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überprüft das westliche Bild einer afghanischen<br />
Frau und zeigt in ihrer Arbeit Blaue Figur, dass<br />
wir in der Regel nur eine blaue Burka sehen,<br />
eine unterdrückte und verschleierte Frau ohne<br />
Geschichte, Gesicht und einen Namen. Sie<br />
übermalt drei verschieden große russische<br />
Holzpuppen, sogenannte Matroschkas, mit<br />
blauer Farbe und präsentiert diese auf drei<br />
einzelnen Podesten isoliert voneinander. Die<br />
niedlichen Puppen verwandeln sich dadurch<br />
in eine Hülle und symbolisieren auch das in<br />
unseren Köpfen vorhandene Bild über afghanische<br />
Frauen. Kritische Stellung nimmt auch<br />
die Arbeit Madonna mit Kind von Rabi Georges.<br />
Eine mit schwarzem Stoff bedeckte Person,<br />
in diesem Fall der Künstler selbst, hält in seinen<br />
Armen ein nacktes Baby und versucht es zu<br />
nähren. Die entblößte Brust, die das Baby<br />
streichelt, ist enthäutet, besteht aus Fleisch<br />
und Fett und symbolisiert die unter dem<br />
schwarzen Stoff versteckte verletzte Weiblichkeit,<br />
die durch die Nahrung direkt an die nachfolgende<br />
Generation weitergegeben wird.<br />
Von Rabi Georges waren außerdem drei Arbeiten<br />
aus der Serie Beyond the knives zu sehen.<br />
Die Derwisch-Performance Manchmal schlafe<br />
ich tief wirkte besonders stark unter der Kuppel<br />
der Theatinerkirche, während seine zweite<br />
Performance, in welcher der Künstler mit verschlossenen<br />
Augen die Umgebung erfasste,<br />
allen Anwesenden bei der Eröffnung der Ausstellung<br />
Belief Unlimited in der Platform3 den<br />
Atem stocken ließ. Mit ähnlicher Intensität<br />
wirkten auch die Arbeiten von Tom Schmelzer.<br />
Mit der Installation Homo bulla or the sacred<br />
baboon reagiert der Künstler auf das Statement<br />
des Bischofs von Cantenbury aus dem Jahr<br />
2008 zu Darwins Evolutionstheorie. In seiner<br />
zweiten Installation Forget-me-not, einem<br />
mit einem Penis als Trinkhalm versehenen<br />
liturgischen Becher, verweist Tom Schmelzer<br />
auf die unzähligen Opfer sexuellen Missbrauchs<br />
in der katholischen Kirche der Vereinigten<br />
Staaten – ein Thema, das gerade auch<br />
in Europa immer wieder <strong>für</strong> Aufsehen sorgt. In<br />
der Installation All understood, nil figured out<br />
wird auf den größten Pornomarkt in den USA<br />
verwiesen, und in der Installation Cold turkey<br />
“thanksgiving” auf die miserablen Zustände<br />
der ungleichmäßig verteilten landwirtschaft-<br />
lichen Nutzung, die zur Folge hat, dass täglich<br />
100.000 Menschen unnötig an Hunger sterben.<br />
Responsibility to protect or to whom it may<br />
concern arbeitet mit der UNO-Resolution aus<br />
dem Jahr 2005, die die Verbrechen gegen die<br />
Menschlichkeit anprangert und die Verantwortung<br />
betont, die Menschen vor Verbrechen<br />
zu schützen. Eine weiße Öltonne mit vergoldeten<br />
Jesusfiguren ist in dieser Installation auf<br />
einer <strong>für</strong> den Frieden stehenden mit Olivenzweigen<br />
versehenen Palette platziert, während<br />
im Inneren der Tonne das schwarze Gold, das<br />
Erdöl, blubbert. Die Anklage des Künstlers,<br />
dass die Schutzmaßnahmen erst in Kraft treten,<br />
wenn weiße Bevölkerung, Christen, Öl oder<br />
Erdgas betroffen sind, kritisiert den politischen<br />
Missbrauch der Religionen, um Interventionen<br />
zu legitimieren. Der Veränderungszustand der<br />
Religionen wird symbolisch auch im Video<br />
Transformation von Gisbert Stach gezeigt. Ein<br />
silbernes mit Edelsteinen versehenes Kreuz<br />
löst sich darin in einer Säure auf und verändert<br />
seinen festen Zustand in einen flüssigen. Uwe<br />
Möller transformiert ein klassisches Kruzifix,<br />
indem er ihm Flügel verleiht, während uns<br />
Harald Siemsen mit seiner dramatischen Installation<br />
pendecho jose einen Einblick in die<br />
spanische Semana Santa gewährt.<br />
Einblicke in asiatische Glaubenswelten<br />
gewähren uns Moskitosbeschwörung, Ronald,<br />
Tatoo und X-Mas, vier fotografische Arbeiten<br />
von Christian Weiß. In die asiatischen Praktiken<br />
entführt uns auch Isi Kunath mit ihrer Installation<br />
To all decendents without relatives, die<br />
speziell <strong>für</strong> die Ausstellung entworfen wurde.<br />
In Schanghai entdeckte die Künstlerin eine<br />
Werkstatt, in der Alltagsgegenstände aus<br />
Papier hergestellt wurden, die an Ghostdays<br />
verbrannt werden. Wie es die Tradition dort<br />
vorschreibt, fertigte auch Kunath eine Gabe<br />
<strong>für</strong> alle Verstorbenen ohne Angehörige; eine<br />
Installation von einem Haus umgeben von<br />
einem friedvollen Garten. Diese Arbeit wurde<br />
nach dem Ende der ersten Belief Unlimited<br />
Ausstellung im Juli <strong>2009</strong> verbrannt. In ihrer<br />
fotografischen Arbeit Holy Innocents geht die<br />
Künstlerin in ihre Kindheit zurück und ihre<br />
Projekte <strong>2009</strong> | Belief Unlimited<br />
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