Take Off Nr. 48 - Kulturzentrum Messestadt
Take Off Nr. 48 - Kulturzentrum Messestadt
Take Off Nr. 48 - Kulturzentrum Messestadt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Schule<br />
Schule<br />
„Ich bin in München<br />
zu Hause“<br />
Schon am zweiten Tag fragten sie, wann sie endlich wieder<br />
in die Gruppe „mit den braunen Kindern“ dürfen.<br />
In allen Altersgruppen beschäftigten sich Projektgruppen<br />
mit dem Thema Sinti und Roma und deren<br />
Kultur. Gegen Ende der Woche kamen Herr Diepold und<br />
Frau Horvath zu Besuch. Beide arbeiten unter anderem<br />
für Madhouse, einer Familien-, Ehe- und Erziehungsberatungsstelle<br />
für Sinti und Roma in München. Die Schüler<br />
hatten viele Fragen: Woher der Name Sinti stammt,<br />
Projektwoche am Förderzentrum München Ost<br />
woher Sinti und Roma ursprünglich kommen. Warum<br />
„Zigeuner“ ein Schimpfwort ist und sehr verletzend gebraucht<br />
werden kann und so weiter und so fort. Gerade<br />
Nationen leben in der <strong>Messestadt</strong>.<br />
Das Förderzent-<br />
111<br />
rum München Ost in der Astrid Lind-<br />
Sie bestimmt einen Teil ihrer Werte<br />
und ihrer Lebenskultur. Diese wird<br />
aber häufig an den Rand gedrängt.<br />
Kultur und in München mit der eigenen<br />
Herkunft in Verbindung bringen<br />
können. Die Herkunft sollte endlich<br />
für die „Großen“, die freiwillig zu diesem Gespräch kommen<br />
durften (und auch fast vollständig kamen), war dies<br />
eines der Highlights der Woche. Für die Sinti- und Roma-<br />
Kinder war es etwas ganz besonderes, dass jemand zu<br />
Der Tisch steht bereit für eine arabische Teestunde<br />
Fotos: privat<br />
gren Straße vereint Kinder aus 33<br />
Von den Familien wird eine Anpas-<br />
einmal wichtig und wertvoll sein<br />
Besuch kam, der ihre Sprache spricht und ihre Lebens-<br />
verschiedenen Herkunftsländern in<br />
sung an unsere Werte verlangt. Der<br />
dürfen.<br />
verhältnisse kannte.<br />
einer Schule. Der Großteil der Schü-<br />
kulturelle Reichtum, aber auch viele<br />
Die Schülerinnen und Schüler hat-<br />
Herr Diepold und Frau Horvath fanden die Aufmerk-<br />
lerinnen und Schüler hier hat einen<br />
der Erfahrungen die sie mitbringen,<br />
ten viel zu erforschen, zu entdecken<br />
samkeit und <strong>Off</strong>enheit der Schüler sehr positiv und be-<br />
Migrationshintergrund. Und doch –<br />
bekommen höchstens im kulina-<br />
und zu diskutieren. Sie erstellten ei-<br />
eindruckend. Viele Kinder mit Sinti- und Roma-Hinter-<br />
auf die Frage: „Woher kommst du?“,<br />
rischen Bereich eine gewisse Auf-<br />
gene Lebensbücher, in denen sie das<br />
grund berichteten nach der Woche, dass sie sich nun in<br />
die ihnen häufig gestellt wird, ant-<br />
merksamkeit.<br />
Leben ihrer Familie dokumentierten.<br />
der Schule respektvoller behandelt fühlen.<br />
worten die Schülerinnen und Schü-<br />
Die Projektwoche im Förderzen-<br />
Es ging um Stammbäume, die Erfor-<br />
Am Ende der Woche präsentierten die Schüler stolz<br />
ler etwas irritiert: „Natürlich aus<br />
trum wollte bewusst die Identität<br />
schung des eigenen Namens, das<br />
die Ergebnisse ihrer Arbeit. Die Aula der Schule füllte<br />
München!“<br />
der Schüler mit der eigenen Her-<br />
Betrachten von Festen in der Familie<br />
sich mit Stellwänden über einzelne Länder, gemalte<br />
Das Thema der Projektwoche<br />
kunft verbinden. Eine Woche lang<br />
und vieles mehr. Eine Klasse hatten<br />
Flaggen, einer Ausstellung zu typischen Speisen und<br />
vom 25.02.2013 bis 01.03.2013 griff<br />
sollten die Schülerinnen und Schüler<br />
beispielsweise Interviews vorberei-<br />
natürlich mit vielen neugierigen Schülerinnen und Schü-<br />
dies auf: „Ich bin in München zu<br />
zusammen mit ihren Klassenkame-<br />
tet die sie mit eingeladenen Eltern<br />
lern.<br />
Hause“. Die Herkunft der Familie ist<br />
raden und auch in Projektgruppen<br />
durchführten.<br />
Einige Projektgruppen hatten kleine Auftritte vorbe-<br />
für die Kinder natürlich sehr wichtig.<br />
die Facetten ihres Lebens in unserer<br />
In Projektgruppen beschäftig-<br />
reitet. Unter großem Applaus gab es eine kleine arabi-<br />
ten sich alle Kinder zusätzlich mit<br />
sche Teestunde, bayerische Tänzchen, Lieder und vieles<br />
Die Kinder begrüßen sich in verschiedenen Sprachen.<br />
einzelnen Ländern und Regionen.<br />
mehr. Die Kinder der Afrika-Gruppe zeigten, wie Körbe<br />
Es wurde gekocht, getanzt, gesun-<br />
auf dem Kopf getragen werden können und hatten für<br />
gen und natürlich viel miteinander<br />
alle gebackene Bananen vorbereitet. Ein schwungvoller<br />
gesprochen: Über den Lebensstil in<br />
kurdischer Tanz beendete die turbulente Schulwoche.<br />
den einzelnen Familien, über typi-<br />
Das Fazit der Schüler und Lehrer war einhellig: Schön<br />
sche Speisen und wie in den Fami-<br />
war die Woche und sehr anstrengend. Aber alle hoffen,<br />
lien die Feste gefeiert werden – und<br />
dass es wieder einmal möglich ist, so intensiv miteinan-<br />
auch über Vorurteile mit denen die<br />
der und voneinander zu lernen. Auch viele Lehrer haben<br />
Kinder immer wieder konfrontiert<br />
in dieser Woche viel Neues über die Schüler und deren<br />
werden.<br />
Herkunftsländer gelernt. Die Kinder erfüllte es mit Stolz,<br />
Für die aus Afrika stammenden<br />
dass in dieser Woche das gleichberechtigt war, was sie<br />
Kinder aus den Eingangsklassen,<br />
in sich tragen: Ihre Heimat München und die Kultur ihrer<br />
die sich in der „Afrika-Gruppe“ tra-<br />
Familien. Die wird zu Hause gelebt wird und ist vom Her-<br />
fen, wurde diese Zeit sehr kostbar.<br />
kunftsland geprägt, auch wenn sie selbst diese Länder<br />
Groß war ihr Erstaunen darüber, zu<br />
oft nicht kennen.<br />
sehen, wie viele Kinder an unserer<br />
Arbeit am Lebensbuch. Erstellen eines Stammbaumes.<br />
Schule afrikanischer Herkunft sind.<br />
Gerhard Endres<br />
„Wir kommen aus Bayern.“<br />
36<br />
<strong>Take</strong> <strong>Off</strong>! <strong>Nr</strong>. <strong>48</strong> – Juli bis September 2013<br />
<strong>Take</strong> <strong>Off</strong>! <strong>Nr</strong>. <strong>48</strong> – Juli bis September 2013 37