– Auf dem Weg zur Inklusion ... - Kreis Groß-Gerau

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26.03.2014 Aufrufe

Auf dem Weg zur Inklusion Tagungsdokumentation vom 12.03.2013 Welche Prozesse und/oder Strukturen sind hier zu prüfen oder zu ändern? Ich zitiere Prof. Dr. Norbert Schwarte: „Menschen mit geistiger Behinderung sind in der Regel dauerhaft, sehr häufig von Geburt an auf komplexe und kontinuierliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Diese Hilfen werden, überwiegend von der Herkunftsfamilie erbracht. Daraus ergibt sich vielfach für die heranwachsenden Menschen mit geistiger Behinderung bis weit in das Erwachsenenalter hinein ein anderes Verhältnis zur Herkunftsfamilie als bei der Mehrzahl ihrer nicht behinderten Altersgenossen. Im Personenzentrierten Ansatz müssen daher neben der prinzipiellen Lebenslauforientierung Besonderheiten der Familiendynamik, der Bindungs- und Ablösungsprozesse wie auch Übergänge vom Elternhaus in selbstständige Lebensformen berücksichtigt werden.“ Trotz oder gerade wegen des Problems dauerhaft eingeschränkter Selbstvertretung von Menschen mit geistiger Behinderung müssen wir weiter auf den zu inkludierenden Personenkreis zugehen und sensible Formen der Kommunikation finden. Bei diesen Möglichkeiten der Kommunikation muss bereits eine personenzentrierte Handlungsweise gewählt werden, d.h. die von der Person gewünschte oder für sie richtige Kommunikationsform. Bei dieser Frage geht es allerdings nicht nur um die eigene Sichtweise der Person, sondern auch um die Ergänzung durch die Sichtweise der Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, und gegebenenfalls die von Therapeutinnen und Therapeuten oder Ärztinnen und Ärzten. Institutionelle Hilfen sind in Bezug auf Personenzentrierung und Individualisierung in Anerkennung ihrer bisherigen Daseinsberechtigung und Leistungen zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Auch bestehende personenzentrierte Hilfen, wie z. B. das persönliche Budget, sind auf ihre Anwenderfreundlichkeit und Umsetzbarkeit besonders mit Blick auf den durch uns betreuten Personenkreis der Menschen mit (geistigen) Behinderungen hin zu prüfen. Was kennzeichnet die erfolgreiche Umsetzung des Bausteins? Größtmögliche individuelle Zufriedenheit und Glückserfahrung der Betreuten, die Gesellschaft ist optimal vorbereitet und aufgeklärt, akzeptiert Menschen mit Behinderung kompromisslos als gleichwertigen Teil, wodurch diese größtmögliche Gleichstellung erfahren; festlegende, institutionsgeformte Angebote und einengende Finanzierungen sind überwunden. Seite 10 von 39

d. Barrierefreiheit Auf dem Weg zur Inklusion Tagungsdokumentation vom 12.03.2013 Christa Kaiser, Behindertenbeauftragte der Stadt Mörfelden-Walldorf Was ist Barrierefreiheit? Barrierefreiheit bedeutet, dass Gebäude, Wege, Plätze, Wohnungen, Arbeitsplatz, Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungs- und Freizeitangebote so zu gestalten sind, dass sie für alle Menschen zugänglich sind. Zum Beispiel öffentlicher Raum: In Mörfelden - Walldorf wurden der Bahnhof Mörfelden und sein Umfeld so umgestaltet, dass durch den Bau eines Fahrstuhls jetzt auch Menschen mit Rollstuhl oder Rollator und Eltern mit Kinderwagen den mittleren Bahnsteig nutzen können. Auch das Bahnhofsumfeld wurde mit einer neuen barrierefreien Unterführung umgebaut und taktile Leitlinien für Blinde und sehbehinderte Menschen wurden in die Wegeführung eingelassen. Warum ist Barrierefreiheit so wichtig? Von Barrierefreiheit profitieren alle. Menschen mit und ohne Behinderung, Senioren, Eltern, Kinder und Menschen, die nur vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Ein Fahrstuhl hilft alten und gehbehinderten Menschen, wenn er mit Blindenschriftzeichen und Sprachausgabe ausgestattet ist, so ist das für Blinde und sehbehinderte Menschen von großem Nutzen. Abgesenkte Bordsteine und Aufmerksamkeitsfelder an Straßenquerungen sind eine gute Orientierung. Bushaltestellen mit Hochbord und Leitlinien sind sehr hilfreich. Bei uns in Mörfelden-Walldorf sind von 51 Bushaltestellen in den letzen Jahren 44 barrierefrei gebaut oder umgestaltet worden. Es gibt aber noch viele Dinge, die geprüft oder geändert werden müssen. Hier nur einige Beispiele: Was nutzen barrierefreie Bushaltestellen, wenn der Busfahrer nicht nahe genug an den Bordstein heranfährt oder losfährt, wenn die Fahrgäste noch nicht sitzen? Deswegen ist es wichtig, dass die Fahrer regelmäßig auf solche Details bei Schulungen aufmerksam gemacht werden. Auch muss daran gedacht werden, dass für Menschen mit geistiger Behinderung oder mit Lernschwäche Fahrpläne, Broschüren, Prospekte oder Verträge in leichter Sprache mit einfachen, verständlichen Worten und in ausreichender Schriftgröße heraus gebracht werden. Hilfreich bei der Orientierung im öffentlichen Raum sind auch eindeutige Piktogramme und Schilder in verständlicher Sprache. Seite 11 von 39

<strong>Auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zur</strong> <strong>Inklusion</strong><br />

Tagungsdokumentation vom 12.03.2013<br />

Welche Prozesse und/oder Strukturen sind hier zu prüfen oder zu ändern?<br />

Ich zitiere Prof. Dr. Norbert Schwarte:<br />

„Menschen mit geistiger Behinderung sind in der Regel dauerhaft, sehr häufig von Geburt an<br />

auf komplexe und kontinuierliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Diese Hilfen werden,<br />

überwiegend von der Herkunftsfamilie erbracht. Daraus ergibt sich vielfach für die heranwachsenden<br />

Menschen mit geistiger Behinderung bis weit in das Erwachsenenalter hinein<br />

ein anderes Verhältnis <strong>zur</strong> Herkunftsfamilie als bei der Mehrzahl ihrer nicht behinderten<br />

Altersgenossen. Im Personenzentrierten Ansatz müssen daher neben der prinzipiellen Lebenslauforientierung<br />

Besonderheiten der Familiendynamik, der Bindungs- und Ablösungsprozesse<br />

wie auch Übergänge vom Elternhaus in selbstständige Lebensformen berücksichtigt<br />

werden.“<br />

Trotz oder gerade wegen des Problems dauerhaft eingeschränkter Selbstvertretung von<br />

Menschen mit geistiger Behinderung müssen wir weiter auf den zu inkludierenden Personenkreis<br />

zugehen und sensible Formen der Kommunikation finden. Bei diesen Möglichkeiten<br />

der Kommunikation muss bereits eine personenzentrierte Handlungsweise gewählt werden,<br />

d.h. die von der Person gewünschte oder für sie richtige Kommunikationsform. Bei dieser<br />

Frage geht es allerdings nicht nur um die eigene Sichtweise der Person, sondern auch um<br />

die Ergänzung durch die Sichtweise der Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und<br />

Lehrer, und gegebenenfalls die von Therapeutinnen und Therapeuten oder Ärztinnen und<br />

Ärzten.<br />

Institutionelle Hilfen sind in Bezug auf Personenzentrierung und Individualisierung in Anerkennung<br />

ihrer bisherigen Daseinsberechtigung und Leistungen zu prüfen und gegebenenfalls<br />

anzupassen.<br />

Auch bestehende personenzentrierte Hilfen, wie z. B. das persönliche Budget, sind auf ihre<br />

Anwenderfreundlichkeit und Umsetzbarkeit besonders mit Blick auf den durch uns betreuten<br />

Personenkreis der Menschen mit (geistigen) Behinderungen hin zu prüfen.<br />

Was kennzeichnet die erfolgreiche Umsetzung des Bausteins?<br />

Größtmögliche individuelle Zufriedenheit und Glückserfahrung der Betreuten, die Gesellschaft<br />

ist optimal vorbereitet und aufgeklärt, akzeptiert Menschen mit Behinderung kompromisslos<br />

als gleichwertigen Teil, wodurch diese größtmögliche Gleichstellung erfahren; festlegende,<br />

institutionsgeformte Angebote und einengende Finanzierungen sind überwunden.<br />

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