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PDF (1,6 MB) - Mohr Siebeck Verlag

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Einleitung<br />

eingesetzt, der allerdings noch nicht zu einem allgemein konsentierten Grundverständnis<br />

des Verhältnisses von EMRK und GG, von EGMR und BVerfG im System des<br />

mehrstufigen europäischen Grundrechtsschutzes geführt hat.<br />

5 Das Verhältnis der Gewährleistungsebenen des europäischen und des deutschen<br />

Grundrechtsschutzes steht daher im Mittelpunkt des vorliegenden Kommentars. Die<br />

Kommentierungen analysieren die Entwicklung der verschiedenen materiell-rechtlichen<br />

Gewährleistungen der EMRK in der Entscheidungspraxis des Gerichtshofs und<br />

der früheren Kommission für Menschenrechte und setzten sie systematisch in Beziehung<br />

zu den Parallelgewährleistungen des Grundgesetzes und ihrer Konkretisierung<br />

durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dabei werden auch die einschlägigen<br />

Gewährleistungsgehalte des unionsrechtlichen Grundrechtsschutzes in die<br />

Betrachtung mit einbezogen. Da sich weder der europäische noch der nationale<br />

Grundrechtsschutz in einem Vakuum entwickeln, sondern ihrerseits als integrale Bestandteile<br />

der Bemühungen um einen wirksamen universellen Schutz der Menschenrechte<br />

gesehen werden müssen, werden auch immer wieder Querbeziehungen zu den<br />

relevanten Menschenrechtsverbürgungen auf UN-Ebene, und hier insbesondere zu<br />

den Garantien des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte hergestellt,<br />

die in der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses und seiner »General<br />

Comments« eine nähere inhaltliche Konturierung erfahren haben.<br />

5<br />

6 Im ersten Teil des Kommentars werden neben der Entstehungsgeschichte der EMRK<br />

und der Rolle des unionsrechtlichen Grundrechtsschutzes zwischen EMRK und nationaler<br />

Grundrechtsordnung die allgemeinen Strukturen des Grundrechtsschutzes nach<br />

europäischem und deutschem Recht herausgearbeitet. Die sich aus dem unterschiedlichem<br />

Geltungsgrund der Grundrechte – völkerrechtlicher Vertrag hier, staatliche Verfassung<br />

dort – ergebenden Probleme sind Gegenstand eines zentralen Beitrags über die<br />

Regeln der Konventionsinterpretation. In den weiteren Beiträgen des ersten Teils werden<br />

dann die EMRK und die Grundrechte des Grundgesetzes vergleichend anhand der<br />

allgemeinen Grundrechtslehren analysiert. Die hier eingeführten dogmatischen Kategorien<br />

stellen zugleich das übergreifende analytische Raster für die synoptische Kommentierung<br />

der materiell-rechtlichen Gewährleistungen im zweiten Teil des Kommentars<br />

dar. Erkenntnisleitend ist hierbei die Einsicht, dass die in der Wissenschaft zu den<br />

Grundrechten des Grundgesetzes entwickelten allgemeinen Lehren nicht im Maßstab<br />

1 : 1 auf die europäische Ebene übertragen werden können. Die europäischen und die<br />

deutschen Grundrechte fließen aus verschiedenen Rechtsquellen und sind in einen jeweils<br />

eigenen institutionellen und politischen Kontext eingebettet, der ihre schematische<br />

Gleichordnung ausschließt. Hinzu kommt, dass der EGMR und auch der EuGH<br />

ihre Grundrechtsinterpretation weitgehend an der Problematik des Einzelfalles ausrichten<br />

und mit allgemeinen Aussagen zu übergreifenden Strukturfragen des Grundrechtsschutzes<br />

deutlich zurückhaltender sind als das BVerfG. So lehnt etwa der EGMR<br />

eine allgemeine Festlegung in der Frage der sogenannten Drittwirkung der Grundrechte<br />

bislang ausdrücklich ab.<br />

6<br />

7 So stellt sich dem rechtswissenschaftlichen Betrachter die systematische Behandlung<br />

von Fragen der allgemeinen Grundrechtstheorie auf europäischer Ebene herkömmlicherweise<br />

als tendenziell defizitär dar, während umgekehrt die deutsche<br />

Grundrechtsdogmatik wenigstens in Teilen überkomplex erscheint. Dies liegt an der<br />

unterschiedlichen Ausdifferenzierung der Grundrechtsordnungen und vor allem an<br />

7<br />

Oliver Dörr/Rainer Grote/Thilo Marauhn 3

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