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Schluss mit Baucheinziehen? - bei Physiobase

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<strong>Schluss</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>Baucheinziehen</strong>?<br />

Aspekte des Stabilisationstraining s für die Wirbelsäule<br />

Wolfgang Klingebiel<br />

Fortbildung Übungsleiter-B Rehabilitation<br />

5.-7. April 2013


Wolfgang Klingebiel<br />

Physiotherapeut/Manualtherapeut<br />

Hochschuldozent/wissenschaftlicher Mitar<strong>bei</strong>ter | Hochschule Fresenius Hamburg<br />

Studiengang Physiotherapie (B.Sc.)


Foliendownload ab Mo, 8. April 2013<br />

unter ....<br />

hysiobase.de


• Basics<br />

Aspekte der Anatomie & Physiologie<br />

der Wirbelsäule<br />

• Spaziergang<br />

Irrtümer und Reichtümer im Land des<br />

Trainings<br />

• Der Stand des Unwissens<br />

Aktuelle Studienergebnisse


Basics<br />

Aspekte der funktionellen<br />

Anatomie & Physiologie der Wirbelsäule


• Stoßdämpferfunktion<br />

• besseres Drehmoment


133 Gelenke • 224 Bänder • 143 Muskeln (Tittel, 2003)<br />

Welche Aufgaben hat die Wirbelsäule ?<br />

Stoßdämpfung<br />

Bewegung<br />

ermöglichen<br />

(Doppel-S-Form,<br />

Bandscheiben)<br />

Schutz<br />

des Rückenmarks<br />

Stabilität garantieren<br />

z.B. Aufhängung<br />

für Schultern/Arme


Die kleinen Wirbelgelenke


Stadien der Degeneration<br />

Höhenminderung der<br />

Bandscheibe<br />

Höhenminderung der<br />

Bandscheibe <strong>mit</strong> Vorwölbung<br />

Bandscheibenvorfall <strong>mit</strong><br />

Wirbelgelenksarthrose<br />

Versteifung


Die 4 Schichten der Bauchmuskulatur<br />

Rectus obliquus ext. obliquus int. transversus


„The CORE“ / Die 4 Muske(l)tiere<br />

Die segmentale Stabilität des Lenden-Becken-Bereiches<br />

beruht auf dem Zusammenspiel von<br />

• M. multifius<br />

• M. transversus abdominis<br />

• Beckenboden<br />

• Zwerchfell


Ein Teil der Muskeln,<br />

die den<br />

„Rückenstrecker“<br />

bilden<br />

(M. erector spinae)<br />

M. multifidus


M. transversus abdomini


Die Muskelschichten des weiblichen Beckenbodens<br />

(Ansicht „von oben“)


Aufbau der<br />

Bauchwand<br />

Zwerchfell<br />

(Diaphragma)


Ist die segmentale Stabilität gewährleistet?<br />

Beispiele für „Bewegungskontroll-Tests“


Kann der M. transversus abdominis isoliert<br />

angespannt werden?


Biofeedback und Testmöglichkeit des Stabilisationsvermögens<br />

In Rückenlage <strong>mit</strong> angestellten Beinen<br />

und <strong>mit</strong>tlerer Beckenkippung:<br />

• eigene Hand<br />

• fremde Hand<br />

• Blutdruckmanschette<br />

als „Sensor“ unter die LWS legen.<br />

Ziel: der gefühlte (beobachtete) Druck soll <strong>bei</strong> der Übungsausführung unverändert bleiben !<br />

1. Langsam/schnell 1 Bein entlasten<br />

2. Langsam/schnell 1 Bein gewinkelt abheben<br />

3. Beide Beine langsam anheben<br />

4. <strong>bei</strong>de Beine 90°/90°: langsam/schnell 1 Bein rausschieben<br />

5. <strong>bei</strong>de Beine 90°/90°: langsam <strong>bei</strong>de Beine rausschieben<br />

Variante (5.) kann auch als Test verwendet werden,indem der Abstand der Knie zum Boden gemessen wird.


„CORE stability“


„Rocking-Test“


Stabil <strong>mit</strong> Stil<br />

Welche Haltung möchte ich stabilisieren?


Merkmale der aufrechten Körperhaltung<br />

im Stand/Gehen<br />

Brustkorb gehoben<br />

außenrotierte Schultergelenke<br />

gesunkene Schulterblätter<br />

entspannter Bauch<br />

hochgezogene Lordose<br />

lockere Finger<br />

außenrotierte Hüftgelenke<br />

DTB Rückentrainer • Dezember 2011 • Aspekte des funktionellen Trainings • Referent: Wolfgang Klingebiel


Stabilisation<br />

Wie schlau ist das<br />

Kreuz ?


Oder doch ?<br />

Vitali Klitschko:<br />

• Bandscheiben-OP links im Juli 2002<br />

• Rücken-OP im Juli 2005<br />

• Bandscheiben-OP September 2007


Ganzkörper-Gleichgewicht/Bewegungen Lenden-Becken-Orientierung intervertebral<br />

lange polysegmentale Muskulatur<br />

kurze polysegmentale Muskulatur<br />

segmentale<br />

Muskulatur<br />

globale<br />

Mobilisatoren<br />

globale<br />

Stabilisatoren<br />

lokale<br />

Stabilisatoren<br />

Kontrolle der Lenden-Becken-Stabilität auf <strong>mit</strong>einander verbundenen Ebenen


• klein und gelenknah<br />

lokale<br />

Stabilisatoren<br />

• Schutz für das Gelenk<br />

• keine Bewegungsfunktion<br />

• Antizipationsfähigkeit durch Bewegungsarmut<br />

globale<br />

Stabilisatoren<br />

• Gleichgewichts- / wenig Bewegungsfunktion<br />

• können auf mehrere Gelenke wirken<br />

• Stütz- und Zielmotorik<br />

globale<br />

Mobilisatoren<br />

• liegen oberflächlich<br />

• Hauptaufgabe: „Bewegen“/Zielmotorik<br />

• verzögerte Aktivität


Eigenschaften der<br />

lokalen (=segmentalen) Stabilisatoren<br />

• Reagieren auf niedrige, feine Reize<br />

• Werden vor einer Bewegung aktiviert<br />

• Verhindern eine Bewegung vor Ort im Gelenk<br />

• Werden überwiegend durch Konzentration<br />

und Reflexe aktiviert


Ursache von Fehlbelastungen und Verspannungen<br />

Ist die Steuerung der segmentalen Muskulatur verändert<br />

(Inhibition), müssen die oberflächlichen Muskeln die<br />

Haltear<strong>bei</strong>t übernehmen.<br />

Dafür sind sie über einen längeren Zeitraum weder<br />

steuerungsmäßig noch stoffwechselmäßig geeignet.


Spaziergang<br />

Irrtümer und Reichtümer im Lande des Trainings


Bis ca. 1970<br />

Training aufgrund der Lust an der Bewegung oder als<br />

Leistungssteigerung für Wettkämpfe<br />

• Sportartspezifische Trainings-Bewegungen<br />

• Traditionsübungen<br />

• „Experten“-Übungen


1980-2000<br />

Training auch unter gesundheitlichen Aspekten<br />

(„Gesundheitssport“). Orientierung an Krankheitbildern.<br />

Prager Schule (Janda) und Funktionsgymnastik (z.B. Knebel)<br />

• Muskulatur ist tonisch (=neigt zur Verkürzung) oder phasisch<br />

(=neigt zur Abschwächung)<br />

• Der Hüftbeuger (M. iliopsoas) ist verkürzt und verursacht ein<br />

Hohlkreuz. Daraus resultieren Rückenbeschwerden.<br />

Brügger-Therapie<br />

• Die krumme Körperhaltung ist die Wurzel allen Übels.<br />

Aufrechte Körperhaltung als Ziel.<br />

Funktionelle Bewegungslehre (FBL)<br />

• Orientierung an natürlichen Bewegungsabläufen.<br />

Ganzheitliche Sichtweise.


1980-2000<br />

Training auch unter gesundheitlichen Aspekten<br />

(„Gesundheitssport“). Orientierung an Krankheitbildern.<br />

Bloß keine Rolle vorwärts!<br />

Dogmatisch geprägte Ansätze<br />

„Gebeugte Wirbelsäule<br />

ist schädlich“.


Ab 2000<br />

Versuch der Integration von natürlichen Bewegungen und<br />

therapeutischen Ansätzen<br />

Renaissance ganzheitlich orientierter „Trainingsformen“<br />

• Pilates<br />

• YOGA<br />

• …


Der Stand des Unwissens<br />

Aktuelle Studienergebnisse


1996: Hodges u.a. (Australien)<br />

„Der M. transversus abdominis wird <strong>bei</strong> Patienten <strong>mit</strong><br />

Rückenschmerzen im Vergleich zu Gesunden verzögert aktiv.“<br />

(Studie an 2x15 Probanden)<br />

<br />

Theorien zur motorischen Kontrolle und Rolle der „tiefen<br />

Stabilisatoren“: das „<strong>Baucheinziehen</strong> war geboren


1996: Hides u.a. (Australien)<br />

„Der M. mulitifidus erholt sich nicht selbständig nach einer<br />

Rückenschmerzattacke“<br />

(Studie <strong>mit</strong> 2x20 Probanden)<br />

2001: Hodges u.a. (Australien)<br />

„Patienten <strong>mit</strong> einem akuten Rückenschmerz erleiden deutlich<br />

weniger Rückfälle, wenn sie ein spezifisches M. mulitfius-<br />

Training absolvieren.“


Aktivierungsmuster der Rumpfmuskulatur <strong>bei</strong> Armbewegungen<br />

(gestrichelte Linie: Einsetzen des M. deltoideus)<br />

(modifiziert nach Hodges und Richardson, 1996)


Studienergebnis:<br />

Bei Menschen <strong>mit</strong> chronischen lumbalen Schmerzen ist<br />

die segmentale Kontrolle verändert: der M. transversus<br />

abdominis wird erst aktiviert, wenn die globale<br />

Muskulatur bereits aktiv ist.<br />

Wird die segmentale Stabilisation gezielt trainiert, nimmt<br />

die Häufigkeit und das Ausmaß der chronischen<br />

Rückenbeschwerden signifikant ab.


Seit 2005 diverse Studien<br />

Vergleich des Ergebnisses spezifischer Aktivierung <strong>mit</strong><br />

• Manueller Therapie<br />

• Anderem Training<br />

• Anderen Therapien (z.B. Placebo, Aufklärung)<br />

Ergebnis<br />

Spezifisches Stabilisationstraining führt zu keinem besseren<br />

Ergebnis bezüglich der kurzfristigen Schmerzreduktion oder des<br />

Behinderungsgrades.<br />

Spezifisches Stabilisationstraining führt zu einem besseren<br />

Ergebnis (z.B. bezüglich Schmerz)<br />

• <strong>bei</strong> Beckenbodeninstabilitäten<br />

• <strong>bei</strong> hypermobilen Patienten <strong>mit</strong> schlechtem Körpergefühl<br />

• Langfristig (>12 Monate)


Kritik:<br />

„Übungen in Rückenlage, im Vierfüßlerstand usw. sind nicht<br />

übertragbar auf andere Aktivitäten“<br />

Hodges u.a. 2008:<br />

Eine 4-wöchige Aktivierung des M. transversus abdominis in<br />

Rückenlage führt auch nach 6 Monaten noch zu einer besseren<br />

Ansteuerung <strong>bei</strong>m Gehen.


Warum sind die Studienergebnisse nicht eindeutig?<br />

• Die tieferen Wirkungsmechanismen der „stabilisierenden<br />

Strategien“ sind nicht richtig geklärt („Modelle“)<br />

• Das isolierte Anspannen des M. transversus abdominis<br />

oder des M. multifidus ist nicht einfach zu erlernen<br />

• Das isolierte Anspannen dieser <strong>bei</strong>den Muskeln erscheint<br />

<strong>bei</strong> Alltagsbewegungen unmöglich<br />

• Es ist umstritten, ob <strong>mit</strong>tels Ultraschall kontrolliert werden<br />

kann, dass der M. transversus abdominis tatsächlich<br />

isoliert angespannt wird.<br />

• Stabilisationseffekte können auch auf dem Einfluss der<br />

Atmung („Bracing“) bzw. des Beckenbodens beruhen.


Und was bedeutet dies alles für unser Training?<br />

1. Aufrecht ist nicht gerade<br />

Stabilisationstraining immer auf Basis der aufrechten<br />

Wohlfühlhaltung = Ausgleich zur Gewohnheitshaltung<br />

2. Therapierst Du noch oder turnst Du schon?<br />

Einzelne Muskeln isoliert zu aktivieren scheint sinnvoll für<br />

Menschen <strong>mit</strong> Beschwerden. Eine Wirkung beruht da<strong>bei</strong><br />

zumindest auf einer verbesserten Körperwahrnehmung<br />

sowie gesteigerten „Selbstwirksamkeit“.


Und was bedeutet dies alles für unser Training?<br />

3. Weniger ist mehr<br />

Gezieltes Aktivieren der segmental stabilisierenden<br />

Muskulatur erfordert hohe Konzentration <strong>bei</strong> geringer<br />

Kraftanstrengung und ohne Bewegung (=„Anti-Training“ )<br />

4. Gemeinsam sind sie stark<br />

Isoliert aktivierte lokale Muskulatur sollte anschließend im<br />

Zusammenspiel <strong>mit</strong> der globalen Muskulatur „trainiert“<br />

werden.


Schlau im Kreuz<br />

Methodische Reihe für ein Stabilisationstraining der Wirbelsäule<br />

[1] Physiologische Haltung erar<strong>bei</strong>ten ohne Belastung;<br />

evtl.“Stoffwechseltraining“<br />

[2] Segmentale Stabilisation<br />

[3] segmentale + komplexe Stabilisation<br />

(zunächst langsam = posturale Kontrolle)<br />

[4] vermehrt propriozeptiver Input<br />

(im Sitz/Stand/Gehen <strong>mit</strong> feed-forward)<br />

[5] „spielerische“ Stabilisation<br />

(Provokation der automatischen Antizipation)


Praktische Umsetzung<br />

Beispiele <strong>mit</strong> dem Pezziball


Abb. aus Karin Albrecht „Intelligentes Bauchmuskeltraining (HAUG 2010)


Abb. aus Karin Albrecht „Intelligentes Bauchmuskeltraining (HAUG 2010)


Abb. aus Karin Albrecht „Intelligentes Bauchmuskeltraining (HAUG 2010)


Abb. aus Karin Albrecht „Intelligentes Bauchmuskeltraining (HAUG 2010)


Grundsätze für ein sensomotorisches Training<br />

• Möglichst üben, wenn das ZNS noch „frisch“ ist (Stundenanfang)<br />

• Achsengerechte Belastung Füße-Beine-Hüfte beachten<br />

• Wirbelsäule in aufrechter Wohlfühlposition<br />

= individuelle neutrale Stellung<br />

• maximal 1-2 Aspekte pro Korrektur ansprechen<br />

• Übungen in methodischer Reihe aufbauen<br />

• Übungen an der Grenze der Stabilität ausführen lassen<br />

• Ausweichbewegungen erlaubt (im Rahmen der Korrekturmöglichkeiten)<br />

• Übung darf keine Angst hervorrufen<br />

• Sparsamer Einsatz von Hilfs<strong>mit</strong>teln und Varianten


Propriomed<br />

Staby<br />

Flexibar<br />

Bodyblade<br />

XCO-Trainer


Training <strong>mit</strong> Schwingstäben<br />

Erkennen von Ausweichbewegungen an den Schlüsselpunkten

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