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Andrea Schrattenecker Die Caritas-Haussammlung Motivationsfragen und Zukunftsperspektiven Eine Studie im Auftrag der Caritas Linz Wissenschaftlich begleitet durch das Institut für Caritaswissenschaft / Linz Linz, 2001

Andrea Schrattenecker<br />

Die Caritas-Haussammlung<br />

Motivationsfragen und Zukunftsperspektiven<br />

Eine Studie im Auftrag der Caritas Linz<br />

Wissenschaftl<strong>ich</strong> begleitet durch das<br />

Institut für Caritaswissenschaft / Linz<br />

Linz, 2001


1<br />

Inhalt<br />

1. Einleitung 4<br />

1.1. Ein kurzer Blick zurück 4<br />

1.2. Ablauf der Haussammlung 5<br />

1.3. Zum Aufbau dieser Studie 6<br />

1.3.1. Einige Begriffserklärungen 7<br />

Seite<br />

2. Ergebnisse der quantitativen Untersuchung 8<br />

2.1. Einige Merkmale des Rücklaufs 8<br />

2.1.1. Region 9<br />

2.1.2. Engagement 10<br />

2.1.3. Pfarrgröße 10<br />

2.2. Sammlungsform 11<br />

2.2.1. Gründe für n<strong>ich</strong>t-persönl<strong>ich</strong>e Formen der Sammlung 12<br />

2.2.2. Zusammenhang zwischen Sammlungsform und Region 14<br />

2.3. Wie viele HaussammlerInnen sind in den Pfarren unterwegs? 15<br />

2.3.1. Verteilung der Sammleranzahl nach Region 16<br />

2.4. Alter und berufl<strong>ich</strong>e Situation der SammlerInnen 17<br />

2.5. Wie geht das Anwerben von neuen SammlerInnen vor s<strong>ich</strong>? 18<br />

2.5.1. Anwerbungsformen in Zusammenhang mit anderen Größen 19<br />

2.5.2. Erfolg der verschiedenen Anwerbungsformen 20<br />

2.5.3. Mit welchen Begründungen wird der Sammlerdienst abgelehnt? 20<br />

2.6. Wie hoch ist der Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen? 22<br />

2.6.1. Bedarf an SammlerInnen verteilt nach Region 23<br />

2.6.2. Bedarf an SammlerInnen verteilt nach Pfarrgröße 23<br />

2.7. Wie beurteilen die Pfarren den Schweregrad dieser Problematik? 24<br />

2.7.1. Problemausmaß verteilt nach Region 25<br />

2.7.2. Problemausmaß verteilt nach Pfarrgröße 26<br />

2.8. Welche Art von Unterstützung finden die Pfarren sinnvoll? 26<br />

2.8.1. Unterstützung von seiten des Pfarrers/Pfarrgemeinderates 27<br />

2.8.2. Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas 29<br />

2.9. (Zugegeben einfacher) Versuch einer Typenbildung 31<br />

3. Ergebnisse der Interviews mit den<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

32<br />

3.1. Um welche Pfarren handelt es s<strong>ich</strong>? 32<br />

3.2. Aussagen zum pfarrl<strong>ich</strong>en Engagement 33<br />

3.3. Wer geht Caritas-Sammeln ... 34<br />

3.3.1. ... und warum? 35<br />

Exkurs 1: Neues Ehrenamt 37


2<br />

3.3.2. Was tun wenn SammlerInnen fehlen? 39<br />

3.4. Wie geht das Anwerben vor s<strong>ich</strong>? 39<br />

3.4.1. Auswahlkriterien 41<br />

3.5. Wie geht es den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en bei ihrer Arbeit? 41<br />

3.5.1. Ist das Nachbesetzen von SammlerInnen in bestimmten Rayons 42<br />

schwieriger als in anderen?<br />

3.6. Was sind die „unfreundl<strong>ich</strong>en“ Seiten des Sammlerdienstes? 43<br />

3.7. Mit welchen Begründungen wird dieser Dienst abgelehnt? 44<br />

3.7.1. Wie gehen die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en mit Absagen um? 46<br />

3.8. Ist das Haussammeln mit anderen freiwilligen Diensten vergle<strong>ich</strong>bar? 46<br />

3.9. Welche Rolle spielt die Persönl<strong>ich</strong>keit des Pfarrers bzw. des<br />

47<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en?<br />

3.10. Wo vermuten die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en die Wurzel des<br />

48<br />

Problems?<br />

3.11. Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas 50<br />

3.12. Abhilfemaßnahmen: Erprobtes und Unerprobtes 51<br />

Beispiel 1: Koppelung des Haussammelns mit dem Pfarrblatt-Austragen 52<br />

Beispiel 2: Auch du könntest Hilfe brauchen! 52<br />

Beispiel 3: HaussammlerInnen besuchen Kranke 53<br />

Beispiel 4: Befristetes Engagement 54<br />

Beispiel 5: Sammeln mit Kuvert oder ähnl<strong>ich</strong>em 54<br />

Beispiel 6: Reibungslose Organisation 55<br />

Beispiel 7: Ausnahmeregelungen in bezug auf die Haushalte 55<br />

3.12.1. Dankesfeiern und Ehrungen 56<br />

3.13. Welche Erfahrungen machten die Pfarren, die keine persönl<strong>ich</strong>e<br />

58<br />

Haussammlung durchführen?<br />

3.13.1. „daß <strong>ich</strong> das meinen Leuten n<strong>ich</strong>t zumuten möchte“ 58<br />

3.13.2. „Ich seh eigentl<strong>ich</strong> keine andere Alternative“ 59<br />

3.13.3. „und dann war klar: wir müssen uns andere Formen suchen“ 59<br />

4. Ergebnisse der Interviews mit den SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-<br />

SammlerInnen<br />

61<br />

4.1. Kurze Vorstellungsrunde 61<br />

4.2. Wie hat dieses Engagement begonnen? 62<br />

4.3. Welche Motivationen stehen hinter diesem Dienst? 63<br />

Exkurs 2: Motive für pfarrl<strong>ich</strong>es Engagement von Frauen 66<br />

4.4. „Es gibt Sachen, wo man s<strong>ich</strong> mehr freut, natürl<strong>ich</strong>“ 67<br />

4.5. Was sind die positiven Aspekte beim Haussammeln? 67<br />

4.6. Was sind die negativen Aspekte beim Haussammeln? 68<br />

4.6.1. Mit welcher Art von negativen Reaktionen werden die<br />

69<br />

SammlerInnen konfrontiert?<br />

Exkurs 3: Sozialschmarotzer-Debatte 69<br />

4.6.2. Wie gehen die SammlerInnen mit negativen Reaktionen um? 71<br />

4.7. Wie ist generell die Aufnahme bei den Besammelten? 72<br />

4.7.1. Wird ein Gespräch mit den Besammelten angestrebt? 72<br />

4.7.2. Inwieweit wird das Haussammeln als pastoraler Dienst begriffen? 73<br />

4.8. Wieviel Zeit nimmt das Sammeln in Anspruch? 75<br />

4.9. Und <strong>was</strong> bekommen die SammlerInnen zurück? 76<br />

4.10. Vergle<strong>ich</strong> des Sammelns mit anderen ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten 77


3<br />

4.11. Wie sind die N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen in die nähere Auswahl gekommen ... und 79<br />

<strong>was</strong> waren die Reaktionen darauf?<br />

4.11.1 Warum kommt das Haussammeln für die N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen 80<br />

n<strong>ich</strong>t in Frage?<br />

4.12. Wo vermuten die SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen die Wurzel des 82<br />

Problems?<br />

Exkurs 4: Wo sieht die Literatur die Ursachen für die Krise des 85<br />

Ehrenamts?<br />

4.12.1. „Betteln“ 88<br />

4.13. Was würde diesen Dienst attraktiver machen? 90<br />

4.14. Wie wird die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung generell beurteilt? 92<br />

4.15. Was sagen die InterviewpartnerInnen über s<strong>ich</strong> selbst? 96<br />

5. Zusammenfassung 100<br />

5.1. Bei welchen Personen hat das Ansprechen den größten Erfolg? 100<br />

5.2. W<strong>ich</strong>tig ist, genau zu wissen, wofür man sammelt 100<br />

5.3. Teamerlebnisse 101<br />

5.4. Koppelung des Haussammelns mit anderen pfarrl<strong>ich</strong>en Gruppen 101<br />

5.5. Ausgle<strong>ich</strong> zwischen Geben und Nehmen 102<br />

5.6. Haussammlung „light“ 102<br />

5.7. Alternativen zur persönl<strong>ich</strong>en Sammlung 102<br />

5.8. Bewußtseinsarbeit 103<br />

6. Anhang 104<br />

6.1. Fragebogen an die Pfarren 104<br />

6.2. Leitfaden der Interviews mit den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en 110<br />

6.3. Leitfaden der Interviews mit den SammlerInnen 113<br />

6.4. Leitfaden der Interviews mit den N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen 115<br />

7. Verwendete Literatur 117


4<br />

1. Einleitung<br />

Die Caritas-Haussammlung ist eine der erfolgre<strong>ich</strong>sten Spendensammlungen der Caritas Linz.<br />

Mehr als ein Drittel ihres gesamten Spendenaufkommens stammt aus dieser Sammlung. Die<br />

Haussammlung ist aber n<strong>ich</strong>t nur in Hinblick auf ihre große Effizienz, sondern auch in<br />

pastoraler Hins<strong>ich</strong>t von Bedeutung. Sie wird als Mögl<strong>ich</strong>keit gesehen, mit Pfarrmitgliedern in<br />

Kontakt und ins Gespräch zu kommen, die Pfarre ein Stück weit in die Haushalte zu tragen.<br />

Die durch die Haussammlung gespendeten Gelder kommen ausschließl<strong>ich</strong> der Inlandshilfe<br />

der Caritas zugute. 10% davon verbleiben in den einzelnen Pfarren und können dort für die<br />

direkte Nothilfe der Pfarrcaritas verwendet werden.<br />

Die Effizienz und die Sinnhaftigkeit dieser von-Haus-zu-Haus-Sammlung sind n<strong>ich</strong>t in Frage<br />

gestellt. Jene, die dieses System tragen, haben aber zunehmende Schwierigkeiten, die<br />

persönl<strong>ich</strong>e Sammlung zu organisieren. Es sind dies die einzelnen Pfarren, denen die<br />

regionale Organisation der Haussammlung obliegt. Viele Pfarren sind mit dem Problem<br />

konfrontiert, daß sie für die altersbedingt ausscheidenden SammlerInnen keine<br />

NachfolgerInnen finden. Dies gilt insbesondere für den städtischen Bere<strong>ich</strong>, wo das<br />

Nahverhältnis zu kirchl<strong>ich</strong>en Institutionen geringer ist als am Land. Aus einem Mangel an<br />

SammlerInnen wird vielfach auf die Verwendung von Erlagscheinen zurückgegriffen - <strong>was</strong><br />

aber die Effizienz vermindert und n<strong>ich</strong>t zuletzt auch den pastoralen Sinn der Haussammlung,<br />

näml<strong>ich</strong> das persönl<strong>ich</strong>e von-Tür-zu-Tür-Gehen, untergräbt.<br />

Das System der Caritas Haussammlung steht und fällt mit der Bereitschaft von<br />

Pfarrmitgliedern, für die Caritas sammeln zu gehen. Die Tendenz der letzten Jahre geht aber<br />

dahin, daß es immer schwieriger wird, SammlerInnen zu akquirieren.<br />

Diese Studie hatte zum Ziel, die Problematik rund um die Sammlernachfolge näher zu<br />

beleuchten. Die sozialwissenschaftl<strong>ich</strong>e Analyse des Problems in seinem Ist-Zustand und die<br />

Identifizierung seiner Ursachen sollten die Beantwortung folgender Frage mögl<strong>ich</strong> machen:<br />

Was kann man tun, um die Caritas-Haussammlung weiterhin in ausre<strong>ich</strong>endem Ausmaß<br />

lebendig zu erhalten?<br />

Bevor auf die empirischen Befunde eingegangen wird, soll zunächst Gesch<strong>ich</strong>te und Ablauf<br />

der Ahaussammlung skizziert werden.<br />

1.1. Ein kurzer Blick zurück<br />

Die Caritas-Haussammlung gibt es seit 53 Jahren (also seit 1948). Eine ihrer Wurzeln liegt<br />

nach Markus Lehner in jener langen gesch<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>en Phase (bis vor ca. 100 Jahren), als noch<br />

n<strong>ich</strong>t der Staat, sondern Kirche und Pfarrgemeinden die Verantwortung für Sozial- und<br />

Armenfürsorge innehatten. Diese Tradition hat wiederum ihre Wurzeln in den ersten<br />

christl<strong>ich</strong>en Gemeinden.<br />

Wie die notwendigen finanziellen Mittel für die sozialen Aufgaben der Pfarren aufgebracht<br />

wurden, darüber gibt ein Landpfarrer aus dem Jahre 1864 1 Auskunft:<br />

„Da gibt es zum einen Kirchensammlungen: Zunächst die ordentl<strong>ich</strong>en<br />

Kirchensammlungen, jeweils mit zwei Klingelbeuteln – einmal die Gaben für die<br />

Kirche, dann die Gaben für die Pfarrarmen -, dazu jährl<strong>ich</strong> wiederkehrende<br />

Sondersammlungen für Mission, Dombauverein, Krankenhausorden usw.. Dazu<br />

kommen außerordentl<strong>ich</strong>e Kirchensammlungen auf Anordnung der staatl<strong>ich</strong>en<br />

1 Quelle: O.V., Gedanken eines Landpfarrers über die Sammlungen. IN: ThPQ 17 (1964), 265ff.


5<br />

Behörden, für Geschädigte durch Brand- oder Hagelschaden. Die Kirche nimmt de<br />

facto noch die Funktion des heutigen Vers<strong>ich</strong>erungswesens wahr.<br />

Zum anderen gibt es Haussammlungen: Zunächst müssen Pfarrer und Kapläne für<br />

ihren eigenen Lebensunterhalt von Haus zu Haus sammeln gehen. Dann, und dies ist<br />

das neue Phänomen, ziehen Angehörige der neuen sozial-caritativen Orden als<br />

Haussammler durch die Lande, um ihre Projekte zu finanzieren. Detailliert rechnet<br />

unser Landpfarrer vor, wie die Zahl der Sammelerlaubnisse von Jahr zu Jahr steigt,<br />

und er klagt ‚überall Sammler über Sammler und es ist gewiß, daß oft 3 – 4<br />

sammelnde Parteien in ein und demselben Orte, ja Hause zusammentrafen und<br />

einander den Rang abzulaufen suchten’. Hier sind also professionelle Sammler<br />

unterwegs, die keineswegs für lokale Zwecke sammeln. Das Geld wird anderswo<br />

verwendet, für soziale Projekte wie Krankenhäuser, Hospize, Kindergärten, auch etwa<br />

für Kirchenneubauten in der Diaspora.“ (Lehner, 2001, S. 2)<br />

In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wird das österre<strong>ich</strong>ische Fürsorgesystem mit der<br />

Einführung der Pfarrarmeninstitute vereinheitl<strong>ich</strong>t. „Regelmäßige Kirchensammlungen,<br />

Haussammlungen durch angesehene Pfarrmitglieder und fixe regelmäßige Beiträge<br />

(vergle<strong>ich</strong>bar mit heutigen Daueraufträgen) bilden den Kern der laufenden Einnahmen. Schon<br />

damals klagen die Pfarrer übrigens darüber, daß es n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>t ist, Leute für die<br />

Haussammlung zu motivieren. Entscheidend aber ist: es geht um Arme aus der eigenen<br />

Umgebung, meist alte und arbeitsunfähige Menschen, die man kennt und n<strong>ich</strong>t verkommen<br />

lassen will.“ (ebd., S. 2).<br />

Freiwillige Fürsorge und Wohltätigkeit waren lange Zeit die dominante Form des Helfens.<br />

Dies änderte s<strong>ich</strong> erst, als der Staat zunehmend die Verantwortung für die soziale S<strong>ich</strong>erung<br />

übernahm. Erst durch sozialstaatl<strong>ich</strong>e Instrumente konnte der Armut an ihren erkennbaren<br />

Quellen vorgebeugt, konnte der einzelne durch die Schaffung neuer Netze gegen typische<br />

Risiken und Notlagen abges<strong>ich</strong>ert werden (vgl. Hilpert, 1996, S. 38). Kirche und religiöse<br />

Gemeinschaften sind aber nach wie vor eine w<strong>ich</strong>tige soziale Ressource:<br />

„Viele Politiker erkennen denn auch immer deutl<strong>ich</strong>er, daß gerade die modernen<br />

Demokratien ohne die Religion und die Kirche ärmer wären. Es braucht dazu ja nur<br />

ein sehr einfaches Gedankenspiel: Man muß s<strong>ich</strong> nur vorstellen, daß in unserem Land<br />

über Nacht keine religiösen Netzwerke mehr vorhanden sind. Die Folgen für das<br />

Niveau praktizierter Alltagssolidarität wären unabsehbar: für Kinder, für Kranke, für<br />

Obdachlose, für psychisch Belastete, für Trauernde, für Asylanten und Flüchtlinge, für<br />

Ausländer, für die Sterbenden, kurz für die vielen, die in Gefahr sind, überflüssig und<br />

entsorgt zu werden.“ (Zulehner u.a., 1997, S. 16)<br />

1.2. Ablauf der Haussammlung<br />

In den kommenden Kapiteln werden verschiedenste Aspekte der Caritas-Haussammlung<br />

behandelt. Um s<strong>ich</strong> ein Bild davon machen zu können, innerhalb welchen Rahmens diese<br />

Sammlung stattfindet, möchte <strong>ich</strong> hier kurz den ungefähren Ablauf derselben vorstellen.<br />

Die Caritas-Haussammlung findet jährl<strong>ich</strong>, und zwar in der Regel im April eines Jahres statt.<br />

Zu Beginn der Sammlung steht zumeist ein Treffen aller HaussammlerInnen, zu dem die oder<br />

der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e einlädt. Hier werden Informationen über die Caritas und<br />

die Caritas-Haussammlung weitergegeben, Dank aus- und Mut zugesprochen, und schließl<strong>ich</strong><br />

die Sammellisten ausgeteilt. Die SammlerInnen haben dann zumeist einen Monat Zeit, die<br />

Haushalte eines bestimmten Rayons zu besuchen (in manchen Pfarren auch länger) und dort<br />

um Spenden für die Caritas-Inlandssammlung zu bitten. Nach Beendigung der Sammlung<br />

werden die fertigen Sammellisten und das gesammelte Spendengeld in der Pfarre abgegeben.


6<br />

Von pfarrl<strong>ich</strong>er Seite wird als offizieller Abschluß zumeist ein Dankgottesdienst abgehalten,<br />

eine gemeinsame Jause oder ähnl<strong>ich</strong>es für die SammlerInnen organisiert.<br />

Von der Diözesan-Caritas erhalten die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en und<br />

HaussammlerInnen Unterlagen verschiedenster Art: Vorlagen für die Gestaltung von<br />

Gottesdiensten, Informationen über die Verwendung von Spendengeldern, Texte zur<br />

Gestaltung von Pfarrblättern zum Thema Caritas-Haussammlung, Argumentationshilfen für<br />

SammlerInnen, wenn sie mit kritischen Äußerungen der Besammelten konfrontiert werden,<br />

u.ä.. Darüber hinaus werden zum Abschluß der Sammlung überregionale Dankesfeiern<br />

und/oder Dankgottesdienste mit den und für die HaussammlerInnen angeboten.<br />

Als Einstimmung auf die Haussammlung und begleitend dazu gibt es eine oberösterre<strong>ich</strong>weite<br />

Plakataktion sowie Werbung in verschiedensten Medien.<br />

1.3. Zum Aufbau dieser Studie<br />

Kern dieser Studie ist die Frage, warum es immer schwieriger wird, ausfallende<br />

HaussammlerInnen nachzubesetzen. Die Suche nach Antworten darauf zog eine Reihe<br />

spezifischerer Fragen nach s<strong>ich</strong>, näml<strong>ich</strong>: Wie groß ist das Problem tatsächl<strong>ich</strong>? Wie gehen<br />

die einzelnen Pfarren damit um? Wie stehen die SammlerInnen selbst zu diesem Dienst? Was<br />

ist ihre Motivation, s<strong>ich</strong> als HaussammlerInnen zu betätigen? Warum kommt das Sammeln<br />

für die N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen 2 n<strong>ich</strong>t in Frage? etc.<br />

Die Klärung der Ursachen sollte letztendl<strong>ich</strong> die Grundlage dafür bieten, Mögl<strong>ich</strong>keiten für<br />

eine allfällige Abschwächung des Problems der Sammlernachbesetzung zu finden.<br />

Die Untersuchung selber wurde in drei Schritten angelegt. Am Beginn standen Interviews mit<br />

den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en ausgewählter Pfarren. Diese sollten einen ersten<br />

Einblick in die Problematik gewähren bzw. das Problem aus der S<strong>ich</strong>t einzelner Pfarren<br />

anschaul<strong>ich</strong> machen.<br />

Auf der Grundlage der in den Interviews mit den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

gewonnenen Informationen wurde als zweiter Schritt ein Fragebogen entworfen, der an alle<br />

Pfarren der Diözese Linz verschickt wurde. Die Fragebogen-Erhebung sollte vor allem<br />

Aufschluß über die quantitative Verteilung des Problems rund um die Sammlernachfolge<br />

geben.<br />

Im dritten Untersuchungsschritt wurden HaussammlerInnen einerseits und N<strong>ich</strong>t-<br />

SammlerInnen andererseits interviewt. Inhaltl<strong>ich</strong>e Schwerpunkte dieser Interviews waren<br />

Fragen zur Motivation, zum persönl<strong>ich</strong>en Erleben des Sammlerdienstes und nach den<br />

Gründen für eine ablehnende Haltung diesem Dienst gegenüber.<br />

Eingebettet in Einleitung (Kapitel 1) und Zusammenfassung (Kapitel 5) enthält diese Studie<br />

demnach drei inhaltl<strong>ich</strong>e Blöcke:<br />

In Kapitel 2 werden die Ergebnisse der quantitativen Untersuchung vorgestellt.<br />

Kapitel 3 stellt die Problematik auf der Grundlage der Interviews mit den<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en dar. Die Ergebnisse aus der Fragebogen-Untersuchung<br />

werden hier anhand von konkreten Beispielen näher ausgeführt und ergänzt. Es kommen hier<br />

außerdem Themen und Aspekte zur Sprache, die im Rahmen eines Fragebogens n<strong>ich</strong>t<br />

befriedigend abfragbar sind.<br />

In Kapitel 4 kommen die HaussammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen selbst zu Wort.<br />

2 zur Begriffserklärung siehe Kap.1.3.1.


7<br />

1.3.1. Einige Begriffserklärungen<br />

Der kürzeren Schreibweise wegen werden in dieser Studie folgende Beze<strong>ich</strong>nungen statt<br />

anderen längeren verwendet:<br />

• Statt von HaussammlerInnen spreche <strong>ich</strong> oft verkürzt von SammlerInnen.<br />

• N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen sind Personen, bei denen angefragt worden ist, ob sie diesen<br />

Dienst übernehmen würden, die aber n<strong>ich</strong>t dazu bereit waren.<br />

• Die Caritas-Haussammlung ist prinzipiell als von-Tür-zu-Tür-Sammlung konzipiert.<br />

Viele Pfarren führen diese Sammlung aber auch in Form einer Kirchensammlung oder<br />

einer Erlagscheinsammlung durch. In Abgrenzung davon nenne <strong>ich</strong> die von-Tür-zu-<br />

Tür-Sammlung (bzw. von-Haus-zu-Haus-Sammlung) auch persönl<strong>ich</strong>e Sammlung.<br />

• Weiters werden in dieser Studie geläufige Abkürzungen verwendet, näml<strong>ich</strong>: KFB<br />

(für <strong>Katholisch</strong>e Frauenbewegung), KMB (<strong>Katholisch</strong>e Männerbewegung), PGR<br />

(Pfarrgemeinderat), PKR (Pfarrkirchenrat).


8<br />

2. Ergebnisse der quantitativen Untersuchung<br />

Anlaß für die Durchführung einer Fragebogen-Erhebung war der Umstand, daß die Caritas-<br />

Verantwortl<strong>ich</strong>en der Diözese zwar von vielen Pfarren mit Klagen über die Schwierigkeit der<br />

Sammlernachbesetzung konfrontiert wurden, über das tatsächl<strong>ich</strong>e Ausmaß dieses Problems<br />

aber Unklarheit herrschte. Eine quantitative Erhebung sollte dem Abhilfe verschaffen. Die<br />

Ergebnisse, wie sie in der Folge dargestellt werden, - dies sei vorweg gesagt – stimmen<br />

großteils mit den Vorab-Einschätzungen der Caritas-Verantwortl<strong>ich</strong>en überein (z.B. wurde<br />

vermutet, daß städtische Pfarren größere Probleme bei der Sammlernachbesetzung haben als<br />

ländl<strong>ich</strong>e. Diese Annahme konnte wie viele andere bestätigt werden). Dennoch ist es natürl<strong>ich</strong><br />

ein Unterschied, ob bestimmte Zusammenhänge nur vermutet werden, oder ob sie empirisch<br />

bestätigt werden können. Neu sind also auf jeden Fall die konkreten Daten und Zahlen, die<br />

durch diese Erhebung gewonnen werden konnten.<br />

Die schriftl<strong>ich</strong>e Befragung war n<strong>ich</strong>t anonym. Um allfällige Erinnerungsanrufe zu<br />

ermögl<strong>ich</strong>en, wurden die Pfarren gebeten, ihre Identität anzugeben.<br />

Der genaue Wortlaut des Fragebogens ist im Anhang (siehe Kap.6.1.) nachzulesen.<br />

2.1. Einige Merkmale des Rücklaufs<br />

Von den insgesamt 486 Pfarren, die angeschrieben wurden, haben 225 einen ausgefüllten<br />

Fragebogen zurückgesandt. Das entspr<strong>ich</strong>t einer Rücklaufquote von 46 %, also knapp der<br />

Hälfte der oberösterre<strong>ich</strong>ischen Pfarren 3 .<br />

Wenn in Kapitel 2 in der Folge von Pfarren die Rede ist, sind damit nur jene 225 Pfarren<br />

gemeint, die uns ihre Daten zur Verfügung gestellt haben (Ausnahmen von dieser Regel<br />

werden als solche gekennze<strong>ich</strong>net). Eine Verallgemeinerung der durch diese Untersuchung<br />

gewonnenen Aussagen in Hinblick auf die Gesamtheit der oberösterre<strong>ich</strong>ischen Pfarren ist<br />

statistisch zulässig 4 . Dennoch sei hier auf zwei Vorbehalte hingewiesen: Zum einen ist es<br />

durchaus mögl<strong>ich</strong>, daß s<strong>ich</strong> jene Pfarren, die die Haussammlung als persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

durchführen, mehr angesprochen gefühlt haben als andere Pfarren 5 . Es ist auch denkbar, daß<br />

jene Pfarren, die verstärkt unter dem Problem der Sammlernachbesetzung leiden, vermehrt<br />

zurückgeschrieben haben. Wie auch immer: Rein rechnerisch ist davon auszugehen, daß die<br />

übrigen 261 Pfarren mit ähnl<strong>ich</strong>en Problemen zu kämpfen haben. Falls die Ergebnisse aus den<br />

beschriebenen Gründen aber n<strong>ich</strong>t auf die Gesamtheit der oberösterre<strong>ich</strong>ischen Pfarren<br />

zutreffen, so schmälert das zwar das quantitative Ausmaß dieser Problematik, keineswegs<br />

aber die Dringl<strong>ich</strong>keit für die betroffenen Pfarren. 225 Pfarren haben s<strong>ich</strong> angesprochen<br />

gefühlt, und um diese 225 soll es gehen.<br />

Ich möchte Ihnen nun diese 225 Pfarren anhand folgender Eckdaten et<strong>was</strong> näher vorstellen:<br />

Welcher Region sind diese Pfarren zuzuordnen, wie wird das Engagement der Pfarrmitglieder<br />

in diesen Pfarren bewertet und wie groß sind diese Pfarren?<br />

3 Diese Rücklaufquote kann als eher hoch beze<strong>ich</strong>net werden.<br />

4 In statistischen Termini: Der Rücklauf ist laut Chi²-Test repräsentativ (p>0.2).<br />

5 Untermauert wird diese Vermutung durch die Reaktionen auf Erinnerungsanrufe meinerseits, bei denen ein<br />

paar mal zur Antwort gekommen ist: „Wir haben gedacht, das bezieht s<strong>ich</strong> nur auf die persönl<strong>ich</strong>e<br />

Haussammlung“.


9<br />

2.1.1. Region<br />

Die Frage nach der regionalen Zuordnung der einzelnen Pfarren war Teil des Fragebogens.<br />

Die Pfarren waren aufgefordert, s<strong>ich</strong> selbst dem ländl<strong>ich</strong>en oder städtischen Bere<strong>ich</strong><br />

zuzuordnen bzw. als dritte Mögl<strong>ich</strong>keit „n<strong>ich</strong>t eindeutig einem Bere<strong>ich</strong> zuordenbar“<br />

anzugeben. Die Daten hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Region basieren also auf der Selbst-Einschätzung der<br />

einzelnen Pfarren und haben keine empirisch nachprüfbaren Kriterien (wie z.B. Anteil der<br />

landwirtschaftl<strong>ich</strong>en Bevölkerung, Anteil und Größe der Mehrfamilienhäuser, Anteil der<br />

Industrie, u.ä.) zur Grundlage 6 .<br />

Die Verteilung nach der Region lautet wie folgt: 153 Pfarren (68 %) gehören dem ländl<strong>ich</strong>en<br />

Bere<strong>ich</strong> an, 35 Pfarren (16 %) dem städtischen Bere<strong>ich</strong> und 37 Pfarren sind nach eigener<br />

Einschätzung n<strong>ich</strong>t eindeutig zuordenbar, d.h. sie liegen dazwischen. 7<br />

Abb.1<br />

Region<br />

16% ländl<strong>ich</strong><br />

16%<br />

städtisch<br />

68%<br />

n<strong>ich</strong>t eindeutig<br />

zuordenbar<br />

Obgle<strong>ich</strong> also n<strong>ich</strong>t definitiv eruierbar ist, <strong>was</strong> genau unter „ländl<strong>ich</strong>“ und „städtisch“ zu<br />

verstehen ist, möchte <strong>ich</strong> diese Begriffe hier dennoch ein wenig anschaul<strong>ich</strong>er machen. Die<br />

übrigen im Fragebogen gegebenen Antworten deuten darauf hin, daß die Pfarren dann<br />

„städtischer Bere<strong>ich</strong>“ angekreuzt haben, wenn s<strong>ich</strong> in ihrem Pfarrgebiet großteils städtische<br />

Strukturen finden lassen, z.B. hohe Anonymität, ein n<strong>ich</strong>t unbeträchtl<strong>ich</strong>er Anteil an<br />

Hochhäusern, bzw. Häusern mit großer Wohnungsanzahl. „Ländl<strong>ich</strong>“ bedeutet<br />

demgegenüber, wenn s<strong>ich</strong> ein hoher Anteil der Pfarrmitglieder persönl<strong>ich</strong> kennt und die<br />

Anonymität und der Anteil an Hochhäusern eher gering ist. „N<strong>ich</strong>t eindeutig einem Bere<strong>ich</strong><br />

zuordenbar“ schließl<strong>ich</strong> meint, daß ein Pfarrgebiet sowohl städtisch als auch ländl<strong>ich</strong> (im<br />

oben genannten Sinn) geprägt ist.<br />

6 Auf die Vorgabe von Kriterien in bezug auf die regionale Verortung wurde im Fragebogen verz<strong>ich</strong>tet; zum<br />

einen, weil die Diskussion über die Definition von ländl<strong>ich</strong> – städtisch im Rahmen dieser Untersuchung zu weit<br />

führen würde, zum anderen, weil eine Spontan-Einschätzung in diesem Fall wohl auch für jene, die den<br />

Fragebogen ausfüllen, einfacher ist als das Überprüfen von bestimmten Kriterien.<br />

7 Die Prozentangaben sind hier - wie überhaupt im ganzen Kapitel 2 - auf ganze Zahlen gerundet.


10<br />

2.1.2. Engagement<br />

„Wie würden Sie insgesamt das ehrenamtl<strong>ich</strong>e Engagement der Pfarrmitglieder in Ihrer Pfarre<br />

beze<strong>ich</strong>nen?“ so lautete die Formulierung zum Thema Engagement. Drei Antwortalternativen<br />

waren vorgegeben, näml<strong>ich</strong>: „sehr hoch“, „durchschnittl<strong>ich</strong>“ und „eher gering“.<br />

Die Mehrzahl der Pfarren (69%) beurteilt das Engagement ihrer Pfarrmitglieder als<br />

durchschnittl<strong>ich</strong>. 27% der Pfarren schätzen das Engagement als sehr hoch, 4% als eher gering<br />

ein.<br />

Abb.2<br />

Beurteilung des ehrenamtl<strong>ich</strong>en Engagements der<br />

Pfarrmitglieder<br />

4%<br />

27%<br />

hoch<br />

durchschnittl<strong>ich</strong><br />

gering<br />

69%<br />

Ähnl<strong>ich</strong> wie bei der regionalen Zuordnung wird n<strong>ich</strong>t näher spezifiziert, <strong>was</strong> unter<br />

„Engagement“ zu verstehen ist, sondern dies wird der subjektiven Einschätzung der Pfarren<br />

überlassen. Darüber hinaus kommt hier wohl auch die soziale Wünschbarkeit zum Tragen. Ich<br />

erinnere daran, daß die quantitative Untersuchung n<strong>ich</strong>t anonym ist – und daher auch die<br />

Versuchung groß, s<strong>ich</strong> selbst in einem guten L<strong>ich</strong>t darzustellen. Da s<strong>ich</strong> aber in bezug auf die<br />

in dieser Studie behandelte Problematik ohnehin kein Zusammenhang zwischen anderen<br />

Variablen und der Variable „Engagement“ bestätigen ließ, können wir die Mängel dieses<br />

Begriffes und seiner Bewertung hier so stehen lassen.<br />

2.1.3. Pfarrgröße<br />

Als Bezugsgröße für die Pfarrgröße wurde die Katholikenzahl (= die Anzahl der römischkatholisch<br />

Getauften pro Pfarrgemeinde) des Jahres 2000 hergenommen 8 . In Abbildung 3<br />

sehen Sie die Verteilung der verschiedenen Größenordnungen der Fragebogenpfarren<br />

einerseits und der Gesamtzahl der oberösterre<strong>ich</strong>ischen Pfarren andererseits. Die<br />

Prozentzahlen geben an, welchen Anteil Pfarren einer bestimmten Größe an der<br />

Gesamtmenge der Fragebogen-Pfarren bzw. der Pfarren insgesamt einnehmen (Die<br />

Prozentnennungen in der Ze<strong>ich</strong>nung selber beziehen s<strong>ich</strong> nur auf die Fragebogen-Pfarren).<br />

8 Im Fragebogen wurde an dieser Stelle nach der ungefähren Zahl der Pfarrmitglieder gefragt. Ich habe m<strong>ich</strong> im<br />

nachhinein dazu entschlossen, die von den Pfarren angegeben Zahlen n<strong>ich</strong>t zu verwenden, sondern statt dessen<br />

die exakten Katholikenzahlen des Jahres 2000 der Diözesan-Statistik herzunehmen.


11<br />

Abb.3<br />

Pfarrgröße<br />

über8000<br />

7000bis8000<br />

6000bis7000<br />

5000bis6000<br />

4000bis5000<br />

3000bis4000<br />

2000bis3000<br />

2%<br />

2%<br />

3%<br />

5%<br />

7%<br />

12%<br />

Fragebogen-Pfarren<br />

Pfarren insgesamt<br />

19%<br />

33%<br />

1000bis2000<br />

500bis1000<br />

bis500<br />

3%<br />

14%<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />

Aus dieser Grafik geht hervor, daß große Pfarren bei den Fragebogen-Pfarren<br />

überdurchschnittl<strong>ich</strong> repräsentiert sind, kleine Pfarren (bis zu einer Pfarrgröße von 1000<br />

Katholiken) dementsprechend weniger. Ein Drittel der Pfarren hat eine Katholikenzahl von<br />

zwischen 1000 und 2000, zwei Drittel der Fragebogen-Pfarren haben eine Katholikenzahl von<br />

zwischen 500 und 3000.<br />

Der Durchschnittswert der Katholikenzahl der Fragebogenpfarren beträgt 2700. Dieser Wert<br />

we<strong>ich</strong>t nur geringfügig vom Durchschnittswert aller oberösterre<strong>ich</strong>ischen Pfarren ab, welcher<br />

2217 beträgt.<br />

2.2. Sammlungsform<br />

In welcher Form wurde die Haussammlung 2000 in den einzelnen Pfarren durchgeführt? Zur<br />

Beantwortung dieser Frage wurden die Pfarren gebeten, aus vorgegebenen Sammlungsformen<br />

diejenige anzukreuzen, die für ihre Pfarre zutrifft. Falls in einer Pfarre mehrere Arten der<br />

Sammlung zur Anwendung kamen, sollte nur diejenige Form angekreuzt werden, die in der<br />

Praxis das größte Gew<strong>ich</strong>t hat. In Abbildung 4 ist das Ergebnis zusammengefaßt.


12<br />

Abb.4<br />

Sammlungsform<br />

11%<br />

9%<br />

80%<br />

persönl<strong>ich</strong><br />

Zahlschein<br />

Kirchensammlung<br />

181 Pfarren (80 %) führen die Haussammlung als von-Tür-zu-Tür-Sammlung durch. 24<br />

Pfarren (11%) gestalten sie als Zahlschein-Sammlung und 19 (9%) als Kirchensammlung.<br />

Von jenen, die per Erlagschein sammeln, machen das 5 mittels eigenem Brief (des Pfarrers), 7<br />

durch eine wie auch immer gestaltete Verteilung von Erlagscheinen und 17 mittels Pfarrblatt.<br />

Eine Pfarre schließl<strong>ich</strong> führt eine sonstige Form der Haussammlung durch, indem sie<br />

Sammelsäckchen in den Haushalten verteilt, die dann gefüllt in der Kirche abgegeben werden<br />

(sollen).<br />

2.2.1. Gründe für n<strong>ich</strong>t-persönl<strong>ich</strong>e Formen der Sammlung<br />

44 Pfarren (20% der insgesamt 225) führen die Haussammlung primär n<strong>ich</strong>t persönl<strong>ich</strong> durch.<br />

Ich bat die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en, ihre Gründe dafür anzugeben 9 .<br />

Abb.5<br />

Gründe für n<strong>ich</strong>t-persönl<strong>ich</strong>e Formen der Haussammlung<br />

Pfarrgebiet zu<br />

groß<br />

Sammlung nur<br />

alle 2 Jahre<br />

Beschluß<br />

1<br />

1<br />

2<br />

Erre<strong>ich</strong>barkeit<br />

2<br />

Tradition<br />

keine<br />

SammlerInnen<br />

keine Angabe<br />

1<br />

17<br />

20<br />

0 5 10 15 20 25<br />

Zahl der Nennungen<br />

9 Bei der Frage „Bitte geben Sie die Gründe an, warum auf die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung verz<strong>ich</strong>tet wurde“ waren<br />

keine Antworten vorgegeben. Die angeführten Antwortgruppen wurden aus den Aussagen der Pfarren gebildet.


13<br />

20 Pfarren (das sind 45% dieser Pfarren) begründeten den Verz<strong>ich</strong>t auf die persönl<strong>ich</strong>e<br />

Sammlung mit der Tradition: „das war schon immer so“...<br />

17 Pfarren (39%) gaben den Mangel an SammlerInnen als Grund an: „Nach dem ,Aussterben’<br />

der alten SammlerInnen kamen zu wenige nach“ bzw. „wir haben für den Besuch zu wenig<br />

SammlerInnen“.<br />

Zwei Pfarren verwiesen auf einen dementsprechenden Beschluß des Pfarrgemeinderates (z.B.:<br />

„Der Pfarrgemeinderat hat im Jahre 1994 beschlossen, die Haussammlung mittels Zahlschein<br />

durchzuführen“). Zwei weitere Pfarren nannten die schwere Erre<strong>ich</strong>barkeit als Grund: Das<br />

Sammeln wäre immer mühsamer geworden, weil kaum mehr jemand zuhause anzutreffen<br />

gewesen wäre.<br />

Die Begründungen der restl<strong>ich</strong>en 2 Pfarren lauten folgendermaßen: Eine Pfarre führt die<br />

Caritas-Haussammlung nur jedes 2. Jahr durch, näml<strong>ich</strong> abwechselnd mit der von der KFB<br />

getragenen Sammlung zum Familienfasttag (die ebenfalls von-Haus-zu-Haus stattfindet) –<br />

und eine Pfarre schließl<strong>ich</strong> nennt die Größe ihres Pfarrgebietes als Grund („praktisch<br />

unmögl<strong>ich</strong> bei ca. 5.500 Haushalten“).<br />

Um die Begründungen der Pfarren ein wenig anschaul<strong>ich</strong>er zu machen, seien hier ein paar der<br />

Aussagen zu diesem Thema zitiert:<br />

„Die Caritas-Sammlung wurde in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten nie als Haussammlung<br />

durchgeführt. Zur Zeit ist n<strong>ich</strong>t beabs<strong>ich</strong>tigt, diese Form der Sammlung zu wählen. In der<br />

nächsten Zeit wird eine Haussammlung für die Pfarrheimrenovierung notwendig werden –<br />

daher wäre jetzt kein günstiger Zeitpunkt, auch die Caritas-Sammlung als Haussammlung<br />

durchzuführen.“<br />

„Da in der Pfarre noch jeder jeden kennt und der Anteil der Kirchenbesucher noch sehr hoch<br />

ist, hat s<strong>ich</strong> die Kirchensammlung in unserer Pfarre sehr bewährt.“<br />

„In unserer Pfarre wird seit mehr als 30 Jahren diese Sammlung immer in Form einer<br />

Kirchensammlung durchgeführt. Die Gründe sind n<strong>ich</strong>t ganz genau eruierbar, aber lauten etwa<br />

so: Als früher noch mit einer Liste gesammelt wurde, gab niemand einen größeren Betrag, es<br />

gab teilweise böse Worte usw., so daß niemand von Haus zu Haus gehen wollte. Das Ergebnis<br />

der Kirchensammlung war aufgrund größerer Einzelspenden sogar besser. So sind wir bis jetzt<br />

bei dieser Form geblieben. Die 14 Mitglieder des Fachausschusses für Caritas im<br />

Pfarrgemeinderat führen die Sammlung wie zu St. Elisabeth bei den Kirchentüren durch. Sie<br />

kümmern s<strong>ich</strong> auch um die Meßgestaltung am Sonntag der Sammlung. Es wurde im<br />

Fachausschuß die Sammlung von Haus zu Haus wohl schon wieder einmal überlegt. Aber es<br />

gab viele Bedenken und es kam daher n<strong>ich</strong>t zur Durchführung.“<br />

„Sammler sind teilweise zu alt oder bereits verstorben. Neue Sammler waren n<strong>ich</strong>t zu finden.<br />

(trotz intensiver Motivation). Häuser oft verschlossen, Kontakt n<strong>ich</strong>t mögl<strong>ich</strong>. Pfarrblatt-<br />

Sammlung kam bei den Leuten gut an. – und das seit mindestens 15 Jahren. Kein Bedarf,<br />

daran et<strong>was</strong> zu ändern.“<br />

„Die früheren SammlerInnen haben altersbedingt aufgehört. Durch die vermehrte<br />

Berufstätigkeit der Frauen war die Bereitschaft sehr eingeschränkt. Auch im ländl<strong>ich</strong>en<br />

Bere<strong>ich</strong> kann tagsüber in vielen Haushalten niemand angetroffen werden, die<br />

Sammlertätigkeit könnte nur abends durchgeführt werden. Vielen ist es unangenehm, ,betteln<br />

zu gehen’.“


14<br />

Neben den Erklärungen, warum die Sammlung n<strong>ich</strong>t persönl<strong>ich</strong> durchgeführt wird, tritt in<br />

diesen Äußerungen auch zutage, daß es n<strong>ich</strong>t unbedingt ein Malheur sein muß, auf andere Art<br />

und Weise zu sammeln bzw. sammeln zu müssen 10 .<br />

Ein Zusammenhang zwischen Region und Gründen für n<strong>ich</strong>t-persönl<strong>ich</strong>e Formen der<br />

Sammlung besteht n<strong>ich</strong>t, d. h. ländl<strong>ich</strong>e Pfarren haben keine signifikant anderen Gründe als<br />

städtische Pfarren.<br />

2.2.2. Zusammenhang zwischen Sammlungsform und Region<br />

Ein Zusammenhang zwischen Region und Sammlungsform konnte statistisch bestätigt<br />

werden 11 . Die diesbezügl<strong>ich</strong>e Verteilung ist in Abbildung 6 abzulesen.<br />

Abb.6<br />

Verteilung der Sammlungsformen nach Region<br />

84%<br />

66% 81%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

ländl<strong>ich</strong><br />

städtisch<br />

dazwischen<br />

Pfarren<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

34%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

5%<br />

11% 11%<br />

0<br />

8%<br />

0%<br />

persönl<strong>ich</strong> Erlagschein Kirchensammlung<br />

Den Hauptanteil nimmt in allen 3 Regionstypen die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung ein. 16% der<br />

ländl<strong>ich</strong>en, 34% der städtischen und 19% der „dazwischen“-Pfarren führen die<br />

Haussammlung in einer anderen Form durch. Die städtischen Pfarren haben im Vergle<strong>ich</strong> zu<br />

den anderen Regions-Typen den höchsten Anteil an n<strong>ich</strong>t-persönl<strong>ich</strong>en Formen der<br />

Sammlung.<br />

Die städtischen Pfarren haben als Alternative zur persönl<strong>ich</strong>en Sammlung ausnahmslos die<br />

Sammlung mittels Erlagschein gewählt. Die ländl<strong>ich</strong>en Pfarren wählten als Alternative<br />

überwiegend die Kirchensammlung. Bei den „dazwischen“-Pfarren nehmen beide Formen in<br />

etwa den gle<strong>ich</strong>en Raum ein.<br />

10 Wie die Pfarren, die die Haussammlung n<strong>ich</strong>t persönl<strong>ich</strong> durchführen, zu diesem Thema stehen, wird näher<br />

noch in Kap.3.13. behandelt.<br />

11<br />

Kein signifikanter Zusammenhang besteht zwischen Engagement und Sammlungsform und zwischen<br />

Pfarrgröße und Sammlungsform.


15<br />

2.3. Wie viele HaussammlerInnen sind in den Pfarren unterwegs?<br />

In den 225 Pfarren, die uns zurückgeschrieben haben, waren im Jahr 2000 insgesamt 5752<br />

SammlerInnen unterwegs. Den größten Anteil bilden Frauen, näml<strong>ich</strong> 4805 bzw. 83%<br />

gegenüber 968 Männern (17%).<br />

Abb.7<br />

Verteilung nach Geschlecht<br />

Männer<br />

17%<br />

Frauen<br />

83%<br />

Wie hoch die Anzahl der SammlerInnen in den einzelnen Pfarren ist, zeigt das nächste<br />

Diagramm. (Lesebeispiel: 2% der Pfarren haben über 100 SammlerInnen, 11% der Pfarren<br />

haben weniger als 10 SammlerInnen).<br />

Abb.8<br />

Zahl der SammlerInnen pro Pfarre<br />

über 100<br />

80 bis 100<br />

70 bis 80<br />

60 bis 70<br />

50 bis 60<br />

40 bis 50<br />

30 bis 40<br />

20 bis 30<br />

10 bis 20<br />

unter 10<br />

2%<br />

2%<br />

2%<br />

4%<br />

5%<br />

10%<br />

14%<br />

11%<br />

23%<br />

27%<br />

0% 10% 20% 30%<br />

Die Hälfte der Pfarren mit persönl<strong>ich</strong>er Sammlung hat eine Sammleranzahl von zwischen 10<br />

und 30.<br />

85 % der Pfarren haben eine Sammleranzahl bis 50, 15 % eine Sammleranzahl über 50.<br />

Die durchschnittl<strong>ich</strong>e Sammleranzahl beträgt 32. Der kleinste Wert, der hier angegeben<br />

wurde, beträgt 4, der höchste Wert 168 SammlerInnen.


16<br />

2.3.1. Verteilung der Sammleranzahl nach Region<br />

Haben nun die ländl<strong>ich</strong>en Pfarren eine andere Sammleranzahl als z.B. städtische? Abbildung<br />

9 zeigt die Verteilung der Sammleranzahl innerhalb der einzelnen Regions-Typen. Die<br />

Prozentangaben sagen aus, welchen Anteil die einzelnen Sammleranzahl-Gruppen in<br />

ländl<strong>ich</strong>en, städtischen und dazwischen liegenden Pfarren einnehmen. Z.B.: 33% der<br />

ländl<strong>ich</strong>en Pfarren haben eine Sammleranzahl von zwischen 10 und 20; 27 % der städtischen<br />

Pfarren haben eine Sammleranzahl von zwischen 40 und 50.<br />

Abb.9<br />

Zahl der SammlerInnen pro Pfarre verteilt nach<br />

Region<br />

0%<br />

über 100<br />

1%<br />

8%<br />

0%<br />

80 bis 100<br />

70 bis 80<br />

0%<br />

60 bis 70<br />

2%<br />

3%<br />

1%<br />

8%<br />

8%<br />

6%<br />

11%<br />

dazwischen<br />

städtisch<br />

ländl<strong>ich</strong><br />

50 bis 60 0%<br />

3%<br />

17%<br />

40 bis 50<br />

6%<br />

13%<br />

27%<br />

30 bis 40<br />

20 bis 30<br />

8%<br />

17%<br />

15%<br />

13%<br />

17%<br />

28%<br />

10 bis 20<br />

17%<br />

15%<br />

33%<br />

unter 10 0%<br />

10%<br />

13%<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />

Städtische Pfarren haben demnach im Schnitt eine höhere Sammleranzahl als ländl<strong>ich</strong>e. 42 %<br />

der städtischen Pfarren haben eine Sammleranzahl zwischen 30 und 50. Die durchschnittl<strong>ich</strong>e<br />

Sammlerzahl pro Pfarrgemeinde beträgt 40.<br />

Beinahe ¾ der ländl<strong>ich</strong>en Pfarren (74%) haben eine Sammleranzahl unter 30. Über 50<br />

SammlerInnen haben nur 7% der ländl<strong>ich</strong>en Pfarren. Die durchschnittl<strong>ich</strong>e Sammlerzahl pro<br />

Pfarrgemeinde beträgt hier 21.<br />

Die regional n<strong>ich</strong>t eindeutig zuordenbaren Pfarren liegen auch in bezug auf die<br />

Sammleranzahl „dazwischen“. Die durchschnittl<strong>ich</strong>e Sammlerzahl pro Pfarrgemeinde beträgt<br />

29.


17<br />

2.4. Alter und berufl<strong>ich</strong>e Situation der SammlerInnen<br />

Das Alter der SammlerInnen ist wie folgt verteilt (Abb. 10).<br />

Abb.10<br />

Alter der SammlerInnen<br />

Senioren<br />

8%<br />

40%<br />

48%<br />

mittleres Alter<br />

8%<br />

42%<br />

50%<br />

junge<br />

Erwachsene<br />

jugendl<strong>ich</strong><br />

2%<br />

1,5%<br />

0,5%<br />

0,5%<br />

Anzahl der Personen<br />

davon weibl<strong>ich</strong><br />

davon männl<strong>ich</strong><br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%<br />

„Jugendl<strong>ich</strong>“ meint dabei Personen im Alter bis 20 Jahren, „junge Erwachsene“ Personen<br />

zwischen 21 und 30 Jahren, „Erwachsene mittleren Alters“ Personen von 31 bis 60 Jahren und<br />

schließl<strong>ich</strong> „Senioren“ Personen, die über 60 Jahre alt sind.<br />

Im Pensionsalter sind demnach 48%, im mittleren Alter 50% der SammlerInnen. In allen<br />

Altersgruppen nehmen Frauen den weit überwiegenden Teil ein.<br />

Die Beschreibung der berufl<strong>ich</strong>en Situation der SammlerInnen erfolgt in den Kategorien „in<br />

Ausbildung“, „vollzeit-erwerbstätig“, „Hausfrau/Hausmann“, „teilzeit-erwerbstätig“, „in<br />

Landwirtschaft tätig“ und „in Pension“. Abbildung 11 zeigt die Verteilung dieser Kategorien.<br />

Abb.11<br />

Beruf der SammlerInnen<br />

Pension<br />

8%<br />

35%<br />

43%<br />

Landw.<br />

Teilzeit-E.<br />

Hausfrau<br />

Vollzeit-E.<br />

Ausbildung<br />

2%<br />

0,5%<br />

10%<br />

8%<br />

9%<br />

9%<br />

13%<br />

6% 7%<br />

24%<br />

24%<br />

Anzahl der<br />

Personen<br />

davon<br />

weibl<strong>ich</strong><br />

davon<br />

männl<strong>ich</strong><br />

0% 10% 20% 30% 40% 50%


18<br />

Den Hauptanteil machen hier mit 43% die PensionistInnen aus, gefolgt von 24% Hausfrauen,<br />

12% Vollzeit-Erwerbstätigen, 10% BäuerInnen und 9% Teilzeit-Erwerbstätigen 12 .<br />

2.5. Wie geht das Anwerben von neuen SammlerInnen vor s<strong>ich</strong>?<br />

Abbildung 12 veranschaul<strong>ich</strong>t, welche Formen des Anwerbens von neuen SammlerInnen in<br />

den einzelnen Pfarren praktiziert werden. Hier waren Mehrfachangaben mögl<strong>ich</strong>.<br />

Abb.12<br />

Form des Anwerbens<br />

sonstiges<br />

5%<br />

Anzahl der Pfarren<br />

Verlautbarung in der Messe<br />

29%<br />

Ausschreibung im Pfarrblatt o.ä.<br />

17%<br />

persönl<strong>ich</strong>es Ansprechen<br />

95%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Von den 183 Pfarren, die hier Angaben gemacht haben, nannten 95% das persönl<strong>ich</strong>e<br />

Ansprechen, 29% (zusätzl<strong>ich</strong>) die Verlautbarung in der Messe und 17% (zusätzl<strong>ich</strong>) die<br />

Ausschreibung im Pfarrblatt oder ähnl<strong>ich</strong>en Medien. Es war nur in 3 Fällen so, daß<br />

Verlautbarung und Ausschreibung ohne gle<strong>ich</strong>zeitiger Angabe des persönl<strong>ich</strong>en Ansprechens<br />

als Anwerbungsform genannt wurden. Das heißt, das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen nimmt mit<br />

Abstand den größten Raum beim Anwerben von neuen SammlerInnen ein.<br />

Unter die Kategorie „sonstiges“ fallen folgende Aussagen: PGR-Mitglieder gehen sammeln (9<br />

Nennungen), KFB sammelt (1 Nennung), SprengelmitarbeiterInnen sammeln (2 Nennungen),<br />

Anwerbung über pfarrl<strong>ich</strong>e Runden (2 Nennungen) und SammlerInnen suchen selbst<br />

NachfolgerInnen (4 Nennungen).<br />

12 Zum Vergle<strong>ich</strong>: Eine 1999 durchgeführte Befragung unter den Ehrenamtl<strong>ich</strong>en der Caritas Linz brachte<br />

folgende Ergebnisse: Unter den Freiwilligen und Ehrenamtl<strong>ich</strong>en waren 75% Frauen und 25% Männer. Das<br />

Durchschnittsalter lag bei 55 Jahren. 28% der Ehrenamtl<strong>ich</strong>en waren berufstätig, 27% beze<strong>ich</strong>neten s<strong>ich</strong> als n<strong>ich</strong>t<br />

erwerbstätige Hausfrauen/-männer und 42% waren zum Zeitpunkt der Befragung bereits in Pension (die<br />

restl<strong>ich</strong>en 3% gaben an, ohne Beschäftigung zu sein). (vgl. Weng, 2000, S. 9ff.).<br />

Auch Karin Beher u.a. stellen fest, daß generell der N<strong>ich</strong>t-Erwerbstätigen-Status unter den ehrenamtl<strong>ich</strong> tätigen<br />

Frauen dominiert. Es seien vor allem Hausfrauen, die für ein Ehrenamt zur Verfügung stehen, gefolgt von<br />

Rentnerinnen (vgl. Beher u.a., 2000, S. 203).<br />

Nach einer Umfrage der <strong>Katholisch</strong>en Frauengemeinschaft Deutschlands aus dem Jahre 1991 ist die typische<br />

kirchl<strong>ich</strong>e Mitarbeiterin „eine verheiratete Frau mittleren Alters aus dem Mittelstand“ (Spölgen, 1984, S. 133,<br />

zitiert nach Born, 1995, S. 63). Die im sozialen Engagement tätigen Frauen sind dabei durchwegs älter als die in<br />

anderen Bere<strong>ich</strong>en arbeitenden Frauen, näml<strong>ich</strong> zumeist älter als 50 Jahre. Bei den Mitarbeiterinnen im<br />

Besuchsdienst sind gar 83% über 60 Jahre alt.


19<br />

2.5.1. Anwerbungsformen in Zusammenhang mit anderen Größen<br />

Ein Zusammenhang zwischen Region und Form der Anwerbung konnte nur in einem Fall<br />

gefunden werden, und zwar beim „Verlautbaren in der Messe“. Die Hälfte der städtischen<br />

Pfarren, aber nur ein Viertel der ländl<strong>ich</strong>en und n<strong>ich</strong>t zuordenbaren Pfarren geben hier an, daß<br />

sie diese Form praktizieren. Wie läßt s<strong>ich</strong> das erklären? Wie wir noch sehen werden, haben<br />

städtische Pfarren größere Schwierigkeiten, neue SammlerInnen zu finden, als Pfarren anderer<br />

Regionalität. Es mag sein, daß aus diesem Grund alle Anwerbungsformen ausgeschöpft<br />

werden, auch wenn sie wenig erfolgversprechend sind (siehe Kap. 2.5.2.).<br />

Im folgenden Diagramm (Abb.13) sind die Anwerbungsformen in bezug auf die Pfarrgröße<br />

dargestellt. Es gibt Aufschluß darüber, welchen Anteil die verschiedenen Anwerbungsformen<br />

in den einzelnen Pfarrgrößen-Gruppen einnehmen.<br />

Abb.13<br />

Anwerbungsformen verteilt nach Pfarrgröße<br />

über 8000<br />

7000 bis 8000<br />

6000 bis 7000<br />

5000 bis 6000<br />

4000 bis 5000<br />

3000 bis 4000<br />

2000 bis 3000<br />

1000 bis 2000<br />

500 bis 1000<br />

bis 500<br />

44%<br />

23%<br />

33%<br />

12%<br />

25%<br />

11%<br />

22%<br />

44%<br />

24%<br />

32%<br />

18%<br />

23%<br />

16%<br />

22%<br />

9%<br />

16%<br />

9%<br />

15%<br />

4%<br />

18%<br />

63%<br />

67%<br />

59%<br />

62%<br />

75%<br />

76%<br />

78%<br />

Ansprechen<br />

Ausschreibung<br />

Verlautbarung<br />

100%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Das persönl<strong>ich</strong>es Ansprechen nimmt in allen Gruppen den größten Raum ein. Die kleinsten<br />

Pfarren geben jeweils nur das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen als Anwerbungsform an. Je größer die<br />

Pfarren, desto mehr verliert das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen an Gew<strong>ich</strong>t in Relation zu anderen<br />

Anwerbungsformen.<br />

Das Verlautbaren in der Messe hat in allen Pfarren mehr Gew<strong>ich</strong>t als das Ausschreiben.<br />

Ähnl<strong>ich</strong> wie das Ausschreiben in pfarrl<strong>ich</strong>en Medien steigt es mit zunehmender Pfarrgröße.


20<br />

2.5.2. Erfolg der verschiedenen Anwerbungsformen<br />

Abbildung 14 zeigt den Erfolg der verschiedenen Anwerbungsformen.<br />

Abb.14<br />

Erfolg der verschiedenen Anwerbungsformen<br />

sehr<br />

erfolgre<strong>ich</strong><br />

mittelmäßig<br />

erfolgre<strong>ich</strong><br />

4%<br />

7%<br />

11%<br />

41%<br />

48%<br />

persönl<strong>ich</strong>es<br />

Ansprechen<br />

Ausschreibung<br />

wenig<br />

erfolgre<strong>ich</strong><br />

6%<br />

22%<br />

21%<br />

Verlautbarung<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%<br />

Die höchste Erfolgsrate wird dem persönl<strong>ich</strong>en Ansprechen beschieden. 41% der 179 Pfarren,<br />

die zu diesem Thema Angaben gemacht haben, sagen, das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen sei sehr<br />

erfolgre<strong>ich</strong>, 48% sagen, es sei mittelmäßig erfolgre<strong>ich</strong>. Als wenig erfolgre<strong>ich</strong> stufen 6% der<br />

Pfarren das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen ein.<br />

Das Ausschreiben wird in keinem Fall als sehr erfolgre<strong>ich</strong> beurteilt. 7% beze<strong>ich</strong>nen es als<br />

mittelmäßig erfolgre<strong>ich</strong>, 22% als wenig erfolgre<strong>ich</strong>.<br />

Das Verlautbaren schneidet ein wenig besser ab als das Ausschreiben. 4% sagen, es sei sehr<br />

erfolgre<strong>ich</strong>, 11% beurteilen es als mittelmäßig erfolgre<strong>ich</strong>, 21% als wenig erfolgre<strong>ich</strong>. (Unter<br />

denen, die dem Verlautbaren großen Erfolg bescheiden, finden s<strong>ich</strong> im übrigen keine<br />

städtischen Pfarren – obwohl ja die Hälfte der städtischen Pfarren diese Anwerbungsform<br />

praktiziert. Dies untermauert die Vermutung von Kapitel 2.5.1., wonach es weniger die<br />

Erfolgsrate sein dürfte, die städtische Pfarren zu dieser Form der Anwerbung greifen läßt, als<br />

vielmehr die Dimension des Problems.<br />

2.5.3. Mit welchen Begründungen wird der Sammlerdienst abgelehnt?<br />

Wie begründen Personen, die gefragt worden sind, ob sie als SammlerInnen bei der<br />

Haussammlung mitwirken würden, ihre Absagen? Welche Gründe wurden wie oft genannt?<br />

173 Pfarren beantworteten diesen Themenkomplex. Die diesbezügl<strong>ich</strong>e Verteilung sehen Sie<br />

in Abbildung 15. (Die Zahlenangaben beziehen s<strong>ich</strong> auf die Zahl der Nennungen).


21<br />

Abb.15<br />

Begründungen<br />

0 20 40 60 80 100<br />

„Ich habe keine Zeit“<br />

13<br />

38<br />

89<br />

<strong>„Bei</strong> <strong>was</strong> <strong>anderem</strong> <strong>helf</strong> <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e, aber<br />

sammeln gehen will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t“<br />

7<br />

63<br />

81<br />

„Mir ist es unangenehm, betteln zu gehen“<br />

19<br />

49<br />

73<br />

„Ich lehne diese Form der Sammlung<br />

prinzipiell ab“<br />

1<br />

21<br />

89<br />

„Ich bin schon einmal sammeln gegangen und<br />

habe schlechte Erfahrungen damit gemacht“<br />

10<br />

37<br />

75<br />

„Mit dem Geld der Haussammlung wird nur<br />

Leuten geholfen, die n<strong>ich</strong>t arbeiten wollen“<br />

7<br />

50<br />

59<br />

oft manchmal nie<br />

sonstiges<br />

0<br />

0<br />

9<br />

Die Aussage mit den meisten „oft“-Nennungen lautet: <strong>„Bei</strong> <strong>was</strong> <strong>anderem</strong> <strong>helf</strong> <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e, aber<br />

sammeln gehen will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t“ (36% der Pfarren geben das an). Das Zeitmangel-Argument ist<br />

jenes mit den häufigsten „manchmal“-Nennungen (51%). Die meisten „nie“-Nennungen hat<br />

die Aussage „Ich lehne diese Form der Sammlung prinzipiell ab“ (auch 51%).<br />

Unter der Kategorie „sonstiges“ wurden folgende Begründungen angegeben:<br />

„Jeder sieht, <strong>was</strong> der andere hergibt“<br />

„Für die Caritas sammle <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t“<br />

„Mein Partner will es n<strong>ich</strong>t“ bzw. „Rücks<strong>ich</strong>t auf den Mann“<br />

„Mir wurde auch n<strong>ich</strong>t geholfen“ bzw. „mir hilft auch niemand“<br />

„Ich zahle 1000 Schilling und erspare mir dadurch das Sammeln"<br />

„Es fließt zu viel in die Verantwortl<strong>ich</strong>en“<br />

„Keine Einwände, weil vorher schon überlegt wird, wer angesprochen werden kann“.<br />

Um die Relevanz der Begründungen zu veranschaul<strong>ich</strong>en, mache <strong>ich</strong> nun eine<br />

Rechenoperation, näml<strong>ich</strong>: „oft“-Nennungen plus die Hälfte der „manchmal“-Nennungen 13<br />

minus „nie“-Nennungen, und das für jede Aussage (also z.B. für das Zeitmangel-Argument:<br />

38 + 89/2 – 13). Wenn man die daraus s<strong>ich</strong> ergebenden Werte nach ihrer Größe skaliert,<br />

ergibt s<strong>ich</strong> diese Rangfolge:<br />

1. <strong>„Bei</strong> <strong>was</strong> <strong>anderem</strong> <strong>helf</strong> <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e, aber sammeln gehen will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t“ (97)<br />

2. „Ich habe keine Zeit“ (70)<br />

3. „Mir ist es unangenehm, betteln zu gehen“ (67)<br />

13 Die Hälfte deswegen, weil „manchmal“ eben weniger ist als „oft“, aber natürl<strong>ich</strong> mehr als „nie“.


22<br />

4. „Ich bin schon einmal sammeln gegangen und habe schlechte Erfahrungen damit<br />

gemacht“ (11)<br />

5. „Mit dem Geld der Haussammlung wird nur Leuten geholfen, die n<strong>ich</strong>t arbeiten<br />

wollen“ (-13)<br />

6. „Ich lehne diese Form der Sammlung prinzipiell ab“ (-77)<br />

Das heißt, Begründungen, in denen der Sammlerdienst mit et<strong>was</strong> Unangenehmen assoziiert<br />

wird, nehmen das meiste Gew<strong>ich</strong>t ein (Aussage 1 und 3: <strong>„Bei</strong> <strong>was</strong> <strong>anderem</strong> <strong>helf</strong> <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e,...“<br />

und „...unangenehm, betteln zu gehen“). Einen großen Stellenwert hat dieser Bewertung nach<br />

auch das Zeitmangel-Argument (vgl. dazu Kap.3.7.), die schlechten Erfahrungen beim<br />

Haussammeln spielen kaum eine Rolle. Die beiden letzten Begründungen haben Minus-<br />

Werte. Hier läßt die große Anzahl an „nie“-Nennungen den Schluß zu, daß sie so gut wie gar<br />

n<strong>ich</strong>t relevant sind.<br />

2.6. Wie hoch ist der Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen?<br />

In den Pfarren, die die Haussammlung persönl<strong>ich</strong> durchführen, fehlten im Jahr 2000<br />

insgesamt 572 Sammlerinnen, um die von Haus-zu-Haus-Sammlung gut und flächendeckend<br />

organisieren zu können bzw. um einzelne Ehrenamtl<strong>ich</strong>e n<strong>ich</strong>t überzubelasten.<br />

Die Frage nach dem Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen beantworteten 178 dieser Pfarren.<br />

Davon gab die Mehrzahl (näml<strong>ich</strong> 105 Pfarren bzw. 58%) keinen Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en<br />

SammlerInnen an. Wie hoch der Bedarf in den einzelnen Pfarren konkret ist, zeigt die<br />

folgende Grafik:<br />

Abb.16<br />

Wieviele SammlerInnen fehlen?<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

105<br />

20 24<br />

15 9 3 2<br />

fehlende SammlerInnen<br />

keine<br />

1bis2<br />

3bis5<br />

6bis10<br />

11bis20<br />

21bis30<br />

31bis40<br />

5 Pfarren (ca. 3 %) haben einen Mangel von 21 bis 40 SammlerInnen, 9 Pfarren (5 %) einen<br />

Mangel von 11 bis 20 SammlerInnen und 59 Pfarren (33 %) einen Mangel von 1 bis 10<br />

SammlerInnen (wobei in die Gruppe von „1 bis 5 fehlenden SammlerInnen“ schon allein 44<br />

Pfarren bzw. 25 % fallen).<br />

Das heißt, der Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen scheint insgesamt eher gering. Daß das<br />

aber keineswegs das Problemausmaß relativiert, sondern wohl eher auf die umfangre<strong>ich</strong>en<br />

Bemühungen der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en zurückzuführen ist, zeigt Kapitel 2.7..


23<br />

2.6.1. Bedarf an SammlerInnen verteilt nach Region<br />

Ein Unterschied in der Anzahl der fehlenden SammlerInnen je nach dem, welcher Region<br />

eine Pfarre zuzuordnen ist, konnte empirisch bestätigt werden. Die Art dieses<br />

Zusammenhangs ist in Abbildung 17 abzulesen. (Die Prozentangaben sind auf die<br />

verschiedenen Regionstypen bezogen, das heißt z.B.: 9% der städtischen Pfarren fehlen<br />

zwischen 31 und 40 SammlerInnen).<br />

Abb.17<br />

Anzahl der fehlenden Sammler verteilt nach Region<br />

31 bis 40<br />

21 bis 30<br />

11 bis 20<br />

9%<br />

9%<br />

3%<br />

1%<br />

17%<br />

10%<br />

ländl<strong>ich</strong><br />

städtisch<br />

dazwischen<br />

6 bis 10<br />

5%<br />

13%<br />

21%<br />

3 bis 5<br />

1 bis 2<br />

10%<br />

13%<br />

13%<br />

4%<br />

10%<br />

28%<br />

keine<br />

35%<br />

28%<br />

71%<br />

0% 20% 40% 60% 80%<br />

71% der ländl<strong>ich</strong>en Pfarren haben keinen Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en Sammlerinnen. 23% fehlen<br />

bis zu 5 SammlerInnen. Das heißt, wenn überhaupt, dann ist der Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en<br />

SammlerInnen in ländl<strong>ich</strong>en Pfarren eher gering (zumeist unter 10).<br />

Den städtischen Pfarren fehlen im Schnitt mehr SammlerInnen als ländl<strong>ich</strong>en Pfarren. 35%<br />

haben einen Bedarf von 20 bis 40 zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen.<br />

Die „dazwischen“-Pfarren nehmen hier eine Zwischenposition ein. Fast der Hälfte (49%)<br />

fehlen zwischen 3 und 10 SammlerInnen.<br />

2.6.2. Bedarf an SammlerInnen verteilt nach Pfarrgröße<br />

Ein Zusammenhang zwischen Anzahl an fehlenden SammlerInnen und Pfarrgröße konnte<br />

ebenfalls bestätigt werden. Abbildung 18 veranschaul<strong>ich</strong>t die diesbezügl<strong>ich</strong>e Verteilung. (Die<br />

Prozentwerte beziehen s<strong>ich</strong> hier auf die einzelnen Pfarrgrößen. Lesebeispiel: 20% der Pfarren<br />

bis 500 Katholiken haben einen Bedarf von 1 bis 2 zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen).


24<br />

Abb.18<br />

Fehlende Sammler verteilt nach Pfarrgröße<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

keine<br />

1 bis 2<br />

3 bis 5<br />

6 bis 10<br />

11 bis 20<br />

21 bis 30<br />

31 bis 40<br />

0%<br />

bis 500 500 bis<br />

1000<br />

1000<br />

bis<br />

2000<br />

2000<br />

bis<br />

3000<br />

3000<br />

bis<br />

4000<br />

4000<br />

bis<br />

5000<br />

5000<br />

bis<br />

6000<br />

6000<br />

bis<br />

7000<br />

7000<br />

bis<br />

8000<br />

über<br />

8000<br />

In den Pfarren unter 500 Katholiken gaben 80% keinen Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen<br />

an, 20% einen Bedarf an 1 bis 2 SammlerInnen. In den Pfarren über 8000 Katholiken gaben<br />

75% an, daß ihnen 11 bis 20 Sammler fehlen, 22 % gaben an, daß ihnen 31 bis 40 Sammler<br />

fehlen. Die Anzahl der fehlenden SammlerInnen steigt also tendenziell mit der Pfarrgröße.<br />

2.7. Wie beurteilen die Pfarren den Schweregrad dieser Problematik?<br />

Die Antworten in bezug auf das Ausmaß des Problems, neue SammlerInnen zu finden, sehen<br />

Sie in Abbildung 19 zusammengefaßt.<br />

Abb.19<br />

Problemausmaß<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

52%<br />

30%<br />

23%<br />

18%<br />

20%<br />

10%<br />

6%<br />

1%<br />

0%<br />

In unserer Pfarre stellt s<strong>ich</strong> dieses Problem n<strong>ich</strong>t. Wir haben Anzahl genügend der Pfarren SammlerInnen.<br />

Wir finden sehr schnell neue SammlerInnen.<br />

Es ist mühsam, neue SammlerInnen zu finden, aber letztendl<strong>ich</strong> schaffen wir es doch immer wiede<br />

Es gelingt uns kaum, neue Sammlerinnen zu gewinnen.<br />

sonstiges


25<br />

Die Mehrzahl der Pfarren hat sehr große Probleme, neue SammlerInnen zu finden: Insgesamt<br />

75 % der 195 Pfarren, die zu diesem Thema Angaben gemacht haben, finden es sehr mühsam<br />

bzw. sagen, es gelänge ihnen kaum. Für 24 % stellt s<strong>ich</strong> dieses Problem n<strong>ich</strong>t bzw. n<strong>ich</strong>t in<br />

diesem Ausmaß.<br />

In die Rubrik „Sonstiges“ fallen 1 %, näml<strong>ich</strong> 2 der 195 Pfarren. Die Frage: „Wie würden Sie<br />

in Ihrer Pfarre das Problem, neue SammlerInnen zu finden, beurteilen?“ beantworteten sie<br />

folgendermaßen: „Das Problem ist deswegen eingedämmt, weil alle Straßen, die übrigbleiben,<br />

nehme <strong>ich</strong> zu meinen Gebieten dazu“ und „Der Teil der Pfarre, der n<strong>ich</strong>t durch SammlerInnen<br />

abgedeckt werden kann, bekommt einen Brief des Pfarrers mit Zahlschein und der Bitte um<br />

eine Spende.“ Das heißt, in diesen Pfarren besteht zwar ein Mangel an SammlerInnen, die<br />

Energie wird aber n<strong>ich</strong>t primär in das Suchen von neuen SammlerInnen gesteckt.<br />

2.7.1. Problemausmaß verteilt nach Region<br />

Ein Zusammenhang zwischen Region und Problemausmaß konnte empirisch nachgewiesen<br />

werden. In Abbildung 20 ist das Verhältnis der verschiedenen Schweregrade innerhalb der<br />

einzelnen Regionen dargestellt. (Die Prozentangaben beziehen s<strong>ich</strong> auf die einzelnen<br />

Regionstypen. Lesebeispiel: Für 25% der ländl<strong>ich</strong>en Pfarren stellt s<strong>ich</strong> dieses Problem n<strong>ich</strong>t.)<br />

Abb.20<br />

Problemausmaß verteilt nach Region<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

58%<br />

25%<br />

8%<br />

9%<br />

4%<br />

4%<br />

48%<br />

44%<br />

10%<br />

0<br />

ländl<strong>ich</strong> städtisch dazwischen<br />

59%<br />

31%<br />

In unserer Pfarre stellt s<strong>ich</strong> dieses Problem n<strong>ich</strong>t. Wir haben<br />

genügend SammlerInnen.<br />

Wir finden sehr schnell neue SammlerInnen.<br />

Es ist mühsam, neue SammlerInnen zu finden, aber<br />

letztendl<strong>ich</strong> schaffen wir es doch immer wieder.<br />

Es gelingt uns kaum, neue Sammlerinnen zu gewinnen.<br />

Den größte Anteil bei allen 3 Pfarrtypen nimmt die Aussage „Es ist mühsam, aber letztendl<strong>ich</strong><br />

schaffen wir es doch immer wieder“ ein. Die Aussage: „Es gelingt uns kaum, neue<br />

SammlerInnen zu gewinnen“ nimmt bei städtischen, aber auch bei „dazwischen“-Pfarren<br />

einen verhältnismäßig viel höheren Anteil als bei ländl<strong>ich</strong>en Pfarren ein.


26<br />

Demnach haben städtische Pfarren am meisten unter dem Problem der Sammler-Nachfolge zu<br />

leiden, gefolgt von den regional n<strong>ich</strong>t eindeutig zuordenbaren Pfarren.<br />

2.7.2. Problemausmaß verteilt nach Pfarrgröße<br />

Ein Zusammenhang zwischen Problemausmaß und Pfarrgröße konnte ebenfalls bestätigt<br />

werden. Abbildung 21 zeigt die Verteilung der einzelnen Schweregrade (in Form der<br />

Aussagen) innerhalb der einzelnen Pfarrgrößen. (Lesebeispiel: Für 40% der Pfarren mit einer<br />

Katholikenzahl bis 500 stellt s<strong>ich</strong> dieses Problem n<strong>ich</strong>t, weil sie über genügend SammlerInnen<br />

verfügen.)<br />

Abb.21<br />

Problemausmaß verteilt nach Pfarrgröße<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

bis<br />

500<br />

500<br />

bis<br />

1000<br />

1000<br />

bis<br />

2000<br />

2000<br />

bis<br />

3000<br />

3000<br />

bis<br />

4000<br />

4000<br />

bis<br />

5000<br />

5000<br />

bis<br />

6000<br />

6000<br />

bis<br />

7000<br />

7000<br />

bis<br />

8000<br />

über<br />

8000<br />

genügend<br />

SammlerInne<br />

n<br />

es finden s<strong>ich</strong><br />

schnell neue<br />

mühsam, aber<br />

doch<br />

kaum zu<br />

schaffen<br />

Vereinfacht läßt s<strong>ich</strong> dieses Diagramm so interpretieren: je kleiner die Pfarren, desto geringer<br />

das Problem, je größer die Pfarren, desto größer das Problem. Ab einer Pfarrgröße von 6000<br />

Katholiken sagt keine Pfarre mehr von s<strong>ich</strong>, über genügend SammlerInnen zu verfügen. Daß<br />

s<strong>ich</strong> schnell neue SammlerInnen finden, sagen nur Pfarren in einer Größe von 500 bis 3000<br />

Katholiken. Daß es mühsam sei, neue SammlerInnen zu gewinnen, meint ein Großteil fast<br />

aller Pfarren.<br />

2.8. Welche Art von Unterstützung finden die Pfarren sinnvoll?<br />

Zum Schluß des Fragebogens wurde den Pfarren die Frage gestellt, welche Unterstützung sie<br />

in Hinblick auf das Problem der Sammlernachbesetzung sinnvoll finden. Der erste Teil dieser<br />

Frage bezog s<strong>ich</strong> auf die Unterstützung von seiten des Pfarrers und des Pfarrgemeinderates,<br />

der zweite auf die Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas.


27<br />

2.8.1. Unterstützung von seiten des Pfarrers/Pfarrgemeinderates<br />

129 Pfarren gaben hier ihre Anregungen und Vorschläge wieder. Die Antworten waren sehr<br />

re<strong>ich</strong>haltig und vielfältig. Im folgenden sehen Sie den Versuch, diese Antworten<br />

zusammenzufassen (daneben die absolute Zahl der Nennungen) 14 .<br />

Unterstützung von seiten des Pfarrers/Pfarrgemeinderates<br />

Anzahl der Nennungen<br />

1. Aufmerksam-Machen in Kirche/Pfarrblatt xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 25<br />

2. Gottesdienstgestaltung zum Thema xxxxxxxxxx 10<br />

3. persönl<strong>ich</strong>er Dank, Ehrungen, Dankesfeiern xxxxxxxxxxx 11<br />

4. Schlußbesprechungen (Reflexion, gemütl<strong>ich</strong>es<br />

xxxxxxxx 8<br />

Beisammensein)<br />

5. Caritas-Einr<strong>ich</strong>tungen besuchen xx 2<br />

6. Motivation, Bewußtseinsarbeit, Predigten xxxxxxxxxxxxxxxxxx 18<br />

7. Aufwertung der Sammlertätigkeit, Wertschätzung xxxxxx 6<br />

8. Identifikation mit den unterstützten Projekten x 1<br />

9. Konkrete Angaben, <strong>was</strong> mit dem gesammelten Geld xxx 3<br />

geschieht<br />

10. auf Notfälle in der Pfarrgemeinde aufmerksam machen xx 2<br />

11. Sprengelmitarbeiter/Pfarrblattausträger sammeln xxx 3<br />

12. KFB oder KMB führt Sammlung durch xx 2<br />

13. alles ohne Erfolg xxx 3<br />

14. (ideelle) Unterstützung durch Pfarrer/PGR ist w<strong>ich</strong>tig xxxxxxxxxxxxxxxxxxx 19<br />

15. Unterstützung durch Pfarrer/PGR ist gegeben xxxxxxxxxxx 11<br />

16. mehr Unterstützung durch Pfarrer/PGR gewünscht xxxx 4<br />

17. Pfarrer persönl<strong>ich</strong> bzw. PGR soll potentielle Sammler<br />

ansprechen<br />

18. PGR-Mitglieder sollten selbst auch sammeln gehen xxxxxxxxxxxx 12<br />

19. PGR-Mitglieder sammeln selbst xxxxxxx 7<br />

20. Pfarrer/PGR-Mitglieder sollten s<strong>ich</strong> an der Suche von xxxxxxxxxxxx 12<br />

SammlerInnen beteiligen<br />

21. gute Vorbereitung, gute Organisation der<br />

x 1<br />

Haussammlung<br />

22. Pfarrer u. PGR sollten s<strong>ich</strong> neue Form der Sammlung x 1<br />

überlegen<br />

23. keine zusätzl<strong>ich</strong>e Unterstützung notwendig xx 2<br />

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 27<br />

Am häufigsten genannt wurde die Aussage: „der Pfarrer persönl<strong>ich</strong> soll potentielle<br />

SammlerInnen ansprechen“ (21% von 129 Pfarren sagen das). Das Aufmerksam-Machen<br />

bzw. Verlautbaren in Kirche und Pfarrblatt nennen 19% als sinnvolle Unterstützung (25<br />

Nennungen). 15% betonen, wie w<strong>ich</strong>tig es ist, daß Pfarrer und PGR ganz hinter der<br />

14<br />

Die Summe der Nennungen ist hier n<strong>ich</strong>t angegeben, weil s<strong>ich</strong> in den Antworten sehr viele<br />

Mehrfachnennungen fanden. Das gle<strong>ich</strong>e gilt für die Tabelle in Kap. 2.8.2.


28<br />

Haussammlung stehen (19 Nennungen). 14% nennen allgemein Motivation,<br />

Bewußtseinsarbeit und/oder Predigten (18 Nennungen).<br />

Insgesamt 20% wünschen s<strong>ich</strong> von ihrem Pfarrgemeinderat und Pfarrer explizit mehr<br />

Unterstützung (Aussagen 16, 18 und 20) 15 .<br />

Die Fülle der Aussagen zeigt, daß s<strong>ich</strong> die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en das Problem zu<br />

Herzen nehmen und ihrerseits überlegen, <strong>was</strong> man tun kann, um vermehrt Personen als<br />

SammlerInnen gewinnen zu können.<br />

Um ein lebendigeres Bild davon zu vermitteln, möchte <strong>ich</strong> ein paar dieser Aussagen anführen:<br />

„Pfarrer und Pfarrgemeinderat sollten s<strong>ich</strong> neue Art und Weise der Durchführung überlegen<br />

und ausprobieren. Ich finde die Durchführung mit Erlagschein und persönl<strong>ich</strong>em Schreiben<br />

des Pfarrers ist sowohl für die Sammler als auch für die Angesprochenen wesentl<strong>ich</strong><br />

angenehmer, und zumindest bei uns genauso erfolgre<strong>ich</strong>.“<br />

„Wenn der Pfarrer Leute anspr<strong>ich</strong>t, sagen sie eher zu!“<br />

„Dem Pfarrer und dem PGR muß die Haussammlung ein Anliegen sein, dann wird man n<strong>ich</strong>t<br />

den Weg des geringsten Widerstandes gehen (Erlagscheine oder nur Kirchensammlung, wo<br />

wieder nur die treuen Kirchenbesucher zur Kasse gebeten werden und der Kontakt zu den<br />

N<strong>ich</strong>tkirchengehern und Ausgetretenen n<strong>ich</strong>t gegeben ist). Es ist natürl<strong>ich</strong> einige Arbeit, die<br />

Haussammlung vorzubereiten und die Listen an den Mann, an die Frau zu bringen. Aber sie<br />

lohnt s<strong>ich</strong>. Als kleine Anerkennung und gle<strong>ich</strong>zeitig als neuen Motivierung ist es<br />

empfehlenswert, am Ende der Haussammlung mit den Sammlern eine Caritas-Anstalt zu<br />

besuchen und sie dann in einem Gasthaus mit einem kleinen Imbiß abzuschließen.“<br />

„Vielle<strong>ich</strong>t Verlautbarungen in der Kirche, daß s<strong>ich</strong> freiwillige Sammler selbst melden.<br />

Vielle<strong>ich</strong>t fragt man oft die falschen Leute, aber andere würden die Sammlung <strong>gern</strong>e machen.“<br />

„Aufbau eines Sprengelsystems mit ,gestandenen’ Personen für Kontakt und teilweise auch<br />

Sammlungen. Diese Art der Mitverantwortung scheint mir für die pastorale Zukunft so und so<br />

entscheidend – Kontaktnahme Brücke: Basis – Zentrale...“<br />

„Pfarrer und PGR bemühen s<strong>ich</strong> nach Kräften, neue Sammlerinnen zu finden, indem sie<br />

augenscheinl<strong>ich</strong> geeignete Personen ansprechen, aber,..“<br />

„Manche Pfarrgemeinderäte sollen s<strong>ich</strong> angesprochen fühlen und mit gutem Beispiel<br />

vorangehen“<br />

„Es ist sinnvoll, wenn der Pfarrer und der Pfarrgemeinderat positiv die Arbeit der<br />

Diözesancaritas beurteilen und das Gefühl vermitteln, dankbar zu sein für die Hilfen, die von<br />

der Diözesancaritas kommen. Es ist sehr hilfre<strong>ich</strong>, wenn der Pfarrer die SammlerInnen als<br />

positive Kontaktpersonen, auch für seelsorgerl<strong>ich</strong>e Kontakte, sehen würde und damit die<br />

Arbeit der Sammler aufwerten würde. Wenn also n<strong>ich</strong>t nur das gesammelte Geld im<br />

Vordergrund stünde.“<br />

15 Bei den Aussagen 14, 17, 20 und 22 deuten die Formulierungen in den einzelnen Fragebögen darauf hin, daß<br />

sie eher allgemein gemeint sind und s<strong>ich</strong> also n<strong>ich</strong>t so sehr auf Mängel in den eigenen Pfarren beziehen; bei<br />

Aussage 15 sowieso.


29<br />

2.8.2. Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas<br />

Hier haben 94 Pfarren ihre Anregungen und Kommentare wiedergegeben. In der<br />

anschließenden Tabelle sehen Sie wie oben die Inhalte der gemachten Aussagen in<br />

Verbindung mit der Anzahl ihrer Nennungen.<br />

Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas<br />

Anzahl der Nennungen<br />

24. Unterstützung ist gut und ausre<strong>ich</strong>end xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 34<br />

25. gute Unterlagen, Be<strong>helf</strong>e, Werbematerial xxxxxxxxxxxxxxx 15<br />

26. Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit (Medien) xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 29<br />

27. Informationen in Regionalmedien xx 2<br />

28. Information über Verwendung der<br />

xxxxxxxxxxxx 12<br />

Sammlergelder<br />

29. Unterstützte Projekte medial aufbereiten xxx 3<br />

30. Ehrungen, Dankurkunden, Dankschreiben xxxxxxx 7<br />

31. Verz<strong>ich</strong>t auf kontraproduktive (politische) xxxxxx 6<br />

Äußerungen<br />

32. Problem kann nur auf pfarrl<strong>ich</strong>er Ebene gelöst xxx 3<br />

werden<br />

33. Info-Tage auch durchführen bei geringer<br />

x 1<br />

Teilnehmerzahl<br />

34. Einladung an alle Sammler (wie in St. Pius) xxxxx 5<br />

35. vorgeschlagene Personen schriftl<strong>ich</strong> ermuntern x 1<br />

36. Aktionstage organisieren (siehe Zitat unten) xx 2<br />

37. Caritas soll mehr sparen (Papierflut) xxxxx 5<br />

38. Unterlagen rechtzeitig schicken xx 2<br />

39. gute Dia-Reihe oder Videofilm x 1<br />

40. Caritas-Mitarbeiter sprechen/predigen in<br />

xxxxx 5<br />

Pfarren<br />

41. Fortbildung, Schulungen xxx 3<br />

42. Hinweise zu Motivation (Tips u. Tricks) xxx 3<br />

43. Modell für einen Info-Abend xx 2<br />

44. Formate der Folder für die Spender sind<br />

xx 2<br />

unpraktisch<br />

45. Demokratie in der Auswahl der geförderten x 1<br />

Projekte<br />

46. Modell von einem Spendenbrief,<br />

x 1<br />

Grafikunterlagen<br />

47. Aufwertung der Sammlertätigkeit (z.B. in<br />

Kirchenzeitung)<br />

xxxxx 5


30<br />

Mehr als ein Drittel (36%) der Pfarren, die hier Angaben gemacht haben, sind mit der Arbeit<br />

der Diözesan-Caritas sehr zufrieden 16 . 31% heben die W<strong>ich</strong>tigkeit einer guten<br />

Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit hervor. Die W<strong>ich</strong>tigkeit von guten Unterlagen, Be<strong>helf</strong>en und<br />

Werbematerial für die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en und SammlerInnen unterstre<strong>ich</strong>en<br />

16%. Mehr oder anders aufbereitete Informationen über die Verwendung des gesammelten<br />

Geldes wünschen s<strong>ich</strong> 13% dieser Pfarren.<br />

Die übrigen Aussagen nehmen von der Anzahl ihrer Nennungen her n<strong>ich</strong>t so viel Gew<strong>ich</strong>t ein.<br />

Auf vereinzelte Vorschläge werde <strong>ich</strong> in Kapitel 3 noch zurückkommen (insbesondere die<br />

„Dankesfeiern“ werden dort eingehender besprochen, vgl. Kap.3.12.1.).<br />

Zum Abschluß auch hier ein paar Zitate:<br />

„Erst einmal ,Danke’, Peuerbach ist eine Anerkennung unseres Einsatzes. Vielle<strong>ich</strong>t eine<br />

Utopie: Runder Tisch im Fernsehen. Beteiligte: Führende Persönl<strong>ich</strong>keiten der Caritas,<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong>e Mitarbeiter, Menschen, denen geholfen wurde.“<br />

„Vor einigen Jahren habe <strong>ich</strong> bei der Diözesancaritas beantragt, einer Sammlerin für 25 Jahre<br />

Sammeln-Gehen eine Urkunde auszustellen. Dies wurde jedoch abgelehnt. Meiner Meinung<br />

nach wäre eine kleine Anerkennung von seiten der Diözese hilfre<strong>ich</strong>.“<br />

„Mehr Mitteilung über die Arbeit der Caritas in den Medien (Leserbriefe, etc. in der Zeitung)<br />

– über die Arbeit der Caritas wissen viele Menschen zu wenig. Speziell die Jugend müßte<br />

mehr angesprochen werden. Caritassammeln gehen ist in den allermeisten Fällen die Sache<br />

der ,Alten’ – so sagte mir ein Mädchen mit 20 Jahren.“<br />

„Weniger Papier usw.. Politische Aussagen der Caritas-Verantwortl<strong>ich</strong>en sind oft<br />

kontraproduktiv – in den Pfarren arbeiten ÖVP, FPÖ und SPÖ-Wähler (Sympathisanten) mit,<br />

fühlen s<strong>ich</strong> durch ,blöde’ Aussagen oft vor den Kopf gestoßen.“<br />

„Gute Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit auch in den lokalen Medien. In der Öffentl<strong>ich</strong>keit auch<br />

präsentieren, <strong>was</strong> mit dem Geld alles geleistet werden kann. So ähnl<strong>ich</strong> wie bei der Aktion<br />

,L<strong>ich</strong>t ins Dunkel’ – da werden im nachhinein noch Projekte vorgestellt, die unterstützt<br />

wurden.“<br />

„Besonders den jüngeren Leuten sollten Angebote der Diözesan-Caritas gemacht werden!<br />

,Was wäre, wenn es die Caritas n<strong>ich</strong>t geben würde...’ Aktionstag? Projekte unterstützen, wo<br />

junge Leute, die einen Haushalt gegründet haben, von einem ,kirchl<strong>ich</strong>en’ Jugendl<strong>ich</strong>en<br />

besucht werden...“<br />

„Mit Referenten (Predi<strong>gern</strong>), die im Rahmen der Caritas-Messen (bei allen 3 Gottesdiensten)<br />

aus ihrer Erfahrung ber<strong>ich</strong>ten und s<strong>ich</strong> auch den Fragen der Gottesdienstbesucher stellen,<br />

haben wir gute Erfahrungen gemacht bezügl<strong>ich</strong> Bewußtseinsbildung der Leute und<br />

Ermutigung der Sammler. Alles Papier, wenn es auch noch so gut gemeint ist, ist bekanntl<strong>ich</strong><br />

geduldig und wird somit entweder gar n<strong>ich</strong>t gelesen oder so flüchtig durchgeschaut, daß es<br />

eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t viel bringt.“<br />

16<br />

Daß die Diözesan-Caritas sehr gute Arbeit leistet, meinen auch alle von mir interviewten<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en, SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen. Vgl. dazu Kap. 3.11.


31<br />

2.9. (Zugegeben einfacher) Versuch einer Typenbildung<br />

Die aus den Daten der quantitativen Untersuchung gewonnenen Ergebnisse lassen einen<br />

vorherrschenden Typus erkennen. Diesen möchte <strong>ich</strong> ihnen als Zusammenfassung des<br />

Kapitels vorstellen:<br />

Die typische Pfarre ist ländl<strong>ich</strong>, hat eine Pfarrgröße zwischen 1000 und 2000 Katholiken und<br />

das pfarrl<strong>ich</strong>e Engagement ihrer Pfarrmitglieder ist hoch. Die Haussammlung wird in Form<br />

einer von-Tür-zu-Tür-Sammlung durchgeführt. Die Zahl der SammlerInnen in dieser Pfarre<br />

bewegt s<strong>ich</strong> zwischen 10 und 20. Ca. 80% davon sind Frauen.<br />

Die typische SammlerIn ist eine Frau, näml<strong>ich</strong> zumeist eine Hausfrau im Pensionsalter.<br />

Das Anwerben von neuen SammlerInnen erfolgt durch persönl<strong>ich</strong>es Ansprechen und ist<br />

mittelmäßig erfolgre<strong>ich</strong>. Die typische Begründung für die Ablehnung dieses Dienstes lautet:<br />

<strong>„Bei</strong> <strong>was</strong> <strong>anderem</strong> <strong>helf</strong> <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e, aber sammeln gehen will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t“.<br />

Einen Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen hat diese Pfarre n<strong>ich</strong>t. Das ist unter <strong>anderem</strong> auf<br />

die intensiven Bemühungen der oder des Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en zurückzuführen.<br />

Das Problem der Sammlernachfolge wird wie folgt beurteilt: „Es ist mühsam, neue<br />

SammlerInnen zu finden, aber letztendl<strong>ich</strong> schaffen wir es doch immer wieder“.


32<br />

3. Ergebnisse der Interviews mit den<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

In diesem Kapitel werde <strong>ich</strong> die Ergebnisse der Interviews mit den<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en vorstellen. 9 Pfarren wurden ausgewählt. Die Auswahl<br />

dieser Pfarren geschah in Zusammenarbeit mit der Leiterin der Pfarrcaritas der Diözese Linz,<br />

Frau Zeiner. Augenmerk wurde darauf gelegt, daß sowohl ländl<strong>ich</strong>e als auch städtische<br />

Pfarren, sowie Pfarren mit persönl<strong>ich</strong>er Sammlung und Pfarren mit einer anderen Form der<br />

Haussammlung vertreten sind.<br />

Die Ausführl<strong>ich</strong>keit, mit der die Punkte des Leitfadens in den Interviews diskutiert wurden,<br />

variierte von Pfarre zu Pfarre. In manchen Pfarren kam es zudem zu sehr interessanten<br />

Diskussionen über Aspekte der Haussammlung, die im Leitfaden gar n<strong>ich</strong>t vorgesehen waren.<br />

Auf die Vergle<strong>ich</strong>barkeit der Interviews wirkt s<strong>ich</strong> das natürl<strong>ich</strong> erschwerend aus. Der große<br />

Vorteil ist aber, daß man auf diese Weise ein umfassenderes Bild der Problematik gewinnen<br />

kann. Es macht eben die besondere Qualität von offenen Interviews aus, daß hier n<strong>ich</strong>t nur<br />

gestellte Fragen beantwortet werden, sondern auch Fragen auftauchen, neue Aspekte zum<br />

Vorschein kommen, vorher unbeachtete Perspektiven eröffnet werden 17 .<br />

3.1. Um welche Pfarren handelt es s<strong>ich</strong>?<br />

Unter den 9 Pfarren, deren Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von mir interviewt wurden, lassen<br />

s<strong>ich</strong> 4 dem ländl<strong>ich</strong>en Raum, 2 einer Zwischenkategorie (städtisch, weil im Auslaufbere<strong>ich</strong><br />

einer größeren Stadt, und ländl<strong>ich</strong> zugle<strong>ich</strong>) und 3 dem städtischen Bere<strong>ich</strong> zuordnen.<br />

Um welche Pfarren es s<strong>ich</strong> dabei konkret handelt, ist für den Zweck unserer Fragestellung<br />

unerhebl<strong>ich</strong>; aus diesem Grund, und um die Anonymität der InterviewpartnerInnen zu<br />

wahren, wird auf die namentl<strong>ich</strong>e Nennung dieser Pfarren verz<strong>ich</strong>tet.<br />

Ich möchte hier dennoch die Pfarren kurz vorstellen, näml<strong>ich</strong> anhand folgender Kriterien:<br />

nach ihrer regionalen Verortung, nach ihrer Katholikenzahl (stark gerundet) und nach der<br />

Form der Haussammlung, die sie durchführen.<br />

Region Katholikenzahl Form der Haussammlung<br />

Pfarre 1 ländl<strong>ich</strong> 5000 persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

Pfarre 2 ländl<strong>ich</strong> 2000 persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

Pfarre 3 ländl<strong>ich</strong> 5000 persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

Pfarre 4 ländl<strong>ich</strong> 4000 Kirchensammlung<br />

Pfarre 5 städt.+ländl<strong>ich</strong> 3500 persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

Pfarre 6 städt.+ländl<strong>ich</strong> 4500 persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

Pfarre 7 städtisch 3000 Erlagscheinsammlung<br />

Pfarre 8 städtisch 2000 Erlagscheinsammlung<br />

Pfarre 9 städtisch 5500 persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

17 Dasselbe gilt natürl<strong>ich</strong> auch für die Interviews mit den SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen.


33<br />

Wie aus der Tabelle hervorgeht, weisen die betreffenden Pfarren eine relativ hohe<br />

Katholikenzahl auf. Der hier vorliegende Durchschnittswert von 3800 ist um einiges höher als<br />

die durchschnittl<strong>ich</strong>e Katholikenzahl der oberösterre<strong>ich</strong>ischen Pfarren (die bei 2200 liegt) und<br />

auch jener der Fragebogen-Pfarren (hier liegt der Durchschnittswert bei 2700). Größere<br />

Pfarren sind hier also überdurchschnittl<strong>ich</strong> vertreten, kleinere Pfarren leider gar n<strong>ich</strong>t 18 .<br />

Von den 9 Pfarren führen insgesamt 6 die Caritas-Haussammlung als persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

durch. Eine ländl<strong>ich</strong>e Pfarre gestaltet sie als Kirchensammlung und 2 städtische Pfarren<br />

gestalten sie als Erlagscheinsammlung, und zwar in Form eines eigenen Pfarrbriefes zum<br />

Thema Caritas-Haussammlung.<br />

3.2. Aussagen zum pfarrl<strong>ich</strong>en Engagement<br />

Die Frage zum pfarrl<strong>ich</strong>en Engagement sollte darüber Aufschluß geben, ob Pfarren, die viele<br />

aktive Pfarrmitglieder haben, weniger Schwierigkeiten mit der Nachbesetzung von Caritas-<br />

SammlerInnen haben als Pfarren, bei denen das n<strong>ich</strong>t der Fall ist. Die Interviews mit den<br />

Haussammlungverantwortl<strong>ich</strong>en bestätigen diesen Zusammenhang n<strong>ich</strong>t.<br />

Pfarre 9 19 zum Beispiel schätzt das Engagement in ihrer Pfarre hoch ein, fügt aber<br />

einschränkend hinzu:<br />

„Es kommt immer drauf an, wofür man jemanden braucht. Unangenehme Dinge - da kann das<br />

Engagement noch so groß sein - sind dann schwer anzubringen. (...) also speziell jetzt auf die<br />

Haussammlung gemünzt: da drückt man s<strong>ich</strong> so lange es irgendwie geht.“ (Pfarre 9)<br />

Pfarre 1, Pfarre 5 und Pfarre 6, die alle die Haussammlung persönl<strong>ich</strong> durchführen,<br />

beurteilen das Engagement in ihrer Pfarrgemeinde als sehr hoch. Pfarre 4 und Pfarre 7, die<br />

beide die Haussammlung n<strong>ich</strong>t von-Tür-zu-Tür durchführen, attestieren ihren Pfarrgemeinden<br />

ein mittelmäßiges Engagement („es könnte höher sein, aber wir sind zufrieden“). Pfarre 2, 3<br />

und 8 sehen es relativ:<br />

„Ich glaub, daß heute die Tendenz dahin geht, daß die Leute, wenn man sie aufklärt und ihnen<br />

einfach einen Sinn gibt für ihre Tätigkeit, daß man auch Leute findet. (...) Es hat s<strong>ich</strong> natürl<strong>ich</strong><br />

schon et<strong>was</strong> geändert, überhaupt gerade in den letzten Jahren oder 10 Jahren, kann man sagen.<br />

Wo die Leute dem Alter nach, also vor allem die Jüngeren, n<strong>ich</strong>t mehr so bereit sind - von<br />

vornherein n<strong>ich</strong>t.“ (Pfarre 2)<br />

„Es kommt eigentl<strong>ich</strong> immer wieder auf das hinaus, daß man sagt: Na, es beteiligen s<strong>ich</strong><br />

immer dieselben. Und Neue hinzuzugewinnen gelingt nur, wenn man direkt Leute anspr<strong>ich</strong>t.<br />

Aber es gelingt eigentl<strong>ich</strong> kaum, daß s<strong>ich</strong> von s<strong>ich</strong> aus Leute einfach melden und sagen: Ich<br />

möchte mitmachen“<br />

(Pfarre 3)<br />

„Das ist allgemein glaub <strong>ich</strong> der Trend, daß die Mitarbeiter immer weniger werden. (...) Daß<br />

sie gar n<strong>ich</strong>t mitarbeiten wollen, das n<strong>ich</strong>t. Sondern sie wollen erstens das machen, wo sie s<strong>ich</strong><br />

geeignet dazu fühlen, wo sie eine Freude haben dazu, und <strong>was</strong> sehr klar abgegrenzt ist. Wenn<br />

wir sagen, wir machen jetzt ein Pfarrfest, könntest du den Mehlspeisenstand übernehmen,<br />

könntest du das Bier ausschenken, ... dann sagen sie Ja. Ich merk das auch bei den Besuchen.<br />

Es ist in unserer Gemeinde sehr schwierig, Leute für einen Besuchsdienst zu gewinnen. Weil<br />

das zieht s<strong>ich</strong> ja. Ich muß da wohin in ein Altersheim gehen, dann muß <strong>ich</strong> ein Jahr lang<br />

18 „Leider“ deshalb, weil es eigentl<strong>ich</strong> beabs<strong>ich</strong>tigt war, sowohl größere Pfarren als auch kleinere Pfarren zu<br />

befragen, und hier bei der Auswahl anscheinend Fehler unterlaufen sind, die aber erst im nachhinein ers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />

wurden.<br />

19 Da die Beze<strong>ich</strong>nung „Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e der Pfarre X“ doch sehr lang ist, werde <strong>ich</strong>, wenn es um<br />

Aussagen von Hausammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en geht, m<strong>ich</strong> auf die Beze<strong>ich</strong>nung „Pfarre X“ beschränken.


34<br />

hindurch gehen. (...) Das ist schon wieder et<strong>was</strong> längerfristiges, eine längerfristige Aufgabe,<br />

und die ist schon wieder schwierig. Die Leute wollen s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mehr so binden. (...)<br />

Der harte Kern der Gemeinde, der ist schon sehr aktiv. Es sind immer Leute, die et<strong>was</strong> tun.<br />

Aber es ist schwierig, neue Leute dazuzugewinnen.“ (Pfarre 8)<br />

Auffallend ist, daß jene Pfarren, die das Engagement ihrer Mitglieder als hoch einstufen, alle<br />

die Haussammlung als persönl<strong>ich</strong>e Sammlung durchführen. Umgekehrt gilt das nur mit<br />

Einschränkungen, das heißt, n<strong>ich</strong>t alle, die die Haussammlung als persönl<strong>ich</strong>e Sammlung<br />

durchführen, stufen das Engagement in ihrer Pfarre als explizit hoch ein (vgl. Pfarre 2, Pfarre<br />

3). 20<br />

Hier klingt schon an, worauf später noch zurückzukommen sein wird, daß das Sammeln-<br />

Gehen kein Dienst ist, „um den man s<strong>ich</strong> reißt“. Das heißt, daß selbst wenn eine<br />

Pfarrgemeinde n<strong>ich</strong>t über einen Mangel an MitarbeiterInnen klagen kann, s<strong>ich</strong> das Finden von<br />

neuen Caritas-SammlerInnen mitunter sehr schwierig gestaltet.<br />

3.3. Wer geht Caritas-Sammeln ...<br />

In jenen 6 Pfarren, die die Sammlung persönl<strong>ich</strong> durchführen, ging im Jahr 2000 folgende<br />

Anzahl an SammlerInnen von Haus zu Haus:<br />

Region Katholikenzahl Anzahl der SammlerInnen<br />

Pfarre 1 ländl<strong>ich</strong> 5000 43<br />

Pfarre 2 ländl<strong>ich</strong> 2000 30<br />

Pfarre 3 ländl<strong>ich</strong> 5000 60<br />

Pfarre 5 städt.+ländl<strong>ich</strong> 3500 70 bis 80<br />

Pfarre 6 städt.+ländl<strong>ich</strong> 4500 58<br />

Pfarre 9 städtisch 5500 98<br />

Durchschnittl<strong>ich</strong> gibt es in diesen 6 Pfarren 61 SammlerInnen. Das ist eine große Abwe<strong>ich</strong>ung<br />

vom Durchschnittswert der Fragebogen-Pfarren (hier haben die Pfarren durchschnittl<strong>ich</strong> 32<br />

SammlerInnen), und hängt wohl damit zusammen, daß auch die Größe der Pfarren hier über<br />

dem Durchschnitt liegt.<br />

Das Gros der SammlerInnen stellen in allen Pfarren Frauen, und dabei zumeist Hausfrauen im<br />

Pensionsalter. (Dies endl<strong>ich</strong> deckt s<strong>ich</strong> mit den Ergebnissen der Fragebogen-Untersuchung,<br />

20 Es darf natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t vergessen werden, daß diese Aussagen auf einer persönl<strong>ich</strong>en Einschätzung beruhen,<br />

und daß – diesen Hinweis verdanke <strong>ich</strong> einem Interviewpartner - die Skalierung eines so breiten und offenen<br />

Begriffs wie „Engagement“ n<strong>ich</strong>t die le<strong>ich</strong>teste Sache ist. Weil: welche Maßstäbe legt man an? nach welchen<br />

Kriterien geht man vor? Die Zahl der Kirchenbesucher, die Zahl der Arbeitskreise und die Zahl deren Mitglieder<br />

u.ä. können objektiv vermessen werden. Aber wann ist ein Engagement als hoch einzustufen? Wenn die Zahl der<br />

auf diese Weise ermittelten Aktiven einen bestimmten Prozentsatz an der Gesamtzahl der Katholiken in der<br />

Gemeinde erre<strong>ich</strong>t? Ist der Vergle<strong>ich</strong> mit anderen Gemeinden das ausschlaggebende Kriterium? Oder geht es bei<br />

dieser Einschätzung gar darum, wie groß der Abstand zwischen Wunsch und Wirkl<strong>ich</strong>keit ist, ob also jene<br />

Aktivitäten, die der Pfarrer, der Pfarrgemeinderat oder andere als w<strong>ich</strong>tig oder wünschenswert erachten, auch<br />

umgesetzt werden (können)?<br />

Diese Unschärfe des Begriffs „Engagement“ bringt es mit s<strong>ich</strong>, daß auch die Einstufung desselben n<strong>ich</strong>t<br />

objektivierbar ist. Da die Antworten, die über eine reine Einstufung des Engagements hinausgehen, aber sehr<br />

wohl aussagekräftig sind (siehe Zitate oben), ist die Verwendung dieses Begriffs trotz seiner Mängel<br />

gerechtfertigt.


35<br />

vgl. Kap.2.4). Die Mehrheit der SammlerInnen ist auch in anderen pfarrl<strong>ich</strong>en Bere<strong>ich</strong>en<br />

engagiert (<strong>Katholisch</strong>e Frauenbewegung, Besuchsdienste, Pfarrblattausträger u.ä.) 21 .<br />

3.3.1. ... und warum?<br />

Befragt hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der mögl<strong>ich</strong>en Motivation der SammlerInnen waren die Antworten n<strong>ich</strong>t<br />

mehr so einheitl<strong>ich</strong>.<br />

Pfarre 5 führte das Engagement der SammlerInnen auf die langjährige Ausübung dieses<br />

Dienstes zurück, die schon „in Fleisch und Blut übergegangen ist“. „Die machen das schon so<br />

lang“, da fragt man s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mehr warum.<br />

Ähnl<strong>ich</strong> schätzt Pfarre 9 die Motivation der SammlerInnen ein:<br />

„Weil sie es schon lange machen. Weil sie zum Teil <strong>gern</strong>e mit den Leuten zusammenkommen,<br />

dort wo sie sammeln gehen. Es ist ihnen schon w<strong>ich</strong>tig, daß sie Geld zusammenbringen, weil<br />

sie wissen, daß das dann sinnvoll verwendet wird. Daß dafür aber auch et<strong>was</strong> in der Pfarre<br />

bleibt, auch das ist ihnen w<strong>ich</strong>tig. Ja, <strong>ich</strong> würde sagen, das ist s<strong>ich</strong>er eine Hauptkomponente<br />

bei denen, die schon lange gehen: Ja, <strong>ich</strong> mach das schon so lange, <strong>ich</strong> mach das eigentl<strong>ich</strong><br />

<strong>gern</strong>e.<br />

Ältere gehen aus dem Grund, weil sie es mehr oder minder gewohnt sind und dabei eine<br />

Tätigkeit haben, und noch dazu eine Tätigkeit ausüben, die sinnvoll ist. Auch wenn es<br />

mühsam ist. Bei den Jüngeren ist es mehr oder minder so ein stiller Druck, der durch m<strong>ich</strong><br />

natürl<strong>ich</strong> dann schon ausgelöst wird.“ (Pfarre 9)<br />

Pfarre 1 nennt als Hauptgrund die Loyalität zum Pfarrer und fügt hinzu: „Ich glaub, sie<br />

stehen schon dahinter, hinter dem Gedanken der Caritas, zu teilen und anderen damit zu<br />

<strong>helf</strong>en“. In dieselbe R<strong>ich</strong>tung geht die Aussage von Pfarre 2:<br />

„Die einen gehen dem Pfarrer zuliebe, die anderen gehen aus Überzeugung heraus, sie tun da<br />

et<strong>was</strong> Gutes, und sehen die Caritas als Institution an, die s<strong>ich</strong> besonders auch der anderen<br />

annimmt und der Armen usw. Aber <strong>ich</strong> glaube, wenn man Kontakt hat mit den Leuten, und<br />

wenn man sie kennt, dann spielen persönl<strong>ich</strong>e Faktoren eine große Rolle. Anonym ginge da<br />

n<strong>ich</strong>t viel. Man muß schon eine Beziehung haben, auch von der Seelsorge her, zu dem, der<br />

sammeln geht. Und auch untereinander.“ (Pfarre 2)<br />

Et<strong>was</strong> nüchterner beschreibt Pfarre 6 die Motivation für diesen Dienst:<br />

„Ich glaub, zu 90%, weil sie angesprochen worden sind. Ich vermute, daß einer wirkl<strong>ich</strong> sagt,<br />

<strong>ich</strong> bin Christ und aus meiner Überzeugung heraus mach <strong>ich</strong> das jetzt, also das ist mein<br />

soziales Engagement..... also so reflektiert und so bewußt christl<strong>ich</strong> motiviert, glaub <strong>ich</strong> ist sie<br />

n<strong>ich</strong>t, die Sache. Prinzipiell Leute, die zupacken, wenn man sie anredet, und die s<strong>ich</strong> das<br />

trauen und die sagen, das ist sinnvoll und die Caritas ist sinnvoll, und wenn <strong>ich</strong> angeredet<br />

werde, tu <strong>ich</strong> mit. Also, das scheint mir die Hauptmotivation zu sein....... daß das kein Dienst<br />

ist, um den man s<strong>ich</strong> reißt, sondern wo man sagt, okay, da brauchen sie wen, und <strong>ich</strong> mach da<br />

mit.<br />

Wobei <strong>ich</strong> durchaus auch den Eindruck hab, manche sagen, vereinzelte: Das ist klaß, die Leute<br />

warten schon auf m<strong>ich</strong>. Und jetzt bist du wieder da. Und verbinden diesen Caritas-<br />

Haussammler-Dienst sogar mit einem Besuch dort, und auf einen Kaffee sitzen sie dann<br />

beieinander. Und das aber s<strong>ich</strong>er mehr in der Landgegend, wo dann z.B. eine Bäuerin<br />

sammeln geht und sagt: Ja, das ist die Zeit, wo <strong>ich</strong> Besuche mach. Also die verbindet das mit<br />

et<strong>was</strong> sehr Positivem.“ (Pfarre 6)<br />

21 Das gle<strong>ich</strong>zeitige Engagement in mehreren Tätigkeitsbere<strong>ich</strong>en ist überhaupt ein weit verbreitetes Phänomen<br />

bei Ehrenamtl<strong>ich</strong>en. Nach einer Untersuchung über das Volumen ehrenamtl<strong>ich</strong>er Arbeit in Österre<strong>ich</strong>, die im<br />

Jahr 2000 durchgeführt wurde, ze<strong>ich</strong>net s<strong>ich</strong> knapp die Hälfte der Ehrenamtl<strong>ich</strong>en (47, 7%) durch ein<br />

Engagement in mehr als einem Tätigkeitsbere<strong>ich</strong> aus (vgl. Badelt/Hollerweger, 2001, S.7).


36<br />

Pfarre 3 schließl<strong>ich</strong>, die die Haussammlung erstmals im Jahr 2000 wieder als von-Tür-zu-<br />

Tür-Sammlung durchführte, bezieht diese Frage n<strong>ich</strong>t auf die Einzelmotivationen der<br />

SammlerInnen, sondern darauf, <strong>was</strong> dem Pfarrgemeinderat beim persönl<strong>ich</strong>en Sammeln<br />

w<strong>ich</strong>tig ist:<br />

<strong>„Bei</strong> einer von den Pfarrgemeinderatssitzungen haben wir auch gesagt, daß wir als<br />

Pfarrgemeinderäte natürl<strong>ich</strong> auch den persönl<strong>ich</strong>en Kontakt wieder aufnehmen sollen. Und das<br />

ein Grund ist, so könnte man auch wieder in Kontakt treten, persönl<strong>ich</strong>. Auch mit Menschen,<br />

die vielle<strong>ich</strong>t lange Zeit keinen Kontakt mehr gehabt haben. Daß einfach die Kontaktaufnahme<br />

im Vordergrund steht. (...)<br />

Was aber auch ganz w<strong>ich</strong>tig gewesen ist, daß wir gesagt haben: Es muß ein jeder Sammler<br />

genau bescheid wissen, wofür er das tut. Daß er Informationsmaterial mit hat und daß er auch<br />

dazu steht. (....) Also zwei wesentl<strong>ich</strong>e Sachen: Für <strong>was</strong> sammle <strong>ich</strong>? und das andere ist aber<br />

auch die persönl<strong>ich</strong>e Kontaktaufnahme und n<strong>ich</strong>t so, wie man über eine Werbeagentur<br />

Spenden sammelt.“ (Pfarre 3)<br />

Diese Aussagen lassen folgende Typen von Motivationen erkennen: Zum einen werden die<br />

Motivationen extrinsisch begründet, das heißt in der Befolgung von sozialen Normen<br />

gesehen. Man geht sammeln aus einer n<strong>ich</strong>t mehr näher hinterfragten Tradition heraus, aus<br />

Loyalität zum Pfarrer bzw. der/dem Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en zuliebe und aus<br />

Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein heraus („anpacken, wo man gebraucht wird“). Zum anderen spielen<br />

intrinsische Motive eine Rolle, also Motivationen, die in der Sache selbst ihre Begründung<br />

haben. Man geht sammeln, weil einem das persönl<strong>ich</strong>e In-Kontakt-Treten mit<br />

Pfarrmitgliedern w<strong>ich</strong>tig ist, weil einem der Caritas-Gedanke ein Anliegen ist und man das<br />

Sammeln-Gehen als sinnvollen Beitrag dazu ansieht: also wegen der Sache an s<strong>ich</strong> 22 .<br />

Die Übergänge zwischen extrinsischen und intrinsischen Motivationen sind fließend, sie<br />

kommen in der Wirkl<strong>ich</strong>keit kaum als Reinform vor, und es ist eine berechtigte Frage,<br />

welchen Sinn es hat, sie auseinanderzuteilen. Als Antwort darauf möchte <strong>ich</strong> Pfarre 6<br />

zitieren:<br />

„Ich entscheide immer so zwischen 2 Sachen: Der eine freiwillige Mitarbeiter, der nimmt den<br />

Dienst an, weil es genau zu ihm paßt. Z.B. einer, der arbeitet <strong>gern</strong> am Computer, den wirst du<br />

wahrscheinl<strong>ich</strong> sehr schnell zum Pfarrbriefteam dazubekommen, weil ihm das taugt. Also es<br />

gibt diese Mitarbeiter, wo du genau deren Interessen, Hobbys findest, und da steigen sie sehr<br />

schnell ein. Und dann gibt es eine andere Art von Mitarbeiter, die sagen: Es muß et<strong>was</strong><br />

gemacht werden. Ich kann das halbwegs und <strong>ich</strong> mache das aus Treue zur Kirche, aus einem<br />

positiven Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein meinem Glauben gegenüber heraus, <strong>ich</strong> trage das mit. Und die<br />

machen das dann über sehr viele Jahre hinweg, auf einer sehr großen, soliden und guten Basis.<br />

Das sind die zwei. Wobei <strong>ich</strong> glaub, daß früher der 2. Typ mehr da war, und daß jetzt der<br />

andere Typ im Kommen ist.“ (Pfarre 6)<br />

In dieser Aussage steckt die Hypothese, daß die Tendenz weg von extrinsischer und hin zu<br />

intrinsischer Motivation geht. Die zahlre<strong>ich</strong>e Literatur zum Thema „neues Ehrenamt“ scheint<br />

diese Tendenz zu bestätigen. Was sind die Merkmale dieses neuen Ehrenamts?<br />

22 Ähnl<strong>ich</strong> unterscheiden Schwartz/Howard zwischen den Begriffen „Hilfe“ und „Altruismus“: „Hilfe und<br />

Altruismus sind keine austauschbaren Begriffe, obwohl beide s<strong>ich</strong> auf normgeleitetes Verhalten beziehen. (...)<br />

Hilfe ist durch soziale Normen motiviert, d.h. durch Gruppenerwartungen, unterstützt von extern definierten und<br />

auferlegten Belohnungen und Bestrafungen. Altruismus unterscheidet s<strong>ich</strong> von Hilfe durch seine im Ich<br />

lokalisierte normative Motivation.“ (Schwartz/Howard, 1982, S. 329, zitiert nach Harbach, Heinz: Altruismus<br />

und Moral. Opladen, 1992, S. 82).


37<br />

Exkurs 1: Neues Ehrenamt<br />

Nach Beher/Liebig/Rauschenbach wird das modernisierte Ehrenamt vermehrt als ein<br />

Medium für Prozesse der Identitätssuche und Selbstfindung betrachtet. Menschen<br />

engagieren s<strong>ich</strong> ehrenamtl<strong>ich</strong>, tun et<strong>was</strong> für andere, und tun zugle<strong>ich</strong> et<strong>was</strong> für s<strong>ich</strong><br />

selbst: Sie<br />

„wollen Anerkennung, Spaß und s<strong>ich</strong> selbst verwirkl<strong>ich</strong>en, wollen Mögl<strong>ich</strong>keiten der<br />

Teilhabe am öffentl<strong>ich</strong>en Leben und an der Gestaltung sozialer Sachverhalte<br />

realisieren, wollen das Gefühl haben, et<strong>was</strong> Nützl<strong>ich</strong>es, W<strong>ich</strong>tiges, et<strong>was</strong> für das<br />

Gemeinwohl getan oder anderen eine Freude bereitet zu haben, wollen ein Stück<br />

Verantwortung übernehmen und dabei vielle<strong>ich</strong>t auch mit anderen Menschen, mit<br />

denen sie <strong>gern</strong>e zusammen sind, Zeit verbringen.“ (Beher/Liebig/Rauschenbach, 2000,<br />

S. 7).<br />

Das Motiv „anderen zu <strong>helf</strong>en“ sei dabei aber nach wie vor der Hauptbeweggrund für<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong>e Mitarbeit, meint Konrad Baumgartner. Ein weiteres am anderen<br />

orientiertes Motiv ist das Motiv „soziale Kontakte zu haben“. Zu diesen auf andere<br />

ger<strong>ich</strong>teten Motive kommen nun aber die „neuen Motive“ dazu. Baumgartner faßt diese<br />

neuen Motive so zusammen:<br />

„... Selbstbestätigung/Sinnerfüllung’, ,neue Erfahrung/Kompetenz entwickeln’ oder<br />

die Mögl<strong>ich</strong>keit der ,Weiterbildung’. Daß ehrenamtl<strong>ich</strong>e Mitarbeit ,Freude machen’<br />

soll, ist ebenfalls klar ausgesagt. Weitere Motive für das Ehrenamt sind die<br />

Mögl<strong>ich</strong>keit der Verantwortung bzw. selbständigen Entscheidung und der Einsatz von<br />

Kompetenz. Die ,religiösen/christl<strong>ich</strong>en Motive’ scheinen zurückgegangen zu sein. Sie<br />

können natürl<strong>ich</strong> auch bewußt oder unbewußt in den anderen enthalten sein.“<br />

(Baumgartner, 1999, S. 54)<br />

Ein weiteres Merkmal des neuen Ehrenamts ist, daß die Ehrenamtl<strong>ich</strong>en s<strong>ich</strong> immer<br />

weniger dauerhaft an Organisationen binden wollen. Sie ziehen es vielmehr vor, s<strong>ich</strong><br />

zeitl<strong>ich</strong> befristet zu engagieren, mit der Option, jederzeit wieder aussteigen zu können.<br />

Baumgartner betont beim neuen Ehrenamt das Element der Mitgestaltung: „Die<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong> Tätigen wollen ihre eigenen Vorstellungen und Erfahrungen in die frei<br />

gewählte, zeitl<strong>ich</strong> genau umschriebene, begrenzte und inhaltl<strong>ich</strong> erfüllende Aufgabe<br />

miteinbringen.“ (ebd., S. 52)<br />

Baumgartner stellt eine sinkende Bereitschaft zur Übernahme von gewohnten<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong>en Aufgaben fest, sieht aber gle<strong>ich</strong>zeitig eine Zunahme von Spontangruppen<br />

und Selbstinitiativen. Die grundsätzl<strong>ich</strong>e Bereitschaft zum Engagement zugunsten des<br />

Gemeinwesens ist also nach wie vor existent (ebd., S. 50).<br />

Auch Gudrun Born, die s<strong>ich</strong> im folgenden nur auf Frauen bezieht, sieht keineswegs<br />

schwarz in bezug auf die Bereitschaft zu Freiwilligenarbeit und Ehrenamt:<br />

„Auch jüngere Frauen wären noch bereit, s<strong>ich</strong> einzusetzen, aber sie verbinden andere<br />

Motive damit als noch die Generationen davor, und wollen das in anderen<br />

Rahmenbedingungen tun. Sie sind dabei, das sogenannte „Helfersyndrom“ zu<br />

überwinden, näml<strong>ich</strong> ,die zur Persönl<strong>ich</strong>keitsstruktur gewordene Unfähigkeit, eigene<br />

Wünsche und Bedürfnisse nach Selbstentfaltung wahrzunehmen und zu gestalten,<br />

verbunden mit einer unangreifbaren Fassade der Stärke’ (Kirchmayr 1994, S. 280)“.<br />

(Born, 1995, S. 31).<br />

„Sie setzen s<strong>ich</strong> am ehesten dort ein, wo sie mitgestalten, mitbestimmen und das tun<br />

können, <strong>was</strong> ihnen w<strong>ich</strong>tig ist. Die ,Frau Caritas’ von einst, die im Umfang eines fulltime-jobs<br />

alles ausführt, <strong>was</strong> andere von ihr fordern oder erwarten, wird es bald n<strong>ich</strong>t<br />

mehr geben. (...) Sie setzen s<strong>ich</strong> in traditionellen Verbänden oder Institutionen<br />

(Gemeinden gehören dazu) am ehesten dann ein, wenn das ,Betriebsklima stimmt’, das<br />

heißt, wenn ihnen zugearbeitet wird und sie wenigstens ansatzweise ein positives Echo


38<br />

in ihrer Bemühung spüren. Die Frustrationstoleranz der jüngeren Generation ist<br />

deutl<strong>ich</strong> niedriger als die der vorhergehenden. Und n<strong>ich</strong>t zu vergessen: an<br />

Wahlmögl<strong>ich</strong>keiten und Einsatzfeldern für freiwilliges Engagement mangelt es<br />

wahrhaftig n<strong>ich</strong>t.“ (Born, 1994, S. 91)<br />

Welche Konsequenzen zieht diese Diagnose nach s<strong>ich</strong>? Die Engagierten der „alten<br />

Schule“, näml<strong>ich</strong> jene Generation, die es gewohnt ist, anzupacken, ist jetzt im<br />

Rentenalter, sagt Gudrun Born. Das Durchschnittsalter der Freiwilligen steigt, aus den<br />

jüngeren Generationen kommen nur mehr wenige nach (vgl. Born, 1995, S. 32). Auch<br />

Baumgartner sieht die Anziehungskraft des „alten“ Ehrenamts-Typus auf die Engagierten<br />

im Schwinden begriffen. Dieses alte Bild des Ehrenamtl<strong>ich</strong>en beschreibt er so:<br />

„Ehrenamtl<strong>ich</strong>e Tätigkeit soll selbstlos und aufopfernd im Stillen geschehen; es ist<br />

zeitaufwendig und auf unbestimmte Zeit übertragen; es wird von einzelnen Idealisten<br />

eingelöst; der Ehrenamtl<strong>ich</strong>e soll auch zu persönl<strong>ich</strong>en (und finanziellen!) Opfern<br />

bereit sein; die Hauptamtl<strong>ich</strong>en geben nur selten Anerkennung (z.B. in Form des<br />

schriftl<strong>ich</strong>en Dankes auf vorgedruckter Weihnachtskarte oder im Pfarrbrief); die<br />

Hauptamtl<strong>ich</strong>en entscheiden über die Ziele und Aufgaben und über die verbindl<strong>ich</strong>en<br />

Formen der ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeit.“ (Baumgartner, 1999, S. 51)<br />

Motive wie Nächstenliebe, Pfl<strong>ich</strong>terfüllung und Selbstlosigkeit waren in diesem „alten“<br />

Typ vorherrschend. Es geht jetzt aber n<strong>ich</strong>t darum, s<strong>ich</strong> von diesen Motiven zu<br />

verabschieden, sondern sie mit den Ansprüchen, die Engagierte an das „neue“ Ehrenamt<br />

haben, zu verbinden.<br />

Die Tendenz geht also weg vom Ehrenamtl<strong>ich</strong>en, der seine Arbeit aus Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein und<br />

Loyalität (gegenüber dem Gemeinwohl, einer Gesinnungsgemeinschaft und ihren<br />

Repräsentanten) heraus macht, hin zum Ehrenamtl<strong>ich</strong>en, der sie wegen der Sache an s<strong>ich</strong><br />

macht und persönl<strong>ich</strong>en Gewinn daraus ziehen möchte. Die Mehrzahl der HaussammlerInnen<br />

sind nach den Aussagen der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en VertreterInnen der „alten<br />

Schule“. Dies bestätigt auch Markus Lehner. Die HaussammlerInnen seien traditionell von<br />

einer grundsätzl<strong>ich</strong>en Treue zur Kirche und einem Pfl<strong>ich</strong>tgefühl der Aufgabe gegenüber (wer<br />

macht das denn, wenn <strong>ich</strong> aufhöre?) motiviert. Ferner spielten Bedenken, den Pfarrer zu<br />

enttäuschen, eine Rolle (vgl. Lehner, 2001, S. 3). Das hohe Durchschnittsalter der<br />

HaussammlerInnen (vgl. Fragebogen-Untersuchung, Kap.2.4.) 23 und die Aussagen der von<br />

mir interviewten SammlerInnen (vgl. Kap.4.3.) deuten ebenfalls darauf hin.<br />

Das Haussammeln selbst ist natürl<strong>ich</strong> kein Dienst, in dem man s<strong>ich</strong> über die Maßen selbst<br />

verwirkl<strong>ich</strong>en könnte (oder wie ein Interviewpartner es scherzhaft ausdrückte: „Daß jemand<br />

als Hobby Spendensammeln hat ...!?“) Selbstverständl<strong>ich</strong> hat es bisweilen schöne und<br />

positive Nebeneffekte, manchmal mehr und manchmal weniger. Dazu gehören vor allem<br />

Beziehungsaspekte: das In-Kontakt-Treten, die menschl<strong>ich</strong>e Begegnung, das freundl<strong>ich</strong>e<br />

Aufgenommen-Sein, das gute Gespräch. S<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> spielt dabei auch die spezifische<br />

Motivation der SammlerInnen eine Rolle. Einer Person, der es ein Anliegen ist, mit den<br />

Pfarrmitgliedern in Kontakt zu treten, wird in diesem Dienst viel eher Momente des „neuen<br />

Ehrenamts“ für s<strong>ich</strong> verwirkl<strong>ich</strong>en können, als eine Person, die zum Beispiel primär den<br />

Wunsch nach Kompetenzerweiterung hat.<br />

Alles in allem scheint die Haussammlung n<strong>ich</strong>t recht ins Konzept des „Ehrenamt neu“ zu<br />

passen – und sie durch strukturelle Abänderungen dahin zu bringen, daß sie den oben<br />

beschriebenen Kriterien wie Selbstverwirkl<strong>ich</strong>ung, Spaß, Sozialkontakte, Weiterbildung etc.<br />

23 Nach einer von Beher u.a. zitierten Studie ist bei Ehrenamtl<strong>ich</strong>en über 60 Jahren der Motivkreis „Helfen“<br />

(Verantwortung für andere, menschl<strong>ich</strong>e Not lindern) am deutl<strong>ich</strong>sten ausgeprägt. Bei den über 70jährigen hat<br />

zusätzl<strong>ich</strong> der Motivkreis „Pfl<strong>ich</strong>tgefühl“ eine große Bedeutung. Hedonistische Einstellungen wie<br />

„Gestaltungswille“ und „Ich-Bezug“ spielen demgegenüber bei Älteren eine untergeordnete Rolle (vgl. Beher<br />

u.a., 2000, S. 242).


39<br />

gerecht wird, wird n<strong>ich</strong>t mögl<strong>ich</strong> sein. Dennoch kann es aber durchaus fruchtbar sein, s<strong>ich</strong> zu<br />

überlegen, ob n<strong>ich</strong>t Modifikationen der einen oder anderen Art sinnvoll sind, ob n<strong>ich</strong>t<br />

Teilaspekte des Haussammelns weniger unattraktiv gestaltet werden können (siehe dazu<br />

Kap.3.12., Kap.4.13. und Kap.5.).<br />

3.3.2. Was tun wenn SammlerInnen fehlen?<br />

Die Aussagen der 6 Pfarren, die die Haussammlung als von-Tür-zu-Tür-Sammlung<br />

durchführen, lauten dahingehend, daß zwar jährl<strong>ich</strong> SammlerInnen ausfallen (zumeist aus<br />

Altersgründen), das Nachbesetzen aber zumeist gelingt (wenn es auch eine „Knochenarbeit“<br />

ist). D.h. das Nachbesetzen verlangt großes und zähes Engagement der<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en. Bis auf Pfarre 6, die aus einem Mangel an SammlerInnen 4<br />

Rayons unbesetzt hat lassen müssen, ist bei allen Pfarren der Bedarf gedeckt. Das soll aber<br />

keineswegs dazu verleiten, die Dimension des Problems abzuschwächen 24 .<br />

Im Großen und Ganzen gibt es zwei Mögl<strong>ich</strong>keiten, wie die Pfarren damit umgehen, wenn es<br />

zu wenig SammlerInnen gibt: man kann entweder Zahlscheine an die Haushalte der<br />

betreffenden Rayons schicken oder diese Rayons ganz unbesetzt lassen. Beide Coping-<br />

Strategien haben - wie die Erfahrungen der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en zeigen - ihre<br />

Schwächen: Es kann sein, daß s<strong>ich</strong> Leute beklagen, daß zu ihnen kein Sammler kommt und zu<br />

anderen Haushalten schon. Es kann auch sein, daß manche Haushalte dadurch unbeabs<strong>ich</strong>tigt<br />

doppelt besammelt werden. Es empfiehlt s<strong>ich</strong> auf jeden Fall, z.B. im Pfarrblatt darauf<br />

hinzuweisen, daß für ein bestimmtes Gebiet leider kein Sammler zu finden war, daß die Leute<br />

aber die Mögl<strong>ich</strong>keit haben, mittels Erlagschein zu spenden.<br />

Als Anschauungsbeispiel sei zum Schluß Pfarre 6 zitiert. Hier wurden 4 Rayons unbesetzt<br />

gelassen:<br />

„... aus dem Grund, weil ein Rayon war ein ganz neues Siedlungsgebiet. Da haben wir gesagt,<br />

wenn die jetzt erst vor 2 Monaten eingezogen sind, dann gehen wir n<strong>ich</strong>t gle<strong>ich</strong> hin und halten<br />

die Hand auf. Dann: Ein Rayon ist ein ganz schwieriger, wo die Leute 5 oder 20 Schilling<br />

hergeben, wenn sie überhaupt et<strong>was</strong> hergeben, und da haben wir dann gesagt, das ist eine<br />

derartige Mühe und Plage, das zahlt s<strong>ich</strong> dann n<strong>ich</strong>t aus. Bei zwei Rayons, da war es schade,<br />

daß wir niemanden gehabt haben, aber das war einfach so. Wir haben gesagt, dieses Jahr<br />

schauen wir, daß wir jemanden kriegen, .... aber werden wir sehen.“ (Pfarre 6)<br />

3.4. Wie geht das Anwerben vor s<strong>ich</strong>?<br />

Jede der befragten Pfarren ist davon betroffen, jedes Jahr aufs neue wieder SammlerInnen<br />

suchen zu müssen. Wie geht nun diese Suche vor s<strong>ich</strong>?<br />

Das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen nimmt bei allen 6 Pfarren den größten Raum ein (wie auch bei<br />

den Fragebogen-Pfarren, vgl. Kap.2.5.), und dies hauptsächl<strong>ich</strong> deswegen, weil es gegenüber<br />

anderen Formen des Anwerbens (wie Verlautbarung in der Messe, Ausschreibung im<br />

Pfarrblatt) ungle<strong>ich</strong> erfolgre<strong>ich</strong>er ist (vgl. Kap.2.5.2.) 25 . Die folgenden Wortmeldungen<br />

vermitteln uns ein Bild, wie das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen konkret vor s<strong>ich</strong> geht:<br />

24 Die Ergebnisse der Fragebogen-Teils verweisen im übrigen auf denselben N<strong>ich</strong>t-Zusammenhang, das heißt,<br />

der doch relativ geringe Bedarf an zusätzl<strong>ich</strong>en SammlerInnen korreliert n<strong>ich</strong>t mit dem Ausmaß des Problems<br />

(vgl. Kap.2.6. und Kap.2.7.).<br />

25 Nach Tania Weng gilt für so gut wie alle Organisationen (und konkret für die Caritas Linz), daß die<br />

klassischen Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen und Radio bei der Rekrutierung von Freiwilligen<br />

und Ehrenamtl<strong>ich</strong>en nur eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Weng, 2000, S. 7).


40<br />

„Ja, entweder <strong>ich</strong> schau am Kirchenplatz. Also da denk <strong>ich</strong> schon daheim nach: wen könnte<br />

<strong>ich</strong> anreden, wen könnte <strong>ich</strong> fragen? Oder <strong>ich</strong> frag auch den Pfarrer: wen stellst du dir vor,<br />

wenn könnte <strong>ich</strong> anreden? Und dann entweder seh <strong>ich</strong> die Leute am Kirchenplatz und rede<br />

schon einmal mit ihnen nach der Messe. Oder <strong>ich</strong> ruf sie einfach an und frag, ob sie s<strong>ich</strong> das<br />

vorstellen könnten. (...)<br />

Wenn wir jemanden Neuen suchen, das wird genauso bei der Messe verkündet oder auch im<br />

Pfarrblatt, daß wir einfach wieder neue Leute suchen, die s<strong>ich</strong> dafür bereit erklären. Aber da<br />

meldet s<strong>ich</strong> kein Mensch. Die Unsrigen müssen immer persönl<strong>ich</strong> angesprochen werden oder<br />

persönl<strong>ich</strong> eingeladen werden, .... weil sonst kommen sie n<strong>ich</strong>t. (...)<br />

Wenn mir gar niemand einfällt, dann frag <strong>ich</strong> schon irgend jemanden, den <strong>ich</strong> gut kenne: Wen<br />

könntest du dir denn vorstellen? Also, wenn mir diese Person z.B. abgesagt hat, dann sag <strong>ich</strong>:<br />

Na, fällt dir irgendwer anderer ein, der das machen könnte?“ (Pfarre 5)<br />

„Also, wir reden einmal im Pfarrgemeinderat darüber, - also da haben wir ein Brainstorming<br />

gemacht: wen könntet ihr euch prinzipiell vorstellen? Das ist einmal der eine Weg. Dann frag<br />

<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> die Sammler, die aufhören, ist jemand in der Gegend, - weil die kennen ja die<br />

Leute, die in der Gegend sind. Das ist so der zweite Weg. Der dritte Weg ist dann s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong><br />

auch, mir zu überlegen, welche Leute könnte <strong>ich</strong> mir prinzipiell aus dem aktiven Bere<strong>ich</strong><br />

vorstellen, auch wenn sie n<strong>ich</strong>t im Rayon wohnen. Weil oft ist es le<strong>ich</strong>ter, in einem fremden<br />

Rayon zu gehen, wo man n<strong>ich</strong>t wohnt. Also das heißt selber zu überlegen, oder auch im<br />

kleinen Kreis, z.B. im Vorstand. Und wenn <strong>ich</strong> dann 2, 3 oder 4 Damen hab, dann einfach<br />

einmal anreden.“ (Pfarre 6)<br />

„Wenn <strong>ich</strong> jemanden Neuen suchen muß, bin <strong>ich</strong> halt froh, wenn <strong>ich</strong> eine Liste hab, wo <strong>ich</strong><br />

draufschauen kann und dann jemanden ansprech. Bzw. schau <strong>ich</strong> mir so über ein Jahr lang<br />

verschiedenste Personen an - ohne daß sie das wissen - und im gegebenen Augenblick schlag<br />

<strong>ich</strong> zu. (...)<br />

Sie können in der Messe sehr viel verlautbaren. Die Leute sitzen drinnen, und wenn Sie sie<br />

fragen: Du, wann ist jetzt diese oder jene Sache? ,Ja, das weiß <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t’..... Also, die<br />

Aufmerksamkeit ist sehr gering. Es bringt auch wenig, wenn man sagt, wir würden dringend<br />

Sammler brauchen. Ich getraue es mir zu sagen: es würde s<strong>ich</strong> kein einziger melden. Im<br />

Grunde genommen läuft das wirkl<strong>ich</strong> über das persönl<strong>ich</strong>e Ansprechen.“ (Pfarre 9)<br />

„Wir schauen da schon immer rechtzeitig, und wir haben natürl<strong>ich</strong>,... unser Pfarrer übt<br />

vielle<strong>ich</strong>t..... er ist eine zieml<strong>ich</strong>e Autorität in der Pfarre und wenn er jemanden ersucht, daß er<br />

sammeln geht, sagt kaum wer nein. Er nimmt mir das meistens ab. Ich sag ihm: die und die<br />

fällt aus und wir überlegen dann gemeinsam: wer wohnt dort, der s<strong>ich</strong> zur Kirche zugehörig<br />

fühlt? Und bis jetzt hat immer er gefragt und es hat noch nie ein Problem gegeben. Es hat auch<br />

noch nie wer abgelehnt.“ (Pfarre 1)<br />

Die geringe Resonanz anderer Anwerbungsformen (Verlautbarung in der Kirche,<br />

Ausschreibung im Pfarrbrief) wird auch durch den Fragebogen bestätigt (siehe Kap.2.5.2).<br />

Der Erfolg des persönl<strong>ich</strong>en Ansprechens hingegen ist sehr hoch. Es ist zwar am mühsamsten,<br />

zugle<strong>ich</strong> aber am auss<strong>ich</strong>tsre<strong>ich</strong>sten.<br />

Auch Olk stellt fest: „Die bisher gemachten Erfahrungen weisen übereinstimmend darauf hin, daß insbesondere<br />

generelle, breit gestreute Appelle in den Massenmedien wenig dazu beitragen können, um Personen relativ direkt<br />

zur Übernahme konkreter ehrenamtl<strong>ich</strong>er Tätigkeiten anzuregen. Die besonderen Perzeptionsbarrieren und –<br />

bereitschaften einzelner Bevölkerungsgruppen bzw. das Wirken eventuell gegenläufiger Faktoren können bei<br />

ungezielten Überzeugungsprogrammen zu wenig berücks<strong>ich</strong>tigt und modifiziert werden. Solche Programme<br />

verpuffen daher entweder folgenlos, oder sie produzieren ,Strohfeuereffekte’.“ (Olk, 1990, S. 255f. zitiert nach<br />

Beher u.a., 2000, S. 251)


41<br />

3.4.1. Auswahlkriterien<br />

Nach welchen Kriterien werden die in Frage kommenden Personen ausgewählt?<br />

Pfarre 9 bedenkt bei ihrer Vor-Auswahl folgendes: persönl<strong>ich</strong>e Bekanntschaft, Empfehlungen<br />

anderer SammlerInnen, vorauss<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>e Akzeptanz bei den Besammelten. Zwei<br />

ausführl<strong>ich</strong>ere Antworten zu diesem Thema möchte <strong>ich</strong> hier wiedergeben:<br />

„Ein Kriterium ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong>, daß <strong>ich</strong> mir denk, der muß s<strong>ich</strong> irgendwie mit dem identifizieren<br />

können, prinzipiell. Weil wenn <strong>ich</strong> mir denk, der hat mit dem n<strong>ich</strong>ts am Hut, dann macht der<br />

das sowieso n<strong>ich</strong>t, dann brauch <strong>ich</strong> ihn gar n<strong>ich</strong>t fragen. Das zweite ist, daß es ein bißchen eine<br />

gestandene Person sein soll, weil sie müssen s<strong>ich</strong> ja auch <strong>was</strong> anhorchen lassen. Das dritte ist,<br />

wenn <strong>ich</strong> die Wahl hab zwischen einer freundl<strong>ich</strong>en, liebenswerten Person, die bei den Leuten<br />

ankommt und n<strong>ich</strong>t mit der Tür ins Haus fällt und bei der ersten Gegenrede aggressiv wird,...<br />

Also, daß <strong>ich</strong> das Gefühl hab, auch wenn sie angeflogen werden, dann können sie es gut<br />

packen. Dann natürl<strong>ich</strong>: die Zeit muß sie haben und die Mögl<strong>ich</strong>keiten auch. Wenn einer eh<br />

schon wahnsinnig viel in der Pfarre tut, also der keinen Raum mehr hat, den rede <strong>ich</strong> natürl<strong>ich</strong><br />

auch n<strong>ich</strong>t an.“ (Pfarre 6)<br />

„Wer hat ein Geschick, kann gut umgehen mit Leuten, ist eine Persönl<strong>ich</strong>keit, auf die man<br />

zugeht? Wenn man mehrere zur Auswahl hat -...... das klingt jetzt recht toll, diese Kriterien.<br />

Und vor allem schon: aktiv zur Kirche gehörend. Und jetzt schauen wir natürl<strong>ich</strong> auch, daß die<br />

Leute vielle<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t zu alt sind. Also Mittelalter ist so unsere Zielgruppe, 35, 40, 45.“ (Pfarre<br />

1)<br />

Zu bedenken ist, wie Pfarre 1 bemerkt, daß die Auswahl an potentiellen HaussammlerInnen<br />

zumeist n<strong>ich</strong>t sehr groß ist. Ausgangspunkt für die Suche nach neuen SammlerInnen ist - vor<br />

allen anderen Kriterien - die Frage: Wer könnte mir zusagen? Wen schätze <strong>ich</strong> so ein, daß er<br />

für diesen Dienst aufgeschlossen ist oder zumindest n<strong>ich</strong>t nein sagt? Wenn die Menge der<br />

Leute, die bereit für diesen Dienst sind, sehr klein ist, kann man n<strong>ich</strong>t so wählerisch sein. Das<br />

Hauptkriterium ist demnach: Gibt es jemanden bzw. kenne <strong>ich</strong> in dem betreffenden neu zu<br />

besetzenden Gebiet jemanden, der das Sammeln übernehmen könnte?<br />

3.5. Wie geht es den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en bei ihrer Arbeit?<br />

Der Erfolg des persönl<strong>ich</strong>en Anwerbens ist wie schon erwähnt sehr hoch – das sagt aber noch<br />

n<strong>ich</strong>ts darüber aus, wieviel Aufwand dahintersteckt. Wie beurteilen die einzelnen Pfarren die<br />

Schwierigkeit der Nachfolger-Suche?<br />

Mit Ausnahme von Pfarre 3, die das erste Mal seit langem die Haussammlung wieder<br />

persönl<strong>ich</strong> durchführte (<strong>was</strong> sehr großes Echo in der Pfarrgemeinde fand und viele<br />

Pfarrmitglieder s<strong>ich</strong> freiwillig zum Sammeln melden ließ), beschreiben alle Pfarren das<br />

Anwerben von SammlerInnen als sehr mühsam und zeitaufwendig. Viele<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en machen s<strong>ich</strong> schon ein Jahr vor Beginn der nächsten<br />

Haussammlung Gedanken darüber, welche Personen als neue SammlerInnen in Frage<br />

kommen könnten (Pfarre 1, 5, 6, 9).


42<br />

Insgesamt beurteilen sie diese Aufgabe aber zumeist als positiv. Das Zitat von Pfarre 6<br />

spiegelt den Grundtenor der Aussagen auch der anderen interviewten<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en wieder 26 :<br />

„Diese Dinge, die kommen ja wirkl<strong>ich</strong> guten Sachen zugute. Und <strong>ich</strong> denk mir, mein<br />

Engagement ist halt, das zu organisieren und letztendl<strong>ich</strong> kommt es diesem Ganzen zugute.<br />

Wenn es auch manchmal mühsam ist, jemanden suchen zu müssen und so weiter, letztl<strong>ich</strong> ist<br />

es ein sozialer Auftrag.“ (Pfarre 6)<br />

3.5.1. Ist das Nachbesetzen von SammlerInnen in bestimmten Rayons<br />

schwieriger als in anderen?<br />

Bis auf zwei Pfarren, die darüber keine Angaben machten, bestätigen alle Pfarren einen<br />

Unterschied je nach Rayon. Pfarre 5 und Pfarre 2 meinen, im städtischen Bere<strong>ich</strong> sei das<br />

Finden von NachfolgerInnen schwieriger:<br />

„Am Land bekommst du die Leute le<strong>ich</strong>t, am Land bekommst du auch dementsprechend das<br />

Geld, aber drinnen im Ort wird es immer schwieriger. Weil die Leute machen dir einfach n<strong>ich</strong>t<br />

auf. Du hörst, es ist wer drinnen, aber sie machen einfach n<strong>ich</strong>t auf. Oder wenn sie dir<br />

aufmachen, erzählen sie dir, daß sie mehr oder weniger dagegen sind, oder geben gar n<strong>ich</strong>ts<br />

her und sagen: Das interessiert m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Oder sie geben dann teilweise 10 oder 20 Schilling<br />

her. Und da sagen die Sammler: da renn <strong>ich</strong> fünfmal hin und dann bekomm <strong>ich</strong> 20 Schilling,<br />

das interessiert m<strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t mehr. Also da ist es schwieriger.“ (Pfarre 5)<br />

„Es gibt schon schwierige Rayons, besonders dort, wo Hochhäuser sind. Bei den Ortschaften<br />

draußen ist es le<strong>ich</strong>ter, weil die Leute s<strong>ich</strong> kennen. Schwieriger wird es in den<br />

Ballungszentren, wo es Siedlungen gibt und Hochhäuser.“ (Pfarre 2)<br />

Pfarre 9, eine städtische Pfarre, konstatiert, daß das Sammeln in Gebieten, die von vermehrter<br />

Kirchenferne geprägt sind, unattraktiver ist. Meist betrifft das Häuser mit hoher Fluktuation,<br />

Häuser mit einem hohen Ausländeranteil und prinzipiell Häuser, in denen sehr viele<br />

Menschen wohnen. Ähnl<strong>ich</strong> charakterisiert Pfarre 6 die „schwierigen Rayons“:<br />

„Zum Beispiel haben wir ein Haus, da müssen wir heuer auch wen Neuen suchen, das hängt<br />

sehr klar von den Einzeltypen ab, die drin wohnen. Dort herrscht ein bißchen eine Art<br />

Antikirchenstimmung. Dann der eine Wohnblock, für den wir auch wen suchen, ist ein Haus,<br />

wo relativ viel Fluktuation ist, wo anscheinend schwierige Leute drinnen wohnen.“ (Pfarre 6)<br />

Zusammenfassend läßt s<strong>ich</strong> in bezug auf die Rayons sagen: Das Sammeln (und damit auch<br />

die Nachbesetzung von SammlerInnen) gestaltet s<strong>ich</strong> umso mühsamer, je mehr Menschen auf<br />

kleinem Raum leben und je größer die Anonymität ist (Hochhäuser), je höher die Fluktuation<br />

ist, und je mehr kirchenfernstehende Personen in einem Gebiet wohnen.<br />

Pfarre 6 merkt dazu noch einen anderen Aspekt an:<br />

„Das andere Kriterium ist, daß die Bewertung, ob es gut geht oder n<strong>ich</strong>t, nach den Sammlern<br />

geht. Z.B. eine Sammlerin sagt: das ist wahnsinnig schwer in diesem Haus, die machen die<br />

Türe zu oder lachen m<strong>ich</strong> aus, oder <strong>was</strong> immer. Man weiß natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, wenn wer anderer<br />

hinkommen würde, unter Umständen wär es le<strong>ich</strong>ter, das kann schon sein; weil ein anderer ist<br />

da härter im Nehmen,.. Also de facto die Beurteilung, ob es ein schwieriger Rayon ist oder<br />

26 Für einen Interviewpartner trifft das nur bedingt zu, weil er eine grundlegende Skepsis dem etablierten<br />

Spendensystem gegenüber hegt. Die einzelnen Kritikpunkte, die in diesem Interview zur Sprache kamen,<br />

werden in dieser Studie n<strong>ich</strong>t behandelt, weil dies einer weitergehenden Diskussion bedürfte und das<br />

Spendensystem an s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t Thema dieser Untersuchung ist.


43<br />

n<strong>ich</strong>t, geht von den Sammlern aus, die das Amt dann unter Umständen niederlegen. Ich<br />

vermute, daß es tatsächl<strong>ich</strong> so ist, daß s<strong>ich</strong> ein anderer auch schwer tut. Aber es kommt<br />

s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> auf die Sammler an, wo s<strong>ich</strong> der eine in dem schwieriger Rayon vielle<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>ter<br />

tut, weil er der geeignete Typ dafür ist.“ (Pfarre 6)<br />

Persönl<strong>ich</strong>keit und Charakter der SammlerInnen sind s<strong>ich</strong>er keine zu vernachlässigenden<br />

Größen. N<strong>ich</strong>t umsonst wird ja auch bei der Auswahl der SammlerInnen auf bestimmte<br />

Eigenschaften wert gelegt – das heißt, im Idealfall. Wenn aber die Auswahl n<strong>ich</strong>t groß ist, und<br />

man auf Personen angewiesen ist, die s<strong>ich</strong> dieser Aufgabe „erbarmen“, weil es sonst<br />

niemanden gibt, kann es durchaus sein, daß auch Charaktere diesen Dienst übernehmen, die<br />

wenig schlagfertig sind, die eine n<strong>ich</strong>t so dicke Haut haben o.ä.. Natürl<strong>ich</strong> spielen bei der<br />

Aufnahme bei den Besammelten auch ganz subjektive Kriterien eine Rolle, näml<strong>ich</strong><br />

allgemeine und weniger allgemeine Sympathiewerte (das heißt: der/die eine ist so gut wie<br />

allen sympathisch, der/die andere nur einer bestimmten Gruppe, der/die eine kommt besser an<br />

als der/die andere).<br />

Wie geht man mit schwierigen Rayons um? Jene InterviewpartnerInnen, die mir von<br />

Problemgebieten ber<strong>ich</strong>teten, lassen die betreffenden Rayons unbesetzt, wenn s<strong>ich</strong> niemand<br />

dafür meldet. In der Regel wenden sie auch n<strong>ich</strong>t weiß Gott wieviel Energie dafür auf, für<br />

diese problematischen Rayons jemanden zu finden, sondern schauen lieber, daß die anderen<br />

Gebiete besetzt sind bzw. besetzt werden. Man muß ja das freiwillige Engagement n<strong>ich</strong>t<br />

überstrapazieren.<br />

3.6. Was sind die „unfreundl<strong>ich</strong>en“ Seiten des Sammlerdienstes? 27<br />

Im vorigen Kapitel ist schon angeklungen, daß das Sammeln-Gehen n<strong>ich</strong>t immer eine le<strong>ich</strong>te<br />

Angelegenheit ist. Häufig genannt wird die Angst, „blöd“ angeredet zu werden, als<br />

Angriffsfläche für Kritik an und Unzufriedenheit mit der Kirche, der Caritas oder der Pfarre<br />

herhalten zu müssen. Von Erfahrungen in diesem Zusammenhang ber<strong>ich</strong>ten zwei Drittel der<br />

InterviewpartnerInnen (Pfarre 2, 4, 5, 6, 8, 9). Die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre<br />

9, die selbst auch sammeln geht, weiß das aus eigener Erfahrung:<br />

„Ich hab mir bewußt diese Straßenzüge genommen, die die miesesten sind. Um mir n<strong>ich</strong>t<br />

sagen lassen zu müssen, <strong>ich</strong> würde mir die Rosinen herausnehmen. Und es ist ja auch w<strong>ich</strong>tig<br />

für den, der das leitet, daß er wirkl<strong>ich</strong> die Schwachpunkte oder die schlechtesten Situationen<br />

praktisch selber erlebt, damit er weiß, wovon die anderen reden. Es passiert mir, daß jemand<br />

m<strong>ich</strong> anschnauzt, ,Vergessen Sie m<strong>ich</strong>, <strong>ich</strong> hab n<strong>ich</strong>ts übrig’, oder ,die Kirche interessiert m<strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t’. Also es wird viel Frust abgeladen“. (Pfarre 9)<br />

Kommen diese Anpöbelungen nun tatsächl<strong>ich</strong> oft vor oder ist es primär „nur“ die<br />

Befürchtung, daß man damit konfrontiert werden könnte? Pfarre 6 gibt darauf eine schlüssige<br />

Antwort:<br />

„Es kommt n<strong>ich</strong>t sehr oft vor, ist aber auch n<strong>ich</strong>t nur primär eine Angst. Weil es ja genügt,<br />

wenn es von 30 Besuchen einmal passiert. Also das heißt, das ist dann n<strong>ich</strong>t sehr oft, aber es<br />

genügt unter Umständen einmal, daß <strong>ich</strong> das als Belastung empfinde, als sehr bedrückend.<br />

Und es ist auch schwierig dann zu sagen, 29mal bin <strong>ich</strong> eh n<strong>ich</strong>t angeflogen worden und bei<br />

27 Was eine unfreundl<strong>ich</strong>e Seite hat, muß auch eine freundl<strong>ich</strong>e Seite haben, sonst würde man n<strong>ich</strong>t von „Seite“<br />

sprechen. Wie Sie bemerken werden, ist dieser freundl<strong>ich</strong>en Seite in diesem Abschnitt aber kein eigenes Kapitel<br />

gewidmet. Der Grund dafür liegt darin, daß die Frage nach diesen positiven Aspekten in den Interviews mit den<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en n<strong>ich</strong>t explizit gestellt wurde. Thematischer Schwerpunkt in diesen Interviews<br />

war ja n<strong>ich</strong>t das Sammeln an s<strong>ich</strong>, sondern die Schwierigkeit der Nachfolgersuche. Ein umfassenderes, beide<br />

Seiten einbeziehendes Bild vom Sammeln finden Sie in Kapitel 4, in dem die SammlerInnen selbst zu Wort<br />

kommen (vgl. Kap.4.5.).


44<br />

25 bin <strong>ich</strong> sogar sehr positiv aufgenommen worden,.. - da überwiegt dann wahrscheinl<strong>ich</strong><br />

dieses einmal oder zweimal vorkommende negative Erlebnis.“ (Pfarre 6)<br />

Als zweiter, auf die Dauer zermürbender Umstand wird die Schwierigkeit genannt, in die<br />

Häuser überhaupt hineinzukommen. Insgesamt 7 Pfarren führten diesen Punkt an (Pfarre 2, 4,<br />

5, 6, 7, 8, 9). Als Beispiel seien hier nur die Aussagen von Pfarre 8 und 9 wiedergegeben:<br />

„Jeder will für s<strong>ich</strong> alleine sein. Ich möchte <strong>gern</strong> am Abend, wenn <strong>ich</strong> heimkomm, meine<br />

Ruhe haben. Ich sperre zu, und da bin <strong>ich</strong> jetzt in meinem persönl<strong>ich</strong>en Bere<strong>ich</strong>. Und da will<br />

<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t weiß Gott wie viele Leute hereinlassen.“ (Pfarre 8)<br />

„Die meisten Leute sind berufstätig. Man erwischt sie dann praktisch nur am Abend, und da ist<br />

die Zeitspanne, in der man sammeln gehen kann, dann sehr gering. Das größere Problem ist,<br />

daß man überhaupt hineinkommt in so ein Haus. (Pfarre 9) 28<br />

Wie die SammlerInnen selbst die negativen Seiten dieses Dienstes beurteilen, werden wir in<br />

Kapitel 4.6. sehen. Tatsache ist, daß die hier besprochenen unfreundl<strong>ich</strong>en Aspekte das Bild<br />

der Sammlertätigkeit prägen, und auf manche mag das wohl abschreckend wirken. Umso<br />

achtenswerter ist es also, wenn Menschen diesen Dienst trotz seiner Widrigkeiten<br />

übernehmen. Pfarre 4, die selber keine persönl<strong>ich</strong>e Sammlung durchführt, hat diesen Respekt<br />

zum Ausdruck gebracht:<br />

„Respekt vor diesen Frauen und Männern, die diesen Weg gehen – weil <strong>ich</strong> denke (und das<br />

hör <strong>ich</strong> gelegentl<strong>ich</strong>, wenn das Rote Kreuz kommt oder die Feuerwehrmänner kommen), daß<br />

es oft ein blutiger Weg ist, ein steiniger Weg, weil sie immer wieder so viel Unverständnis und<br />

zum Teil oft auch r<strong>ich</strong>tige Anpöbelungen erleben müssen“ (Pfarre 4)<br />

3.7. Mit welchen Begründungen wird dieser Dienst abgelehnt?<br />

Wie begründen Personen, die gefragt worden sind, ob sie den Sammlerdienst übernehmen<br />

würden, ihre Absagen? Die Antworten auf diese Frage waren sehr übereinstimmend:<br />

„Daß sie das n<strong>ich</strong>t zusammenbringen, betteln zu gehen. Das wollen sie einfach n<strong>ich</strong>t, einfach<br />

wegen dem Geld betteln zu gehen, von Haus zu Haus. Sie sagen auch oft: Wenn es um<br />

irgendeine andere Arbeit geht, wenn du m<strong>ich</strong> brauchst, das tu <strong>ich</strong> dir <strong>gern</strong>, aber das mach <strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t. Ich muß selber sagen, wenn alle Stricke reißen, und <strong>ich</strong> hab für einen Rayon niemanden,<br />

dann geh <strong>ich</strong> selber. Mir ist es aber auch zuwider. Also so liebend <strong>gern</strong> geh <strong>ich</strong> dann selber<br />

auch n<strong>ich</strong>t.“ (Pfarre 5)<br />

„Ja im Grunde eigentl<strong>ich</strong> spüre <strong>ich</strong> immer heraus: nein, das will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Ich möchte mir das<br />

n<strong>ich</strong>t antun, da anklopfen und dort sagen: Gebt mir <strong>was</strong>. Das ist nahezu der alleinige Grund<br />

eigentl<strong>ich</strong>. Es ist nie ein Zeitgrund gewesen, den sie genannt hätten, es ist nie gewesen, daß sie<br />

es n<strong>ich</strong>t können würden. Also <strong>ich</strong> meine, einen, der n<strong>ich</strong>t reden kann und nur stottert, den rede<br />

<strong>ich</strong> eh n<strong>ich</strong>t an. Es ist eigentl<strong>ich</strong>, daß gesagt wird: Ich tu mir das n<strong>ich</strong>t an. Das will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t.<br />

Eine persönl<strong>ich</strong>e Abneigung gegen das Sammeln. Jetzt n<strong>ich</strong>t gegen die soziale Hilfe, gegen die<br />

Caritas an s<strong>ich</strong>, sondern einfach, daß man dort hingeht und s<strong>ich</strong> dem aussetzt.“ (Pfarre 6)<br />

„Ich mag das n<strong>ich</strong>t, zu den Leuten zu gehen und um Geld betteln. Das mag <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Ich mein,<br />

bei den Sternsin<strong>gern</strong> ist das et<strong>was</strong> anderes. Da kommen Kinder, die singen ein Lied - als wie<br />

28 Pfarre 9 weiß aber auch, wie man das Problem, Eingang in Mehrfamilienhäuser zu finden, abschwächen<br />

könnte. Es sei w<strong>ich</strong>tig, „daß man in so einem Haus eine Art Kontaktperson hat, oder sogar eine Person, die dort<br />

wohnt und sammelt - das ist natürl<strong>ich</strong> der Idealfall. Weil die vertut auch n<strong>ich</strong>t viel Zeit. Die sieht, wenn dort das<br />

L<strong>ich</strong>t brennt z.B., oder weiß in etwa die Gepflogenheiten der dort Wohnenden.“ (Pfarre 9)


45<br />

man geht mit einer Liste hin und sagt, ja, <strong>ich</strong> komm jetzt, um für die Caritas Geld zu<br />

sammeln“. (Pfarre 8) 29<br />

Die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre 1, die noch n<strong>ich</strong>t mit Absagen konfrontiert<br />

wurde und deshalb auch keine Begründungen nennen kann, bezieht diese Frage auf s<strong>ich</strong><br />

selber und kommt zu einer inhaltl<strong>ich</strong> gle<strong>ich</strong>en Antwort:<br />

„Naja, mir persönl<strong>ich</strong> würde es wahrscheinl<strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t so liegen. Ich würde m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t als<br />

Bettler empfinden, aber ja, es muß einem schon wahrscheinl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts ausmachen.“ (Pfarre 1)<br />

Auch die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre 9 erweitert diese Antwort um ihre<br />

eigenen Erfahrungen als Sammlerin:<br />

„,Nein, das tu <strong>ich</strong> mir n<strong>ich</strong>t an’, z.B.. ,Nein, betteln gehen, das kann <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t’. ,Wenn <strong>ich</strong><br />

einmal in Pension bin, dann ja, aber jetzt hab <strong>ich</strong> keine Zeit’. ,Wenn es n<strong>ich</strong>t zu viel ist, kann<br />

<strong>ich</strong> es mir vorstellen’. Oder ,Nein, <strong>ich</strong> laß m<strong>ich</strong> doch n<strong>ich</strong>t von den Leuten blöd anreden’.<br />

Aber das kommt eher selten, also eher die ersteren. Wobei das zum Teil, das sag <strong>ich</strong> jetzt<br />

einmal, keine wahren Gründe sind, sondern das ist einfach die innere Angst, die die Personen<br />

haben vor diesem Tun. Das sag näml<strong>ich</strong> <strong>ich</strong> jetzt von mir selber auch. Und das weiß <strong>ich</strong> auch<br />

von anderen. Jedesmal, wenn <strong>ich</strong> zum ersten Mal den Korb mit meinen Unterlagen nehme und<br />

bei der ersten Glocke anläute, habe <strong>ich</strong> ein mulmiges Gefühl. Es ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> eine Tätigkeit,<br />

wo man sehr aus der Normalität herausgehen muß.“ (Pfarre 9)<br />

Alle Aussagen haben in irgendeiner Formulierung zum Inhalt, daß das Sammeln unangenehm<br />

ist, daß es mit Betteln assoziiert ist. Was genau das Unangenehme daran ist, wird n<strong>ich</strong>t näher<br />

spezifiziert. Das Unangenehme erscheint diffus, undefinierbar. Man mag s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t der<br />

Situation aussetzen, man mag es n<strong>ich</strong>t, um Geld zu bitten. Man möchte keine negativen<br />

Reaktionen befürchten müssen. Warum aber? Was ist so unangenehm daran, um Geld zu<br />

bitten?<br />

Die Fragebogen-Pfarren machten dieselben Aussagen. Hier stehen ebenfalls Gründe an<br />

vorderster Stelle, die dieses n<strong>ich</strong>t näher definierte Unangenehme umschreiben: <strong>„Bei</strong> <strong>was</strong><br />

<strong>anderem</strong> <strong>helf</strong> <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e, aber sammeln gehen will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t“, „Mir ist es unangenehm, betteln<br />

zu gehen“. (Zwar wird dort auch dem Zeitmangel-Argument großes Gew<strong>ich</strong>t zugesprochen,<br />

dies dürfte aber – wie auch die von mir interviewten Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en meinen<br />

- zumeist ein vorgeschobenes Argument sein 30 . Die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en nehmen<br />

schließl<strong>ich</strong> zumeist schon in ihrer Vorauswahl darauf Rücks<strong>ich</strong>t, ob eine Person Zeit hat oder<br />

n<strong>ich</strong>t.)<br />

Die Mehrzahl der Ablehnungen wird also mit einem diffusen Gefühl des Unangenehmen,<br />

Unwohl-Seins begründet. Das macht die Sache schwierig. Einem „handfesten“ Grund wäre<br />

le<strong>ich</strong>ter und vor allem direkter abzu<strong>helf</strong>en als einem generellen Unbehagen. Wäre der<br />

Hauptgrund zum Beispiel, daß das Haussammeln zu viel Freizeit beansprucht, dann könnte<br />

man überlegen, wie man die Haussammlung weniger zeitaufwendig für den einzelnen<br />

organisiert. Aber so weiß man natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, wo ansetzen.<br />

Wir werden weiter hinten (in Kap.4.11.1) noch sehen, <strong>was</strong> die N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen zu<br />

diesem Thema zu sagen haben, welche Begründungen sie vorbringen.<br />

29 Pfarre 8 kommt hier zu Wort, obwohl sie gegenwärtig keine persönl<strong>ich</strong>e Haussammlung durchführt. Das<br />

Statement bezieht s<strong>ich</strong> auf die Zeit, als das noch der Fall war.<br />

30 Zeit hat man, wofür man s<strong>ich</strong> Zeit nimmt, so könnte man die Aussage einer Sammlerin zusammenfassen, die<br />

zu diesem „Zeit-Argument“ Stellung nimmt: „irgendwo ist es Einbildung auch, weil die 2 Nachmittage, da geh<br />

<strong>ich</strong> um eins fort und um fünf komm <strong>ich</strong> heim, und dann hab <strong>ich</strong> das, wenn <strong>ich</strong> es will.“ (Frau S.)


46<br />

3.7.1. Wie gehen die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en mit Absagen um?<br />

Als Reaktion auf erhaltene Absagen ist n<strong>ich</strong>t viel anderes mögl<strong>ich</strong> als das Akzeptieren<br />

derselben. Pfarre 6 beschreibt die näheren Gründe dafür:<br />

„Ich akzeptiere das sehr schnell. Vor allem aus dem Grund, weil <strong>ich</strong> mir denke, man kann<br />

natürl<strong>ich</strong> wen unter Druck setzen oder überreden, aber erstens hält das eh n<strong>ich</strong>t lang, dann geht<br />

das eh schief. Und <strong>ich</strong> möchte prinzipiell, daß die Leute, die et<strong>was</strong> freiwillig machen, daß die<br />

das prinzipiell mit Überzeugung und auch mit Freude tun - also soweit es halt mögl<strong>ich</strong> ist.<br />

Also dieses positive Zustimmen soll auf jeden Fall dabei sein. Und wenn sie das n<strong>ich</strong>t haben,<br />

dann sag <strong>ich</strong>, nein, das hat keinen Sinn. Ich bin dir eh n<strong>ich</strong>t harb.“ (Pfarre 6)<br />

Die Reaktionen von Pfarre 9 fallen unterschiedl<strong>ich</strong> aus, je nachdem, wo die Gründe für die<br />

Absagen liegen:<br />

„Das kommt drauf an. Wenn er sagt, er hat jetzt keine Zeit, erst wenn er in Pension ist, dann<br />

sag <strong>ich</strong>: <strong>ich</strong> werde d<strong>ich</strong> in meinem Gedächtnis behalten, und bei gegebenen Anlaß komm <strong>ich</strong><br />

wieder darauf zurück oder wenn du einmal glaubst, du hättest Zeit, dann kannst du d<strong>ich</strong><br />

natürl<strong>ich</strong> bei mir melden. Wenn jemand kategorisch sagt: Das kann <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t und das will <strong>ich</strong><br />

auch n<strong>ich</strong>t - dann bohr <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t weiter, dann sag <strong>ich</strong> ,Gut, geht in Ordnung, paßt’.<br />

Oder wenn jemand in einem Hochhaus wohnt z.B., und dieser Person das ganze Hochhaus zu<br />

viel ist, daß man sagt: ,Kannst du dir vorstellen, daß du deinen Stock machst, und eventuell die<br />

Liste weitergibst, einen Stock hinunter z.B., wo du vielle<strong>ich</strong>t auch wieder wen kennst?’ Und<br />

am Ende hast du das ganze Haus gesammelt. Oder ,Kannst du dir vorstellen, daß du der<br />

Ansprechpartner bist für Sammler X, der bei dir jedesmal läuten darf, wenn er ins Haus rein<br />

will?’ (Pfarre 9) 31<br />

Abgesehen vom Akzeptieren der Absagen sind die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en darauf<br />

bedacht, eventuell schlummernde Potentiale n<strong>ich</strong>t im Tiefschlaf zu belassen, sondern zur<br />

gegebenen Zeit und mit modifizierten Vorschlägen zu wecken („Läßt s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t doch noch<br />

<strong>was</strong> machen?“) - dies natürl<strong>ich</strong> nur unter der Voraussetzung, daß keine grundlegende<br />

Ablehnung gegen das Sammeln besteht. Sensibilität bedarf es aber n<strong>ich</strong>t nur hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />

dieser schlummernden Potentiale, sondern auch in bezug darauf, wann s<strong>ich</strong> eine betroffene<br />

Person gedrängt fühlen könnte. Letzteres gilt insbesondere bei Personen, die s<strong>ich</strong> schwer mit<br />

dem Nein-Sagen tun. Die Überzeugungsarbeit darf n<strong>ich</strong>t soweit gehen, einen menschl<strong>ich</strong>en<br />

Schwachpunkt auszunutzen.<br />

3.8. Ist das Haussammeln mit anderen freiwilligen Diensten<br />

vergle<strong>ich</strong>bar?<br />

Die Aussagen der Pfarren zu diesem Thema lassen s<strong>ich</strong> mit dem Zitat von Pfarre 5 gut auf den<br />

Punkt bringen: „Für andere Dienste sind die Leute meist eher bereit, s<strong>ich</strong> zu engagieren, als<br />

für die Haussammlung“. Eine Ausnahme stellt hier nur Pfarre 3 dar, in der die<br />

Wiedereinführung der persönl<strong>ich</strong>en Sammlung von einer großen Anzahl von<br />

Pfarrgemeindemitgliedern mitgetragen wurde.<br />

Warum ist das Sammeln weniger attraktiv als andere pfarrl<strong>ich</strong>e Dienste? Da ist einmal das<br />

generelle Unbehagen, wenn es darum geht, jemanden persönl<strong>ich</strong> um Geld zu bitten. Man weiß<br />

n<strong>ich</strong>t, <strong>was</strong> einen in den einzelnen Haushalten erwartet. Man muß s<strong>ich</strong> darauf einstellen, auch<br />

mit negativen Reaktionen konfrontiert zu werden. Das Sammeln ist ein Dienst, den man<br />

alleine macht. Man ist durch das Sammeln-Gehen öffentl<strong>ich</strong> angreifbar. Man wird vielle<strong>ich</strong>t<br />

in die Position gedrängt, die Kirche, die Pfarre oder die Caritas verteidigen zu müssen....<br />

31 siehe dazu auch Kap.3.12., Beispiel 4.


47<br />

Die aufgezählten negativen Aspekte treffen kaum (und schon gar n<strong>ich</strong>t in ihrer Summe) auf<br />

andere pfarrl<strong>ich</strong>e Dienste zu. Am ehesten vergle<strong>ich</strong>bar mit dem Haussammeln ist noch der<br />

Besuchsdienst in Pflegeheimen, Altenheimen oder Krankenhäusern. Der große Unterschied<br />

zum Sammeln liegt aber darin, daß man hier erstens n<strong>ich</strong>t als Bittender, sondern als Gebender<br />

kommt, und daß man zweitens weiß, daß man willkommen ist.<br />

Natürl<strong>ich</strong> hat das Sammeln auch positive Aspekte (vgl. Kap.4.5.), z.B. die Freude der<br />

Besammelten, wenn man kommt – dem gegenüber steht aber die Angst, n<strong>ich</strong>t gut<br />

aufgenommen zu werden. Bei allen anderen Diensten weiß man, daß man willkommen ist,<br />

weiß man, daß die Mithilfe gewünscht und geschätzt ist, und einem n<strong>ich</strong>ts Negatives in Form<br />

von Ablehnung, Abweisung o.ä. passieren kann. Das Sammeln wird zwar von den<br />

Pfarrverantwortl<strong>ich</strong>en, den Caritas-MitarbeiterInnen auch geschätzt, aber die Reaktionen der<br />

Menschen, bei denen man anläutet, sind eben n<strong>ich</strong>t gewiß. Von denen ist man n<strong>ich</strong>t<br />

eingeladen, die empfinden einen vielle<strong>ich</strong>t als aufdringl<strong>ich</strong> oder belästigend.<br />

Eine Gegenüberstellung von beliebten und weniger beliebten pfarrl<strong>ich</strong>en Arbeiten wird auch<br />

in einer Studie der <strong>Katholisch</strong>en Frauengemeinschaft Deutschlands aus dem Jahre 1992<br />

vorgenommen. Hier heißt es:<br />

„Interessante Aufgaben, insbesondere, wenn sie in einem netten Kreis gemeinsam<br />

wahrgenommen werden, sind relativ le<strong>ich</strong>t zu vergeben, um so mehr, wenn es<br />

konkrete und zeitl<strong>ich</strong> begrenzte Projektarbeit ist. Mühsame, belastende Aufgaben, die<br />

isoliert oder in einer heterogenen, weniger harmonischen Gruppe wahrzunehmen sind,<br />

sind weitaus schwieriger zu vergeben. Vor allem ze<strong>ich</strong>net s<strong>ich</strong> die Tendenz ab, daß der<br />

einzelne sein Engagement und die Rahmenbedingungen dieses Engagements in<br />

Abständen immer wieder überprüft und das Engagement beendet, wenn die<br />

Rahmenbedingungen n<strong>ich</strong>t befriedigen.“ (kfd-Studien, 1992, S. 163 zitiert nach<br />

Bühler, 1995, S. 77)<br />

Das Haussammeln fällt hier s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> in die letzte Gruppe. Es ist mühsam, belastend (Angst<br />

vor negativen Reaktionen, unliebsamer Aufnahme), man ist alleine unterwegs.<br />

3.9. Welche Rolle spielt die Persönl<strong>ich</strong>keit des Pfarrers bzw. des<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en?<br />

Daß die Persönl<strong>ich</strong>keit des Pfarrers bei der Motivation von SammlerInnen eine Rolle spielt,<br />

sagen alle 6 Pfarren, wenn auch mit verschiedenen Akzentuierungen. Die<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en von Pfarre 5 und Pfarre 1 machten die Erfahrung, daß s<strong>ich</strong><br />

viele Pfarrmitglieder, wenn sie vom Pfarrer angesprochen werden, schwerer Nein sagen<br />

trauen als wenn sie von einer anderen Person um Mithilfe gebeten werden 32 .<br />

Pfarre 6 und Pfarre 2 betonen die W<strong>ich</strong>tigkeit der persönl<strong>ich</strong>en Beziehung:<br />

„Ich denke, daß diese Motivation, wie man von jemandem angesprochen wird, wer das ist,<br />

welches Verhältnis man zu dem hat, daß das s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> 95 % ausmacht. Darum denke <strong>ich</strong> mir,<br />

die Verkündigung in der Kirche: wir brauchen 5 HaussammlerInnen - das kannst du<br />

vergessen, da meldet s<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> niemand. Da muß man wirkl<strong>ich</strong> ganz persönl<strong>ich</strong> jemanden<br />

anreden: Du, könntest du dir das vorstellen? Ich brauche d<strong>ich</strong>, oder <strong>was</strong> immer.“ (Pfarre 6)<br />

„Da kommt mir oft vor, die machen das eher wegen der Person, also wegen dem Pfarrer, daß<br />

sie dann ihm zuliebe gehen, als daß da wirkl<strong>ich</strong> die Caritas im Vordergrund ist. Es wird s<strong>ich</strong>er<br />

32 Dieser Punkt kommt auch in Kap.2.8.1. zur Sprache.


48<br />

auch welche geben, die die Caritas in den Vordergrund stellen, aber die meisten der Leute tun<br />

es dem Pfarrer zuliebe“. (Pfarre 5)<br />

„Ist glaub <strong>ich</strong> sehr w<strong>ich</strong>tig. Daß man dahinter steht. Das ist bei allem so. Z.B. bei der Linzer<br />

Kirchenzeitung, da kann <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t sagen: so, jetzt kommt sie mit der Post. Der wird das<br />

bald abbestellen, wenn er sie mit der Post bekommt, weil er keine Beziehung hat. Wenn man<br />

das aber immer wieder öffentl<strong>ich</strong> betont und auch in der Kirche sagt, daß das w<strong>ich</strong>tig ist, dann<br />

wird das s<strong>ich</strong>er einen Niederschlag haben.“ (Pfarre 2)<br />

Pfarre 3 und Pfarre 9 heben das Engagement des Pfarrers und die Vorbildwirkung hervor:<br />

„Der Pfarrer ist sehr engagiert. Da sagen dann auch die Helfer: Das tu <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>, weil einfach<br />

da auch sehr gute Sachen zurückkommen.“ (Pfarre 3)<br />

„... weil er s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t zu gut ist auch selbst zu sammeln. (...) Und das wird sehr geschätzt. Auf<br />

der anderen Seite wird auch das bei den Sammlern sehr hoch angerechnet, daß er immer dabei<br />

ist, wenn die Unterlagen ausgeteilt werden, und den Sammlern ein bißchen Kraft mitgibt. Und<br />

umgekehrt auch beim Dankeschön am Ende der Sammlung, da kommt er dann auch und<br />

spr<strong>ich</strong>t den Dank aus.“ (Pfarre 9)<br />

Die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre 9 erwähnt in diesem Zusammenhang auch<br />

Äußerungen in bezug auf ihre eigene Person: „das hab <strong>ich</strong> schon oft gehört: Ja, weil es du<br />

machst, deswegen mach <strong>ich</strong> da <strong>gern</strong>e mit“.<br />

Pfarrer und Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e spielen demnach eine große Rolle. Ich vermute,<br />

daß an oberster Stelle Sympathiewerte stehen (wie nahe, wie freundl<strong>ich</strong> ist die Beziehung, wie<br />

sehr schätze <strong>ich</strong> jemanden?). Erst in zweiter Linie kommt die Vorbildwirkung zum Tragen.<br />

(„Der Pfarrer oder Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e geht selbst auch sammeln“, „Ich weiß, daß<br />

s<strong>ich</strong> der Pfarrer sehr engagiert“ etc.). Ich vermute außerdem, daß die Sympathie der<br />

Verantwortl<strong>ich</strong>en speziell bei Tätigkeiten, die selbst n<strong>ich</strong>t so lustvoll sind, von großer<br />

Bedeutung ist. Das heißt: wenn schon die Aufgabe an s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t sehr attraktiv ist, dann mache<br />

<strong>ich</strong> es zumindest einer Person zuliebe, die <strong>ich</strong> <strong>gern</strong> habe oder schätze.<br />

3.10. Wo vermuten die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en die Wurzel des<br />

Problems?<br />

Warum, glauben Sie, wird es für immer mehr Pfarren zunehmend schwieriger, neue<br />

MitarbeiterInnen für die Caritas-Haussammlung zu gewinnen? Zu dieser Frage nahmen alle 9<br />

Pfarren Stellung (also n<strong>ich</strong>t nur die, die die Haussammlung persönl<strong>ich</strong> durchführen).<br />

Pfarre 5 sieht die Unattraktivität des Sammeln-Gehens zum einen in der Assoziation mit<br />

Betteln, zum anderen in sozialen Vorurteilen begründet.<br />

„Weil es heißt eben: Ihr gebt’s das ja dann sowieso wieder nur den Ausländern, oder<br />

allgemein: den Arbeitslosen. Die könnten aber eh genau so arbeiten.“ (Pfarre 5)<br />

Pfarre 6 meint, daß das Sammeln an s<strong>ich</strong> kein angenehmer Dienst sei. Zudem würde auch die<br />

Pufferfunktion, die man durch diesen Dienst notgedrungen mitübernehmen muß, s<strong>ich</strong> negativ<br />

auf dessen Attraktivität auswirken.<br />

„Es ist tatsächl<strong>ich</strong> mühsam, betteln zu gehen. Dann s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> auch, <strong>ich</strong> meine, <strong>ich</strong> bin<br />

Vertreter der Kirche, wenn m<strong>ich</strong> wer anfliegt bezügl<strong>ich</strong> Kirche, dann weiß <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> zu<br />

wehren. Ich habe einfach auch mehr Erfahrung, Hintergrundwissen, <strong>was</strong> auch immer. Ein<br />

Normaler, der angeflogen wird, dem irgendein Schlagwort auf den Kopf geschmissen wird,<br />

daß s<strong>ich</strong> der freispielt und sagt: ,Ja gut, das ist das eine, aber <strong>ich</strong> komme im Namen der Armen


49<br />

und n<strong>ich</strong>t der anderen’. Das erfordert schon sehr viel Reflexion und ganz viel Standfestigkeit.<br />

Ich meine, dieses Handaufhalten prinzipiell, das Betteln-Gehen, daß man das n<strong>ich</strong>t mehr <strong>gern</strong><br />

tut. Und dann auch diese Sorge, diese Angst, diesen Angriffen ausgesetzt zu sein. Was ja<br />

wirkl<strong>ich</strong> unangenehm ist. Jetzt will <strong>ich</strong> sammeln gehen für die Kirche, und der schimpft m<strong>ich</strong><br />

wegen dem Krenn zusammen oder so. Das ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> schwierig. Wobei es dann<br />

wahrscheinl<strong>ich</strong> auch sehr schwierig ist, auseinanderzuhalten: da hat jemand einen Haß oder<br />

einen Ärger über eine gewisse kirchl<strong>ich</strong>e Situation - und <strong>ich</strong> stehe jetzt da und muß das Ganze<br />

auffangen. Und davon zu abstrahieren dann: das bin ja gar n<strong>ich</strong>t <strong>ich</strong>! Der Ärger gilt ja et<strong>was</strong><br />

<strong>anderem</strong>. Aber der Ärger kommt auf m<strong>ich</strong> zu und das muß <strong>ich</strong> erst einmal aushalten und m<strong>ich</strong><br />

anschleimen lassen. Und das scheint mir sehr schwierig zu sein.“ (Pfarre 6)<br />

Das Zeitproblem im weiteren Sinne ist für Pfarre 3 der Hauptgrund:<br />

„Ich kann nur vermuten, daß die mangelnde Zeit auch ein bißchen mitspielt. Bei mir war das<br />

auf jeden Fall s<strong>ich</strong>er auch ein Grund. Es ist einfach auch, diese engagierten Leute kommen so<br />

dran, daß man sagen muß, man vergißt eigentl<strong>ich</strong> das eigene Leben, die eigene Familie, wo<br />

aber wir im kirchl<strong>ich</strong>en Bere<strong>ich</strong> dafür eintreten, daß das funktionieren soll. Und das kann n<strong>ich</strong>t<br />

zusammenpassen. Oder wie beim Kuchen-Machen, da kommen immer wieder dieselben<br />

Frauen dran.“ (Pfarre 3)<br />

Pfarre 4 sieht die Ursachen im gesellschaftl<strong>ich</strong>en Wandel, näml<strong>ich</strong> in der gestiegenen<br />

Berufstätigkeit der Frauen begründet. Dies lasse zum einen kaum mehr Zeit für ehrenamtl<strong>ich</strong>e<br />

Dienste, zum anderen seien dadurch tagsüber die Wohnungen meist versperrt – <strong>was</strong> die<br />

Bedingungen des Sammeln zusätzl<strong>ich</strong> verschlechtert.<br />

Mit dem gesellschaftl<strong>ich</strong>en Wandel argumentiert auch Pfarre 9. Damit ist einerseits die<br />

veränderte Situation des Familien- und Nachbarschaftslebens, andererseits die s<strong>ich</strong> lockernde<br />

Verbundenheit mit der Kirche gemeint. Letzteres habe auch Auswirkungen darauf, wie sehr<br />

der soziale Auftrag der Kirche ernstgenommen werde. Gegenwärtig, so Pfarre 9, sei es n<strong>ich</strong>t<br />

opportun, s<strong>ich</strong> für Randgruppen einzusetzen.<br />

„Früher waren die Frauen in überwiegendem Ausmaß zuhause bei der Familie, und da hat so<br />

et<strong>was</strong> le<strong>ich</strong>ter Platz gehabt, da hat auch die Nachbarschaftshilfe le<strong>ich</strong>ter Platz gehabt. Und das<br />

hat jetzt alles n<strong>ich</strong>t mehr Platz auf einmal. Dort liegt s<strong>ich</strong>er einer der Hauptargumente. Ein<br />

Argument mögl<strong>ich</strong>erweise ist auch das, daß man sagt, na gut, diese Obdachlosen z.B. ...- da<br />

heißt es dann: ,Na, glaubt’s Ihr, <strong>ich</strong> sammle für die? Die sollen einmal gescheit leben!’. Ich<br />

meine, <strong>was</strong> da alles zusammenhängt, damit der so weit kommt, das bedenken ja viele n<strong>ich</strong>t.<br />

Und man muß s<strong>ich</strong> da sehr in acht nehmen, wenn man auch diese Leute zu schützen versucht.<br />

Also, <strong>ich</strong> würde sagen, wirkl<strong>ich</strong> die Zeitfrage, daß man s<strong>ich</strong> für Randgruppen, also vor allem<br />

Obdachlose, n<strong>ich</strong>t einsetzen will.“ (Pfarre 9)<br />

Pfarre 7 nennt als Grund das Unbehagen, von jemandem anderen et<strong>was</strong> zu erbitten, und<br />

ungünstige Umweltbedingungen wie die Anonymität in städtischen Ballungszentren.<br />

„Ich glaub, daß es einerseits ein Zeitproblem ist, also daß s<strong>ich</strong> wer jetzt wirkl<strong>ich</strong> für das die<br />

Zeit freihält. Aber dann auch eine gewisse Scheu, da direkt et<strong>was</strong> zu fordern, also für eine<br />

soziale Sache et<strong>was</strong> einzufordern. Viele haben da vielle<strong>ich</strong>t eine Scheu, Forderungen zu<br />

stellen direkt jetzt von Person zu Person.<br />

Und es ist überhaupt so: in der Stadt durch das Sammeln-Gehen Kontakte aufzubauen, ist<br />

glaub <strong>ich</strong> sehr schwierig. Ich glaub, daß das am Land vielle<strong>ich</strong>t noch le<strong>ich</strong>ter ist, weil es n<strong>ich</strong>t<br />

so in die Anonymität hineingeht. (Pfarre 7)<br />

In der abnehmenden Religiosität der Menschen und der s<strong>ich</strong> lockernden Verbundenheit mit<br />

der Kirche vermutet Pfarre 2 die Wurzel des Problems:<br />

„Ich glaub, allgemein der Trend von der Religiosität der Menschen her. Viele haben keine<br />

Beziehung mehr zur Kirche und auch n<strong>ich</strong>t zur Pfarre. Und <strong>was</strong> mir auffällt, die, die zuziehen,<br />

die kommen von irgendwo anders, vielle<strong>ich</strong>t vom Stadtrand her, die früher vielle<strong>ich</strong>t gar keine


50<br />

Beziehung gehabt haben zu einer Pfarre oder zur Caritas,... und die kommen dann da her, das<br />

ist natürl<strong>ich</strong> dann schwer, daß man die auch miteinbezieht.“ (Pfarre 2)<br />

Pfarre 8 sieht das sinkende Interesse für Dienste wie das Sammeln-Gehen in einer<br />

Prioritätenverschiebung begründet. Die neuen Freiwilligen würden vermehrt solche Aufgaben<br />

übernehmen, die ihnen auch Spaß machen, und weniger solche, von denen sie wissen, daß sie<br />

Unangenehmes mit s<strong>ich</strong> bringen.<br />

„Ich glaub schon, so <strong>gern</strong> sie mitarbeiten und so engagiert sie sind, die Leute, aber es werden<br />

immer mehr, die sagen: <strong>ich</strong> such mir das aus, wo <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> in der Kirche engagieren will, aber<br />

<strong>ich</strong> laß m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t zu irgendet<strong>was</strong> verdonnern. Sondern <strong>ich</strong> bestimme, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> machen will.<br />

Und daß sie diesen Weg des Persönl<strong>ich</strong>en da gehen,.... Man muß selber schon sehr gefestigt<br />

sein, wenn man das macht, weil man muß s<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er viel anhören. (Pfarre 8)<br />

Pfarre 1 gibt ähnl<strong>ich</strong> wie Pfarre 2 die mangelnde Verbundenheit mit der Kirche – vor allem<br />

im städtischen Bere<strong>ich</strong> - als Ursache des Problems an.<br />

„Ich glaub, die Wurzel des Problems ist schon, daß die Leute vielle<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t r<strong>ich</strong>tig<br />

eingebunden sind in das ganze große Konglomerat Pfarre, Pfarrarbeit. Denn nur dadurch<br />

haben wir eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t so große Schwierigkeiten. .... Man muß die Leute glaub <strong>ich</strong> im<br />

Auge behalten. .... Vielle<strong>ich</strong>t ist es am Land auch le<strong>ich</strong>ter. Daß wir relativ le<strong>ich</strong>t Leute kriegen.<br />

Ja, wir sprechen natürl<strong>ich</strong> auch nur gezielt die an, die man von irgendwoher kennt, und weiß:<br />

aha, die macht das, das macht sie vielle<strong>ich</strong>t mit. Irgendwen ansprechen ... ja, vielle<strong>ich</strong>t in der<br />

Stadt, daß man das schriftl<strong>ich</strong> machen muß, aber das Persönl<strong>ich</strong>e ist halt glaub <strong>ich</strong> doch -<br />

zumindest bei uns - das Beste. Oder auch wenn Neue kommen, Neuzugezogene: da tut man<br />

s<strong>ich</strong> am Land wahrscheinl<strong>ich</strong> viel le<strong>ich</strong>ter. Das fällt einem ja auf. Und die spr<strong>ich</strong>t man halt an<br />

oder ladet sie ein. Und so kriegst du halt immer wieder Leute. Und dann schaut man auch sehr<br />

bald - man fühlt s<strong>ich</strong> erst dazugehörig, wenn man et<strong>was</strong> tut - daß sie einfach irgendwo<br />

mitmachen zunächst einmal.“ (Pfarre 1)<br />

Es sei einfach unangenehm, von Tür zu Tür zu gehen und Geld zu erbitten, die Assoziation<br />

mit Betteln, soziale Vorurteile, der gesellschaftl<strong>ich</strong>e Wandel, die zunehmende<br />

Erwerbstätigkeit der Frauen, negative Aspekte wie die Pufferfunktion, als Angriffsfläche für<br />

Kritik und Unzufriedenheit herhalten zu müssen, Zeitmangel, die sinkende Religiosität, die<br />

lockerer werdende Verbundenheit mit der Kirche, der im Abnehmen begriffene<br />

Gemeinschaftssinn, die zunehmende Anonymität .... all das wird als mögl<strong>ich</strong>e Ursache dafür<br />

genannt, warum es so schwierig ist, neue SammlerInnen zu finden.<br />

Ich möchte diese einzelnen Punkte vorerst einmal stehen lassen und weiter hinten, wenn es<br />

darum geht, wie die SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen die Ursachen dieses Problems<br />

beurteilen, darauf zurückkommen (siehe Kap.4.12.)<br />

3.11. Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas<br />

Welche Art von Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas finden die Pfarren in Hinblick<br />

auf das Problem der Sammlernachfolge sinnvoll? Wie wird die dargebotene Hilfe beurteilt?<br />

Die Informationsunterlagen und die Werbeschiene der Caritas werden allgemein als sehr gut<br />

beurteilt. Alle InterviewpartnerInnen schätzen diese Form der Unterstützung 33 . Die<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en betonten an dieser Stelle auch das gute Image der Caritas.<br />

33 Dasselbe sagen auch die von mir interviewten SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen. Die Hilfen und<br />

Unterlagen der Caritas werden von ihnen als sehr gut bewertet und als praktische Unterstützung bei der<br />

Ausübung der Sammlertätigkeit sehr geschätzt.<br />

Die Plakataktion zur Haussammlung 2001 wurde allerdings von den meisten als zu unscheinbar, zu dunkel<br />

gehalten und zu wenig prägnant und einprägend beurteilt.


51<br />

Dieses hätte s<strong>ich</strong> in den letzten Jahren sehr verbessert. Die Caritas sei zu einem sozialen<br />

Gewissen geworden und werde in großen Teilen der Bevölkerung sehr hoch geschätzt.<br />

Das Informationsmaterial der Caritas ist insbesondere für Pfarre 7 und Pfarre 8 w<strong>ich</strong>tig und<br />

hilfre<strong>ich</strong>, da sie die Haussammlung in Form eines eigenen Pfarrblattes zum Thema<br />

durchführen (siehe Kap.3.13.). Diese Unterlagen seien immer der Hauptimpuls für die<br />

Aussendung, meint Pfarre 7, schränkt aber gle<strong>ich</strong>zeitig ein: „Grundsätzl<strong>ich</strong>, also wenn sie<br />

rechtzeitig kommen, finde <strong>ich</strong> sie sehr brauchbar“ (Pfarre 7).<br />

Die W<strong>ich</strong>tigkeit von guten Informationen für die Motivation der SammlerInnen stre<strong>ich</strong>t<br />

Pfarre 3 hervor:<br />

„W<strong>ich</strong>tig ist, daß man weiß, wofür man sammelt. Je konkreter die Informationen sind, desto<br />

le<strong>ich</strong>ter ist es für den Sammler. Also das ist die Grundvoraussetzung. Weil so die persönl<strong>ich</strong>e<br />

Betroffenheit noch besser zum Ausdruck gebracht werden kann. Je besser man s<strong>ich</strong><br />

identifizieren kann mit dem, <strong>was</strong> man tut, desto le<strong>ich</strong>ter wird auch die Motivation sein,<br />

sammeln zu gehen.“ (Pfarre 3)<br />

Daß die Diözesan-Caritas beim Problem rund um die SammlerInnen-Nachfolge behilfl<strong>ich</strong><br />

sein könnte, wird jedoch stark bezweifelt. „Gelöst werden könne dieses Problem nur auf<br />

pfarrl<strong>ich</strong>er Ebene“ ist der Grundtenor der diesbezügl<strong>ich</strong>en Aussagen. Als Beispiel dazu<br />

Pfarre 5:<br />

„Ich weiß n<strong>ich</strong>t, ob sie da irgend et<strong>was</strong> machen können. Ich glaub, das geht immer rein von<br />

der Pfarre selber aus. Ich glaub, die Leute müssen einfach wen kennen und müssen zu wem<br />

einen Bezug haben“ (Pfarre 5).<br />

Pfarre 6 betont die Bedeutung einer überregionalen Werbekampagne:<br />

„Weil <strong>ich</strong> dann n<strong>ich</strong>t et<strong>was</strong> mache von der kleinen Pfarre aus, als Herr Huber z.B., sondern das<br />

läuft in ganz Österre<strong>ich</strong>, es ist überall plakatiert, <strong>ich</strong> glaub, im Fernsehen ist es auch. Und da<br />

gliedere <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> in ein größeres Ganzes ein, und die Leute wissen es schon. Und die Caritas hat<br />

auch einen guten Ruf. Und das ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> noch einmal hilfre<strong>ich</strong>er als wenn <strong>ich</strong> diesen<br />

Background n<strong>ich</strong>t hätte.“ (Pfarre 6)<br />

Bestätigt wird das unter <strong>anderem</strong> von der Sammlerin Frau D.:<br />

„Das Angenehmste ist eben die Werbekampagne oder die Aufklärungskampagne der Caritas. Und<br />

daß das immer wieder im gle<strong>ich</strong>en Monat stattfindet, und da stellen s<strong>ich</strong> die Leute schon ganz<br />

anders drauf ein. Und das ist einfach jetzt schon so eine Standardsache, die halt immer wieder<br />

kommt, wie die 4 Jahreszeiten.“ (Frau D.)<br />

Daß die Problemlösungskompetenz der Caritas in dieser Sache niedrig eingeschätzt wird,<br />

bedeutet n<strong>ich</strong>t, daß s<strong>ich</strong> die Diözesan-Caritas darüber keine Gedanken machen soll. Natürl<strong>ich</strong><br />

kann das konkrete Problem in letzter Instanz nur in den einzelnen Pfarren gelöst werden.<br />

Jedes Problem aber, das mehrere betrifft, ist n<strong>ich</strong>t mehr nur rein individuell. Es bedarf eines<br />

Nachdenkens über grundlegende Ursachen und Strukturen, von denen die speziellen<br />

Schwierigkeiten der einzelnen Pfarren nur konkrete Ausprägungen sind.<br />

3.12. Abhilfemaßnahmen: Erprobtes und Unerprobtes<br />

Die Pfarren schauen natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t nur einfach zu, wie die SammlerInnen immer weniger<br />

werden, sondern versuchen ihrerseits, neue Mögl<strong>ich</strong>keiten auszuloten, kreativ mit dieser<br />

Situation umzugehen. Ich gehe hier n<strong>ich</strong>t auf schon länger bewährte und empfohlene<br />

Maßnahmen ein, die allgemein die Sensibilität für die Anliegen der Caritas wecken oder<br />

schärfen sollen, wie z.B. Gottesdienste zum Thema Caritas-Haussammlung, Exkursionen in<br />

Einr<strong>ich</strong>tungen der Caritas (für SammlerInnen, PGR-Mitglieder oder alle Interessierte) u.ä..<br />

Inhalt dieses Kapitels sind vielmehr Verbesserungsvorschläge, Ideen und mehr oder weniger<br />

erprobte Strategien, die die einzelnen Pfarren in Eigenregie entwickelt haben. Allen diesen<br />

Anregungen ist gemeinsam, daß dadurch die Attraktivität des Sammelns gesteigert werden<br />

soll.


52<br />

Beispiel 1: Koppelung des Haussammelns mit dem Pfarrblatt-Austragen<br />

Diese Mögl<strong>ich</strong>keit wird zumindest in einer der Fragebogen-Pfarren in Reinform (das heißt<br />

alle SammlerInnen sind Pfarrblatt-AusträgerInnen) praktiziert (vgl. Kap.2.8.1.). Aus den<br />

Interviews kam hervor, daß auch in anderen Pfarren des öfteren einzelne SammlerInnen<br />

Pfarrblatt-AusträgerInnen sind. Daß diese Mögl<strong>ich</strong>keit das Potential einer Generallösung hat,<br />

ist allerdings zu bezweifeln (vgl. Pfarre 6).<br />

„Manche sagen: Ich trage das Pfarrblatt aus, aber <strong>ich</strong> gehe n<strong>ich</strong>t Haussammeln. Weil das<br />

Pfarrblattaustragen ist eine sehr neutrale Sache, das brauch <strong>ich</strong> nur hinlegen, da bringe <strong>ich</strong><br />

et<strong>was</strong> und die Leute sagen Dankeschön. Also das zu koppeln ist schwierig“. (Pfarre 6)<br />

Bestätigt wird diese Aussage durch die N<strong>ich</strong>t-Sammlerin Frau T., die s<strong>ich</strong> als Pfarrblatt-<br />

Austrägerin betätigt, aber eine Mitarbeit bei der Haussammlung aus eben diesen Gründen<br />

abgelehnt hat (vgl. Kap.4.10.).<br />

Beispiel 2: Auch du könntest Hilfe brauchen!<br />

Hier geht es darum, die seelsorgerl<strong>ich</strong>e Komponente hervorzuheben. Diesen Punkt regte<br />

schon eine Pfarre in der quantitativen Untersuchung an:<br />

„Es ist sehr hilfre<strong>ich</strong>, wenn der Pfarrer die SammlerInnen als positive Kontaktpersonen, auch<br />

für seelsorgerl<strong>ich</strong>e Kontakte, sehen würde und damit die Arbeit der Sammler aufwerten<br />

würde. Wenn also n<strong>ich</strong>t nur das gesammelte Geld im Vordergrund stünde.“ (vgl. Kap.2.8.1.)<br />

Pfarre 2 beschreibt diese Komponente et<strong>was</strong> näher:<br />

„Sie sind ja auch Seelsorger in einem gewissen Sinne. Sie kommen dorthin, wo der Pfarrer<br />

z.B. n<strong>ich</strong>t immer hinkommt, oder wo er gar nie hinkommt. Wie ein Briefträger, der ja auch in<br />

einem gewissen Sinne ein Seelsorger ist. Ein Pfarrer soll auch mit dem Briefträger einen guten<br />

Kontakt haben, weil mit dem kann er Verschiedenes unter vier Augen besprechen, wo er sagt,<br />

dort und dort hab <strong>ich</strong> das erlebt usw.. In diesem Sinne sollen die Sammler auch die Augen<br />

offenhalten, und in diesem Austausch könnte man das ein bißchen eruieren. Dann wird das<br />

lebendig und bezogen. Dann ist es n<strong>ich</strong>t so anonym: die machen die Sammlung und dann ist<br />

wieder alles vorbei. Und herausgestellt hat s<strong>ich</strong> auch das, daß die Sammler, die in einem<br />

bestimmten Gebiet gehen, dort akzeptiert werden. Man soll die Sammler n<strong>ich</strong>t immer<br />

wechseln. Sondern die Leute wissen schon: Aha, du bist heute da, wir wissen schon, <strong>was</strong> du<br />

willst. In dem Sinn ist das Verhältnis immer wieder ausschlaggebend.<br />

Meistens sind die Sammler ja Leute, denen die Religiosität, die Seelsorge ein Anliegen ist.<br />

Weil wer anderer macht ja das gar n<strong>ich</strong>t. Und wenn man sie auch auf diesem Gebiet, sozial,<br />

psychologisch ein wenig mitarbeiten läßt, dann wird dieser Dienst gehoben. Dann sind sie<br />

n<strong>ich</strong>t nur ,Sammler’, sondern darüber hinaus Menschen, die damit in Beziehung sind.“ (Pfarre<br />

2)<br />

Auch Pfarre 6 versucht es auf dieser Schiene: Im Rahmen eines Seminars wurde den<br />

SammlerInnen nahegebracht, n<strong>ich</strong>t nur Geld von den Besammelten zu erbitten, sondern<br />

bewußt zu machen, daß das Geld der Haussammlung für alle Bedürftigen da ist, das heißt,<br />

auch für die Besammelten selber, wenn sie Hilfe brauchen 34 .<br />

„Das heißt, daß man n<strong>ich</strong>t nur hingeht und sagt: Wir sammeln für die Hilflosen, sondern auch<br />

das Bewußtsein: auch du könntest Hilfe brauchen. Wenn du Hilfe brauchst, natürl<strong>ich</strong> gib mir<br />

dann n<strong>ich</strong>ts, sondern sag es mir, weil vielle<strong>ich</strong>t können wir et<strong>was</strong> tun. Bzw. wenn in der<br />

Nachbarschaft Hilfe notwendig ist, dann sag es uns. Weil ja unsere Hilfe euch gilt.“ (Pfarre 6)<br />

Ob und wie das von den SammlerInnen umgesetzt, und wie es bei den Besammelten<br />

aufgenommen wurde, darüber kann Pfarre 6 leider keine Angaben machen. Von einer<br />

Sammlerin zumindest wissen wir, daß sie diesen Gedanken in ihrem konkreten Tun beherzigt.<br />

Hier die Schilderung von Frau B.:<br />

34 Wie zum Beispiel für manche Besammelte aus dem Rayon von Frau C.: „Unsere Gasse ist zieml<strong>ich</strong> veraltet.<br />

Und mache sind eh selber so arm, daß du dir denkst, naja, das Semmeln-Gehen ist eh ein Witz, da kriegst du 10<br />

Schilling oder 20 Schilling oder so. Und da möchtest du ihnen eigentl<strong>ich</strong> lieber selber <strong>was</strong> geben als daß du<br />

sammeln gehst zu ihnen.“ (Frau C.)


53<br />

„Es hat uns ja auch der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e einen Brief geschrieben, an alle<br />

Caritas-Sammler, daß man s<strong>ich</strong> auch das anhören soll, wann wer Hilfe brauchen würde. Und<br />

<strong>ich</strong> bin zu zwei Häusern gekommen, wo <strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> weiß und wo <strong>ich</strong> gesagt hab: Du Maria,<br />

<strong>ich</strong> weiß, du brauchst Hilfe. Und die hat s<strong>ich</strong> dann sehr gefreut, daß <strong>ich</strong> ein wenig geredet hab<br />

mit ihr. Und auch über ihr Problem, über ihre Not..... Und so muß man s<strong>ich</strong> die Leute auch<br />

anhören. Ich bin dann auch zum Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en hinauf und hab gesagt, du<br />

hast uns da den Brief geschrieben, wir sollen uns auch Kritik anhören, wir sollen auch, wenn<br />

wer in Not ist, das melden in der Pfarre. Und er hat gesagt, er fährt hinein zu dieser Frau.“<br />

(Frau B.)<br />

Die Betonung der seelsorgerl<strong>ich</strong>en Komponente dürfte für das Selbstverständnis der<br />

SammlerInnen von ideellem Nutzen sein. Die SammlerInnen haben dann n<strong>ich</strong>t das Gefühl,<br />

nur et<strong>was</strong> zu wollen, vielle<strong>ich</strong>t als lästig oder aufdringl<strong>ich</strong> empfunden zu werden, sondern sie<br />

bieten auch et<strong>was</strong> an. Das schwächt das Gefühl, betteln zu gehen, ab – natürl<strong>ich</strong> nur bis zu<br />

einem gewissen Punkt. Man kann jedoch davon ausgehen, daß die Mehrzahl der Haushalte<br />

keiner caritativen Unterstützung bedarf – und in diese Haushalte kommen die SammlerInnen<br />

eben nach wie vor ausschließl<strong>ich</strong> als Bittende.<br />

Zu beachten ist außerdem, daß diese Praxis einer großen Sensibilität bedarf. Manche<br />

Besammelten könnten das Gefühl haben, daß man ihnen zu nahe tritt, wenn sie auf ihre<br />

mögl<strong>ich</strong>e Hilfsbedürftigkeit angesprochen werden 35 . Ein Vertrauensverhältnis zum<br />

Sammler/zur Sammlerin (das heißt, wenn die Betreffenden die sammelnde Person persönl<strong>ich</strong><br />

kennen und Vertrauen zu ihr haben) wirkt s<strong>ich</strong> in bezug auf diese Gefahr wahrscheinl<strong>ich</strong><br />

abschwächend aus. Andererseits kann es natürl<strong>ich</strong> auch sein, daß manche Betroffene s<strong>ich</strong> im<br />

Eingeständnis ihrer Hilfsbedürftigkeit le<strong>ich</strong>ter tun, wenn sie die sammelnde Person gar n<strong>ich</strong>t<br />

kennen und „nur“ als VertreterIn einer Hilfsorganisation, näml<strong>ich</strong> der Caritas, wahrnehmen.<br />

Wie auch immer: Den SammlerInnen seelsorgerl<strong>ich</strong>e Kompetenz zuzumuten, wertet deren<br />

Tätigkeit auf. Das Anbieten von Hilfe kann in manchen konkreten Fällen aber auch<br />

problematisch sein.<br />

Beispiel 3: HaussammlerInnen besuchen Kranke<br />

Um et<strong>was</strong> Ähnl<strong>ich</strong>es geht es bei diesem Vorschlag, das heißt auch hier „geben“ die<br />

HaussammlerInnen et<strong>was</strong>. In Pfarre 1 hat s<strong>ich</strong> die Praxis des Krankenbesuchs zu<br />

Weihnachten sehr bewährt, das heißt, sie wird von den SammlerInnen als sehr positiv<br />

aufgenommen, wenngle<strong>ich</strong> es auch einen zusätzl<strong>ich</strong>en Arbeitsaufwand bedeutet. In welchem<br />

Rahmen und in welcher Form passiert nun dieser Krankenbesuch?<br />

„Für die Leute in ihrem Rayon, die aus irgendwelchen Gründen n<strong>ich</strong>t mehr bewegl<strong>ich</strong> sind,<br />

die entweder schon krank sind oder durch irgendeinen Unfall,...... In diese Familien gehen<br />

dann auch die Haussammler. In ihrem Rayon. Also so unter dem Motto: Jetzt kommen wir zu<br />

Ihnen, weil Sie können n<strong>ich</strong>t zu uns kommen, Sie können n<strong>ich</strong>t mehr am Gottesdienst<br />

teilnehmen. Und da gehen sie hin. Und da bekommen sie für jeden, wo sie hingehen, 100<br />

Schilling, und da kaufen sie et<strong>was</strong>. Also eine geht zu 10, eine zu 20, eine nur zu 2. Das ist<br />

dann auch verschieden. Es kennt ja eh ein jeder seine Leute, in seinem Gebiet, wo er sammeln<br />

geht.“ (Pfarre 1)<br />

Pfarre 1 sagt, daß dieser zusätzl<strong>ich</strong>e Dienst den SammlerInnen Freude machen würde,<br />

näml<strong>ich</strong> vor allem deswegen, „weil sie dann einmal hingehen können und <strong>was</strong> bringen“. Der<br />

Krankenbesuchsdienst trägt so zu einer Aufwertung der SammlerInnen bei. Er relativiert ihren<br />

Status als Bittsteller.<br />

In Hinblick auf den Ausgle<strong>ich</strong> zwischen Geben und Nehmen hat dieser Vorschlag s<strong>ich</strong>er sehr<br />

viel für s<strong>ich</strong>. Allerdings werden hier die SammlerInnen ein zweites Mal verpfl<strong>ich</strong>tet, und es<br />

ist zu bezweifeln, daß generell alle SammlerInnen damit einverstanden wären. Als freiwilliges<br />

Angebot an die SammlerInnen ist dem freil<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts entgegenzustellen.<br />

35 vgl. dazu auch die Aussagen von Frau T. in Kap.4.14.


54<br />

Beispiel 4: Befristetes Engagement<br />

Pfarre 6 hat einen konkreten Vorschlag bezügl<strong>ich</strong> des Ansprechens von potentiellen<br />

SammlerInnen:<br />

„Eines ist vielle<strong>ich</strong>t noch, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> noch mache beim Ansprechen: <strong>ich</strong> sprech sie an und sag:<br />

Probier es einmal ein Jahr. Also sie haben bei uns s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> die Mögl<strong>ich</strong>keit, nach einem Jahr<br />

sofort wieder aussteigen zu können. Weil das ist vielle<strong>ich</strong>t ein Handicap, daß man die Angst<br />

hat, wenn man angesprochen wird und man dann Ja sagt, dann hat man es 20 Jahre. Also das<br />

vermeiden wir bewußt. Wir sagen einfach: du, einmal ein Jahr, und wenn du dann sagst nein,<br />

dann kannst du ohne weiteres und ohne neuerl<strong>ich</strong>en Druck aufhören. Und das wissen sie dann,<br />

daß diese Arbeitsbedingung so ist.“ (Pfarre 6)<br />

Diese Option kommt den Ansprüchen des neuen Ehrenamt, wonach s<strong>ich</strong> die Engagierten n<strong>ich</strong>t<br />

mehr so <strong>gern</strong>e binden und jederzeit aufhören können wollen, sehr entgegen (vgl. Exkurs 1).<br />

Das Angebot, einen eingeschränkten Dienst zu übernehmen, macht auch Pfarre 9 in<br />

verschiedenen Fällen. Zum Beispiel:<br />

„Kannst du dir vorstellen, daß du deinen Stock machst, und eventuell die Liste weitergibst,<br />

einen Stock hinunter z.B., wo du vielle<strong>ich</strong>t auch wieder wen kennst?“<br />

oder<br />

„Kannst du dir vorstellen, daß du der Ansprechpartner bist für Sammler X, der bei dir<br />

jedesmal läuten darf, wenn er ins Haus rein will?“ (Pfarre 9) 36<br />

Über den tatsächl<strong>ich</strong>en Erfolg dieser Vorgangweise wissen wir leider n<strong>ich</strong>ts. Daß es Sinn<br />

macht, beim Ansprechen auch eingeschränkte Dienste vorzuschlagen, ist aber stark<br />

anzunehmen. Insbesondere den jüngeren Generationen dürfte das sehr entgegenkommen.<br />

Zudem sind damit keine zusätzl<strong>ich</strong>en Kosten und auch kein zusätzl<strong>ich</strong>er Zeitaufwand<br />

verbunden. Ich würde sagen, dieser Vorschlag fällt unter die Kategorie: „Schaden kann es auf<br />

keinen Fall“.<br />

Beispiel 5: Sammeln mit Kuvert oder ähnl<strong>ich</strong>em<br />

Pfarre 2 hat gute Erfahrungen mit dem Haussammeln mittels Kuvert gemacht. Zweck dieser<br />

Übung ist, daß die Besammelten ihre Spenden anonym abgeben können. Die anderen<br />

Besammelten sehen auf diese Weise n<strong>ich</strong>t, welchen Betrag die VorgängerInnen gespendet<br />

haben. Das vermindert zum einen den sozialen Druck der Besammelten, zum anderen den<br />

mögl<strong>ich</strong>en Klatsch unter den Pfarrmitgliedern.<br />

Der Ablauf dieser Form der Sammlung sieht so aus: Die HaussammlerInnen geben in den<br />

Haushalten mit den jeweiligen Adressen etikettierte Kuverts ab. Nach ein paar Tagen gehen<br />

sie ein zweites Mal und holen die Kuverts wieder ab.<br />

Aus denselben Gründen, näml<strong>ich</strong> um die Anonymität der Spenden zu gewährleisten, sammelt<br />

Pfarre 3 mittels selbstgebastelten Spenden-Schachteln („rundum zugepickt und oben ein<br />

Schlitz“).<br />

Dieser Modus ist in erster Linie dazu gedacht, das Sammeln für die Besammelten angenehmer<br />

zu machen. Als Nebeneffekt könnte es aber gle<strong>ich</strong>zeitig den SammlerInnen das Sammeln<br />

erle<strong>ich</strong>tern. Das heißt, wenn die Sammlung an s<strong>ich</strong> besser aufgenommen wird, kann man<br />

davon ausgehen, daß das auch positive Auswirkungen auf die Aufnahme der SammlerInnen<br />

hat – <strong>was</strong> letztendl<strong>ich</strong> die negativen Aspekte des Sammelns vermindert.<br />

Bei der Sammlung mittels Kuvert ist zudem zu vermuten, daß sie für die SammlerInnen<br />

angenehmer ist, weil sie dadurch das Spendengeld n<strong>ich</strong>t direkt in Empfang nehmen müssen.<br />

Indem man „einfach“ das Kuvert hinbringt und wieder abholt, hat man mehr innere Distanz<br />

dazu, das Spenden-Sammeln geschieht distanzierter, emotionsloser. Die Rolle der<br />

SammlerInnen ist denen von Boten vergle<strong>ich</strong>bar. Ähnl<strong>ich</strong> wie beim Pfarrblatt-Austragen<br />

liefert man hier nur et<strong>was</strong> ab, dessen Inhalt man n<strong>ich</strong>t unbedingt mittragen muß, mit dessen<br />

36 vgl. dazu auch Kap.3.7.1


55<br />

Inhalt man s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t unbedingt identifizieren muß 37 . Dies stärkt letztendl<strong>ich</strong> auch die<br />

Immunität gegenüber Kritik.<br />

Der Nachteil ist natürl<strong>ich</strong>: man geht zwei mal.<br />

Beispiel 6: Reibungslose Organisation<br />

Die W<strong>ich</strong>tigkeit einer guten Organisation der Haussammlung hebt Pfarre 9 hervor:<br />

„Wenn das eine so groß angelegte Angelegenheit ist, dann ist eine Organisation vom Anfang<br />

bis zum Ende ganz wesentl<strong>ich</strong>. Hilft dem, der das leitet, aber auch denen, die sammeln gehen.<br />

Die SammlerInnen kriegen wirkl<strong>ich</strong> alles in die Hand, so wie man einem Kind ein<br />

Jausensackerl in die Hand steckt für die Schultasche, so kriegen die ihren Pack und sie gehen<br />

damit und wissen alles. Das schätzen sie schon sehr. Und das ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> eine Empfehlung<br />

generell für alle Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en.“ (Pfarre 9)<br />

Dem ist n<strong>ich</strong>ts hinzuzufügen. Gute Rahmenbedingungen und ein reibungsloser Ablauf tragen<br />

s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> zur Attraktivität einer Aufgabe bei.<br />

Beispiel 7: Ausnahmeregelungen in bezug auf die Haushalte<br />

Um zu verhindern, daß man jenen Personen, die negativ gegen die Haussammlung eingestellt<br />

sind, mit dem Sammeln auf die Nerven geht, werden in Pfarre 2 die betreffenden Haushalte<br />

ausgelassen. Zweitens will man damit die SammlerInnen vor Ablehnungen und negativen<br />

Reaktionen bewahren.<br />

Konkret schaut das so aus, daß der Pfarrer (insbesondere in den neuzugezogenen) Familien<br />

vorfragt, ob sie damit einverstanden sind, daß bei ihnen gesammelt wird:<br />

„Es ist ja auch oft so, daß der Pfarrer ein Gespräch führt: Dürfen wir kommen? Und wenn es<br />

n<strong>ich</strong>t paßt, dann sagt er von vornherein schon: Lassen wir das. Vielle<strong>ich</strong>t sind sie in 5 Jahren<br />

oder in 10 Jahren dazu bereit, daß man hingehen darf. Wir haben da zum Beispiel einen LKW-<br />

Fahrer gehabt, der ist freiwillig nach Rumänien gefahren. Ja, wie soll der für die Caritas auch<br />

noch <strong>was</strong> hergeben? Das sind schon Sachen, die wir dann irgendwo berücks<strong>ich</strong>tigen müssen.<br />

(...) Es kennt da am Land jeder jeden. Man weiß auch einen gewissen Lebensstandard, man<br />

kennt auch die Einstellung, die sie haben.“ (Frau A.)<br />

Ohne Zweifel macht diese Praxis das Sammeln-Gehen angenehmer, weil dadurch<br />

problematische Haushalte von vornherein ausgeklammert werden. Dieses individuelle<br />

Vorgehen ist aber wohl nur in kleinen Pfarren mögl<strong>ich</strong>, wo s<strong>ich</strong> die Menschen untereinander<br />

kennen, wo sie über die Einstellung des anderen bescheid wissen.<br />

Auf ähnl<strong>ich</strong>e Weise geht auch eine Fragebogen-Pfarre vor. Bei der Frage: Welche<br />

Unterstützung von seiten des Pfarrers/PGRs finden Sie sinnvoll? wurde folgende Aussage<br />

gemacht:<br />

„Durch jahrzehntelange Haussammlung ist es schon Tradition – viele Leute warten schon auf<br />

die Sammler. Wenn jemand n<strong>ich</strong>ts spendet, wird sein Haus ev. 1 – 2 Jahre ausgelassen, dann<br />

wieder vorgesprochen.“<br />

37 Eine gegenteilige Aussage von Frau W. zu diesem Thema finden Sie in Kap.4.10.


56<br />

3.12.1. Dankesfeiern und Ehrungen<br />

Dankesfeiern und Ehrungen sind natürl<strong>ich</strong> keine Abhilfemaßnahmen in dem Sinn, daß sie das<br />

Problem, neue SammlerInnen zu finden, entschärfen <strong>helf</strong>en würden. Das Thema Dankesfeiern<br />

kam aber so oft vor, daß <strong>ich</strong> ihm hier ein eigenes Kapitel widmen möchte.<br />

In Kap.2.8.1. haben 11 Pfarren (9%) die W<strong>ich</strong>tigkeit von Dankesfeiern und Ehrungen<br />

hervorgehoben. 8 Pfarren (6%) finden zudem Schlußbesprechungen in Form einer<br />

gemeinsamen Jause o.ä. sinnvoll. Faßt man diese beiden Punkte zusammen, so haben<br />

insgesamt 19 Pfarren die Bedeutung des Dankes in irgendeiner Weise als sinnvolle Form der<br />

Unterstützung angegeben. Nur eine Aussage hat demgegenüber mehr Nennungen, näml<strong>ich</strong><br />

das Aufmerksam-Machen in Kirche und Pfarrblatt (vgl. Kap.2.8.1.). Daß auch die Diözesan-<br />

Caritas ihren Dank in besonderer Form aussprechen soll, meinten 7 Pfarren (7%).<br />

Einladungen an alle SammlerInnen zu einem gemeinsamen Treffen, einer gemeinsamen Feier<br />

(wie im Jahr 2000 in St. Pius) befürworteten 5 Pfarren (5%). Wenn man hier diese beiden<br />

Aussagen zusammenfaßt (= 12 Nennungen) und den anderen Vorschlägen aus Kap.2.8.2.<br />

gegenüberstellt, dann rangieren diese Aussagen der Häufigkeit ihrer Nennungen nach an 4.<br />

Stelle. In Anbetracht der insgesamt 23 Statements hat also auch hier das Thema „Dank“<br />

großes Gew<strong>ich</strong>t (vgl. Kap.2.8.2.).<br />

Was sagen die von mir interviewten Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en zu diesen Thema?<br />

Pfarre 9 meint, das Dankeschön am Ende der Sammlung sei „die Motivationskurbel für das<br />

nächste Mal.“<br />

Pfarre 2 besteht darauf, daß die SammlerInnen genauso geehrt werden wie alle anderen<br />

pfarrl<strong>ich</strong>en MitarbeiterInnen (Pfarrgemeinderäte, Organisten, etc).<br />

„Ich danke jedenfalls am Jahresschluß auch den Caritas-Sammlern immer. Und dann find <strong>ich</strong><br />

halt, daß man sie ab und zu auch mit einer Ehrung, einer Urkunde oder einem Geschenk<br />

bedenken sollte. Weil irgendwie glaub <strong>ich</strong>, ist das im Hintergedanken der Sammler auch<br />

w<strong>ich</strong>tig, daß das auch anerkannt wird und daß man s<strong>ich</strong> bedankt. Das wollen die Leute, daß<br />

man es n<strong>ich</strong>t als selbstverständl<strong>ich</strong> ansieht, daß sie das machen. Es soll auch ein bißchen ein<br />

Dank sein.“ (Pfarre 2)<br />

In Pfarre 6 wird den SammlerInnen ebenfalls im Gottesdienst gedankt. Darüber hinaus findet<br />

Pfarre 6 ein Dankeschön von seiten der Diözese sinnvoll.<br />

„Wenn jetzt die Sammler z.B. einen Brief bekommen würden, wo sie von der Diözese aus einen<br />

Dank bekommen würden,... Ich erlebe, daß solche Sachen schon angenommen werden. Dabei<br />

geht es um das Bewußtsein: meine Adresse ist dort gespe<strong>ich</strong>ert, irgendwer hat zumindest meine<br />

Adresse gesehen, auch von der Diözesan-Leitung. Es ist n<strong>ich</strong>t nur die kleine Pfarre, sondern die<br />

ganze Diözese. So et<strong>was</strong> z.B. wäre n<strong>ich</strong>t umsonst.“ (Pfarre 6)<br />

Die öffentl<strong>ich</strong>e Wertschätzung dieses Dienstes wird als sehr w<strong>ich</strong>tig erachtet. Ob und wie eine<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong>e Arbeit anerkannt wird, färbt s<strong>ich</strong>er das Klima, die atmosphärischen<br />

Rahmenbedingungen, innerhalb derer diese Tätigkeit geschieht. N<strong>ich</strong>t zuletzt sind<br />

Anerkennung und Wertschätzung aber gerade bei ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten, die in manchen<br />

Teilen der Gesellschaft n<strong>ich</strong>t so hoch angesehen sind, von Bedeutung – als Gegengew<strong>ich</strong>t zu<br />

den vielle<strong>ich</strong>t erfahrenen Unfreundl<strong>ich</strong>keiten, Demütigungen, etc..<br />

In vielen Pfarren wird zum Abschluß der Sammlung ein „gemütl<strong>ich</strong>es Zusammensitzen“<br />

veranstaltet. Die SammlerInnen bekommen eine kleine Jause. Im Idealfall ist auch der Pfarrer<br />

anwesend. Manchmal werden Ausflüge oder Exkursionen organisiert. Abgesehen vom Dank,<br />

den sie ausdrücken, bieten diese Treffen die Mögl<strong>ich</strong>keit, Erfahrungen mit anderen<br />

SammlerInnen auszutauschen, s<strong>ich</strong> negative Erfahrungen von der Seele zu reden, die<br />

Einsamkeit des Sammeln-Gehens zumindest am Schluß ein wenig zu relativieren. Pfarre 2<br />

bemerkt dazu:


57<br />

„Die Gemeinschaft der Sammler ist eine eigene Clique, möchte <strong>ich</strong> sagen. Die soll man ab und<br />

zu halt auch zusammenführen, vielle<strong>ich</strong>t auch, um eventuelle Probleme anzusprechen und s<strong>ich</strong><br />

auszutauschen. Und die persönl<strong>ich</strong>e Betreuung dieser Leute ist sehr w<strong>ich</strong>tig.“ (Pfarre 2)<br />

Wie kommen diese Einladungen bei den SammlerInnen an?<br />

Frau C: „Ich geh n<strong>ich</strong>t auf diese Versammlungen. Das mag <strong>ich</strong> eher n<strong>ich</strong>t.“<br />

Frau D.: „Es ist nett. Ja. Natürl<strong>ich</strong> muß man da aber auch wieder Zeit haben dazu.“<br />

Frau F. schätzt diese Treffen aufgrund der Mögl<strong>ich</strong>keit des Austauschs und der Reflexion.<br />

Frau A. ist auch dafür, „daß das ein wenig anerkannt wird“. Dies gelte insbesondere für<br />

langgediente Caritas-SammlerInnen.<br />

Auch wenn manche SammlerInnen dieses Angebot n<strong>ich</strong>t annehmen, ist es ganz w<strong>ich</strong>tig, daß<br />

es solche Angebote überhaupt gibt. In den Interviews meinten einige SammlerInnen, daß der<br />

Dank für sie n<strong>ich</strong>t das Ausschlaggebende sei. Das ist schon r<strong>ich</strong>tig. Die Dankesfeiern selber<br />

re<strong>ich</strong>en s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t aus als Motivation für diesen Dienst. Dennoch würde aber et<strong>was</strong><br />

Entscheidendes fehlen, wenn es sie n<strong>ich</strong>t gäbe. Wie Pfarre 2 es formuliert hat: „Es soll n<strong>ich</strong>t<br />

selbstverständl<strong>ich</strong> sein“.<br />

W<strong>ich</strong>tig ist auch, bei diesen Treffen gute Rahmenbedingungen für den Austausch unter den<br />

SammlerInnen, für Aussprache und Reflexion zu schaffen, das heißt, fast ein bißchen et<strong>was</strong><br />

wie eine Supervision anzubieten. Dies als Ze<strong>ich</strong>en dafür, daß die SammlerInnen mit dem<br />

Unangenehmen, das sie vielle<strong>ich</strong>t erlebt haben, mit der Kritik, die sie s<strong>ich</strong> vielle<strong>ich</strong>t anhören<br />

haben müssen, n<strong>ich</strong>t alleingelassen werden.<br />

Fassen wir zusammen: Durch welche konkreten Maßnahmen können nun Dank und<br />

Anerkennung offiziell ausgedrückt werden? Von pfarrl<strong>ich</strong>er Seite her in Form von<br />

Dankgottesdiensten 38 , Einladungen zu einem gemütl<strong>ich</strong>en Zusammensein oder ähnl<strong>ich</strong>en<br />

Zusammenkünften, aber auch durch die Bereitstellung von Mögl<strong>ich</strong>keiten zum<br />

Nachbesprechen, Nachbearbeiten. Was die Ehrungen von seiten der Diözesan-Caritas<br />

anbelangt, so werden gemeinsame Feiern für alle SammlerInnen allgemein sehr geschätzt.<br />

Denkbar wären auch besondere Ehrungen für langgediente SammlerInnen. Konkrete<br />

Vorschläge bezügl<strong>ich</strong> der Würdigung von seiten der Diözesan-Caritas wurden schon 1998 im<br />

Zuge einer Fragebogenerhebung zum Thema Caritas-Haussammlung herausgearbeitet. Diese<br />

lauteten folgendermaßen:<br />

1. Bei 5jähriger Sammlertätigkeit: Dank durch Caritasdirektor + Buch<br />

2. ab 10jähriger Sammlertätigkeit: Urkunde von Bischof A<strong>ich</strong>ern + Einladung zu einem<br />

„Sammlerevent“. Diese kann eine geschlossene Theater- oder Konzertveranstaltung<br />

mit vorangehender Würdigung der Sammler sein. Darüber hinaus könnte ein Artikel<br />

im Pfarrblatt sowie im Gemeindebrief ein taugl<strong>ich</strong>es Motivationsinstrument sein.<br />

3. Ab 25jähriger Sammlertätigkeit: Spezielle, individuelle Würdigung. Auch in<br />

Kooperation mit lokalen bzw. regionalen Medien. 39<br />

Auf die Diskussion der Vorschläge im einzelnen (die im übrigen noch n<strong>ich</strong>t umgesetzt sind)<br />

verz<strong>ich</strong>te <strong>ich</strong> hier. Wie die Würdigung konkret passiert, ist schließl<strong>ich</strong> zweitrangig 40 . W<strong>ich</strong>tig<br />

ist, daß sie passiert.<br />

Zum Abschluß dieses Kapitels möchte <strong>ich</strong> Gudrun Born zitieren, die zum Thema<br />

Anerkennung meint:<br />

„... damit sind n<strong>ich</strong>t öffentl<strong>ich</strong>e Ehrungen, der Pauschaldank zum Jahresschluß oder<br />

die jährl<strong>ich</strong>e Einladung für alle Freiwilligen/Ehrenamtl<strong>ich</strong>en der Gemeinde gemeint,<br />

38 Mögl<strong>ich</strong> sind eigene Dankgottesdienste für die SammlerInnen, Sendungsfeiern oder Dank im regulären<br />

Gottesdienst.<br />

39 Liedl, 98, S. 7.<br />

40 - und außerdem besser Caritas-MitarbeiterInnen überlassen, die auch über finanzielle Mögl<strong>ich</strong>keiten, Kosten,<br />

Zeitbudget etc. Bescheid wissen.


58<br />

obwohl solche Treffen durchaus w<strong>ich</strong>tig sind. Und es geht auch n<strong>ich</strong>t um ein bißchen<br />

,Image-Kosmetik’ oder um die eher belächelten ,Stre<strong>ich</strong>eleinheiten’. Anerkennung ist<br />

mehr, sie kommt aus dem Herzen und ist denen, die sie zollen, ein Anliegen: Ab und<br />

zu ein ehrl<strong>ich</strong>es Dankeschön für eine besonders gelungene oder nach einer besonders<br />

schwierigen Aufgabe, das vermissen viele.“ (Born, 1995, S. 43) 41<br />

3.13. Welche Erfahrungen machten die Pfarren, die keine persönl<strong>ich</strong>e<br />

Haussammlung durchführen?<br />

In diesem Kapitel möchte <strong>ich</strong> die drei Pfarren, die die Haussammlung n<strong>ich</strong>t in Form einer<br />

persönl<strong>ich</strong>en Sammlung durchführen, näher vorstellen. Warum führen sie die Sammlung n<strong>ich</strong>t<br />

persönl<strong>ich</strong> durch? Welche Erfahrungen haben sie mit anderen Formen der Sammlung<br />

gemacht? Erwägen sie eine Wiedereinführung der persönl<strong>ich</strong>en Sammlung?<br />

Jeder dieser drei Pfarren ist ein eigenes Kapitel gewidmet.<br />

3.13.1. „daß <strong>ich</strong> das meinen Leuten n<strong>ich</strong>t zumuten möchte“<br />

In Pfarre 4, einer ländl<strong>ich</strong>en Pfarre mit rund 4000 Katholiken, wird die Caritas-<br />

Haussammlung seit ca. 25 Jahren als Kirchensammlung durchgeführt. Überlegungen, diese<br />

Tradition zu durchbrechen und die Sammlung persönl<strong>ich</strong> durchzuführen, gibt es derzeit n<strong>ich</strong>t.<br />

Die Re<strong>ich</strong>weite der Kirchensammlung ist allerdings gering, sie erre<strong>ich</strong>t nur in etwa 10% der<br />

Pfarrbevölkerung. Deswegen wird in Erwägung gezogen, eventuell auf eine<br />

Erlagscheinsammlung überzugehen. Diskussionen über dieses Thema hat es im<br />

Pfarrgemeinderat bereits gegeben. Unklar ist aber noch, wie s<strong>ich</strong> eine allfällige<br />

Zahlscheinsammlung organisatorisch und vom Kostenaufwand her am besten umsetzen ließe.<br />

Die naheliegendste Option, näml<strong>ich</strong> die Erlagscheine mittels Pfarrblatt den Haushalten<br />

zukommen zu lassen, ist deswegen in Frage gestellt, weil es schon eine Reihe anderer<br />

Sammlungen gibt, die auf diese Weise durchgeführt werden. Um die Gemeindemitglieder<br />

n<strong>ich</strong>t zu überfordern, möchte Pfarre 4 es wenn mögl<strong>ich</strong> verhindern, daß jedes Pfarrblatt mit<br />

einem Zahlschein bestückt ist.<br />

Der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre 4 schätzt den persönl<strong>ich</strong>en Kontakt zu allen<br />

Pfarrmitgliedern, wie er beim persönl<strong>ich</strong>en Sammeln gegeben ist, zwar hoch ein, glaubt aber<br />

n<strong>ich</strong>t, daß s<strong>ich</strong> diese Form der Sammlung in seiner Pfarre umsetzen lassen würde, daß die<br />

Pfarrmitglieder hier mittun würden. Aufgrund der Schwierigkeiten, die mit dem persönl<strong>ich</strong>en<br />

Sammeln verbunden sind, möchte er diesen Dienst seinen eigenen Pfarrmitgliedern auch n<strong>ich</strong>t<br />

zumuten:<br />

„Ich tät mir wünschen, daß mehr diese Botschaft hören. Aber <strong>ich</strong> denk jetzt wiederum, die<br />

Frauen und Männer, die jetzt da hinausgehen müßten, welchem Druck die ausgesetzt sind. Wir<br />

wissen, daß so viele Familien einfach den Tag über n<strong>ich</strong>t zuhause sind. Daß die drei, vier,<br />

fünfmal anklopfen müßten. Am Vormittag ist es kaum mögl<strong>ich</strong>, weil die jungen Leute in der<br />

Arbeit sind, am Nachmittag ist es oft so. Abends ist es dann überhaupt keine Frage, da ist<br />

Fernsehtermin, und noch und noch. Und in den vielen Häusern, Hochhäusern bei uns, wo die<br />

Menschenballungen sind, da findet man tagsüber keine Leute zuhause. Und da müßten die<br />

jetzt so oft anklopfen und dann s<strong>ich</strong> die übl<strong>ich</strong>en, ja sehr suspekten Äußerungen und<br />

41 Ganz in diesem Sinne auch Pfarre 9: „Weil es näml<strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> ein Dienst ist, der durch n<strong>ich</strong>ts zu bezahlen ist<br />

als durch ein einfaches Wort: Danke.“


59<br />

Meinungen anhören, die schon sehr zermürbend sind und oft sehr verletzend und<br />

beleidigend,.. - daß <strong>ich</strong> das einfach meinen Leuten n<strong>ich</strong>t zumuten möchte.“ (Pfarre 4)<br />

3.13.2. „Ich seh eigentl<strong>ich</strong> keine andere Alternative“<br />

In Pfarre 7, einer städtischen Pfarre mit rund 3000 Katholiken gibt es seit ca. 10 Jahren eine<br />

Erlagscheinsammlung. Diese wird mit einem eigens zum Thema „Haussammlung“ gestalteten<br />

Pfarrblatt durchgeführt. Die Inhalte dieses Pfarrblattes beziehen s<strong>ich</strong> thematisch einerseits auf<br />

die Diözesan-Caritas, andererseits auf die Pfarr-Caritas (Informationen über die Verwendung<br />

der Spendengelder, Abrechnungen, aktuelle Entwicklungen und Themen).<br />

Pfarre 7 hat durchaus positive Erfahrungen mit ihrem Umstieg von der persönl<strong>ich</strong>en auf die<br />

Erlagscheinsammlung gemacht. Eine Wiedereinführung der persönl<strong>ich</strong>en Sammlung wird<br />

n<strong>ich</strong>t überlegt – zum einen, weil keine Kapazitäten dafür vorhanden sind, zum anderen, weil<br />

man mit der jetzigen Form zufrieden ist.<br />

„Es war auf jeden Fall damals so, daß das Ergebnis mit den Erlagscheinen - also nach der<br />

Umstellung, - weit höher war. Es hat s<strong>ich</strong> nie wer im Pfarrgemeinderat darübergetraut, das<br />

jetzt wieder zu institutionalisieren, daß eben da Leute wieder unterwegs sind, weil das<br />

erfahrungsgemäß sehr schwierig ist. Wir haben n<strong>ich</strong>t in allen Wohngebieten bei uns Leute, die<br />

zu den Häusern Kontakt haben. Wir sehen es z.B. bei der Sternsingeraktion, daß man in viele<br />

Häuser überhaupt n<strong>ich</strong>t hineinkommt. Das ist ein bißchen abschreckend. ... Also, <strong>ich</strong> seh<br />

eigentl<strong>ich</strong> keine andere Alternative.“ (Pfarre 7)<br />

In seiner generellen Beurteilung des persönl<strong>ich</strong>en Sammelns weist der<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e auf einen paradoxen Zusammenhang hin: Die Anonymität,<br />

die die Durchführung des persönl<strong>ich</strong>en Sammelns so erschwert, wenn n<strong>ich</strong>t gar verhindert,<br />

könnte andererseits gerade mit dem persönl<strong>ich</strong>en Sammeln wenn n<strong>ich</strong>t durchbrochen, so<br />

zumindest abgeschwächt werden.<br />

3.13.3. „und dann war klar: wir müssen uns andere Formen suchen“<br />

Pfarre 8 ist eine städtische Pfarre mit rund 2000 Katholiken. Die Erlagscheinsammlung gibt<br />

es seit 13 Jahren und sie wird – wie in Pfarre 7 - mit einem eigenen Pfarrblatt durchgeführt<br />

(genauer gesagt arbeiten Pfarre 7 und Pfarre 8 bei der Gestaltung dieses Caritas-Pfarrblattes<br />

zusammen).<br />

Pfarre 8 stieg auf die Erlagscheinsammlung um, weil die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung einfach n<strong>ich</strong>t<br />

mehr funktionierte:<br />

„Wir haben früher eine von-Tür-zu-Tür-Sammlung gehabt, und die ist sehr schlecht gegangen.<br />

Wir haben immer weniger Leute gehabt zum Sammeln, das waren teilweise sehr alte<br />

Menschen, die das jahrzehntelang gemacht haben. Aber sie waren dann zu krank oder sind<br />

teilweise gestorben, und es sind keine neuen Leute nachgekommen. Es war das eine Problem,<br />

daß wir viele Straßenzüge gehabt haben, wo überhaupt n<strong>ich</strong>t mehr gesammelt worden ist.<br />

Ein zweites Problem war dann: die Leute haben n<strong>ich</strong>t mehr in die Häuser hineingekonnt. Es<br />

hat ihnen niemand aufgemacht, und jetzt haben sie dann einfach die Zahlscheine irgendwo<br />

hingelegt - und das hat keinen Sinn mehr gehabt. Und dann war klar: wir müssen uns neue<br />

Formen suchen. Und da haben wir dann gesagt, wir machen das mit dem Pfarrblatt. Und zwar<br />

machen wir das jetzt seit 1988. Und der Vorteil war, daß jeder Haushalt unserer Gemeinde<br />

et<strong>was</strong> gewußt hat von der Haussammlung. Weil unser Pfarrblatt wird persönl<strong>ich</strong> adressiert.<br />

Und da haben wir gesagt, es muß uns das wert sein, daß wir ein eigenes Pfarrblatt machen, wo<br />

wir die Leute mögl<strong>ich</strong>st genau informieren: Was macht die Caritas, <strong>was</strong> macht sie mit dem<br />

Geld, <strong>was</strong> macht die Pfarrcaritas, wozu braucht die Pfarrcaritas das Geld? und vor allem, daß


die Leute auch wissen: welche Angebote kann <strong>ich</strong> persönl<strong>ich</strong> von der Caritas in Anspruch<br />

nehmen?“ (Pfarre 8)<br />

Auch Pfarre 8 machte durchaus positive Erfahrungen mit der Sammlung mittels eigenem<br />

Caritas-Pfarrblatt. Sie wurde (und wird nach wie vor) bei den Pfarrmitgliedern sehr gut<br />

aufgenommen. Insbesondere die Informationen im Caritas-Pfarrblatt werden sehr geschätzt.<br />

Eine Wiedereinführung der persönl<strong>ich</strong>en Sammlung steht auch hier n<strong>ich</strong>t zur Debatte:<br />

„Momentan, muß <strong>ich</strong> ehrl<strong>ich</strong> sagen, sind wir einfach froh, daß wir uns da n<strong>ich</strong>t engagieren<br />

müssen, Sammler zu suchen. Und wir haben ja immer mehr zu tun. Es gibt immer weniger<br />

Hauptamtl<strong>ich</strong>e in den Pfarren. Auf uns kommt immer mehr zu. Und jetzt sollen wir das auch<br />

noch machen, daß wir uns da noch mehr engagieren und noch mehr die Leute motivieren,...<br />

Da haben wir halt den Mut, daß wir sagen: nein. Wir haben genug andere Sachen.“ (Pfarre 8)<br />

Obwohl die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre 8 den persönl<strong>ich</strong>en Kontakt, der<br />

durch die von-Tür-zu-Tür-Sammlung gegeben ist, sehr schätzt, ist sie grundsätzl<strong>ich</strong> im<br />

Zweifel darüber, ob diese Sammlungsform noch zeitgemäß ist:<br />

„Ich persönl<strong>ich</strong> weiß ja n<strong>ich</strong>t, ob das noch eine zeitgemäße Form des Sammelns überhaupt ist.<br />

In der heutigen Zeit - und da komm <strong>ich</strong> wieder auf das zurück, daß das Persönl<strong>ich</strong>e so w<strong>ich</strong>tig<br />

ist, aber ... jetzt geht man schon bald n<strong>ich</strong>t einmal mehr auf die Bank, sondern macht das vom<br />

Computer aus,.... das wird die Zukunft sein. Es ist alles so schnellebig, es geht alles weniger<br />

auf persönl<strong>ich</strong>e Kontakte. - und jetzt macht die Caritas das persönl<strong>ich</strong>. Obwohl <strong>ich</strong> es sehr<br />

begrüße. Aber <strong>ich</strong> glaub halt, daß viele Leute das gar n<strong>ich</strong>t mehr wollen.“ (Pfarre 8)<br />

Andererseits – und hier argumentiert sie ähnl<strong>ich</strong> wie Pfarre 7 - könnte vielle<strong>ich</strong>t aber gerade<br />

deswegen, weil der gesellschaftl<strong>ich</strong>e Trend dahingeht, persönl<strong>ich</strong>e Begegnung in vielerlei<br />

Alltagssituationen scheinbar überflüssig zu machen, die Haussammlung - als Gegentrend dazu<br />

näml<strong>ich</strong> - w<strong>ich</strong>tiger werden.<br />

60


61<br />

4. Ergebnisse der Interviews mit den SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-<br />

SammlerInnen<br />

In diesem Abschnitt kommen Personen zu Wort, die für die Caritas haussammeln gehen und<br />

Personen, bei denen angefragt worden ist, ob sie diesen Dienst übernehmen würden, die aber<br />

n<strong>ich</strong>t dazu bereit waren. Ausgewählt wurde diese Zielgruppe im Rahmen der Interviews mit<br />

den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en, das heißt auf Vorschlag der<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en hin.<br />

Inhaltl<strong>ich</strong>er Schwerpunkt der Interviews mit den SammlerInnen/N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen war der<br />

Themenkomplex Motivation: <strong>was</strong> sind die Gründe für das ehrenamtl<strong>ich</strong>e Engagement im<br />

Rahmen der Caritas Haussammlung, mit welchen Begründungen wird dieses Engagement<br />

abgelehnt?<br />

4.1. Kurze Vorstellungsrunde<br />

In ähnl<strong>ich</strong>er Weise wie die Pfarren, in denen Interviews mit den<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en durchgeführt wurden, möchte <strong>ich</strong> hier die befragten<br />

SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen kurz vorstellen:<br />

SammlerIn Alter Beruf pfarrl. aktiv<br />

Frau A ja 60 Jahre kaufm. Angestellte in Pension Pfarrcaritas<br />

Frau B ja 70 Jahre kaufm. Angestellte in Pension PGR<br />

Frau C ja 49 Jahre kaufm. Angestellte Pfarrcaritas<br />

Frau D ja 62 Jahre kaufm. Angestellte in Pension Besuchsdienste<br />

Herr E ja 75 Jahre Beamter in Pension KMB<br />

Frau F ja 50 Jahre Hausfrau PGR<br />

Frau S nein 44 Jahre Landwirtin KFB<br />

Frau T nein 31 Jahre kaufm. Angestellte in Karenz Pfarrblatt-<br />

Austragen<br />

Frau U nein 45 Jahre Ärztin PGR<br />

Frau V nein 62 Jahre Lehrerin in Pension PGR, KFB<br />

Frau W nein 70 Jahre Pension Pfarrblatt-<br />

Austragen<br />

Befragt wurden 11 Personen. 6 davon sind SammlerInnen, 5 sind N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen. Diese<br />

Gruppe besteht hauptsächl<strong>ich</strong> aus Frauen, nur ein Mann ist darunter vertreten, und zwar als<br />

Sammler. Diese Verteilung (83% Frauen) deckt s<strong>ich</strong> exakt mit den Ergebnissen der<br />

quantitativen Untersuchung. Auch dort wurde bei den SammlerInnen ein Frauenanteil von<br />

83% festgestellt (vgl. Kap.2.3.).<br />

Warum ist bei den N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen kein Mann vertreten? Wie schon erwähnt kam die<br />

Auswahl der InterviewpartnerInnen auf Vorschlag der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

zustande. Daß als Beispiel für N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen kein Mann vorgeschlagen wurde, ist wohl<br />

auf den Umstand zurückzuführen, daß die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en bei ihrer Suche


62<br />

nach neuen SammlerInnen in erster Linie Frauen im Visier haben, das heißt, s<strong>ich</strong> in erster<br />

Linie an Frauen wenden 42 .<br />

Der Altersdurchschnitt meiner InterviewpartnerInnen liegt bei 56 Jahren. Die SammlerInnen<br />

sind dabei mit einem Durchschnitt von 61 Jahren älter als die N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen mit einem<br />

Durchschnitt von 50 Jahren.<br />

6 Personen sind in Pension, eine Person ist Hausfrau und 4 Personen sind erwerbstätig.<br />

Durchwegs alle InterviewpartnerInnen sind in irgendeiner Form pfarrl<strong>ich</strong> engagiert (vgl. dazu<br />

auch Kap.3.3.). Warum auch unter den N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen nur solche sind, die pfarrl<strong>ich</strong><br />

engagiert sind, erklärt s<strong>ich</strong> daraus, daß die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en in der Mehrzahl<br />

solche Personen ansprechen, von denen sie wissen, daß sie grundsätzl<strong>ich</strong> pfarrl<strong>ich</strong>er Mitarbeit<br />

n<strong>ich</strong>t abgeneigt sind, s<strong>ich</strong> also in irgendeiner Form schon ehrenamtl<strong>ich</strong> betätigen.<br />

Alle InterviewpartnerInnen haben Kinder, die meisten davon erwachsene. Kleinkinder hat nur<br />

die in Karenz befindl<strong>ich</strong>e Frau T..<br />

4.2. Wie hat dieses Engagement begonnen?<br />

Frau A. – sie ist Mitarbeiterin der Pfarrcaritas - geht seit 3 Jahren haussammeln. Sie hat<br />

diesen Dienst begonnen in der Annahme, daß er nur vorübergehend sei. Die langjährige<br />

Sammlerin ihres Wohngebietes war krank geworden und bat Frau A, für sie einzuspringen<br />

(weil deren Schwiegertochter diesen Dienst n<strong>ich</strong>t übernehmen wollte). Aus dieser Aushilfe ist<br />

letztendl<strong>ich</strong> mehr geworden. Die Sammlerin, für die sie eingesprungen war, ist mittlerweile<br />

verstorben, und seitdem hat Frau A. die Zuständigkeit für diesen Rayon inne.<br />

Daß sie in diese Aufgabe mehr oder weniger hineingerutscht ist, ist ihr weiter kein Problem.<br />

Sie hat s<strong>ich</strong> darauf eingestellt, daß sie haussammeln geht, solange es für sie gesundheitl<strong>ich</strong><br />

und zeitl<strong>ich</strong> mögl<strong>ich</strong> ist.<br />

Frau B. ist seit 5 Jahren Caritas-Sammlerin. Sie wurde vom Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

ihrer Pfarre gefragt, ob sie n<strong>ich</strong>t einen Rayon übernehmen wolle, bei dem eine Sammlerin<br />

durch Umzug ausgefallen war. Bei Frau B. lag das insofern nahe, weil ihr diese Tätigkeit<br />

durch die langjährigen Chauffeurdienste für eine andere Haussammlerin schon vertraut war.<br />

Zudem hatte sie im Rahmen des Pfarrgemeinderats schon einige Zeit die Aufgabe inne, die<br />

Sammellisten für die einzelnen Rayons vorzubereiten. Aufgrund ihrer Vorerfahrungen hat sie<br />

diesen Dienst <strong>gern</strong>e angenommen, obgle<strong>ich</strong> sie s<strong>ich</strong> kurzzeitig Sorgen machte, ob sie n<strong>ich</strong>t<br />

schon zu alt dafür sei – dies aber n<strong>ich</strong>t in bezug auf ihre Gesundheit, Zumutbargrenzen o.ä.,<br />

sondern in bezug auf die Aufnahme bei den Besammelten: „daß die Leute mehr hergeben<br />

oder mehr Freude haben, wenn wer jüngerer kommt“ (Frau B.). Diese Sorge hat s<strong>ich</strong> aber sehr<br />

bald als unbegründet herausgestellt.<br />

Frau C. sammelt schon 10 Jahre lang. Sie wurde angesprochen im Rahmen ihrer Funktion als<br />

Pfarrcaritas-Leiterin und hat zugesagt aus einer Art Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein heraus:<br />

„Mein Gott, die Leute suchen halt wen, der et<strong>was</strong> macht, und da hat man halt einfach ja<br />

gesagt. N<strong>ich</strong>t aus besonderer Überzeugung, sondern damit es halt erledigt ist.“ (Frau C.)<br />

42 Auch die meisten anderen sozialen Organisationen gehen beim Anwerben n<strong>ich</strong>t geschlechtsneutral vor. Nach<br />

Tania Weng könnte die überdurchschnittl<strong>ich</strong>e Präsenz von Frauen, wie sie in beinahe allen ehrenamtl<strong>ich</strong>en<br />

sozialen Diensten gegeben ist, von den Organisationen selbst herbeigeführt worden sein. In ihrer Untersuchung<br />

über das Freiwilligen-Engagement bei der Caritas Linz stellte sie fest, „daß hauptsächl<strong>ich</strong> Frauen von der<br />

Organisation angesprochen wurden, während die Männer s<strong>ich</strong> eher aus eigenem Antrieb bewarben“ (Weng,<br />

2000, S. 7).


63<br />

Frau D. geht insgesamt schon ca. 18 Jahre sammeln („insgesamt“ deshalb, weil n<strong>ich</strong>t<br />

durchgehend). Sie ist vom Pfarrer gebeten worden, ob sie n<strong>ich</strong>t die Nachfolge ihrer Mutter<br />

antreten wolle. Was sie auch gemacht hat: „das ist fast eine Art Erbteil“. (Frau D.)<br />

Herr E. ist mit seinen 30 Jahren, die er als Caritas-Sammler tätig ist, der langgedienteste in<br />

der von mir befragten Gruppe. Er war aktiv in der <strong>Katholisch</strong>en Männerbewegung, als er vom<br />

Pfarrer angesprochen worden ist, ob er n<strong>ich</strong>t sammeln gehen würde. Da ihm die Arbeit der<br />

Caritas durch seine Frau, einer langjährigen Caritas-Mitarbeiterin, vertraut war, und er über<br />

Mittelverwendung und Treffs<strong>ich</strong>erheit bescheid wußte, konnte er „natürl<strong>ich</strong> le<strong>ich</strong>t ja sagen“.<br />

In Frau F.’s Pfarre gibt es erst seit zwei Jahren wieder eine persönl<strong>ich</strong>e Sammlung. Bei der<br />

diesbezügl<strong>ich</strong>en Abstimmung im Pfarrgemeinderat hatte Frau F. (sie ist Pfarrgemeinderätin<br />

und Leiterin des Caritas-Ausschusses) für die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung gestimmt und s<strong>ich</strong> auch<br />

sogle<strong>ich</strong> als Sammlerin gemeldet (wie im übrigen viele andere PfarrgemeinderätInnen auch).<br />

„Das hat der Herr Pfarrer recht gut organisiert gehabt mit einem großen Blatt Papier, das er<br />

aufgehängt hat. Da sind die Orte oben gestanden: wer meldet s<strong>ich</strong> für den Ort, und wer meldet<br />

s<strong>ich</strong> für den? Da hat man s<strong>ich</strong> dann eh selber melden können, man hat es selber aussuchen<br />

können. Da ist n<strong>ich</strong>ts zugeteilt worden.“ (Frau F.)<br />

Bis auf Frau F. hat s<strong>ich</strong> keiner der SammlerInnen von s<strong>ich</strong> aus für das Haussammeln<br />

gemeldet. Frau F., bzw. die Ausgangslage in deren Pfarre, stellt hier also s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> eine<br />

Ausnahme dar: die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung gibt es noch n<strong>ich</strong>t lange, die Entscheidung für sie<br />

wurde von der Mehrheit der Pfarrgemeinderäte aktiv getroffen, die Pfarre befindet s<strong>ich</strong><br />

insgesamt gerade in einer Aufbruchsstimmung (vor 2 Jahren wurde eine Pfarrmission<br />

durchgeführt, die sehr positiv aufgenommen wurde und sehr viel in Bewegung gebracht hat).<br />

Ansonsten fängt das Haussammeln zumeist damit an, daß der Pfarrer oder der/die<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e an eine bereits pfarrl<strong>ich</strong> engagierte Person herantritt und um<br />

Mithilfe bittet („Könntest du dir vorstellen,...?“). Als Kriterien für das Ansprechen erweisen<br />

s<strong>ich</strong> hier also Funktionen bzw. Engagement in pfarrl<strong>ich</strong>en Organisationen (wie KFB, KMB,<br />

PGR) und Verwandtschaftsverhältnisse zu SammlerInnen, die ausfallen (vgl. dazu auch<br />

Kap.3.4.1.). Insgesamt bestätigt s<strong>ich</strong> durch diese Beispiele die Wahrnehmung der<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en, wonach andere Formen als persönl<strong>ich</strong>es Ansprechen (wie<br />

Ausschreibungen im Pfarrblatt, Verlautbarungen in der Messe) wenig Erfolg versprechen<br />

(vgl. Kap.3.4.). Das Haussammeln scheint kein Dienst zu sein, zu dem man s<strong>ich</strong> freiwillig<br />

meldet.<br />

4.3. Welche Motivationen stehen hinter diesem Dienst?<br />

In Kapitel 3.3.1. gaben die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en ihre Einschätzungen über die<br />

Motivationen der HaussammlerInnen wieder. Diese Aussagen lassen s<strong>ich</strong> auf folgende<br />

Begriffe komprimieren: Tradition, Loyalität, Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein und Überzeugung für die<br />

Sache. Wie begründen die SammlerInnen selbst ihr Engagement?<br />

Auf die Frage: „Warum gehen Sie haussammeln?“ erhielt <strong>ich</strong> verschiedene Antworten, die im<br />

Kern aber dasselbe aussagen. Im Zentrum steht bei jeder Sammlerin und jedem Sammler der<br />

(religiös motivierte) soziale Auftrag.<br />

Frau A. stellt s<strong>ich</strong> als Mensch vor, der schon immer bereit war, soziale und caritative<br />

Anliegen mittels Geldspenden zu unterstützen. Da die finanziellen Mittel in Anbetracht der<br />

vielen Spendenaufrufe verschiedenster Organisationen aber beschränkt sind, ist ihr das<br />

Sammeln-Gehen als eine andere Art von Beitrag willkommen.


64<br />

„Aber man hat halt n<strong>ich</strong>t die Mittel zur Verfügung, es ist halt alles bescheiden. Und naja,<br />

vielle<strong>ich</strong>t kann man da auch einen Beitrag leisten, daß man einfach da sammeln geht.“<br />

(Frau A.)<br />

Frau B. nennt als Hauptmotive „Nächstenliebe und Liebe zur Pfarre“:<br />

„Wenn Sie einen Grund suchen, warum <strong>ich</strong> geh, das ist schon, daß man auch <strong>helf</strong>en kann.<br />

Eben mit dem Geld, das man zur Pfarre bringt, daß mit diesem Geld Leute, denen es<br />

schlechter geht, geholfen wird. Ob das jetzt Ausländer sind oder Inländer, von der Pfarre oder<br />

n<strong>ich</strong>t von der Pfarre, das ist mir gle<strong>ich</strong>. Weil das weiß ja <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t so genau. Das wissen dann<br />

die von der Pfarre oder von der Caritas......<br />

Ich sag mir, mir geht es gut. Ich muß ehrl<strong>ich</strong> sagen, <strong>ich</strong> hab mir als Junge n<strong>ich</strong>t gedacht, daß<br />

<strong>ich</strong> als Alte noch so viel erleben darf. Und wieso soll <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t für solche, die vielle<strong>ich</strong>t ein<br />

wenig auf der Schattenseite stehen und von der Pfarre Unterstützung kriegen, sammeln<br />

gehen?“ (Frau B.)<br />

Ganz ähnl<strong>ich</strong> argumentiert Frau D.: Ihr sind sozial Bedürftige ein Anliegen, und sie ist sehr<br />

froh, „daß man für andere gehen kann und n<strong>ich</strong>t selber et<strong>was</strong> braucht, n<strong>ich</strong>t selber Geld<br />

braucht“. Außerdem findet sie es positiv, daß das gesammelte Geld in Österre<strong>ich</strong> bleibt; das<br />

erle<strong>ich</strong>tert ihr n<strong>ich</strong>t zuletzt auch die Aufnahme bei den Besammelten.<br />

Frau F., die s<strong>ich</strong> von s<strong>ich</strong> aus zu diesem Dienst gemeldet hat, nennt als Motiv:<br />

„weil es viele notleidende Menschen gibt,.. daß man denen noch effizienter <strong>helf</strong>en kann, weil<br />

eben mehr Geld zusammenkommt.“ (Frau F.)<br />

Herr E. beteiligt s<strong>ich</strong> an der Caritas-Haussammlung, weil er ganz hinter den Anliegen und<br />

Zielen der Caritas steht. Er kennt viele Caritas-Einr<strong>ich</strong>tungen aus nächster Nähe und ist<br />

deshalb überzeugt,<br />

„daß das et<strong>was</strong> Gutes ist. Und wie <strong>ich</strong> das erste Mal in Peuerbach war mit meiner Familie, da<br />

haben sie uns das neue Schwimmbad gezeigt. Und da hab <strong>ich</strong> mir gedacht, wirkl<strong>ich</strong>, die<br />

Kirche ist vielle<strong>ich</strong>t die einzige Institution, die dokumentiert, daß auch der kranke oder<br />

behinderte Mensch eine Würde hat, um die man s<strong>ich</strong> annehmen muß.“ (Herr E.)<br />

Darüber hinaus sieht er im Sammeln-Gehen eine Art von Nachfolge Jesu. Gerade weil er mit<br />

den Lehrmeinungen der <strong>Katholisch</strong>en Kirche vielfach n<strong>ich</strong>t übereinstimmt, er sein Christ-Sein<br />

aber ernst nimmt, ist ihm das Haussammeln als Betätigungsfeld willkommen, seine<br />

Überzeugung zu leben: „Hier kann <strong>ich</strong> mein Christsein, also meine Verbundenheit mit Jesus<br />

in seinem Auftrag tun.“ (Herr E.).<br />

Frau C. begründet ihre Mithilfe implizit mit ihrem Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein:<br />

„Naja, erstens mal denk <strong>ich</strong> mir, daß es einfach notwendig ist, und zweitens weiß <strong>ich</strong>, daß sie<br />

zu wenig Leute haben, ja .... mir wär auch et<strong>was</strong> anderes lustiger, aber man macht es halt.“<br />

(Frau C.)<br />

Wie wir noch sehen werden, trifft die Haltung von Frau C., wenn es um das Sammeln konkret<br />

geht, auch auf die meisten anderen SammlerInnen zu. Das heißt, daß das Haussammeln eine<br />

gute und förderungswürdige Sache ist, sind s<strong>ich</strong> alle einig – daß es aber n<strong>ich</strong>t unbedingt die<br />

angenehmste Art und Weise des Helfens ist, darüber auch.<br />

Abgesehen von Frau C., bei der das Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein im Zentrum steht, beziehen s<strong>ich</strong> alle<br />

Gründe, die hier genannt werden, auf die Sache an s<strong>ich</strong>, auf die Überzeugung, durch diesen<br />

Dienst einen sinnvollen Beitrag für die Anliegen der Caritas zu leisten 43 .<br />

43 Nach einer 1999 durchgeführten Befragung der ehrenamtl<strong>ich</strong>en MitarbeiterInnen der Caritas Linz wurden als<br />

Motive für das Engagement ebenfalls vorrangig soziale Verantwortung und religiöse Überzeugung genannt (vgl.<br />

Weng, 2000, S. 8).


65<br />

Zwei der von den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en genannten Begriffe fehlen hier ganz,<br />

näml<strong>ich</strong> Tradition und Loyalität (der Gemeinschaft gegenüber oder dem Pfarrer zuliebe).<br />

Hierfür bieten s<strong>ich</strong> mehrere Erklärungsmögl<strong>ich</strong>keiten an: Zum einen kann die Kluft zwischen<br />

Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung eine Rolle spielen, das heißt: <strong>was</strong> nach außen<br />

wie Tradition oder Loyalität ausschaut, kann aus der S<strong>ich</strong>t der Betroffenen von einer ganz<br />

anderen Motivation getragen sein. Eine weitere Mögl<strong>ich</strong>keit wäre, die soziale Wünschbarkeit<br />

als Erklärung heranzuziehen. Dies meint jenes Phänomen, daß Befragte s<strong>ich</strong> in ihren<br />

Antworten an den Erwartungen orientieren, die sie glauben, daß an sie gestellt sind. Ein<br />

Beispiel dafür wäre, wenn jemand deswegen seine soziale Einstellung hervorhebt, weil er<br />

glaubt, daß das von SammlerInnen so erwartet wird, daß SammlerInnen so zu sein haben -<br />

obwohl vielle<strong>ich</strong>t eine andere Motivation den Hauptanteil ausmacht. Drittens wäre durchaus<br />

denkbar, daß es an der Auswahl der InterviewpartnerInnen liegt, daß also die<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en in erster Linie solche Personen vorgeschlagen haben, die<br />

überzeugte SammlerInnen mit Herz und Seele sind. Gegen diese These spr<strong>ich</strong>t aber zumindest<br />

das Beispiel von Frau C., die ganz klar sagt, daß sie weniger aus innerer Überzeugung<br />

sammeln geht, sondern einfach, weil Not am Mann bzw. an der Frau war. Daß viertens<br />

Tradition und Loyalität überhaupt keine Rolle bei der Motivation der SammlerInnen spielen,<br />

wage <strong>ich</strong> zu bezweifeln.<br />

An dieser Stelle möchte <strong>ich</strong> eine N<strong>ich</strong>t-Sammlerin zu Wort kommen lassen. Was glaubt Frau<br />

U., welche Motivationen hinter diesem Dienst stehen?<br />

„Wenn man gebeten wird und es ist einigermaßen mögl<strong>ich</strong>, dann sagt man natürl<strong>ich</strong> Ja. Aber an<br />

und für s<strong>ich</strong> glaub <strong>ich</strong>, wenn man wirkl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t will, wenn man sagt: okay, das ist et<strong>was</strong>, <strong>was</strong> mir<br />

total fremd ist, und das will <strong>ich</strong> überhaupt n<strong>ich</strong>t, und es ist mir völlig egal, <strong>was</strong> die da machen...<br />

dann gibt es eh nur eines: dann sag <strong>ich</strong> nein. Aber wenn <strong>ich</strong> in diesem kirchl<strong>ich</strong>en Bere<strong>ich</strong><br />

einigermaßen integriert bin oder mitarbeiten will, ja, dann werd <strong>ich</strong> das auch, wenn es mir n<strong>ich</strong>t<br />

allzu zwider ist, machen. Ja, weil wenn <strong>ich</strong> sozusagen m<strong>ich</strong> in der Kirche engagier, dann hab <strong>ich</strong><br />

ja sowieso schon eine gewisse soziale Ader in mir, und dann fällt das auch in diesen<br />

Arbeitsbere<strong>ich</strong> hinein.<br />

Das ist in jedem anderen Verein auch so. Es gibt angenehmere Arbeiten, es gibt unangenehmere<br />

Arbeiten, aber wenn man wo dabei sein will, und es liegt einem et<strong>was</strong> daran, dann muß man<br />

einfach mitarbeiten. Weil sonst geht es einfach n<strong>ich</strong>t. Sonst funktioniert der Laden n<strong>ich</strong>t.“<br />

(Frau U.)<br />

Diese eher nüchterne Einschätzung geht in die selbe R<strong>ich</strong>tung wie Frau C.’s Aussage. Mir<br />

war es deswegen w<strong>ich</strong>tig, Frau U.’s Meinung anzuführen, weil <strong>ich</strong> vermute, daß die hier<br />

beschriebene Loyalität zur Gemeinschaft keinen geringen Anteil an der Motivation der<br />

SammlerInnen ausmacht.<br />

Was sagen uns die obigen Beispiele? Eine bestimmte soziale Grundhaltung muß gegeben<br />

sein, sonst wird das Haussammeln gar n<strong>ich</strong>t in Betracht gezogen (bzw. wird man auch n<strong>ich</strong>t in<br />

die nähere Auswahl von Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en kommen). Die Not der anderen<br />

darf einem n<strong>ich</strong>t gle<strong>ich</strong>gültig sein, eine prinzipielle Offenheit sozialen Themen gegenüber<br />

muß da sein. Darüber hinaus bedarf es auch einer Art von Pfl<strong>ich</strong>tbewußtsein, denn eine<br />

soziale Grundeinstellung ist die eine Sache, sie in konkretes Tun umzusetzen und dafür auch<br />

unangenehme Dinge in Kauf zu nehmen, eine andere. Und daß es in der breiten Palette<br />

sozialer Betätigungsfelder bestimmt viele gibt, die angenehmer oder attraktiver sind als das<br />

Haussammeln, wird schwer jemand verneinen können (vgl. Kap.4.10.).<br />

Im nachfolgenden Exkurs wird neben der Bedeutung von christl<strong>ich</strong>-sozialen Werten die<br />

emotionale Beheimatung in der Pfarre als Grundvoraussetzung pfarrl<strong>ich</strong>en Engagements von<br />

Frauen hervorgehoben. Ob letzteres auch konkret auf die Haussammlung zutrifft, würde <strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t eindeutig mit ja beantworten. Das Haussammeln erstreckt s<strong>ich</strong> über einen relativ kurzen<br />

Zeitraum und findet für den einzelnen Sammler/die einzelne Sammlerin nur in einem kleinen<br />

Teil der Pfarre statt. Unmittelbaren Kontakt mit der Pfarre haben die HaussammlerInnen nur


66<br />

zu Beginn und zum Abschluß der Sammlung. Es kann durchaus sein, daß auch Menschen, die<br />

zur Pfarre selbst wenig Bezug haben und in das Pfarrleben wenig eingebunden sind, s<strong>ich</strong> als<br />

HaussammlerInnen betätigen (würden) – weil sie die Anliegen der Caritas unterstützen wollen<br />

und sie <strong>gern</strong>e Kontakt zu ihrer unmittelbaren Lebensumwelt (Nachbarschaft) haben.<br />

Exkurs 2: Motive für pfarrl<strong>ich</strong>es Engagement von Frauen<br />

Nach der Studie „Frauen und Kirche“ (der <strong>Katholisch</strong>en Frauengemeinschaft<br />

Deutschlands, 1992) 44 bestimmen im wesentl<strong>ich</strong>en drei Voraussetzungen die Motivation<br />

von Frauen, s<strong>ich</strong> zu engagieren: „eine grundlegende Sensibilität und Bereitschaft zur<br />

Übernahme von Verantwortung in der Gesellschaft und vor Gott, eine gute emotionale<br />

Beheimatung in der jeweiligen Pfarrgemeinde und zufriedenstellende Rahmenbedingungen<br />

bei den übernommenen Aufgaben, bei denen eine Gratifikation zwar n<strong>ich</strong>t über Geld, wohl<br />

aber über Anerkennung und Freude an der Arbeit gegeben wird“ (Bühler, 1995, S. 77f.).<br />

Frauen übernehmen dabei meist Tätigkeiten, die denen der „Hausfrau und Mutter“ im<br />

familiären Bere<strong>ich</strong> entsprechen. Das sind einerseits Tätigkeiten im „hauswirtschaftl<strong>ich</strong>en“<br />

Bere<strong>ich</strong> (Feste organisieren, putzen, für Blumenschmuck sorgen, Kuchen backen u.ä.),<br />

andererseits Tätigkeiten im Bere<strong>ich</strong> Beziehungsarbeit (Besuchsdienste, Rundenarbeit u.ä.).<br />

Man könnte sie demnach als „Hausfrauen der Kirche“ beze<strong>ich</strong>nen: „Sie arbeiten, wie<br />

Hausfrauen es ebenfalls tun, im Dienst für andere, aus Liebe, unbezahlt und wenig<br />

anerkannt“. (ebd., S. 78)<br />

Für die Motivation zum Ehrenamt sind nach Bühler neben der Freude an der einzelnen<br />

Aufgabe vor allem der soziale Kontakt und die persönl<strong>ich</strong>en guten Erfahrungen im Raum<br />

der Pfarrgemeinde entscheidend. „Da, wo diese als ein Ort erfahren wird, in dem <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong><br />

zu Hause fühlen kann und angenommen werde, bin <strong>ich</strong> auch bereit, m<strong>ich</strong> zu engagieren“.<br />

(ebd., S. 81)<br />

Die Grundeinstellung, aus der die Bereitschaft zu pfarrl<strong>ich</strong>em Engagement erwächst, faßt<br />

Bühler so zusammen:<br />

„Das Engagement der Frauen in den Kirchen beruht auf einer Lebenseinstellung, die<br />

sowohl religiös wie sozial intensiv ausgeprägt ist. So spielen für sie die Ziele, vor<br />

ihrem Gewissen und vor Gott bestehen zu können, mitzu<strong>helf</strong>en, eine bessere<br />

Gesellschaft zu schaffen, ganz für andere da zu sein und s<strong>ich</strong> mit allen Kräften für<br />

Ideen und Ideale einzusetzen, eine überdurchschnittl<strong>ich</strong>e Rolle. Auf diesem soliden<br />

Nährboden christl<strong>ich</strong>-sozialer Werte fußt das Engagement vieler Frauen in den<br />

Gemeinden. Diese Ergebnisse bestätigen die Vermutung der kfd-Umfrage, daß gerade<br />

katholische Frauen in besonderer Weise sozial engagiert sind, da hier die weibl<strong>ich</strong>e<br />

Sozialisation mit dem Ziel ,Selbstlosigkeit’ und die katholische Sozialisation mit dem<br />

Ziel der ,Mitmenschl<strong>ich</strong>keit’ aufeinandertreffen“ (ebd., S. 76).<br />

Neben einer starken Grundmotivation und der persönl<strong>ich</strong>en Erfahrung einer geistigen und<br />

emotionalen Heimat kommt als drittes aber noch die spezielle Motivation hinzu, näml<strong>ich</strong><br />

die Motivation, eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen. Freude an der Arbeit, das Gefühl,<br />

et<strong>was</strong> Sinnvolles tun zu können, anderen zu <strong>helf</strong>en und dadurch auch selbst mehr Kontakte<br />

zu anderen zu haben, sind nach Bühler die Hauptmotive für Frauen, die in einer Gemeinde<br />

aktiv mitarbeiten. (ebd., S. 77)<br />

Die Frage schließl<strong>ich</strong>, warum denn überhaupt mehr Frauen als Männer im sozialen Bere<strong>ich</strong><br />

ehrenamtl<strong>ich</strong> aktiv sind, beantwortet Gudrun Born mit den gesch<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>en Bedingungen<br />

des Ehrenamts:<br />

44 kfd: Mitglieder-Umfrage 91. Eine Analyse der Mitgliederstruktur nach verbandl<strong>ich</strong>en und sozialen Aspekten.<br />

Forschungsber<strong>ich</strong>t erstellt von: Bau-van der Straeten, Barbara / Schmidt-Koddenberg, Angelika; hrsg. vom kfd-<br />

Zentralverband, Düsseldorf 1992.


67<br />

„Das soziale Ehrenamt, wie es s<strong>ich</strong> heute darstellt, beruht auf den Entwicklungen im<br />

19. Jh. Es war eine, für viele bürgerl<strong>ich</strong>e Frauen die einzige Mögl<strong>ich</strong>keit, am<br />

öffentl<strong>ich</strong>en Leben der Gesellschaft zumindest symbolisch zu partizipieren. Als<br />

Ausweg aus einem festgelegten Bild von den Aufgaben der Geschlechter konnten die<br />

Frauen nur über ihr spezifisches ,weibl<strong>ich</strong>es Arbeitsvermögen’ einen Weg in die<br />

Gesellschaft finden, der in vielen Fällen über das Ehrenamt hinaus in die berufl<strong>ich</strong>e<br />

Arbeit führte. Gerade die Nähe von Haus- und Familienarbeit, ehrenamtl<strong>ich</strong>en und<br />

berufl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten im sozialen Bere<strong>ich</strong> ermögl<strong>ich</strong>te es (und ermögl<strong>ich</strong>t es bis<br />

heute), je nach den ökonomischen Mögl<strong>ich</strong>keiten einerseits und den sozialen<br />

Erfordernissen andererseits, Frauen entweder stärker in berufl<strong>ich</strong>e Positionen<br />

einzubinden oder ins Ehrenamt oder den Privatraum zu verweisen.“ (Born, 1995, S.<br />

117)<br />

4.4. „Es gibt Sachen, wo man s<strong>ich</strong> mehr freut, natürl<strong>ich</strong>“<br />

Freuen s<strong>ich</strong> die SammlerInnen auf die Haussammlung?<br />

„Ja, so riesig freuen .... Ich sag immer wieder, <strong>ich</strong> mach es n<strong>ich</strong>t un<strong>gern</strong>. Freuen direkt ...... ja,<br />

warum..... vielle<strong>ich</strong>t würde es mir abgehen, wenn <strong>ich</strong> es n<strong>ich</strong>t machen würde. Weil <strong>ich</strong> eben n<strong>ich</strong>t<br />

zu den Leuten komm. Ich hätte s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t zugesagt, wenn <strong>ich</strong> es n<strong>ich</strong>t leiden könnte. (....)<br />

Wie Sie m<strong>ich</strong> gefragt haben, ob <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> drauf freue..... S<strong>ich</strong>er, das Gehen freut m<strong>ich</strong>, aber daß<br />

<strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> so darauf freue, das n<strong>ich</strong>t. Aber <strong>ich</strong> mach es <strong>gern</strong>. Wenn es dann da ist, denk <strong>ich</strong> mir<br />

schon, vielle<strong>ich</strong>t kann <strong>ich</strong> ein wenig <strong>helf</strong>en. Und die Pfarre freut s<strong>ich</strong> auf jeden Fall, wenn s<strong>ich</strong><br />

wer einsetzt.“ (Frau B.)<br />

„Ich will n<strong>ich</strong>t sagen: extrem unangenehm. Aber eher ins Unangenehmere, und <strong>ich</strong> bin jedes Mal<br />

sehr froh, wenn sie beendet ist. Ich freu m<strong>ich</strong>, daß <strong>ich</strong> allerhand kriege. Also die Summen sind bei<br />

manchen wirkl<strong>ich</strong> großzügig. Da freu <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> mit, aber <strong>ich</strong> bin wirkl<strong>ich</strong> sehr sehr froh, wenn <strong>ich</strong><br />

es abgeben kann.“ (Frau D.)<br />

„Es gibt Sachen, wo man s<strong>ich</strong> mehr freut, natürl<strong>ich</strong>. Aber ... es war keine Belastung, aber auch<br />

n<strong>ich</strong>t so eine übermäßige Freude, daß man sagen würde: jetzt freu <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> schon recht drauf.<br />

Das könnte man n<strong>ich</strong>t sagen.“ (Frau F.)<br />

„Der Anfang kostet eine Überwindung. Also, <strong>ich</strong> bin dann immer nur gegangen, wenn es m<strong>ich</strong><br />

gedrängt hat. Also wenn <strong>ich</strong> gesagt hab: Jetzt muß <strong>ich</strong> marschieren, jetzt nützt es n<strong>ich</strong>ts, jetzt muß<br />

<strong>ich</strong> marschieren.“ (Herr E.)<br />

Von Vorfreude in bezug auf das Haussammeln kann also keine Rede sein. Allen<br />

SammlerInnen kostet insbesondere das Anfangen eine gewisse Überwindung. Wenn man die<br />

ersten paar Besuche hinter s<strong>ich</strong> hat, geht es schon le<strong>ich</strong>ter.<br />

Frau B. macht in ihrer Aussage einen Unterschied zwischen Freude beim Sammeln-Gehen an<br />

s<strong>ich</strong> und Vorfreude auf’s Sammeln-Gehen. Tatsächl<strong>ich</strong> bedeutet das Fehlen von Vorfreude<br />

n<strong>ich</strong>t, daß diese Tätigkeit n<strong>ich</strong>t auch Aspekte hat, auf die man s<strong>ich</strong> freut, Aspekte, die mit<br />

durchaus positiven Gefühlen verknüpft sind.<br />

4.5. Was sind die positiven Aspekte beim Haussammeln?<br />

Befragt nach den positiven Aspekten des Haussammelns hebt die Mehrzahl der<br />

SammlerInnen das Gespräch hervor, den Kontakt mit den Besammelten – umso mehr, wenn<br />

sie in ihrem eigenen Wohngebiet sammeln gehen.


68<br />

Herr E. formuliert die positiven Aspekte so:<br />

„Würde <strong>ich</strong> so sagen, daß einfach das menschl<strong>ich</strong>e Verhalten <strong>ich</strong> so positiv erleb, daß <strong>ich</strong> oft<br />

den in die Arme nehme, um m<strong>ich</strong> zu verabschieden. Pfiat Ihna, Herr E., es war nett, mit Ihnen<br />

zu plaudern. ... ja, einfach daß die Leute sagen: Lieb, daß Sie da waren. Wiederschaun, <strong>ich</strong><br />

wünsch Ihnen alles Gute. ... Dieselbe Frau, die gesagt hat, - ja das Positive ist: Wenn Sie n<strong>ich</strong>t<br />

mehr gehen, verliert die Caritas schon <strong>was</strong>. Und diese Frau hat auch gesagt - wir gehen in die<br />

selbe Sonntagsmesse - : ,Also, wenn <strong>ich</strong> Sie in der Kirche seh, freu <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> allweil, daß <strong>ich</strong><br />

Sie seh’. ... Das ist ja auch ein positives Ereignis.“ (Herr E.)<br />

Frau B. sagt, sie gehe <strong>gern</strong> sammeln, „weil <strong>ich</strong> hör mir <strong>gern</strong> die Leute an.“<br />

„Man lernt auch liebe Leute kennen“, meint Frau F..<br />

Für Frau C. zählt ebenfalls der Kontakt mit den BewohnerInnen ihres Wohnviertels zu den<br />

erfreul<strong>ich</strong>en Aspekten.<br />

„Das Haussammeln ist für m<strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> auch, damit <strong>ich</strong> Kontakt mit den Leuten hab. Das<br />

Haussammeln ist eigentl<strong>ich</strong> der Nebeneffekt dabei, wir tun ja Pfarrblatt-Austeilen auch z.B.,<br />

das sind die gle<strong>ich</strong>en Leute. Dann schaut man halt wieder einmal nach, und der weiß eh schon,<br />

da kommt die Caritas-Sammlung. Also, wenn <strong>ich</strong> um diese Zeit komm, da weiß eh jeder,<br />

warum <strong>ich</strong> komme. Und dann ratscht man halt ein wenig. Ich sehe es auch eher so, daß man<br />

dann auch wieder ein wenig weiß, wie es dem geht, und ob sie Probleme haben. Sonst kommt<br />

man ja eh mit den Leuten n<strong>ich</strong>t so zusammen, weil die meisten gehen n<strong>ich</strong>t in die Kirche, ...<br />

und ja, manche können n<strong>ich</strong>t, manche wollen n<strong>ich</strong>t,.... so hat man halt einen Kontakt.“<br />

(Frau C.)<br />

Begegnung, Gespräch, Kontakt .... alles <strong>was</strong> mit Beziehung zu tun hat ist demnach das<br />

w<strong>ich</strong>tigste positive Merkmal des Haussammelns.<br />

4.6. Was sind die negativen Aspekte beim Haussammeln?<br />

Die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en in Kapitel 3.6. nannten als Negativ-Aspekte die Angst<br />

vor Anpöbelungen, die Angst, als Angriffsfläche für Kritik herhalten zu müssen und den<br />

Umstand, daß man oft vor verschlossenen Türen steht. Die SammlerInnen selbst sagen dazu<br />

Folgendes:<br />

„Es ist ja n<strong>ich</strong>t gerade so, daß das so lustig ist, daß man da jetzt von Haus zu Haus geht. Und<br />

die Zeit ist ja bemessen, jetzt war schon oft der Druck: Puh!, <strong>ich</strong> muß gehen, weil <strong>ich</strong> muß das<br />

erledigen! Weil man hat ja n<strong>ich</strong>t ewig Zeit dazu.<br />

Oder wenn du weißt, ein Jahr vorher hast du die und die Antwort gekriegt oder das und das<br />

Gespräch ist geführt worden, daß du dann ein bißchen ein gemischtes Gefühl hast: Was wird<br />

heute wieder? Das muß man halt überwinden.“ (Frau A.)<br />

„Daß du halt einfach manchmal der Blitzableiter bist für Sachen, die einem halt n<strong>ich</strong>t gefallen<br />

in der Pfarre. Oder witzigerweise auch Dinge in der Gemeinde.“ (Frau C.)<br />

„Ja, die Überwindung, daß man da hingeht, und praktisch – ja, bettelt. Und das ist schon eine<br />

große Überwindung. Weil nach dem Jahr wieder, wenn man wieder geht, die ersten Male, da<br />

braucht man schon auch wieder eine große Überwindung. Und dann geht es wieder. Obwohl<br />

man die Leute kennt.“ (Frau D.)<br />

„Eben wie es mir voriges Jahr gegangen ist. Da war <strong>ich</strong> in einem Dorf und da haben ein<br />

Viertel der Haushalte - oder waren es fast die Hälfte – wollten n<strong>ich</strong>ts hergeben, weil in dem<br />

Dorf eine Familie ist, und da haben alle gewußt, die werden von der Caritas unterstützt oder<br />

sind eben unterstützt worden, und die sind ganz unbeliebt und können mit dem Geld absolut<br />

n<strong>ich</strong>t umgehen. Die haben gesagt, die leisten s<strong>ich</strong> Sachen, die uns wir n<strong>ich</strong>t kaufen täten, und<br />

danach gehen sie zur Caritas und betteln. Und für die Caritas können wir aus dem Grund<br />

n<strong>ich</strong>ts hergeben, weil solche Leute da unterstützt werden. Da hab <strong>ich</strong> schon geschaut.“<br />

(Frau F.)


69<br />

Frau B. und Herrn E. fallen keine direkt negativen Aspekte ein. Herr E. erwähnt an dieser Stelle<br />

einzig seine eigenen Vorurteile, die er bisweilen bei Neuzugezogenen hat (die aber meistens, wie die<br />

folgende Gesch<strong>ich</strong>te zeigt, von ihm überwunden werden):<br />

„Obwohl s<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er oft, trotzdem <strong>ich</strong> schon so lange geh, eigentl<strong>ich</strong> auch oft Sachen ergeben,<br />

wo <strong>ich</strong> ..... Ich kann m<strong>ich</strong> erinnern, wenn eine neue Partei wo zugezogen ist, aufgrund solcher<br />

Vorurteile: Ah, die werden mir n<strong>ich</strong>ts geben und so. Ach, geh vorbei. Ich weiß noch gut, das<br />

war da ganz in der Nähe. Da bin <strong>ich</strong> vorbei marschiert, dann bin <strong>ich</strong> stehengeblieben und hab<br />

mir gesagt: E., du bist so ein Feigling. Dann hab <strong>ich</strong> gesagt: Jesus, geh mit mir. Angeklopft,<br />

Grüß Gott, darf <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> vorstellen, <strong>ich</strong> bin der Caritas-Sammler für den Sprengel. – Ja, wir<br />

sind erst ein halbes Jahr hier. – Darf <strong>ich</strong> um eine Gabe bitten? – Ja, kommen Sie herein.<br />

Freundl<strong>ich</strong> aufgenommen worden und auch freundl<strong>ich</strong> bedient worden. Also, man hat oft<br />

aufgrund von Vorurteilen .. ist man gehemmt und sagt: Ah, das bringt mir n<strong>ich</strong>ts, und es ist ein<br />

negatives Erlebnis und dem we<strong>ich</strong> <strong>ich</strong> aus. Das geht mir nach drei Jahrzehnten noch immer<br />

so.“ (Herr E.)<br />

Genannt werden hier also die negativen Reaktionen von seiten der Besammelten, und die<br />

Überwindung, die das Anfangen kostet. Verschlossene Türen kommen in diesen Aussagen<br />

n<strong>ich</strong>t als negativer Aspekt vor. Daß die Überwindung am Anfang von den<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en übersehen wird, verwundert n<strong>ich</strong>t. Das scheint ein Punkt zu<br />

sein, der den SammlerInnen als zu privat vorkommt, um öffentl<strong>ich</strong> diskutiert zu werden.<br />

4.6.1. Mit welcher Art von negativen Reaktionen werden die<br />

SammlerInnen konfrontiert?<br />

Die negativen Reaktionen, die die SammlerInnen schildern, laufen alle im Grunde auf<br />

dasselbe hinaus. Immer geht es um das Bemängeln der Treffs<strong>ich</strong>erheit der caritativen Hilfe.<br />

„Ja, die negativen Reaktionen sind dabei, und das wird immer mehr. Vielle<strong>ich</strong>t in meinem<br />

Alter, in meiner Generation, wo <strong>ich</strong> da hingeh sammeln, ist das vielle<strong>ich</strong>t ein bißchen le<strong>ich</strong>ter.<br />

Wenn man zu Jüngeren kommt, kriegt man schon oft Gewisses zum Hören. Naja, <strong>ich</strong> möchte<br />

jetzt gar n<strong>ich</strong>ts sagen, ..... die Ausländer, und wo das überall hinkommt, ..... Ja, die Caritas<br />

wird ja auch immer ein bißchen in Zweifel gestellt.“ (Frau A.)<br />

„50 % haben eine negative Einstellung gegenüber der Caritas. ,Das kriegen nur die falschen,<br />

das Geld’. So ungefähr kommt das heraus. Also, daß die Leute wissen würden, daß das für<br />

diese Heime und das verwendet wird, das ist überhaupt zu wenig bekannt, glaub <strong>ich</strong>.“<br />

(Frau C.)<br />

„Es gibt natürl<strong>ich</strong> manche, die einen schon einen sauberen Frust auch bringen. Weil <strong>ich</strong> hab<br />

schon auch welche dabei, die ... aber wie soll <strong>ich</strong> sagen, das sind vielle<strong>ich</strong>t 10 % oder 15 %,<br />

die eher negativ sind. Und der vorwiegende Teil ist positiv oder reservierter halt.“ (Frau D.)<br />

Exkurs 3: Sozialschmarotzer-Debatte<br />

Woher kommt dieser Frust, diese ablehnende Haltung der Caritas gegenüber? Die<br />

Sozialschmarotzer-Debatte in Politik und Gesellschaft trägt natürl<strong>ich</strong> dazu bei.<br />

Zulehner/Denk u. a.:<br />

„Die Ze<strong>ich</strong>en stehen in Österre<strong>ich</strong> auf Entsolidarisierung. Eine Gesellschaft, die zu den<br />

re<strong>ich</strong>sten der Welt gehört, deren Wohlstand historisch bisher in diesem Lande noch nie


70<br />

erfahren wurde, führt immer wieder ,Sozialschmarotzer-Debatten’. Sie ist ängstl<strong>ich</strong><br />

bedacht, daß niemand ein wenig mehr hat, als ihm oder ihr angebl<strong>ich</strong> zustünde. (...)<br />

Es gibt eine zunehmende Aggressivität von Abstiegsbedrohten, von objektiv<br />

Abstiegsbedrohten, von subjektiv Abstiegsbedrohten. Vor allem der untere Rand des<br />

mittleren Drittels ist zunehmend bedacht, s<strong>ich</strong> nach unten abzugrenzen und bedient<br />

s<strong>ich</strong> zunehmend aggressiverer Instrumente. Die Modernisierungsverlierer, vor allem<br />

die Arbeiter im engeren Sinne und die Bauern, entwickeln sowohl nach oben gegen<br />

die ,Bonzen’ als auch nach unten gegen die ,AusländerInnen’, ,Sozialschmarotzer-<br />

Affekte’.“ (Zulehner/Denk/Pelinka/Tálos, 1997, S. 197)<br />

In der sozialpsychologischen Literatur fand <strong>ich</strong> einen Hinweis, der zum Verständnis dieser<br />

Dynamik behilfl<strong>ich</strong> sein könnte. Osnabrügge/Stahlberg/Frey beziehen s<strong>ich</strong> dort zwar auf<br />

Katastrophen und Unglücksfälle, meiner Ans<strong>ich</strong>t nach könnte man das aber genauso auf<br />

drohenden Arbeitsplatzverlust, drohenden sozialen Abstieg u.ä. beziehen. Die genannten<br />

AutorInnen beschreiben anhand der Theorie der kognizierten Kontrolle das Phänomen, daß<br />

den unschuldigen Opfern von Katastrophen oder Unglücksfällen häufig eigene<br />

Verantwortung (oder zumindest eine teilweise Verantwortung) für ihr Schicksal<br />

zugeschrieben wird. Die Beobachter würden durch derartige Attributionen versuchen, die<br />

bedrohl<strong>ich</strong>e Kognition der potentiellen Unkontrollierbarkeit solcher Schicksalsschläge zu<br />

vermeiden: „Schreibt der Beobachter näml<strong>ich</strong> dem Opfer die Schuld zu und nimmt s<strong>ich</strong><br />

selbst gle<strong>ich</strong>zeitig als dem Opfer unähnl<strong>ich</strong> wahr (oder kogniziert, er selbst hätte s<strong>ich</strong><br />

anders verhalten), so reduziert s<strong>ich</strong> damit subjektiv die Gefahr, daß ihm das gle<strong>ich</strong>e<br />

zustoßen könnte.“ (Osnabrügge/Stahlberg/Frey, 1985, S. 134). Ebenso seien Phänomene<br />

wie der „knew-it-all-along-Effekt“ sowie Stereotypisierung, Aberglaube oder die<br />

Zuschreibung der Sündenbockfunktion an Personen oder Personengruppen letztendl<strong>ich</strong> auf<br />

das Bedürfnis nach Vorhersehbarkeit und Beeinflußbarkeit der Umwelt zurückzuführen.<br />

(vgl. ebd., S. 136).<br />

Bei zunehmender Ähnl<strong>ich</strong>keit, das heißt, wenn die beobachtende Person n<strong>ich</strong>t mehr so<br />

le<strong>ich</strong>t sagen kann, sie selbst sei ganz anders, rückt jedoch die Befürchtung in den<br />

Vordergrund, auch ihr könne dasselbe zustoßen und sie könne dann ebenso dafür<br />

verantwortl<strong>ich</strong> gemacht werden. Um einen damit antizipierbaren Tadel für eventuelles<br />

eigens zukünftiges Verhalten oder Schicksal zu vermeiden, wird dem beobachteten<br />

„Opfer“ dann wenig bis gar keine Verantwortung zugeschrieben. (vgl. ebd., S. 135).<br />

Was die Diskussion über die Treffs<strong>ich</strong>erheit von sozialen und caritativen Unterstützungen<br />

anbelangt, fällt auf, daß negativen Beispielen oft viel mehr Gew<strong>ich</strong>t beigemessen wird als<br />

positiven. Die Mehrheit der Fälle, in denen die Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird,<br />

wird dabei scheinbar übersehen. Die ganze Aufmerksamkeit ist auf die paar konkreten Fälle<br />

ger<strong>ich</strong>tet, in denen die Unterstützung an den „Falschen“ kommt, an Personen oder Familien,<br />

die sie n<strong>ich</strong>t „verdienen“ (weil sie s<strong>ich</strong> ihr Unglück selbst zuzuschreiben haben oder weil sie<br />

nur auf Kosten von sozialen Unterstützungen leben ohne selbst et<strong>was</strong> zu ihrem<br />

Lebensunterhalt beitragen zu wollen) – und diese paar schaffen es anscheinend, ein ganzes<br />

Unterstützungssystem in Frage zu stellen (und damit die eigene mangelnde<br />

Spendenbereitschaft zu legitimieren).<br />

Warum das so ist, daß einem negative Beispiele mehr ins Auge fallen als positive, fragte <strong>ich</strong><br />

Frau U.:<br />

„Weil es einen ja ärgert. Weil das betrifft einen ja. Weil jeder sagt s<strong>ich</strong>. ja, <strong>ich</strong> arbeite und <strong>ich</strong><br />

plag m<strong>ich</strong>, und die n<strong>ich</strong>t“. (Frau U.).<br />

André Gorz merkte in einem et<strong>was</strong> <strong>anderem</strong> Zusammenhang (Kritik der Arbeitsgesellschaft)<br />

zu diesem Vorwurf an, daß eigentl<strong>ich</strong> nur jene, die die eigene Arbeit als Zwang empfinden,<br />

s<strong>ich</strong> darüber empören dürften, daß andere Menschen auch ohne Arbeit mehr oder weniger gut<br />

leben, daß andere s<strong>ich</strong> ihr entziehen dürfen, wenn sie selbst arbeiten müssen. Wer n<strong>ich</strong>t


71<br />

arbeitet, so lautet der Vorwurf, lebt auf Kosten der Arbeitenden. Der Arbeitszwang muß für<br />

alle gelten. Die, für die Arbeit aber Wert hat (im Sinne von Selbstverwirkl<strong>ich</strong>ung,<br />

Selbstbehauptung, Mitgestaltung), hätten eigentl<strong>ich</strong> keinen Anlaß, auf n<strong>ich</strong>t-arbeitende<br />

Menschen neidig zu sein (vgl. Gorz, 1997, S. 121). Und wer von denen, die s<strong>ich</strong> über<br />

Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen u. ä. empören, würde denn wirkl<strong>ich</strong> lieber an deren<br />

Stelle sein? Ich vermute, daß dieser Neid letztendl<strong>ich</strong> seine Wurzel in der Unzufriedenheit mit<br />

einem oder mehreren Aspekten der eigenen Arbeit oder des eigenen Lebens hat.<br />

4.6.2. Wie gehen die SammlerInnen mit negativen Reaktionen um?<br />

Diesem Kapitel möchte <strong>ich</strong> eine Charakterisierung von Pfarre 2 voranstellen:<br />

„Die Sammler brauchen eine et<strong>was</strong> dickere Haut, weil sie in verschiedene Gegenden kommen.<br />

Manchmal müssen sie s<strong>ich</strong> auch manches anhören, an Problemen, die Leute haben oder mit<br />

der Kirche haben. Ich möchte sie vergle<strong>ich</strong>en mit einem Schwamm, sie müssen verschiedenes<br />

aufsaugen können.“ (Pfarre 2)<br />

Wie es den SammlerInnen in ihrer Funktion als „Schwamm“ geht, schildern die folgenden<br />

Beispiele:<br />

„Und <strong>ich</strong> sag halt dann: Ja, das ist deine Einstellung. Wenn du dir denkst, du kannst n<strong>ich</strong>ts<br />

geben ......“ (Frau A.)<br />

„Ich sag: Du, <strong>ich</strong> bin n<strong>ich</strong>t wegen dem da, daß <strong>ich</strong> mir d<strong>ich</strong> jetzt anhör, sondern <strong>ich</strong> geh her zu<br />

dir. Wenn du n<strong>ich</strong>ts hergibst, das ist deine Sache.... Das haben wir auch schon bei meiner<br />

Schwägerin praktiziert, daß wir trotzdem hingegangen sind, wenn sie auch letztes Jahr<br />

geschimpft haben. Aber die sollen dann n<strong>ich</strong>t sagen: Ja, kommt eh niemand, uns lassen sie eh<br />

aus oder so.“ (Frau B.)<br />

„Dann sag <strong>ich</strong> ihnen: Sie wissen, jede Spende ist freiwillig. Und es wird niemand gezwungen<br />

dazu. Sie können s<strong>ich</strong> das überlegen. Und damit ist das erledigt.“ (Frau D.)<br />

„Ich sag von Haus aus immer: Wenn Sie n<strong>ich</strong>ts hergeben, macht es auch n<strong>ich</strong>ts. Werten Sie es<br />

als Besuch.“ (Herr E.)<br />

„Mein Gott, <strong>ich</strong> hab kein Problem, wenn sie sagen: <strong>ich</strong> geb n<strong>ich</strong>ts her. Das ist dem seine<br />

Entscheidung, oder? Sag <strong>ich</strong>, okay, es paßt, es ist Ihre Entscheidung. Ich hab auch manche, da<br />

weiß <strong>ich</strong>, die sagen gle<strong>ich</strong>: Wissen’S eh von mir kriegen Sie n<strong>ich</strong>ts. Aber <strong>ich</strong> mein, wir reden<br />

trotzdem miteinander. ... Aber da weiß <strong>ich</strong>, da bräuchte <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> gar n<strong>ich</strong>t hingehen.“<br />

(Frau C.)<br />

„Ja, <strong>ich</strong> hab gesagt: Es wird s<strong>ich</strong>er jetzt streng kontrolliert, wer <strong>was</strong> kriegt. - Ich meine, <strong>ich</strong><br />

hab halt das gesagt, und ...... Für manche ist es dann auch eine Entschuldigung, ... daß sie eben<br />

sowieso n<strong>ich</strong>t <strong>gern</strong> et<strong>was</strong> hergeben.“ (Frau F.)<br />

Die Mehrzahl der SammlerInnen zeigt hier eine „dicke Haut“, läßt s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t auf eine<br />

Diskussion ein, wenn es um die mangelnde Treffs<strong>ich</strong>erheit der Caritas-Unterstützung geht.<br />

Frau F. ist die einzige meiner InterviewpartnerInnen, die in einem konkreten Fall zu<br />

argumentieren versuchte. Das hängt wohl auch damit zusammen, daß sie noch keine<br />

langjährige Erfahrung hat. Sie ist erst das 2. Jahr haussammeln gewesen. Im Interview sagte<br />

sie, sie sei s<strong>ich</strong> uns<strong>ich</strong>er gewesen, ob das auch stimme, <strong>was</strong> sie entgegnet hatte.<br />

Argumentationshilfen wären ihr konkret für diese Situation sehr hilfre<strong>ich</strong> gewesen, aber die<br />

hatte sie n<strong>ich</strong>t zur Verfügung. Ein gutes Beispiel, mit dem man Vorurteilen begegnen könnte,<br />

erfuhr Frau F. erst im nachhinein. Und das lautet so:


72<br />

„Wenn ein Auto in den Straßengraben gefahren ist, und <strong>ich</strong> komm grad dazu, dann werde <strong>ich</strong><br />

auch dem heraus<strong>helf</strong>en, und <strong>ich</strong> werd n<strong>ich</strong>t lang fragen, aus welchem Grund er da<br />

hineingefahren ist. Ob er alkoholisiert war oder ob er n<strong>ich</strong>t aufgepaßt hat oder er ist einfach<br />

hineingerutscht. Dann frag <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t lang danach, <strong>was</strong> der Grund ist, sondern <strong>ich</strong> <strong>helf</strong> ihm<br />

halt heraus. Und so könnte man das vergle<strong>ich</strong>en.“ (Frau F.)<br />

Frau C. hält prinzipiell schon auch et<strong>was</strong> davon, wenn man versucht, Vorurteile zu entkräften.<br />

Dazu bräuchte man aber Zeit, und die sei vielfach n<strong>ich</strong>t da – von seiten der SammlerInnen<br />

n<strong>ich</strong>t (weil sie ihren Dienst schnell hinter s<strong>ich</strong> bringen wollen), aber auch von seiten der<br />

Besammelten zumeist n<strong>ich</strong>t. Sie meint, daß es vielle<strong>ich</strong>t sinnvoll wäre, die Aufklärung<br />

darüber, wo das Geld der Caritas wirkl<strong>ich</strong> hinfließt, in einem anderen Rahmen geschehen zu<br />

lassen („bei einem angenehmen Gespräch, in einem gemütl<strong>ich</strong>en Rahmen“). Beim Sammeln<br />

selbst, sei sie zu wenig schlagfertig, wenn es darum geht, Vorurteilen zu begegnen.<br />

4.7. Wie ist generell die Aufnahme bei den Besammelten?<br />

Alle von mir befragten SammlerInnen werden in der Regel gut aufgenommen.<br />

Frau B. sagt, sie hätte noch nie erlebt, daß einer die Tür zuhaut.<br />

„Es sagen zum Beispiel auch welche: Hö, von der Kirche kommt auch einmal wer. Der andere<br />

sagt, <strong>ich</strong> war so und so oft im Krankenhaus, hab immer Familienhilfe gekriegt, hab immer eine<br />

Hilfe gehabt von der Caritas, und da geb <strong>ich</strong> <strong>was</strong> her. Andere: Jaja, wir können die Kinder in<br />

den Kindergarten geben und so, für die Caritas geben wir <strong>was</strong> her. Ein anderer wieder<br />

schimpft über die Kirche und sagt: Nein. Nja, da mach <strong>ich</strong> halt dann ein Str<strong>ich</strong>erl auf der<br />

Liste.“ (Frau B.)<br />

Auch Herr E. wird überall sehr freundl<strong>ich</strong> aufgenommen: „Diese 30 Jahre Begleitung macht<br />

natürl<strong>ich</strong> die Menschen vertraut und schafft die Basis.“<br />

Frau F. ber<strong>ich</strong>tet ebenfalls von großteils positiven Erfahrungen: „Da waren alle recht nett. Da<br />

haben auch von den Leuten, die <strong>ich</strong> noch nie in der Kirche gesehen hab zum Beispiel, auch<br />

die meisten einen Hunderter hergegeben.“ (Frau F.)<br />

Frau D. ist sehr froh, daß sie jetzt in ihrem eigenen Wohngebiet sammelt. Sie hat die<br />

Erfahrung gemacht, daß die Aufnahme dort, wo man gekannt wird, um einiges freundl<strong>ich</strong>er<br />

und wärmer ist als dort, wo einen die Leute n<strong>ich</strong>t kennen.<br />

„Ich hab verschiedene Straßen gehabt, und bin jetzt in meinem eigenen Wohngebiet. Und das<br />

ist natürl<strong>ich</strong> das Schönere. Da wird man gekannt, Vorher hab <strong>ich</strong> ein bißchen weiter weg die<br />

Straße gehabt. Da ist es ganz anders, da muß man s<strong>ich</strong> ganz anders profilieren und wird halt<br />

doch kritischer und unfreundl<strong>ich</strong>er behandelt als im engeren Wohngebiet. Darum ist halt das<br />

ganz super, wenn man gekannt wird.“ (Frau D.)<br />

4.7.1. Wird ein Gespräch mit den Besammelten angestrebt?<br />

Stehen die SammlerInnen dem positiv gegenüber, wenn sie in ein Gespräch verwickelt<br />

werden, oder empfinden sie das eher als ein Aufgehalten-Werden? Die<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre 9 schätzt das so ein:<br />

„Ich würde so sagen, wenn es einigermaßen im Rahmen bleibt, dann stört sie das n<strong>ich</strong>t. Ganz<br />

im Gegenteil, weil <strong>ich</strong> das wirkl<strong>ich</strong> immer bei jeder Zusammenkunft sage, daß mir das<br />

genauso w<strong>ich</strong>tig ist wie das Geld, das hereinkommt. Ich darf es ja gar n<strong>ich</strong>t laut sagen, mir ist<br />

die persönl<strong>ich</strong>e Kontaktnahme fast noch w<strong>ich</strong>tiger. Weil die an und für s<strong>ich</strong> die Motivation für<br />

das andere ist, und n<strong>ich</strong>t umgekehrt 45 .“ (Pfarre 9)<br />

45 Dieses Zitat geht noch weiter: „Und daher ist es auch n<strong>ich</strong>t uninteressant, welche Person dort anläutet. ,Paßt<br />

mir die zum Ges<strong>ich</strong>t, kann <strong>ich</strong> mit der et<strong>was</strong> anfangen?’ Darum auch mein langes Überlegen: kann <strong>ich</strong> die dort<br />

einsetzen?“ (Pfarre 9)


73<br />

Herr E. bestätigt das voll und ganz. Er nimmt s<strong>ich</strong> viel Zeit für das Gespräch mit den<br />

Besammelten. Für ihn ist ja gerade das der Sinn der ganzen Sache. Sein Charakter käme ihm<br />

da zugute, meint Herr E.:<br />

„Ich bin vielle<strong>ich</strong>t ein bißchen geselliger oder da recht aufgeschlossen. Ja, <strong>ich</strong> sag, das ist n<strong>ich</strong>t<br />

mein Verdienst, <strong>ich</strong> bin halt einfach so, daß <strong>ich</strong> angenommen werde. Daß man m<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er<br />

kennt.“ (Herr E.)<br />

Auch Frau B. ist das persönl<strong>ich</strong>e Gespräch sehr w<strong>ich</strong>tig. N<strong>ich</strong>t zuletzt sieht sie es auch ein<br />

klein wenig als Beitrag dazu, das Ungle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t von Geben und Nehmen abzuschwächen.<br />

„Ich mach das ganz <strong>gern</strong>, daß <strong>ich</strong> da ein wenig rede. Man kann n<strong>ich</strong>t hineingehen und sagen:<br />

So jetzt gebt mir <strong>was</strong>. Nein, das tu <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Weil dann komm <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t auf ihre Nöte<br />

drauf.<br />

Die Leute fühlen s<strong>ich</strong>, daß sie auch angenommen oder angehört werden. Manche haben ja gar<br />

keinen Bedarf, daß sie irgendein Problem haben oder so. Aber andere wieder sind schon froh,<br />

wenn sie gefragt werden oder eben angeredet werden, wie es ihnen geht.“ (Frau B.)<br />

Obwohl sie natürl<strong>ich</strong> froh sei, wenn das Sammeln schnell erledigt ist, empfindet Frau D. das<br />

Gespräch als „noch das Nettere an der ganzen Sache. Und das merkt man auch, daß manche<br />

das Gespräch suchen und eher n<strong>ich</strong>t caritas-mäßig das Gespräch, sondern eher persönl<strong>ich</strong>.“<br />

(Frau D.)<br />

Frau A. und Frau C. gehen dann auf ein Gespräch ein, wenn sie spüren, daß es für die<br />

betreffenden Besammelten w<strong>ich</strong>tig ist. Ansonsten ist es ihnen lieber, wenn sie das Sammeln<br />

schnell abschließen können.<br />

Ähnl<strong>ich</strong> ist es für Frau F.:<br />

„S<strong>ich</strong>er ist es einem eher lieber, wenn man schneller wieder fertig ist. Weil eh die Zeit immer<br />

so kostbar ist. Aber sonst freut es einen auch. Wie eine Frau, die war gesundheitl<strong>ich</strong> eben<br />

schlecht beieinander und kann n<strong>ich</strong>t mehr viel in den Ort gehen. Da hab <strong>ich</strong> mir dann schon<br />

Zeit genommen, daß <strong>ich</strong> mit der ein wenig geredet hab. Weil <strong>ich</strong> gemerkt hab, die kommt eh<br />

n<strong>ich</strong>t mehr viel unter die Leute, weil sie es n<strong>ich</strong>t mehr kann. Aber sonst, wenn welche gewesen<br />

wären, die recht <strong>gern</strong> tratschen, da hätt <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> vielle<strong>ich</strong>t eher zurückgehalten.“ (Frau F.)<br />

Die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e von Pfarre 9 betätigt s<strong>ich</strong> selber auch als Sammlerin.<br />

Aus diesem Grund möchte <strong>ich</strong> auch ihre Erfahrungen hier wiedergeben. Wenn sie mit<br />

Äußerungen wie „Ich hab schon so gewartet auf Sie“ oder „Ich hab schon gedacht, Sie haben<br />

m<strong>ich</strong> heuer vergessen“ begrüßt wird, dann zieht das meistens einen längeren Aufenthalt bei<br />

der betreffenden Person nach s<strong>ich</strong> (im Ausmaß von mindestens einer halben Stunde). In der<br />

Regel aber sei es so<br />

„daß man in der Tür steht und das Ganze spielt s<strong>ich</strong> an der Tür ab. Was mir persönl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts<br />

ausmacht, weil es dadurch eine gewisse Verkürzung der Angelegenheit ist. Zum Teil hört man<br />

aber schon die Sorgen, die manche Leute haben. Vielsch<strong>ich</strong>tiger Art: sei es jetzt die eigene<br />

Familie, oder wenn es jetzt eine alleinstehende Person ist: über s<strong>ich</strong> selber, über Krankheit,<br />

finanzielle Nöte, sonstige Probleme.“ (Pfarre 9)<br />

Das persönl<strong>ich</strong>e Gespräch mit den Besammelten wird also grundsätzl<strong>ich</strong> als positiv beurteilt<br />

(das sagen auch schon die Ergebnisse aus Kap.4.5). Auf der anderen Seite wird es schon auch<br />

sehr geschätzt, wenn das Sammeln zügig vorangeht, n<strong>ich</strong>t so viel Zeit in Anspruch nimmt.<br />

4.7.2. Inwieweit wird das Haussammeln als pastoraler Dienst begriffen?<br />

Einleitend möchte <strong>ich</strong> hier eine Aussage von Pfarre 9 zitieren, in der anhand von Ratschlägen<br />

beschrieben wird, <strong>was</strong> unter pastoralem Dienst zu verstehen ist:<br />

„Sie bekommen von mir als Rezept mit: zu horchen, s<strong>ich</strong> vieles anzuhorchen. Und dann je<br />

nach ihrer eigenen Verfassung und Fähigkeit und Mögl<strong>ich</strong>keit entweder eine Antwort zu<br />

geben, wenn sie dazu in der Lage sind, oder wenn n<strong>ich</strong>t - wozu <strong>ich</strong> an und für s<strong>ich</strong> rate: eine<br />

Verbindung zu den entsprechenden Personen herzustellen, bzw. anzubieten. Weil in der Regel<br />

ist es so, daß man ja n<strong>ich</strong>t überall fachkompetent ist, und das kann <strong>ich</strong> auch von keinem der


74<br />

Sammler verlangen. Ich meine, es ist mehr Zufall, wenn wer dieses Geschick hat. Aber<br />

ansonsten ist es sinnvoller, ein Hörender zu sein. Und das dann weiterzuleiten. Das kommt<br />

entweder dann zu mir, oder direkt zum Pfarrer oder Kaplan.“ (Pfarre 9)<br />

In bezug auf die Frage, inwieweit die SammlerInnen ihre Tätigkeit als pastoralen Dienst<br />

begreifen, sind die Meinungen sehr geteilt.<br />

Frau A. möchte n<strong>ich</strong>t von s<strong>ich</strong> aus pastoral tätig werden. Wenn eine Person direkt mit der<br />

Bitte um Hilfe an sie herantritt, ist das et<strong>was</strong> anderes, dann versucht sie natürl<strong>ich</strong> zu <strong>helf</strong>en<br />

bzw. Unterstützung zu organisieren.<br />

„Aber wenn er s<strong>ich</strong> mir n<strong>ich</strong>t anvertraut oder das Anliegen n<strong>ich</strong>t sagen will, möchte <strong>ich</strong> da<br />

n<strong>ich</strong>t direkt.....- redet man halt über das Alltägl<strong>ich</strong>e, heute ist ein schönes Wetter oder so. Ist<br />

auch im Grunde ein Gespräch, daß man höfl<strong>ich</strong> ist oder ...“ (Frau A.)<br />

Frau B. hingegen empfindet diesen Aspekt als sehr w<strong>ich</strong>tig. Die Priester selbst hätten kaum<br />

Zeit, alle Haushalte des Pfarrgebietes zu besuchen. Das Haussammeln bietet s<strong>ich</strong> hier als<br />

Gelegenheit an, diese Aufgabe, näml<strong>ich</strong> Kontakt mit allen Pfarrmitgliedern (insbesondere<br />

auch jenen, die wenig Bezug zur Kirche haben), zu pflegen.<br />

Auch Frau D. begreift s<strong>ich</strong> als pastoral tätig: „Weil manche fragen sogar, wann die<br />

Gottesdienste sind oder irgendwelche pfarrl<strong>ich</strong>en Sachen.“<br />

Frau F. und Frau C. sind n<strong>ich</strong>t dieser Meinung. Abgesehen vom Spenden-Sammeln, das sie<br />

im Auftrag der Caritas tun, bewerten sie die Gespräche, die s<strong>ich</strong> dabei ergeben, als persönl<strong>ich</strong><br />

motiviert. Frau C. ber<strong>ich</strong>tet in diesem Zusammenhang von einem Projekt, das in ihrer Pfarre<br />

geplant ist, dem sie aber sehr skeptisch gegenüber steht:<br />

<strong>„Bei</strong> uns ist jetzt geplant, daß man eine Art Seelsorgeräume macht. Da wollen sie, daß man<br />

das alles macht. Da bist du dann der Sammler für die Caritas, der Pfarrblattausträger und der<br />

Ansprechpartner zur Pfarre. Da sollst du nachher hingehen und eben die Leute dezidiert<br />

anreden, <strong>was</strong> sie an die Kirche für Wünsche hätten oder Probleme oder so. Aber wie das<br />

funktioniert, das werden wir erst sehen. Also <strong>ich</strong> bin von dem n<strong>ich</strong>t überzeugt. Aber der<br />

Pfarrer will es halt machen. Er glaubt, daß das sinnvoll ist, daß man neue Leute gewinnt. Also<br />

daß man halt die Leute erfaßt, die n<strong>ich</strong>t in die Kirche gehen. Aber das muß s<strong>ich</strong> zuerst einmal<br />

bewahrheiten.“ (Frau C.)<br />

Herr E. schließl<strong>ich</strong> hält es mit Martin Buber:<br />

„Wenn <strong>ich</strong> das jetzt pastoral sehen würde, würde <strong>ich</strong> sagen, da müßte <strong>ich</strong> für die katholische<br />

Kirche marschieren. Ich geh aber als Herr E. hin, aus meiner Beziehung heraus mach <strong>ich</strong> das.<br />

Mir geht es einfach um dieses ,Leben ist Begegnung’ oder umgekehrt ,Begegnung ist Leben’.<br />

... Ich hab die Erfahrung gemacht: ein ständiges menschenfreundl<strong>ich</strong>es, offenes und wenn<br />

mögl<strong>ich</strong> freundl<strong>ich</strong>es Wesen und Begegnung bringt die Änderung.“(Herr E.) 46<br />

Ich möchte an dieser Stelle an den Vorschlag von Kap.3.12. erinnern, in dem es um die<br />

Betonung der seelsorgerl<strong>ich</strong>en Komponente geht. Augenscheinl<strong>ich</strong> paßt das n<strong>ich</strong>t für alle<br />

SammlerInnen. Auch der allfällige Anspruch, über die Haussammlung pastorale Arbeit zu<br />

leisten, wird n<strong>ich</strong>t von allen eingelöst. Es ist also w<strong>ich</strong>tig, die Verwirkl<strong>ich</strong>ung seelsorgerl<strong>ich</strong>er<br />

oder pastoraler Aspekte unter das freie Ermessen der SammlerInnen zu stellen, und die<br />

SammlerInnen n<strong>ich</strong>t damit zu überfordern.<br />

46 Dasselbe sagt auch Baumgartner - wenn auch über den Besuchsdienst: „Der Besuchende kommt als<br />

Mitmensch und Mitchrist, in seinem eigenen Namen, und erst in zweiter Linie im Auftrag des<br />

Pfarrgemeinderates.“ (Baumgartner, 1999, S. 61)


75<br />

4.8. Wieviel Zeit nimmt das Sammeln in Anspruch?<br />

Die letzten Kapitel, in denen es um Gespräche und pastoralen Dienst ging, werfen natürl<strong>ich</strong><br />

die Frage auf, wie s<strong>ich</strong> das denn überhaupt alles ausgeht, wieviel Zeit denn diese Aufgabe<br />

überhaupt beansprucht.<br />

Frau A. hat 30 Haushalte zu besammeln. Sie muß von vornherein zwei mal zu den<br />

Haushalten gehen. Bei ihnen ist die Haussammlung so organisiert, daß ein Kuvert in den<br />

Haushalt gebracht wird und zu einem späteren Zeitpunkt bzw. nach ein paar Tagen wieder<br />

abgeholt wird. Für das Hinbringen braucht sie insgesamt ca. 2 Stunden, für das Abholen der<br />

Kuverts ca. 6 Stunden.<br />

Frau B. besammelt 25 Haushalte. Bei ihr dauert das Ganze ein bißchen länger, näml<strong>ich</strong> in<br />

Summe (wenn man die einzelnen Stunden zusammenzählt) ca. 2 Wochen.<br />

„Ich kann n<strong>ich</strong>t hineingehen und wieder gehen. Ich bleib schon immer <strong>gern</strong> sitzen. Ich mach<br />

z.B. an einem Nachmittag eine Familie. Aber da fahr <strong>ich</strong> vielle<strong>ich</strong>t um 3 Uhr hin und komm<br />

vielle<strong>ich</strong>t um 5, halb 6 wieder heim. Gut, es gibt auch Familien, wo du hingehst und gle<strong>ich</strong><br />

wieder gehst.“ (Frau B.)<br />

Frau C. braucht für ihre 22 Haushalt in Summe ca. 2 Tage.<br />

„Ich fang meistens so um 4 Uhr an, halt wo <strong>ich</strong> weiß, daß wer daheim ist. Manches Mal geh<br />

<strong>ich</strong> noch ein 2. Mal hin, wo <strong>ich</strong> weiß, da krieg <strong>ich</strong> <strong>was</strong>. Und bei denen, wo <strong>ich</strong> eh n<strong>ich</strong>t viel<br />

krieg, schmeiß <strong>ich</strong> den Zahlschein hinein, wenn niemand daheim ist. Also da geh <strong>ich</strong> dann<br />

n<strong>ich</strong>t mehr hin. Maximal 2x. Also 3x geh <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t hin. Das ist mir zu viel Zeit. Ja, man kann<br />

sagen 4 Tage von 4 Uhr weg, daß <strong>ich</strong> geh.“ (Frau C.)<br />

In Frau D.’s Rayon gibt es 60 Haushalte. Das Sammeln zieht s<strong>ich</strong> bei ihr über einen Monat<br />

hin (sie geht im Schnitt eine Stunde am Vormittag und eine Stunde am Abend).<br />

„Weil bei manchen – überhaupt in meinem engeren Kreis – geh <strong>ich</strong> bis zu 5x hin oder noch<br />

öfter oft, - aus dem Grund, weil <strong>ich</strong> weiß, da krieg <strong>ich</strong> <strong>was</strong>. Ich hab natürl<strong>ich</strong> auch welche<br />

dabei, wo <strong>ich</strong> weiß, daß es fast vergebl<strong>ich</strong> ist. Was heuer bei einem n<strong>ich</strong>t der Fall war. Darum<br />

probier <strong>ich</strong> es halt immer wieder. Aber da gebe <strong>ich</strong> nach dem 2. Mal schon einen Zahlschein<br />

rein.“ (Frau D.)<br />

Auch Herr E. hat mit über 60 Haushalten einen sehr großen Rayon. Als er noch n<strong>ich</strong>t in<br />

Pension war, hat er s<strong>ich</strong> für die Haussammlung jedes Mal extra 3 Tage Urlaub genommen.<br />

Auch jetzt sammelt er im Schnitt 3 Tage lang (2 Stunden am Vormittag und 4 Stunden am<br />

Nachmittag).<br />

Frau F. braucht für ihre 30 Haushalte 2 Nachmittage.<br />

Wie man sieht, sind die Zeiten, die die einzelnen SammlerInnen für das Sammeln aufwenden,<br />

sehr unterschiedl<strong>ich</strong>. Das hängt einerseits mit der Größe des zu besammelnden Gebietes<br />

zusammen, andererseits auch mit der Zeit, die s<strong>ich</strong> die SammlerInnen für einzelne Besuche<br />

nehmen. Die einen führen die Sammlung zudem zeitl<strong>ich</strong> sehr komprimiert durch, die anderen<br />

dehnen sie über einen größeren Zeitraum aus.


76<br />

4.9. Und <strong>was</strong> bekommen die SammlerInnen zurück?<br />

Unter „persönl<strong>ich</strong>er Gewinn“ des Sammeln-Gehens fällt im Grunde das gle<strong>ich</strong>e, <strong>was</strong> die<br />

SammlerInnen oben als positive Aspekte beschrieben haben. Dazu kommt noch das<br />

Bewußtsein, einen Beitrag zur Linderung menschl<strong>ich</strong>er Not geleistet zu haben.<br />

„Ja, das positive Gefühl ist im Grunde, daß man Kontakt zu den Leuten hat. Und <strong>ich</strong> glaub,<br />

mir ist im Großen und Ganzen niemand schlecht gesinnt, <strong>was</strong> mir auch irgendwo taugt. Und<br />

ja, vielle<strong>ich</strong>t ...... wenn man eine religiöse Einstellung hat, hat man einmal einen Dank dafür,<br />

im Himmel, <strong>ich</strong> weiß es n<strong>ich</strong>t“ (Frau A.)<br />

„Information einfach. Daß man einfach Bescheid weiß, <strong>was</strong> tut s<strong>ich</strong> da in der Nachbarschaft.<br />

Das ist mein Gewinn, ja. (...) Und manche Leute freuen s<strong>ich</strong>, wenn man kommt. Das ist auch<br />

ein schönes Erlebnis, ja.“ (Frau C.)<br />

„Also das Gespräch baut einen auf. Generell.“ (Frau D.)<br />

„Daß man einen Beitrag für die Caritas oder indirekt dann für andere Leute geleistet hat.“<br />

(Frau F.)<br />

„Daß s<strong>ich</strong> die Leute freuen, wenn <strong>ich</strong> komme.“ (Frau B.)<br />

„Ja, man bekommt mehr zurück als man gibt. Die Offenheit, mit der einem die Leute da<br />

begegnen, ist sehr wunderbar. (...) Da kann <strong>ich</strong> mit dem Martin Buber sagen: Alles Leben ist<br />

Begegnung. Und wenn <strong>ich</strong> mit den Leuten, die <strong>ich</strong> aufsuche, wenn <strong>ich</strong> mit denen plaudere,<br />

über sie selbst oder über meine Familie, oder über die Zeit, oder über die Kirche, dann lebe <strong>ich</strong><br />

erst 47 . Und das ist, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> mehr zurückbekomme als <strong>ich</strong> gebe. Ich gebe nur Zeit. (...) Ja, das<br />

ist ganz eindeutig: menschl<strong>ich</strong>e Begegnung, das Angenommen-Werden als Sammler und als<br />

Privatmann dazu. Und dann vielle<strong>ich</strong>t auch, daß man sagt: Mei, das ist doch fesch, wenn <strong>ich</strong><br />

21.000 Schilling in den Pfarrhof hinleg. Da weiß <strong>ich</strong> daß et<strong>was</strong> über Peuerbach, über die<br />

Familienhilfe et<strong>was</strong> geschieht. Da freu <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> auch.“ (Herr E.)<br />

Frau S., eine N<strong>ich</strong>t-Sammlerin, ber<strong>ich</strong>tete im Interview von den Erfahrungen ihrer Mutter,<br />

einer langjährigen Caritas-Sammlerin:<br />

„Meine Mutter ist am Anfang wirkl<strong>ich</strong> <strong>gern</strong> gegangen, weil sie einfach sowieso <strong>gern</strong> ratscht<br />

und <strong>gern</strong> in andere Häuser kommt. Und da kommt sie mit der Nachbarin zusammen und mit<br />

der, und da kriegt sie einen Kaffee oder dann kriegt sie das. Ihr hat das schon Spaß gemacht.<br />

Weil sie einfach kommunizieren können. Und manche ältere Leute, wenn die Kinder aus dem<br />

Haus sind, oft ist der Mann schon gestorben, .. für die ist ja das irgendwo ... da kommen sie<br />

wenigstens unter Leute und können mit wem ein wenig reden. Zumindest bei uns am Land ist<br />

das so. Da ist es einfach die Kommunikation, die sie suchen. ... Das suchen vielle<strong>ich</strong>t ältere<br />

Leute mehr. Und weil sie dann einfach auch zu Gle<strong>ich</strong>altrigen kommen, dann paßt es noch<br />

mehr, dann können sie über einen Ausflug reden, oder wo sie dann das nächste mal mitfahren.<br />

Aber die sind oft eh da ein bißchen ausgehungert. Gerade die, die alleine wohnen oder wo die<br />

Kinder schon weg sind.“ (Frau S.)<br />

47 Vgl. dazu Hans Lenk:„,Der Mensch kommt zu s<strong>ich</strong> selbst erst vom Anderen her’ (E. Lévinas). Das einzige<br />

Wesen, also, dem wir überhaupt nur begegnen können, ist der Mensch. Mitmenschl<strong>ich</strong>e Begegnung ist et<strong>was</strong><br />

anderes als Erkenntnis im traditionellen, quasi wissenschaftl<strong>ich</strong>en Sinne. Begegnung ist n<strong>ich</strong>t Einordnung in<br />

Kategorien. Begegnung ist n<strong>ich</strong>t ,Schubladisierung’. Begegnung ist ein tiefes, radikales Erleben und<br />

Betroffensein, mit dem man konfrontiert wird. Die Grundidee ist, daß die menschl<strong>ich</strong>e Begegnung mit dem<br />

Anderen das Entscheidende für die eigene Existenz, für das eigene bewußte(re) Leben, sogar für die Bildung von<br />

Bewußtsein selbst ist.“ (Lenk, 1998, S. 214f.)


77<br />

Dem ist n<strong>ich</strong>t viel hinzuzufügen. Neben dem guten Gefühl, einen Beitrag für die Anliegen der<br />

Caritas zu leisten bzw. Menschen <strong>helf</strong>en zu können, liegt der persönl<strong>ich</strong>e Gewinn vor allem in<br />

der Erfahrung, wertgeschätzt zu werden, als Mensch, aber auch als SammlerIn.<br />

Die Themen bis hierher waren solche, die in erster Linie SammlerInnen betreffen. In den<br />

folgenden Kapiteln werden auch die N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen vermehrt zu Wort kommen.<br />

4.10. Vergle<strong>ich</strong> des Sammelns mit anderen ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten<br />

Wie aus der Vorstellungsrunde in Kapitel 4.1. ers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> ist, sind alle InterviewpartnerInnen<br />

in irgendeiner Weise ehrenamtl<strong>ich</strong> in der Pfarre engagiert. Wenn man nun das Haussammeln<br />

mit anderen ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten vergle<strong>ich</strong>t, habe <strong>ich</strong> meine InterviewpartnerInnen<br />

gefragt, wie fällt dieser Vergle<strong>ich</strong> aus?<br />

Frau A.. ist in einer Caritas-Gruppe tätig, die bei Personen ab 80 Jahren Geburtstagsbesuche<br />

macht. Zudem ist sie aktives Mitglied der örtl<strong>ich</strong>en Goldhaubengruppe. Beides macht sie sehr<br />

<strong>gern</strong>. Als Unterschied zum Haussammeln nennt sie, daß man s<strong>ich</strong> bei der Goldhaubengruppe<br />

keine negativen Sachen anhören muß. Zudem sei das Engagement bei den Goldhaben<br />

freiwillig in dem Sinn, als es in der Entscheidung jedes einzelnen Mitglieds liegt, wie oft und<br />

in welchem Ausmaß man s<strong>ich</strong> beteiligt.<br />

Das Gratulieren-Gehen sei ein wenig persönl<strong>ich</strong>er als das Sammeln. Die Beziehung zu den<br />

Menschen, die man besucht, ist näher, vertrauter als die zwischen Besammelten und<br />

SammlerInnen. Der Unterschied ist auch, daß man hier et<strong>was</strong> bringt (näml<strong>ich</strong><br />

Aufmerksamkeit, Zeit, Geschenke) anstatt et<strong>was</strong> von den Besuchten zu wollen.<br />

Frau S. ist in der <strong>Katholisch</strong>en Frauenbewegung aktiv. Ihr macht dieses Engagement Spaß,<br />

insbesondere, weil sie mit ihren Team-Kolleginnen sehr gut zusammenarbeitet. Sie vergle<strong>ich</strong>t<br />

das Haussammeln mit einer Tupper-Party:<br />

„Ich könnte nie ein Tupper-Geschirr verkaufen oder irgendsolche Partys machen. Und wenn<br />

das Geschirr noch so gut wäre. Aber das könnte <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. ...Obwohl der dann eh sagt: Nein.<br />

Aber es sind dann halt trotzdem viele bei diesen Partys, die sagen: naja, s<strong>ich</strong>er, <strong>ich</strong> muß <strong>was</strong><br />

kaufen, weil die hat m<strong>ich</strong> eingeladen. Irgendein Geschirrl nimmst. ... Und das ist eben auch,<br />

wo <strong>ich</strong> mir denk, naja, wenn <strong>ich</strong> jetzt da hin gehen muß und sagen: Naja, <strong>ich</strong> wäre da wegen<br />

der Caritas-Sammlung. ... Nja, es täte mir am Anfang s<strong>ich</strong>er eine große Überwindung kosten.“<br />

(Frau S.)<br />

Einen großen Unterschied sieht sie auch hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Gemeinschaft:<br />

„Ja, die Gemeinschaft, die man bei der KFB hat. Man kann s<strong>ich</strong> dann mehr besprechen und so.<br />

Wie beim Sammeln, da krieg <strong>ich</strong> das Sackerl am Sonntag in der Sakristei, die hol <strong>ich</strong> mir und<br />

in einer Woche komm <strong>ich</strong> wieder und leg sie wieder ab. Bei der KFB hab <strong>ich</strong> halt auch so eine<br />

gewisse Gemeinschaft.“ (Frau S.)<br />

Die Dankesfeiern als Abschluß des jährl<strong>ich</strong>en Sammelns mögen zwar nett sein, lassen aber<br />

noch kein r<strong>ich</strong>tiges Gemeinschaftsgefühl aufkommen:<br />

„Nja, bringt vielle<strong>ich</strong>t schon <strong>was</strong> in gewisser Weise, aber bei der KFB ist es schon <strong>was</strong><br />

anderes, weil man eben mit den Leuten öfter zusammenkommt. Und beim Sammeln, da trifft<br />

man s<strong>ich</strong> vielle<strong>ich</strong>t alle 2 Jahre einmal, auf einen Kaffe oder <strong>was</strong>, und so haben sie aber relativ<br />

wenig Kontakt. Also <strong>ich</strong> weiß von der Oma, sie weiß ein paar, die sonst noch gehen, aber sie<br />

weiß eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t viel von den anderen und wie es denen geht.“ (Frau S.)<br />

Frau B. ist tätig im Pfarrgemeinderat und im Seniorenbund. Auch sie macht beide Tätigkeiten<br />

<strong>gern</strong>e, vor allem wegen der Kontakte, die sie dadurch hat. Große Unterschiede zum<br />

Haussammeln stellt sie n<strong>ich</strong>t fest. Genauso wie beim Sammeln horcht sie auch bei den


78<br />

Senioren ein bißchen, welcher Art Probleme diese haben. „Wir haben auch beim<br />

Pfarrgemeinderat einen Tagesordnungspunkt: Ohr am Volk. Also da kann man auch horchen,<br />

<strong>was</strong> die Leute sagen und das dann vorbringen“. Ihre Tätigkeit im Pfarrgemeinderat wird sie<br />

zwar aus Altersgründen bald einmal zurücklegen, „aber das Caritas-Sammeln n<strong>ich</strong>t, da kann<br />

man ja gehen, solange man halt gehen kann.“ (Frau B.)<br />

Frau T. ist seit ca. einem Jahr Pfarrblatt-Austrägerin. Außerdem engagiert sie s<strong>ich</strong> in einem<br />

Turnverein. Das Pfarrblatt-Austragen ist bei ihr durch einschlägige Kindheitserlebnisse sehr<br />

positiv besetzt:<br />

„Das hab <strong>ich</strong> als Kind schon gemacht bei meiner Mutter damals. Und <strong>ich</strong> weiß n<strong>ich</strong>t, das hat<br />

mir immer irgendwie Spaß gemacht, das Austragen Und irgendwie, den Kindern gefällt es<br />

auch, das zu den Häusern zuwilaufen, und dann dürfen sie es hineinschmeißen und so. Drum<br />

hab <strong>ich</strong> gesagt, okay, das mach <strong>ich</strong>.“ (Frau T.)<br />

Der große Unterschied zum Haussammeln liegt für sie darin, daß sie s<strong>ich</strong> beim Pfarrblatt-<br />

Austragen n<strong>ich</strong>t aufdrängen muß:<br />

„Ja, das heißt, wenn es wen n<strong>ich</strong>t interessiert, dann soll er es wegschmeißen, und <strong>ich</strong> hab jetzt<br />

keinen Kontakt mit den Leuten. Ich meine, wenn er da ist, dann drück <strong>ich</strong> es ihm schon in die<br />

Hand, aber sonst schmeiß <strong>ich</strong> es einfach nur ins Postkastl. Aber wenn <strong>ich</strong> jetzt anläuten muß<br />

und bitten muß, daß sie halt <strong>was</strong> spenden oder so ... Also <strong>ich</strong> denk mir, mir wärs kein Problem,<br />

wenn <strong>ich</strong> nur hingeh und ihnen die Erlagscheine hineinschmeiß. Aber <strong>ich</strong> möchte n<strong>ich</strong>t direkt<br />

– <strong>ich</strong> mein, <strong>ich</strong> bin zwar n<strong>ich</strong>t leutscheu -- aber <strong>ich</strong> möchte n<strong>ich</strong>t direkt in Kontakt sein mit<br />

den Leuten, daß <strong>ich</strong> um Geld betteln muß.“<br />

Frau C. ist Leiterin des Caritas-Ausschusses in der Pfarre. An und für s<strong>ich</strong> macht sie diese<br />

Arbeit sehr <strong>gern</strong>e, aber jetzt, nach 28 Jahren, sei schon eine gewisse Ermüdung eingetreten.<br />

Sie würde die Leitung über den Caritas-Ausschuß <strong>gern</strong>e abgeben. Leider hat s<strong>ich</strong> bis jetzt aber<br />

noch keine Nachfolgerin finden lassen. Vergle<strong>ich</strong> mit dem Sammeln?<br />

„Da hab <strong>ich</strong> schon das andere lieber (Caritas-Ausschuß), weil das hab <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> aus<br />

Überzeugung gemacht. Sammeln tu <strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t so <strong>gern</strong>.“ (Frau C.)<br />

Frau U. ist im Pfarrgemeinderat, im Vorstand und im Liturgieausschuß engagiert, und das<br />

mit Freude. Für sie ist das Haussammeln einfach ein Betätigungsfeld unter vielen anderen:<br />

„Es hat jeder seine eigenen Vorlieben, und das macht er dann.“ (Frau U.)<br />

Frau D. engagiert s<strong>ich</strong> beim Krankenbesuchs-Dienst und wie Frau A. beim<br />

Geburtstagswünsche-Überbringen. Auch sie macht das <strong>gern</strong>e. Den Unterschied zum<br />

Haussammeln beschreibt sie so:<br />

<strong>„Bei</strong>m Sammeln muß man s<strong>ich</strong> um einiges mehr überwinden. Wenn <strong>ich</strong> jetzt einen<br />

Krankenbesuch mach – s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong>, ist auch im Hintergrund: wie wird es dem gehen? wie wird<br />

der beieinander sein? wird der sehr schwer krank sein oder n<strong>ich</strong>t? Das ist auch, aber es ist ganz<br />

eine andere Basis. Weil bei dem einen ist: <strong>ich</strong> gebe dem Zeit und Zuwendung. Und bei dem<br />

anderen, ja, da geht es halt ums Geld.“ (Frau D.)<br />

Frau V. ist momentan n<strong>ich</strong>t pfarrl<strong>ich</strong> engagiert, war das aber über lange Jahre hinweg, und<br />

zwar in verschiedenen Funktionen (Obfrau des PGR, Leiterin der KFB, Aktivität in<br />

verschiednen Fachausschüssen). Sie hat das alles sehr <strong>gern</strong> gemacht und sehr viel Positives<br />

daraus schöpfen können. Die Frage nach den Unterschieden zum Haussammeln beantwortet<br />

sie in funktioneller Hins<strong>ich</strong>t:<br />

„Das eine ist einfach, daß <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> da einbring in der leitenden Tätigkeit, Dinge zu<br />

organisieren. Und für andere auch et<strong>was</strong> zu leisten, daß sie vom Gesellschaftl<strong>ich</strong>en, vom<br />

Gemeinschaftl<strong>ich</strong>en, vom Religiösen, vom Wissen her mögl<strong>ich</strong>erweise et<strong>was</strong> mitnehmen<br />

können. Das Caritas-Sammeln ist ein Dienst, in den <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> stelle, um für andere finanzielle<br />

Mittel zu bekommen. Das ist komplett verschieden.“ (Frau V.)


79<br />

Anders als bei Vorträgen, Runden, Kursen u.ä., wo die BesucherInnen aus s<strong>ich</strong> heraus ein<br />

Angebot in Anspruch nehmen, und also nur Personen kommen, die es interessiert, drängt man<br />

s<strong>ich</strong> beim Haussammeln auf:<br />

<strong>„Bei</strong>m Haussammeln geh <strong>ich</strong> zu Leuten, die m<strong>ich</strong> ja gar n<strong>ich</strong>t sehen wollen. Von denen <strong>ich</strong><br />

nur et<strong>was</strong> will. Das ist ein großer Unterschied.“ (Frau V.)<br />

Herr E. ist Mitglied bei der <strong>Katholisch</strong>en Männerbewegung und war in der Vergangenheit in<br />

verschiedenen politischen Funktionen aktiv. Die Begegnung mit Menschen macht ihm<br />

prinzipiell Freude. Die Überwindung, eine Aufgabe oder einen Dienst zu beginnen, sei<br />

allerdings bei seinen anderen Tätigkeiten n<strong>ich</strong>t so groß wie beim Haussammeln.<br />

Frau W. ist Mitglied bei der <strong>Katholisch</strong>en Frauenbewegung und seit 5 Jahren Pfarrblatt-<br />

Austrägerin, letzteres aber mit et<strong>was</strong> gespaltenen Gefühlen:<br />

„Ich kann m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t so mit dem Inhalt dieser Pfarrblätter identifizieren. Und darum tu <strong>ich</strong> mir<br />

manchmal schwer. Darum bin <strong>ich</strong> hie und da froh, wenn <strong>ich</strong> sie nur ins Postkastl<br />

hineinschmeiß, damit <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts sagen muß dazu.“ (Frau W.)<br />

Im Unterschied dazu könnte sie bei der Caritas-Haussammlung zwar schon dahinterstehen,<br />

das Sammeln kommt aber für sie aus anderen Gründen n<strong>ich</strong>t in Frage (siehe Kap.4.11.1.).<br />

Frau F. schließl<strong>ich</strong> ist stellvertretende Leiterin bei der KFB und Mitarbeiterin im Caritas-<br />

Ausschuß. Sie ist <strong>gern</strong>e engagiert, wenngle<strong>ich</strong> sie auch die einzige Interviewpartnerin ist, bei<br />

der der Vergle<strong>ich</strong> mit dem Sammeln entgegengesetzt ausfällt. Ihr sei das Haussammeln fast<br />

lieber als andere Sachen, meint sie, „weil es s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t weiß Gott wie lang dahinzieht und man<br />

immer wieder dranhängt“.<br />

Das Haussammeln schneidet im Vergle<strong>ich</strong> zu anderen ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten in der<br />

Mehrzahl der Fälle eher schlecht ab. Dem überwiegenden Teil meiner InterviewpartnerInnen<br />

sind ihre sonstigen Ehrenämter lieber und angenehmer als das Haussammeln. Als Gründe<br />

dafür wurden genannt: die Rahmenbedingungen des Haussammelns, die dem Entstehen eines<br />

Gemeinschaftsgefühls n<strong>ich</strong>t förderl<strong>ich</strong> sind; die Überwindung, die das Anfangen kostet; der<br />

Umstand, daß man von den Menschen, die man besucht, et<strong>was</strong> will, und das Gefühl des S<strong>ich</strong>-<br />

Aufdrängens, das damit verknüpft ist; die Tatsache, daß man bei anderen Tätigkeiten kaum<br />

mit negativen Reaktionen konfrontiert ist, u.ä...<br />

4.11. Wie sind die N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen in die nähere Auswahl<br />

gekommen ... und <strong>was</strong> waren die Reaktionen darauf?<br />

Frau S. ist noch n<strong>ich</strong>t direkt gefragt worden, ob sie s<strong>ich</strong> als Haussammlerin betätigen will, bei<br />

ihr liegt aber zumindest der Gedanke daran nahe. Ihre Mutter ist langjährige Sammlerin, wird<br />

diese Tätigkeit aber alters- und krankheitsbedingt n<strong>ich</strong>t mehr lange ausüben können. Von Frau<br />

S. wird indirekt erwartet, daß sie den Dienst von ihrer Mutter übernimmt. Die Erwartung, daß<br />

Familienangehörige, das heißt meistens Töchter oder Schwiegertöchter, den Sammler-Dienst<br />

ihrer Mütter oder Schwiegermütter weiterführen, ist Usus in vielen Pfarrgemeinden, wenn<br />

auch zumeist unausgesprochen (vgl. dazu Frau D. in Kap.4.2.. Auch sie hat das Haussammeln<br />

quasi von ihrer Mutter geerbt).<br />

Frau S. hat nach eigenen Aussagen „n<strong>ich</strong>t recht viel am Hut damit“. Noch ist es n<strong>ich</strong>t aktuell,<br />

noch steht die Entscheidung n<strong>ich</strong>t an, „aber momentan, <strong>ich</strong> könnte es mir n<strong>ich</strong>t vorstellen. Es<br />

kann sein, daß es mir eh einmal n<strong>ich</strong>t ausbleibt.“ (Frau S.)


80<br />

Frau T. weiß n<strong>ich</strong>t mehr genau, wie es war, „entweder war er (der<br />

Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e, A.S.) da und hat m<strong>ich</strong> gefragt oder <strong>ich</strong> hab gle<strong>ich</strong> im Zuge<br />

dessen gesagt: Pfarrbrief-Austragen tu <strong>ich</strong>, aber Caritas Sammeln tu <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t..“ (Frau T.)<br />

Frau U. ist von der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en im Rahmen eines Treffens mit einem<br />

anderen Inhalt gefragt worden, ob sie bereit wäre, Haussammeln zu gehen. Frau U. hat aber<br />

gle<strong>ich</strong> abgewinkt.<br />

Frau V. arbeitete, als sie wegen des Haussammelns gefragt wurde, in vielen pfarrl<strong>ich</strong>en<br />

Bere<strong>ich</strong>en mit.<br />

„Ich hab damals klipp und klar gesagt: Ich hab so und so viele Funktionen und mach so und so<br />

viel. Und die Schwierigkeit ist das, wenn man in einer Pfarre tätig ist, gerade im kirchl<strong>ich</strong>en<br />

Bere<strong>ich</strong>, wenn einer <strong>was</strong> macht und viel macht, dann soll er das auch noch machen. Und<br />

dagegen hab <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> gewehrt. Weil Nein-Sagen hab <strong>ich</strong> in der <strong>Katholisch</strong>en Kirche gelernt.<br />

Es muß akzeptiert werden, daß man auch nein sagt, und dieses Nein-Sagen wird n<strong>ich</strong>t immer<br />

akzeptiert.“ (Frau V.)<br />

Bei Frau W. ist n<strong>ich</strong>t bezügl<strong>ich</strong> des Haussammelns angefragt worden, weil in ihrem Rayon<br />

kein Bedarf nach einer neuen SammlerIn besteht. Da sie Pfarrblatt-Austrägerin ist, liegt es<br />

aber nahe, daß sie, wenn die jetzige Sammlerin ausfällt, die erste Wahl darstellt. Frau W.<br />

„würde s<strong>ich</strong> aber sehr schwer tun dabei“. Ob sie es schaffen würde, nein zu sagen, bezweifelt<br />

sie. Beim Pfarrblatt-Austragen ist sie schließl<strong>ich</strong> auch gar n<strong>ich</strong>t r<strong>ich</strong>tig gefragt, sondern<br />

einfach eingeteilt worden: „der Pfarrer hat einfach befunden, das mach <strong>ich</strong>“.<br />

4.11.1 Warum kommt das Haussammeln für die N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen<br />

n<strong>ich</strong>t in Frage?<br />

Wie begründen nun die N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen ihre Ablehnung?<br />

Frau S. ist es unangenehm, zu den Leuten „fechten“ zu gehen.<br />

„Es ist s<strong>ich</strong>er eine gewisse Hemmschwelle, daß man wohin geht und sagt, naja, jetzt kommt<br />

man halt und soll fechten gehen, wie man bei uns so sagt.“ (Frau S.)<br />

Als zweiten Punkt gibt sie die negativen Reaktionen von seiten mancher Besammelten an, die<br />

– wie sie von ihrer Mutter weiß – dabei in Kauf genommen werden müssen.<br />

„Man hört s<strong>ich</strong> natürl<strong>ich</strong> schon manchmal ganz schön <strong>was</strong> an. Weil irgendwelche<br />

Schauergesch<strong>ich</strong>ten erfährt man immer wieder. Die haben das gekriegt, und die haben eh alles<br />

beim Fenster hinausgeschmissen. Und die haben das gekriegt, und dann siehst du eh, <strong>was</strong> sie<br />

tun mit dem Geld, und weil sie n<strong>ich</strong>t umgehen können, und wenn wir so täten, dann hätten wir<br />

auch n<strong>ich</strong>ts. Und für die geb <strong>ich</strong> gar n<strong>ich</strong>ts mehr her. Ja, das mußt du dir halt alles anhören.<br />

Und <strong>was</strong> sollst du antworten drauf? Man kann oft auch gar n<strong>ich</strong>ts Gegenteiliges sagen, weil<br />

selber weiß man oft von dem gar n<strong>ich</strong>ts, <strong>was</strong> einem erzählt wird zum Beispiel. Was s<strong>ich</strong> die<br />

Leute da .. ja, vielle<strong>ich</strong>t erfahren oder zusammendenken, weiß man n<strong>ich</strong>t. Ja, man muß schon<br />

oft argumentieren. Meine Mutter macht das oft ein bißchen mit einem Schmäh. Ich weiß n<strong>ich</strong>t,<br />

ob <strong>ich</strong> das so könnte“ (Frau S.)<br />

Auf der anderen Seite sieht sie ein, daß die Caritas auch irgendwie zu ihrem Geld kommen<br />

muß. Sie sei der Caritas gegenüber sehr positiv eingestellt, darum möchte sie auch n<strong>ich</strong>t<br />

prinzipiell ausschließen, daß sie jemals haussammeln gehen wird. Die Feuerwehr komme<br />

schließl<strong>ich</strong> auch und bitte um eine Spende. Vielle<strong>ich</strong>t spiele aber auch ihr Alter eine Rolle,<br />

meint Frau S.:<br />

„Es kann auch sein, daß es mir vom Alter jetzt n<strong>ich</strong>t so entspr<strong>ich</strong>t. Sagen wir mal, es ist ja<br />

mögl<strong>ich</strong>, wenn <strong>ich</strong> jetzt 55 bin und sag, ja okay, die 2 Nachmittage opfere <strong>ich</strong>, hab <strong>ich</strong> eine<br />

Bewegung, und mir macht es vielle<strong>ich</strong>t auch Spaß, oder m<strong>ich</strong> stört es n<strong>ich</strong>t mehr, sagen wir<br />

mal so.“ (Frau S.)


81<br />

Die jetzigen HaussammlerInnen seien schließl<strong>ich</strong> auch alle älter: „Weil das ja auch irgendwie<br />

vorgegeben ist: ja, da gehen ja lauter Alte.“<br />

Auch Frau T. kennt das Haussammeln aus nächster Nähe, näml<strong>ich</strong> weil ihre Schwiegermutter<br />

Haussammlerin ist. Im Unterschied von Frau S. kann sie ideell aber n<strong>ich</strong>t ganz hinter der<br />

Caritas stehen. Das Haussammeln ist bei ihr stark mit „Betteln“ assoziiert.<br />

„Das ist n<strong>ich</strong>t meins. Ich komm mir irgendwie vor, wie wenn <strong>ich</strong> wohin gehen würde betteln.<br />

Ich meine, für das Rote Kreuz sammeln, das könnte <strong>ich</strong> mir vorstellen, aber Caritas-Sammeln,<br />

<strong>ich</strong> weiß es n<strong>ich</strong>t, das ist n<strong>ich</strong>t meines.“ (Frau T.)<br />

Wenn sie n<strong>ich</strong>t zu den Leuten hingehen müßte, um persönl<strong>ich</strong> um Geld zu bitten, könnte sie<br />

s<strong>ich</strong> caritatives Engagement aber doch auch vorstellen:<br />

„Wenn <strong>ich</strong> jetzt zum Beispiel sag, <strong>ich</strong> stell m<strong>ich</strong> hin bei einem Flohmarkt und verkauf das für<br />

die Caritas, wo die Leute zu mir herkommen, ist mir das kein Problem. Weil da kommen die<br />

her, die sagen, sie brauchen et<strong>was</strong> oder sie tun et<strong>was</strong> für einen guten Zweck oder so. Da<br />

kommen einfach die Leute her, die daran interessiert sind und die das unterstützen möchten.<br />

Aber wenn <strong>ich</strong> wo hingehen müßte, wo <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t weiß, sind die dafür oder n<strong>ich</strong>t, das würde <strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t machen.“ (Frau T.)<br />

Frau U. meint, ihr liege es n<strong>ich</strong>t, von Tür zu Tür zu gehen. Außerdem stelle in ihrem<br />

konkreten Fall ihre Berufszugehörigkeit (sie arbeitet als Zahnärztin) eine Hemmschwelle dar.<br />

Zahnärzte hätten, <strong>was</strong> ihr Einkommen betrifft, n<strong>ich</strong>t den besten Ruf,<br />

„und wenn <strong>ich</strong> mir denk, dann geh <strong>ich</strong> noch Sammeln auch, dann paßt das irgendwie n<strong>ich</strong>t<br />

zusammen. Und da glaub <strong>ich</strong>, hätte es doch etl<strong>ich</strong>e negative Reaktionen gegeben, und das<br />

wollte <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t.“ (Frau U.)<br />

Welche Reaktionen befürchtet Frau U. in dieser Hins<strong>ich</strong>t? - „Ja, <strong>was</strong> kommt denn die daher?<br />

Die soll es selber spenden oder sonst irgend<strong>was</strong>“. 48<br />

Frau V. hatte damals, als sie gefragt worden war, ob sie s<strong>ich</strong> als Haussammlerin engagieren<br />

würde, aus Zeitgründen abgelehnt. Sie war zu dieser Zeit noch sehr in der Pfarre aktiv.<br />

Momentan hat sie s<strong>ich</strong> von der Arbeit in der Pfarre eher zurückgezogen, einfach aus dem<br />

Grund, weil s<strong>ich</strong> ihre Interessensschwerpunkte verlagert haben. An s<strong>ich</strong> hat sie kein Problem,<br />

auf Leute zuzugehen, und sie will auch n<strong>ich</strong>t prinzipiell ausschließen, daß sie niemals<br />

48 Die Vermutung, daß die Einkommenshöhe nur subjektiv ein Hemmnis darstellt, wird durch Herrn E.<br />

untermauert. Die Einkommenshöhe an s<strong>ich</strong> war in den Interviews kein Thema. Deshalb weiß <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t, wie<br />

hoch das Einkommen von Herrn E. war. Jedenfalls hatte er in einer bestimmten Phase des Haussammelns höhere<br />

politische Funktionen inne. Ob s<strong>ich</strong> das mit dem Haussammeln gespießt hätte, fragte <strong>ich</strong> ihn. „Nein, <strong>ich</strong> wüßte<br />

auch n<strong>ich</strong>t, warum s<strong>ich</strong> da <strong>was</strong> spießen sollte. Das wissen die Leute ja alles in einem kleinen Ort. Und die<br />

wissen, wer der Herr E. ist, da brauch <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t vorstellen. Da ist mir manches zugute gekommen“<br />

antwortete Herr E. und erzählte eine kleine Gesch<strong>ich</strong>te: „Mir fällt nur ein, wenn <strong>ich</strong> das sagen darf, meine Mutter<br />

ist 96 geworden, und <strong>ich</strong> bin in den letzten Jahren <strong>gern</strong>e mit ihr kleine Wege durch den Ort gegangen. Das haben<br />

die Leute so positiv aufgenommen: Mei, wie geht es denn mit der Mutter, Sie gehen so brav immer mit ihr<br />

spazieren.“<br />

Das heißt, es kann im Gegenteil auch sehr positiv aufgenommen werden, wenn Personen, die durch ihr<br />

Einkommen oder ihre gesellschaftl<strong>ich</strong>en Funktionen in einer höheren Position sind, durch ihr Handeln zeigen,<br />

daß sie s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t zu gut sind für <strong>was</strong> auch immer. Zudem erle<strong>ich</strong>tert der Umstand, daß man öffentl<strong>ich</strong> bekannt<br />

ist, auch die Aufnahme bei den Besammelten.<br />

Wenn die Funktion oder die Position, die man in einem Ort innehat, durch irgendwelche Gründe aber eher<br />

negativ besetzt ist (um ein Extrembeispiel zu nennen: wenn man den Ruf eines geizigen Höchstverdieners hat),<br />

dann provoziert dieser Umstand mit einiger Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit auch negative Reaktionen bei den Besammelten.<br />

Man darf natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t darüber hinwegsehen, daß das Haussammeln bei manchen oder in manchen Kreisen<br />

tatsächl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t sehr angesehen ist. Davon ber<strong>ich</strong>tete zum Beispiel eine Interviewpartnerin, deren Ehemann eine<br />

berufl<strong>ich</strong> hohe Position innehat, und dem anges<strong>ich</strong>ts der Tätigkeit seiner Frau manchmal et<strong>was</strong> unbehagl<strong>ich</strong><br />

zumute war. „Vielle<strong>ich</strong>t ist es auch ein bißchen eine Angst, ... die Klientel spr<strong>ich</strong>t m<strong>ich</strong> an und sagt: Was, deine<br />

Frau geht Caritas-Sammeln? Weil das Caritas-Sammeln hat natürl<strong>ich</strong> bei sehr vielen einen negativen Touch.“


82<br />

haussammeln gehen wird. Daß es aber viele Sachen gibt, die sie lieber macht, daraus macht<br />

sie kein Hehl:<br />

„Eine angenehme Tätigkeit ist es s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t. Und daß <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> überwinden muß, das ist auch<br />

klar. Weil auf Leute zugehen, auch können, und Kontakt aufnehmen können in angenehmer<br />

Atmosphäre ist et<strong>was</strong> anderes, als s<strong>ich</strong> vor die Tür zu stellen und um Geld bitten zu müssen<br />

für die Caritas.“ (Frau V.)<br />

Frau W. ist wie schon gesagt noch n<strong>ich</strong>t bezügl<strong>ich</strong> des Haussammelns gefragt worden. Ihre<br />

reservierte Haltung zu diesem Thema erklärt sie mit Angst und Unbehagen. Das Sammeln-<br />

Gehen wäre ihr „irgendwie peinl<strong>ich</strong>“, sie könne s<strong>ich</strong> außerdem n<strong>ich</strong>t so gut ausdrücken, sei<br />

n<strong>ich</strong>t so redegewandt, daß sie auf eventuelle Kritik von seiten der Besammelten angemessen<br />

reagieren könnte.<br />

„Ich glaub, <strong>ich</strong> würd m<strong>ich</strong> fürchten. Ich hab schon Schwierigkeiten beim Pfarrbrief-Austragen.<br />

Ich tu es, aber ..... Ich würde es einfach n<strong>ich</strong>t zusammenbringen, da wo hinzugehen und<br />

betteln. Also, <strong>ich</strong> empfinde es n<strong>ich</strong>t als betteln, wenn die Frau K. kommt zu mir. Aber<br />

irgendwo – <strong>ich</strong> könnte es n<strong>ich</strong>t. Nein.“ (Frau W.)<br />

Da sie der Autorität des Pfarrers schwer widerstehen kann, ist es n<strong>ich</strong>t auszuschließen, daß sie<br />

aber doch einmal Haussammlerin sein wird. Wenn s<strong>ich</strong> das auf ihr eigenes Wohngebiet<br />

beschränken würde, wäre es ihr weniger unangenehm, meint sie.<br />

„Weil da kennen m<strong>ich</strong> die Leute. Da wissen sie auch meine Einstellung. Und dann kann <strong>ich</strong><br />

ihnen auch sagen: Gut, <strong>ich</strong> geh ja n<strong>ich</strong>t für die katholische Kirche sammeln, sondern eben für<br />

einen guten Zweck. In meiner Siedlung ginge <strong>ich</strong> schon, wenn sie m<strong>ich</strong> fragen würden.“<br />

(Frau W.)<br />

Frau W. sieht im Gegensatz zu manch anderen (vgl. Frau A., Frau D, Frau T. und Frau V. in<br />

Kap.4.10) keinen Unterschied darin, ob man zu den Leuten geht und et<strong>was</strong> bringt (Pfarrblatt),<br />

oder ob man et<strong>was</strong> von ihnen will (Spenden). Das liegt daran, daß sie von dem, <strong>was</strong> sie bringt,<br />

eben n<strong>ich</strong>t ganz überzeugt ist.<br />

„Weil es ist mir auch eine Überwindung, das Pfarrblatt hinzubringen. Weil <strong>ich</strong> weiß, daß <strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t so sehr dazu steh. Ich glaub, da tät <strong>ich</strong> Caritas-Sammeln fast noch mit einem besseren<br />

Gewissen, weil da weiß <strong>ich</strong>, das bringt et<strong>was</strong>.“ (Frau W.)<br />

Daß es ihnen unangenehm sei, von Tür zu Tür zu gehen, „betteln“ oder „fechten“ zu gehen,<br />

sagen in irgendeiner Form alle fünf N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen. Das deckt s<strong>ich</strong> ganz mit den<br />

Wahrnehmungen der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en in Kapitel 3.7.. Zwei Frauen äußerten<br />

die Angst vor negativen Reaktionen bzw. die Uns<strong>ich</strong>erheit darüber, wie man diesen in<br />

konkreten Situationen begegnen soll oder kann. Genannt wurden außerdem Zeitmangel und<br />

die soziale Position innerhalb der Ortsgemeinschaft.<br />

4.12. Wo vermuten die SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen die<br />

Wurzel des Problems?<br />

Den SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen stellte <strong>ich</strong> dieselbe Frage wie den<br />

Hausammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en: Warum, glauben Sie, wird es immer schwieriger, neue<br />

SammlerInnen zu finden?<br />

Frau A. zieht als Begründung die allgemeine Krise des Ehrenamts heran. Die Menschen, die<br />

bereit seien, ehrenamtl<strong>ich</strong> et<strong>was</strong> zu tun, würden immer weniger.<br />

„Ein Beispiel: <strong>ich</strong> tu doch viel lieber radfahren, tu <strong>was</strong> für meinen Körper, als daß <strong>ich</strong><br />

haussammeln geh. Wieso soll <strong>ich</strong> das tun? Es fehlt auch mehr und mehr die religiöse<br />

Einstellung dazu.“ (Frau A.)


83<br />

Auch Frau S. kommt auf die Krise des Ehrenamts zu sprechen.<br />

„Daß man den Nächsten <strong>helf</strong>en will, das ist ja sowieso zieml<strong>ich</strong> am Boden. .... Der eigene<br />

Bere<strong>ich</strong> ist der W<strong>ich</strong>tigste. Ja, ICH, Hauptsache bei mir paßt alles, und mir geht es gut.“<br />

(Frau S.)<br />

Die Personen, die bereit sind, et<strong>was</strong> zu tun, seien immer dieselben. Das wüßten auch die<br />

Verantwortl<strong>ich</strong>en und würden diese Bereitschaft oft bis an die Belastbarkeitsgrenzen<br />

ausnutzen: „die eh schon irgendwo engagiert sind, die sollen auch noch das und das und das<br />

machen.“<br />

Ganz in diesem Sinne argumentiert auch Frau C.: Die Leute wollten lieber für s<strong>ich</strong> selber<br />

et<strong>was</strong> tun (zum Beispiel im Bere<strong>ich</strong> Gesundheit, Fitneß und Weiterbildung) als s<strong>ich</strong> für<br />

andere einzusetzen:<br />

„Die Ehrenämter sind ja allgemein rückläufig, n<strong>ich</strong>t nur bei uns in der Kirche. Man muß heute<br />

viel mehr andere Sachen machen, man muß mehr auf Urlaub fahren ....- <strong>ich</strong> glaub, das hat<br />

man früher n<strong>ich</strong>t so gemacht. Heute muß man s<strong>ich</strong> selbstverwirkl<strong>ich</strong>en und dieses und jenes,<br />

und wenn du dir anschaust, <strong>was</strong> die Kinder heute alles tun müssen, zum Beispiel. Das geht<br />

schon los im Kindergarten und setzt s<strong>ich</strong> halt fort. Und jeder glaubt, er versäumt irgendet<strong>was</strong>.“<br />

(Frau C.)<br />

Diese Entwicklung bemerkt sie aber n<strong>ich</strong>t nur bei den jüngeren Generationen, sondern auch<br />

die älteren Leute hätten s<strong>ich</strong> verändert:<br />

„Die Pensionisten sind natürl<strong>ich</strong> heute auch Leute, die nur mehr noch fortfahren wollen. Ja<br />

s<strong>ich</strong>er! Wenn <strong>ich</strong> mir denk, bei unseren Pensionisten – <strong>ich</strong> mein, sie sind eh fleißig auch zum<br />

Teil – aber <strong>was</strong> die alles unternehmen. ... Das war vielle<strong>ich</strong>t vor ein paar Jahren noch n<strong>ich</strong>t so<br />

kraß. Daß auch diese Leute, die ja glaub <strong>ich</strong> diese Sammlertätigkeit hauptsächl<strong>ich</strong> machen,<br />

daß die so mobil sind und so viel unternehmen.“ (Frau C.)<br />

Eine n<strong>ich</strong>t unbedeutende Rolle spielen auch die veränderten gesellschaftl<strong>ich</strong>en Umstände.<br />

„Hat vielle<strong>ich</strong>t auch mehr Hausfrauen gegeben früher. Die gibt es heute n<strong>ich</strong>t mehr. Und man<br />

hat dann doch vormittag et<strong>was</strong> erledigt schnell, zum Beispiel Ämter-Fahren für andere und<br />

solche Sachen..... Das kann man s<strong>ich</strong> aber heute n<strong>ich</strong>t mehr leisten scheinbar, in unserer<br />

Wohlstandsgesellschaft.“ (Frau C.)<br />

Die Jungen seien heute alle so „drawig“, sie würden s<strong>ich</strong> kaum mehr Zeit für Ehrenamtl<strong>ich</strong>es,<br />

Unentgeltl<strong>ich</strong>es nehmen. Letztendl<strong>ich</strong> sei dies aber weniger auf die tatsächl<strong>ich</strong> verfügbare<br />

Zeit als auf die innere Einstellung zurückzuführen.<br />

„Ja, wir waren zwar auch drawig,.... <strong>ich</strong> hab auch damals 4 Kinder gehabt und den Betrieb und<br />

wir haben uns trotzdem die Zeit genommen. Aber es ist heute n<strong>ich</strong>t mehr so die Überzeugung<br />

da, glaub <strong>ich</strong>.“ (Frau C.)<br />

Schließl<strong>ich</strong> sei es aber auch vielen einfach unangenehm, jemanden um Geld zu bitten.<br />

Frau B. glaubt, daß die Schwierigkeit, neue SammlerInnen zu finden, ihre Wurzel in einem<br />

Generationenproblem hat. Im Gegensatz zu den Menschen ihrer Generation (sie selbst ist 70<br />

Jahre alt), wären die Jüngeren kaum mehr bereit, et<strong>was</strong> unentgeltl<strong>ich</strong> oder ehrenamtl<strong>ich</strong> zu<br />

tun: „Der Idealismus oder das fehlt“:<br />

„Das sieht man heute, der Herr M. hat so viel getan, hat alles umsonst gemäht rund um den<br />

Pfarrhof. Und der es jetzt macht, der verlangt 100 Schilling in der Stunde. Der macht das n<strong>ich</strong>t<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong>. Das hört s<strong>ich</strong> alles auf. Auch im Seniorenbund: Ja, <strong>was</strong> krieg <strong>ich</strong>? Wenn <strong>ich</strong><br />

jetzt das und das hinfahre oder zustelle, <strong>was</strong> krieg <strong>ich</strong>? Und so ist es beim Caritas-Sammeln<br />

glaub <strong>ich</strong> auch. Vielle<strong>ich</strong>t kriegen wir doch einmal 10 % (LACHT).“ (Frau B.)<br />

Eine mögl<strong>ich</strong>e Erklärung für diesen Einstellungsunterschied liefert Frau B. auch gle<strong>ich</strong> mit:<br />

„Gut, als alter Mensch freust du d<strong>ich</strong> mehr, wenn du n<strong>ich</strong>t auf das Abstellgleis gestellt wirst,<br />

sondern gebraucht wirst, oder du wirst da noch eingesetzt. Was bei den Jungen n<strong>ich</strong>t ist, weil<br />

die haben ja andere Sachen, die sie machen können oder möchten.“ (Frau B.)


84<br />

Ähnl<strong>ich</strong> denkt auch Frau W.:<br />

„Die Leute wollen s<strong>ich</strong> im allgemeinen nimmer mehr so engagieren für öffentl<strong>ich</strong>e,<br />

unentgeltl<strong>ich</strong>e Einr<strong>ich</strong>tungen. Die jüngeren Leute werden einfach selbstsüchtiger, möchte <strong>ich</strong><br />

sagen. ... Jeder Verein hat diese Probleme, jeder caritative Verein hat diese Schwierigkeiten,<br />

daß die jungen Leute einfach um Gottes Lohn n<strong>ich</strong>t mehr bereit sind, et<strong>was</strong> zu tun. Sie wollen<br />

<strong>was</strong> sehen, sie wollen et<strong>was</strong> gezahlt kriegen, sie wollen zumindest am Ende vom Jahr einen<br />

Ausflug machen. Aber für n<strong>ich</strong>ts ....“ (Frau W.)<br />

Für die Jüngeren sei es aber auch schwieriger, haussammeln zu gehen:<br />

„Die alten Leute kennen den Sprengel noch, wo sie sammeln gehen. Die haben auch n<strong>ich</strong>t das<br />

Problem, daß sie sie hinausschmeißen. Weil sie eben bekannt sind. Die jüngeren Leute kennen<br />

vielle<strong>ich</strong>t die Leute nimmer mehr. Bei den älteren Leuten, die man kennt, gibt man schon <strong>was</strong><br />

her. Wenn <strong>ich</strong> es n<strong>ich</strong>t wegen der Caritas hergib, dann geb <strong>ich</strong> es wegen dem Herrn E. her,<br />

weil <strong>ich</strong> ihn kenne. Wenn aber so ein junges Mädchen daher kommt, die <strong>ich</strong> überhaupt n<strong>ich</strong>t<br />

kenne, bin <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t so bereit. Und sehr viele werden sagen: Nein. Ich hab eh einen<br />

Erlagschein da. Die kommt mir gar n<strong>ich</strong>t herein. Und <strong>ich</strong> glaub, das fürchten auch die jün<strong>gern</strong><br />

Leute.“ (Frau W.)<br />

Frau T. vermutet, daß vielle<strong>ich</strong>t mehr Menschen ähnl<strong>ich</strong>e Vorbehalte wie sie selber haben,<br />

daß wie ihr auch den meisten anderen das „Betteln“ unangenehm ist.<br />

Dasselbe gibt auch Frau F. als mögl<strong>ich</strong>e Ursache an: „weil eben viele das Betteln dann n<strong>ich</strong>t<br />

mögen“.<br />

Frau D. meint, daß s<strong>ich</strong> einfach auch die Prioritäten verschoben haben. Was man früher in<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong>es Engagement investiert hat (und vielle<strong>ich</strong>t oft gar n<strong>ich</strong>t so sehr als Arbeit,<br />

sondern als Freizeitgestaltung empfunden hat, z.B. Aktivitäten im Rahmen der Freiwilligen<br />

Feuerwehr, der örtl<strong>ich</strong>en Musikkapelle u.ä.), sei jetzt mit individuellen, privaten Aktivitäten<br />

ausgefüllt.<br />

„Weil sie einfach alle in Punkto Zeit so verstellt sind. Beruf, dann Freizeit, also das ist ja so<br />

groß geschrieben, weil wer n<strong>ich</strong>t joggt oder wer n<strong>ich</strong>t Tennis spielt oder wer n<strong>ich</strong>t sonst einen<br />

Sport betreibt, der ist es einfach n<strong>ich</strong>t.“ (Frau D.)<br />

Für Frau U. liegt die Ursache im Unbehagen, das die Vorstellung vom Haussammeln bei<br />

vielen Menschen auslöst. Die Leute würden zudem immer weniger einsehen, warum sie für<br />

andere et<strong>was</strong> machen sollen.<br />

„Weil es, glaub <strong>ich</strong>, wirkl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>t ist, anzuläuten und um Geld zu bitten ... insbesondere<br />

in der heutigen Zeit, wo die Gemeinschaft n<strong>ich</strong>t so groß geschrieben ist, wo eher jeder sein<br />

eigenes Süppchen kocht, und jeder dem anderen sowieso alles neidig ist.... In dieser Zeit ist es<br />

glaub <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>t, daß man anläutet und sagt, <strong>ich</strong> möchte <strong>was</strong>, und <strong>ich</strong> möchte Geld vor<br />

allem haben. (...)<br />

Ich glaub, der Zusammenhalt ist im Moment unter den Leuten n<strong>ich</strong>t so groß. Weil es uns, ganz<br />

banal gesagt, zu gut geht. Der kommt erst wieder, wenn’s uns n<strong>ich</strong>t so gut geht. Das ist eine<br />

ganz normale, natürl<strong>ich</strong>e menschl<strong>ich</strong>e Reaktion auf die Umstände, und auf den Wohlstand,<br />

kann man sagen.“ (Frau U.)<br />

Frau V. sieht den Hauptgrund für die Schwierigkeit der Sammlernachbesetzung in der Angst<br />

vor mögl<strong>ich</strong>en unfreundl<strong>ich</strong>en Reaktionen von seiten der Besammelten, der Angst vor<br />

mögl<strong>ich</strong>en negativen Erfahrungen.<br />

„Das glaub <strong>ich</strong> schon, daß der Hauptgrund das ist, von Tür zu Tür zu gehen, zu läuten, dann<br />

womögl<strong>ich</strong> eine Abfuhr zu bekommen, von oben herab behandelt zu werden, daß über die<br />

Caritas geschimpft wird ... Und das werden relativ viele sein. Schon die Demütigung in dem<br />

Sinn. Und <strong>was</strong> noch der Fall ist: Angst, in eine fremde Situation zu kommen. Weil es ist ja<br />

n<strong>ich</strong>t so einfach, daß <strong>ich</strong> jetzt irgendwo anläute, und tritt mir eine fremde Person entgegen, die<br />

dann noch womögl<strong>ich</strong> unhöfl<strong>ich</strong> ist und mir ein Mundwerk anhängt. Wie wenn <strong>ich</strong> es für m<strong>ich</strong><br />

selber machen würde. Aber <strong>ich</strong> mach es ja n<strong>ich</strong>t für m<strong>ich</strong> selber...... Also diese Angst immer


85<br />

wieder, in den zwischenmenschl<strong>ich</strong>en Begegnungen gedemütigt zu werden, beschimpft auch<br />

zu werden.“ (Frau V.)<br />

Wie bei den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en in Kapitel 3.10. waren auch hier die Antworten<br />

auf die Frage nach der Wurzel des Problems sehr vielsch<strong>ich</strong>tig. Als Ursachen wurden<br />

vermutet: die allgemeine Krise des Ehrenamts, der zunehmende Egoismus oder<br />

Egozentrismus, die veränderte Erwerbssituation der Frauen, die sinkende Religiosität, der<br />

sinkende gesellschaftl<strong>ich</strong>e oder gemeinschaftl<strong>ich</strong>e Zusammenhalt, der sinkende Idealismus,<br />

die unterschiedl<strong>ich</strong>en Werthaltungen der Generationen, die Angst vor negativen Reaktionen,<br />

das „Unangenehme“ des Um-Geld-Bittens an s<strong>ich</strong>.<br />

Exkurs 4: Wo sieht die Literatur die Ursachen für die Krise des<br />

Ehrenamts?<br />

Nach einer aktuellen Studie von Badelt/Hollerweger (2001) ist die Ehrenamtl<strong>ich</strong>keit in<br />

Österre<strong>ich</strong> gegenüber der letzten Datenerfassung im Jahr 1982 durch einen massiven<br />

Rückgang gekennze<strong>ich</strong>net. Das betrifft vor allem die Bere<strong>ich</strong>e Nachbarschaftshilfe und<br />

soziale Dienste. Bei religiösen Diensten ist der Anteil an Ehrenamtl<strong>ich</strong>en seit 1982 aber<br />

gestiegen (vgl. Badelt/Hollerweger, 2001, S. 7). Nun könnte man natürl<strong>ich</strong> an dieser Stelle<br />

abbrechen und die Frage nach den Gründen für die Krise des Ehrenamts als unerhebl<strong>ich</strong><br />

erklären, weil es im religiösen Bere<strong>ich</strong> (und dazu zählt schließl<strong>ich</strong> die Haussammlung)<br />

anscheinend keine gibt. Da die allgemeine Krise des Ehrenamts aber von vielen<br />

InterviewpartnerInnen als Begründung für die Schwierigkeit der Sammlernachbesetzung<br />

vorgebracht wurde, ist es gerechtfertigt, ein paar Beispiele aus der einschlägigen Literatur<br />

zu zitieren.<br />

Gisela Notz attestiert den Verbänden, in denen ehrenamtl<strong>ich</strong>e Arbeit organisiert ist, eine<br />

Tendenz zur Überalterung. Neue, jüngere Mitglieder seien kaum zu finden. Das sei<br />

zumindest in den Bere<strong>ich</strong>en der Fall, bei denen es s<strong>ich</strong> um Arbeiten handelt, die Züge des<br />

sogenannten traditionellen Ehrenamts aufweisen, also et<strong>was</strong> für andere tun, et<strong>was</strong><br />

(uneigennützig) an andere abgeben (vgl. Notz, 1999, S. 20f.).<br />

Folgende gesellschaftl<strong>ich</strong>e Entwicklungen würden nach Notz dafür verantwortl<strong>ich</strong><br />

gemacht:<br />

• die zunehmende Individualisierung 49 ,<br />

• die veränderten Ansprüche der Fun-Generation,<br />

• der Wertewandel hin zu „hedonistischen Moralen“,<br />

• der Bedeutungsverlust traditioneller Gemeinschaften (wie Familie, Nachbarschaft,<br />

Kirchengemeinde, Verbände, Vereine) und<br />

• der Zerfall gewachsener sozialer Netzwerke. (vgl. ebd., S. 22f.)<br />

49 Ein Ausdruck dieser Individualisierung ist, daß immer mehr Menschen „ihre Kugel alleine schieben“ wollen.<br />

Dieses Bowling-alone-Phänomen (so benannt nach Robert Putnam) bereitet auch Wirtschaftsexperten Sorgen.<br />

Eine auf individuelle Durchsetzungsfähigkeit und Konkurrenz gebaute Gesellschaft würde s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t nur auf das<br />

Zusammenleben, sondern auch auf jede Art von Unternehmung verheerend auswirken. Die w<strong>ich</strong>tigsten<br />

Qualifikationen für die Zukunft seien Phantasie, Kreativität, Reflexionsfähigkeit, Gemeinschaftsfähigkeit und<br />

die Fähigkeit zu gemeinsamen Visionen. Diese Zukunftsqualifikationen würden in erster Linie in der Familie<br />

gelernt – aber auch die sei in der Krise. Frauen verlassen die Familiennester, traditionelle Familienbande reißen,<br />

der Wunsch nach Teilnahme an der gesellschaftl<strong>ich</strong> organisierten Arbeit steigt. Und diese Krise sei schuld, daß<br />

die jungen Menschen hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> dieser Zukunftsqualifikationen schlecht ausgebildet seien (vgl. Notz, 1999, S.<br />

14).


86<br />

Gudrun Born argumentiert in ähnl<strong>ich</strong>er Weise: Man würde heute von einem Wandel<br />

bürgerl<strong>ich</strong>er Werte (Pfl<strong>ich</strong>terfüllung, Selbstdisziplin, Opferbereitschaft) hin zu<br />

Genußwerten (Selbstverwirkl<strong>ich</strong>ung, Selbstbestätigung, Freude an der Arbeit) sprechen.<br />

Dies gelte für das Privatleben, für die Berufswelt und aber besonders dort, wo s<strong>ich</strong> jemand<br />

unentgeltl<strong>ich</strong> einsetzen will oder soll (vgl. Born, 1994, S. 91). Insgesamt würde in unserer<br />

Gesellschaft das Bewußtsein, daß es eine allgemeine Bürgerverpfl<strong>ich</strong>tung zu<br />

gegenseitigem Beistand gibt, immer mehr verkümmern „und das – seien wir ehrl<strong>ich</strong> - auch<br />

in unseren Kerngemeinden“ (ebd., S. 93).<br />

Da der Großteil der Freiwilligen (näml<strong>ich</strong> 85%) Frauen sind, muß man, wenn man über die<br />

Zukunft des Ehrenamts redet, über die veränderte Einstellung von Frauen nachdenken (vgl.<br />

ebd., S. 91).<br />

„Bereits die heute 45jährigen sind mit den Regeln eines demokratischen<br />

Gemeinwesens aufgewachsen. Folgl<strong>ich</strong> haben s<strong>ich</strong> ihre Ideale, Lebensformen und<br />

Wertvorstellungen (gemessen an der Generation zuvor) drastisch gewandelt. Sie sind<br />

informierter, besser ausgebildet und selbstbewußter. Heute kommen die im<br />

Sozialbere<strong>ich</strong> tätigen Ehrenamtl<strong>ich</strong>en – im Gegensatz zu früher – eher aus der unteren<br />

Mittelsch<strong>ich</strong>t, und die, die s<strong>ich</strong> hier engagieren – Erwerbstätige ebenso wie<br />

Familienfrauen – stehen mit beiden Beinen im Leben. Sie erleben rundum, wie rasch<br />

man ohne eigenständige Existenzs<strong>ich</strong>erung in Bedrängnis gerät. Sie wissen, daß<br />

unreflektierte Selbstlosigkeit Altersarmut geradezu vorprogrammiert“. (ebd., S. 91)<br />

Denjenigen, die behaupten, die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen sei die Ursache<br />

rückläufiger Hilfsbereitschaft, rät Born, Ursachen und Auswirkungen auseinanderzuhalten:<br />

„Gerade Frauen, die jahrelang auf eigenes Einkommen verz<strong>ich</strong>teten und neben<br />

Kindererziehung und Hausarbeit mit hohem Zeitanteil freiwillig tätig waren, mußten<br />

erfahren, welche verheerenden wirtschaftl<strong>ich</strong>en Auswirkungen das haben kann (im<br />

Alter, nach einer Scheidung, bei Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, eigener<br />

oder der des Partners). Und diese Erfahrungen geben sie ganz bewußt an die jüngere<br />

Generation weiter, besonders an ihre Töchter.“ (Born, 1995, S. 31)<br />

Hinzu kommt, so Born, daß soziales Engagement eher ein Negativimage hat:<br />

„Keine andere Gruppe von Ehrenamtl<strong>ich</strong>en muß s<strong>ich</strong> so häufig verdächtigen und<br />

hinterfragen lassen wie diese: Sie haben ein ,Helfersyndrom’ mutmaßen Aufgeklärte;<br />

sie verhindern Arbeitsplätze und sozialen Fortschritt, behaupten Progressive; sie<br />

ersetzen echte Religiosität durch sozialen Aktionismus, argwöhnen Konservative“<br />

(Born, 1994, S. 93).<br />

Von einem allgemein geschwächten Willen zur Kooperation in unserer Gesellschaft spr<strong>ich</strong>t<br />

Thomas Lickona. Dahinter stünde „eine moralische Krankheit: das Fehlen eines<br />

Gemeinschaftsgefühls, eines Gefühls für Bindungen an oder Verbindungen mit anderen<br />

Menschen“ (Lickona, 1983, S. 177) 50 .<br />

50 Thomas Lickona bezieht s<strong>ich</strong> in seinem Aufsatz „Kooperation als Ziel und Methode moralischer Erziehung“<br />

zwar n<strong>ich</strong>t dezidiert auf das Ehrenamt, seine Ausführungen zur Kooperation passen aber sehr wohl auch zu<br />

unserer Frage. Er umschreibt Kooperation folgendermaßen:<br />

„Kooperation verlangt ganz klar n<strong>ich</strong>t nur, daß wir anderen mögl<strong>ich</strong>st n<strong>ich</strong>t schaden, sondern daß wir<br />

positive Schritte unternehmen, die dem menschl<strong>ich</strong>en Wohlergehen entgegenstehenden Bedingungen zu<br />

verhindern oder abzuschaffen. Eine solche Kooperation kann die Gestalt gemeinsamer Arbeit für ein<br />

gemeinsames Ziel annehmen (z.B. bei Ehepartnern, die s<strong>ich</strong> um ihr wechselseitiges Glück bemühen),<br />

oder sie kann s<strong>ich</strong> dergestalt äußern, daß eine Person einer anderen hilft, ohne daß eine Gegenleistung<br />

zu erwarten ist (wenn z.B. ein Re<strong>ich</strong>er einem Armen et<strong>was</strong> gibt). Individuelle altruistische Handlungen<br />

konstituieren, auch wenn sie zeitl<strong>ich</strong> und räuml<strong>ich</strong> getrennt sind, eine uns<strong>ich</strong>tbare Partnerschaft zur<br />

Schaffung einer humanen Umwelt, in der die Menschen ein angemessenes Verantwortungsgefühl<br />

füreinander haben.“ (Lickona, 1983, S. 177)


87<br />

Zulehner/Denz/Pelinka/Tálos diagnostizieren unserer Gesellschaft einen latenten<br />

Solidaritätsmangel. In Zeiten des Überflusses kann ein solcher Solidaritätsmangel<br />

verborgen bleiben, aber inzwischen sei dieser zum herausragenden (sozial)politischen<br />

Problem geworden. Äußern würde s<strong>ich</strong> dieser Mangel in der „Privatisierung von Glück<br />

und Unglück“. In ihren kulturdiagnostischen Studien stellten sie eine hohe Zustimmung zu<br />

Aussagen wie „Jeder soll seine Probleme selbst lösen“ (72%) oder „W<strong>ich</strong>tig ist, daß der<br />

Mensch glückl<strong>ich</strong> wird, wie, das ist seine Sache“ (58%) fest. (vgl.<br />

Zulehner/Denz/Pelinka/Tálos, 1997, S. 211).<br />

Nach Badelt/Hollerweger dürfte die allgemeine Krise des Ehrenamts konkret auf die Caritas-<br />

Haussammlung bezogen als Problemursache eine untergeordnete Rolle spielen. Egoismus und<br />

Egozentrismus, Selbstverwirkl<strong>ich</strong>ung und individuelles Streben nach Glück und schönen,<br />

aufregenden, interessanten Erlebnissen spielen zwar heute eine ungle<strong>ich</strong> größere Rolle als<br />

vermutl<strong>ich</strong> jemals zuvor 51 , gle<strong>ich</strong>zeitig sind aber auch viele Menschen nach wie vor bereit,<br />

Verantwortung zu übernehmen und s<strong>ich</strong> für soziale Anliegen zu engagieren. Letzteres trifft<br />

insbesondere auf Menschen zu, die ein Nahverhältnis zu Pfarre und Kirche haben. Dasselbe<br />

läßt s<strong>ich</strong> auch über andere von meinen InterviewpartnerInnen 52 vorgebrachte Begründungen<br />

sagen. Die Kehrseiten des Individualismus, näml<strong>ich</strong> Anonymität, Vereinzelung, Verlust von<br />

Gemeinschaftssinn und Bindungen u.ä. werden vielfach beklagt, rufen aber auch<br />

Gegenbewegungen hervor. Daß schließl<strong>ich</strong> Werte wie Nächstenliebe, Idealismus, Religiosität<br />

heute weniger Stellenwert haben als gestern (sagen wir vor 20 Jahren) stimmt vermutl<strong>ich</strong> zum<br />

Teil, s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> aber n<strong>ich</strong>t ausschließl<strong>ich</strong>.<br />

Bestimmteres läßt s<strong>ich</strong> über Tendenzen sagen, die s<strong>ich</strong> statistisch belegen lassen. Es ist ein<br />

Faktum, daß die Erwerbstätigkeit von Frauen gestiegen ist. Die Frage, wieviel Anteil diese<br />

Tatsache an der allgemeinen Rückläufigkeit des Ehrenamts hat, würde <strong>ich</strong> im Sinne von<br />

Gudrun Born beantworten (siehe oben). Konkret auf die Haussammlung bezogen, glaube <strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t, daß die gestiegene Frauenerwerbstätigkeit einen bedeutenden Grund für die<br />

Schwierigkeit, neue SammlerInnen zu finden, darstellt.<br />

Die Annahme, daß die Verbundenheit mit der Kirche im Abnehmen begriffen ist, läßt s<strong>ich</strong><br />

durch die große Zahl an Kirchenaustritten belegen. Daß ein damit in Zusammenhang<br />

stehender Mangel an Zugehörigkeits- und Gemeinschaftsgefühl die Ausgangsbedingungen für<br />

das Finden von neuen SammlerInnen erschwert, würde <strong>ich</strong> bejahen.<br />

Die übrigen von meinen InterviewpartnerInnen genannten Gründe beziehen s<strong>ich</strong> auf das<br />

Haussammmeln selbst. Es handelt s<strong>ich</strong> dabei hauptsächl<strong>ich</strong> um die Angst vor negativen<br />

Reaktionen und darum, daß es als unangenehm erlebt werde, von Tür zu Tür zu gehen und um<br />

Geld zu bitten bzw. „betteln“ zu gehen. Die Ergebnisse dieser Studie lassen den Rückschluß<br />

zu, daß diese unangenehmen Seiten des Haussammelns den Hauptgrund für die Schwierigkeit<br />

der Sammlernachbesetzung darstellen.<br />

51 Vergle<strong>ich</strong>e dazu Gerhard Schulze: „Es ist der Anspruch auf ein schönes, interessantes, intensives Leben, der in<br />

unserer Gesellschaft n<strong>ich</strong>t weniger rigide den Ton angibt, als man es seit 1968 mit überlegenem Lächeln der<br />

traditionellen Moral unterstellt. Aber die Inbrunst, mit der man heute ,Tu, <strong>was</strong> du willst’ skandiert, ist ebenfalls<br />

Moral – mit starken Tendenzen zur Verbürgerl<strong>ich</strong>ung. Um zu erkennen, welcher Konformismus im Vorzeigen<br />

des Nonkonformismus steckt, welche Fixierung in der Behauptung von Ungebundenheit, genügt es, eine<br />

Illustrierte durchzublättern, eine Talkshow anzusehen, Kontaktanzeigen zu studieren“. (Schulze, 1995, S. 56)<br />

52 Hier beziehe <strong>ich</strong> die Begründungen, die die Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en in Kapitel 3.10 genannt haben,<br />

mit ein.


88<br />

4.12.1. „Betteln“<br />

Daß das Haussammeln mit „Betteln“ assoziiert wird, ist in den bisherigen Interviewzitaten<br />

schon mehrmals vorgekommen - Zeit also, dem ein eigenes Kapitel zu widmen.<br />

Gle<strong>ich</strong> vorweg: N<strong>ich</strong>t alle InterviewpartnerInnen empfinden das Haussammeln als Betteln.<br />

Die Mehrzahl der SammlerInnen hat diese Gedankenverbindung n<strong>ich</strong>t (– wohl auch deshalb,<br />

weil es psychologisch einer Selbstabwertung gle<strong>ich</strong>käme, wenn man einen Dienst, den man<br />

ausübt, negativ besetzt). Dazu gehören die SammlerInnen Frau A., Frau B., Herr E. und<br />

Frau C. Letztere meint dazu.<br />

„Ich meine, wir sind in der Feuerwehr auch tätig, und da sind wir das einfach gewohnt. Da<br />

brauchen wir auch Geld, und da machen wir auch Dinge, wo Geld hereinkommt. So gesehen<br />

haben wir da eine gewisse Routine. Ich meine, um Geld zu bitten, ist s<strong>ich</strong>er keine angenehme<br />

Tätigkeit ... - heute sowieso, weil die meisten mit dem Bargeld auch Probleme haben.“ (Frau<br />

C.)<br />

Frau A.. wehrt ebenfalls ab:<br />

„Ich geh ja n<strong>ich</strong>t betteln für m<strong>ich</strong>. Die Caritas ist ja n<strong>ich</strong>t <strong>was</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> erst aufbauen muß, das<br />

ist ja eine weltweit bekannte Organisation. Und jede Institution muß von irgendet<strong>was</strong> leben<br />

und erhalten werden, und sie können n<strong>ich</strong>ts geben, wenn n<strong>ich</strong>ts hereinkommt. Die Feuerwehr<br />

kann auch n<strong>ich</strong>t existieren, wenn sie n<strong>ich</strong>ts kriegen und wenn sie n<strong>ich</strong>ts roboten.“ (Frau A.)<br />

Die übrigen zwei Sammlerinnen verwendeten das Wort „betteln“ demgegenüber schon für<br />

s<strong>ich</strong>. Frau F. war nach eigenen Worten die „Bettlerei“ am Anfang „schon ein wenig<br />

unangenehm“. Ihr ist auch von anderen Pfarrgemeinderäten bekannt, daß sie diese<br />

Gedankenverbindung herstellen: „Eine hat gesagt vom Pfarrgemeinderat: ,Nein, wenn es n<strong>ich</strong>t<br />

unbedingt sein muß, dann melde <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Weil das ist halt so,... naja, eine Bettlerei<br />

praktisch’.“<br />

Ähnl<strong>ich</strong> geht es Frau D.. Auch sie empfindet das Geld-Einsammeln als unangenehm.<br />

„Ja, daß man ein Geld verlangt. Ich meine, wenn <strong>ich</strong> von jemandem Zeit verlangen würde, wär<br />

es mir vielle<strong>ich</strong>t fast genauso unangenehm. Wenn <strong>ich</strong> sag: Du, hilf uns! .. vielle<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t ganz<br />

so wie wenn <strong>ich</strong> sag: Du, gib uns 500 Schilling.“ (Frau D.)<br />

Unangenehm an s<strong>ich</strong> ist dabei die Tatsache, daß man vom anderen et<strong>was</strong> will, daß man s<strong>ich</strong><br />

aufdrängt in einem gewissen Sinne. Gerade deswegen, näml<strong>ich</strong> um dieses Gefühl des<br />

Aufdringl<strong>ich</strong>-Seins abzuschwächen, ist die Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit so w<strong>ich</strong>tig. Es ist Frau D.<br />

eine Erle<strong>ich</strong>terung, daß die Haussammlung im Rundfunk, auf Plakaten und in der Pfarrzeitung<br />

angekündigt wird, und außerdem erklärt wird, wozu sie dient.<br />

„Die Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit von der Caritas hat s<strong>ich</strong>er einen ganz hohen Stellenwert. (...) Und<br />

auf jeden Fall wissen die Leute, es ist die Caritas und es ist notwendig und es wird auch <strong>was</strong><br />

getan damit.“ (Frau D.) 53<br />

Die Meinung der N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen zu diesem Thema ist durchwegs gle<strong>ich</strong>lautend. Alle<br />

nennen den Aspekt des Bettelns in irgendeiner Form (vgl. oben, Kap.4.11.1).<br />

Für Frau U. ist das Betteln in gewisser Weise kirchl<strong>ich</strong>e Tradition:<br />

„Das ist glaub <strong>ich</strong> jeden Sonntag in der Kirche. Das empfindet man manchmal genauso als<br />

ärgerl<strong>ich</strong>, wenn es wieder heißt: für das wird gesammelt und für das wird gesammelt. Das ist<br />

glaub <strong>ich</strong> -- ja, kirchl<strong>ich</strong>e Tradition tät <strong>ich</strong> es fast schon umschreiben 54 “. (Frau U.)<br />

Ein Unterschied zu den Kirchensammlungen besteht aber insofern, als dabei die Institution,<br />

die dahintersteht, näml<strong>ich</strong> die Kirche, ganz offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> und präsent ist – schon allein durch<br />

den Raum (die Kirchengemäuer), innerhalb dessen sie stattfinden. Beim Haussammeln geht<br />

man hingegen als einzelner Mensch, als Privatmensch, und zwar zu einzelnen Menschen,<br />

Privatmenschen hin. Die Institution, die hinter dem Sammler/der Sammlerin steht, ist n<strong>ich</strong>t im<br />

53 vgl. dazu auch Kap.3.11<br />

54 Damit hat sie recht, vgl. Kap.1.1.


89<br />

selben Ausmaß spürbar wie in der Kirche. Auf der anderen Seite ist auch der oder die<br />

Besammelte n<strong>ich</strong>t durch eine mehr oder weniger anonyme Masse geschützt. Daß s<strong>ich</strong> der<br />

Haussammler/die Haussammlerin an einzelne konkrete Personen wenden muß, und dies noch<br />

dazu allein, macht s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> einen Gutteil des Unbehagens beim Sammeln aus.<br />

Frau T. bringt noch einen anderen Aspekt in die Diskussion ein 55 . Sie meint:<br />

„Das kommt mir irgendwie wie Betteln vor. Wie wenn <strong>ich</strong> für m<strong>ich</strong> betteln gehen würde.“<br />

(Frau T.)<br />

Indem man jemanden um et<strong>was</strong> bittet, schlüpft man selber in eine bedürftige Rolle – und s<strong>ich</strong><br />

bedürftig vorzukommen oder auch nur zu befürchten, daß andere einen als solches ansehen,<br />

kann s<strong>ich</strong> auf das Selbstbewußtsein der Betreffenden negativ auswirken. Anders ist es<br />

hingegen, wenn man et<strong>was</strong> anbietet, zum Beispiel – wie Frau T. vorgeschlagen hat - für die<br />

Caritas einen Flohmarkt veranstaltet. In diesem Fall würden die anderen zu einem kommen,<br />

die anderen et<strong>was</strong> von einem wollen. Das Selbstbewußtsein, das Selbstwertgefühl blieben<br />

unangetastet.<br />

Daß es wiederum peinl<strong>ich</strong> ist, s<strong>ich</strong> als bedürftig zu erleben, dürfte damit zusammenhängen,<br />

daß wir in einer Gesellschaft leben, die die Unabhängigkeit zum Ideal erhoben hat. Ansprüche<br />

auf Originalität, Individualismus, Nonkonformismus, Ungebundenheit etc. tun das ihre dazu,<br />

dieses Ideal zu stützen. Jeder ist n<strong>ich</strong>t nur für s<strong>ich</strong> selbst, sondern auch für sein Glück oder<br />

Unglück verantwortl<strong>ich</strong>, jemanden zu brauchen, wird als Schwäche angesehen.<br />

Indem man für Bedürftige et<strong>was</strong> erbittet, begibt man s<strong>ich</strong> selbst – wenn auch nur<br />

stellvertretend – auf die Ebene der Bedürftigen. Dazu kommt noch, daß die Armut selbst<br />

et<strong>was</strong> ist, <strong>was</strong> man nur allzu <strong>gern</strong>e verdrängen möchte 56 . Armut hat et<strong>was</strong> Peinl<strong>ich</strong>es an s<strong>ich</strong>.<br />

Wenn man s<strong>ich</strong> zu viel damit befaßt, könnte das auf einen selber übergreifen, so die<br />

irrationale Angst dahinter. Armut „klebt“:<br />

„Wer s<strong>ich</strong> professionell mit Armut beschäftigt, an dem bleibt immer et<strong>was</strong> kleben. Die<br />

Einkommen von Sozialarbeitern sind kaum zu vergle<strong>ich</strong>en mit denen von Anwälten,<br />

Maklern, Bankern; und auch die ‚Armutsforscher’ gehören eher zu den<br />

Schmuddelkindern des Wissenschaftsbetriebs, wobei s<strong>ich</strong> hier s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> zwei Dinge<br />

verstärken: die gesellschaftl<strong>ich</strong>e Weigerung, anzuerkennen, daß Armut überhaupt ein<br />

bedeutsames, und das heißt immer auch: förderungswürdiges Thema der Forschung<br />

ist; und das Thema selbst, das abfärbt, wenig attraktiv ist und über keinen<br />

Unterhaltungswert verfügt.“ (Freyberg, 1995, S. 31)<br />

Für die ältere Generation scheint diese Konnotation weniger Rolle zu spielen. In zwei<br />

Interviews kam es zu Diskussionen über diesen Aspekt. Demnach deutet einiges darauf hin,<br />

daß das Erleben der Kriegszeit und/oder Nachkriegszeit n<strong>ich</strong>t unwesentl<strong>ich</strong> dafür ist, wie<br />

„Armut“ und „Betteln“ besetzt sind. Im Krieg und in der Nachkriegszeit war Armut et<strong>was</strong>,<br />

das n<strong>ich</strong>t nur eine Minderheit, sondern die Mehrheit betraf. Frau B. erzählt von ihrer<br />

Schulzeit:<br />

„Der Lindner-Bub hat halt einen Apfel und ein Butterbrot mitgehabt, und die anderen Kinder<br />

vom Ort haben n<strong>ich</strong>ts gehabt. Und der hat seinen Apfel gegessen und der andere Bub vom Ort<br />

sagt: Mei, du <strong>ich</strong> krieg den Bitz. Also wenn Sie das heute einem Jungen sagen, daß ein Bub<br />

den angeredet hat um das Letzte vom Apfel – die lachen d<strong>ich</strong> ja aus.“ (Frau B.)<br />

Unter solchen Bedingungen ist für Sätze wie „Jeder ist für sein Glück oder Unglück selbst<br />

verantwortl<strong>ich</strong>“ kein Platz – bzw. wenn, dann können sie nur höhnisch verstanden werden. In<br />

einer Situation, wo rundherum so gut wie alle arm sind, ist es keine (persönl<strong>ich</strong>e) Schande,<br />

arm zu sein. Ähnl<strong>ich</strong> ist es beim Betteln. Die Alltagserfahrung, daß keiner viel hat, daß jeder<br />

in gewisser Weise auf den anderen angewiesen ist, macht das Betteln wahrscheinl<strong>ich</strong> zu einer<br />

55 Ähnl<strong>ich</strong> argumentierte im übrigen auch Frau V. in Kap.4.12.<br />

56 Gerhard Schulze zu diesem Thema: „Nirgendwo hat die Armut einen Ort, an dem sie n<strong>ich</strong>t höchst unpassend<br />

erschiene“ (Schulze, 1995, S. 55), die Heruntergekommenen selbst „bleiben Randfiguren, die das Bild von der<br />

armutsfreien Gesellschaft eher bestätigen als widerlegen“ (ebd., S. 56). Armut hätte intimeren Charakter<br />

angenommen als Sexualität (vgl. ebd.).


90<br />

weniger demütigenden Erfahrung. Das heißt natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, daß es n<strong>ich</strong>t trotzdem<br />

unangenehm wäre, wie das Beispiel einer Interviewpartnerin zeigt:<br />

„Ich bin mit meiner Mutter gegangen, und wir sind halt nach Z. hinausgefahren zu den Bauern<br />

oder da im Umfeld, und haben halt um Milch und Brot gebettelt. Und das prägt. Wenn man<br />

weiß, <strong>ich</strong> habe et<strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> brauchen würde, und wie komm <strong>ich</strong> jetzt an das heran.<br />

Und das sitzt schon sehr tief, muß <strong>ich</strong> sagen. Obwohl <strong>ich</strong> damals genauso eine Angst gehabt<br />

hab, <strong>ich</strong> bin ganz g’schamig neben meiner Mutter hergegangen.“ (Pfarre 9)<br />

Heute allerdings ist Armut die Ausnahme (zumindest wird sie als solche behandelt 57 ). Die<br />

Armut wird aber n<strong>ich</strong>t nur von denen, denen es gut geht, aus der Wahrnehmung<br />

ausgenommen, sondern die Betroffenen selbst betreiben Selbstverdrängung, Selbstentfernung,<br />

Selbstverschleierung (vgl. Schulze, 1995, S. 56). Armut ist unter der Bedingung des<br />

allgemeinen Wohlstands und Re<strong>ich</strong>tums in viel größerem Ausmaß eine Schande, die man zu<br />

verbergen sucht, als in allgemeinen gesellschaftl<strong>ich</strong>en Notzeiten. Wer arm ist, ist dem latenten<br />

(Selbst-)Vorwurf ausgesetzt, es n<strong>ich</strong>t geschafft zu haben, versagt zu haben, ein Verlierer –<br />

und deshalb n<strong>ich</strong>ts wert zu sein. Das erklärt die Berührungsängste, das Unbehagen, s<strong>ich</strong> mit<br />

diesem Thema näher zu beschäftigen 58 .<br />

4.13. Was würde diesen Dienst attraktiver machen?<br />

Welche Vorschläge haben die SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen in bezug auf die<br />

„Attraktivitäts“-Steigerung des Haussammelns? Gibt es et<strong>was</strong>, das den SammlerInnen selber<br />

den Dienst erle<strong>ich</strong>tern würde?<br />

Frau D. wertet es als Pluspunkt, in der unmittelbaren Nachbarschaft sammeln zu gehen, weil<br />

man s<strong>ich</strong> dann n<strong>ich</strong>t lang erklären oder rechtfertigen muß.<br />

„Daß man eben bekannt ist, und daß man eben in Grußkontakt ist, und daß halt der andere<br />

weiß, wer <strong>ich</strong> bin. Wenn man n<strong>ich</strong>t gekannt wird, sind die Leute von vornherein zugeknöpfter“<br />

(Frau D.)<br />

Der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e in Frau B.’s Pfarre ermunterte die SammlerInnen,<br />

darauf aufmerksam zu sein, ob Besammelte selber Hilfe brauchen: „Wir sollen uns auch<br />

Kritik anhören, wir sollen auch, wenn wer in Not ist, das melden in der Pfarre.“ (Frau B.).<br />

Frau B. empfindet das als eine Aufwertung ihrer Tätigkeit.<br />

„Daß es eben schon auch in unserem Gebiet Leute gibt, die vielle<strong>ich</strong>t eine Unterstützung<br />

brauchen, und die zur Pfarre kommen und sagen: Helft mir. Auch finanziell. Und seelisch halt<br />

überhaupt, da gibt es sehr viele. Ja, <strong>ich</strong> tu m<strong>ich</strong> da schon sozial, vom caritativen her auch ein<br />

bißchen betätigen bei dem Ganzen.“ (Frau B.)<br />

Frau C. fände eine andere Art der Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit sinnvoll:<br />

„Die Caritas müßte öfter Dinge machen, auch vielle<strong>ich</strong>t groß plakatieren, wo das Geld<br />

verwendet wird. Wenn man zum Beispiel eine Sammelaktion gemacht hat, dann könnte man ja<br />

eigentl<strong>ich</strong> noch eine Plakataktion machen: ,und das ist mit ihrem Geld passiert’. Und das aber<br />

auch irgendwie öffentl<strong>ich</strong>. N<strong>ich</strong>t so, daß das die Pfarrgemeinderäte kriegen und okay, die<br />

57 Tatsächl<strong>ich</strong> leben derzeit 900.000 Österre<strong>ich</strong>erInnen von weniger als 10.000 Schilling im Monat und gelten<br />

somit als armutsgefährdet. Ein Drittel davon, näml<strong>ich</strong> 340.000 Menschen, lebt in Armut (vgl. DerStandard vom<br />

13. Juni 2001: Schattenber<strong>ich</strong>t der Armutskonferenz).<br />

58 In bezug auf alle anderen gesellschaftl<strong>ich</strong>en Randgruppen scheint das Unbehagen weniger groß zu sein.<br />

Aidskranke höchstens, die in ähnl<strong>ich</strong>er Weise beurteilt werden: bedauernswert zwar, aber irgendwie auch selbst<br />

dran schuld. Über Drogenabhängige, Kriminelle, Prostituierte etc. mag man zwar schimpfen, ihnen haftet aber<br />

doch auch et<strong>was</strong> Anziehendes an, zumal, wenn sie et<strong>was</strong> wie Stolz durchblicken lassen – als Verkörperungen<br />

einer dunklen, undurchs<strong>ich</strong>tigen, abgründigen Welt, die abschreckend und reizvoll zugle<strong>ich</strong> erscheint. (Auf<br />

Ausländer und Flüchtlinge gehe <strong>ich</strong> hier n<strong>ich</strong>t ein, das ist wieder ein anderes Thema.)


91<br />

legen das in die Schublade, und dann wissen es 20 Leute, aber mehr n<strong>ich</strong>t. Man muß auch von<br />

den guten Dingen reden, die passieren, glaub <strong>ich</strong>.“ (Frau C.)<br />

Frau F. findet es gut, wenn das Spenden - wie in ihrer Pfarre – anonym ermögl<strong>ich</strong>t wird,<br />

wenn keiner der anderen Pfarrmitglieder mitkriegt, wieviel man spendet (bzw. auch n<strong>ich</strong>t<br />

mitkriegt, wenn man n<strong>ich</strong>ts gespendet hat).<br />

„Weil darum haben sie überall die Listen gemacht, daß da ja eine S<strong>ich</strong>erheit da war, daß jeder<br />

Vertrauen haben hat können, daß da ja n<strong>ich</strong>ts wegkommt. Aber da haben alle gesagt: nein, das<br />

wär uns eh n<strong>ich</strong>t so angenehm. Den Leuten eben auch n<strong>ich</strong>t. Vielle<strong>ich</strong>t hätte der eine oder<br />

andere ein wenig mehr noch hergegeben, weil der Nachbar sieht, wieviel <strong>ich</strong> hergegeben habe.<br />

Könnte sein, daß eine Spur mehr zusammengekommen wäre vielle<strong>ich</strong>t, aus dem Grund.“<br />

(Frau F.)<br />

Herr E. tritt für kleinere Sprengel ein. „Weil wenn <strong>ich</strong> zu den 90 Leuten geh, dann muß <strong>ich</strong> ja<br />

wirkl<strong>ich</strong> viel tun.“ Für das Verhältnis zwischen SammlerInnen und Besammelten findet er es<br />

außerdem sehr vorteilhaft, wenn die SammlerInnen über mehrere Jahre oder Jahrzehnte hin in<br />

ein und demselben Gebiet tätig sind.<br />

„Ja, und dann lange gehen, lange Jahre gehen, immer dieselben Leute, n<strong>ich</strong>t wechseln, sondern<br />

dieselben Leute, damit das Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann.“ (Herr E.)<br />

Ihm persönl<strong>ich</strong> komme es auch sehr zugute, daß die Leute im Ort ihn kennen. Die<br />

Besammelten wissen über seine Einstellung bescheid, sie glauben ihm sein Engagement – und<br />

sind deshalb auch aufgeschlossener und vielle<strong>ich</strong>t mehr als sonst dazu bereit, das Anliegen,<br />

das er vorträgt, zu unterstützen.<br />

„Und diese Kenntnisse über diese sozialen Einr<strong>ich</strong>tungen ... das konnte <strong>ich</strong> dann den Leuten<br />

sagen: Ich weiß, warum <strong>ich</strong> gehe. Ich gehe n<strong>ich</strong>t drei Jahrzehnte, wenn <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t überzeugt bin,<br />

daß das <strong>was</strong> Gutes ist..... Und die Leute haben m<strong>ich</strong> angenommen und haben mir auch<br />

geglaubt.“ (Herr E.)<br />

Genauso wie Herr E. findet auch Frau W., daß es w<strong>ich</strong>tig ist, daß die SammlerInnen in ihrem<br />

Sprengel bekannt sind.<br />

„Und daß sie irgendwie gut bekannt sind, geachtet sind oder <strong>gern</strong> gehabt werden. Das ist<br />

meines Erachtens sehr w<strong>ich</strong>tig, daß da n<strong>ich</strong>t irgendwer geht, sondern daß wer geht, den die<br />

Leute annehmen.“ (Frau W.)<br />

Für Frau S. wäre das Sammeln weniger unangenehm, wenn man zu zweit sammeln gehen<br />

würde. Andere Vereine würden das auch so machen, z.B. die Feuerwehr oder der Sportverein.<br />

Es sei le<strong>ich</strong>ter, zu zweit für eine Institution einzustehen.<br />

„Man kann s<strong>ich</strong> dann miteinander besprechen, weil manchmal kriegt man halt schon vielle<strong>ich</strong>t<br />

einen zieml<strong>ich</strong>en Hammer, wo man sagt, .... ja, muß <strong>ich</strong> mir das anhören? Aber wenn <strong>ich</strong> das<br />

jetzt mit einer bereden kann, bis <strong>ich</strong> zum nächsten Haus geh oder auch nachher dann noch ein<br />

bißchen bereden kann, fällt viel Last herunter. Weil sonst muß man oft ganz schön <strong>was</strong><br />

schlucken, und das schluckt man halt allein. Die andere sieht das vielle<strong>ich</strong>t anders, und sagt:<br />

Geh, das nehm <strong>ich</strong> doch gar n<strong>ich</strong>t so ernst, und laß sie doch reden oder so. Dann sagt man s<strong>ich</strong>,<br />

naja, irgendwo stimmt es eh.“ (Frau S.)<br />

Frau T. findet, daß es bei konkreten Sachen, das heißt konkreten Unglücksfällen oder<br />

Schicksalsschlägen, le<strong>ich</strong>ter ist, daß man hilft.<br />

„Wenn <strong>ich</strong> jetzt sag: Diese Familie ist in Not und gebt’s <strong>was</strong> für diese Familie. ..... Wobei <strong>ich</strong><br />

denk mir, wenn <strong>ich</strong> diese Familie wäre, <strong>ich</strong> möchte auch n<strong>ich</strong>t, daß jeder weiß, daß <strong>ich</strong> in Not<br />

bin. Also <strong>ich</strong> denk mir, wenn jetzt in der Zeitung irgend<strong>was</strong> steht, ja, da ist eben ein<br />

behindertes Kind oder so, und unterstützt’s diese Familie, daß <strong>ich</strong> dann le<strong>ich</strong>ter dazu bereit


92<br />

bin, weil <strong>ich</strong> mir denk, okay, das Kind, von dem hab <strong>ich</strong> ein Foto gesehen, und eine kurze<br />

Gesch<strong>ich</strong>te ist dabei, und das spr<strong>ich</strong>t m<strong>ich</strong> an“. 59 (Frau T.)<br />

Sie würde außerdem bei der Haussammlung behilfl<strong>ich</strong> sein, wenn diese so gestaltet wäre, daß<br />

man nur die Erlagscheine in die Briefkästen werfen müßte. Wenn es also nur darum ginge,<br />

durch das persönl<strong>ich</strong>e Hintragen der Caritas Postgebühren einsparen zu <strong>helf</strong>en, wäre sie <strong>gern</strong><br />

dazu bereit.<br />

Als zweiten Vorschlag bringt sie vor, daß man die Caritas-Haussammlung (wie es das Rote<br />

Kreuz praktiziert) mittels Daueraufträgen durchführen könnte<br />

„Ich denk mir, für die Caritas wär das vielle<strong>ich</strong>t auch passend, weil dann kommt man nur alle<br />

5 Jahre. Die Leute schicken und den Vertrag gle<strong>ich</strong> unterschreiben lassen. Weil dann erspart<br />

man s<strong>ich</strong> eben ein paar Jahre.“ (Frau T.)<br />

Auch für Frau U. würde es die Attraktivität erhöhen, wenn für konkrete Projekte gesammelt<br />

werden würde. Sie vergle<strong>ich</strong>t das mit dem Kirchenbeitrag.<br />

„Konkrete Projekte, ja. Aber das ist beim Kirchenbeitrag dasselbe. Wenn <strong>ich</strong> hingeh und sag:<br />

ja, <strong>ich</strong> muß relativ viel zahlen und mir wär es ein Anliegen, zum Beispiel das einmal für dieses<br />

Projekt zu spenden. N<strong>ich</strong>t irgendwo, sondern relativ lokal. Dann ist das n<strong>ich</strong>t mögl<strong>ich</strong>. Das ist<br />

zum Beispiel et<strong>was</strong>, <strong>was</strong> m<strong>ich</strong> auch ärgert. .... Man muß das ja n<strong>ich</strong>t jedes Jahr machen<br />

können, aber manchmal zumindest. ... Das wäre s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> fein, wenn man sagt, okay man<br />

macht einmal die Sammlung gezielt für ein bestimmtes, lokales Projekt.“ (Frau U.) 60<br />

4.14. Wie wird die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung generell beurteilt?<br />

Wenn der Trend dahin geht, daß s<strong>ich</strong> die Organisation der persönl<strong>ich</strong>en Sammlung immer<br />

schwieriger gestaltet, ist es natürl<strong>ich</strong> berechtigt, s<strong>ich</strong> zu fragen, ob diese Form der Sammlung<br />

noch zeitgemäß ist. Wie beurteilen die SammlerInnen und N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen das<br />

persönl<strong>ich</strong>e Sammeln insgesamt?<br />

Im Vergle<strong>ich</strong> zu anderen Sammlungsformen ist für Frau A. die von-Tür-zu-Tür-Sammlung<br />

auf jeden Fall die beste Option.<br />

59 Dazu Konrad Hilpert: „N<strong>ich</strong>t die Vielzahl ist es, die Mitleid in Gang setzt, sondern das ganz konkrete und<br />

besondere Ergehen eines einzelnen. Weder die Hunderte von Flüchtlingen, die auf den Bildern der Lager in<br />

Ruanda zu sehen waren, noch die durchschnittl<strong>ich</strong> 4000, die Jahr für Jahr in der Bundesrepublik an Leukämie<br />

erkranken, können das Interesse der Öffentl<strong>ich</strong>keit so bewegen wie die Nachr<strong>ich</strong>t über ,Nico, den Krebsjungen<br />

aus Magdeburg’ vom Dezember 1995, die allein an einem einzigen Tag 20.000 Menschen veranlaßte, s<strong>ich</strong><br />

darauf testen zu lassen, ob sie als Knochenmarkspender für diesen Jungen in Frage kämen. Offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> gelang<br />

es der medialen Präsentation in diesem Fall, daß die Zuschauer und Hörer das Schicksal des bis dahin<br />

unbekannten, aber jetzt vertraut gemachten Kindes in unmittelbare Beziehung setzten zu ihrer eigenen<br />

Gesundheit und Vitalität. Ein häufiger Effekt solchen Vergle<strong>ich</strong>ens, das die eigene Situation als Glücksfall<br />

bewußt macht, ist die Bereitschaft zu spenden. (...)<br />

So begrüßenswert es ist, daß durch entsprechende appellative Sendungen Menschen, die leiden, eine Gelegenheit<br />

bekommen, ins Bild gerückt zu werden und zu Wort zu kommen, so sehr sind Zweifel am Platz, <strong>was</strong> die<br />

Nachhaltigkeit solcher Appelle und der durch sie unter Umständen in Gang gesetzten Hilfsmaßnahmen angeht.<br />

Im Normalfall gerät die betreffende Not nach dem Medienereignis wieder rasch an den Rand des öffentl<strong>ich</strong>en<br />

Bewußtseins. Bliebe sie näml<strong>ich</strong> kontinuierl<strong>ich</strong> Thema oder würde sie durch ähnl<strong>ich</strong>e Fälle wiederholt, verlöre<br />

die Darstellung sehr schnell an Appellkraft und würde stumpf.“ (Hilpert, 1996, S. 7f.)<br />

60 Auf die grundsätzl<strong>ich</strong>e strukturelle Problematik, daß bei der Caritas-Haussammlung pfarrl<strong>ich</strong>e Mitarbeiter<br />

zwar in der eigenen Pfarre, aber für einen überregionalen Zweck sammeln gehen, weist auch Markus Lehner hin.<br />

Die Caritas-Haussammlung ist Schnittstelle zweier ganz unterschiedl<strong>ich</strong>er Systeme: „Auf der einen Seite das<br />

Pfarrsystem, wo in Kreisen und Ausschüssen ehrenamtl<strong>ich</strong>e Aktivität organisiert ist, um das Leben der<br />

Pfarrgemeinde zu gestalten. Einer dieser Kreise ist auch die Pfarrcaritas, der Caritas-Fachausschuß, der zumeist<br />

als ein w<strong>ich</strong>tiges Projekt die Haussammlung organisiert. – Vorrangiger Nutznießer dieses Projekts ist jedoch ein<br />

anderes System: die Diözesancaritas. Ein professionell geführtes soziales Dienstleistungsunternehmen, das einer<br />

völlig anderen inneren Logik folgt als eine Pfarrgemeinde.“ (Lehner, 2001, S. 3)


93<br />

„Ich meine, eine andere Form der Sammlung ist schwer, weil du kannst n<strong>ich</strong>t in der Kirche<br />

sammeln, weil die Leute immer weniger werden, und immer die gle<strong>ich</strong>en angesprochen<br />

werden zum Sammeln. Die Erlagscheinsammlungen gehen unter. Und die Haussammlung ist<br />

doch noch ein bißchen persönl<strong>ich</strong>er.“ (Frau A.)<br />

Dasselbe meint auch Frau B. Zudem könne man beim persönl<strong>ich</strong>en Sammeln wenn n<strong>ich</strong>t<br />

Überzeugungsarbeit leisten so zumindest informieren.<br />

„Na, <strong>ich</strong> glaub schon, daß man so mehr erbittet, wie wenn man z.B. einen Erlagschein schickt.<br />

(...) Und man muß auch sagen können, für <strong>was</strong> das Geld verwendet wird und wo es verwendet<br />

wird, und auch sagen können: Ja, du, es kann ja einer wirkl<strong>ich</strong> arm sein oder arbeitslos<br />

werden. Und daß so ein ganz akuter Notfall eben Hilfe braucht.“ (Frau B.)<br />

Daß das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln finanziell auf jeden Fall mehr einbringt, meint auch Frau C.<br />

Dies sei vor allem auf den sozialen Druck, dem s<strong>ich</strong> die Besammelten ausgesetzt fühlen,<br />

zurückzuführen.<br />

„Für manche Leute ist es eh n<strong>ich</strong>t unangenehm, für die ist es selbstverständl<strong>ich</strong>, daß sie et<strong>was</strong><br />

hergeben. Und da ist der Betrag meistens auch höher. ...Es gibt auch manche, die geben dir<br />

<strong>was</strong>, aber sehr unwillig. Weil man kennt die Leute und dann wollen sie doch irgendwie auch<br />

gut dastehen, glaub <strong>ich</strong>. Bei manchen merkst du schon, daß sie et<strong>was</strong> hergeben, weil du<br />

einfach bekannt bist, gell. Das ist ein wenig Erpressung wahrscheinl<strong>ich</strong>“. (Frau C.)<br />

Anges<strong>ich</strong>ts des SammlerInnenmangels wird man die derzeitige Sammlungsform aber wohl<br />

überdenken müssen. Sie persönl<strong>ich</strong> findet es ganz w<strong>ich</strong>tig, daß Kommunikation passiert – die<br />

Spendensammlung selber muß aber n<strong>ich</strong>t unbedingt in dieser Form geschehen. Ebenso wäre<br />

vorstellbar, die Kommunikation mit den Pfarrmitglieder und das Sammeln von<br />

Spendengeldern zu trennen.<br />

„Ich kann es mir auch in anderer Form vorstellen, das Sammeln. Das ist immer: wieviel man<br />

investiert an Hirnschmalz und an Aktionen, desto mehr kommt herein.“ (Frau C.)<br />

Auch für Frau D. bringt die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung – sowohl in finanzieller als auch in<br />

persönl<strong>ich</strong>er Hins<strong>ich</strong>t - in Summe mehr als andere Sammlungsformen. Sie würde das<br />

persönl<strong>ich</strong>e Sammeln auf jeden Fall beibehalten,<br />

„obwohl es für den Sammler eher unangenehmer ist. Aber <strong>ich</strong> glaub, vom Resultat her ist es<br />

s<strong>ich</strong>er besser. Auch wenn man einen Zahlschein persönl<strong>ich</strong> jemanden gibt, ist es besser, wie<br />

nur so reinzuwerfen.“ (Frau D.)<br />

Herr E. setzt s<strong>ich</strong> unbedingt für das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln ein, denn „wenn <strong>ich</strong> einen<br />

Erlagschein krieg, dann ist das alles weg“, näml<strong>ich</strong> die menschl<strong>ich</strong>e Begegnung, das<br />

Gespräch. Das gilt aber jetzt n<strong>ich</strong>t so sehr für Strukturen, die eine solche Begegnung ohnehin<br />

nur schwer ermögl<strong>ich</strong>en. In städtischen Gebieten oder Hochhäusern, würde er zum Beispiel<br />

n<strong>ich</strong>t sammeln gehen wollen.<br />

Aus Gründen der Effizienz plädiert auch Frau F., in deren Pfarre die Haussammlung erst das<br />

2. Mal seit langem als von-Tür-zu-Tür-Sammlung durchgeführt wurde, für diese für ihre<br />

Pfarre „neue“ Sammlungsform.<br />

Die SammlerInnen sind also in bezug auf das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln einhelliger Meinung.<br />

Betont werden vor allem die größere Effizienz der von-Tür-zu-Tür-Sammlung und der<br />

persönl<strong>ich</strong>e Kontakt zu den Pfarrmitgliedern, den sie ermögl<strong>ich</strong>t.<br />

Die N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen waren demgegenüber in ihren Beurteilungen bei weitem n<strong>ich</strong>t so<br />

homogen. Sie zeigten vereinzelt große Skepsis in bezug auf die Zeitgemäßheit des<br />

persönl<strong>ich</strong>en Sammelns. Einzig Frau S., die in ähnl<strong>ich</strong>er Weise wie die SammlerInnen<br />

argumentiert: Sie findet das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln w<strong>ich</strong>tig: „weil es eben persönl<strong>ich</strong>er ist.“<br />

Vom Spendenerlös her sei es den anderen Sammlungsformen außerdem überlegen.


94<br />

Frau T. ist prinzipiell gegen das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln. Kritikpunkt ist vor allem der soziale<br />

Druck, dem man dadurch als Besammelter ausgesetzt wird.<br />

„Weil <strong>ich</strong> die Einstellung habe, wenn <strong>ich</strong> jetzt <strong>was</strong> spenden will, dann bin <strong>ich</strong> echt bereit,<br />

einen gewissen Betrag zu überweisen. Aber <strong>ich</strong> denk mir, es soll ein jeder da spenden, wo er<br />

möchte. Und jetzt n<strong>ich</strong>t, wenn halt jetzt wer kommt von der Caritas, und naja, gibst du halt<br />

einen 100er her oder irgendwie so. Also <strong>ich</strong> denk mir einfach, ein jeder soll da spenden, wo er<br />

will und jetzt n<strong>ich</strong>t irgendwie gezwungen werden, daß er jetzt et<strong>was</strong> spenden muß, nur weil es<br />

s<strong>ich</strong> gehört. Damit m<strong>ich</strong> jetzt der Nachbar n<strong>ich</strong>t schlecht anschaut, weil <strong>ich</strong> da n<strong>ich</strong>ts<br />

hergegeben hab und so.“ (Frau T.)<br />

Dieser Druck, den sie als unangenehm beschreibt, sei natürl<strong>ich</strong> gle<strong>ich</strong>zeitig der Grund, warum<br />

das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln so effektiv ist.<br />

Das Persönl<strong>ich</strong>e an der persönl<strong>ich</strong>en Sammlung oder auch der pastorale Aspekt sind Frau T.<br />

n<strong>ich</strong>t von W<strong>ich</strong>tigkeit. Im Gegenteil, wenn eine Person, die sie n<strong>ich</strong>t gut kennt, sie fragen<br />

würde, wie es ihr geht oder ob sie irgendwelche Probleme hätte, würde sie das eher als<br />

Anmaßung empfinden.<br />

„Na okay, das kann der Pfarrer machen. Aber <strong>ich</strong> kann mir n<strong>ich</strong>t vorstellen, daß wenn jetzt<br />

eine herkommt und sie tut sammeln und sie fragt m<strong>ich</strong>, wie es mir geht, daß <strong>ich</strong> der da meine<br />

Probleme jetzt aufhals. Da denk <strong>ich</strong> mir einfach, sie geht das eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts an. Ich mein,<br />

das kann vielle<strong>ich</strong>t der Pfarrer machen, aber jetzt n<strong>ich</strong>t eine, die nur haussammeln geht.“<br />

(Frau T.)<br />

Daß pastorale Arbeit passiert, daß man zu den Leuten hingeht und mit ihnen redet, unterstützt<br />

Frau T. prinzipiell schon. Die Haussammlung empfindet sie aber als unpassenden Rahmen,<br />

als unpassende Gelegenheit dafür.<br />

„Also <strong>ich</strong> kann mir auch n<strong>ich</strong>t vorstellen, daß der Pfarrer jetzt das ganze Pfarrgebiet<br />

abklappert. Aber wie gesagt, <strong>ich</strong> denk mir n<strong>ich</strong>t, daß irgendwer anderer berechtigt ist dafür,<br />

daß er fragt.“ (Frau T.)<br />

Frau U. empfindet es n<strong>ich</strong>t unangenehm, besammelt zu werden:<br />

„Also, wenn man in einer Gemeinschaft irgendwo integriert ist, dann glaub <strong>ich</strong>, sind das<br />

Dinge, die unter dem jährl<strong>ich</strong>en Ritual sozusagen ablaufen“ (Frau U.)<br />

In der Beurteilung der persönl<strong>ich</strong>en Sammlung insgesamt macht sie Unterschiede je nach der<br />

Region, in der sie stattfindet:<br />

„Also <strong>ich</strong> glaub, wenn man wie bei uns in einem Siedlungsgebiet geht, wo man die Leute noch<br />

relativ gut kennt, dann ist das s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> le<strong>ich</strong>ter, als wenn <strong>ich</strong> irgendwo in der Stadt in<br />

Wohnblocks geh, wo m<strong>ich</strong> keiner kennt, ja, wo mir sowieso die Tür zugesperrt wird. Bei<br />

letzteren glaub <strong>ich</strong>, ist es zieml<strong>ich</strong> egal, ob man mit einem Erlagschein kommt oder ob man<br />

persönl<strong>ich</strong> kommt. Anders ist es, wo man die Leute kennt ....Ja, weil wenn zum Beispiel ein<br />

Erlagschein kommt, werden s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> sehr viele s<strong>ich</strong> denken: Ja, <strong>ich</strong> zahl eh meinen<br />

Kirchenbeitrag, und <strong>was</strong> soll <strong>ich</strong> denn da noch hergeben. Wenn man persönl<strong>ich</strong> angesprochen<br />

wird von jemandem Bekannten, dann ist das natürl<strong>ich</strong> <strong>was</strong> anderes. Da ist man eher bereit, daß<br />

man noch ein bißchen <strong>was</strong> hergibt. Um das geht’s glaub <strong>ich</strong>. Im Bekanntenkreis ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong><br />

das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln sinnvoller.“ (Frau U.)<br />

Davon abgesehen steht sie der Caritas-Haussammlung n<strong>ich</strong>t ganz vorbehaltlos gegenüber. Sie<br />

bemängelt, daß es für den Einzelnen nie so ganz nachvollziehbar wäre, <strong>was</strong> mit den<br />

Spendengeldern letztendl<strong>ich</strong> passiert. Ihr persönl<strong>ich</strong> wäre es lieber, wenn für konkrete, klar<br />

umgrenzte Projekte gesammelt werden würde.<br />

„Für einen konkreten Zweck persönl<strong>ich</strong> sammeln ist okay. Für so allgemeines – bin <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t<br />

so dafür, ehrl<strong>ich</strong> gesagt. Aber für einen konkreten Zweck, der Sinn hat, jederzeit, ja.“<br />

(Frau U.)<br />

Am besten wäre es, meint Frau U., wenn der konkrete Zweck, für den gesammelt wird, zudem<br />

einen lokalen Bezug hätte.<br />

„Diese Haussammlung kann man ja ruhig beibehalten, von mir aus. Aber daß man sagt, daß<br />

man die Sammlung teilt. Zum Beispiel, wenn man das Caritas-Geld nimmt, - <strong>ich</strong> weiß n<strong>ich</strong>t,


95<br />

wo das alles reinkommt, in einen großen Topf wahrscheinl<strong>ich</strong> – daß man ein Projekt einmal<br />

herausnimmt und sagt: wir gehen heute besonders für dieses Projekt, von mir aus in der<br />

Gegend, oder in Oberösterre<strong>ich</strong> oder in Österre<strong>ich</strong>, und das restl<strong>ich</strong>e kommt dann in den<br />

großen Topf für Albanien oder wo auch immer benötigt. Also vielle<strong>ich</strong>t irgendet<strong>was</strong> ganz<br />

Konkretes, <strong>was</strong> jemanden vielle<strong>ich</strong>t ein Anliegen ist, wo mehr Leute s<strong>ich</strong> <strong>was</strong> drunter<br />

vorstellen können, und das so teilt. ... Eben die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung für den konkreten<br />

Zweck, der einem am Herzen liegt. Das glaub <strong>ich</strong>, bringt noch am meisten.“ (Frau U.) 61<br />

Als mögl<strong>ich</strong>e Alternative zur jetzigen Form der Haussammlung regt sie folgendes an:<br />

<strong>„Bei</strong> den Service-Clubs veranstalten wir so kleine Events, wo dann die Leute kommen und wo<br />

man so .... ja, Fundraising macht, wie man so schön sagt. Wo man dann Geld sammelt. Oder<br />

man macht irgendeine andere Veranstaltung, wo <strong>was</strong> hereinkommt, einen Vortrag oder ein<br />

Konzert oder so <strong>was</strong>. Wo dann die Einnahmen eben diesem Zweck zur Verfügung gestellt<br />

werden. Vielle<strong>ich</strong>t kann die Caritas das auch einmal machen, <strong>ich</strong> weiß es n<strong>ich</strong>t, so Konzerte<br />

veranstalten oder so <strong>was</strong> ähnl<strong>ich</strong>es. Das ist s<strong>ich</strong>er auch eine Mögl<strong>ich</strong>keit. Man kann da<br />

Mannigfaltiges s<strong>ich</strong> überlegen.“ (Frau U.)<br />

Frau V. sieht es ganz pragmatisch:<br />

„Solange s<strong>ich</strong> genügend Leute finden, ist es s<strong>ich</strong>er günstig, wenn man die Leute persönl<strong>ich</strong><br />

anspr<strong>ich</strong>t. Wenn das einmal n<strong>ich</strong>t mehr der Fall ist, dann muß man es halt mit Erlagschein<br />

machen. Weil man kann n<strong>ich</strong>ts erzwingen. Das wird s<strong>ich</strong>er so sein, daß die Einnahmen dann<br />

n<strong>ich</strong>t mehr so sind, das ist klar.“ (Frau V.)<br />

Mit dem Besammelt-Werden hat sie wie Frau U. keine Probleme.<br />

„Weil <strong>ich</strong> weiß, für <strong>was</strong> es ist. Ich bin überzeugt von der Caritas, und daß die vieles leistet und<br />

daß das in die r<strong>ich</strong>tigen Kanäle geht.... Aber der Zahlschein ist mir genauso recht.“ (Frau V.)<br />

Angenehmer ist es ihr aber, wenn sie von Personen besammelt wird, die sie persönl<strong>ich</strong> kennt.<br />

Auch mit Frau V. kam es zu einer Diskussion über den pastoralen Aspekt beim<br />

Haussammeln. Sie argumentiert ähnl<strong>ich</strong> wie Frau T.. Um Personen, die keinen Kontakt zur<br />

Kirche haben, in die Pfarre einzubinden, dafür sei das Haussammeln n<strong>ich</strong>t das geeignete<br />

Instrument.<br />

„Ich find eben gut, wenn neue Leute kommen, Neuzugezogene, dann find <strong>ich</strong> das sehr w<strong>ich</strong>tig,<br />

daß man die begrüßt und willkommen heißt. Und w<strong>ich</strong>tig sind natürl<strong>ich</strong> für den pastoralen<br />

Bere<strong>ich</strong>, gerade für Jungfamilien dann, die Kinderfeste, Kindergarten, Erstkommunion oder<br />

auch Taufe. Daß man bei diesen Gelegenheiten die Leute anspr<strong>ich</strong>t.“ (Frau V.)<br />

Daß das Haussammeln einen guten Rahmen für persönl<strong>ich</strong>e Gespräche oder gar Gespräche<br />

über Probleme abgibt, bezweifelt sie.<br />

„Also, das glaub <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, daß das auf dieser Ebene lauft. Wenn da wer vor der Tür steht und<br />

um Geld fragt ... also, das glaub <strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Also, da seh <strong>ich</strong> z.B. Neuzugezogenen-<br />

Begrüßen oder so<strong>was</strong>. Aber wenn <strong>ich</strong> jetzt Geld sammeln geh, ist das n<strong>ich</strong>t so .... in<br />

Einzelfällen vielle<strong>ich</strong>t, ja.“ (Frau V.)<br />

Als Alternative zum persönl<strong>ich</strong>en Sammeln wären für sie Benefizveranstaltungen, Flohmärkte<br />

und ähnl<strong>ich</strong>es gut vorstellbar – gerade deswegen, weil man damit auch Leute erre<strong>ich</strong>en würde,<br />

die keinen näheren Kontakt zu Kirche oder Pfarre haben.<br />

„So Benefizveranstaltungen, Flohmarkt usw., das find <strong>ich</strong> ganz toll. Ich seh es bei unserer<br />

Pfarre, da sind 150 Mitarbeiter, die machen das <strong>gern</strong>e. Und da ist auch eine Gemeinschaft da.<br />

Und da kommen auch sehr viele Leute, also die sonst n<strong>ich</strong>t in die Kirche gehen und keine<br />

kirchl<strong>ich</strong>e Beziehung haben. Also solche Sachen .... natürl<strong>ich</strong> braucht das Kreativität. Aber ob<br />

man für das n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>ter Leute kriegt als für das Abklappern.“ (Frau V.)<br />

N<strong>ich</strong>t zuletzt würde das auch den jüngeren Generationen mehr entsprechen. Den heute<br />

40jährigen macht es s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> mehr Spaß, et<strong>was</strong> Kreatives zu machen oder zu organisieren,<br />

als s<strong>ich</strong> als herkömml<strong>ich</strong>e HaussammlerInnen zu betätigen.<br />

„Das ist zwar zum organisieren schwieriger, weil es n<strong>ich</strong>t nach einem Modus abläuft. Aber da<br />

müßte die Caritas selber Vorgaben oder Anregungen geben, und ausarbeiten.“ (Frau V.)<br />

61 vgl. dazu die Aussage einer Fragebogenpfarre: „Seit mehr als 15 Jahren wird keine Haussammlung<br />

durchgeführt – es werden gezielte Projekte durchgeführt, wo sehr viel gegeben wird.“


96<br />

Ein weiterer positiver Aspekt dabei wäre, daß die „SammlerInnen“ dann n<strong>ich</strong>t nur et<strong>was</strong><br />

erbitten, sondern auch et<strong>was</strong> anbieten und geben würden.<br />

Prinzipiell empfindet Frau V. das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln als n<strong>ich</strong>t mehr sehr zeitgemäß. Auch<br />

viele andere Organisationen und Vereine, die diese Form praktiziert hätten, seien inzwischen<br />

davon abgekommen.<br />

Wenn es mögl<strong>ich</strong> ist, würde Frau W. die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung n<strong>ich</strong>t abschaffen wollen.<br />

„Weil da geben viele Leute – wie gesagt: bekannt muß man sein – nur <strong>was</strong> her, weil sie halt<br />

den Sammler kennen. Dem Sammler zuliebe geben sie halt <strong>was</strong> her. Solange man Sammler<br />

findet, würde <strong>ich</strong> das n<strong>ich</strong>t abschaffen.“ (Frau W.)<br />

An den Schluß dieses Kapitels möchte <strong>ich</strong> eine Aussage der Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

von Pfarre 9 stellen, in der sie zusammenfaßt, warum für sie die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung so<br />

w<strong>ich</strong>tig ist:<br />

„Für m<strong>ich</strong> war w<strong>ich</strong>tig, daß es eine Brückenfunktion ist, von der Pfarre zu den einzelnen<br />

Bewohnern der Pfarre. Weil mir das an und für s<strong>ich</strong> sehr w<strong>ich</strong>tig ist. Man erre<strong>ich</strong>t auf diese<br />

Weise Menschen, die man nie sieht, aber an und für s<strong>ich</strong> genauso Mitbewohner dieses Viertels<br />

sind, und die das in der Regel auch goutieren, daß man sie besucht, daß man kommt. (...) Weil<br />

<strong>ich</strong> weiß, daß das Geld, das hereinkommt, einfach ganz w<strong>ich</strong>tig ist zur Umsetzung der<br />

vielfältigen Initiativen, die die Caritas zu ergreifen hat. Aber auch natürl<strong>ich</strong>, weil für uns et<strong>was</strong><br />

zurückbleibt, für unsere sozialen Härtefälle. Wenn es auch nur ein minimaler Tropfen ist.“<br />

(Pfarre 9)<br />

4.15. Was sagen die InterviewpartnerInnen über s<strong>ich</strong> selbst?<br />

Für ein zielger<strong>ich</strong>tetes Vorgehen bei der Suche nach neuen SammlerInnen wäre es natürl<strong>ich</strong><br />

schön, wenn wir sagen könnten: aha, die SammlerInnen haben bestimmte<br />

Persönl<strong>ich</strong>keitsmerkmale, die die N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen n<strong>ich</strong>t haben. Ähnl<strong>ich</strong>es wurde auch in<br />

der sozialpsychologischen Literatur zum Thema Altruismus versucht. Es ging darum,<br />

Persönl<strong>ich</strong>keitsmerkmale auszumachen, anhand derer s<strong>ich</strong> Altruisten von N<strong>ich</strong>t-Altruisten<br />

unterscheiden lassen. Zwei solcher Charakterisierungen möchte <strong>ich</strong> hier wiedergeben:<br />

„Es scheint eine altruistische Persönl<strong>ich</strong>keit zu geben, die wie folgt beschrieben<br />

werden kann: die betroffene Person ist eher motiviert, s<strong>ich</strong> auf altruistische<br />

Handlungen einzulassen. Er oder sie hat höhere und universellere Standards von<br />

Gerechtigkeit, sozialer Verantwortung und Formen des moralischen Denkens,<br />

Urteilens und Wissens internalisiert; und/oder er oder sie ist empathischer für die<br />

Gefühle und Leiden anderer und fähig, die Welt aus deren emotionaler und<br />

motivationaler Perspektive zu sehen. Auf der Basis solcher Motivationen ist diese<br />

Person geneigt, eine große Anzahl von sehr verschiedenen altruistischen<br />

Verhaltensweisen wertzuschätzen und s<strong>ich</strong> entsprechend zu engagieren, vom Abgeben<br />

an solche Personen, die bedürftiger als sie selbst sind, bis hin, anderen Erle<strong>ich</strong>terung<br />

zu verschaffen und sie aus unangenehmen Situationen zu befreien. Altruisten verhalten<br />

s<strong>ich</strong> auch durchwegs ehrl<strong>ich</strong>er, beharrl<strong>ich</strong>er und mit mehr Selbstkontrolle als<br />

N<strong>ich</strong>taltruisten. Als Konsequenz seiner oder ihrer altruistischen Handlung genießt<br />

diese Person Ansehen bei ihren Gefährten und Kollegen. Darüber hinaus hat die<br />

gefestigte altruistische Person eine integriertere Persönl<strong>ich</strong>keit, ein starkes Gefühl der<br />

eigenen Tatkraft und des eigenen Wohlergehens, das, <strong>was</strong> man im allgemeinen mit<br />

,Integrität’ beze<strong>ich</strong>net“ (Rushton, 1981, S. 264, zitiert nach Harbach, 1992, S. 177).


97<br />

Das zweite (n<strong>ich</strong>t ganz unähnl<strong>ich</strong>e) Beispiel stammt von Hunt Morton. Er charakterisiert die<br />

altruistische Persönl<strong>ich</strong>keit folgendermaßen:<br />

Sie ist von der allgemeinen Stimmungslage her fröhl<strong>ich</strong>,; sie hat ein gutes Gespür für die<br />

Gefühle anderer Menschen und kann s<strong>ich</strong> le<strong>ich</strong>t in sie hineinversetzen; sie besitzt eine starke<br />

emotionale Ausdrucksfähigkeit; sie ist beliebt und hat ein starkes Bedürfnis nach<br />

Zugehörigkeit oder Verbindung zu anderen Menschen; sie hat ein hohes Selbstwertgefühl; sie<br />

hat eine allgemein positive Menschens<strong>ich</strong>t. (vgl. Morton, 1992, S. 119)<br />

Der vorliegende Fall liegt natürl<strong>ich</strong> et<strong>was</strong> anders. Grob kann man sagen, daß alle<br />

InterviewpartnerInnen – also auch die N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen - die oben beschriebenen<br />

Kriterien einer altruistischen Persönl<strong>ich</strong>keit erfüllen. Dies beweist n<strong>ich</strong>t zuletzt die Tatsache,<br />

daß alle in irgendeiner Form ehrenamtl<strong>ich</strong> engagiert sind. Aber auch in den einzelnen<br />

Aussagen kam die hohe Wertschätzung prosozialen Handelns zutage. Inwieweit die anderen<br />

oben genannten Kriterien, wie eher fröhl<strong>ich</strong>e Grundstimmung, Beliebtheit, hohes<br />

Selbstwertgefühl, starkes Bedürfnis nach sozialer Verbundenheit etc. zutreffen, muß offen<br />

gelassen werden. Das sind keine Fragen, die s<strong>ich</strong> im Rahmen dieser Interviews befriedigend<br />

beantworten lassen hätten können 62 .<br />

Die Frage ist also n<strong>ich</strong>t die, ob die SammlerInnen altruistischer oder sozialer eingestellt sind<br />

als die N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen, sondern ob SammlerInnen darüber hinaus<br />

Persönl<strong>ich</strong>keitsmerkmale aufweisen, die die N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen n<strong>ich</strong>t haben. Es geht um die<br />

Bereitschaft zu einer bestimmten Form des Engagements und n<strong>ich</strong>t um die Bereitschaft zu<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong>em oder sozialem Engagement an s<strong>ich</strong>.<br />

Was sagten die InterviewpartnerInnen über s<strong>ich</strong> selbst? 63<br />

Frau A. beschreibt s<strong>ich</strong> selbst als gesellig und gesprächig. Sie hat für die Öffentl<strong>ich</strong>keit und<br />

für den Nächsten viel übrig. Ihre Einstellung beschreibt sie als katholisch und religiös.<br />

Frau B. ist sehr <strong>gern</strong>e mit alten, aber auch mit jungen Leuten beisammen. Sie hat ein offenes<br />

Ohr für die Anliegen anderer. Sie beschreibt s<strong>ich</strong> selber als Mensch, der schwer „Nein“ sagen<br />

kann, bereut das aber n<strong>ich</strong>t. Sie hätte sonst viele Erfahrungen n<strong>ich</strong>t gemacht, viele<br />

Begegnungen n<strong>ich</strong>t gehabt. Sie macht in ihrer sozialen Einstellung und in ihrem Engagement<br />

keinen Unterschied darin, ob es s<strong>ich</strong> um Bekanntes oder Fremdes (z.B. Österre<strong>ich</strong>erInnen<br />

oder Flüchtlinge), um unverschuldetes oder selbstverschuldetes Leid handelt 64 . Der Glaube<br />

gibt ihr sehr viel Kraft, auch dafür, s<strong>ich</strong> ehrenamtl<strong>ich</strong> zu engagieren. Und sie tut das alles sehr<br />

<strong>gern</strong>.<br />

Frau C. hat keine Probleme damit, auch mal „nein“ zu sagen. Sie ist ein verläßl<strong>ich</strong>er Mensch:<br />

„wenn <strong>ich</strong> <strong>was</strong> verspreche, dann mach <strong>ich</strong> es s<strong>ich</strong>er“. Ihr fällt es le<strong>ich</strong>t, auf Leute zuzugehen.<br />

62 Zum einen re<strong>ich</strong>t dafür ein Interview n<strong>ich</strong>t aus, weil es doch sehr sensible Fragen sind, bei denen die soziale<br />

Wünschbarkeit eine große Rolle spielt, aber auch die mögl<strong>ich</strong>e Diskrepanz zwischen Selbstbild und Fremdbild,<br />

zum anderen war ja das Schwerpunkt-Thema ein anderes als das Erfassen und Überprüfen bestimmter<br />

Persönl<strong>ich</strong>keitsmerkmale.<br />

63 Die Antworten auf die Frage: Wie würden Sie s<strong>ich</strong> selbst beschreiben? fielen bei den meisten sehr knapp aus.<br />

In anderen Passagen der Interviews wurden manchmal aber sehr wohl Aussagen über die eigene Person gemacht,<br />

die in dieses Kapitel passen. Daraus erklärt s<strong>ich</strong> die doch sehr stark variierende Länge und Ausführl<strong>ich</strong>keit der<br />

einzelnen Selbstbeschreibungen.<br />

64 Ergänzend dazu Heinz Harbach in Bezugnahme auf Er<strong>ich</strong> Fromm: „Die Abstufung der Liebe in solche zu s<strong>ich</strong><br />

selbst, zu seinen Familienangehörigen, zu seiner Gruppe, seinem Volk in Abgrenzung zu fremden Personen,<br />

Familien, Völkern usw. übersieht die Tatsache daß die Liebe grundsätzl<strong>ich</strong> unteilbar ist.“ (Harbach, 1992, S.<br />

233)


98<br />

Frau D. fällt es sehr le<strong>ich</strong>t, mit jemandem ins Gespräch zu kommen. Mit dem Nein-Sagen hat<br />

sie allerdings Probleme (wenn s<strong>ich</strong> die mit der Zeit auch schon sehr gemindert haben).<br />

Herrn E. ist die mitmenschl<strong>ich</strong>e Begegnung und das Gespräch zwischen den Menschen sehr<br />

w<strong>ich</strong>tig. Es fällt ihm le<strong>ich</strong>t, auf andere zuzugehen, er hat ein offenes Ohr für die Anliegen<br />

anderer. Die Sorge um den Nächsten und das Eintreten für Menschenwürde sind et<strong>was</strong>, das<br />

seine ganze Familie prägt: „Eine gewisse soziale Note hat unser Leben“. Er hat die Erfahrung<br />

gemacht, daß seine Mitmenschen ihn sehr schätzen und willkommen heißen.<br />

Frau F. geht <strong>gern</strong>e auf andere Leute zu. „Und daß <strong>ich</strong> anderen Leuten <strong>gern</strong>e <strong>helf</strong>en möchte,<br />

soweit es eben in meinen Mögl<strong>ich</strong>keiten steht.“ Das Nein-Sagen fällt ihr prinzipiell eher<br />

schwer, aber sie hat es schon ein wenig gelernt, Arbeiten auch abzulehnen.<br />

„Und über m<strong>ich</strong> selber reden, das mag <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t so <strong>gern</strong> irgendwo. Mir sind<br />

irgendwie andere Leute w<strong>ich</strong>tiger. Also wie gesagt, daß mir der andere, mein Nächster w<strong>ich</strong>tig<br />

ist, das könnt <strong>ich</strong> schon als Grundaussage sagen.“ (Frau F.)<br />

Frau S. betont, daß ihr Ehrl<strong>ich</strong>keit ganz w<strong>ich</strong>tig ist. Sie engagiert s<strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e in einer<br />

Gemeinschaft, in der sie s<strong>ich</strong> wohlfühlt. Daß die Sorge um den Nächsten in unserer<br />

Gesellschaft offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> an Wert verliert, bedauert sie.<br />

Frau T. redet <strong>gern</strong> viel, geht <strong>gern</strong> auf Leute zu und sagt von s<strong>ich</strong>, daß sie eher offen ist. Was<br />

die soziale Treffs<strong>ich</strong>erheit von seiten der Caritas, aber auch von seiten staatl<strong>ich</strong>er<br />

Unterstützungen anbelangt, ist sie sehr skeptisch. Sie hilft lieber dort, wo sie nachvollziehen<br />

kann, ob die Unterstützung an die r<strong>ich</strong>tige Adresse kommt: „Ich denk mir einfach, wenn, dann<br />

möchte <strong>ich</strong> so <strong>helf</strong>en, daß <strong>ich</strong> sagen kann, okay, der hab <strong>ich</strong> geholfen. Weil man weiß eben<br />

n<strong>ich</strong>t, <strong>was</strong> mit dem Geld geschieht.“ (Frau T.)<br />

Frau U. beschreibt s<strong>ich</strong> als kommunikativen Menschen. Sie ist gelassen, hat auch „ein relativ<br />

heiteres Gemüt. Ich bin s<strong>ich</strong>er kein depressiver, grüblerischer Mensch“. Auf andere<br />

zuzugehen, mit anderen zu reden und ins Gespräch zu kommen fällt ihr n<strong>ich</strong>t schwer.<br />

Auch Frau V. fällt es le<strong>ich</strong>t, auf andere zuzugehen und auf andere einzugehen, mit anderen zu<br />

reden. Wenn sie et<strong>was</strong> übernimmt, dann macht sie es ganz. Sie nimmt aber auch für s<strong>ich</strong> in<br />

Anspruch, nein zu sagen, wenn sie et<strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t will - und erwartet s<strong>ich</strong>, daß das dann<br />

akzeptiert wird.<br />

Frau W. kostet es bisweilen Überwindung, auf andere Leute zuzugehen. Wenn sie gebraucht<br />

wird, ist sie aber <strong>gern</strong>e bereit dazu:<br />

„Da bin <strong>ich</strong> jederzeit zum Haben, wenn es halbwegs geht. Wenn <strong>ich</strong> seh, daß es einen Sinn<br />

und einen Zweck hat. Ich will nur n<strong>ich</strong>t von irgendeiner Partei oder Religion vereinnahmt<br />

werden. Sondern einfach aus freiem Willen. Weil es mir lustig ist, oder weil <strong>ich</strong> seh, das hat<br />

einen Zweck oder weil <strong>ich</strong> seh, das ist ein guter Zweck“ (Frau W.).<br />

Mit dem Nein-Sagen hat sie eher Probleme.<br />

Die in den Interviews getätigten Aussagen und der daraus vermittelte Gesamteindruck ließen<br />

keine Rückschlüsse darauf zu, daß es Persönl<strong>ich</strong>keitsmerkmale gäbe, die als sammlertypisch<br />

beze<strong>ich</strong>net werden könnten. Fast allen meiner InterviewpartnerInnen fällt es le<strong>ich</strong>t, auf andere<br />

zuzugehen. Variationen gibt es dabei insofern, als es den einen ein Bedürfnis ist, den anderen<br />

„n<strong>ich</strong>ts ausmacht“. Daß sie Probleme mit dem Nein-Sagen haben, meinten vergle<strong>ich</strong>sweise<br />

mehr SammlerInnen als N<strong>ich</strong>t-Sammlerinnen. Da es aber auch SammlerInnen gibt, die damit<br />

keine Probleme haben, läßt s<strong>ich</strong> dieses Merkmal n<strong>ich</strong>t als sammlertypisch beze<strong>ich</strong>nen.


Für das Haussammeln gilt also, <strong>was</strong> Mussen/Eisenberg-Berg über prosoziales Verhalten<br />

gesagt haben:<br />

„Die Suche nach den Charakterzügen oder den individuellen Unterschieden, die für<br />

die Variabilität des prosozialen Verhaltens verantwortl<strong>ich</strong> sind, erscheint fruchtlos“<br />

(Mussen/Eisenberg-Berg, 1979, S. 117, zitiert nach Harbach, 1992, S. 179)<br />

99


100<br />

5. Zusammenfassung<br />

Wie stehen also die Chancen der Haussammlung? Deuten die vorliegenden Ergebnisse auf ein<br />

natürl<strong>ich</strong>es Ende („wir sterben einmal aus“, Frau B.), auf ein Auslaufen der Haussammlung<br />

hin? Oder gibt es Mögl<strong>ich</strong>keiten, sie – in modifizierter Weise – beizubehalten?<br />

Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es n<strong>ich</strong>t. Gle<strong>ich</strong>wohl wurden durch diese Studie<br />

Mängel und Potentiale der Haussammlung s<strong>ich</strong>tbar, auf die <strong>ich</strong> im folgenden nochmals (bzw.<br />

ergänzend) eingehen werde.<br />

5.1. Bei welchen Personen hat das Ansprechen den größten Erfolg?<br />

Den größten Erfolg hat die Akquirierung von neuen SammlerInnen bei Personen, die in der<br />

Pfarre verwurzelt sind, denen das Pfarrleben ein Anliegen ist, und die aus diesem Hintergrund<br />

heraus mit den Menschen kommunizieren. Grundsätzl<strong>ich</strong>, so Frau C.<br />

„müßte es den Leuten lustig sein, mit den Leuten zu reden. Das muß sowieso ein Mensch sein,<br />

der <strong>gern</strong> ein wenig herum geht und Kontakt hat.“ (Frau C.)<br />

Eine weitere Voraussetzung ist, daß es den betreffenden Personen mit dem sozialen Auftrag<br />

der Kirche ernst sein muß. Die tatsächl<strong>ich</strong>en Chancen einer Zusage sind bei Personen höher,<br />

die ihre grundsätzl<strong>ich</strong>e Bereitschaft für einen Dienst am anderen schon durch ihr Engagement<br />

bei anderen Gelegenheiten (anderen ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten) bekundet haben.<br />

Angenehmer und le<strong>ich</strong>ter ist das Sammeln für Menschen, die einen bestimmten<br />

Bekanntheitsgrad in der Pfarrgemeinde haben, die angesehen sind und geschätzt werden, und<br />

deren innere Überzeugung an der Sache n<strong>ich</strong>t in Frage gestellt ist. Die Mehrzahl der<br />

SammlerInnen bevorzugt es, in der unmittelbaren Nachbarschaft, also dort, wo einen die<br />

Menschen kennen und man s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t lange erklären muß, sammeln zu gehen.<br />

5.2. W<strong>ich</strong>tig ist, genau zu wissen, wofür man sammelt<br />

Auf die W<strong>ich</strong>tigkeit, grundlegender Information zur Caritas-Haussammlung an s<strong>ich</strong> und der<br />

Verwendung der Spendengelder im konkreten, ist schon mehrfach hingewiesen worden (vgl.<br />

Kap.2.8.2, Kap.3.3.1., Kap.3.11.). Daß es dabei aber n<strong>ich</strong>t nur um das Veröffentl<strong>ich</strong>en der<br />

jährl<strong>ich</strong>en Abrechnungen geht, darauf weist Frau C. hin:<br />

„Man kriegt zwar die Zahlen einmal im Jahr. Schaust du dir an, denkst du dir: ja, aha. Aber<br />

das ist ja dann so geballt, das kannst du eigentl<strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t so umsetzen. Seh <strong>ich</strong> das als<br />

Notwendigkeit, daß <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> da engagier? Rein von den Zahlen her, glaub <strong>ich</strong>, kann <strong>ich</strong> das<br />

gar n<strong>ich</strong>t sagen.“ (Frau C.)<br />

Ausschlaggebend ist demnach, ob die Projekte und die Notsituationen der Zielpersonen, für<br />

die die Caritas s<strong>ich</strong> einsetzt, anschaul<strong>ich</strong> gemacht werden können. Überzeugung an und<br />

Identifikation mit einer Sache wächst schließl<strong>ich</strong> weniger auf dem Boden abstrakter Zahlen,<br />

sondern eher durch konkrete Beispiele und mehr noch durch unmittelbaren Kontakt (wie das<br />

Beispiel von Herrn E. zeigt, vgl. Kap.4.3.).<br />

Von seiten der Besammelten besteht in bezug auf die Caritas-Haussammlung vielfach ein<br />

Informationsdefizit. Bei einigen Interviews kam zum Vorschein, daß viele gar n<strong>ich</strong>t wissen,<br />

daß es s<strong>ich</strong> dabei um eine Inlandssammlung handelt. Viele Besammelte fürchten außerdem,


101<br />

daß mit dem Spendengeld vorrangig „Sozialschmarotzer“ unterstützt werden. Daß auch<br />

verschiedenste Caritas-Einr<strong>ich</strong>tungen von diesem Geld profitieren, ist vielfach unbekannt.<br />

Der Vorschlag von Frau C., in der Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit n<strong>ich</strong>t nur auf die Notwendigkeit des<br />

Spendens, sondern auch auf die erfolgre<strong>ich</strong>e Unterstützung von Projekten u.ä. breiter<br />

hinzuweisen (vgl. Kap.4.13.), könnte dieses Informationsdefizit abschwächen <strong>helf</strong>en.<br />

5.3. Teamerlebnisse<br />

Daß man beim Haussammeln alleine unterwegs ist, stellt zweifellos einen negativen Aspekt<br />

dieses Dienstes dar. Wie insbesondere Frau S. meint (Kap.4.13.) würde eine Begleitung<br />

manche Uns<strong>ich</strong>erheiten und auch manchen Ärger abschwächen <strong>helf</strong>en. Haussammeln<br />

bedeutet Stellung-Beziehen. Damit setzt man s<strong>ich</strong> Kritik aus. Diese ist le<strong>ich</strong>ter auszuhalten,<br />

wenn es jemanden gibt, der einem den Rücken stärkt.<br />

Auf die W<strong>ich</strong>tigkeit der Mögl<strong>ich</strong>keit von Reflexion oder auch Supervision zum Abschluß der<br />

Sammlung ist in Kapitel 3.12.1. schon hingewiesen worden. Darüber hinaus erscheint es aber<br />

auch sinnvoll, s<strong>ich</strong> zu überlegen, ob man die Haussammlung n<strong>ich</strong>t so organisieren könnte, daß<br />

die SammlerInnen zu zweit unterwegs sind. Dazu Markus Lehner, der die Haussammlung<br />

n<strong>ich</strong>t auf einen privaten Opfergang Einzelner reduziert wissen möchte:<br />

„Es wird zunehmend w<strong>ich</strong>tig werden, Formen der gemeinsamen Vorbereitung und des<br />

Austausches untereinander zu finden, Team-Erlebnisse zu schaffen. Es kann auch eine<br />

Motivation sein, n<strong>ich</strong>t alleine, sondern zu zweit unterwegs zu sein. Auch Jesus hat die<br />

Jünger n<strong>ich</strong>t alleine, sondern zu zweit auf den Weg geschickt (Lk 10,1).“ (Lehner,<br />

2001, S. 6)<br />

Natürl<strong>ich</strong> erscheint dieser Vorschlag in Anbetracht der Schwierigkeit, neue SammlerInnen zu<br />

finden, als schwer umsetzbar (man bräuchte dann schließl<strong>ich</strong> doppelt so viele<br />

MitarbeiterInnen). Dazu kommt, daß die einzelnen SammlerInnen dabei n<strong>ich</strong>t nur dann die<br />

Haushalte besuchen können, wenn sie selber Zeit haben, sondern auch auf die Zeit einer<br />

zweiten Person Rücks<strong>ich</strong>t nehmen müssen. Andererseits kann es aber durchaus sein, daß s<strong>ich</strong><br />

durch diese Änderung le<strong>ich</strong>ter MitarbeiterInnen finden lassen. Vorstellbar wäre auch, daß die<br />

HaussammlerInnen (wie z.B. die Sternsinger) an vorher festgelegten Tagen s<strong>ich</strong> treffen, von<br />

dem gemeinsamen Treffpunkt aus jeweils zu zweit „ausschwärmen“ und schließl<strong>ich</strong> wieder in<br />

die Gruppe zurückkehren.<br />

5.4. Koppelung des Haussammelns mit anderen pfarrl<strong>ich</strong>en Gruppen<br />

In Kapitel 3.12. wurde der Vorschlag behandelt, das Haussammeln mit dem Pfarrblatt-<br />

Austragen zu koppeln. In manchen Pfarren wird, wie die Ergebnisse der Fragebogen-<br />

Erhebung zeigen, die Haussammlung von der KFB, dem PGR oder anderen pfarrl<strong>ich</strong>en<br />

Organisationen getragen. Auch von SprengelmitarbeiterInnen war die Rede. Vorausgesetzt<br />

natürl<strong>ich</strong>, daß die einzelnen Mitglieder dazu bereit sind, könnte das Zurückgreifen auf bereits<br />

bestehende Gruppen zum einen die Suche nach Einzelpersonen obsolet machen, zum anderen<br />

dem oben beschriebenen Mangel an Gemeinschaft bzw. Gemeinschaftsgefühl ab<strong>helf</strong>en. In<br />

Verbindung mit dem Vorschlag aus Kapitel 5.3. könnte das so aussehen, daß s<strong>ich</strong> die<br />

Mitglieder von zum Beispiel KFB und KMB (oder zusätzl<strong>ich</strong> anderen pfarrl<strong>ich</strong>en Gruppen –<br />

je nachdem, wie groß das Pfarrgebiet ist) gemeinsam treffen und jeweils zu zweit sammeln<br />

gehen.


102<br />

5.5. Ausgle<strong>ich</strong> zwischen Geben und Nehmen<br />

Ein oft genannter als unangenehm erlebter Aspekt des Haussammelns ist der Umstand, daß<br />

die SammlerInnen um et<strong>was</strong> bitten ohne ihrerseits et<strong>was</strong> zu geben. Um diese Asymmetrie<br />

abzuschwächen wurde in Kapitel 3.12. vorgeschlagen, die seelsorgerl<strong>ich</strong>e Komponente des<br />

Haussammelns hervorzuheben (Bsp.2) bzw. zusätzl<strong>ich</strong> zum Besuch im Zuge der<br />

Haussammlung Krankenbesuche vorzunehmen (Bsp.3.).<br />

Eine Diskussion darüber, ob es noch andere Mögl<strong>ich</strong>keiten des „Ausgle<strong>ich</strong>s“ gibt, kann –<br />

insbesondere wenn sie mit den Betroffenen selbst geführt wird – sehr fruchtbar sein.<br />

5.6. Haussammlung „light“<br />

Manche Pfarren praktizieren die Haussammlung in der Form, daß Kuverts, mit Erlagscheinen<br />

bestückte Briefe, Sammelsäckchen oder ähnl<strong>ich</strong>es in den Haushalten abgegeben werden, und<br />

entweder zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgeholt oder von den Spendern selbst in der<br />

Pfarre abgegeben werden (vgl. Bsp.5, Kap.3.12.). Neben dem Vorteil für die Besammelten,<br />

daß dadurch ein anonymes Spenden mögl<strong>ich</strong> wird, hat diese Praxis auch für die<br />

SammlerInnen positive Aspekte. Die HaussammlerInnen haben dabei primär die Rolle von<br />

Übermittelnden. Diese Rolle erle<strong>ich</strong>tert ihnen das innere Distanzhalten zu allfälliger Kritik<br />

von seiten der Besammelten.<br />

Um so mehr gilt das, wenn schriftl<strong>ich</strong>e Bitten um Spenden ähnl<strong>ich</strong> wie das Pfarrblatt (näml<strong>ich</strong><br />

über die Briefkästen) den Haushalten überbracht werden. Der pastorale Aspekt gerät in<br />

diesem Fall natürl<strong>ich</strong> ins Hintertreffen (deshalb auch die Beze<strong>ich</strong>nung „Haussammlung<br />

light“). Tatsache ist aber, daß für viele gerade aus diesem Grund, näml<strong>ich</strong> weil das persönl<strong>ich</strong>konkrete<br />

Bitten als unangenehm empfunden wird, das Haussammeln n<strong>ich</strong>t in Betracht kommt.<br />

Aus Gründen der Effizienz (und um Postgebühren zu sparen, wie Frau T. anmerkte, vgl.<br />

Kap.4.13.) ist diese Light-Variante aber durchaus gerechtfertigt.<br />

5.7. Alternativen zum persönl<strong>ich</strong>en Sammeln<br />

Es hat natürl<strong>ich</strong> keinen Sinn, die Caritas-Haussammlung auf Biegen und Brechen persönl<strong>ich</strong><br />

durchführen zu wollen. Wenn s<strong>ich</strong> keine SammlerInnen finden lassen, bleibt n<strong>ich</strong>ts anderes,<br />

als dem ins Auge zu sehen, und s<strong>ich</strong> andere Formen der Sammlung zu überlegen. Wie die<br />

Beispiele aus Kapitel 3.13. (Welche Erfahrungen machten die Pfarren, die keine persönl<strong>ich</strong>e<br />

Haussammlung durchführen?) zeigten, muß das n<strong>ich</strong>t unbedingt nur nachteilig sein. Auch<br />

eine Fragebogen-Pfarre machte durchaus positive Erfahrungen:<br />

„Ich finde die Durchführung mit Erlagschein und persönl<strong>ich</strong>em Schreiben des Pfarrers ist<br />

sowohl für die Sammler als auch für die Angesprochenen wesentl<strong>ich</strong> angenehmer, und<br />

zumindest bei uns genauso erfolgre<strong>ich</strong>.“<br />

Erlagschein- oder Kirchensammlung können für manche (insbesondere für städtische) Pfarren<br />

tatsächl<strong>ich</strong> die beste Option darstellen.<br />

Als Alternative zur persönl<strong>ich</strong>en Sammlung sind auch weitere Varianten vorstellbar. Ich<br />

erinnere hier an den Vorschlag von Frau T., einen Flohmarkt oder andere<br />

Benefizveranstaltungen zu organisieren, deren Erlös der Caritas zugute kommt. Die sozialen<br />

Kapazitäten von Pfarrmitgliedern, die durch einen Wegfall des persönl<strong>ich</strong>en Sammelns frei<br />

werden, könnten schließl<strong>ich</strong> in anderen Betätigungsfeldern Anwendung finden – wie Frau C.<br />

meint:


103<br />

„Aber, es gibt natürl<strong>ich</strong> viele Dinge, wo <strong>ich</strong> sag, <strong>ich</strong> kann denen auch <strong>helf</strong>en. Das muß n<strong>ich</strong>t<br />

unbedingt die Caritas-Haussammlung sein.“ (Frau C.)<br />

Der pastorale Aspekt und die seelsorgerl<strong>ich</strong>e Komponente sind ein w<strong>ich</strong>tiges Motiv bei der<br />

traditionellen von-Tür-zu-Tür-Sammlung. Sie sind aber auch für s<strong>ich</strong> stehend von großem<br />

Wert. Die Hausbesuche werden insbesondere bei älteren Personen als sehr positiv aufgefaßt.<br />

Der Umstieg auf andere als persönl<strong>ich</strong>e Sammlungsformen muß n<strong>ich</strong>t notwendigerweise mit<br />

einem Verlust dieses Aspekts einhergehen. Es ist durchaus mögl<strong>ich</strong>, Haussammlung und<br />

persönl<strong>ich</strong>e Kontaktaufnahme zu entkoppeln. (Einige InterviewpartnerInnen bezweifelten<br />

generell, daß die Haussammlung den geeigneten Rahmen für pastorale und seelsorgerl<strong>ich</strong>e<br />

Anliegen abgeben würde, vgl. Kap.4.14.). In bezug auf ältere Pfarrmitglieder wären hier zum<br />

Beispiel Krankenbesuche oder Besuche anläßl<strong>ich</strong> von Geburtstagen - wie es viele Pfarren<br />

schon praktizieren – denkbar. Eine Kontaktaufnahme mit jüngeren Pfarrmitgliedern,<br />

(kirchenfernstehenden Personen, zugezogenen Familien, etc.) könnte eventuell durch das<br />

persönl<strong>ich</strong>e Überbringen des Pfarrblattes vonstatten gehen. Welche konkreten Formen<br />

welchen Zielgruppen (unterschieden nach Alter, nach Nahverhältnis zur Pfarre oder Kirche,<br />

u.ä.) angemessen sind, wird im einzelnen noch zu überlegen sein.<br />

5.8. Bewußtseinsarbeit<br />

Die Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit der Caritas zum Thema Haussammlung zielt in erster Linie darauf<br />

ab, die Spendenbereitschaft der Besammelten zu erhöhen. Mit welchen Schlagworten kann<br />

darüber hinaus das Bewußtsein von der W<strong>ich</strong>tigkeit des Haussammelns auch bei den<br />

potentiellen SammlerInnen gesteigert werden?<br />

Das Haussammeln wird unter <strong>anderem</strong> deswegen als unangenehm empfunden, weil sie den<br />

einzelnen Sammler/die einzelne Sammlerin mit der menschl<strong>ich</strong>en Hilfsbedürftigkeit, dem<br />

Angewiesen-Sein auf andere konfrontiert. Es kratzt am Mythos der Unabhängigkeit, an einem<br />

Selbstbild, das seine Stärke daraus bezieht, keinen anderen zu brauchen, auf niemanden<br />

angewiesen zu sein (vgl. Kap.4.12.1.). Eine Öffentl<strong>ich</strong>keitsarbeit, die dahin geht, diesen<br />

Mythos zu entkräften, kann m.E. sinnvoll sein. Unter dem Motto „Wir erre<strong>ich</strong>en das<br />

Himmelre<strong>ich</strong> nur gemeinsam“ könnte darauf hingewiesen werden, daß unsere Schicksale<br />

miteinander verwoben sind, oder, wie Heinz Harbach meint:<br />

„Die Nächstenliebe gründet auf der Erfahrung der ,Einheit mit allen Menschen’.<br />

Dieses Gefühl der menschl<strong>ich</strong>en ,Solidarität’ befähigt uns, den Anderen in uns zu<br />

,erkennen’. Nächstenliebe ist nach Fromm Liebe zwischen ,im Kern gle<strong>ich</strong>en’.<br />

Insofern wir Menschen sind, sind wir auf Hilfe angewiesen - heute <strong>ich</strong>, morgen du.<br />

Aber dieses Angewiesensein auf Hilfe heißt n<strong>ich</strong>t, daß der eine hilflos und der andere<br />

mächtig ist. Hilflosigkeit ist ein vorübergehender Zustand.“ (Harbach, 1992, S. 232f.).<br />

Überhaupt wäre es vielle<strong>ich</strong>t heilsam, ins Bewußtsein zu rücken, daß jene, die (momentan)<br />

keiner Hilfe bedürfen, n<strong>ich</strong>t besser sind als jene, die (momentan) auf Hilfe angewiesen sind;<br />

die Betonung darauf zu legen, daß jene, die gerade mehr haben (an Kraft, an Ausdauer, an<br />

Wissen, an Liebe, an Materiellem), jenen geben, die gerade weniger haben; ein Bild zu<br />

ze<strong>ich</strong>nen von einem Geben, das s<strong>ich</strong> aus einer Fülle heraus verschenkt, verschenken will.


104<br />

6. Anhang<br />

6.1. Fragebogen an die Pfarren<br />

Sehr geehrte Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>e,<br />

sehr geehrter Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>er!<br />

Sie halten hier einen Fragebogen zum Thema Caritas-Haussammlung in der Hand. Dieser<br />

Fragebogen ist Teil einer sozialwissenschaftl<strong>ich</strong>en Untersuchung zu diesem Thema und hat<br />

zum Ziel, die konkrete Situation in den einzelnen Pfarren zu erheben. Konkret geht es dabei<br />

um die Untersuchung der Schwierigkeit, neue SammlerInnen für die Haussammlung zu<br />

gewinnen. Uns ist bewußt, daß das Ausfüllen mancher Fragen (insbesondere jener nach<br />

Alter und Beruf der SammlerInnen) einige Mühe abverlangt. Wir bitten Sie, diese Fragen<br />

aber auf jeden Fall zu beantworten bzw. die Zahlenangaben zu schätzen, wenn Sie über<br />

keine konkreten Daten verfügen.<br />

Bitte schicken Sie den ausgefüllten Fragebogen an folgende Adresse:<br />

Pfarrcaritas<br />

Hafnerstraße 28<br />

4020 Linz<br />

Fax: 0732 / 7610 - 2399<br />

Bei offenen Fragen wenden Sie s<strong>ich</strong> bitte an die Pfarrcaritas, Frau Zeiner (0732 / 7610 -<br />

2348) oder an Andrea Schrattenecker (0732 / 778923).<br />

Herzl<strong>ich</strong>en Dank für Ihre Mitarbeit!<br />

Andrea Schrattenecker<br />

Fragen zur Haussammlung 2000<br />

1. Name der Pfarrgemeinde (bitte eintragen):<br />

__________________________________<br />

2. Wieviele Pfarrmitglieder zählt Ihre Pfarrgemeinde? (Die Angabe einer ungefähren<br />

Zahl genügt.)<br />

_____________ Pfarrmitglieder


105<br />

3. Ist die Pfarrgemeinde dem städtischen oder dem ländl<strong>ich</strong>en Bere<strong>ich</strong> zuzuordnen?<br />

(Zutreffendes bitte ankreuzen.)<br />

ländl<strong>ich</strong>er Bere<strong>ich</strong><br />

städtischer Bere<strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t eindeutig einem Bere<strong>ich</strong> zuordenbar<br />

<br />

<br />

<br />

4. Wie würden Sie insgesamt das ehrenamtl<strong>ich</strong>e Engagement der Pfarrmitglieder in<br />

Ihrer Pfarre beze<strong>ich</strong>nen? (Zutreffendes bitte ankreuzen.)<br />

sehr hoch<br />

durchschnittl<strong>ich</strong><br />

eher gering<br />

<br />

<br />

<br />

5. In welcher Form wurde in Ihrer Pfarre die Haussammlung 2000 durchgeführt?<br />

(Zutreffendes bitte ankreuzen. Falls in Ihrer Pfarre mehrere Arten der Sammlung<br />

durchgeführt werden, kreuzen Sie bitte nur die Form an, die in der Praxis das größte<br />

Gew<strong>ich</strong>t hat.)<br />

von Haus zu Haus<br />

Verteilung von Zahlscheinen in den Pfarrhaushalten<br />

Zahlschein-Beilage im Pfarrblatt<br />

Kirchensammlung<br />

Brief des Pfarrers mit Zahlschein<br />

Pfarreigene Broschüre mit Zahlschein<br />

Sonstiges, näml<strong>ich</strong> ... _________________________________<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

_________________________________________________<br />

Falls in Ihrer Pfarre die Haussammlung 2000 n<strong>ich</strong>t in Form einer von-Haus-zu-Haus-<br />

Sammlung durchgeführt wurde:<br />

5.1. Bitte geben Sie die Gründe an, warum auf die persönl<strong>ich</strong>e Sammlung verz<strong>ich</strong>tet wurde:<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________


106<br />

Die weiteren Fragen beziehen s<strong>ich</strong> auf Pfarren, in denen die Haussammlung von-Tür-zu-<br />

Tür durchgeführt wurde. (Falls Ihre Pfarre im Jahr 2000 keine von-Haus-zu-Haus-<br />

Sammlung durchführte, fahren Sie bitte ab Frage 12 mit dem Ausfüllen fort und beziehen Sie<br />

die Fragen 12, 13, 14, 15 und 16 auf den letzmaligen Versuch, eine von-Haus-zu-Haus-<br />

Sammlung durchzuführen).<br />

6. Wieviele Personen waren als SammlerInnen an der Haussammlung 2000 beteiligt?<br />

(Falls Sie keine konkreten Daten zur Verfügung haben, geben Sie bitte eine geschätzte<br />

Zahl an.)<br />

__________ Personen<br />

7. Wieviele Frauen, wieviele Männer waren unter den SammlerInnen? (Falls Sie keine<br />

konkreten Daten zur Verfügung haben, geben Sie bitte eine geschätzte Zahl an.)<br />

Frauen: _____________<br />

Männer: ____________<br />

8. Wie alt waren die SammlerInnen der Haussammlung 2000? (Schreiben Sie bitte die<br />

Zahl der Personen, die der jeweiligen Altersgruppe angehören, in die folgende Tabelle.<br />

Wenn mögl<strong>ich</strong>, führen Sie auch an, wieviele Frauen u. Männer s<strong>ich</strong> in den jeweiligen<br />

Altersgruppen befinden. Falls Sie über keine konkreten Zahlen verfügen, bitten wir Sie<br />

auch hier wieder um eine Schätzung).<br />

Anzahl der<br />

Personen<br />

davon<br />

weibl<strong>ich</strong><br />

davon<br />

männl<strong>ich</strong><br />

jugendl<strong>ich</strong> (bis 20<br />

Jahre) ............... .......... ..........<br />

junge Erwachsene (21<br />

bis 30 Jahre) ............. ............. ...........<br />

Erwachsene mittleren<br />

Alters (31 bis 60 Jahre) ............... .......... ............<br />

Senioren (ab 61 Jahren) ............. ......... ...........


107<br />

9. Welchen Beschäftigungsgruppen sind die SammlerInnen zuzuordnen? (Schreiben<br />

Sie bitte die Zahl der Personen, die der jeweiligen Gruppe angehören, in die folgende<br />

Tabelle. Wenn mögl<strong>ich</strong>, führen Sie auch an, wieviele Frauen u. Männer s<strong>ich</strong> in den<br />

jeweiligen Gruppen befinden. Falls Sie über keine konkreten Zahlen verfügen, bitten wir<br />

Sie auch hier wieder um eine Schätzung).<br />

Anzahl der<br />

Personen<br />

davon<br />

weibl<strong>ich</strong><br />

davon<br />

männl<strong>ich</strong><br />

in Ausbildung<br />

................. ................. .................<br />

Vollzeit-erwerbstätig<br />

............... ................. .................<br />

Vollzeit-<br />

Hausfrau/Hausmann ................. ................. .................<br />

Teilzeit-erwerbstätig<br />

................. ................. .................<br />

Bauer/Bäuerin<br />

................. ................. .................<br />

in Pension<br />

................. ................. .................<br />

sonstige<br />

............... ................. .................<br />

10. Wie geht die Anwerbung von SammlerInnen vor s<strong>ich</strong>? (Zutreffendes bitte ankreuzen,<br />

Mehrfachnennungen sind mögl<strong>ich</strong>.)<br />

persönl<strong>ich</strong>es Ansprechen<br />

<br />

Ausschreibung im Pfarrblatt oder ähnl. Medien <br />

Verlautbarung nach der Messe<br />

<br />

sonstiges, näml<strong>ich</strong> ________________________________<br />

_________________________________________________<br />

11. Wie erfolgre<strong>ich</strong> ist die Anwerbung? (Zutreffendes bitte ankreuzen.)<br />

sehr<br />

erfolgre<strong>ich</strong><br />

mittelmäßig<br />

erfolgre<strong>ich</strong><br />

wenig<br />

erfolgre<strong>ich</strong><br />

persönl<strong>ich</strong>es Ansprechen <br />

Ausschreibung im Pfarrblatt oder ähnl.<br />

Medien <br />

Verlautbarung nach der Messe <br />

sonstiges, näml<strong>ich</strong> ...<br />

<br />

_______________________________


108<br />

12. Wie begründeten Personen, die gefragt worden sind, ob sie als SammlerInnen bei der<br />

Haussammlung mitwirken würden, ihre Absagen? Welche Gründe wurden wie oft<br />

genannt? (Zutreffendes bitte ankreuzen.)<br />

oft manchmal nie<br />

„Ich habe keine Zeit“ <br />

<strong>„Bei</strong> <strong>was</strong> <strong>anderem</strong> <strong>helf</strong> <strong>ich</strong> <strong>gern</strong>e, aber sammeln gehen<br />

will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t“ <br />

„Mir ist es unangenehm, betteln zu gehen“ <br />

„Ich lehne diese Form der Sammlung prinzipiell ab“ <br />

„Ich bin schon einmal sammeln gegangen und habe<br />

schlechte Erfahrungen damit gemacht“ <br />

„Mit dem Geld der Haussammlung wird nur Leuten<br />

geholfen, die n<strong>ich</strong>t arbeiten wollen“ <br />

sonstiges, näml<strong>ich</strong> ...<br />

<br />

____________________________________________<br />

13. Wieviele SammlerInnen fehlten bei der Sammlung 2000, um die von Haus-zu-Haus-<br />

Sammlung gut und flächendeckend organisieren zu können bzw. um einzelne<br />

Ehrenamtl<strong>ich</strong>e n<strong>ich</strong>t überzubelasten? (Nennen Sie bitte eine geschätzte Zahl.)<br />

_________ Personen<br />

14. Wie würden Sie in Ihrer Pfarre das Problem, neue SammlerInnen zu finden, beurteilen?<br />

(Zutreffendes bitte ankreuzen.)<br />

In unserer Pfarre stellt s<strong>ich</strong> dieses Problem n<strong>ich</strong>t. Wir haben genügend<br />

SammlerInnen.<br />

Wir finden sehr schnell neue SammlerInnen<br />

Es ist mühsam, neue SammlerInnen zu finden, aber letztendl<strong>ich</strong> schaffen<br />

wir es doch immer wieder.<br />

Es gelingt uns kaum, neue SammlerInnen zu gewinnen.<br />

sonstiges, näml<strong>ich</strong> .....<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

___________________________________________________________<br />

___________________________________________________________


109<br />

15. Welche Art von Unterstützung von seiten des Pfarrers und des Pfarrgemeinderates<br />

finden Sie in Hinblick auf dieses Problem sinnvoll? (Geben Sie hier bitte Ihre<br />

Anmerkungen und Anregungen wieder.)<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

16. Welche Art von Unterstützung von seiten der Diözesan-Caritas wäre in Hinblick auf<br />

dieses Problem Ihrer Meinung nach sinnvoll? (Geben Sie hier bitte Ihre Anmerkungen<br />

und Anregungen wieder.)<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

____________________________________________________________________<br />

Linz, Jänner 2001


110<br />

6.2. Leitfaden für die Interviews mit den Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

ausgewählter Pfarren<br />

Leitfaden für die Interviews mit Haussammlungsverantwortl<strong>ich</strong>en<br />

ausgewählter Pfarren<br />

1) Situation der Haussammlung in der Pfarre.<br />

Wieviele Rayons gibt es? (Wie viele SammlerInnen sind dafür nötig?)<br />

Gibt es genügend HaussammlerInnen?<br />

wenn ja: wie ist das Anwerben vor s<strong>ich</strong> gegangen?<br />

war es schwierig/le<strong>ich</strong>t?<br />

wenn nein: wieviele SammlerInnen fehlen?<br />

wie gehen Sie mit diesem Problem um (einfach unbesetzt lassen,<br />

andere Formen der Sammlung, Rayons vergrößern?)<br />

Welchen Raum nehmen andere Sammlungsformen ein?<br />

(Erlagscheine, Kirchensammlung)<br />

Gibt es Unterschiede je nach Rayon? (z.B. Rayons, in denen immer genug<br />

SammlerInnen da sind, Rayons, in denen Nachbesetzungen eher schwierig<br />

sind,...)<br />

Wenn ja: Mit <strong>was</strong> hängt das Ihrer Meinung nach zusammen? (Charakter der<br />

Wohnsiedlung, soziale Herkunft der Bewohner,...)<br />

Wie ist es insgesamt um pfarrl<strong>ich</strong>es Engagement von Pfarrmitgliedern bestellt?<br />

(reges Pfarrgemeindeleben, viele Angebote von pfarrl<strong>ich</strong>er Seite - eher wenige<br />

Aktivitäten, wenig Beteiligung der Pfarrmitglieder)<br />

2) Zusammensetzung der SammlerInnen<br />

Wie lassen s<strong>ich</strong> die SammlerInnen beschreiben?<br />

Ist das vermehrt eine best. Altersgruppe, ein best. Geschlecht, eine best.<br />

Berufsgruppe,..<br />

Sind das vorwiegend Menschen, die in anderen pfarrl<strong>ich</strong>en Bere<strong>ich</strong>en auch<br />

aktiv sind? (KFB, KMB,... Pfarrgemeinderat,...)<br />

Sind auch Menschen darunter, die im Pfarrgemeindeleben n<strong>ich</strong>t aktiv sind?<br />

Wie viel Zeit nimmt das Sammeln-Gehen durchschnittl<strong>ich</strong> für eine Sammlerin/einen<br />

Sammler in Anspruch? (wieviel Stunden über welchen Zeitraum?)


111<br />

3) Motivationen für das Engagement<br />

Ist Ihnen et<strong>was</strong> darüber bekannt, aus welchen Gründen die SammlerInnen sammeln<br />

gehen? (bei einer guten Sache <strong>helf</strong>en wollen,... Loyalität zur Pfarre,.......<br />

gebraucht werden,...)<br />

Lassen s<strong>ich</strong> Unterschiede in den Motivationen nach best. Kriterien (Alter,<br />

Geschlecht, Beruf,..) ausmachen (z.B. Ältere Personen gehen eher aus<br />

Loyalität zur Pfarre, etc...)?<br />

Was ist Ihre Motivation dafür, daß Sie die Verantwortung über die Haussammlung in<br />

Ihrer Pfarre übernommen haben?<br />

Wie geht es Ihnen bei dieser Aufgabe? (geht es Ihnen gut, macht es Ihnen Freude,<br />

fühlen Sie s<strong>ich</strong> überfordert, bräuchten Sie Unterstützung, empfinden Sie sie als<br />

dankbare/undankbare Aufgabe,...)?<br />

4) Akquirierung von SammlerInnen<br />

Wie gehen Sie bei der Suche nach neuen SammlerInnen vor?<br />

(Ausendungen im Pfarrblatt, Aufrufe bei der Messe,.... persönl<strong>ich</strong>es<br />

Anreden?)<br />

Wie gehen Sie beim persönl<strong>ich</strong>en Anreden vor?<br />

Nach welchen Kriterien treffen Sie eine Auswahl von in Frage kommenden<br />

Personen? (persönl. Bekanntschaft, nach Empfehlungen anderer<br />

SammlerInnen, Engagement in anderen pfarrl. Bere<strong>ich</strong>en,<br />

Bekanntheitsgrad der Person, Zeitressourcen der Person,...)<br />

Wie erfolgre<strong>ich</strong> sind Sie dabei? (Finden Sie auf diese Art u. Weise schnell jemanden<br />

oder ist es eher schwierig u. mühsam, oder gar n<strong>ich</strong>t von Erfolg gekrönt?)<br />

5) Gründe für die Ablehnung<br />

Welche Gründe werden Ihnen genannt, wenn eine Person die Bitte auf Übernahme<br />

einer SammlerInnentätigkeit ausschlägt?<br />

objektive Gründe: mangelnde Zeit, schlechter Gesundheitszustand, wenig<br />

Kontakt zu den Nachbarn,....<br />

subjektive Gründe: will n<strong>ich</strong>t betteln gehen, keine positive Haltung zur<br />

Caritas/Kirche, Scheu,...<br />

Wie gehen Sie mit Absagen um?<br />

Akzeptieren Sie das einfach oder versuchen Sie zu argumentieren, zu<br />

motivieren?


112<br />

6) Mögl<strong>ich</strong>e Ursachen des Problems<br />

Was ist Ihrer Meinung nach die Wurzel des Problems, daß es so schwierig ist, neue<br />

SammlerInnen zu gewinnen?<br />

Besteht ein Zusammenhang zu anderen frw. Diensten in der Pfarre bzw. Gemeinde?<br />

Ist es dort genauso schwierig, ehrenamtl<strong>ich</strong>e MitarbeiterInnen zu gewinnen?<br />

Inwieweit spielt in Ihrer Pfarre die Persönl<strong>ich</strong>keit des Pfarrers eine Rolle beim<br />

Funktionieren der persönl<strong>ich</strong>en Haussammlung?<br />

7) Mögl<strong>ich</strong>e Abhilfen<br />

Welche Art von Hilfe von seiten der Diözesancaritas wäre in diesem Falle sinnvoll?<br />

Welche bereits angebotenen Unterstützungen der Diözesancaritas kommen<br />

gut an, welche sind überflüssig? (Meßvorlagen, Info-Abende,<br />

Begleitschreiben,...)<br />

Haben Sie Ideen, wie man die Haussammlung anders organisieren könnte, um sie<br />

attraktiver zu gestalten (kleinere Rayons, Einbettung in et<strong>was</strong> anderes, z.B.<br />

Pfarrblatt-Austragen,... zu zweit sammeln gehen,...)<br />

8) Nennung von mögl. InterviewpartnerInnen<br />

Für einen späteren Teil der Studie sind Interviews mit Menschen, die sammeln<br />

gehen, und Menschen, bei denen angefragt worden ist, ob sie diesen Dienst<br />

übernehmen würden, die aber abgelehnt haben, vorgesehen.<br />

Könnten Sie mir Personen aus diesen beiden Gruppen nennen, auf die <strong>ich</strong> dann<br />

später zurückkommen kann?<br />

→ Muß n<strong>ich</strong>t sofort sein, kann auch nach Nachfrage bei den konkreten<br />

Personen geschehen.<br />

Tel. Nachfrage meinerseits ab Feb. 2001)


113<br />

6.3. Leitfaden der Interviews mit den SammlerInnen<br />

LEITFADEN FÜR SAMMLERINNEN<br />

Alter:<br />

Beruf:<br />

Anzahl und Alter der Kinder:<br />

1) Einleitung<br />

Sie gehen für die Caritas Haussammeln: Seit wann machen Sie das? (Durchgehend?)<br />

Können Sie mir ein bißchen erzählen, wie das angefangen hat, wie Sie überhaupt<br />

dazu gekommen sind?<br />

Sind Sie von jemandem angesprochen worden? Von wem?<br />

In welchem Rahmen sind Sie angesprochen worden?<br />

Haben Sie gle<strong>ich</strong> zugesagt oder haben Sie länger überlegen müssen?<br />

Was haben Sie überlegt? Was waren die Für und Wider?<br />

Wie ist es letztendl<strong>ich</strong> zu dieser Entscheidung gekommen?<br />

Warum gehen Sie also sammeln?<br />

soziale Verantwortung,<br />

dem Pfarrer zuliebe<br />

aus Freude daran,...<br />

n<strong>ich</strong>t Nein-Sagen trauen<br />

2) Anderweitiges ehrenamtl<strong>ich</strong>es Engagement<br />

Sind Sie in anderen pfarrl<strong>ich</strong>en Bere<strong>ich</strong>en auch noch aktiv?<br />

In welchen Bere<strong>ich</strong>en?<br />

Was machen Sie dort? In welchem Ausmaß?<br />

Warum machen Sie das?<br />

Tun Sie das <strong>gern</strong>?<br />

Wenn Sie das mit dem Sammeln-Gehen vergle<strong>ich</strong>en ....<br />

Waren Sie in der Vergangenheit irgendwo engagiert?


114<br />

Wenn Sie s<strong>ich</strong> selber beschreiben, <strong>was</strong> würden Sie da sagen?<br />

Sind Sie ein Mensch, der le<strong>ich</strong>t auf andere zugehen kann? ein Mensch, dem<br />

das Soziale w<strong>ich</strong>tig ist,....... ein Mensch, der zupackt, wenn er gebraucht<br />

wird,....?<br />

(Einstellung, Charakter)<br />

3) Sammeln-Gehen<br />

Wie geht es Ihnen beim Haussammeln?<br />

Was gefällt Ihnen daran?<br />

In der Regel macht man ja n<strong>ich</strong>ts, wenn man n<strong>ich</strong>t irgendet<strong>was</strong> daraus gewinnen<br />

kann. → Was kriegen Sie durch das Sammeln zurück?<br />

Anerkennung,<br />

das Gefühl, einen w<strong>ich</strong>tigen Beitrag geleistet zu haben,<br />

schöne Begegnungen mit Menschen,....<br />

Gibt es Aspekte, die Ihnen n<strong>ich</strong>t so taugen? Warum n<strong>ich</strong>t?<br />

Und insgesamt betrachtet: Machen Sie das <strong>gern</strong>e oder ist es für Sie eine unangenehme<br />

Arbeit, die einfach getan werden muß?<br />

Freuen Sie s<strong>ich</strong> auf die Haussammlung?<br />

Können Sie mir ein für Sie besonders schönes Erlebnis im Zusammenhang mit dem<br />

Sammeln-Gehen schildern?<br />

Können Sie mir ein für Sie unangenehmes Erlebnis im Zusammenhang mit dem<br />

Sammeln-Gehen schildern?<br />

Wieviel Zeit nimmt das Sammeln für Sie in etwa in Anspruch?<br />

Haben Sie die Entscheidung, sammeln zu gehen, schon mal bereut? Warum?<br />

Würden Sie diesen Dienst anderen empfehlen? Warum? Warum n<strong>ich</strong>t?<br />

Gibt es et<strong>was</strong>, das diesen Dienst angenehmer, attraktiver für Sie machen würde?<br />

Glauben Sie, daß s<strong>ich</strong> die unangenehmen Aspekte, die Sie genannt haben, irgendwie<br />

abschwächen, verhindern lassen? Wie? Warum n<strong>ich</strong>t?<br />

Warum glauben Sie, lassen s<strong>ich</strong> für diesen Dienst so schwer Leute finden?<br />

Was könnte man dagegen tun?


115<br />

6.4. Leitfaden der Interviews mit den N<strong>ich</strong>t-SammlerInnen<br />

LEITFADEN FÜR NICHT-SAMMLERINNEN<br />

Alter:<br />

Beruf:<br />

Familienstand:<br />

Anzahl und Alter der Kinder:<br />

1) Ehrenamtl<strong>ich</strong>es Engagement<br />

Sind Sie in der Pfarre ehrenamtl<strong>ich</strong> aktiv? Sind Sie irgendwo anders<br />

ehrenamtl<strong>ich</strong> aktiv?<br />

In welchen Bere<strong>ich</strong>en?<br />

Was machen Sie dort? In welchem Ausmaß?<br />

Wie lange machen Sie das schon?<br />

Wie ist es dazu gekommen, daß Sie damit angefangen haben?<br />

(sind Sie angesprochen worden,<br />

haben Sie selbst die Initiative ergriffen?)<br />

Warum machen Sie das?<br />

Tun Sie das <strong>gern</strong>?<br />

Waren Sie in der Vergangenheit irgendwo engagiert?<br />

2) Sammeln-Gehen<br />

Nach meinen Informationen sind Sie ja gefragt worden, ob Sie bei der Caritas-<br />

Haussammlung mitmachen....<br />

Von wem sind Sie angesprochen worden?<br />

In welchem Rahmen?<br />

Haben Sie gle<strong>ich</strong> abgesagt oder haben Sie länger überlegen müssen?<br />

Was haben Sie überlegt? Was waren die Für und Wider?<br />

Wie ist es letztendl<strong>ich</strong> zu dieser Entscheidung gekommen?


116<br />

Wenn Sie s<strong>ich</strong> selber beschreiben, <strong>was</strong> würden Sie da sagen?<br />

Sind Sie ein Mensch, der le<strong>ich</strong>t auf andere zugehen kann? ein Mensch, dem<br />

das Soziale w<strong>ich</strong>tig ist,....... ein Mensch, der zupackt, wenn er gebraucht<br />

wird,....?<br />

(Einstellung, Charakter)<br />

Wenn Sie das Haussammeln mit anderen ehrenamtl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten<br />

vergle<strong>ich</strong>en, <strong>was</strong> macht für Sie da den Unterschied aus?<br />

Warum kommt das Haussammeln für Sie n<strong>ich</strong>t in Frage?<br />

(unangenehm<br />

betteln gehen<br />

als lästig empfunden werden<br />

negative Reaktionen der Besammelten)<br />

Aus welchen Gründen glauben Sie machen andere bei der Haussammlung mit?<br />

soziale Verantwortung,<br />

dem Pfarrer zuliebe<br />

aus Freude daran,...<br />

n<strong>ich</strong>t Nein-Sagen trauen<br />

Würden Sie diesen Dienst anderen empfehlen? Warum? Warum n<strong>ich</strong>t?<br />

Gibt es et<strong>was</strong>, das diesen Dienst für Sie angenehmer, attraktiver machen<br />

würde?<br />

Glauben Sie, daß s<strong>ich</strong> die unangenehmen Aspekte, die Sie genannt haben,<br />

irgendwie abschwächen, verhindern lassen? Wie? Warum n<strong>ich</strong>t?<br />

Warum glauben Sie, lassen s<strong>ich</strong> für diesen Dienst so schwer Leute finden?<br />

Was könnte man dagegen tun?<br />

Wie beurteilen Sie das persönl<strong>ich</strong>e Sammeln insgesamt?<br />

soll unbedingt erhalten bleiben<br />

n<strong>ich</strong>t mehr zeitgemäß


117<br />

7. Verwendete Literatur<br />

Albrecht, Günter/ Groenemeyer, Axel/ Stallberg, Friedr<strong>ich</strong> W. (Hg.): Handbuch soziale<br />

Probleme. Opladen/Wiesbaden, 1999<br />

Badelt, Christoph (Hg.): Handbuch der Nonprofit Organisation. Strukturen und Management.<br />

Stuttgart 1997.<br />

Badelt, Christoph / Hollerweger, Eva: Das Volumen ehrenamtl<strong>ich</strong>er Arbeit in Österre<strong>ich</strong>.<br />

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Beher, Karin / Liebig, Reinhard / Rauschenbach, Thomas: Strukturwandel des Ehrenamts.<br />

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Bierhoff, Hans Werner: Helfer, Helfen, Altruismus. IN: Albrecht, Günter/ Groenemeyer,<br />

Axel/ Stallberg, Friedr<strong>ich</strong> W. (Hg.): Handbuch soziale Probleme. Opladen/Wiesbaden,<br />

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für ein Leitbild. Freiburg im Breisgau, 1994 (S. 90 –93)<br />

Born, Gudrun: Sozial Engagierte in Gemeinden zwischen Predigt und Praxis. Freiburg im<br />

Breisgau, 1995<br />

Bühler, Marianne: Frauen, Kirche, Ehrenamt. Entwicklungen und Perspektiven. Düsseldorf,<br />

1995<br />

Deutscher Caritasverband (Hg.): Zeit für ein Leitbild. Freiburg i. Breisgau, 1994<br />

Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V. (Hg.): Laienkompetenz. Wirksame<br />

Arbeit von Ehrenamtl<strong>ich</strong>en in psychosozialen Handlungsfeldern. Köln, Sept. 2000<br />

Etzioni, Amitai: Die Verantwortungsgesellschaft. Individualismus und Moral in der heutigen<br />

Demokratie. Frankfurt/New York, 1997<br />

Frey, Dieter / Irle, Martin (Hg.): Theorien der Sozialpsychologie. Band III: Motivations- und<br />

Informationsverarbeitungstheorien. Bern, Stuttgart, Toronto, 1985<br />

Freyberg, Thomas von: ...im ganzen also sehr widerwärtig.... Verleugnen, Verleumden,<br />

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Matthias (Hg.): Eure Armut kotzt uns an! Solidarität in der Krise. Frankfurt/Main, 1995<br />

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Garz, Detlef: Sozialpsychologische Entwicklungstheorien. Von Mead, Piaget und Kohlberg<br />

bis zur Gegenwart. Opladen, 1994<br />

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Gorz, André: Arbeit zwischen Misere und Utopie. Frankfurt/Main, 1997<br />

Harbach, Heinz: Altruismus und Moral. Opladen, 1992<br />

Hengsbach, Friedhelm /Möhring-Hesse, Matthias (Hg.): Eure Armut kotzt uns an! Solidarität<br />

in der Krise. Frankfurt/Main, 1995<br />

Hengsbach, Friedhelm: Mehr Beschäftigung durch eine andere Verteilung? IN: Hengsbach,<br />

Friedhelm /Möhring-Hesse, Matthias (Hg.): Eure Armut kotzt uns an! Solidarität in der<br />

Krise. Frankfurt/Main, 1995 (S. 117 - 143)


Hilpert, Konrad, Winterhoff-Spurk, Peter (Hg.): Zwischen Nächstenliebe u.<br />

Betroffenheitsritual. Helfen im Medienzeitalter. Saarbrücken, 1996<br />

Hilpert, Konrad: Organisierte Barmherzigkeit. Motive und Gefahren des Helfens in modernen<br />

Gesellschaften: IN: Hilpert, Konrad, Winterhoff-Spurk, Peter (Hg.): Zwischen<br />

Nächstenliebe u. Betroffenheitsritual. Helfen im Medienzeitalter. Saarbrücken, 1996 (S.<br />

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(Hg.): Moralische Entwicklung und Erziehung. Braunschweig, 1983 (S. 235 - 265)<br />

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/Möhring-Hesse, Matthias (Hg.): Eure Armut kotzt uns an! Solidarität in der Krise.<br />

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Schreiner, Günter (Hg.): Moralische Entwicklung und Erziehung. Braunschweig, 1983<br />

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Sieberer, Balthasar (Hg.): Caritas – Dienst an Mensch und Gesellschaft. Würzburg,<br />

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118


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Freiburg, 1977<br />

Weng, Tania Vanessa: Deskriptive Auswertung der Untersuchung zum<br />

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Witt, Dieter/Blümle, Ernst-Bernd/ Schauer, Reinbert/Anheier, Helmut K. (Hg.): Ehrenamt und<br />

Modernisierungsdruck in Nonprofit-Organisationen. Eine Dokumentation. Wiesbaden,<br />

1999<br />

Zerfaß, Rolf: Lebensnerv Caritas. Helfer brauchen Rückhalt. Freiburg/Basel/Wien, 1992<br />

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Ziebertz, Hans-Georg: Die Verpfl<strong>ich</strong>tung zum Helfen – Eine theologische Reflexion. IN:<br />

Hilpert, Konrad, Winterhoff-Spurk, Peter (Hg.): Zwischen Nächstenliebe u.<br />

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119

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