Stapled Transanal Rectal Resection
Stapled Transanal Rectal Resection
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Gagliardi G, et al. Ergebnisse und Komplikationen nach STARR<br />
Ergebnisse, Ergebnisvorhersagen und<br />
Komplikationen nach „<strong>Stapled</strong> <strong>Transanal</strong><br />
<strong>Rectal</strong> <strong>Resection</strong>“ bei obstruktiver<br />
Defäkationsstörung<br />
Gagliardi G, Pescatori M, Altomare D, et al. Results, outcome predictors, and<br />
complications after stapled transanal rectal resection for obstructed defecation.<br />
Dis Colon Rectum 2008;51:186–95.<br />
Journal Club<br />
Fragestellung: Ziel dieser Studie war die Evaluation<br />
von Ergebnissen, Ergebnisvorhersagen<br />
und auftretenden Komplikationen nach<br />
einer „<strong>Stapled</strong> transanal rectal resection“<br />
(STARR).<br />
Hintergrund: Die STARR-Operation stellt<br />
eine Therapieoption bei der obstruktiven Defäkationsstörung<br />
dar. Die Literatur berichtet<br />
jedoch über Rezidive und verschiedene postoperative<br />
Komplikationen.<br />
Patienten und Methodik: Klinische und funktionelle<br />
Daten von 123 Patienten wurden retrospektiv<br />
analysiert. Alle Patienten wiesen vor der<br />
Operation eine obstruktive Defäkationsstörung<br />
sowie eine Rektozele und/oder Intussuszeption<br />
auf. Von diesen wurden 85 von den Autoren<br />
operiert. Die übrigen 38 waren überwiesen worden,<br />
nachdem andernorts eine STARR-Operation<br />
durchgeführt worden war.<br />
Ergebnisse: Bei einem medianen Follow-up von<br />
17 (3–44) Monaten gab es bei 65% der von den<br />
Autoren operierten Patienten eine subjektive<br />
Verbesserung. Bei 29% der Patienten trat ein<br />
Rezidiv der Rektozele und bei 28% ein Rezidiv<br />
der Intussuszeption auf. Bei der univariaten<br />
Analyse waren die Ergebnisse bei den Patienten<br />
mit einer präoperativen digitalen Manipulation<br />
(p < 0,01), einer pubo-rektalen Dyssynergie (p<br />
< 0,05), einer Ente-rozele (p < 0,05), einer größeren<br />
Rektozele (p < 0,05), einer niedrigeren<br />
Stuhlfrequenz (p < 0,05) sowie einem Gefühl<br />
unvollständiger Entleerung (p < 0,05) schlechter.<br />
Blutungen waren die am häufigsten vorkommenden<br />
perioperativen Komplikationen in<br />
12% der Fälle. Bei 16 Patienten waren Nachoperatio-nen<br />
erforderlich (19%), davon neun<br />
wegen wieder aufgetretener Beschwerden. Bei<br />
den 38 nach einer STARR-Operation überwiesenen<br />
Patienten waren die häufigsten Probleme<br />
perineale Schmerzen (53%), Obstipation auf<br />
dem Boden eines Rezidivs der Rektozele und/<br />
oder Intussuszeption (50%) sowie einer Stuhlinkontinenz<br />
(28%). Von diesen Patienten unterzogen<br />
sich 14 (37%) einer Nachoperation, davon<br />
sieben wegen eines Rezidivs. Drei Patientinnen<br />
stellten sich mit einer rektovaginalen<br />
Fistel vor. Ein weiterer Patient verstarb an einer<br />
nekrotisierenden Fasziitis des kleinen Beckens.<br />
Schlussfolgerung: Die STARR-Operation erzielte<br />
akzeptable Ergebnisse um den Preis<br />
einer hohen Nachoperationsrate. Bei Patienten<br />
mit einer puborektalen Dyssynergie<br />
und niedrigerer Stuhlfrequenz können die Ergebnisse<br />
schlechter sein, weil die Operation<br />
nicht die Ursachen der Obstipation angeht.<br />
Bei Patienten mit größeren Rektozelen, Enterozelen,<br />
digitaler Manipulation und einem<br />
Gefühl der unvollständigen Entleerung kann<br />
eine fortgeschrittenere Becken-bodenerkrankung<br />
vorliegen, für die eine STARR-Operation,<br />
die lediglich nur überschüssiges Gewebe<br />
entfernt, nicht adäquat sein mag. Dies, zusammen<br />
mit den Komplikationen, die bei den<br />
nach einer STARR-Operation überwiesenen<br />
Patienten beobachtet wurden, legt nahe, dass<br />
diese Methode lediglich von kolorektalen<br />
Chirurgen und nur bei sorgfältig ausgewählten<br />
Patienten durchgeführt werden darf.<br />
coloproctology 31 · 2009 · Nr. 2 © Urban & Vogel 139
Gagliardi G, et al. Ergebnisse und Komplikationen nach STARR<br />
Journal Club<br />
Kommentar<br />
Die STARR-Operation stellt ein neues<br />
Verfahren dar, das die Behandlungsoptionen<br />
bei der Stuhlentleerungsstörung<br />
klar erweitert hat. Von den zur<br />
Verfügung stehenden herkömmlichen<br />
Operationsverfahren konnten die abdominellen<br />
Techniken keine signifikante<br />
Besserung der Entleerung bei Rektozele<br />
und/oder Intussuszeption erzielen<br />
[1]. Die transanale Rektozelenraffung<br />
[2] gestaltet sich insbesondere im Hinblick<br />
auf eine großzügige Mukosaresektion<br />
schwierig, während die transperineale<br />
Rektozelenkorrektur [3] keine<br />
Mukosaresektion beinhaltet und für die<br />
Patienten eine relativ hohe Belastung<br />
darstellt. Insofern füllte die Einführung<br />
der STARR-Operation durchaus eine<br />
Lücke und wurde von den Koloproktologen<br />
begrüßt, zumal der Entwickler<br />
Dr. Longo auf allen Kongressen präsent<br />
war und das Prinzip des „Tutto prolasso“<br />
vorstellte.<br />
In der vorliegenden Arbeit verweisen<br />
die Autoren zum wiederholten Male<br />
auf Komplikationen nach der STARR-<br />
Operation [4–8]. So berichteten die Autoren<br />
über eine hohe Anzahl von Reinterventionen<br />
wegen Komplikationen<br />
oder neu auftretender Symptome und<br />
folgern, dass diese Operation nur in koloproktologischen<br />
Zentren durchgeführt<br />
werden darf. Hier ist zunächst die<br />
Patientenzahl der Autoren kritisch anzuführen:<br />
Es wird über 85 Patienten aus<br />
sieben Zentren berichtet, die vor Juni<br />
2005 operiert wurden. Weitere neun Patienten<br />
ohne Follow-up wurden nicht<br />
berücksichtigt. 94 Patienten in sieben<br />
Zentren bedeutet eine durchschnittliche<br />
Operationszahl von 13. Unter großer<br />
Erfahrung stelle ich mir etwas anderes<br />
vor. Die vier weiteren Zentren, aus denen<br />
Autoren beteiligt sind (11 koloproktologische<br />
Zentren!) scheinen<br />
keine Erfahrung mit dieser Operationsmethode<br />
zu haben. Andererseits sagt<br />
natürlich die Zahl der durchgeführten<br />
Eingriffe nichts über die Indikationsstellung<br />
aus. Auch aus Deutschland<br />
wurden 20 und mehr Eingriffe aus Kliniken<br />
vorgestellt, die nicht unbedingt<br />
als koloproktologische Zentren anzusehen<br />
sind. Auf Nachfrage finden sich<br />
hier nicht selten eher weiche Operationsindikationen.<br />
Überhaupt wurden in<br />
der vorzustellenden Arbeit alle deutschen<br />
Ergebnisse einschließlich des<br />
STARR-Registers, die zum Teil auch in<br />
englischer Sprache publiziert sind [9–<br />
11], – wiederholter deutsch-italienischer<br />
Meetings und Kongresse zum Trotz –<br />
ignoriert.<br />
Kommen wir nun zur vorliegenden<br />
Arbeit zurück. Wie in der Einleitung<br />
sehr schön dargestellt wird, stellte die<br />
STARR-Operation eine willkommene<br />
Ergänzung zu den teils aufwendigen,<br />
teils wenig Erfolg versprechenden bekannten<br />
Verfahren dar. Die Erfolgsrate<br />
der Autoren deckt sich weitgehend mit<br />
den Ergebnissen der deutschen Gruppen.<br />
Eine Verbesserung der Beschwerden<br />
bei 60–70% der Operierten ist realistisch,<br />
vollkommene Beschwerdefreiheit<br />
bei einem langjährigen komplexen<br />
Krankheitsbild, dessen Ursache wir nur<br />
unzureichend verstehen, ist nur in Einzelfällen<br />
zu erzielen.<br />
Die 38 auswärts operierten Patienten<br />
stellen natürlich, wie auch von<br />
den Autoren dargelegt, eine klare Negativselektion<br />
dar. Hier dürfte es sich<br />
vor allem um Patienten handeln, die mit<br />
der Vorbehandlung unzufrieden sind,<br />
deshalb eine Zweitmeinung einholen<br />
wollten und das bei Chirurgen taten, die<br />
der Methode eher kritisch gegenüberstehen.<br />
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coloproctology 31 · 2009 · Nr. 2 © Urban & Vogel
Gagliardi G, et al. Ergebnisse und Komplikationen nach STARR<br />
Die Autoren kommen zu dem<br />
Schluss, dass folgende Symptome negative<br />
Ergebnisse zur Folge haben: digitale<br />
Unterstützung, Dyssynergie des<br />
Musculus puborectalis, Enterozele,<br />
niedrige Stuhlfrequenz und das Gefühl<br />
der inkompletten Entleerung. Wenn<br />
wir dies mit den Ergebnissen einer Konsensuskonferenz<br />
vergleichen, die 2006<br />
publiziert wurde [12], so werden dort<br />
die digitale Assistenz und das Gefühl<br />
der unvollständigen Entleerung ausdrücklich<br />
als Indikation erwähnt. Es<br />
deckt sich auch mit meinen persönlichen<br />
Erfahrungen. Gerade die Notwendigkeit<br />
einer regelmäßigen digitalen vaginalen<br />
Unterstützung ist ein typisches<br />
Zeichen einer symptomatischen Rektozele.<br />
Andererseits liegt fast immer eine<br />
komplexe Störung vor und die Korrektur<br />
der Rektozele ist nicht unabdingbar<br />
für den Erfolg. Wir sahen auch Patienten<br />
mit weiter bestehender (kleinerer)<br />
Rektozele nach STARR-Operation, die<br />
von der Operation deutlich profitierten.<br />
Dies erklärt sich auch daher, dass große<br />
Rektozelen oft nicht mit einer Entleerungsstörung<br />
einhergehen und sich somit<br />
nicht für die STARR-Operation<br />
anbieten.<br />
Bei den von den Autoren angegebenen<br />
Nachoperationen wegen des Rezidivs<br />
einer Rektozele oder Intussuszeption<br />
muss hinterfragt werden, ob<br />
diese beiden Veränderungen wirklich<br />
die Ursache der Beschwerdesymptomatik<br />
darstellten. Mit einer Nachoperation<br />
wäre ich da sehr zurückhaltend. Die relativ<br />
hohe Nachoperationsrate, die von<br />
den Autoren beklagt wird, muss relativiert<br />
werden: Bei den Autoren war der<br />
häufigste Grund für eine Revision die<br />
Nachblutung. Die von auswärts vorgestellten<br />
Patienten wurden sowohl wegen<br />
Spätkomplikationen als auch wegen Begleitveränderungen<br />
revidiert, davon<br />
zweimal eine Re-STARR-Operation!<br />
Die drei rektovaginalen Fisteln stellen<br />
sicher ein weitgehend vermeidbares<br />
operationstechnisches Problem und die<br />
fourniersche Gangrän schlicht eine Katastrophe<br />
dar.<br />
Vor diesem Hintergrund erscheint<br />
mir, wie auch von den Autoren angemahnt,<br />
die kritische Selektion der Patienten<br />
der entscheidende Faktor zu sein.<br />
Behandelt wird schließlich in erster Linie<br />
ein funktionelles und nicht ein organisches<br />
Problem. Nur Patienten, die<br />
in der Lage sind, postoperativ u.a. ihr<br />
Stuhlgangsverhalten umzustellen, profitieren<br />
aus meiner Sicht von einer Operation.<br />
Zurückhaltend wäre ich bezüglich<br />
der OP-Indikation auch bei psychisch<br />
auffälligen Patienten, die bei<br />
mangelnder Einsicht oft schlechte Ergebnisse<br />
zeigen.<br />
Zusammenfassend stellt die<br />
STARR-Operation allen Einschränkungen<br />
zum Trotz eine wichtige Ergänzung<br />
des operativen Spektrums der<br />
Stuhlentleerungsstörungen dar. Bei geeigneter<br />
Indikation ist das Verfahren<br />
aus meiner Sicht nahezu konkurrenzlos<br />
gegenüber anderen transanalen oder<br />
abdominellen Verfahren. Dass dieses<br />
Verfahren nur von erfahrenen kolorektalen<br />
Chirurgen durchgeführt werden<br />
sollte, versteht sich von selbst. Nur in<br />
der Schwarzwaldklinik werden alle<br />
Operationen vom gleichen Chirurgen<br />
mit optimalem Ergebnis durchgeführt.<br />
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Journal Club<br />
coloproctology 31 · 2009 · Nr. 2 © Urban & Vogel 141
Gagliardi G, et al. Ergebnisse und Komplikationen nach STARR<br />
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