03.04.2014 Aufrufe

PDF (1,6 MB) - Mohr Siebeck Verlag

PDF (1,6 MB) - Mohr Siebeck Verlag

PDF (1,6 MB) - Mohr Siebeck Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kap. 13<br />

Freiheit der Person<br />

tion der Strafverfolgungsbehörde ausübt oder ausüben könnte 183 oder wenn seine Entscheidung<br />

von der Anklagebehörde revidiert werden kann 184 .<br />

50 Der Zweck des Verfahrens gebietet eine entsprechende Zuständigkeit und Entscheidungsbefugnis<br />

des Richters oder der richterähnlichen Amtsperson. Diese/r muss für<br />

eine Kontrolle der bestehenden Freiheitsentziehung zuständig sein und die Kompetenz<br />

haben, ggf. die Freilassung des Betroffenen anzuordnen. 185 Die Vorführung vor ein<br />

Gericht, das nur über die Zulassung der Anklage o. ä. entscheidet, genügt also nicht.<br />

Die Befugnis der Amtsperson zur verbindlichen Entscheidung muss sich aus dem Gesetz<br />

und nicht nur aus der tatsächlichen Verfahrenspraxis ergeben. 186 Demgegenüber<br />

muss der Richer in diesem Verfahrensstadium nicht zwingend schon zur Haftaussetzung<br />

gegen Kaution befugt sein. 187<br />

50<br />

51 Schließlich hat die richterliche Vorführung »unverzüglich« (»promptly«/»aussitôt«)<br />

zu erfolgen. Daraus ergibt sich auch im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 EMRK keine für<br />

jeden Fall exakt bestimmbare Frist. Als allgemeine Leitlinie zeigt immerhin die Wortwahl<br />

der Norm, dass die Zeitangabe hier sehr viel strikter zu verstehen ist als etwa in<br />

Abs. 3 Satz 2 oder in Abs. 4, 188 dagegen wohl weniger strikt als in Abs. 2. Allerdings<br />

behält sich der EGMR auch hier vor, jeden Einzelfall nach seinen besonderen Umständen<br />

zu beurteilen. 189 So können etwa die besonderen Schwierigkeiten der Terrorismusbekämpfung<br />

geeignet sein, die nach Abs. 3 Satz 1 zulässige Frist zu verlängern.<br />

Selbst in diesem Zusammenhang aber hält der Gerichtshof eine Frist von vier Tagen<br />

ohne richterliche Vorführung für zu lang und daher für einen Verstoß gegen Art. 5<br />

Abs. 3 EMRK. 190 Eine Vorführung zwei Tage nach der Festnahme akzeptiert er dagegen<br />

ohne nähere Begründung als »unverzüglich«. 191 Es ist also davon auszugehen,<br />

51<br />

183<br />

EGMR No. 37104/06, § 58 – Moulin (2010); No. 3394/03, § 124 – Medvedyev (GK) (2010);<br />

No. 27915/95, § 49 – Niedbala (2000); No. 31195/96, Rep. 1999-II, § 49 – Nikolova (GK); No. 27267/95,<br />

Rep. 1999-I, § 57 – Hood (GK); No. 13867/88, A 249-A, §§ 20 f. – Brincat; No. 12794/87, A 188, § 43<br />

– Huber; No. 8805/79 u. a., A 77, § 49 – De Jong u. a.; No. 9362/81 u. a., A 78, § 44 – Van der Sluijs<br />

u. a.; No. 9626/81 u. a., A 79, § 38 – Duinhof u. Duijf.<br />

184<br />

EGMR No. 24760/94, Rep. 1998-VIII, § 148 – Assenov u. a.<br />

185<br />

EGMR No. 5310/71, A 25, § 199 – Irland v. Vereinigtes Königreich (Pl.); No. 9362/81 u. a., A<br />

78, § 48 – Van der Sluijs u. a.; No. 24760/94, Rep. 1998-VIII, § 146 – Assenov u.a.; No. 31195/96,<br />

Rep. 1999-II, § 49 – Nikolova (GK); No. 26889/95, § 55 – H. B. v. Schweiz (2001); No. 543/03,<br />

Rep. 2006-X, § 35 – McKay (GK); No. 3394/03, § 124 – Medvedyev (GK) (2010).<br />

186<br />

EGMR No. 8805/79 u. a., A 77, § 48 – De Jong u. a.; No. 9362/81 u. a., A 78, § 43 – Van der<br />

Sluijs u. a..<br />

187<br />

EGMR No. 543/03, Rep. 2006-X, §§ 36, 47 – McKay (GK); No. 18837/06, § 50 – Allen (2010).<br />

188<br />

EGMR No. 11209/84 u. a., A 145-B, § 59 – Brogan u. a. (Pl.); No. 11701/85, A 181-A, § 64 – E<br />

v. Norwegen.<br />

189<br />

EGMR No. 8805/79 u. a., A 77, § 52 – De Jong u. a.; No. 11209/84 u. a., A 145-B, § 59 – Brogan<br />

u. a. (Pl.); No. 12843/87, A 221, § 24 – Koster; No. 25642/94, Rep. 1999-III, § 48 – Aquilina (GK);<br />

Nos. 17019/02 u. 30070/02, § 35 – I·pek u. a. (2009).<br />

190<br />

Ausdrücklich als Höchstfrist bezeichnet in EGMR Nos. 11209/84 u. a., A 145-B, § 61 f. – Brogan<br />

u. a. (Pl.); No. 543/03, Rep. 2006-X, § 47 a. E. – McKay (GK); Nos. 17019/02 u. 30070/02, § 36 – I·pek<br />

u. a. (2009). Ebenso z. B. EGMR No. 21987/93, Rep. 1996-VI, § 66 – Aksoy; No. 20869/92, Rep. 2000-<br />

VIII, §§ 63 f. – Dikme; No. 22279/93, §§ 63 f. – Altay (2001); No. 56003/00, § 108 – Aş an (2007);<br />

No. 33065/03, §§ 50–52 – Samoila u. Cionca (2008). In No. 46221/99, §§ 107–110 – Öcalan (2003)<br />

waren sieben Tage, in No. 8805/79 u. a., A 77, § 53 – De Jong u. a. sechs Tage und in No. 12843/87,<br />

A 221, § 25 – Koster fünf Tage zu lang.<br />

191<br />

EGMR No. 25642/94, Rep. 1999-III, § 51 – Aquilina (GK); No. 37975/97, § 25 – Graužinis<br />

(2000).<br />

658<br />

Oliver Dörr

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!