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Kap. 13<br />

Freiheit der Person<br />

wegungsfreiheit bereits tatbestandlich nur im Rahmen der geltenden allgemeinen<br />

Rechtsordnung. 107 Den Schutzbereich des Grundrechts berühren daher solche (gesetzlichen)<br />

Beschränkungen nicht, die bestimmte Räume (z. B. Privatwohnungen, öffentliches<br />

Straßenland, Naturschutzgebiete) für die ungehinderte Fortbewegung Einzelner<br />

verschließen, sich aber nicht gegen die Fortbewegungsfreiheit bestimmter Personen<br />

oder Personengruppen richten. Daher stellt z. B. das Festhalten von Asylbewerbern im<br />

Transitbereich des Flughafens keine Freiheitsbeschränkung dar, da die Freiheit der<br />

Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG nicht die Einreise in das Staatsgebiet gewährleistet.<br />

Auf diese Weise wird Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG jedenfalls in Randbereichen der<br />

Ausgestaltung durch das einfache Gesetz überantwortet, der Grundrechtsschutz gegenüber<br />

dem Gesetzgeber mithin reduziert.<br />

31 Die Gewährleistung der Freiheit der Person betrifft nur die Zulässigkeit und Fortdauer<br />

(das »Ob«) einer Freiheitsentziehung oder -beschränkung, nicht hingegen Form<br />

und Umstände ihres Vollzuges (das »Wie«). 109 Daher enthält das Grundrecht grundsätzlich<br />

keine besonderen Rechte des Festgenommenen in Bezug auf seine Behandlung<br />

während der Freiheitsentziehung. 110 So berühren z. B. Arrestmaßnahmen gegen einen<br />

Strafgefangenen als solche nicht die grundrechtliche Freiheitsgarantie. 111 Allerdings<br />

knüpft der EGMR die »Rechtmäßigkeit« einer Freiheitsentziehung auf Konventionsebene<br />

daran, dass der Ort und die Umstände ihres Vollzuges dem Grund ihrer Anordnung<br />

entsprechen: 112 So müssen z. B. Minderjährige, psychisch und Suchtkranke<br />

grundsätzlich in einer für ihre Situation geeigneten Einrichtung untergebracht werden<br />

(→ Rn. 187, 194, 203). Im Übrigen kann durch die Art der Behandlung der Schutzbereich<br />

anderer Individualrechte berührt sein: Neben Art. 5 EMRK tritt insoweit das<br />

Folterverbot aus Art. 3 EMRK, die Freiheitsgarantie des GG wird durch das ausdrückliche<br />

Misshandlungsverbot in Art. 104 Abs. 1 Satz 2 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit<br />

(Art. 2 Abs. 1 GG) abgerundet. Auf diese Weise sollen die Umstände einer<br />

Freiheitsentziehung ihre Rechtmäßigkeit nach innerstaatlichem Recht in Frage stellen<br />

und so – mittelbar 113 – einen Verstoß gegen Art. 5 EMRK begründen können. 114<br />

31<br />

II. »Sicherheit«<br />

32 Der im Text des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EMRK als zweites Schutzgut genannten »Sicherheit«<br />

32<br />

kommt keine erkennbare eigenständige Bedeutung zu. Dies legt schon der<br />

wei-<br />

Art. 2 Rn. 235a; kritisch Wittreck, Rn. 8; G. Lübbe-Wolff, Das Asylgrundrecht nach den Entscheidungen<br />

des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Mai 1996, DVBl. 1996, 825 (837).<br />

107<br />

So z. B. BVerfG (K) 2 BvR 447/05, NVwZ 2006, 579 Abs. 34; (K) 2 BvR 1206/04, NVwZ 2007,<br />

1044 (1045); 2 BvR 2367/07, NVwZ 2009, 1033; 2 BvR 1608/07, EuGRZ 2011, 90, Abs. 21.<br />

108<br />

BVerfGE 94, 166 (198 f.).<br />

109<br />

Grabitz (Fn. 1), Rn. 22; Grabenwarter/Pabel, § 21 Rn. 2.<br />

110<br />

EGMR No. 42117/98, Rep. 2000-V, 367 (379 f.) – Bollan; No. 44955/98, Rep 2001-IX, § 16 –<br />

Mancini; No. 58442/00, § 64 – Lavents (2002).<br />

111<br />

BVerfG (K) 2 BvR 213/93, NJW 1994, 1339; → auch Rn. 126, 127.<br />

112<br />

EGMR No. 22126/93, Rep. 1996-V, § 31 – Bizzotto; No. 39474/98, Rep. 2002-III, § 75 – D. G. v.<br />

Irland; No. 73281/01, § 69 – Gulub Atanasov (2008); No. 3455/05, § 164 – A u. a. v. Vereinigtes Königreich<br />

(GK) (2009); No. 34806/04, § 147 – X v. Finnland (2012).<br />

113<br />

Zur vermittelten »Rechtmäßigkeit« im Rahmen von Art. 5 EMRK → Rn. 141 und 211.<br />

114<br />

So jedenfalls BGH III ZR 3/92 v. 29. 4. 1993, BGHZ 122, 268 (270).<br />

650<br />

Oliver Dörr

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