyometritis<br />

Lochiometra<br />

Harnverhaltung - Zystitis<br />

paravaginale oder para-metrane<br />

Hämatome<br />

Beckenringlockerung<br />

Appendizitis,<br />

Ovarialvenenthrombose<br />

Anamnese und klinischer Befund<br />

rhythmische Schmerzzustände, Abhängigkeit vom Stillen, besonders bei Zweit-und<br />

Mehrgebärenden, Ausschluss anderer Ursachen, Uterus gut kontrahiert<br />

eher andauernder leichter Schmerzzustand<br />

Uterus weich, Kanten- und Druckschmerz Fieber, übelriechende Lochien<br />

Fundus hochstehend, Uterus groß fehlender Wochenfluß, Fieber<br />

Pollakisurie, Dysurie, Ultraschall: entweder übervolle Blase (Überlaufblase) oder<br />

leere Blase (Zystitis), Harnbefund<br />

Dauerschmerz, subfebrile Temperatur, Anämie, bei vag. oder rekt. Untersuchung<br />

druckschmerzhafte Resistenz<br />

Schmerzen bei Bewegung (bes. aus dem Bett steigen, Treppensteigen),<br />

Beckenkompressionsschmerz, Symphysendruckschmerz, kein Entzündungszeichen<br />

lokale peritoneale Symptomatik (Druckschmerz, Auslaßschmerz), subfebrile<br />

Temp.,im Zweifelsfall immer operative Intervention<br />

Wochenbettvisite<br />

- Frühmobilisierung: Erstmaliges Aufstehen der Wöchnerinnen 2-3 Stunden nach der Geburt<br />

- Thromboseprophylaxe<br />

- Labor<br />

- Blutgruppe und Rhesusfaktor des Kindes bei Rhesus-negativen Müttern zwecks Rhesusprophylaxe<br />

Seite 93<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

- Indirekter Coombstest bei Rhesus-negativen Müttern<br />

- Rotes Blutbild am 2. Wochenbett-Tag<br />

- Harnbefund<br />

- Klinische Untersuchung:<br />

- Brust<br />

- Fundusstand<br />

- Lochien<br />

- Episiotomie bzw. Sectiowunde<br />

- Beine<br />

- Puls, Blutdruck, Temperatur<br />

- Frage nach Miktio und Stuhl<br />

Rhesusprophylaxe:<br />

- 250μg Anti D Immunglobulin i.m. ( Partubolin, Rhesogam)<br />

- Falls HBf Konzentration im mütterlichen Blut > 10 ‰ Verdoppelung der Dosierung<br />

Röteln Impfung:<br />

- Aktive Impfung bei Frauen ohne Antikörptiter oder Titer 1:16<br />

- Titer Kontrolle 3 Monate nach Impfung<br />

Wochenbettgymnastik<br />

Menstruation und Ovulation nach der Entbindung<br />

Kontrazeption<br />

Um sicher zu gehen muss mit der Kontrazeption ab der 5.-6. Woche post partum begonnen werden, gleichgültig ob gestillt<br />

wird oder nicht Minipille: Reine Gestagenpille bewirkt keine Laktationshemmung, sicherer Konzeptionsschutz während der<br />

Stillzeit. Intrauterinpessar: erst ab der 6. Woche post partum Barriere Methoden Sterilisation post partum<br />

Häufige Beschwerden 18 Monate nach der Geburt<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 94


Nachgeburtsperiode, Wochenbett<br />

Gynäkologie<br />

Thrombose, Thrombophlebitis und Embolie<br />

Ätiologie und Prognose: Hyperkoagulabilität über die Geburt hinaus in der ersten postpartalen Woche, Einschwemmung<br />

von thromboplastischen Substanzen aus Plazenta, Dezidua und Fruchtwasser, Verlangsamte Zirkulation in Bein-und<br />

Beckenvenen bei liegenden Patienten<br />

Kompressionsstrümpfe<br />

Niedermolekulares Heparin (bei Risikopatientinnen und bei stattgehabter Sectio)<br />

Seite 95<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Geburtshilfliche Anästhesie<br />

14.<strong>12</strong>.11 – Putz<br />

Geschichte<br />

Anästhesie in der Geburtshilfe<br />

- Sir James Young Simpson<br />

∙ 1811-1870<br />

∙ Professor für Gebursthilfe an der Universität Edinburgh<br />

∙ testet am 04. November 1847 im Selbstversuch die narkotische Wirkung von Chlorofom<br />

∙ 4 Tage später entbindet er damit erfolgreich die Frau eines Kollegen → Mädchen wird auf Namen<br />

Anaesthesia getauft<br />

- John Snow<br />

∙ 1813-1858<br />

∙ Erster Berufsanästhesist<br />

∙ anästhesiert 1853 Queen Victoria bei Geburt ihres achten Kindes erfolgreich mit Chloroform → Narkose<br />

‚a la reine‘<br />

- Oskar Kreis<br />

∙ 1872-1958<br />

∙ Gynäkologe und Geburtshelfer<br />

∙ Spinalanästhesie zur Linderung von Geburtsschmerzen bei der Schwangeren<br />

- Walter Stöckel<br />

∙ 1871-1961<br />

∙ Gynäkologe und Geburtshelfer<br />

∙ Epiduralanästhesie sakral zur geburtshilflichen Analgesie<br />

- Carl Julius Anselmino<br />

∙ 1900-1978<br />

∙ Gynäkologe und Geburtshelfer<br />

∙ Epiduralanästhesie thorakolumbal gegen Wehenschmerz<br />

Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft<br />

Lunge<br />

Herz<br />

Blut<br />

- Atemminutenvolumen 50% ↑<br />

- Alveoläre Ventilation 70% ↑<br />

- Atemzugvolumen 40% ↑<br />

- Atemfrequenz 15% ↑<br />

- Totraum 0%<br />

- Luftwegswiderstand 30% ↓<br />

- Compliance 35% ↓<br />

- Herzminutenvolumen ↑ ↑<br />

∙ 35 - 40%<br />

∙ Schlagvolumenzunahme > Herzfrequenzzunahme<br />

∙ Maximum 34. Woche<br />

∙ Stressbedingt zusätzlicher während Wehen → 15 - 45%<br />

- Blutvolumen nimmt zu<br />

∙ ↑ 35 - 50%<br />

∙ ↑ 1. und 2. Trimenon rasch, 3. Trimenon langsam<br />

∙ ↑ Plasmavolumen > ↑ Erythozytenmasse (45% vs. 20%) → relative Dilution mit Anämie<br />

∙ ↓ Blutviskosität (20%)<br />

∙ Verteilung → Uterus, Plazenta > Muskulatur, Haut, Nieren<br />

- Gerinnungsfaktoren nehmen zu<br />

∙ ↑ im Verlauf der SS, um ein Verbluten während der Geburt zu verhindern<br />

∙ ↑ Faktor VII, VIII und X und Fibrinogen<br />

∙ Kompensierter hyperkoagulabiler Zustand<br />

∙ Thrombelastographie → Gerinnung ↑ ↔ Risiko ↑ für tiefe Beinvenenthrombose, Pulmonalembolie<br />

(Confidential Enquiries 1994-1996: 48 Todesfälle)<br />

• Heute bei erhöhtem Risiko Lovenox-Therapie<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 96


Geburtshilfliche Anästhesie<br />

Gynäkologie<br />

GI-Trakt<br />

- Magensaft- und Säureproduktion ↓<br />

- Veränderung des gastro-ösophagealen Winkels<br />

- Sphinktertonus ↓<br />

- Motilität erniedrigt<br />

- Entleerung verlangsamt<br />

- Pylorus wird durch den Uterus hochgeschoben<br />

- Schwangere sind als nicht nüchtern zu betrachten<br />

- Keine Masken-/Larynxmaskennarkose nach 21. Schwangerschaftswoche<br />

- Prämedikation (Elektiveingriff)<br />

∙ Vorabend: H2-Antagonist oral<br />

∙ 1h präoperativ: H2-Antagonist i.v., RLA - Infusion<br />

∙ (präoperativ: Zitrat oral 20-30 ml)<br />

- => Regionalanästhesie bevorzugen!<br />

Geburtserlebnis der Frau<br />

- Agonie ↔ Ekstase<br />

- Persönliche Erfahrung<br />

∙ individuell<br />

∙ multidimensional<br />

• physisch<br />

• emotional<br />

• sozial<br />

• kulturell<br />

• spirituell<br />

Mütterliche Stressreaktion unter Geburt und Auswirkungen auf Fetus<br />

Intensität Geburtsschmerz<br />

Schmerz und Anzahl der Geburten<br />

Seite 97<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Geburtshilfliche Anästhesie<br />

Intrapartale Nozizeption<br />

- Uteruskontraktionen<br />

∙ muskuläre Ischämie → Kalium ↑, Bradykinin ↑, Histamin ↑, Serotonin ↑<br />

- Dehnung der unteren Uterussegmente, Cervix und Vagina<br />

∙ Mechanorezeptoren ↑<br />

- => Aktivierung sensorischer Nervenfasern<br />

- Intrapartale nozizeptive Reize<br />

∙ Hinterhörner der Segmente des Rückenmarks<br />

• T10-L1<br />

▫ kontrahierender Uterus<br />

• T10-T<strong>12</strong><br />

▫ cervikaler Dehnungsschmerz<br />

• L2-S3<br />

▫ Druck auf Beckenorgane (Blase,<br />

Harnröhre, Rektum)<br />

∙ N. pudendus → Hinterhörner der Segmente des<br />

Rückenmarks<br />

• S2-S4<br />

▫ Perineum und Vagina<br />

Nozizeption Geburt<br />

- aszendierend<br />

∙ Tractus spinothalamicus<br />

• Formatio reticularis<br />

• cortical<br />

- Schmerzwahrnehmung<br />

- deszendierend<br />

∙ corticospinal<br />

∙ limbisch<br />

∙ thalamisch<br />

∙ hypothalamisch<br />

∙ reticulospinal<br />

Schmerzqualität und Geburtsverlauf<br />

Mit zunehmender Zervixöffnung ändert sich das Schmerzverhalten von einem viszeralen hin zu einem somatischen Schmerz<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 98


Geburtshilfliche Anästhesie<br />

Gynäkologie<br />

Schmerzwahrnehmung<br />

Schmerztherapie während Geburt<br />

- Nichtpharmakologische Maßnahmen<br />

∙ Hypnose, Akupunktur, TENS, Quaddeln<br />

- Systemische Medikamentengabe<br />

∙<br />

Opiate: Problem: gehen diaplazentar auf das Kind über → kann u.U. zu Auswirkungen auf das Kind<br />

führen (Dämpfung der Atmung, auch bei der Schwangeren)<br />

- Neuroaxiale Techniken<br />

∙ Epiduralanästhesie<br />

Anforderungen<br />

- Einfache und sichere Anwendung<br />

- Gute Schmerzkontrolle<br />

- Keinen Einfluss auf Mitarbeit der Mutter am Geburtsverlauf<br />

- Neutrales Verhalten bzgl. Kind<br />

Goldstandard<br />

Of the various pharmacologic methods of pain relief during labor and delivery, regional analgesia techniques – spinal,<br />

epidural, and combined spinal epidural – are the most flexible, effective, and least depressing to the central nervous<br />

system, allowing for an alert, participating woman and an alert neonate.<br />

Indikationen<br />

- Schmerzlinderung während Geburt<br />

- Zervixdystokie<br />

- kardiovaskuläre und respiratorische Erkrankungen (Mutter, Kind)<br />

∙ um den Stresspegel und damit die Kreislaufbelastung niedrig zu halten<br />

- Intubationsschwierigkeiten<br />

- Z.n. RM-Schädigung (höher als T6)<br />

∙<br />

Periduralanalgesie<br />

Verhinderung oder Behandlung von autonomer Hyperreflexie (paroxysmale Hypertension, Tachy-/<br />

Bradykardie u.a.)<br />

- Ropivacain 0.1% plus Fentanyl 2 μg/ml<br />

∙ Mischung<br />

• 100 ml NaCl 0.9% → 14 ml NaCl 0.9% verwerfen → ergänzen mit 10 ml Naropin 1.0% und 4 ml<br />

Fentanyl<br />

∙ Dosierung<br />

• initial 10-15 ml im Bolus → kontinuierlich weiter mit 8-<strong>12</strong> ml/h<br />

∙ Naropin<br />

• Potenzverhältnis bzgl. minimal motorische Blockade → Naropin : Carbostesin = 0.7 : 1.0<br />

∙ Fentanyl<br />

• niedrigdosiert → selten Übelkeit, Pruritus, Erbrechen, Sedation<br />

Akzidentelle Duraperforation<br />

typische Komplikation, die in der Schwangerschaft tendentiell häufiger vorkommt → hormonelle Aufweichung des Lig.<br />

flavum (und anderer Bänder)<br />

Seite 99<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Geburtshilfliche Anästhesie<br />

- Lig. flavum<br />

∙ Schwangerschaftsende → Corpus luteum → Hormon Relaxin ↑<br />

∙ Vorbereitung auf vaginale Geburt → Bindegewebslockerung →<br />

Gelenke, Bänder<br />

∙ Punktionswiderstand für Tuohy-Nadel ↓<br />

∙ ~ 1.5% Risiko für Duraperforation<br />

Postspinaler Kopfschmerz:<br />

- Standardtherapie: Blutplombe → Injektion von 2x 10ml autologen Blutes<br />

- i.d.R. dadurch Behebung der Schmerzen<br />

- manchmal geben die Patientinnen radikuläre Symptomatik an → geht von<br />

alleine wieder zurück, sobald sich das Blut verteilt hat<br />

walking epidural<br />

- Einfluss von Mobilisation der Schwangeren auf spontanen Geburtsverlauf<br />

∙ weder positiv noch negativ<br />

- Voraussetzungen für Mobilisation<br />

∙ unauffälliger Geburtsverlauf<br />

∙ unauffälliges CTG<br />

∙ keine Hypotonie (im Liegen und Stehen)<br />

∙ intakte Motorik der unteren Extremität (Kniebeuge)<br />

∙ Propriozeption (Tiefensensibilität) vorhanden<br />

∙ mit Begleitperson im Bereich des Kreißsaals<br />

∙ keine Nachinjektion im Stehen<br />

Wehensturm<br />

- Wehen extrem stark<br />

∙ Amplitude > 50 mmHg, Frequenz > 5/10 min<br />

∙ ‚Schmerz zum Zerreißen‘ → Uterusruptur?<br />

∙ CSE (kombiniert spinal-epidural)<br />

• Punktion median im Sitzen/Liegen<br />

Nachtastung<br />

• initial → intrathekal<br />

▫ 25-50 μg Fentanyl plus 0.5-1.0 ml Carbo 0.25% oder 25-50 μg Fentanyl plus 0.5-1.0<br />

ml NaCl 0.9%<br />

▫ schneller Wirkungseintritt<br />

• weiter → epidural<br />

▫ bei erneutem Wehenbeginn<br />

▫ Ropivacain 0.1% plus 2 μg/ml Fentanyl 8-<strong>12</strong> ml/h<br />

- Bei Plazentaresten im Uterus oder einer sich nicht lösenden Plazenta müssen diese manuell entfernt werden<br />

- Als Notfallsituation anzusehen:<br />

∙ Blutverlust ~<br />

• Spinalanästhesie (nicht mehr nur Analgesie wie unter der Geburt)<br />

▫ Mepivacain 4% hyperbar 1.5-2.0 ml<br />

▫ Bupivacain 0.5% hyperbar 1.5-3.0 ml ± Fentanyl 10-25 μg<br />

▫ Blockadehöhe (Kältereiz) T6 erforderlich<br />

▫ Hypotension 14% bzw. 50%, wenn geschätzter Blutverlust < bzw. > 500 ml<br />

• PDK(liegend)<br />

▫ Bupivacain 0.5% 15-20 ml<br />

∙ Blutverlust ↑ → HF ↑ und RR↓<br />

• Intubationsanästhesie<br />

▫ Blitzintubation (wegen nicht-Nüchternheit, Schwangerschaft)<br />

Regionalanästhesie und Sectio<br />

Vorteile<br />

- Keine Atemwegsprobleme bei der Mutter → mütterliche Mortalität bei Allgemeinanästhesie etwa 3x ↑<br />

- Kein Zeitdruck für Entwicklung des Kindes<br />

- Verminderung von Blutverlust infolge venösen poolings<br />

- Geburtserlebnis Mutter – Vater (‚bonding‘)<br />

- Keine Depression des Kindes durch Narkotika<br />

- Kindliche Hirnentwicklung besser?<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 100


Geburtshilfliche Anästhesie<br />

Gynäkologie<br />

Spinalanästhesie vs. PDA<br />

Vorteile<br />

- Technik einfach<br />

- Anschlagzeit schnell<br />

- Blockadequalität sehr gut<br />

- Aufwand gering<br />

Nachteile<br />

- Sympathicolyse intensiv<br />

∙ Hypotension<br />

∙ Bradycardie<br />

∙ Übelkeit-Erbrechen<br />

- Schmerztherapie postoperativ → nicht möglich<br />

- Versager → Allgemeinanästhesie<br />

Ultraschall „Voruntersuchung“<br />

- Zunehmend propagiert für PDA > SA<br />

- Aber:<br />

∙ erschwerte Darstellung infolge knöcherner<br />

Strukturen<br />

∙ simultane Anwendung während Punktion technisch<br />

schwierig<br />

∙ „Voruntersuchung“<br />

• Abschätzen der Punktionstiefe<br />

• voraussichtlicher Winkel der Nadelführung<br />

• Mittellinie<br />

• anatomische Variationen erkennen<br />

Dosierungsschema Spinalanästhesie<br />

Bupivacain 0.5% hyperbar (ml) plus 15 - 25 μg Fentanyl<br />

Bei konstanter Größe und zunehmendem Gewicht sinkt die benötigte Dosis<br />

Seite 101<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Geburtshilfliche Anästhesie<br />

Weitere Vorgangsweise<br />

- Volumenzufuhr<br />

∙ Infusionsbeginn bei Übernahme des Patienten im OP<br />

∙ Kristalloid bzw. Kolloid 500–1500 ml<br />

- Kreislaufunterstützung bei RR ↓<br />

∙ HF ↑ → Ephedrin ( , -Agonist → CO ↑, SVR ↑)<br />

• Bolusweise 5-10 mg (max ~ 25 mg)<br />

∙ HF ↓ → Phenylephrin ( -Agonist → ↑ Blutvolumen aus Splanchnikusgebiet )<br />

• Bolusweise 50-100 μg<br />

- Sauerstoffzufuhr<br />

∙ wenn SaO₂ > 95% → kein O₂<br />

∙ wenn SaO₂ < 95% → 2-4 l O₂/min über Venturi-Maske<br />

• Sauerstoffreserve ↑ von Mutter und Kind (Jordan (2002) Int J Obstet Anesth)<br />

Lungenfunktion und Spinalanästhesie<br />

- Lirk P et al., Int J Obstet Anesth 2010<br />

∙ Elektive Sctio<br />

∙ Blockhöhe ≈ T4<br />

∙ Lokalanästhetikum<br />

• Bupivacain 0.5% isobar (5 mg/ml) → 10 mg<br />

• Naropin 1% (10 mg/ml) → 20 mg<br />

• Chirocain 0.5% (5 mg/ml) → 10 mg<br />

∙<br />

Ergebnis<br />

• Änderungen der Lungenfunktion vergleichbar<br />

• Änderungen klinisch vernachlässigbar<br />

Aorto-Cavales Syndrom<br />

- 15-20% der Schwangeren ab 20.-24. SSW<br />

- Rückenlage der Mutter → Obstruktion V. cava inf. bzw. partielle Verlegung der<br />

Aorta abdominalis<br />

∙ venöser Rückstrom zum Herzen ↓ → Schlagvolumen ↓ ↔ Schock<br />

∙ Blutdruckabfall, Tachycardie, Blässe, Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen<br />

- Rückenmarksnahe Anästhesie → Sympathikusblockade → fehlende<br />

kompensatorische Vasokonstriktion<br />

Prävention und Therapie<br />

∙ Lateralpositionierung des Uterus<br />

- 15° bis 30° Seitenlage links lateral<br />

∙ Infusionstherapie<br />

∙ Vasopressor(en)<br />

∙ Sauerstoff<br />

Venogramm in Rückenlage<br />

KM-Injektion in Vv. fem. → Füllung der<br />

V. cava inferior<br />

negativ<br />

(Vene nicht dargestellt)<br />

positiv<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 102


Geburtshilfliche Anästhesie<br />

Gynäkologie<br />

Uteriner Blutfluss (BF)<br />

- Sauerstofftransport<br />

- Mutter → Plazenta → Foetus<br />

=> uteriner BF ↓ → Sauerstofftransport ↓<br />

Uteriner Blutfluss und Foetus<br />

maternaler MAP, maternaler mittlerer arterieller Blutdruck<br />

uteriner VP, uteriner venöser Blutdruck (beim nichtkontrahierten Uterus 10 mmHg)<br />

uteriner VR, uteriner vaskulärer Widerstand<br />

- UBF nimmt ab, wenn ...<br />

∙ maternaler MAP ↓ → Hypovolämie, Sympathikolyse, Blutung<br />

∙ uteriner VP ↑ → hoher abdomineller Druck, Wehen<br />

∙ uteriner VR ↑ → Präeklampsie, Sympathikomimetica, Wehen<br />

- Gefahr → foetale Asphyxie<br />

∙ maternale Rückenlage → ACS → Hypotension<br />

∙ foetale Deceleration → Hypoxie → Vasokonstriktion → Organperfusion ↓ → Bradykardie →<br />

Hypotension → intrauteriner Fruchttod<br />

Notsectio<br />

- Indikationen<br />

∙ z. B.: Plazentasitzlösung, blutende Plazenta praevia, Nabelschnurvorfall, Uterusruptur<br />

- Zeitdruck → jede Sekunde zählt<br />

∙ Narkoseeinleitung ↔ Nabelschnurabklemmung < 10 min<br />

∙ Narkotikaexposition des Feten ↑<br />

∙ Uterotomie → Entwicklung des Kindes < 3 min ↔ fetale Azidose ↑ (uteroplazentare Vasokonstriktion)<br />

- Linksseitenlage 30°<br />

- Präoxygenierung<br />

- Präcurarisierung (Rocuronium 5 mg) ?<br />

- Rapid-sequence induction<br />

∙ Thiopental 4-6 mg/kg (plus Ketanaest 0.5 mg/kg)<br />

∙ Succinylcholin 1.5 mg/kg (von mütterlicher Plasmacholinesterase so rasch abgebaut, dass für Fetus<br />

problemlos) ↔ Rocuronium 0.6 mg/kg<br />

∙ Cricoiddruck ?<br />

- Isofluran 0.5% ↔ Sevofluran 1.0% (gleich bzgl. APGAR oder U-BGA)<br />

Atemweg<br />

- Regurgitation, Erbrechen, Aspiration<br />

- Hochstehender Uterus → Lage des Magens variiert → Funktion unterer Ösophagussphinkter ↓<br />

- Magenentleerung ↓ → Magenvolumen ↑<br />

- saure Magensaftproduktion ↑<br />

- Natriumcitrat p.o. → 30 ml, 0.3 molar, Wirkeintritt nach 10-15 min<br />

- Ranitidin 50 mg i.v. (H2-Rezeptor-Antagonist, z.B.: Zantac®) → Wirkeintritt nach 60 min<br />

Schwierige Intubation<br />

- Gesichtsödem, Schleimhautschwellung ↔ Pharynx-/Larynxödem; Body-Mass-Index ↑; kurzer Hals<br />

Hypoxiegefahr<br />

- Zwerchfellhochstand → Residualvolumen, exspiratorisches Reservevolumen und funktionelle Residualkapazität ↓<br />

Algorithmus<br />

Can’t intubate/can‘t veritable<br />

Bag-valve-mask (two person technique)<br />

Head extension / jaw thrust<br />

Oral/nasal Airway<br />

Failed ventilation with bag-walve-mask<br />

Use LMA (max. 2 attempts)<br />

Can’t intubate/can‘t veritable<br />

Needle cricothyroidotomy failed or inadequate ventilation surgical cricothyroidotomy<br />

Seite 103<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

21.<strong>12</strong>.11 – Wildt<br />

Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />

Schwangerschaft bedeutet eine enorme metabolische Belastung für den Körper der Mutter<br />

Wachstum um einen Faktor von 1,5x10 9<br />

Durch die Belastung in der Schwangerschaft kann auch eine latent bestehende Stoffwechselstörung verstärkt werden<br />

Endokrinologie in der Schwangerschaft<br />

Mutter<br />

Endokrine und metabolisch Adaptation<br />

Support of Growth<br />

Vorbereitung von Geburt und Laktation<br />

Fetus<br />

Wachstum<br />

Metabolische Ansprüche<br />

Ausreifung endokriner Systeme<br />

Vorbereitung auf die Neonatalperiode<br />

- 1.Trimenon: Implantation, embryonales Signal, Luteoplacentarer Shift<br />

- 2. Trimenon: Metabolische Adaptation, Uteruswachstum<br />

- 3. Trimenon: Metabolische Adaptation, Uteruswachstum, Vorbereitung auf die Geburt und Lactation, Ausreifung<br />

fetaler endokriner Systeme<br />

Endokrine Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />

- Schilddrüsenfunktionsstörungen (häufigste)<br />

- Adrenogenitales Syndrom<br />

- Prolaktinome (Hypophysenadenome) – häufig<br />

- Gestationsdiabetes (sehr häufig)<br />

- Diabetes insipidus<br />

- Hyperparathyreoidismus<br />

- Mb. Cushing<br />

- Phäochromozytom<br />

Schilddrüse und Schwangerschaft<br />

Im alten Ägypten trugen Frauen ein enganliegendes Schilfband um den Hals, dessen Zerreißen als ein positiver<br />

Schwangerschaftstest gewertet wurde<br />

HCG ist dem TSH strukturell sehr ähnlich und stimuliert in<br />

der Schilddrüse auch die Hormonproduktion<br />

Es kommt zu einer negativen Rückkoppelung, das TSH fällt<br />

ab<br />

Abfall von TSH kann fälschlicherweise als<br />

Schilddrüsenfunktionsstörung interpretiert werden<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 104


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

Besonderheiten der Schilddrüsenfunktion in der Schwangerschaft<br />

Steigt HCG in der Schwangerschaft sehr stark an<br />

(z.B. bei Mehrlingsschwangerschaften), kann dies<br />

mit einer Hypertrophie der Schilddrüse<br />

einhergehen<br />

In der Schwangerschaft nimmt die<br />

Nierendurchblutung stark zu, es kommt zu einer<br />

vermehrten Ausscheidung von Jodid → daher<br />

kann es besonders in Jodmangelgebieten leichter<br />

zu einem Jodmangel kommen (es wird<br />

empfohlen, in der Schwangerschaft Jod zu<br />

substituieren)<br />

Normverteilung der TSH-Werte<br />

TSH über 2,5: Verdacht auf eine latente Hypothyreose<br />

Schilddrüsenantikörper<br />

Wird im Rahmen einer Thyreoiditis<br />

Schilddrüsengewebe zerstört, gelangen Antigene<br />

ins Blut und können dadurch zur Bildung von<br />

Autoantikörpern führen<br />

Der Nachweis von Schilddrüsenantikörpern ist<br />

häufig<br />

Problem 1: endemischer Jodmangel<br />

- Prävalenz : ca. 30 %<br />

- ♀ : ♂ = 5 : 1<br />

- Estradiol supprimiert die Expression des Na-J-Symporters in der Schilddrüse und hemmt die Jodidaufnahme<br />

- Frauen sind in besonderem Maße für Schilddrüsendysfunktionen prädisponiert<br />

Jodbedarf nach den Empfehlungen der DGE<br />

Trotz aller Aktivitäten (jodiertes Salz, Substitution in der SS etc.) leiden<br />

auch heute noch ca. 30% der Bevölkerung unter einem Jodmangel<br />

Seite 105<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Plazentatransfer von SD-Medikamenten<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

Jodid geht frei über die Plazenta: hat die Mutter genug,<br />

bekommt auch das Kind ausreichend<br />

Thyroxin geht nur zum Teil über die Plazentaschranke<br />

Auch Thyreostatika gehen auf den Feten über, d.h. man<br />

behandelt auch das Kind und es ist daher wichtig darauf zu<br />

achten, dass man die Medikation nicht überdosiert<br />

Hypothyreose und Schwangerschaft<br />

- Häufige Erkrankung, vor allem bei Sterilitätspatientinnen<br />

- Trotzdem immer noch unterdiagnostiziert<br />

Folgen der Hypothyreose für das Kind<br />

- Fetale Gehirnentwicklung bereits bei subklinischer Hypothyreose gestört !<br />

∙ fT4 an der 10. Perz.: IQ-Verminderung (Man 1976)<br />

∙ TSH > 98. Perz.: IQ-Verminderung (Haddow 1999)<br />

∙<br />

∙<br />

Maternale SD-Hormone essentiell für fetale Hirnentwicklung<br />

Irreversibler Gehirnschaden bei Kindern hypothyreoter Mütter<br />

(Torremante, 2002)<br />

Dendritenausssprossung<br />

Purkinje-Zelle<br />

L-Thyroxinsubstitution in der Schwangerschaft ?<br />

Eine unbehandelte (latente) Hypothyreose in der Schwangerschaft führt zu signifikanten neuropsychologischen<br />

Entwicklungsschäden und zu einem dauerhaft niedrigeren Intelligenzquotienten des Kindes, wenn nicht adäquat<br />

substituiert wird<br />

Hyperthyreose in der Schwangerschaft<br />

Hinweis auf …<br />

- M. Basedow 80-90 %<br />

- fokale Autonomie 10 %<br />

- SS-Hyperthyreose 5 %<br />

- Thyreoiditis 40 mg / Tag<br />

- Bevorzugtes Thyreostatikum Propylthiouracil (weil etwas weniger über die Plazenta gehend)<br />

„Pseudo-“ Hyperthyreose in der Frühschwangerschaft<br />

- Ursache:<br />

∙ hCG stimuliert TSH-Rezeptoren<br />

∙ Hohe hCG Konzentrationen führen in<br />

• 15 % zur Schilddrüsenstimulation mit TSH-Abfall<br />

• 5 % zu einem fT3 und / oder fT4 – Anstieg<br />

- Klinische Folge<br />

∙ Häufig Hyperemesis Gravidarum<br />

- Therapie:<br />

∙ Symptomatisch, bes. Berücksichtigung des sozialen Umfeldes<br />

∙ ggf. niedrig dosierte Thyreostase (2,5-5mg Thiamazol), Propycil nicht überlg.!<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 106


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

Schwangerschaftshyperthyreose vs. „echte“ Hyperthyreose !!<br />

Anamnese negativ oft positiv<br />

TSH erniedrigt-normal erniedrigt<br />

fT4 (hoch)normal erhöht<br />

TT4, TT3 erhöht erhöht<br />

TBG erhöht erhöht<br />

TRAK negativ ggfs. positiv<br />

Sono (Duplex) echonormal inhomogen/knotig<br />

Therapie<br />

Behandlung mit Thyreostatika (bevorzugt Propylthiouracil)<br />

Wichtig:<br />

Kontrolle des Neugeborenen ~ 14 Tage post partum (TSH, fT3 und fT4), da SD- Funktionsstörungen im Screening nicht<br />

erkannt werden !!<br />

Schilddrüsenhormon-Synthese<br />

Aus dem Spuren-Element Jod und der Aminosäure Tyrosin entsteht mittels dem Enzym Thyroxinperoxidase Mono-, Di-, Triund<br />

Tetrathyronin (T3/4). Dabei wird ein Sauerstoff-Atom des Peroxids gebunden, eines bleibt „frei“ (Radikal) und muss<br />

vom Selen aufgefangen werden<br />

Selen senkt signifikant TPO-Autoantikörper bei Autoimmunthyreoiditis<br />

Eine Thyreoiditis kann primär mit einer<br />

Hypothyreose beginnen, aber auch zuerst mit<br />

einer messiven Hyperthyreose, die dann in eine<br />

Hypothyreose übergeht<br />

Mit Selen kann man ev. diese Entwicklung<br />

vermindern<br />

Postpartale Thyreoiditis (PPTD)<br />

- innerhalb von 6 Monaten postpartal transiente Hyper-/Hypothyreose<br />

- Genese: Destruktion von SD-Gewebe<br />

- Inzidenz: in 5- 9% nach einer Schwangerschaft<br />

∙ bei Diabetes Typ1 3fach höheres Risiko<br />

∙ PPTD nach früherer SS 70% Risiko<br />

∙ TPO-AK >900U/l 75% Inzidenz<br />

Unter Selengabe in der Schwangerschaft und post Partum entwickelt sich seltener eine Postpartumthyreoiditis (PPTD) und<br />

eine Hypothyreose<br />

Empfehlung: Substitution mit 200 μg Selenomethionin/d während der Schwangerschaft und <strong>12</strong> Monat post partum<br />

Die Studien zeigen uns, dass…<br />

… das Kind während der gesamten Schwangerschaft auf die Versorgung mit Jodid (und Thyroxin) durch die Mutter<br />

angewiesen ist<br />

ABER: hohe Jodbelastung (mehrere mg/d) zur BLOCKADE der kindlichen Thyroxinsynthese führen kann<br />

Seite 107<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

… eine (ausreichende) THYROXINSUBSTITUTION während der Schwangerschaft unerlässlich ist<br />

… der THYROXINBEDARF bis zur 20. SSW um ca. 50% ansteigt – regelmäßige TSH Kontrollen!<br />

Schilddrüse und Schwangerschaft - Zusammenfassung -<br />

- Struma :<br />

∙ Weiterführung der L-Thyroxintherapie<br />

∙ + Jodidprophylaxe (200mg / Tag)<br />

- Hypothyreose :<br />

∙ Substitution mit L-Thyroxin<br />

∙ Kontrollen min. 1 x im Trimenon<br />

- Hyperthryeose :<br />

∙ Behandlung mit Thyreostatika in möglichst niedriger Dosis sofort nach Diagnosestellung<br />

(Propylthiouracil oder Thiamazol).<br />

∙ bei TSI-Antikörpern engmaschige foetale Kontrollen prä- und postnatal. (Gefahr der foetalen<br />

Hyperthyreose)<br />

Vorgehen bei Hypothyreose<br />

- Bei Nachweis der SS Erhöhung der Dosis von L-Thyroxin um 25 %<br />

- 16. SSW Kontrolle von TSH und fT4 ggf. Dosiserhöhung um <strong>12</strong>,5 – 25 %<br />

- 24-32.SSW Kontrolle von TSH und fT4 ggf. Dosiserhöhung um weitere <strong>12</strong>,5 – 25 %<br />

- 1 Woche post partum Dosisreduktion um 25 %<br />

- 8 Wochen post partum Kontrolle von TSH, fT4 und TPO-AK, abhängig davon weitere Therapieanpassung<br />

Die Halbwertzeit von L-Thyroxin beträgt ~ 8 Tage. fT4 soll im oberen Referenzbereich liegen, TSH- Zielwert vor und nach der<br />

Schwangerschaft um 1 (bis 2) μIU/ml<br />

Schwangerschaft und AGS<br />

Vor Einführung der Cortisontherapie sind Kinder mit AGS meist sehr früh verstorben, Schwangerschaften kamen so gut wie<br />

nie vor. Heute aber kann das Syndrom sehr gut therapiert werden, die Frauen haben einen normalen Zyklus und können<br />

meist auch schwanger werden.<br />

Es gibt 2 Formen des AGS: mit und ohne Salzverlust. Durch die erhöhte Produktion von Androgenen kommen die Kinder mit<br />

einem virilisierten Genitale zur Welt. Durch operative Eingriffe kann es zu Vernarbungen kommen, die bei der Entbindung<br />

problematisch werden können<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 108


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

Fertilität bei AGS<br />

Bei AGS haben weniger Frauen eine stabile Beziehung und<br />

auch deutlich weniger wollen überhaupt schwanger<br />

werden (diskutiert, ob das auch mit der Androgenisierung<br />

des Gehirns zusammenhängt)<br />

Seite 109<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

Behandlung bei AGS in der Schwangerschaft<br />

NICHT Dexamethason!<br />

Dexamethason ist plazentagängig und damit würde man die fetale Nebenniere auch beeinflussen<br />

Outcome of Term Pregnancy<br />

Outcome of Children<br />

Frauen mit AGS bekommen wesentlich häufiger<br />

Mädchen<br />

Follow up of Children<br />

Schwangerschaft bei AGS<br />

Eigene Daten (n=15)<br />

- Aborte: 3<br />

- Entbindung mit Sectio: 3 (Z.n. Genitalkorrektur)<br />

- Forceps: 2<br />

- Spontanpartus: 7<br />

- Gestationsdiabetes: 0<br />

- SGA 0<br />

- LGA 0<br />

- Pränatale Therapie: (DX 1-2 mg): 5<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 110


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

Die junge Frau mit Kinderwunsch und CAH<br />

Präkonzeptionell:<br />

- Dosis der Glucocorticoide<br />

- Moleculargentik des Partners<br />

- Kontrollzyklus: Ovulationszeitpunkt, Tubenfaktor, Endometrium<br />

- Äußere Genitalien: Spontanpartus?<br />

Frühschwangerschaft:<br />

- Pränataldiagnostik, Behandlung<br />

- Anpassung der Dosis<br />

Schwangerschaft und AGS<br />

- Frauen mit AGS sind fertil und fähig zur Reproduktion<br />

- Eine Schwangerschaft bei einer Frau mit AGS stellt eine Riskogravidität dar<br />

- Sie muss von Experten betreut werden<br />

- Hydrocortison, Prednisolon oder Methylprednisolon (nicht-plazentagängiges Corticosteroid)<br />

∙ (kein Dexamethason, außer im Rahmen der pränatalen Therapie)<br />

∙ Dosierung so wählen, dass Serumtestosteronspiegel im hochnormalen Bereich (< 1 ng/ml) liegt<br />

∙ im 3. Trimester leichter Anstieg der Kortisondosis (5-10 mg Hydrocortison/Tag)<br />

- Cave: bei Überdosierung, Suppression der kindlichen Nebenniere, erkennbar am Abfall der Östriolspiegel im<br />

Serum der Schwangeren !!!<br />

∙ Früher hat man sich häufig nicht nach dem Testosteronwert, sondern nach dem 17-OH-Progesteron-<br />

Wert gerichtet → hier können leicht Überdosierungen passieren<br />

Schwangerschaft und AGS mit Salzverlustsyndrom<br />

Progesteron = Mineralokortikoidantagonist<br />

→ Anstieg der notwendigen Fludrocortisondosis<br />

Schwangerschaft und AGS<br />

- Stressdosis bei Erkrankungen oder während der Geburt<br />

- regelmäßige Kontrollen von:<br />

∙ mütterlicher Allgemeinzustand (RR, Gewicht)<br />

∙ Elektrolyte<br />

∙ adrenalen Steroidhormonen im mütterlichen Serum<br />

- Sectio indiziert bei Z.n. Genitalkorrektur<br />

Geburt und AGS<br />

- unter der Geburt:<br />

∙ alle 6 Stunden 100 mg Hydrokortison i.v. oder 50 mg i.m.<br />

∙ ausreichende Hydratisierung mittesl NaCl Infusion<br />

∙ Pädiater muss anwesend sein<br />

- nach der Entbindung:<br />

∙ Dosis alle 24 Stunden halbieren, bis die vor der Schwangerschaft übliche Dosis erreicht<br />

Prolaktinome in der Schwangerschaft<br />

Prolaktin in der SS<br />

Seite 111<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

First-line therapies for the treatment of hyperprolactinaemia<br />

Einfluss Estrogen in der Schwangerschaft<br />

- Estrogene induzieren die Synthese von PRL<br />

- Proliferation der laktotrophen Zellen<br />

- Volumen der Hypophyse (Norm <strong>12</strong>mm) kann sich verdoppeln (meist plus 50-70%)<br />

Normwerte Prolaktin in SS<br />

- Im 1.Trimenon bis 50 μg/l<br />

- Im 2. Trimenon bis 100 μg/l<br />

- Im 3. Trimenon bis 200 μg/l<br />

Risiko Prolaktinome in SS<br />

- Tumorgröße<br />

- Abklemmung des Hypophysenstiels<br />

∙ Kann bis zu einem lebensbedrohlichen Hypopituitarismus führen<br />

- Gesichtsfeldbeeinträchtigung (bitemporale Hemianopsie)<br />

- Blutung<br />

- Sheehan Syndrom<br />

∙ Blutdruck sinkt → Durchblutung der Hypophyse sinkt → Nekrose<br />

∙ V.a. ACTH und LH und FSH Sekretion betroffen<br />

∙ Meist Amenorrhoe nach Entbindung oder akut auftretende Insuffizienz der Nebennierenrinde<br />

Prolaktinome in der Schwangerschaft<br />

- Mikroadenome vs. Makroadenome<br />

∙ Mikroadenome wachsen während der Schwangerschaft praktisch nicht<br />

∙ Makroadenome können sich verändern und Probleme bereiten<br />

Mikroprolaktinome in der SS<br />

- 2 retrospektive Studien<br />

- 3631 bzw. 2462 Schwangerschaften<br />

- Behandlungsende bei Diagnose der SS<br />

- 1,4% bzw.1,6% symptomatische Hypophysenvergrößerung<br />

∙ Eher harmlos<br />

- Keine Patientin musste operiert werden<br />

- Keine Probleme bzgl. Entbindung & Stillen<br />

- 2 Monate nach Entbindung/bei Ende Stillen Verlaufskontrolle<br />

Makroprolaktinome in SS<br />

- Gesamtliteratur ca. 160 Fälle<br />

- Kein Konsensus über Behandlung<br />

- Je nach Ausdehnung/ Nähe zum Chiasma opticum<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 1<strong>12</strong>


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

- Häufig klinische Auffälligkeiten!<br />

- Behandlungsziel Tumorgröße!<br />

- Hohes Ansprechen auf DA Therapie<br />

Interdisziplinär: Radiologie und<br />

Neurochirurgie<br />

Behandlung wie<br />

Mikroprolaktinom<br />

Dopaminagonisten Behandlung<br />

ggf. OP<br />

Stillen<br />

- Basalen PRL-Werte sind n.s. gegenüber nicht stillenden Frauen erhöht<br />

- Saugreizbedingte Anstiege kurzfristig & überschießend<br />

- Beeinträchtigt das Wachstum der laktotrophen Zellen nicht1<br />

- Keine Behandlung indiziert<br />

- Zum Abstillen sind DA geeignet<br />

- Stillen ist kontraindiziert bei neurologischer Symptomatik<br />

Follow UP<br />

- Postpartal engmaschige Kontrolle CAVE: Blutung<br />

- 3-6 Monate nach Geburt bzw. nach dem Abstillen<br />

∙ Prolaktinspiegel<br />

∙ MRT Verlaufskontrolle<br />

- Spontane Remissionen bekannt1<br />

- Mikroprolaktinome: 11-35% Remission2,3<br />

- 50% Senkung des PRL Spiegels bei 50%4<br />

- Bei Persistenz DA Behandlung<br />

Zusammenfassung<br />

- Prolaktinome sind die häufigsten hormonproduzierenden Tumore der Hypophyse<br />

- Häufige Ätiologie von Ovarialinsuffizienz<br />

- Prolaktinome vor einer Schwangerschaft behandeln<br />

- Mikroadenome in SS → Behandlungsstop<br />

- Makroadenome in SS → Interdisziplinäre Vorstellung, Abwägung Behandlung individuell nach Tumorgröße und -<br />

ausdehnung sowie Symptomatik<br />

Duales System der Regulation der Serumosmolalität bzw. Natriumkonzentration<br />

Hyponatriämische Enzephalopathie<br />

- Adynamie<br />

- Vergesslichkeit<br />

- Lethargie<br />

- Desorientiertheit, Agitiertheit<br />

- Anorexia, Übelkeit<br />

- Kopfschmerzen<br />

- Somnolenz<br />

- Krampfanfall<br />

- Koma<br />

Seite 113<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

Diabetes insipidus gravidarum<br />

- Oxytocinase aus der Placenta ist auch eine Vasopressinase (α‐Aminopeptidase)<br />

- Krankheitsbild tritt bei Patienten mit schon eingeschränkter ADH‐Reserve auf („demaskiert“)<br />

- ADH ist therapeutisch unwirksam<br />

- DDAVP ist Oxytocinase resistent; es kann zur Nacht in kleinen Dosen vorsichtig gegeben werden.<br />

- Cave: Hyponatriämie!<br />

- Erkrankung verschwindet einige Tage bis Wochen nach Geburt wieder<br />

Maximale Kontrazeption durch Stillen - Beginn der Empfängnisverhütung-<br />

- Stillfrequenz von mindestens sechsmal täglich<br />

- Stilldauer von mindestens 60 Minuten täglich<br />

- Stillen auch nachts<br />

- Gabe einer Zusatznahrung von maximal einmal pro Tag<br />

- Trotzdem: Kontrazeption ab der 4.- 6. Woche post partum zu diskutieren, auch zum Schutz vor Osteopenie<br />

sinnvoll<br />

- Gegen Kombinationspräparate, orale Gestagene oder IUD keine Einwände<br />

- Von Depot-Gestagenen eher abzuraten (Knochen)<br />

Cushing-Syndrom in der Schwangerschaft<br />

Schwangere mit Cushing-Syndrom sind selten, da Cushing-Patientinnen oft anovulatorisch sind<br />

- Frauen mit Cushing Syndrom werden selten schwanger 75 % sind anovulatorisch (~150 Fälle in der Literatur)<br />

- 60 % leiden an einem ACTH- unabhängigem Cushing Syndrom (48 % Adenome, 10 % Karzinome),<br />

- Schwangerschafts-induziertes Cushing Syndrom mit Remission post partum beschrieben<br />

Ursache<br />

Ätiologie Fälle (%)<br />

Cushing‘s Disease 33 % Cushing’s Disease → eher selten, da wenige Frauen mit Cushing<br />

schwanger werden<br />

NN Adenom 46 %<br />

NN- Karzinom 10 %<br />

Carney‘s Komplex 0.8 %<br />

Phäochromozytom 0,8 %<br />

ACTH-unabh. Hyperplasie 3 %<br />

Ektopisches Cushing-Syndrom 3 %<br />

Beschrieben:<br />

- Einzelfälle mit wiederholtem Cushing Syndrom in der Schwangerschaft und spontaner Remission Post-partum<br />

- NN- Tumor mit LH/hCG - Rezeptoren<br />

Diagnostik<br />

- Klinisches Bild ähnlich dem von nicht-schwangeren Frauen (mit Ausnahme Menses bis zur Gravidität)<br />

- Leitsymptome: Gewichtzunahme, Hirsutismus, Hypertonus, Glucosurie, „Bruising“<br />

- Symptome sind z.T auch Bestandteil der normalen Schwangerschaft !<br />

- Diagnosestellung erfolgt daher eher spät <strong>12</strong> – 26 SSW<br />

- Endokrine Diagnostik (Speichelcortisol, UFC, Tagesprofil, 8 mg Dexamethason-Test ) und Bildgebung<br />

Die Diagnostik ist sehr schwierig, da in jeder Schwangerschaft cushinoide Veränderungen auftreten können: Symptome sind<br />

z.T. Bestandteil der normalen Schwangerschaft<br />

Die mütterliche Morbidität ist sehr hoch:<br />

- Hypertonus (68%)<br />

- Diabetes (25%)<br />

- Präeklampsie (14%)<br />

- Osteoporose/Fraktur (5%)<br />

- Herzversagen (3%)<br />

- Psychiatrische Symptome (4%)<br />

- Wundinfektion (2%)<br />

- Mütterlicher Tod (2%)<br />

Auch die fetale Morbidität ist erhöht<br />

- Frühgeburt (43%)<br />

- Totgeburt (6%)<br />

- Aborte/IUD (5%)<br />

- SGA (21%)<br />

- NNR-Insuffizienz pp (2%)<br />

- Hirnblutung, Missbildung<br />

Der Fetus ist aber von den mütterlichen Cortisolspiegeln relativ gut geschützt (da der Organismus Cortisol umwandelt)<br />

Daher ist die fetale Morbidität und Mortalität eher sekundär auf die Folgeerkrankungen der Mutter zurückzuführen (wie<br />

z.B. Präeklampsie)<br />

- Der Fetus ist vor Hypercortisolismus der Mutter durch die 11ß-Oxidoreduktase weitgehend geschützt<br />

- Dennoch: 30 % SGA, Frühgeburt (61%), 10% Totgeburt<br />

- Transiente neonatale NNR- Insuffizienz<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 114


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

- Mütterliche Komplikationen sind Hypertonus, Gestationsdiabetes, Präeklampsie, Wundheilungsstörungen und<br />

Herzversagen<br />

- Mütterliche Mortalität ~ 1 %<br />

Therapie<br />

- 1. Trimenon – 21. SSW: Operative Therapie bei Tumornachweis (Neurochirurgisch / Adrenalektomie,<br />

- Ausschluß Karzinom)<br />

- 3. Trimenon: Entbindung vaginal oder operativ, ggf. Metyrapone bis zur Entbindung, Geburtshilfliches<br />

Management von Hypertonus, Gestationsdiabetes<br />

- 2. Trimenon: Individualisierte Behandlung mit Metyrapone, Mitotane....<br />

Warum ist die Diagnostik schwierig: wegen Veränderungen in der Cortisol-Produktion in der Schwangerschaft: Durch die<br />

Östrogene wird die Sekretion von Transcortin in der Leber stimuliert, daher steigen die Cortisol-Plasmaspiegel an<br />

(Dexamethason-Test: das an Transcortin gebundene Cortisol zirkuliert weiter, nur das freie wird durch Dexamethason<br />

reduziert → daher kann es passieren, dass die Spiegel scheinbar nicht genug sinken, was für ein Cushing-Syndrom spricht,<br />

obwohl eigentlich keines vorliegt)<br />

Phäochromozytom in der Schwangerschaft<br />

- Auftreten sporadisch oder als Teil der familiären multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2<br />

- Leitsymptom: Wie außerhalb der Schwangerschaft (Intermittierender Hochdruck, Tachykardie,<br />

Schweißausbrüche, Kopfschmerz....)<br />

- Diagnostik: Katecholamine und Metabolite in Blut und Urin<br />

- Bildgebende Verfahren<br />

Mütterliche und kindliche Mortalität:<br />

- Vor 1969 sind 18 der Mütter in der Schwangerschaft verstorben und 58% postpartum<br />

- Wird ein Phäochromozytom in der Schwangerschaft noch diagnostiziert, ist die Prognose wesentlich besser, als<br />

wenn man es erst bei/nach der Geburt entdeckt<br />

- Frühe Diagnose entscheidend<br />

- Daher bei einem Schwangerschaftshypertonus immer daran denken<br />

Patientinnen sterben an Stoffwechselentgleisungen und an hypertonen Krisen<br />

Therapie<br />

- Vor der 24. Woche chirurgische Therapie<br />

- Nach der 24. Woche medikamentös mit alpha- und beta-Blockern und frühzeitige Entbindung<br />

Hirsutismus und Virilisierung in der Schwangerschaft<br />

- Klinik: rasch progredienter Hirsutismus und Virilisierung mit Beginn in der frühen Schwangerschaft<br />

- Häufige Ursache: Luteom, Hyperreactio luteinalis<br />

- Massiver Anstieg von Testosteron/Androstendion<br />

Bildgebung Tumor Virilisierung weiblicher Feten<br />

Bilateral-Cystisch Theca-Lutein-Cysten nein<br />

Bilateral solid Luteom möglich<br />

Unilateral solid Malignom ? möglich<br />

Ovar unauff: NN – Tumor ? möglich<br />

Hypoparathyreoidismus in der Schwangerschaft<br />

Parathormon (parathyroid hormone)<br />

Bildung in der Nebenschilddrüse<br />

Aufgabe:<br />

- Erhöhung des Kalziumspiegels durch Aktivierung der Osteoklasten<br />

- Steigerung der renalen Kalziumresorption<br />

- Hemmung der renalen Phosphatresorption<br />

- Steigerung der Synthese von Calcitriol, dadurch verstärkte Kalziumaufnahme im Ileum<br />

Definition/ Ursachen des Hypoparathyreoidismus<br />

= Unterfunktion der Nebenschilddrüse mit Mangel an Parathormon<br />

DD: Pseudohypoparathyreodismus mit erhöhtem Parathormon bei mangelnder Ansprechbarkeit des Rezeptors<br />

Seite 115<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

Ursachen:<br />

- meist nach chirurgischer (Teil-)entfernung der Nebenschilddrüse<br />

- idiopathisch (selten)<br />

- im Rahmen eines Autoimmunsyndroms (selten)<br />

- Aplasie von Nebenschilddrüse und Thymus (neonatal)<br />

Diagnostik<br />

- Calcium und Magnesium erniedrigt, Phosphatwerte erhöht<br />

- Parathormon erniedrigt<br />

- Kreatininwerte normal (Ausschluss Niereninsuffizienz) und Albuminspiegel normal (Ausschluss<br />

Malassimilationssyndrom)<br />

Symptome<br />

- Tetanie: Krampfanfälle bei erhaltenem Bewusstsein, Pfötchenstellung, Stimmritzenkrampf<br />

- Parästhesien (= „Einschlafen“ und Kribbeln von Händen und Füßen)<br />

- Psychische Auffälligkeiten wie Reizbarkeit, Gedächtnisschwierigkeiten depressive Verstimmungen<br />

Effekte in der Schwangerschaft bei bestehendem Hypoparathyreoidismus<br />

- unbehandelt deutlich erhöhte Morbidität von Mutter und Kind<br />

Mutter:<br />

- Risiko der Tetanie<br />

- erhöhte Abortrate<br />

- vorzeitige Wehen<br />

- erhöhtes Risiko von Frühgeburtlichkeit<br />

Fetus:<br />

- Sekundärer Hyperparathyreoidismus mit Demineralisierung von Knochen<br />

- Frakturen<br />

- vorzeitige Verknöcherung der großen Fontanelle<br />

- intrauterine Wachstumsrestriktion<br />

- Hirnblutungen<br />

- selten intrauteriner Fruchttod<br />

Therapie Hypoparathyreoidismus<br />

Substitution von Calciumgluconat 10% (zwischen 1-1,5 g/d) und Calcitriol (0,5- 3 μg/d) oder Cholecalciferol (Vitamin D 3)<br />

→ kein teratogenes Risiko bei niedriger Dosierung<br />

Magnesium bis zum Ende der Schwangerschaft<br />

Dosissteigerung aller Medikamente im Verlauf der Schwangerschaft erforderlich (Bedarf steigt)<br />

Ziel: Kalziumspiegel sollte an der unteren Normgrenze gehalten werden (2- 2,2 mmol/l)<br />

Aufnahme zur Geburt:<br />

- Sorgfältige Einstellung der Werte peripartal<br />

- Kontrolle der Elektrolyte bei Aufnahme und alle <strong>12</strong> Stunden<br />

- Ziel: Ca um 2,2 mmol/l<br />

- Bei Tetanie: langsame i.v.- Injektion von 20ml Calciumgluconat- Lösung 10% (= Calcium Fresenius®)<br />

Wochenbett:<br />

- Kontrolle der Calciumspiegel im Serum bei Mutter über 2 Tage alle <strong>12</strong> Stunden<br />

- Kind (Hypercalcämie!): Hinzuziehen der Kinderärzte!<br />

- Reduktion der Calcitriol- Dosis<br />

- cave psychische Symptome - DD Wochenbettdepression<br />

- Stillen trotz Medikation möglich<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 116


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

11.01.<strong>12</strong> – Wildt<br />

Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin<br />

Probleme in der Praxis<br />

- Zyklusstörungen 10 %<br />

- PCO und Ovarialinsuffizienz 20 %<br />

- Infertilität 15 %<br />

- Klimakterium und Postmenopause 20 %<br />

- Endometriose 10 %<br />

- Blutungsstörungen 20 %<br />

70 % der Probleme in der frauenärztlichen Praxis sind Probleme der Endokrinologie und Reproduktionsmedizin<br />

Was ist rationelle Diagnostik?<br />

- Diagnose und das Verständnis der Pathophysiologie einer Erkrankung sind die Voraussetzungen für jede Therapie<br />

- Die Stellung der Diagnose stellt die eigentliche intellektuelle Herausforderung dar<br />

- Einsatz klinischer, bildgebender und biochemischer Verfahren die in kürzestmöglicher Zeit kosteneffizient zur<br />

Diagnose führen und in einer rationalen Therapieplanung resultieren<br />

Rationelle Diagnostik bei Zyklusstörungen<br />

Normaler Zyklus<br />

Konzentration von LH und FSH im Verlauf eines<br />

normalen Zyklus: Daten werden auf den Tag des LH-<br />

Gipfels normalisiert, um Verschiebungen zu vermeiden<br />

FSH stimuliert im Ovar die Reifung des Follikels →<br />

Anstieg des Östradiols im Serum → FSH sinkt dann<br />

wieder leicht ab => durch Östradiol und FSH kommt es<br />

zur Ausbildung des Gelbkörpers<br />

In der zweiten Zyklushälfte sind FSH und Östradiol eher<br />

niedrig<br />

Progesteron bleibt (ohne eine Schwangerschaft) für ca.<br />

14d hoch und sinkt dann wieder ab (Gelbkörperphase)<br />

Neuroendokrine Kontrolle der Ovarialfunktion<br />

Diagnostik:<br />

- Anamnese<br />

- Bestimmung von Hormonen<br />

- Ultraschall (Vaginalschall)<br />

Am Tag 14 hat sich bereits ein dominanter Follikel herausgebildet, der kurz vor dem Eisprung steht und eine Größe von ca.<br />

2cm hat<br />

Apex: proteolytische Andauung des Graf’schen Follikels<br />

Seite 117<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

Zyklusanamnese<br />

- Zyklusintervalle notieren: in ein Diagramm eintragen → Zyklen und Blutungsstärke<br />

- Abstand >35d zwischen einzelnen Blutungen = Oligomenorrhoe<br />

- Amenorrhoe: keine Blutung für mehr als 3 Monate<br />

- Polymenorrhoe:


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

Wann soll man eine Blutprobe entnehmen?<br />

- Bei Amenorrhoe egal<br />

- Bei einer verbleibenden Blutung sollte am Anfang des Zyklus gemessen werden<br />

- Tageszeit spielt keine besondere Rolle<br />

∙ Außer Prolaktin: steigt während des Schlafes an (auch kein Problem, da Blut nicht während dem Schlaf<br />

abgenommen wird<br />

Hormonbasisdiagnostik:<br />

- Blutabnahme am Vormittag Tag 3- 7 des Zyklus (kein Follikel > 10mm)<br />

- Bestimmung von LH, FSH, Prolaktin, Testosteron, SHBG (FAI), DHEAS, AMH, TSH, fT3, fT4, SD-AK<br />

- Bei gleichzeitiger Bestimmung von Insulin/Glucose: Nüchternabnahme und Berechnung des HOMA- Index<br />

Immer auch Schilddrüsenhormone bestimmen! Weil bei Frauen mit Zyklusstörungen oft eine latente Hypothyreose mit<br />

erhöhtem TSH Wert vorliegt<br />

In bestimmten Situationen kann auch die Bestimmung von Insulin und Glukose sinnvoll sein (PCO)<br />

- Keimzellen ab der 5. SSW im Dottersack<br />

- Mitotische Teilung und Vermehrung während der Wanderung zum Ovar<br />

∙ 5. SSW : 700-1300<br />

∙ 8. SSW : 600,000<br />

∙ 20. SSW: 6,000,000<br />

- Bildung der Oozyten mit dem 1. Lebensjahr abgeschlossen, danach Verlust durch Atresie<br />

- Vorhanden<br />

∙ Geburt: 1,000,000<br />

∙ Pubertät 400 000<br />

Maximum der Eizellen etwa im 6. Schwangerschaftsmonat → bei der Geburt noch ca. 1.000.000<br />

300-400 Eizellen kommen zur Ovulation<br />

POF<br />

- Vor dem 45. Lebensjahr – primary ovarian failure (POF)<br />

∙ Häufigkeit: ~ 5% (WHO 1996; Santoro, 2003)<br />

- Erliegen der Ovarialfunktion vor dem 40. Lebensjahr<br />

∙ Häufigkeit: ~ 1-3% (Coulam et al,1986; Anastil et al, 1998; Laml et al, 2000)<br />

- Vor dem 35. Lebensjahr<br />

∙ Häufigkeit: ~ 0,3% (Coulam et al, 1986)<br />

- Vor dem 30. Lebensjahr<br />

∙ Häufigkeit: ~ 0,1% (Coulam et al, 1986)<br />

Korrelation Menopausenalter Mutter/Tochter<br />

- Ist das Menopausenalter der Mutter weit über dem der Tochter, muss man davon ausgehen, dass eine Störung<br />

vorliegt<br />

Ätiologie der primären Ovarialinsuffizienz<br />

- Chromosomale Störungen:<br />

• X0 Gonadendysgenesie<br />

• XY Gonadendysgenesie<br />

• XX Gonadendysgenesie<br />

• Mosaike, Fragile X-Prämutation<br />

∙ Sind nicht therapierbar (genetisch festgelegt)<br />

∙ Wichtig: Analyse, da XY-Anomalien ein sehr hohes Risiko der malignen Entartung haben<br />

- Infekte<br />

∙ Mumps und andere Virusinfekte<br />

∙ Können eine Zerstörung der Eierstöcke auslösen<br />

Seite 119<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

- Noxen<br />

∙ Chemotherapie<br />

∙ Radiatio<br />

∙ Polizyklische aromatische Kohlenwasserstoffe<br />

- Autoimmunerkrankungen, Stoffwechselstörungen, Resistenzen, Enzymdefekte, Anlagestörungen<br />

Die Bedeutung von AMH (Anti-Müller-Hormon)<br />

- Vom Eierstock gebildet<br />

- Bedeutung überschätzt:<br />

∙ „Ist ein fixer Parameter“<br />

• Stimmt nicht: ändert sich im Verlauf des Zyklus<br />

• Sinkt unter der Behandlung mit oralen Antikonzeptiva<br />

∙ „Erlaubt eine Abschätzung des fertilen Potentials und der ovariellen Reserve“<br />

• Stimmt nicht: auch wenn AMH unter der Nachweisgrenze ist, ist die Wahrscheinlichkeit<br />

schwanger zu werden normal hoch<br />

∙ „Erlaubt eine Vorhersage der Menopause“<br />

• Stimmt nicht<br />

- AMH spielt eine Rolle beim PCO<br />

Therapie bei Primärer Ovarialinsuffizienz<br />

- Bis zum 50. Lj.<br />

∙ HRT oder Pille: meistens eher orale Antikonzeptiva verwendet<br />

- Danach: wie im normalen Klimakterium<br />

- Bei Kinderwunsch Eizellspende (in Ö nicht erlaubt)<br />

Entscheidend ist für die Schwangerschaftsrate ist das Alter der Eizellen (entnimmt man einer Frau mit 20<br />

Jahren Eizellen, lagert diese und reimplantiert sie befruchtet in einem Alter von 40-50 Jahren, liegt die<br />

Schwangerschaftsrate bei der einer 20-Jährigen)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>0


Endokrine Erkrankungen<br />

Gynäkologie<br />

Hypothalamische Ovarialinsuffizienz<br />

- Produktion von GNRH eingeschränkt oder fehlend → kein LH/FSH → Eierstock nicht stimuliert<br />

- Ursachen:<br />

∙ Primär (Patientin hat nie spontan geblutet) vs. Sekundär (Patientin hatte Blutungen)<br />

• Kallmann-sy oder andere genetische Veränderungen<br />

• Perinatales Trauma (Abreißen des Hypophysenstiels bei BEL-Geburt)<br />

• Pubertas tarda (entscheidend ist das Alter der Mutter bei der Menarche)<br />

• Idiopathisch<br />

• Z.B. Leistungssport (mit Amenorrhoe)<br />

- Weiterführende Diagnostik<br />

∙ Schweregradbestimmung (Gestagen- und Clomiphen-Test)<br />

∙ Bildgebung: MRT (Ausschluss Hypophysentumor)<br />

∙ Knochendichte<br />

∙ GnRH- Test (nur bei Gestagen-negativer Amenorrhoe)<br />

Gestagentest:<br />

- Bioassay für die endogene Östrogenaktivität<br />

nur bei negativem Gestagentest wird ein GNRH-Test durchgeführt, um eine hypophysäre Störung auszuschließen<br />

v.a. bei einem plötzlichen Ausbleiben der Blutung sollte ein Schädel-MR durchgeführt werden, um ein Kraneopharyngeom<br />

auszuschließen<br />

Therapie:<br />

- Ohne Kinderwunsch<br />

∙ Orale Antikonzeptiva (sicherheitshalber, weil manchmal durch Stress ausgelöst → bei Abfallen des<br />

Stress kann es noch vor der ersten Blutung zum Eisprung und damit zu einer ungewollten<br />

Schwangerschaft kommen)<br />

∙ HRT<br />

∙ Zur Osteoporoseprophylaxe, (Peak Bone Mass), Schleimhaut etc.......Calcium Vit D<br />

- Mit Kinderwunsch<br />

∙ Clomiphen: Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft<br />

∙ GNRH: muss mit dem physiologischen Rhythmus appliziert werden (mittels Pumpen - Zyklomattherapie)<br />

• Schwangerschaftsrate unter dieser Therapie ist wie bei Frauen mit normalem Zyklus und<br />

deutlich höher als bei Clomiphen<br />

∙ low-Dose Stimulation mit Gonadotropinen<br />

∙ Opiatantagonisten<br />

Hyperprolaktinämische O.<br />

- Häufig bedingt durch einen Hypophysentumor<br />

- Eine Makroprolaktinämie muss ausgeschlossen werden<br />

- Im Serum liegt Prolaktin als monomere Form, in Form von Aggregaten und gebunden an Gamma-Globuline vor<br />

- Makroprolaktinämie = Aggregate → sind biologisch nicht aktiv: d.h. bei einer reinen Makroprolaktinämie kein<br />

Krankheitswert (nur wenn auch das monomere Prolaktin erhöht)<br />

- Identifizierung durch Chromatographie oder PEG-Fällung: Beispiel: 100 ng/ml Prolaktin → Nach Fällung 20 % = 20<br />

ng/ml Prolaktin = Normalbefund<br />

- Prolaktinome<br />

∙ Unterscheidung Mikroprolaktinom – Makroprolaktinom: bei 1cm (hat nichts mit der<br />

Mikro/Makroprolaktinämie zu tun)<br />

∙ Makroprolaktinome haben die Tendenz zu wachsen und können dadurch Kompressionssyndrome<br />

auslösen<br />

- Klassischer Fall: Hypophysenadenom, das Prolaktin produziert<br />

∙<br />

Weitere Möglichkeit: Blockade des Hypophysenstiels durch Kraneopharyngeom (= Pseudoprolaktinom)<br />

• Problem: wenn alleine aufgrund der im Labor festgestellten Hyperprolaktinämie ein<br />

dopaminerges Medikament verschrieben wird, sinkt zwar das Prolaktin, aber der Tumor bleibt<br />

→ daher immer MR!! (beim echten Prolaktinom sinkt durch diese Therapie auch die<br />

Tumorgröße)<br />

Seite <strong>12</strong>1<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Endokrine Erkrankungen<br />

Prolaktinom<br />

- Ätiologie :<br />

∙ Mikro- / Makroprolaktinome der Hypophyse<br />

∙ ZNS Raumforderungen (mit Begleithyperprolaktinämie durch Beeinflussung der dopaminergen<br />

Hemmung)<br />

∙ Medikamente (Psychopharmaka, Antiemetika)<br />

∙ (latente) Hypothyreose<br />

- Klinik<br />

∙ Zyklusstörungen,<br />

∙ Galaktorrhoe<br />

∙ Bilaterale Hemianopsie (bei großem Tumor)<br />

- Diagnostik<br />

∙ Prolaktin erhöht > 25 ng/ml<br />

∙ (Ausschluss Makroprolaktinämie, Begleithyperprolaktinämie bei PCO)<br />

∙ Kernspintomographie der Hypophyse (Prolaktin > 100 ng/ml)<br />

- Therapie:<br />

∙ Dopaminagonisten (unabhängig vom Kinderwunsch)<br />

• Auch große Hypophysenadenome können erfolgreich mit Dopaminagonisten therapiert<br />

werden<br />

• Vor einer Operation immer medikamentös versuchen<br />

∙ Neurochirurgisch<br />

• Auch nach einer Operation ist die Rezidivrate nicht gleich null!<br />

• Daher spricht viel für die medikamentöse Therapie<br />

∙ Bei Psychopharmaka-induzierter Hyperprolaktinämie und Oligo-Amenorrhoe: HRT oder Pille<br />

• Hier keine Dopaminagonisten (weil in der Psychopharmakologie Dopaminantagonisten<br />

verwendet werden)<br />

Manche Frauen haben eine leichte Galaktorrhoe<br />

während der Menstruation (diese ist durch den Abfall<br />

der Östrogene bedingt und nicht krankhaft, kann aber<br />

auch durch Dopaminagonisten behandelt werden)<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>2


Assistierte Reproduktion<br />

Gynäkologie<br />

18.01.<strong>12</strong><br />

Assistierte Reproduktion<br />

Hintergründe der Sterilität:<br />

Epidemiologie:<br />

- 15% der Paare europaweit bleiben ungewollt kinderlos (etwa jede 6. bis 7. Ehe).<br />

- Etwa jedes 13. Kind ist 2002 mit medizinischer Hilfe in irgendeiner Form entstanden.<br />

- Etwa jedes 50. Kind wurde 2002 nach einer IVF/ ICSI geboren.<br />

- Dokumentierte Behandlungszyklen im Jahr 2010: 6.781 in Österreich 75.928 in Deutschland<br />

Definition der Sterilität:<br />

- Sterilität: Ausbleiben der Konzeption trotz bestehendem Kinderwunsch und regelmäßigen ungeschützten<br />

Geschlechtsverkehrs innerhalb eines Jahres<br />

- Primäre Sterilität: Die Frau hat noch nie konzipiert bzw. der Mann hat noch nie Kinder gezeugt.<br />

- Sekundäre Sterilität: Mindestens eine Schwangerschaft ist vorausgegangen.<br />

- Infertilität: Unfähigkeit, eine Schwangerschaft bis zur Geburt eines lebensfähigen Kindes auszutragen<br />

- Subfertilität: Gesundheitliche Veränderung, die lediglich zur Verminderung der Fertilität führt<br />

Ursachen für Sterilität:<br />

Zu je 40% sind Mann und Frau die Ursache der Sterilität, in 15% der Fälle sind beide steril und zu 5% ist die Ursache der<br />

Sterilität unklar.<br />

Alter und Kinderwunsch:<br />

- Verschiebung der Familienplanung in spätere Lebensabschnitte.<br />

- Durchschnittsalter der Frau bei Erstvorstellung in der Sterilitätssprechstunde: 30,8 Jahre<br />

- Physiologische altersrelevante Fertilität durch Menopause (ab < 1.000 Follikel im Ovar)<br />

- AMH wird von den Granulosazellen des Primordialfollikels gebildet. Der AMH-Spiegel lässt im Alter<br />

Rückschlüsse auf die Fertile Phase und die Zeit der Menopause schließen.<br />

Spermienqualität im 20. Jahrhundert:<br />

- Spermiendichte sank von durchschnittlich 113 Mio/ml (1940) auf 66 Mio/ml (1990)<br />

- Anteil der Männer mit einer Spermiendichte 2 % pro Jahr<br />

- 1981 hatten 56 % aller Männer normale Spermienqualität , 1991 noch 26,9 %<br />

Ursachen weiblicher Kinderlosigkeit:<br />

- Funktionsstörungen des Eierstocks (PCO)<br />

- Endometriose<br />

- Verschluss der Eileiter<br />

- eingeschränkte Spermienqualität<br />

Tubare Sterilität:<br />

- Ätiologie: Tubenverschluss oder schwere Tubenfunktionsstörung als Folge von Infektionen, postoperativen<br />

Verwachsungen, Endometriose oder mechanischer Verlegung (z.B. Myome)<br />

- Therapie: In Vitro Fertilisation, Tubenchirurgie<br />

Seite <strong>12</strong>3<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Assistierte Reproduktion<br />

Endometriose:<br />

- Klinik:<br />

∙ zyklusabhängige Schmerzen (Dysmenorrhoe, Dyspareunie)<br />

∙ Sterilität<br />

- Diagnostik: Laparoskopie<br />

- Ätiologie: weitgehend unbekannt<br />

- Pathogenese: Verschleppung von proliferationsbereitem Endometrium ins Abdomen<br />

- Komplikationen:<br />

∙ Tubenverschluss durch Endometriosebefall oder Adhäsionen bei schwerer Endometriose<br />

∙ Sterilität durch Störung der uterinen Kontraktion und Störungen des Spermientransportes<br />

- Therapie:<br />

∙ Kein Kinderwunsch → OC ( kontinuierlich), Gestagene (Lynestrenol), intrauterin (Mirena), Danazol,<br />

GnRHa (evtl. plus „add back“)<br />

∙ Kinderwunsch → GnRHa über 3-6 Mo., ART<br />

Uterine, zervikale und vaginale Sterilität:<br />

- Uterine Fehlbildungen:<br />

∙ Uterus bicornis, Uterusseptum<br />

∙ Uterus myomatosus, Endometriumpolyp<br />

- Ashermann Syndrom: Synechien im Cavum nach Curettage<br />

- Zervixfaktor:<br />

∙ Spermienantikörper im Cervixschleim<br />

∙ Zervikalpolyp<br />

- Vaginalfaktor:<br />

∙ Vaginalseptum<br />

∙ Posttraumatische und postinfektiöse Veränderungen; Kolpitis (unspezifische Infektion, Trichomoniasis,<br />

Leukozytose)<br />

Psychogene und extragenitale Ursachen der Sterilität:<br />

- Psychogene Ursachen:<br />

∙ Vaginismus<br />

∙ Partnerschaftsprobleme<br />

∙ Soziale Konfliktsituationen<br />

∙ chronische Stresssituationen<br />

∙ sportliches Intensivtraining<br />

- Extragenitale Ursachen:<br />

∙ Schilddrüsenstörungen → Hypo-/Hyperthyreose<br />

∙ Nebennierenrindenstörungen → M. Cushing, M. Addison, Tumoren, Adrenogenitales Syndrom<br />

∙ Diabetes mellitus<br />

∙ Drogen-, Alkohol-, Nikotinabusus<br />

Ursachen männlicher Sterilität:<br />

- Varikozele<br />

- Z. n. Entzündung<br />

- Z. n. Vasektomie<br />

- Z. n. Karzinom<br />

- Neurogene Störung / erektile Dysfunktion<br />

- Z. n. Maldescensus testis<br />

- CBAVD (Congenitale Bilaterale Aplasie des Vas deferens) wegen der CFTR-Genmutation bei Männern mit<br />

Cystischer Fibrose<br />

- Gestörter Verlauf der Spermatogenese-“AZF-Faktor“, z.B. bei Deletionen auf dem langen Arm des Y-Chromosoms<br />

(Yq11.22-23)<br />

- Azoospermie bei Klinefelter-Syndrom (47,XXY)<br />

Spermiogramm nach WHO-Richtlinien:<br />

- Volumen >1,5ml<br />

- pH >7,2<br />

- Konzentration >15Mio/ml<br />

- Motilität Gesamt 40%, progressiv 32%<br />

- Morphologie >4% normal geformt<br />

- Vitalität > 58%<br />

- Verflüssigung


Assistierte Reproduktion<br />

Gynäkologie<br />

- Asthenozoospermie: Spermatozoenbeweglichkeit erniedrigt<br />

- Teratozoospermie: Morphologische Qualität erniedrigt<br />

- Oligoasthenoterato-zoospermie (OAT): Kombination (s. oben)<br />

- Azoospermie: Kein Nachweis von Spermatozoen (nach Zentrifugation des Ejakulats)<br />

- Aspermie: Kein Ejakulat<br />

Therapiemöglichkeiten:<br />

Stimulationsbehandlung (Kontrollierte ovarielle Stimulation):<br />

- Zielsetzung:<br />

∙ Heranreifen eines oder mehrerer Follikel aus der Follikelkohorte<br />

∙ Vermeidung der Atresie<br />

∙ Bei Insemination (IUI) und Verkehr zum optimalen Zeitpunkt (VZO):<br />

• Heranreifen von max. 1 - 3 Eizellen => (Vermeidung Mehrlingsschwangerschaft)<br />

∙ Bei IVF / ICSI:<br />

• Gewinnung mehrerer reifer Eizellen (Metaphase II)<br />

• Vermeidung der spontanen Ovulation<br />

- Grundsätze Clomifenbehandlung:<br />

∙ Keine Stimulation ohne Monitoring<br />

∙ max. Erfolgsaussichten in den ersten 3 Zyklen<br />

∙ max. 6 Clomifenzyklen (Beginn mit 50 mg/die über 5 Tage, Maximaldosis 150 mg/die)<br />

∙ Gleiche Ergebnisse mit Ovulationsauslösung (hCG) oder Spontanovulation<br />

∙ Gleiche Ergebnisse bei Beginn an Tag 3, 4 oder 5<br />

- Indikationen zur alternativen low-dose Stimulation mit Gonadotropinen:<br />

∙ PCOS, hypophysär-hypothalamische Ovarialinsuffizienz<br />

∙ Follikelreifungsstörungen, Clomifenversager<br />

Methoden der Assistierten Reproduktion:<br />

Intrauterine Insemination – IUI:<br />

- 80 % aller Schwangerschaften entstehen in den ersten 3 Zyklen<br />

- Mehr als 5 - 6 Inseminationszyklen sind nicht vertretbar → Indikation zur IVF<br />

Indikationen:<br />

- Dysmukorrhö (Z.n. Konisation)<br />

- Störung der Sperma-Mukus-Interaktion<br />

- OAT-Syndrom I° (10-20 Mio/ml, eingeschränkte Beweglichkeit der Spermatozoen)<br />

- Unmögliche intravaginale Ejakulation (sofern psychologische Ursachen ausgeschlossen<br />

sind)<br />

- Grundsätze:<br />

∙ Trennung der Spermatozoen vom Seminalplasma<br />

∙ max. 6 Zyklen<br />

Seite <strong>12</strong>5<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

Assistierte Reproduktion<br />

In Vitro Fertilisation – IVF:<br />

Indikation:<br />

- Ovarialinsuffizienz nach Versagen konservativer Therapie (z.B. PCO)<br />

- Endometriose<br />

- Verschluss - / Funktionsstörung der Tuben (operativ nicht korrigierbar)<br />

- Pathospermie<br />

- Misserfolg bei Inseminationsbehandlung<br />

- Immunologischer Faktor<br />

- Idiopathische Sterilität<br />

Stimulationsbehandlung zur IVF (Kontrollierte ovarielle Stimulation) → Zielsetzung:<br />

- Heranreifen mehrerer Follikel aus der Follikelkohorte<br />

- Vermeidung der vorzeitiger Ovulation und Atresie<br />

- Gewinnung reifer Metaphase-II-Eizellen<br />

Intracytoplasmatische Spermieninjektion – ICSI:<br />

Intrazytoplasmatisch morphologisch selektierte Spermieninjektion – IMSI<br />

Weiterentwicklung der ICSI, bei der die Spermien elektronenmikroskopisch auf Vakuolen im Spermienkopf untersucht<br />

werden, da man festgestellt hat, dass dies mit genetischen Defekten korreliert.<br />

Kosten einer IVF / ICSI:<br />

- Anteilige Kostenübernahme für 4 Versuche über den IVF-Fond → Fond 70%, Eigenanteil 30%<br />

- Voraussetzungen:<br />

∙ Frauen unter 40 Jahre<br />

∙ Mann unter 50 Jahre<br />

∙ Versicherungsbescheinigung, eCard<br />

∙ Heiratsurkunde oder Notariatsakt über eheähnliche Lebensgemeinschaft<br />

- Indikationen: PCOS, Endometriose, Tubenverschluß, Pathospermie<br />

- Im Falle einer eingetretenen Schwangerschaft werden, wenn gewünscht, erneut 4 Versuche finanziert.<br />

Risiken der Assistierten Reproduktion:<br />

Überstimulationssyndrom (OHSS):<br />

Durch die Stimulation reifen mehr Follikel und produzieren vermehrt Hormone. Die höheren Östrogenspiegel führen zu<br />

einem Flüssigkeitstransfer in den Extravasalraum mit Aszites, Thromboserisiko↑<br />

PCO-Patientinnen haben ein erhöhtes Risiko für ein OHSS.<br />

Mehrlinge:<br />

Um dieses Risiko zu senken werden mittlerweile nur noch 1-2 Embryonen transferiert.<br />

Kongenitale Anomalien:<br />

Vernachlässigbar. Abhängig vom Alter der Patientin, da mit dem Alter das Aneuploidie-Risiko steigt.<br />

Imprinting Defekte nach ICSI:<br />

- Angelmann-Syndrom → Deletion im Bereich 15q11.2- q13 Geistige Behinderung, Lachepisoden, ataktische<br />

Extremitätenbewegungen, Mikrozephalie, Epilepsie, muskuläre Hypotonie<br />

- Beckwith-Wiedemann-Syndrom → Väterliche Disomie, begrenzt auf das Segment 11p15 des kurzen Arms.<br />

Exomphalos, Makroglossie, Gigantismus<br />

Fragen zur Thematik anhand eines Fallbeispiels:<br />

Frage 1:<br />

Eine 33-jährige Nulligravida stellt sich in Ihrer Sprechstunde mit seit einem Jahr bestehendem Kinderwunsch vor. Ihr<br />

Ehemann ist 34 Jahre alt und hat ebenfalls keine Kinder.<br />

Bisher sei weder bei Ihr noch beim Partner eine Diagnostik durchgeführt worden. Die Patientin ist von Beruf Sekretärin,<br />

normalgewichtig und immer gesund gewesen. Auch beim Ehemann sind keine Vorerkrankungen bekannt. Welche<br />

Maßnahmen ergreifen Sie?<br />

Frage 2:<br />

Auf genaueres Nachfragen gibt die Patientin an, vor Jahren mittels Spirale verhütet zu haben, die nach einem Jahr bei<br />

anhaltenden Unterbauchschmerzen und Schmierblutungen entfernt wurde. Sie mußte über zwei Wochen Antibiotika<br />

einnehmen. Wie gehen Sie weiter vor? Was würden Sie weiter abklären?<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>6


Assistierte Reproduktion<br />

Gynäkologie<br />

Frage 3:<br />

Die Patientin zeigt ein unauffälliges Zyklusmonitoring, im außerhalb durchgeführten Spermiogramm des Mannes findet sich<br />

eine Normozoospermie. Die Laparoskopie zeigt, dass die Tuben beidseits nicht durchgängig sind.<br />

Was raten Sie dem Paar zur Erfüllung Ihres Kinderwunsches?<br />

Frage 4:<br />

In der Laparoskopie hat sich nun eine Tube als verschlossen, die andere als durchgängig herausgestellt.<br />

Bei Partner zeigt sich folgendes Spermiogramm: Spermatozoenzahl 14 Mio/ml, Motilität 25 %, schnell progressiv 15%,<br />

langsam progessiv 10 %, ortsbeweglich 25 %, unbeweglich 50 %, Morphologie <strong>12</strong> % normal. Welche Therapie empfehlen<br />

Sie dem Paar?<br />

Frage 5:<br />

In der Laparoskopie hat sich nun eine Tube als verschlossen, die andere als durchgängig herausgestellt. Es besteht eine<br />

Endometriose. Bei Partner zeigt sich folgendes Spermiogramm: Spermatozoenzahl 64 Mio/ml, Motilität 54 %, schnell<br />

progressiv 34%, langsam progessiv 20 %, ortsbeweglich 26 %, unbeweglich 20 %, Morphologie 35 % normal. Welche<br />

Therapie empfehlen Sie dem Paar?<br />

Seite <strong>12</strong>7<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

PCO-Syndrom<br />

25.01.<strong>12</strong> – Wildt<br />

4 Ursachen der Ovarialinsuffizienz werden unterschieden<br />

- Primäre<br />

- Hypothalamische<br />

- Hyperprolaktinämische<br />

- hyperandrogenämische<br />

PCO-Syndrom<br />

Polyzystisches Ovarsyndrom = Stein Leventhal-syndrom<br />

- Erstbeschreibung<br />

∙ 7 Patientinnen mit Oligo-Amenorrhoe, Hirsutismus, Adipositas,…<br />

NIH- Kriterien (1990)<br />

- Chronische Anovulation<br />

- Klinische und biochemische Zeichen des<br />

Hyperandrogenismus und Ausschluss anderer<br />

Ursachen<br />

Beide Kriterien müssen erfüllt Sein<br />

Rotterdam-Kriterien (2003)<br />

- Oligo- oder Anovulation e<br />

- Klinische und biochemische Zeichen des<br />

Hyperandrogenismus<br />

- Polycystische Ovarien (1) ><strong>12</strong> 2-9 mm, Volumen ><br />

10 ml<br />

2 von 3 Kriterien müssen erfüllt sein<br />

Übermaß an Androgen und FSH führt dazu, dass nicht die<br />

gesamte Menge an Androgenen in Östrogene umgewandelt<br />

werden kann → der überschüssige Anteil an Androgenen<br />

wirkt auf die Ovarien und führt zur Bildung eines<br />

„polyzystischen“ Ovars<br />

Diese Erkrankung hat keine Tendenz, sich zu normalisieren<br />

Thekazelle bildet unter dem Einfluss von LH Testosteron → dieses wird dann normalerweise aromatisiert zu Östrogen<br />

Die Hälfte des Testodsterons und Andrstendions kommt aus dem Ovar, die Hälfte aus der Nebenniere<br />

Testosteron wird in bestimmten Geweben (u.a. Gettgewebe) zu Östrogenen aromatisiert<br />

Wirkungen:<br />

- Gonadotropinsekretion<br />

- Spermatogenese<br />

- Stoffwechsel<br />

- Muskel<br />

- Kognition<br />

Klinische Folgen des Androgenüberschusses bei der Frau<br />

Androgenisierung (reversibel)<br />

Hirsutismus<br />

Alopezie<br />

Seborrhoe<br />

Akne<br />

Männliche Fettverteilung<br />

(Akanthosis nigricans)<br />

Virilisierung (irreversibel)<br />

Klitorishypertrophie<br />

Tiefe Stimme<br />

Männlicher Habitus<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite <strong>12</strong>8


PCO-Syndrom<br />

Gynäkologie<br />

Hirsutismus<br />

Transformation des Haarfollikels<br />

Wirkung des 5a DHT<br />

- Körper: Vellusfollikel werden zu Terminalfollikeln umgewandelt → Hirsutismus<br />

- Kopf: Terminalfollikel in Vellusfollikel umgewandelt → Alopezie<br />

Bestimmung des Hirsutismus:<br />

- Empfindlichstes Gewebe: Areola → wird hier nur ein einziges Terminalhaar gefunden, ist das ein Hinweis auf<br />

Androgenüberproduktion<br />

Diagnostik<br />

Sonographie der Ovarien<br />

Labor<br />

- Polyzystisch oder polyfollikulär<br />

- Ev. auch vergrößerte Ovarien beidseits<br />

- Aber Ultraschall alleine nicht aussagekräftig genug<br />

- Testosteron bestimmen<br />

- Immer auch die Schilddrüsenfunktion bestimmen!<br />

- Freier Androgenindex kann berechnet werden: diskriminiert noch besser<br />

- Auch Prolaktin bestimmen<br />

∙ Meist erster Fehlschluss: Östrogene stimulieren die Prolaktin-Sekretion → Frauen mit einem PCO haben<br />

oft einen leicht erhöhten Prolaktin-Wert => das darf aber nicht als hyperprolatinämische<br />

Ovarialinsuffizienz fehlinterpretiert werden!<br />

Wichtigste diagnostische Parameter<br />

- LH > 10 mIU/ml 0.3<br />

- FSH < 5 mIUml 0.2<br />

- AMH > 5 ng/ml 0.9<br />

- LH/FSH > 1.0 0.9<br />

- Testosterone > 0.4ng/ml 0.8<br />

- Free Testosterone 0.6<br />

- Androstendione 0.7<br />

- SHBG < 4.5 μgDHT/dl 0.6<br />

- FAI: > 2.5 0.9<br />

- DHEAS > 3000 ng/ml 0.4<br />

Seite <strong>12</strong>9<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

PCO-Syndrom<br />

Ätiologie der Hyperandrogenämie und des PCO-S<br />

- Adrenal ovarielle Enzymdefekte<br />

- Insulin-Resistenz<br />

- Hormonproduzierende Tumoren<br />

- Ovarielle Rezeptordefecte (LH/FSH)<br />

- Androgen-Rezeptor: CAG- repeats<br />

- Schilddrüsenfunktionsstörungen<br />

- Anormale venöse Drainage des Ovars<br />

- Umweltfaktoren (3ß-HSD Inhibitoren)<br />

- Idiopathisch<br />

→ genaue Ätiologie aber ungeklärt<br />

Genetik<br />

Ergebnisse des ACTH-Tests:<br />

- Heterozygot: 18%<br />

- Erwartet: 2 %<br />

- Late Onset AGS: 1.1 %<br />

Molekulargenetik<br />

- Molekulargenetik zum Ausschluss eines heterozygoten oder homozygotes late onset AGS nur bei<br />

- 1. auffälligem ACTH- Test<br />

- 2. positver Familienanamnese<br />

Pathogenese von Insulinresistenz und Hyperandrogenämie beim PCO<br />

Bestimmung der Insulinresistenz<br />

- Glucosetoleranztest<br />

- Glucoseverlauf normal, aber IGF zeigt einen pathologischen Verlauf<br />

- Erhöhtes Risiko einen Typ II Diabetes zu entwickeln<br />

∙ Etwa 50% der Menschen haben eine Insulinresistenz (Frauen im Alter von 20-30)<br />

- Nicht immer muss ein glucosetoleranztest gemacht werden:<br />

∙ Meist ausreichend, wenn basale Insulin und Glucosewerte gemessen werden und der HOMA-Index<br />

berechnet wird<br />

Diagnostik:<br />

1. Klinische Untersuchung und Dokumentation<br />

2. Sonographie der Ovarien<br />

3. Hormonbasisdiagnostik: LH, FSH, Prolaktin, Testosteron, SHBG, FAI, DHEAS,AMH, SD Hormone<br />

a. basales Insulin + Glucose (HOMA-Index)<br />

4. Funktionsdiagnostik: oGTT, ACTH- Test, Tagesprofil<br />

5. Bei Verdacht: Molekulargenetik, Organvenenkatheter<br />

Therapie beim PCOS<br />

- Kein Kinderwunsch -<br />

1. OC mit antiandrogener Gestagenkomponente (Cyproteromacetat, Drospirenon, Chlormadinonacetat, Dienogest)<br />

2. Antiandrogene Therapie (CPA, Spironolacton, Fugerel)<br />

3. Enzymblocker (Ketoconazol, Metformin)<br />

4. Lokale Therapie (Progesteron, 17alpha-E2)<br />

5. Epilation, Laser<br />

Therapie mindestens über 6 Monate → danach sollte die Behandlung nicht einfach abgesetzt werden, am besten setzt man<br />

die Therapie bis zum Kinderwunsch fort<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 130


PCO-Syndrom<br />

Gynäkologie<br />

- Kinderwunsch -<br />

1. OC + Prednisolon (medikamentöse Keileresektion)<br />

– Anschließend an die OC Therapie ist ein großer Anteil der Zyklen ovulatorisch<br />

2. Clomiphen<br />

3. Metformin<br />

4. Low-dose Stimulation<br />

5. Assistierte Reproduktion<br />

6. Ovarian Drilling (?)<br />

– Gefahr der Zerstörung der Follikel → ev. iatrogene verfrühte Menopause<br />

Ovulationsauslösung mit Gonadotropinen bei Frauen mit PCO<br />

- Risiken: Steile Dosis-Wirkungs-Kurve<br />

- Risiko des Überstimulationssyndroms: lebensbedrohlich, Hämokonzentration<br />

- Risiko der Mehrlingsschwangerschaft bei bis zu 30%<br />

Behandlung mit Metformin deutlich schlechter als Clomiphen (bezüglich Lebendgeburtenrate) → daher heute Mehrheit der<br />

Therapien mit Clomiphen<br />

Consensus 2008<br />

- The LBR with CC monotherapy is superior to that with MET monotherapy; there is no evidence that combination<br />

therapy is superior to CC alone<br />

- No evidence to support the use of MET during pregnancy to prevent spontaneous abortions or GDM.<br />

Denken Sie immer an die Schilddrüsenfunktion!!!<br />

- Alle Schilddrüsendysfunktionen können zu Sterilität und Abortneigung führen !!!<br />

- Einstellen des basalen TSH in den Normalbereich (0.4 – 2 mIU/l)<br />

Differentialdiagnose der Ovarialinsuffizienz<br />

Frage: wann soll die Blutprobe entnommen werden?<br />

- Bei Oligomenorrhoe möglichst früh im Zyklus<br />

- Bei Amenorrhoe egal wann<br />

- Tageszeit spielt keine Rolle<br />

Seite 131<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>


Gynäkologie<br />

PCO-Syndrom<br />

Innerhalb eines Monats kann eine komplette Diagnostik bei Kinderwunsch durchgeführt werden<br />

Hormonuntersuchung<br />

vor HRT<br />

- Bestimmung von FSH (AMH) und E2 zur Ermittlung des Menopausestatus<br />

∙ ist nicht erforderlich<br />

vor Kontrazeption<br />

- Hormonbasisdiagnostik und weiterführende Diagnostik vor Kontrazeption<br />

∙ ist nur bei klinischem Verdacht (Hyperandrogenämie, Zyklusstörung) erforderlich<br />

- Thrombophilie-Screening:<br />

∙ nur bei positiver Anamnese<br />

Fazit für die Praxis: Checkliste Thrombosersisiko II<br />

- Anamnestische /aktuelle Risikofaktoren<br />

∙ fortgeschrittenes Alter<br />

∙ Rauchen<br />

∙ positive FA für venöse oder arterielle Thromboembolien<br />

- oder<br />

∙ Thrombophilie bei einem Geschwister oder einem Elternteil<br />

∙ Adipositas (BMI >30 kg/m²)<br />

∙ Störungen des Fettstoffwechsels (Dyslipoproteinämie)<br />

∙ Hypertonie<br />

∙ Migräne mit Aura<br />

∙ Herzklappenerkrankungen<br />

∙ Vorhofflimmern<br />

∙ längerfristige Immobilisierung, größere chirurgische Eingriffe,<br />

∙ schwere Verletzungen, Eingriffe/Frakturen untere Extremität<br />

Erkrankungen mit ungünstigen Zirkulationsverhältnissen<br />

- Diabetes mellitus<br />

- Systemischer Lupus erythematodes (SLE)<br />

- Antiphospholipidsnydrom<br />

- Migräne<br />

- hämolytisch-urämisches Syndrom<br />

- chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)<br />

- Sichelzellenanämie<br />

- Thrombophiliescreening bei Risikofaktoren -<br />

- APC- Resistenz, Faktor V- Leiden – Mutation<br />

- Protein S, Protein C, Antithrombin II<br />

- Antiphospholipid-Antikörper (bei verlängerter PTT oder bel. Anamnese: Lupus Antikoagulans, ß2<br />

Glykoproteinantikörper, Cardiolipin AK)<br />

- Prothrombin-Mutation G 20210 A<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 132


PCO-Syndrom<br />

Gynäkologie<br />

- MTHFR- Mutation, Homocystein<br />

- Faktor VIII Aktivität<br />

Wo brauchen wir rationelle Diagnostik ?<br />

- Abklärung von Zyklusstörungen und Ovarialinsuffizienz<br />

- Abklärung bei Kinderwunsch<br />

- Abklärung vor Kontrazeption<br />

- Abklärung bei zyklusabhängigen Erkrankungen<br />

Seite 133<br />

<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>

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