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Kollegi Nr. 11 vom September 2011 - Kantonale Mittelschule Uri

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<strong>Kollegi</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>11</strong>, <strong>September</strong> 20<strong>11</strong>, www.kollegi-uri.ch<br />

Karin Schaedler - Neue<br />

Prorektorin<br />

Schulleitung<br />

Seiten 4-5<br />

„Und jedem Anfang<br />

wohnt ein Zauber inne...“<br />

Hermann Hesse<br />

Im August hat Karin Schaedler<br />

die Stelle als Prorektorin<br />

angetreten. Sie unterrichtet<br />

ausserdem das Fach Deutsch.<br />

von Dr. Ivo Frey, Rektor<br />

„Im Frühtau zu Berge“, auch ein Anfang<br />

„<strong>Kollegi</strong>-Träff“ - Musik<br />

am 5. November 20<strong>11</strong><br />

Seite 12<br />

Acht ehemalige «<strong>Kollegi</strong>»-<br />

Schülerinnen und –Schüler,<br />

die heute als Musikerinnen<br />

und Musiker tätig sind, kehren<br />

zurück zu ihren Wurzeln.<br />

Ein Blick zurück zu den<br />

Anfängen. Alfred<br />

Gabriel geht in Pension<br />

Seiten 16-17<br />

Alfred Gabriel blickt zurück auf<br />

34 Jahre Lehrtätigkeit an der<br />

<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong>.<br />

„Im Frühtau zu Berge wir zieh´n,<br />

fallera, es grünen die Wälder,<br />

die Höhn, fallera. Wir wandern<br />

ohne Sorgen singend in den Morgen,<br />

noch ehe im Tale die Hähne<br />

kräh´n“, krähten frisch getaufte<br />

Jung-Pfader in den sechziger Jahren<br />

auf ihrer ersten grossen Wanderung.<br />

Wie kindisch! „Morning<br />

has broken, like the first morning.<br />

Blackbird has spoken, like the first<br />

bird. Praise for<br />

the singing, praise<br />

for the morning.<br />

Praise for<br />

them springing<br />

fresh from the<br />

world“. Wie kitschig!<br />

Älter geworden<br />

hat der<br />

Mensch ein gebrochenes<br />

Verhältnis<br />

zu Anfängen. Was leicht,<br />

„naiv-kindlich“ und „natürlich“ war,<br />

erscheint im Nachhinein als schwer,<br />

bedeutungsvoll und vielleicht<br />

auch „kindisch“ und „kitschig“.<br />

Die glückliche Unmittelbarkeit und<br />

das Ursprüngliche des Anfangs<br />

sind irreversibel und lassen sich<br />

nicht beschreiben: Die erste Liebe,<br />

das erste Lachen, der erste<br />

Traum; das Erste, diese Offenheit,<br />

die alles noch möglich erscheinen<br />

lässt, kann nie mehr<br />

erlebt werden. Sie wird sichtbar,<br />

wenn junge Menschen ihre ersten<br />

Schultage an unserer Schule<br />

zeichnen (vgl. diese Ausgabe).<br />

An den Zauber des Anfangs erinnern<br />

wir uns ein Leben lang, vielleicht;<br />

im Nachhinein werden diese<br />

einmaligen Einschnitte und Ereignisse<br />

unseres Lebens gut und gerne<br />

verklärt. So vergessen wir nur<br />

allzu leicht, dass im Hintergrund<br />

des Neuen<br />

die Angst davor<br />

knisterte<br />

oder sich in<br />

die erste Liebe<br />

immer auch<br />

der bittere<br />

Liebeskummer<br />

mischte.<br />

Dass das „Naive“<br />

nicht<br />

wiederholbar ist, war dem Dichter<br />

Schiller sehr bewusst, in seiner<br />

Schrift „Über naive und sentimentalische<br />

Dichtung“ (1795/96) suchte<br />

er sich darüber klar zu werden.<br />

Dem modernen Mensch bleibt nur<br />

die „sentimentale“ Nostalgie nach<br />

dem „Natürlichen“: „Unser Gefühl<br />

für Natur gleicht der Empfindung<br />

des Kranken für die Gesundheit.“<br />

Die glückliche Unmittelbarkeit<br />

und das Ursprüngliche<br />

des Anfangs sind irreversibel<br />

und lassen sich nicht beschreiben:<br />

Die erste Liebe,<br />

das erste Lachen, der erste<br />

Traum;<br />

Solche Ambivalenz dürfte an<br />

Übergängen sehr bewusst wer-<br />

Anfang<br />

1<br />

Am


„Im Frühtau zu Berge<br />

wir zieh´n, fallera“.<br />

Gefühlskitsch?<br />

den, man lese dazu in dieser Ausgabe<br />

das Interview mit einem<br />

pensionierten Lehrer oder die<br />

feinfühlige und differenzierte<br />

„Reflexion“ der abtretenden Prorektorin<br />

zum „Neuanfang“.<br />

Anfänge faszinieren uns, weil das,<br />

was ihnen folgt, meist bloss die Variation<br />

eines Musters ist, Wiederholung<br />

und Routine oft, im besten<br />

Fall eben „Neuanfang“. Es mag<br />

daher nicht überraschen, dass sich<br />

um die Erschaffung der Welt, dem<br />

Uranfang des Anfangs und allen<br />

Lebens vielfältige Geschichten und<br />

Erzählungen ranken (vgl. in dieser<br />

Ausgabe die<br />

Betrachtungen<br />

über den Schöpfungsmythos).<br />

Nur allzu gerne<br />

wüssten wir,<br />

wie es war, wir<br />

wünschen uns,<br />

wir wären dabei<br />

gewesen und<br />

hätten es miterlebt.<br />

Diese Sehnsucht ist wohl<br />

Antrieb für diese Vielfalt der „Mythen“<br />

über den Ursprung der Welt.<br />

Die Vieldeutigkeit über den Anfang<br />

verdeutlicht nur schon der Anfang<br />

des Johannesevangeliums in bekannter<br />

deutscher Übersetzung:<br />

„Am Anfang war das Wort.“ Nur ist<br />

das Original in Griechisch geschrieben<br />

und für Wort steht dort Logos,<br />

was man mit Wort, Sprache,<br />

Rede, Spruch, Kunde, Lehre, Argument,<br />

Gedanke, Vernunft übertragen<br />

kann. Goethes Faust, der<br />

Gelehrte, der im Mittelpunkt des<br />

letzten <strong>Kollegi</strong>theaters stand (vgl.<br />

die Reportage in dieser Ausgabe),<br />

sinniert, als er das heilige Original<br />

ins geliebte Deutsch übertragen<br />

will: „Geschrieben steht: ‚Im<br />

Anfang war das Wort!‘ / Hier stock’<br />

ich schon! Wer hilft mir weiter fort?<br />

/ Ich muss es anders übersetzen,<br />

/ (…) Geschrieben steht: Im Anfang<br />

war der Sinn. / (…) Ist es der<br />

Sinn, der alles wirkt und schafft?<br />

/ Es sollte stehn: Im Anfang war<br />

die Kraft! / Doch, auch indem ich<br />

dieses niederschreibe, / Schon<br />

Anfänge sind genau besehen nicht geschichtslos,<br />

sondern haben einen weiteren<br />

Ursprung, sind Übergänge. I n solchen<br />

Schnittpunkten treffen sich Beginn<br />

und Ende, Alpha und Omega, wie sich<br />

zwei parallele Geraden in der Unendlichkeit<br />

überschneiden.<br />

warnt mich was, dass ich dabei<br />

nicht bleibe. Mir hilft der Geist! Auf<br />

einmal seh’ ich Rat / Und schreibe<br />

getrost: Im Anfang war die Tat!“<br />

Anfänge sind genau besehen nicht<br />

geschichtslos, sondern haben einen<br />

weiteren Ursprung, sind Übergänge.<br />

I n solchen Schnittpunkten treffen<br />

sich Beginn und Ende, Alpha<br />

und Omega, wie sich zwei parallele<br />

Geraden in der Unendlichkeit überschneiden.<br />

So erinnert sich ein Maturand<br />

am Ende der gymnasialen<br />

Ausbildung an den Anfang, an das<br />

„sagenumwobene“ Sportlager der<br />

ersten Klassen in Tenero: „Für viele<br />

war es das erste Mal, eine Woche<br />

von ihren Eltern getrennt zu sein.<br />

Dies fiel auch nicht allen gleich<br />

leicht, wie zahlreiche Tränen bewiesen<br />

haben. Hier wurden Freundschaften<br />

für die ganze Gymizeit<br />

geknüpft und bei einigen schwirrten<br />

bereits die ersten Schmetterlinge<br />

im Bauch herum. Härzig, die<br />

Teneropärchen!“ Und nach der Matura<br />

beginnt eine neue Lebensetappe:<br />

der Anfang des Studiums und<br />

das Leben in der eigenen Wohnung,<br />

in der WG: „Ich stelle mir vor, wie<br />

es in der ersten WG zu- und hergeht:<br />

waschen, kochen, einkaufen,<br />

Budgetplan aufstellen, Rechnungen<br />

bezahlen, büffeln“. Dies bestätigt<br />

der Bericht eines ehemaligen Schülers,<br />

der in dieser Ausgabe „kollegi“<br />

den Übergang skizziert. So prosaisch<br />

und belächelnswert können<br />

schliesslich Anfänge in der Tat sein.<br />

Doch auch darin steckt Glücksgefühl,<br />

wie damals im „Frühtau<br />

zu Berge wir zieh´n, fallera“.<br />

2


Schülerinnen und Schüler<br />

der Klasse 1b haben im Fach<br />

Bildnerisches Gestalten<br />

bei Andreas Wegmann<br />

ihre Eindrücke zum ersten<br />

Schultag am <strong>Kollegi</strong><br />

zeichnerisch festgehalten.<br />

Die Zeichnungen in diesem<br />

Heft stammen von folgenden<br />

Schülerinnen und Schülern:<br />

• Laura Baumann<br />

• Dalia Volken<br />

• Marius Baumann<br />

• Chiara Gisler<br />

• Jan Moser<br />

Neuanfang?<br />

von Beatrice Gross,<br />

Prorektorin bis Juli 20<strong>11</strong><br />

Ab August habe ich Zeit. Seit ich<br />

noch während des Studiums Mutter<br />

wurde, ist Zeit Mangelware. Das<br />

Kind kam zugegebenermassen früh<br />

und wir mussten uns hie und da<br />

den Spruch anhören: „Früher hatten<br />

Kinder Rotznasen, heute haben<br />

Rotznasen Kinder.“ Aber um uns<br />

darüber Gedanken zu machen, ob<br />

wir die Bemerkung nun frech finden<br />

sollten, dafür fehlte uns neben<br />

Studium und Kind die Zeit. Es fehlte<br />

genaugenommen nicht die Zeit,<br />

sondern die Möglichkeit, selber<br />

darüber zu bestimmen, zu planen.<br />

Zeit verläuft immer gleich schnell,<br />

nur verrinnen die Minuten sehr<br />

langsam, wenn man neben dem<br />

Bett eines Kindes sitzt und darauf<br />

wartet, dass es endlich einschlafen<br />

kann. Eine Stunde ist andererseits<br />

sehr kurz, wenn man den<br />

Mittagsschlaf des Kindes zum Lernen<br />

auf eine Prüfung nützen muss.<br />

Es stellen sich ungewohnte Fragen,<br />

auf die weder das Gymnasium<br />

noch das Studium vorbereitete:<br />

Darf ich Zeitung lesen oder sollte<br />

ich besser lernen, wenn das Kind<br />

einmal ausserplanmässig schläft?<br />

Riskiere ich, die Prüfung nicht zu<br />

bestehen, wenn ich nicht alle verfügbare<br />

Zeit auf das eine Ziel hin<br />

verwende? Oder riskiere ich nur<br />

Stress, weil das Kind ohnehin wieder<br />

aufwacht, bevor ich richtig in<br />

die Materie vertieft bin? Mit der<br />

Zeit lernt man einzuschätzen, wann<br />

der Griff zur Zeitung und wann<br />

der zum Lehrbuch sinnvoll ist.<br />

Ab dem Sommer habe ich also<br />

mehr Zeit, mehr frei verfügbare<br />

Zeit. Zum Beispiel für den Unterricht,<br />

das Kerngeschäft der Schule.<br />

Kein Zeitdruck mehr beim Vorbereiten<br />

und Korrigieren, keine<br />

abschweifenden Gedanken mehr<br />

auf all die Dinge, die auch erledigt<br />

sein wollen: Möglicherweise<br />

ist das eine schöne Illusion, aber<br />

ich werde sicher keine mehrseitigen<br />

Anleitungen mehr befolgen<br />

müssen, um auf einen bestimmten<br />

Termin hin einen Ordner mit Papieren<br />

zu füllen. Es soll hier allerdings<br />

nicht der Eindruck entstehen,<br />

das sei die Hauptbeschäftigung<br />

eines Schulleitungsmitgliedes.<br />

Werde ich mich ohne die intensive<br />

Beanspruchung durch die bisherige<br />

Tätigkeit langweilen? Gibt es heute<br />

noch Langeweile? Vielleicht in der<br />

Schule, wenn der Lehrer oder die<br />

Lehrerin nicht genau das bringt,<br />

was nach Ansicht der Jugendlichen<br />

interessant wäre und sie nicht wegzappen<br />

können. Ausserhalb des<br />

Unterrichts sind die Möglichkeiten<br />

dank PC und Handy immens, um<br />

sich abzulenken. Langeweile kann<br />

Phantasien und kreative Ideen hervorbringen,<br />

auch wenn während<br />

des Unterrichts verschickte SMS<br />

nur bedingt dem kreativen Schreiben<br />

zuzuordnen sind. Schliesslich<br />

ist die Hauptaufgabe der Jugendlichen<br />

erwachsen zu werden und<br />

dabei auch gesellschaftliche Regeln<br />

zu hinterfragen. Das Gymnasium<br />

will ja kritische Geister hervorbringen,<br />

auch wenn diese in der<br />

Pubertät sehr anstrengend sein<br />

können. Umso schöner für Eltern<br />

und Lehrer, wenn aus schwierigen<br />

Teenagern erfolgreiche Studenten<br />

werden. Das werde ich hoffentlich<br />

weiter mitverfolgen können, auch<br />

wenn ich „nur“ noch unterrichte.<br />

Daneben mangelt es nicht<br />

an Ideen und Plänen:<br />

Da sind die Bücher, die ich lesen<br />

möchte. An Jeremias Gotthelf<br />

habe ich mich nach der schwarzen<br />

Spinne im Gymnasium nie mehr<br />

3


gewagt. Das hängt mit<br />

meinem Deutschlehrer<br />

zusammen, der ausser<br />

Dürrenmatt nichts gelten<br />

und deshalb nichts lesen<br />

liess, das nach 1900 geschrieben<br />

worden war,<br />

was die neuere Literatur<br />

umso attraktiver und<br />

die frühere umso veralteter<br />

erscheinen liess.<br />

Was den Deutschlehrer<br />

anbelangt, gilt „De<br />

mortuis nil nisi bene“,<br />

was Gotthelf angeht, ist<br />

aufgrund eines Zeitungsartikels<br />

über ihn zu vermuten, dass sich<br />

erste schlechte Eindrücke revidieren<br />

lassen. Auf alle Fälle wird<br />

das schlechte Gewissen beim Lesen<br />

der Vergangenheit angehören,<br />

wenn es nach Mitternacht wird<br />

und das Buch eigentlich längst aus<br />

der Hand gelegt werden müsste,<br />

weil eine durchstrukturierte Woche<br />

keine kurzen Nächte erlaubt.<br />

Da gibt es vielleicht auch Zeit für<br />

Neues? Nochmals etwas ausprobieren?<br />

Arabisch lernen zum Beispiel?<br />

Oder Chinesisch?<br />

Vor einiger Zeit sass ich<br />

im Zug neben einer Frau,<br />

die in einem italienischen<br />

Chinesisch-Lehrbuch<br />

las. Sie war schon älter<br />

und sah nicht so aus,<br />

wie wenn sie die fremde<br />

Sprache aus beruflichen<br />

Gründen lernen müsste.<br />

Vielleicht lebt ihr Sohn<br />

oder ihre Tochter in China<br />

und wenn sie zu Besuch<br />

ist, möchte sie in einem<br />

Laden nicht nur mit Gebärdensprache<br />

einkaufen können?<br />

Es gab keine Anhaltspunkte, das<br />

herauszufinden, ich konnte nur<br />

spekulieren. Häufig bleibt der Fantasie<br />

einer unfreiwillig Zuhörenden<br />

im Zug nichts zu tun übrig, junge<br />

Frauen vor allem sind in der Lage,<br />

am Telefon ganze Liebesromane<br />

auszubreiten. Völlig untypisch klingelte<br />

bei meiner Sitznachbarin mit<br />

dem Chinesischbuch während der<br />

ganzen Fahrt nie das «telefonino»,<br />

der Grund für ihre Beschäftigung<br />

blieb somit im Dunkeln.<br />

Ich habe keine Verwandtschaft in<br />

China und daher keinen Anlass,<br />

mich mit einer solch schwierigen<br />

Sprache auseinanderzusetzen. Meine<br />

Enkel wohnen in der Nähe und<br />

ab dem Sommer werde ich hoffentlich<br />

mehr Zeit haben, um sie<br />

aufwachsen zu sehen. Es ist das<br />

letzte Mal, dass ich aus relativer<br />

Nähe miterleben kann, wie Kinder<br />

ihre Umgebung wahrnehmen. Dass<br />

ich Urgrossmutter werde, damit<br />

kann ich nicht rechnen. Und sollte<br />

der Fall eintreten, bin ich in einem<br />

Alter, in dem vieles nicht mehr<br />

möglich sein wird. Immer häufiger<br />

stellt sich die Frage: Wie lange<br />

noch? Wie werde ich umgehen mit<br />

den unvermeidlich eintreffenden<br />

körperlichen Alterserscheinungen,<br />

aber auch mit dem «Nichtmehrgebrauchtwerden»?<br />

Was werde<br />

ich nur schon im Sommer vermissen,<br />

wenn ich nicht mehr Teil der<br />

Schulleitung bin? Doch das ist ein<br />

anderes Thema, diese <strong>Kollegi</strong>-Zeitschrift<br />

handelt schliesslich <strong>vom</strong><br />

Anfangen, nicht <strong>vom</strong> Erinnern.<br />

Und auf den Neuanfang mit viel<br />

unverplanter Zeit freue ich mich.<br />

Neue Prorektorin<br />

Karin Schaedler ergänzt seit August 20<strong>11</strong><br />

das Schulleitungsteam<br />

von Ulrich Köchli<br />

In seiner Sitzung <strong>vom</strong> Januar 20<strong>11</strong><br />

hat der Mittelschulrat Karin Schaedler<br />

zur neuen Prorektorin an der<br />

<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong> gewählt.<br />

Im Fürstentum Liechtenstein<br />

aufgewachsen hat sie in Vaduz ein<br />

Gymnasium besucht, das eine ähnliche<br />

Geschichte aufweist wie die<br />

<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong>. Vom<br />

katholischen Orden der Maristen-<br />

Schulbrüder gegründet ging das<br />

ehemalige „Collegium Marianum“<br />

als Liechtensteinisches Gymnasium<br />

1981 – nur wenige Jahre später<br />

als das „<strong>Kollegi</strong>um Karl Borromäus“<br />

– in staatliche Trägerschaft über.<br />

Ihre Studienjahre verbrachte Karin<br />

Schaedler an der Universität<br />

Zürich. Neben den Vorlesungen<br />

und Seminaren in den Fächern<br />

Germanistik, Literaturkritik und<br />

Philosophie besuchte sie während<br />

mehrerer Semester auch Kurse<br />

in Latein – einer Sprache, mit der<br />

sie sich auch heute noch intensiv<br />

auseinandersetzt. So unterrichtete<br />

sie bis vor kurzem im privaten<br />

Rahmen Latein für Erwachsene.<br />

Nach dem Erwerb des Lizentiats<br />

1989 führte ein längerer Auslandsaufenthalt<br />

Karin Schaedler<br />

nach Glasgow an die University of<br />

Strathclyde, wo sie als Lektorin für<br />

deutsche Sprache arbeitete. Aus<br />

dieser Zeit ist ihr ein starkes Interesse<br />

für die englische Sprache und<br />

Literatur geblieben. Auch heute<br />

noch fühlt sie sich dem englischen<br />

4


Kulturraum verbunden und hält<br />

sich über dortige Entwicklungen<br />

mittels regelmässiger Lektüre englischsprachiger<br />

Zeitschriften und<br />

Zeitungen auf dem Laufenden.<br />

Daneben gilt ihr Interesse auch<br />

der Literatur spanischsprachiger<br />

Autoren. Deren Werke lese sie allerdings<br />

zumeist in der deutschen<br />

Übersetzung. Spanien und allgemein<br />

die iberische Halbinsel haben<br />

es ihr generell angetan: Zusammen<br />

mit ihrem Partner bereist sie<br />

diese Länder regelmässig. Das<br />

Reisen und die Auseinandersetzung<br />

mit fremden Kulturen bezeichnet<br />

sie neben dem Lesen als<br />

ihre grosse Leidenschaft, der sie<br />

sich widme, so oft es die beruflichen<br />

Verpflichtungen zuliessen.<br />

Karin Schaedler hat vor ihrem<br />

Wechsel an die <strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong><br />

<strong>Uri</strong> an der Kaufmännischen<br />

Berufsfachschule Nidwalden<br />

und am Lehrgang für<br />

die Berufsmaturität die Fächer<br />

Deutsch und Englisch unterrichtet.<br />

Im August 20<strong>11</strong> hat sie die<br />

Stelle als Prorektorin angetreten.<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

haben gelernt:<br />

Am Anfang einer jeden<br />

Debatte steht ein pointierter<br />

Positionsbezug.<br />

Jugend debattiert als „PUQE“-Projekt<br />

von Claudia Waidacher, Deutschlehrerin<br />

„Schweizer Jugendliche lernen<br />

debattieren. Sie werden ermuntert,<br />

ihre erworbenen Fähigkeiten<br />

zuerst in einem regionalen<br />

Wettbewerb und dann im Finale,<br />

dem Schweizer Cup, unter Beweis<br />

zu stellen. Ziel des Projektes<br />

Jugend debattiert ist, dass viele<br />

Jugendliche in der Schweiz das<br />

Debattieren lernen und Spass<br />

am spielerischen Meinungsaustausch<br />

bekommen. Denn ohne<br />

gute Debatten gibt es keine gute<br />

Politik.“ (Graf-Zumsteg, Christian<br />

u.a. Jugend debattiert, Schweizer<br />

Ausgabe: Stiftung Dialog).<br />

Diese Argumentation steht am<br />

Anfang eines grösseren Projekts.<br />

Das Projekt Jugend debattiert und<br />

das RomeroHaus Luzern warben<br />

für eine Einführung für Lehrer/innen<br />

und Jugendarbeiter/innen in<br />

die Kunst des Debattierens. Dieses<br />

Angebot weckte sofort mein Interesse.<br />

Jugend debattiert bot sich<br />

überdies auch als „PUQE“-Projekt<br />

an. Die persönliche, unterrichtsbezogene<br />

Qualitätsentwicklung<br />

(PUQE) kann in kollegialer Zusammenarbeit<br />

in verschiedenen Arbeitsgefässen<br />

erfolgen. In Philipp<br />

Arnold fand ich einen guten Kollegen,<br />

der als Historiker den Klassen<br />

die Debatte von einer anderen<br />

Seite näherbringen konnte. Die<br />

Klasse 5b zeigte sich interessiert<br />

PUQE<br />

Hinter dieser Abkürzung versteckt sich kein aztekischer<br />

Gott und auch nichts unappetitlich Englisches, sondern<br />

sie steht für persönliche, unterrichtsbezogene Qualitätsentwicklung<br />

und ist eine erweiterte Form des kollegialen<br />

Feedbacks und Teil des schulinternen Qualitätsmanagements.<br />

Im Vordergrund steht dabei nicht das Instrument<br />

(das Feedback), sondern die persönliche, unterrichtsbezogene<br />

Qualitätsentwicklung der Lehrpersonen. Zwei bis<br />

vier Lehrpersonen aus derselben oder aus verschiedenen<br />

Fachschaften bilden dabei Qualitätsteams, bestimmen ihr<br />

Arbeitsgefäss, vereinbaren Ziele und Rahmenbedingungen<br />

ihrer Arbeit. Alle zwei Jahre wird das Arbeitsgefäss gewechselt.<br />

PUQE ermöglicht eine grosse Bandbreite an Arbeitsgefässen,<br />

<strong>vom</strong> „klassischen“ gegenseitigen Unterrichtsbesuch<br />

mit Rückmeldung bis zu Klassentausch oder<br />

Erarbeiten, Planen, Durchführen und Auswerten von interdisziplinären<br />

Projekten und Unterrichtseinheiten. PUQE<br />

wurde im Schuljahr 2010/<strong>11</strong> eingeführt und das Projekt<br />

von C. Waidacher und Ph . Arnold ist eines von vielen spannenden<br />

PUQE-Arbeiten.<br />

Marcel Huwyler, Prorektor<br />

5


am Projekt, ebenso die Klasse 3a.<br />

Als „Q-Gruppe“ besuchten Philipp<br />

Arnold und ich den Einführungskurs<br />

im RomeroHaus Luzern. Wir<br />

lernten die Ziele und die Unterrichtsmaterialien<br />

von Jugend debattiert<br />

kennen und machten eigene<br />

Erfahrungen im Debattieren.<br />

Gemeinsam führten wir anschliessend<br />

die Klasse 5b in das Projekt<br />

Jugend debattiert ein. Im Deutschunterricht<br />

lernten die Schülerinnen<br />

und Schüler Schritt für Schritt,<br />

qualitativ hochstehende Debatten<br />

zu führen. Die Argumentarien<br />

wurden zum Teil im Geschichtsunterricht<br />

zusammengestellt. Auch<br />

Philosophielehrer Urs Allenspach<br />

unterstützte das Projekt aktiv. Allenthalben<br />

fanden nun Debatten zu<br />

aktuellen Themen statt und die Debattierenden<br />

wurden zunehmend<br />

sicherer und selbstbewusster.<br />

Gut vorbereitet durften schliesslich<br />

einige Schülerinnen und Schüler<br />

am Regiocup (regionale Ausscheidung)<br />

in Luzern ihr Können<br />

unter Beweis stellen. Alle haben<br />

erfolgreich debattiert – ein Schüler<br />

der 5b qualifizierte sich sogar<br />

für den nationalen Final in<br />

Bern! Und Benjamin vertrat unsere<br />

Schule, und damit den Kanton<br />

<strong>Uri</strong> erneut hervorragend.<br />

An dieser Stelle danken wir allen<br />

Schülerinnen und Schülern,<br />

die sich mit grossem Engagement<br />

auf das Projekt eingelassen haben,<br />

und den Klassenkameradinnen<br />

und -kameraden, die – jeweils am<br />

schulfreien Wochenende(!) – mitgereist<br />

sind und „ihre“ Debattierenden<br />

moralisch unterstützt<br />

haben. Auch der Schulleitung und<br />

den Eltern gebührt Dank für die<br />

wohlwollende Unterstützung. Die<br />

Teilnahme am Debattierwettbewerb<br />

war für uns alle eine wirklich<br />

spannende und abwechslungsreiche<br />

Herausforderung.<br />

„Jugend debattiert“ – ein Wettbewerb in Luzern<br />

von Melisa Bavrk, 4b<br />

Am 12. Februar 20<strong>11</strong> war es so<br />

weit, an diesem Tag fand das Zentralschweizer<br />

Halbfinale in Luzern<br />

statt. Drei Personen aus meiner<br />

Klasse und ich trafen uns sehr früh<br />

am Bahnhof in Flüelen. Es waren<br />

auch viele Schüler aus der 5.<br />

Klasse dabei. Wir waren alle sehr<br />

nervös, zum Glück hatten wir<br />

Unterstützung von Kollegen, die<br />

freiwillig mitgekommen sind, um<br />

uns tatkräftig zu unterstützen.<br />

Unsere Deutschlehrerin, Claudia<br />

Waidacher, und unser Geschichtslehrer,<br />

Philipp Arnold, haben uns<br />

begleitet; es war ein gutes Gefühl,<br />

dass sie hinter uns standen. Frau<br />

Waidacher ist erst in Arth-Goldau<br />

eingestiegen. Sie hat glücklicherweise<br />

allen ein Gipfeli mitgebracht,<br />

das war wie ein Ersatz für das<br />

versäumte Frühstück. Schon bald<br />

fuhr der Zug in Luzern ein und wir<br />

machten uns auf den Weg zur Kantonsschule<br />

Alpenquai, dem Vierwaldstätter<br />

See entlang, wo der<br />

Debattenwettbewerb stattfinden<br />

sollte. Es waren noch nicht sehr<br />

viele Menschen unterwegs, nur ab<br />

und zu begegnete uns ein Jogger<br />

oder eine Rentnerin mit Hund.<br />

Schon bald erreichten wir die Schule<br />

Alpenquai. In der Empfangshal-<br />

6


le standen bereits sehr viele junge<br />

Menschen, die wir kritisch und genau<br />

gemustert haben, um unsere<br />

Chancen einzuschätzen. Amüsant<br />

fanden wir vor allem den Dialekt,<br />

der in Luzern gesprochen wird.<br />

Die Debattierenden bekamen ein<br />

Couvert, in dem sich alle wichtigen<br />

Informationen für den Wettbewerb<br />

befanden, zum Beispiel, ob wir für<br />

oder gegen das Verbot von Alkohol<br />

auf öffentlichen Plätzen debattieren<br />

mussten. Ich war froh, dass ich<br />

mich für das Verbot aussprechen<br />

durfte, denn das schien mir einfacher<br />

zu sein und widerspiegelte<br />

auch meine Meinung. Bald war es<br />

soweit, ich trat zu meiner ersten<br />

öffentlichen Debatte an - natürlich<br />

war ich sehr nervös. Da sich in<br />

einer Debatte immer jeweils zwei<br />

Personen für und gegen eine Sache<br />

aussprechen müssen, habe ich<br />

meinen Partner gesucht, der wie<br />

ich die Pro-Seite vertreten musste.<br />

Als ich ihn gefunden hatte, bemerkte<br />

ich sofort, dass er mir keine<br />

Probleme bereiten würde. Wir<br />

haben uns kurz abgesprochen, wie<br />

wir vorgehen wollten, dann ging ich<br />

nochmals meine Argumente durch.<br />

Die Debatte begann. Sofort war<br />

vergessen, dass sich nicht wenige<br />

Zuschauerinnen und Zuschauer<br />

im Zimmer eingefunden hatten.<br />

Nach der kurzen Eröffnungsrede<br />

begann die eigentliche Diskussion.<br />

Ein Gegner war sehr hartnäckig,<br />

ich versuchte ruhig zu bleiben. Ich<br />

musste mir ein Lachen immer wieder<br />

verkneifen, weil dieser Gegner<br />

so komisch war, aber auf eine lustige<br />

Weise. Seine olivgrünen Hosen<br />

und sein oranges T-Shirt sind<br />

mir sofort aufgefallen. Er wirkte<br />

etwas verkrampft, da er den Wettkampf<br />

so ernst nahm. Ich hatte<br />

Konzentrationsschwierigkeiten,<br />

weil er mich unabsichtlich ablenkte.<br />

Nach 15 Minuten endete die Debatte<br />

und die Jury musste sich zurück-<br />

7


ziehen, um den Gewinner festzulegen,<br />

der dann ins Finale kam.<br />

Ich habe den ersten Platz um 6<br />

Punkte verpasst und somit war ich<br />

auf Platz zwei. Meine Mitschülerin<br />

Angela Beeler kam sogar ins Finale,<br />

doch sie musste gegen „meinen“<br />

Gegner debattieren, der mich geschlagen<br />

hatte.<br />

Das Thema der<br />

Final-Debatte<br />

lautete: „Sollen<br />

Kruzifixe an<br />

Schweizer Schulen<br />

entfernt werden?“<br />

Im Verlauf<br />

der Diskussion<br />

hat Kajo – eben<br />

dieser mir bekannte<br />

„Gegner“ – einen sehr lustigen<br />

Satz formuliert. Es ging um<br />

das Kruzifix, ein Argument lautete,<br />

Jesus sei nackt und man sehe<br />

das Blut, was gegen diese Kruzifixe<br />

spreche. Sein Gegenargument<br />

war, er habe ein Tuch und sei somit<br />

nicht nackt. Wir alle konnten uns<br />

das Lachen nicht verkneifen. Trotzdem<br />

hat er schlussendlich die Debatte<br />

gewonnen und durfte an das<br />

Schweizer Finale nach Bern reisen.<br />

Auch ein Schüler unserer Schule<br />

hat es in Finale geschafft, da er<br />

aber älter ist als wir und in einer<br />

anderen Kategorie debattiert hat,<br />

Nach dem Wettbewerb von Jugend debattiert fand<br />

am Nachmittag eine Show-Debatte zwischen Politikern<br />

statt. Wir Zweitplatzierten durften als Jury<br />

diese Debatte öffentlich bewerten. Diese Debatte<br />

war viel ernster und die Argumente waren besser<br />

formuliert, was ja nicht ungewöhnlich ist, da es sich<br />

um Politiker handelte.<br />

haben wir ihn erst im Luzerner „Final“<br />

miterleben dürfen. Wir haben<br />

uns sehr gefreut, dass ein Urner<br />

am Schweizer Debattierfinal in<br />

Bern teilnehmen durfte.<br />

Nach dem Wettbewerb von Jugend<br />

debattiert fand am Nachmittag<br />

eine Show-Debatte zwischen<br />

Politikern statt. Wir Zweitplatzierten<br />

durften als Jury diese Debatte<br />

öffentlich bewerten. Diese<br />

Debatte war viel ernster und die<br />

Argumente waren besser formuliert,<br />

was ja nicht ungewöhnlich ist,<br />

da es sich um Politiker handelte.<br />

So endete der Wettbewerb. Alle<br />

hatten eine gute<br />

Laune, weil die<br />

Preisverleihung sehr<br />

schön war. Der Gewinner<br />

der jüngsten<br />

Kategorie hat<br />

sofort seine Mutter<br />

angerufen, um<br />

die fröhliche Nachricht<br />

zu überbringen.<br />

Schliesslich mussten<br />

wir nach Hause fahren.<br />

Die Reise nach Luzern an die Zentralschweizer<br />

Ausscheidung war<br />

eine interessante und lustige Erfahrung.<br />

Im Zug sind wir nochmals<br />

alle „Highlights“ durchgegangen.<br />

Insgesamt war es ein wundervoller<br />

Tag, den ich sicher nicht so schnell<br />

vergessen werde.<br />

Im Schweizer Finale<br />

Reportage von Dominik Bissig, 6b<br />

Wie Benjamin Steinegger kam, sah, seine Nerven im Zaum hielt, debattierte und…<br />

beinahe siegte!<br />

Es ist früher Freitagmorgen und<br />

der Bahnhof Flüelen wirkt beinahe<br />

etwas verschlafen. Bis auf ein<br />

paar Züge, die von Zeit zu Zeit<br />

vorbeidonnern, und ein paar übermütig<br />

zwitschernde Vögel ist es<br />

ruhig. Die einzige Person, die ich<br />

treffe, ist eine Zeitung lesende Kioskfrau:<br />

ein ruhiger Start in ein<br />

spannendes und erlebnisreiches<br />

Wochenende am Schweizer Finale<br />

von Jugend debattiert in Bern.<br />

Ich warte, auf das kalte Eisengeländer<br />

im Flüeler Hafen gestützt<br />

und dem munteren Plätschern der<br />

Wellen horchend, die gegen den<br />

Kai schlagen, auf Benjamin Steinegger.<br />

Er kommt allerdings nicht<br />

mit einem Schiff angedampft.<br />

Der Flüeler rollt mit einem alten<br />

Bike an. „Mann, die Schaltung ist<br />

futsch! Ich musste alles im selben<br />

Gang fahren!“, begründet er<br />

seine kleine Verspätung. Er wirkt<br />

etwas verschlafen und mürrisch,<br />

weil er schon von seinem Vater<br />

und zwei SMS von Schulkollegen<br />

geweckt wurde, die ihm viel Glück<br />

wünschten, bevor sein Wecker<br />

geläutet hat. Aufgeregt scheint<br />

er jedoch noch nicht zu sein.<br />

Vor gut sieben Wochen hat unsere<br />

Klasse, die 5b aus dem <strong>Kollegi</strong><br />

<strong>Uri</strong>, mit einer Delegation von fünf<br />

freiwilligen Kandidaten an der Innerschweizer<br />

Ausscheidung von<br />

‚Jugend debattiert‘ teilgenommen.<br />

Damals wurden wir von Claudia<br />

Waidacher, unserer Deutschlehrerin,<br />

auf das Projekt aufmerksam<br />

gemacht, das von der ‚Stiftung<br />

Dialog - Campus für Demokratie‘<br />

vor vier Jahren zum Leben erweckt<br />

worden war und das Ziel hat, den<br />

Schweizer Jugendlichen die Kunst<br />

des Debattierens nahezubringen.<br />

Als „versuchsfreudige“ Frau und<br />

mit der tatkräftigen Unterstützung<br />

unseres Geschichtslehrers, Philipp<br />

Arnold, hat Frau Waidacher<br />

das Experiment ‚Debatte‘ gestartet.<br />

Sie war damit eine Pionierin an<br />

unserer Schule. Wir wussten vor<br />

dem Wettbewerb weder, was auf<br />

uns zukommen würde, noch ob wir<br />

überhaupt gut genug wären, um<br />

gegen alle Innerschweizer anzutreten.<br />

Doch wir erfuhren, dass<br />

wir nicht schlechter waren als die<br />

anderen und mehr noch: Benjamin<br />

Steinegger hatte sich sogar<br />

fürs Schweizer Finale qualifiziert!<br />

Nach und nach trudeln immer mehr<br />

Schüler auf dem Bahnhof ein und<br />

alle kommen sie den Debattierkandidaten<br />

fragen, ob er gut vorbereitet<br />

sei - worauf dieser allen ein<br />

trockenes „Nein“ zur Antwort gibt.<br />

Und doch wissen alle, dass er bes-<br />

8


ser vorbereitet ist, als es jeder von<br />

uns gewesen wäre. Mittlerweile ist<br />

unsere kleine Gruppe komplett.<br />

Eine Hand voll neugieriger Schüler<br />

(leider keine Schülerinnen, da die<br />

Reise nach Bern freiwillig ist und<br />

von den Damen der Klasse niemand<br />

Zeit hat), die alle gespannt<br />

sind, was in Bern ablaufen wird,<br />

und es kaum erwarten können,<br />

endlich in den Zug zu steigen.<br />

Als das kleine Grüppchen Urner<br />

Landeier in Zürich ankommt, geht<br />

es keine 20 Sekunden, bis sie sich<br />

gegenseitig aus<br />

den Augen verlieren,<br />

was in<br />

der Menschenflut<br />

des grössten<br />

Bahnhofs der<br />

Schweiz auch<br />

nicht schwer zu<br />

bewerkstelligen<br />

ist. Immerhin<br />

fahren täglich<br />

über 2‘900<br />

Züge im Bahnhof<br />

Zürich ein<br />

und aus. Ich bin<br />

bei der Gruppe,<br />

die von Hunger<br />

getrieben direkt<br />

auf die frischen Brezeln zusteuert.<br />

Wir finden dann auch, durch<br />

die warmen Brezeln gestärkt,<br />

unseren Lehrer, Urs Allenspach,<br />

Nach und nach trudeln<br />

immer mehr Schüler auf<br />

dem Bahnhof ein und<br />

alle kommen sie den Debattierkandidaten<br />

fragen,<br />

ob er gut vorbereitet<br />

sei - worauf dieser allen<br />

ein trockenes „Nein“ zur<br />

Antwort gibt. Und doch<br />

wissen alle, dass er besser<br />

vorbereitet ist, als es<br />

jeder von uns gewesen<br />

wäre.<br />

mit dem wir hier verabredet sind.<br />

Zwei verloren Geglaubte finden<br />

den Weg dann doch auch noch<br />

zu uns. Wir müssen schon beinahe<br />

einen Sprint zum Zug hinlegen,<br />

damit wir ihn nicht verpassen.<br />

„Die Proargumente für das Abschlussreiseverbot<br />

sind beinahe<br />

einfacher zu vertreten.“ Die Diskussionen<br />

wenden sich dem Debattierwettbewerb<br />

zu und Benjamin zeigt<br />

zum ersten Mal Zeichen von Aufregung<br />

und angestrengter Konzentration.<br />

Seine Kiefermuskeln beginnen<br />

zu zucken und<br />

zwischen seine<br />

Brauen ist<br />

eine kleine, unscheinbare<br />

Konzentrationsfalte<br />

getreten. Das<br />

erste Thema,<br />

über das er heute<br />

diskutieren<br />

wird, ist: „Sollen<br />

Abschlussreisen<br />

von Berufsund<br />

<strong>Mittelschule</strong>n<br />

ins Ausland<br />

verboten werden?“.<br />

Ob er<br />

die Pro- oder<br />

Contra-Meinung vertreten muss,<br />

erfährt er erst eine halbe Stunde<br />

vor Debattenbeginn. „Mir ist<br />

egal, welche Seite ich vertreten<br />

muss, ich habe beide vorbereitet“,<br />

sagt Benjamin. Doch er ist<br />

nicht sehr begeistert <strong>vom</strong> Thema:<br />

„Es ist schwer, gute Argumente<br />

zu finden. Für beide Seiten.“<br />

Der Zug drosselt sein Tempo und<br />

der Schaffner gibt über einen<br />

knacksenden und rauschenden<br />

Lautsprecher die Anschlüsse bekannt,<br />

die wir von Bern aus hätten.<br />

Am HB Bern schaffen wir es immerhin<br />

zusammenzubleiben, was<br />

natürlich auch um einiges leichter<br />

ist, wenn man einfach einem Lehrer<br />

nachwatscheln kann. Während Herr<br />

Allenspach uns Busbillette besorgt,<br />

warten wir mitten auf dem belebten<br />

Bahnhof. Ein Häufchen von<br />

sieben Jungs, das mit wachen Blicken<br />

alles studiert, was es um sich<br />

herum wahrnimmt, bis einer feststellt:<br />

„Eieiei, hier hat es ja extrem<br />

viele hübsche Frauen!“ Und eine<br />

Diskussion darüber, ob die Frauen<br />

in Bern nun hübscher sind als unsere,<br />

oder ob es einfach mehr von<br />

ihnen gibt, oder ob sich einfach<br />

mehr Frauen als in <strong>Uri</strong> hübsch machen,<br />

beschäftigt uns die ganze<br />

Busfahrt bis zum Campus Muristalden,<br />

wo das Finale stattfinden soll.<br />

Im Erdgeschoss des dreieckigen<br />

Hauptgebäudes, das drei Obergeschosse<br />

hat, auf die die französisch-,<br />

italienisch- und deutsch-<br />

9


sprachigen Debatten verteilt<br />

wurden, herrscht bereits emsiges<br />

Treiben. Ein Grossteil der über<br />

70 Debattierenden, nebst den<br />

Deutschschweizern auch Tessiner<br />

und Westschweizer, hat sich<br />

bereits im Campus eingefunden<br />

und angemeldet. Auch wir melden<br />

jetzt unseren Kandidaten an,<br />

bevor wir zum Mittagessen gehen.<br />

Das heisst, eigentlich erledigt Benjamin<br />

das alleine und wir studieren<br />

unterdessen die Leute. Und<br />

schon wieder bemerkt ein Kollege:<br />

„Die Frauen hier sind einfach<br />

unglaublich!“ Und die alte Diskussion<br />

ist wieder eröffnet, bis Benjamin<br />

<strong>vom</strong> Anmeldetisch kommt<br />

und wir uns aufmachen, um in<br />

der Kantine zu Mittag zu essen.<br />

„Steini“, wie Benjamin von seinen<br />

Schulkameraden genannt<br />

wird, sitzt vor einem angeschnittenen<br />

Poulet-Cordon bleu, aus<br />

dem der gelblich glänzende Industriekäse<br />

herausquillt. „Ich habe<br />

nicht wirklich Hunger“, antwortet<br />

er auf meinen fragenden Blick,<br />

isst seinen Teller aber trotzdem<br />

leer. Es scheint, als würde er sich<br />

innerlich langsam auf die kommende<br />

Debatte vorbereiten. Er<br />

schaut immer öfter mit abwesen-<br />

dem Blick zum Fenster hinaus<br />

und schweigt für längere Zeit.<br />

„Willkommen... Bienvenue... Benvenuto...“<br />

werden wir dreisprachig auf<br />

dem Dach des Hauptgebäudes von<br />

Christian Graf begrüsst. Er leitet<br />

zusammen mit Dorothea Stotzer<br />

die Jugendstiftung Dialog, die von<br />

den Projektträgern in Deutschland<br />

– Jugend debattiert ist ein Projekt<br />

aus Deutschland – das Recht erhalten<br />

hat, Idee und Grundlagen<br />

zu übernehmen und das Projekt in<br />

deutscher, französischer und italiensicher<br />

Sprache für die Schweiz<br />

zu adaptieren. Junge Debattierende<br />

aus allen Landesteilen der Schweiz<br />

horchen, in der wärmenden Aprilsonne<br />

stehend, den sich in die Länge<br />

ziehenden Reden. Bis endlich<br />

das letzte Wort gesprochen ist und<br />

die Debatten losgehen können.<br />

Insgesamt muss jeder Kandidat<br />

mindesten zwei Mal in zugelosten<br />

Vierergruppen über ein bereits im<br />

Voraus bekannt gegebenes Thema<br />

debattieren. Jeder wird von<br />

einer Jury bewertet und die besten<br />

vier von jeder Kategorie kommen<br />

in einen Final, das nur einer<br />

oder eine gewinnen wird. In den<br />

drei vertretenen Landessprachen<br />

(Deutsch, Italienisch, Französisch)<br />

gibt es je zwei Kategorien. Es gehen<br />

also insgesamt sechs „Sieger“<br />

aus dem Wettbewerb hervor,<br />

obwohl natürlich jeder ein Sieger<br />

ist, da das Debattieren selbst für<br />

jeden ein Gewinn ist, sogar für die<br />

Zuhörer, wie es auch in der Begrüssungsrede<br />

betont wurde.<br />

Ich sitze mit Benjamin auf einer<br />

mit pinker Farbe bekleckerten<br />

Bank an einer Bushaltestelle und<br />

stoppe die Zeit für seine Einführungsreden.<br />

„Bereits Sokrates hat<br />

gesagt, dass“, beginnt er hochkonzentriert.<br />

Seiner Stimme hört<br />

man nicht an, dass er aufgeregt<br />

ist, doch wenn er nicht redet, zucken<br />

Kiefermuskeln, als wollten<br />

sie eine harte Nuss zertrümmern.<br />

Wir sprechen auch nicht mehr so<br />

locker wie sonst. Es entstehen<br />

lange, konzentrierte Pausen, in<br />

denen er mit der Bank schaukelt<br />

und auf einen unsichtbaren Punkt<br />

am Boden starrt. Dann machen<br />

wir uns auf zur Losziehung. Benjamin<br />

ist nicht mehr zu halten. Er<br />

tigert im Erdgeschoss des Hauptgebäudes<br />

herum und ich getraue<br />

mich kaum, ihn anzusprechen,…<br />

bis er endlich erfährt, dass er Pro1<br />

vertreten kann. Von jetzt an hat<br />

10


er noch 30 Minuten Zeit, sich auf<br />

sein Thema zu konzentrieren. Gemeinsam<br />

mit seinem Teamkollegen,<br />

David Maurer aus Basel,<br />

der Pro 2 vertreten wird, sucht<br />

er sich jetzt ein ruhiges Plätzchen,<br />

um sich vorzubereiten.<br />

Über ein äusserst luftiges Treppenhaus<br />

(ein Kollege aus unserer Klasse<br />

muss den Lift nehmen, weil er<br />

an Höhenangst leidet), erreiche ich<br />

die Sonnenterasse, auf der ich meine<br />

Kameraden wieder treffe. Diese<br />

haben bereits eine Debatte von<br />

Benjamins Konkurrenz gehört. „Sie<br />

haben nie so gut debattiert wie an<br />

der Innerschweizer Ausscheidung“,<br />

meint einer von ihnen. Man merkt<br />

förmlich, wie wir alle auch ein wenig<br />

für Benjamin aufgeregt sind.<br />

Die Debatten werden nach einem<br />

strikten Zeitmuster abgehalten. Jeder<br />

Kandidat hat zwei Minuten Zeit<br />

für eine Einführungsrede, in der er<br />

die Möglichkeit hat, einige seiner<br />

Argumente zu<br />

präsentieren.<br />

Danach folgt<br />

die eigentliche<br />

Debatte<br />

während zwölf<br />

Minuten und<br />

schliesslich<br />

hat jeder noch<br />

einmal eine<br />

Minute Zeit,<br />

seine wichtigsten<br />

Argumente zusammenzufassen.<br />

Das Einhalten dieses Zeitplans<br />

wird von einem sogenannten<br />

„Zeitwächter“ genau kontrolliert.<br />

Jetzt spielen sie verrückt, seine<br />

Wangenknochen. Man hat das<br />

Gefühl, er hätte einen Flipperkasten<br />

im Mund, den er mit seinem<br />

Kiefer bedient. Alle Debattierenden<br />

werfen einen letzten<br />

Blick in ihre Notizen, die sie nicht<br />

mitnehmen dürfen. Ausser Benjamin<br />

Steinegger. Er sitzt alleine<br />

auf einem Stuhl und geht innerlich<br />

noch einmal seine Argumente<br />

durch. Dann begeben sich alle<br />

Kandidaten an ihre Stehpulte und<br />

notieren sich so viel wie möglich<br />

auf ihre kleinen Notizblöcke, damit<br />

sie auf keinen Fall ihre Argumente<br />

vergessen. Alle, ausser Benjamin<br />

Steinegger. Er steht, die Beine<br />

verschränkt, an seinem Pult, den<br />

Blick gedankenverloren aus dem<br />

Fenster gerichtet und uns seine zuckenden<br />

Kiefermuskeln zugewandt.<br />

Die Debatten werden nach<br />

einem strikten Zeitmuster<br />

abgehalten. Jeder Kandidat<br />

hat zwei Minuten Zeit<br />

für eine Einführungsrede,<br />

in der er die Möglichkeit<br />

hat, einige seiner Argumente<br />

zu präsentieren.<br />

„Wir debattieren heute das Thema:<br />

Sollen Abschlussreisen von Berufs-<br />

und <strong>Mittelschule</strong>n ins Ausland<br />

verboten werden? Ich erkläre<br />

die Debatte für eröffnet“, beginnt<br />

der Zeitwächter und schlägt auf<br />

eine Klingel, wie man sie aus der<br />

Reception eines Hotels kennt. Das<br />

Publikum sitzt still und gespannt<br />

auf seinen Plätzen, in Erwartung<br />

einer ausgeglichenen und anständigen<br />

Debatte.<br />

„Gerade in der<br />

letzten Zeit hat<br />

man von Zwischenfällen<br />

auf<br />

Abschlussreisen<br />

im Ausland<br />

gehört. Aber es<br />

geht hier nicht<br />

in erster Linie um diese Vorfälle,<br />

bei denen es erhebliche Ausschreitungen<br />

gegeben hat, sondern um<br />

die Entwicklung in den letzten Jahren,<br />

in denen Abschlussreisen zu<br />

reinen Alkoholfesten verkommen<br />

sind“, beginnt Benjamin, kaum ist<br />

das Klingeln des Zeitwächters verklungen.<br />

Die Debattierenden halten<br />

ihre Eröffnungsreden<br />

und dann<br />

geht es richtig los.<br />

Auch jetzt ist Benjamin<br />

wieder der,<br />

der die Initiative<br />

ergreift und das<br />

Argument, das er<br />

von einem seiner<br />

Gegner gehört<br />

hat, mit einigen<br />

spitz formulierten<br />

Facts zu Staub zerbröselt. Dieser<br />

schläft jedoch nicht und versucht,<br />

sich zu retten. Doch Benjamin<br />

wehrt auch seine Rettungsversuche<br />

mit Leichtigkeit ab und Maurer,<br />

sein Teamkollege, setzt noch<br />

einen drauf und konfrontiert die<br />

Contra-Vertreter mit einem neuen<br />

hieb- und stichfesten Argument.<br />

Erst jetzt, wo man der Debatte<br />

zuhört und sich bereits äusserst<br />

konzentrieren muss, um ihr zu<br />

folgen, kann man sich vorstellen,<br />

wie viel Konzentration und Routine<br />

sie dem Debattierenden selbst<br />

abverlangt. Auch Politiker mit viel<br />

Erfahrung im Bereich des Debattierens<br />

sagen, das Schwierigste daran<br />

sei, seinem Gegner zuzuhören, sich<br />

gleichzeitig eine Antwort zurechtzulegen,<br />

diese in einen deutschen<br />

Satz zu verpacken um damit am<br />

besten gleich den Bogen zu einem<br />

eigenen Argument zu formen.<br />

Die Jurys von allen Debatten<br />

wurden sowohl<br />

aus erfahrenen Politikern<br />

als auch aus Journalisten<br />

oder Dozenten verschiedener<br />

Hochschulen zusammengesetzt.<br />

Doch Benjamin meistert diese Aufgabe<br />

ausgezeichnet. „... und darum<br />

bin ich ganz klar für ein Verbot von<br />

Abschlussreisen von Berufs- und<br />

<strong>Mittelschule</strong>n ins Ausland“, beendet<br />

er seine Schlussrede. Das<br />

Publikum applaudiert und die Jury<br />

zieht sich zur Beratung zurück.<br />

Die Jurys von allen Debatten wurden<br />

sowohl aus erfahrenen Politikern<br />

als auch aus Journalisten oder<br />

Dozenten verschiedener Hochschulen<br />

zusammengesetzt.<br />

Mit<br />

einem Punktesystem,<br />

bei dem<br />

die Debattierenden<br />

zum Beispiel<br />

mit guten<br />

Argumenten,<br />

dem Eingehen<br />

auf die Aussagen<br />

ihrer Kollegen oder mit vorhandenem<br />

Blickkontakt punkten<br />

können, versuchen alle Juroren,<br />

die Kandidaten objektiv zu bewerten.<br />

Damit eine möglichst gerechte<br />

Beurteilung gewährleistet ist, besteht<br />

die Jury aus drei Personen.<br />

„Das Einzige, was sie auszusetzen<br />

hatten, war, wie ich mich verkauft<br />

habe. Sie meinten, ich sollte<br />

auf beiden Beinen stehen und mit<br />

meinen Mittdebattierenden Blickkontakt<br />

halten.“ Benjamin, nun<br />

wieder völlig relaxed, erzählt, was<br />

die Juroren zu kritisieren wussten.<br />

„Meine Argumente scheinen<br />

sie nicht besonders interessiert zu<br />

haben. Das, worauf es doch eigentlich<br />

ankommt.“ Er ist aber trotzdem<br />

zufrieden mit dem Start des Finals<br />

von Schweizer Jugend debattiert,<br />

was er auch getrost sein darf.<br />

Der gelungene Anfang wird nach<br />

dem Abendessen und dem Bezug<br />

der Zimmer in der Jugendherberge<br />

im Ausgang noch ein wenig<br />

gefeiert, bis es dann bereits<br />

um 24.00 Uhr heisst: Ab ins Bett,<br />

damit Benjamin seine Kiefermuskeln<br />

entspannen kann und am<br />

nächsten Tag wieder topfit ist, um<br />

auch die verbleibenden Debatten<br />

souverän bestreiten zu können.<br />

Ich muss mich leider schon am<br />

Morgen auf den Heimweg begeben<br />

und reise zurück nach Altdorf.<br />

Aus dem Zugfenster sieht<br />

man den Urnersee, glitzernd im<br />

Licht der steil einfallenden Sonne.<br />

Am Ufer eben dieses Sees hat<br />

sich vor genau 33 Stunden eine<br />

Gruppe Schüler getroffen, bereit<br />

für ein kleines Abenteuer, nichtwissend,<br />

was auf sie zukommt.<br />

Mein Handy vibriert. Eine Nachricht<br />

von Benjamin Steinegger: „Bi<br />

2t wordä. Merci fürz cho. Gruäss.“<br />

<strong>11</strong>


Eltern und Ehemalige<br />

„<strong>Kollegi</strong>-Träff“ - Musik<br />

bietet ein attraktives<br />

Programm für Ehemalige und<br />

die ganze Schulgemeinschaft.<br />

«<strong>Kollegi</strong>-Träff» - Musik<br />

Samstag, 5. November 20<strong>11</strong>, 15.00 Uhr<br />

<strong>Kollegi</strong>-Kapelle<br />

<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong>, Altdorf<br />

Der Verein der Ehemaligen der<br />

<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong>, (VE&F)<br />

veranstaltet alle zwei Jahre einen<br />

Anlass. Diese Zusammenkunft<br />

findet in diesem Jahr zum<br />

ersten Mal unter dem Titel «<strong>Kollegi</strong>-Träff»<br />

statt. Das Thema des<br />

diesjährigen «<strong>Kollegi</strong>-Träff» ist die<br />

Musik: Acht ehemalige «<strong>Kollegi</strong>»-<br />

Schülerinnen und –Schüler, die<br />

heute als Musikerinnen und Musiker<br />

tätig sind, kehren zurück zu<br />

ihren Wurzeln. Wir freuen uns,<br />

Sie am «<strong>Kollegi</strong>-Träff» zu treffen!<br />

Die Veranstaltung ist öffentlich.<br />

Für den Verein der Ehemaligen<br />

und Freunde der <strong>Kantonale</strong>n<br />

<strong>Mittelschule</strong><br />

Adrian Zurfluh, Präsident<br />

<strong>Kollegi</strong>-Träff» - Musik<br />

Eine Veranstaltung des Vereins der Ehemaligen<br />

und Freunde der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong><br />

Acht erfolgreiche Musikerinnen und Musiker – acht ehemalige<br />

«<strong>Kollegi</strong>»-Schülerinnen und -Schüler – kehren zurück in die <strong>Kollegi</strong>-<br />

Kapelle, wo zumindest ein Teil ihrer musikalischen Wurzeln liegt. Die<br />

Gäste tauchen ein in die Welt der Musik und erleben zwei unterhaltsame<br />

Stunden mit den Musikerinnen und Musikern. Neben den hochstehenden<br />

musikalischen Darbietungen wird Bruno Arnold, Redaktionsleiter<br />

der Neuen Urner Zeitung, mit den Personen auf der Bühne<br />

auch über ihren Werdegang und ihre heutige Tätigkeit sprechen. Dabei<br />

werden bestimmt auch Erinnerungen an die <strong>Kollegi</strong>-Zeit geweckt!<br />

Musikerinnen und Musiker:<br />

Florian Arnold, Akkordeon Franziska Dahinden, Gesang Gisela Horat, Komposition/Klavier<br />

Patrik Horat, Schlagzeug Rebekka Mattli, Klavier Patrik Stadler, Alphorn/Posaune<br />

Michel Truniger, Klarinette Christian Zgraggen, Violine<br />

Musikalisches Konzept:<br />

Urs Zenoni<br />

Moderation:<br />

Bruno Arnold, Neue Urner Zeitung<br />

12


Programm<br />

14.00 Uhr<br />

Generalversammlung des Vereins<br />

der Ehemaligen und Freunde<br />

der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong>.<br />

Vorgängig zum «<strong>Kollegi</strong>-Träff» -<br />

Musik findet um 14.00 Uhr in der<br />

<strong>Kollegi</strong>-Kapelle die Generalversammlung<br />

des Vereins der Ehemaligen<br />

und Freunde der <strong>Kantonale</strong>n<br />

<strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong> statt.<br />

Dazu sind alle Mitglieder freundlich<br />

eingeladen. Traktanden<br />

siehe separates Dokument.<br />

15.00 Uhr<br />

«<strong>Kollegi</strong>-Träff» - Musik<br />

Öffentliche Veranstaltung<br />

Musikalisches Konzept:<br />

Urs Zenoni<br />

Moderation:<br />

Bruno Arnold, Neue Urner Zeitung<br />

ab 17.00 Uhr<br />

Apéro, Raclettestube und<br />

«Träff»-Bar<br />

Musikalische Unterhaltung:<br />

Echo <strong>vom</strong> Poschtsack<br />

Koordination:<br />

Peter Fleischmann<br />

Beim anschliessenden Apéro und<br />

Festwirtschaftsbetrieb bietet sich<br />

Gelegenheit, das Motto «Träff» zu<br />

nutzen und Kontakte zu Ehemaligen,<br />

derzeitigen Schülerinnen und<br />

Schülern, aber auch zu Lehrerinnen<br />

und Lehrern zu pflegen und allenfalls<br />

neu zu knüpfen. Die Klasse<br />

5c betreibt die Raclettestube und<br />

die «Träff»-Bar. Für musikalische<br />

Unterhaltung sorgt das «Echo <strong>vom</strong><br />

Poschtsack». Der Erlös aus der<br />

Festwirtschaft geht in die Klassenkasse<br />

der 5c, die für die Festwirtschaft<br />

verantwortlich zeichnet.<br />

Der Verein der Ehemaligen und<br />

Freunde der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong><br />

<strong>Uri</strong> (VE&F) besteht seit dem<br />

Jahr 1993. Wir wollen den Kontakt<br />

der Ehemaligen und Freunde<br />

unserer Schule untereinander und<br />

mit der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong><br />

<strong>Uri</strong> herstellen, fördern und pflegen.<br />

Wir helfen mit bei der Schulentwicklung<br />

und unterstützen<br />

besondere Anliegen der Schule.<br />

Interessiert? www.kollegi-uri.ch<br />

(Institutionen à Ehemaligenverein).<br />

Sie finden uns auch auf Facebook:<br />

Gruppe <strong>Kollegi</strong>um Karl Borromäus<br />

13


vorwiegend ein Frauenberuf geworden. Junge<br />

Studienabgängerinnen würden sich oft<br />

für eine Familie und gegen ein eigenes Geschäft<br />

entscheiden. Dafür hat Peter Brunner<br />

viel Verständnis, da die zeitliche Präsenz<br />

und die Verantwortung sehr gross sind.<br />

Doch dem Altdorfer blieb nichts anderes<br />

übrig, als seine Apotheke einer grossen<br />

Apothekenkette abzutreten. Diese übernahm<br />

das ganze Inventar samt Personal<br />

und zügelte damit in eine Altdorfer<br />

Drogerie, die sie ebenfalls gekauft hatte.<br />

Dieser grosse Schritt, den Familienbetrieb<br />

nach 100 Jahren zu verkaufen, fiel<br />

dem 65-jährigen Peter Brunner nicht ganz<br />

leicht. Dennoch spricht er von einer „optimalen“<br />

Lösung. „Dass wir keine Nachfolger<br />

mehr finden, ist einfach eine Zeiterscheinung.<br />

Das gleiche Phänomen stellt man<br />

schliesslich auch bei den Arztpraxen fest.“<br />

Obwohl jetzt pensioniert: Langweilig wurde<br />

es Peter Brunner bisher nicht. Er hat<br />

sein Geschäft übergeben, dann den Umbau<br />

des Ladenlokals gemanagt. Da er Besitzer<br />

der ganzen Liegenschaft ist, hat er auch als<br />

Vermieter noch so einiges zu tun. Stress<br />

hat er deswegen aber nicht. „Ich kann jetzt<br />

schliesslich alles ein bisschen gemächlicher<br />

angehen.“ Ausruhen und sich gehen lassen,<br />

das würde nicht zu ihm passen. „Ich will<br />

einigermassen einen strukturierten Tagesablauf.“<br />

Dazu gehört natürlich auch das ausführliche<br />

Lesen von Zeitungen am Morgen.<br />

„Langweilig wird es mir nicht“<br />

Für Dr. Peter Brunner hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen.<br />

Der junge Rentner widmet sich nun vermehrt der<br />

Musik.<br />

Ein Porträt von Elias Bricker<br />

Er wurde nicht einfach so pensioniert. Sondern er beendete<br />

gleich auch noch eine lange Familientradition. Dort, wo<br />

Peter Brunner jahrelang mit weissem Kittel Kunden bediente,<br />

kaufen heute modebewusste Urner ein. Wo früher mehrere<br />

Medikamentenschränke mit unzähligen Schubladen<br />

standen, hängen nun Kleiderbügel. Aus der 160-jährigen<br />

„Schwanen“-Apotheke wurde ein Modehaus. Rund hundert<br />

Jahre lang war die Apotheke im Besitz der Familie.<br />

Peter Brunner hätte es gern gesehen, wenn seine Tochter, die<br />

ebenfalls Pharmazie studiert hatte, oder sonst ein junger Apotheker<br />

den Familienbetrieb übernommen hätte. Doch die Suche<br />

nach einem Nachfolger blieb erfolglos. „Die jungen Leute suchen<br />

heute nicht mehr die Selbstständigkeit“, weiss Peter Brunner.<br />

„Sie wollen sich nicht mehr binden. Sie lassen sich lieber anstellen.“<br />

Auch andere Apotheker in der Schweiz finden deshalb keine<br />

Nachfolger mehr. Ein weiterer Grund: Apotheker ist inzwischen<br />

„Nun habe ich Zeit für Dinge, die früher vielleicht<br />

ein wenig zu kurz kamen“, sagt Peter<br />

Brunner. Und so setzt er sich fast täglich an<br />

seinen Flügel im Wohnzimmer seines Einfamilienhauses<br />

in Altdorf. „Hie und da nehme<br />

ich auch Stunden“, verrät der Rentner. Regelmässig<br />

wagt er sich an neue Stücke.<br />

Dennoch: „Ganz so einfach wie in meiner<br />

Jugend geht es nicht mehr“, sagt er. Stücke<br />

die er als Jugendlicher beherrschte, spielt er<br />

noch immer hervorragend. Doch Melodien,<br />

die er erst in den vergangenen Jahren zu<br />

spielen begann, vergesse er viel schneller.<br />

Auch sonst ist der frühere Apotheker ganz<br />

musikalisch. Er singt unter anderem auch im<br />

Cäcilienverein, dem Altdorfer Kirchenchor.<br />

Erst kürzlich initiierte dieser Verein das Projekt<br />

„Messa di Gloria“ von Giacomo Puccini,<br />

welche mit weiteren Sängern und Solisten<br />

zur Aufführung kam. Peter Brunner engagierte<br />

sich dabei im Organisationskomitee.<br />

Wenn das Wetter mitspielt, ist er nun<br />

regelmässiger mit seiner Frau auf den<br />

Golfplätzen anzutreffen – im Sommer<br />

meistens in Realp. Oder er hilft seiner<br />

Frau bei den Gartenarbeiten.<br />

„Langweilig wird es mir sicher nicht“, ist er<br />

überzeugt. Erst recht nicht, wenn seine beiden<br />

Grosskinder auf Besuch kommen. Und<br />

mit einem Lachen fügt er an: „Sonst hätte<br />

ich ja immer noch zwei Reservehobbys: Modelleisenbahnen<br />

und Briefmarkensammeln.“<br />

14


Mein Jahr<br />

nach der Matura<br />

Ein Bericht von Simon Raab<br />

„Herzliche Gratulation zur bestandenen<br />

Matura, Simon. Jetzt beginnt der Ernst<br />

des Lebens“. So lautete einer der Glückwünsche,<br />

den ich zur bestandenen Reifeprüfung<br />

erhalten habe. Um ehrlich zu sein<br />

irritierte mich der 2. Teil dieses Glückwunsches<br />

gewaltig: Hatte der Ernst denn nicht<br />

schon mit dem Maturajahr begonnen? Mein<br />

Hochgefühl sagte mir, dass mit der bestandenen<br />

Matura der Härtetest endlich beendet<br />

ist und uns Maturanden nun die unbegrenzte<br />

Freiheit blüht…! – Doch bald schon<br />

sollte ich diesen Satz besser verstehen.<br />

Die Prüfungszeit der Matura bleibt mir nachhaltig<br />

positiv in Erinnerung. Fast könnte<br />

man sagen, dass meine Kollegen und ich sie<br />

geradezu genossen haben. Klar hatten wir<br />

unsere Zweifel und Unsicherheiten, doch<br />

wir wussten, dass diese relativ unbegründet<br />

waren: Wir hatten das ganze Jahr hindurch<br />

gut gearbeitet und uns notenmässig einen<br />

Puffer zugelegt. Die ersten Tage nach der<br />

mündlichen Matura waren schlichtweg genial:<br />

Um es mit den Worten von Rektor Dr.<br />

Ivo Frey zu sagen: Nach der Matura waren<br />

wir „Kinder des Glücks“! Diese sind wir auch<br />

heute noch, doch auf eine andere Art und<br />

Weise. Nach einer mehr oder weniger erholsamen<br />

Woche der Maturareise führte mich<br />

die Pflicht mit dem Marschbefehl im Gepäck<br />

an die Pforten zu einem anderen „Ernst des<br />

Lebens“: Kaserne Motto Bartola in Airolo.<br />

Nach nur zwei Tagen Rekrutenschule fühlte<br />

ich mich <strong>vom</strong> überschäumenden Glück<br />

der letzten Wochen verlassen. Nicht nur<br />

wenig Schlaf, auch die militärischen Umgangsformen<br />

und mein im Drillunterricht<br />

äusserst begabter Gruppenführer setzten<br />

mir physisch und psychisch zu. Aber auch<br />

der Umstand, dass ich am Freitag der ersten<br />

RS-Woche den Numerus Clausus zu<br />

schreiben hatte, liess meine Gemütsverfassung<br />

auf den Nullpunkt sinken. Die berüchtigte<br />

Eignungsprüfung fürs Medizinstudium<br />

war wegen den „grünen Umständen“ und<br />

einer doch eher kurzen Vorbereitungszeit<br />

– wann hatten wir schon Zeit?! – wohl die<br />

schwerste Prüfung, die ich bis anhin bestehen<br />

musste. Wieso der Numerus Clausus im<br />

Sommer, knapp nach der Matura stattfindet<br />

und zudem in der ersten RS-Woche, ist für<br />

mich nicht nachvollziehbar. Eine Prüfungsvorverschiebung,<br />

z.B. im April, hätte für<br />

uns Rekruten viele Vorteile gehabt: Maximal<br />

fünf Stunden Schlaf pro Nacht, keinerlei<br />

persönliche Zeit und die physischen und<br />

psychischen Anpassungen in der ersten<br />

RS-Woche waren sicher nicht die optimale<br />

Vorbereitung für den Numerus Clausus.<br />

Ich hoffte aber innig, dass wenigstens für<br />

diesen Tag das Glück zurückkehren würde…<br />

Bewahrheitet hat es sich dann in der 6. RS-Woche: Die Prüfungsresultate<br />

wurden bekannt gegeben, ich gehörte zu den rund<br />

35%, welche die Prüfung bestanden hatten. Ich fühlte mich wieder<br />

als Glückskind, v.a. weil ich nun ein Splitting meiner Militärausbildung<br />

vornehmen konnte und mein Aufenthalt in der RS<br />

absehbar war. Nun musste ich aber baldmöglichst eine Wohngelegenheit<br />

an meinem von der Prüfungskommission zugewiesenen<br />

Studienort suchen, denn nur sechs Wochen später sollte<br />

das Semester bereits beginnen. Die restliche RS-Grundausbildung<br />

verging wie im Flug, viele positive Erlebnisse relativierten<br />

den harten Start ins Militärleben. Rückblickend bin ich froh, dass<br />

ich die militärische Grundausbildung absolviert habe, sie hat<br />

mich persönlich in verschiedenen Bereichen weitergebracht.<br />

In Fribourg fand ich ein Zimmer in einer Urner WG: ideale Voraussetzung<br />

für den Studieneinstieg. Allerdings war die Zeitdauer<br />

für diese Unterkunft auf ein Semester begrenzt und ich wusste,<br />

dass ich eine neue Wohngelegenheit für das Sommersemester<br />

suchen musste. Das Studium begann angenehm mit dem einen<br />

oder anderen Nachmittag „frei“, zumindest interpretierte ich diese<br />

vorlesungsfreien Nachmittage so. Ich genoss den Spätsommer<br />

in Fribourg und hatte an den Wochenenden in Altdorf viel zu<br />

erzählen von meinem neuen Leben. Doch der Schein der ersten<br />

lockeren Wochen im Studium ist trügerisch, setzt man sich nicht<br />

von Anfang an intensiv mit dem Lernstoff auseinander, wird es<br />

sehr schwer, diesen noch vor der Prüfung zu meistern. Der Umfang<br />

steht in einem Potenzverhältnis zu jenem des Gymnasiums.<br />

Ich musste meine Lernstrategie, die am <strong>Kollegi</strong>um noch erfolgreich<br />

war, umfassend ändern. Am <strong>Kollegi</strong>um ist der Prüfungs-<br />

15


stoff zeitlich und umfangmässig<br />

begrenzt, man hat während des<br />

Semesters mehrere Prüfungen im<br />

gleichen Fach, so dass zwei bis drei<br />

Stunden Vorbereitungszeit meist<br />

genügen. Das neue Lern- und Arbeitsverhalten<br />

an der Uni war für<br />

mich der grösste Unterschied zur<br />

<strong>Kollegi</strong>umszeit. Anders gesagt:<br />

Ich musste noch einmal lernen zu<br />

lernen. Ab dem zweiten Semester<br />

ist das Studieren dann endgültig<br />

eine „ernste“ Sache. Am Ende des<br />

2. Semsters angelangt, sieht mein<br />

Tagesplan so aus, dass ich und die<br />

meisten meiner Mitstudenten von<br />

8 Uhr bis 21-22 Uhr an der Uni für<br />

die Prüfungen im Sommer lernen.<br />

Eine klar strukturierte Woche ermöglicht<br />

ein frei(er)es Wochenende<br />

im heimatlichen Urnerland.<br />

Natürlich bietet das Studium an<br />

der Uni neben dem Erwerb von<br />

Wissen viele weitere Facetten:<br />

Man trifft neue interessante Menschen,<br />

eine neue Form von Freiheit<br />

wird erlebt (ausserhalb des<br />

Elternhauses und klarer Schulstruktur).<br />

Doch muss nun der Alltag<br />

selbst organisiert werden: Wer<br />

macht die Küche, wer bringt den<br />

Müll nach draussen und wer geht<br />

einkaufen? Gemeinsames Kochen<br />

und Essen nach der Uni bringen<br />

Spass, die vielen Sportmöglichkeiten<br />

und Aktivitäten seitens der<br />

Uni und der Grossstadt ermöglichen<br />

den nötigen Ausgleich und erweitern<br />

den persönlichen Horizont.<br />

Mit der Matura in der Tasche verliess<br />

ich eine geborgene, vorgegebene,<br />

klar strukturierte, heile Welt.<br />

Ein Jahr nach der Matura erlebe ich<br />

mich erwachsener und reifer – gewappnet<br />

für den Ernst des Lebens.<br />

Bleiben werden mir die vielen schönen<br />

Erinnerungen an eine unbeschwerte<br />

<strong>Kollegi</strong>zeit in Altdorf.<br />

Lehrerinnen und Lehrer<br />

Die Pensionierung<br />

steht am Anfang<br />

eines neuen<br />

Lebensabschnitts.<br />

Ein Blick zurück zu den Anfängen<br />

Alfred Gabriel im Porträt<br />

von Ulrich Köchli<br />

„Ach, das liegt schon so lange zurück…“,<br />

meint Alfred Gabriel auf<br />

die Frage, wie er denn zurückblickend<br />

den Start seiner Lehrtätigkeit<br />

am <strong>Kollegi</strong> beschreiben würde.<br />

Ein Eindruck allerdings ist ihm geblieben:<br />

seine anfängliche Skepsis,<br />

als Lehrer an eine „Klosterschule“<br />

zurückzukehren, nachdem er selbst<br />

die eigene gymnasiale Schulzeit am<br />

Kapuzinerkollegium St. Antonius<br />

in Appenzell verbracht hatte. „Mit<br />

gemischten Gefühlen“ sei er daher<br />

1977 in den Kanton <strong>Uri</strong> gezogen,<br />

um eine neue Stelle als Lehrer für<br />

Mathematik anzutreten. Ein kleiner<br />

Kulturschock sei es gewesen<br />

nach einem einjährigen Aufenthalt<br />

als „Hilfslehrer“ an der Kantonsschule<br />

Zug, wo er Schulorganisation<br />

und Infrastruktur bereits als<br />

sehr modern empfunden hatte. In<br />

Altdorf waren die Unterrichtsräumlichkeiten<br />

noch über drei verschiedene<br />

Gebäude verteilt: Man musste<br />

zwischen „St. Josef“, Seminar<br />

und eigentlichem <strong>Kollegi</strong>-Gebäude<br />

pendeln. Insbesondere die Räumlichkeiten<br />

im „St. Josef“, die damals<br />

noch nicht renoviert waren,<br />

machten einen recht verstaubten<br />

Eindruck. Allerdings, und dies betont<br />

er, habe er es schliesslich nie<br />

bereut, den Schritt in den Kanton<br />

<strong>Uri</strong> getan zu haben, im Gegen-<br />

16


teil. Die kollegiale Atmosphäre im<br />

Lehrerkollegium, die mehrheitlich<br />

problemlose und von schweren<br />

Konflikten freie Beziehung zu den<br />

Schülerinnen und Schülern: Das<br />

Unterrichten am <strong>Kollegi</strong> empfindet<br />

er im Rückblick als Glücksfall.<br />

Ende der 1970er Jahre unterrichteten<br />

noch zahlreiche geistliche<br />

„Professoren“, wie die Gymnasiallehrkräfte<br />

im Kanton <strong>Uri</strong> damals<br />

noch von vielen respektvoll genannt<br />

wurden.<br />

Zum einen waren<br />

es die Benediktiner<br />

aus dem Kloster<br />

Mariastein<br />

– sie wohnten<br />

im sog. „Professorenhaus“,<br />

heute Teil der<br />

kantonalen Verwaltung<br />

–, zum<br />

anderen die Mariannhiller<br />

Patres<br />

im „St. Josef“. Als zugezogener<br />

junger Lehrer, der anfänglich im<br />

Kanton <strong>Uri</strong> noch kein enges soziales<br />

Netz geknüpft hatte, traf er<br />

vor allem bei den Mariannhillern<br />

auf offene Türen. Die geselligen<br />

Tischrunden mit anderen jungen<br />

Kollegen zum gemeinsamen Essen,<br />

die regelmässigen Jassnachmittage<br />

mit spielbegeisterten Patres<br />

und insbesondere die amüsanten<br />

Kaffeerunden in Gesellschaft von<br />

Sr. Paolomaria sind Alfred Gabriel<br />

bis heute in bester Erinnerung.<br />

Einer der letzten, wenn nicht gar<br />

der letzte Lehrer sei er gewesen,<br />

der noch von Pater Hugo, dem letzten<br />

Rektor im Benediktinerhabit,<br />

eingestellt worden sei. Die ersten<br />

Jahre unterrichtete er ausschliesslich<br />

im Untergymnasium, später<br />

Zu einem eigentlichen<br />

Markenzeichen von Alfred<br />

Gabriel wurde während<br />

all der Jahre der weisse<br />

Arbeitskittel, ohne den<br />

Generationen von Schülerinnen<br />

und Schülern ihn<br />

kaum einmal zu Gesicht<br />

bekommen haben.<br />

vorzugsweise im Obergymnasium.<br />

Zu einem eigentlichen Markenzeichen<br />

von Alfred Gabriel wurde während<br />

all der Jahre der weisse Arbeitskittel,<br />

ohne den Generationen<br />

von Schülerinnen und Schülern ihn<br />

kaum einmal zu Gesicht bekommen<br />

haben. Einen Kittel trage er eigentlich,<br />

seit er zu unterrichten begonnen<br />

habe, erinnert er sich. Bereits<br />

sein Vater, auch er als Lehrer tätig<br />

gewesen, habe stets im weissen<br />

Arbeitskleid unterrichtet; er selbst<br />

habe diese Eigenart<br />

einfach<br />

übernommen.<br />

Zudem war es<br />

ein probates Mittel<br />

gegen den<br />

Staub der bunten<br />

Kreide, die<br />

er mit Vorliebe<br />

für die Gestaltung<br />

seiner mit<br />

akkurater Sorgfalt<br />

gestalteten<br />

Tafelbilder verwendete. Dem Medium<br />

Wandtafel ist Alfred Gabriel<br />

treu geblieben, auch nachdem<br />

insbesondere in den letzten Jahren<br />

am <strong>Kollegi</strong> grosse Investitionen<br />

in moderne technische Infrastruktur<br />

getätigt worden sind.<br />

Denn er ist überzeugt <strong>vom</strong> didaktischen<br />

Wert von gemeinsam im<br />

Klassenrahmen erarbeiteten Aufgaben<br />

und den damit den Schülern<br />

vermittelten Einsichten in<br />

Lösungswege. Und dafür eignete<br />

sich die Wandtafel am besten.<br />

Aber nicht nur hinsichtlich technischer<br />

Hilfsmittel und baulicher<br />

Infrastruktur nahm er in der Schule<br />

in den vergangenen 34 Jahren<br />

Veränderungen wahr, sondern<br />

auch bei Lehrpersonen und Schülern<br />

und Schülerinnen. „Vor allem<br />

das Rollenverständnis oder besser<br />

noch das Anforderungsprofil an die<br />

Lehrpersonen hat sich gewandelt“,<br />

so Alfred Gabriel. Früher seien<br />

Gymnasiallehrer noch viel mehr als<br />

Vertreter der Wissenschaft wahrgenommen<br />

worden, personelle<br />

Verbindungen mit Universitäten<br />

seien nicht ungewöhnlich gewesen.<br />

Im Zentrum der Unterrichtstätigkeit<br />

sei fast ausschliesslich die<br />

Vermittlung der fachlichen Inhalte<br />

gestanden. Heute dagegen sei der<br />

Lehrer stärker als Pädagoge mit<br />

einem breiten Repertoire für den<br />

Umgang mit gruppendynamischen<br />

Prozessen gefordert: die Lehrpersonen<br />

als Animatoren und Coaches.<br />

Den Eintritt in die Pension sieht Alfred<br />

Gabriel pragmatisch und ohne<br />

Wehmut. „Ich bin froh, dass ein<br />

neuer Abschnitt beginnt“, gibt er<br />

sich in seiner ihm eigenen nüchternen<br />

Art optimistisch. Das Mass<br />

an „Freiheit“ sei wohl zeitlebens nie<br />

so gross wie in der Pension. Darauf<br />

freut er sich und nennt sogleich ein<br />

klares Ziel für die ersten paar Wochen:<br />

Santiago de Compostela im<br />

Norden Spaniens. Zusammen mit<br />

seiner Frau Jo hat Alfred Gabriel in<br />

den vergangenen Jahren in mehreren<br />

Etappen bereits die Hälfte des<br />

Jakobsweges von Altdorf aus zurückgelegt<br />

– insgesamt gegen 1000<br />

km. Die restlichen 1000 km ab dem<br />

französischen Moissac sollen nun<br />

in einem Stück unter die Füsse genommen<br />

werden. So steht am Anfang<br />

eines neuen Lebensabschnitts<br />

das Ende eines anderen grossen<br />

Projekts. Wer Alfred Gabriel kennt,<br />

weiss: Weitere werden folgen.<br />

Der Schöpfungsmythos von Genesis 1,1ff. als Spielball<br />

des „Kreationismus“<br />

Von Dr. Dr. Galo W. Vera<br />

Der Mythos über die Weltschöpfung<br />

in Genesis 1,1ff. ist allgemein<br />

bekannt, sorgt aber immer wieder<br />

für hitzige Diskussionen unter<br />

Theologen, Evolutionsbiologen,<br />

etc. Zwei unversöhnliche Lager<br />

haben sich im Laufe der Geschichte<br />

herausgebildet: Auf der einen<br />

Seite ist es die Theologie bzw.<br />

Religion, auf der anderen Seite<br />

die Naturwissenschaft, insbesondere<br />

die Evolutionsbiologie.<br />

In der radikalsten Tendenz der Theologie<br />

gibt es keinen Evolutionsprozess.<br />

Gott schuf die Welt und die<br />

Menschen in einem Akt der Großzügigkeit,<br />

was als evidenter Beweis<br />

für eine creatio ex nihilo (die<br />

voraussetzungslose Schöpfung aus<br />

dem Nichts) gilt. In dieser als „Kreationismus“<br />

bezeichneten Ansicht<br />

wird eine Evolution des Menschen<br />

verteufelt, und deren Vertreter<br />

werden als Atheisten beschimpft.<br />

Für die radikalen Evolutionsbiologen<br />

ist der Mensch hingegen nur<br />

Produkt eines langen Evolutionsprozesses,<br />

dessen Entstehung er<br />

dem Zufall verdankt. Die Gottesschöpfung<br />

in der alttestamentlichen<br />

Erzählung wird als vorwissenschaftliches<br />

Ammenmärchen<br />

desavouiert. Man bezeichnet diese<br />

Richtung als „Evolutionismus“.<br />

Die darwinistische Evolutionstheorie<br />

stellt nicht nur die religiöse<br />

Kreationsvorstellung in Frage, sondern<br />

auch die zahlreichen Befunde<br />

der Paläoanthropologie, welche<br />

17


auf einen primitiven und rudimentären<br />

Ursprung mit einem langen<br />

Evolutionsprozess des Menschen<br />

hinweisen. Ironischerweise hat<br />

gerade ein katholischer Jesuitenpriester,<br />

der französische Paläoanthropologe<br />

Teilhard de Chardin, in<br />

der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

die vorherrschenden kreationistischen<br />

Lehren der katholischen<br />

Kirche in Frage gestellt und die<br />

Evolution des Menschen vertreten,<br />

nachdem er den Sinanthropus<br />

Pekinensis untersucht hatte. Die<br />

katholische Kirche verbot infolgedessen<br />

die Veröffentlichung seiner<br />

wissenschaftlichen Arbeiten.<br />

Im Folgenden konzentrieren wir<br />

uns auf den historischen und soziokulturellen<br />

Kontext und die tieferen<br />

Absichten dieses Mythos. Der<br />

Verfasser dieser Erzählungen war<br />

keineswegs an der Menschenevolution<br />

interessiert. Er bezweckte<br />

auch nicht den Beweis der creatio<br />

ex nihilo, denn der alte Mythos bot<br />

weder direkte noch indirekte Anhaltspunkte<br />

dazu. Sinngemäß wird<br />

in Gen.1,1ff. erzählt, dass Gott die<br />

Welt in sechs Tagen geschaffen<br />

habe. Die schöpferische Tätigkeit<br />

Gottes begann mit der Erschaffung<br />

von Himmel und Erde. Am<br />

sechsten Tage schuf er als Krone<br />

der Schöpfung den Menschen mit<br />

den Worten: „Lass uns den Menschen<br />

nach unserem Bilde machen,<br />

uns ähnlich...“. Die anthropomorphe<br />

Darstellung des Schöpfergottes,<br />

der wie ein Mensch arbeitet<br />

und am siebten Tage ausruht,<br />

lässt keinen Zweifel daran, dass es<br />

sich um einen uralten kosmogonischen<br />

Mythos handelt, der seinen<br />

„Sitz im Leben“ in der altorientalischen<br />

Welt hat. In Babylonien und<br />

Assyrien waren zwei Schöpfungsvorstellungen<br />

vorhanden, nämlich<br />

die Entstehung der Welt und<br />

des Menschen durch einen Götterkampf:<br />

Im altorientalischen Epos<br />

„Enuma-elisch“ kämpft der babylonische<br />

Gott Marduk (in der assyrischen<br />

Fassung ist es der Gott<br />

Assur) gegen Tiamat, die Herrscherin<br />

der Unterwelt, und deren<br />

Gemahl Kingu. Schliesslich gelingt<br />

es Marduk, die Feinde zu bezwingen.<br />

Aus den Hälften der Leiche<br />

der Göttin Tiamat bildete er den<br />

Himmel und die Erde und aus dem<br />

Blut des Kingu den Menschen. Er<br />

bestimmte die Zeit und legte die<br />

Jahre, Monate, Tage, Licht und<br />

Finsternis fest. Die babylonischassyrische<br />

Tradition kennt auch<br />

die Schöpfung durch Zeugung. Im<br />

alten Ägypten etwa, aber auch bei<br />

den antiken Griechen findet man<br />

die Schöpfungsvorstellung, wonach<br />

die Welt durch Masturbation hervorgebracht<br />

worden sei. So wird<br />

die populärste Gottheit, Afrodita/<br />

Venus, die Göttin der Liebe, durch<br />

einen solchen Akt hervorgebracht.<br />

Der biblische Schöpfungsmythos<br />

richtet sich gegen diese erwähnten<br />

Kosmogonien. Gen.1,1ff. lehrt, dass<br />

ein Gott, der nur durch Gewalt<br />

(Götterkampf), Zeugung oder Masturbation<br />

die Welt hervorbringt,<br />

kein wahrer, allmächtiger Gott sei.<br />

Vielmehr seien es menschliche<br />

Projektionen, auf die man Macht<br />

und Gewalt, Entscheidungen und<br />

Schicksalslenkung übertrage. Vielleicht<br />

liegt hier der Grund, weshalb<br />

die Gottheiten in der antiken Welt<br />

immer wieder in Menschen- oder<br />

Tiergestalt dargestellt werden, in<br />

denen positive und negative Eigenschaften<br />

des Menschen verkörpert<br />

werden. Gleiche Gedankenmotive<br />

finden wir auch in Ludwig<br />

Feuerbachs Behauptung, Gott sei<br />

nur eine Projektion menschlicher<br />

Schwächen. Erinnert sei auch an<br />

Sigmund Freuds Vatermord-Theorie,<br />

worin die Vatermörder-Söhne<br />

aus Schuldgefühl den Vatergeist<br />

zu einem rachsüchtigen Wesen<br />

proklamieren, das sie mit Opfer<br />

zu besänftigen versuchen. Man<br />

kann sich auch fragen, ob unsere<br />

Gottesvorstellungen nicht nur<br />

ein Produkt unserer eigenen religiösen<br />

Erziehung, die Projektion<br />

unserer kindlichen Vaterfigur,<br />

das Resultat von religiösen Traditionen,<br />

der Ausdruck einer paternalistischen<br />

Gesellschaft oder die<br />

konstruierte Gestalt unserer unerfüllten<br />

Wünsche und Phantasien<br />

seien. Wir entdecken so eine Reihe<br />

von kleinen, persönlichen „Gottheiten“,<br />

die wir als die einzig wahren<br />

anbeten: den Gott der Gewalt,<br />

der unsere eigene Destruktivität<br />

rechtfertigt; den Gott Pantokrator,<br />

der unsere undemokratische<br />

Machtmanie und menschenverachtenden<br />

Exzesse entschuldigt;<br />

den Gott der Intoleranz, der unsere<br />

Diskriminierung von Menschengruppen<br />

als berechtigt erscheinen<br />

lässt; den paternalistischen<br />

Gott, der uns der Freiheit beraubt<br />

und das eigene Selbst nicht entfalten<br />

lässt. Diese von Menschenphantasien<br />

erzeugten Mythen<br />

öffnen Tür und Tor zu Mühsal und<br />

Misshandlungen in der Welt. Die<br />

Geschichte kennt genügend groteske<br />

Beispiele, in denen menschliches<br />

Fehlverhalten mit der permisio<br />

divina gerechtfertig wurde.<br />

Der biblische Mythos will also klarstellen,<br />

dass der alttestamentliche<br />

Gott keine Projektionen menschlicher<br />

Eigenschaften braucht, um<br />

18


Welt und Menschen hervorzubringen.<br />

Die Einzigartigkeit und Besonderheit<br />

besteht allein in der<br />

Kraft und Macht seines Wortes:<br />

„Und Gott sprach...“. Möglicherweise<br />

ist dies auch der Grund, weshalb<br />

es den Israeliten in den zehn<br />

Geboten untersagt war, irgendeine<br />

tierische oder menschliche<br />

Gestalt aus ihrem Gott zu machen.<br />

Die biblische Kreationsvorstellung<br />

unterscheidet sich so von<br />

den altorientalischen Kosmogonien:<br />

Gott handelt nicht als wütender<br />

Kriegergott und geht nicht<br />

dem sexuellen Verlangen nach.<br />

Es ist aber etwas zu spekulativ<br />

oder gar absurd, im biblischen<br />

Schöpfungsmythos Spuren einer<br />

creatio ex nihilo finden zu wollen.<br />

Der Inhalt des Textes vermag<br />

dieses Problem ja gar nicht<br />

zu thematisieren. Es werden lediglich<br />

die damals vorherrschenden<br />

Schöpfungsvorstellungen in<br />

Frage gestellt, und es wird eine<br />

neue Gottesschöpfungsform präsentiert,<br />

die allerdings das Mythologische<br />

nicht vollständig<br />

überwindet, handelt doch Gott<br />

nach wie vor wie ein Mensch.<br />

Auf der anderen Seite ist es unwissenschaftlich,<br />

den Mythos bloß als<br />

Ammenmärchen und irrationalen<br />

Aberglauben abzutun, denn auf<br />

diese Weise verkennt man seinen<br />

ursprünglichen, historisch-soziokulturellen<br />

Inhalt, der für sein Verständnis<br />

von Wichtigkeit ist. Wo<br />

ist letztlich der Unterschied, wenn<br />

die einen in der mythischen Gottheit<br />

von Genesis 1,1ff. den wahren<br />

Schöpfergott sehen, der aus<br />

dem Nichts die Welt hervorbringt,<br />

die andern aber die Wissenschaft<br />

zur modernen Göttin erheben, die<br />

ebenso ihren Glauben verlangt!<br />

Jesus Christus als Pantokrator in der<br />

Hagia Sophia. Die Kirche<br />

zur „heiligen Weisheit“ war eine<br />

byzantinische Kirche, später eine<br />

Moschee und heute ein Museum.<br />

19


Kanton <strong>Uri</strong><br />

Ehemalige Schülerinnen und<br />

Schüler moderieren politische<br />

Diskussionen.<br />

Anfänge neuer Politikkarrieren?<br />

Polit-Talk nützt neue Technik<br />

von Elias Bricker<br />

Kanton <strong>Uri</strong> - Junge Urner Politiker erhalten im Internet<br />

eine neue Plattform. Hinter dem Projekt stecken<br />

einige ehemalige <strong>Kollegi</strong>-Schüler.<br />

Seit Januar gibt es alle zwei Wochen<br />

am Sonntagabend eine neue<br />

Politsendung im Internet zu hören.<br />

Gemacht wird sie von jungen<br />

Urnern für jung gebliebene Urner.<br />

Hinter dem Projekt Politcast <strong>Uri</strong><br />

steckt der gleichnamige Verein.<br />

Dieser setzt sich ausschliesslich<br />

aus ehemaligen Schülern der <strong>Kantonale</strong>n<br />

<strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong> zusammen.<br />

Die Sendung läuft meistens gleich<br />

ab: Ein junger Moderator lädt zwei<br />

Urner Jungpolitiker zu einer 25-minütigen<br />

Diskussionsrunde ein. In<br />

der Mitte des Gesprächs schal-<br />

tet sich meistens ein Experte zum<br />

jeweiligen Thema ein, mit dem<br />

die Produzenten zuvor ein Interview<br />

geführt haben. Die Macher<br />

von Politcast wollen dem Publikum<br />

das Medium Podcast näherbringen.<br />

Zudem wollen sie versuchen,<br />

mehr Junge zu politischem<br />

Engagement zu motivieren und<br />

den Einstieg in die Politik zu vereinfachen.<br />

Jungpolitiker erhalten<br />

bei Politcast die Gelegenheit<br />

an ihrer Rhetorik zu feilen. Junge<br />

Journalisten hingegen lernen,<br />

wie man Diskussionen leitet.<br />

Die Idee dazu hatte der 23-jährige<br />

Florian Arnold aus Altdorf.<br />

Tonaufnahmen sind neben Musik<br />

ein grosses Hobby von ihm. Inzwischen<br />

hat der junge Urner ein<br />

ansehnliches Equipment. Denn er<br />

machte unter anderem auch schon<br />

CD-Aufnahmen von jungen Urner<br />

Bands oder von Hörspielen. Dies<br />

brachte ihn auf die Idee, das Equipment<br />

auch für Podcasts zu nutzen.<br />

Zusammen mit Gleichaltrigen, die<br />

sich für Politik interessieren, hat<br />

er die Idee weitergesponnen. Entstanden<br />

ist schliesslich das Projekt<br />

Politcast <strong>Uri</strong>. „Diskussionen kann<br />

man in der Zeitung nur schwer<br />

wiedergeben“, sagt Arnold. Das<br />

geht mit einer Tonspur besser.<br />

Daher haben wir uns für Podcasts<br />

von politischen Diskussionen mit<br />

20


jungen Politikern entschieden.“<br />

Das Produzententeam von Politcast<br />

<strong>Uri</strong> wird von Florian Arnold geleitet<br />

(Matura 2008). Für den Internetauftritt<br />

kümmert sich Daniel<br />

Aschwanden aus Attinghausen (Matura<br />

2007). Für Moderation und Interviews<br />

sind Elias Bricker aus Bürglen<br />

(Matura 2007), Jasmin Bissig<br />

aus Flüelen (Matura 2008), Christian<br />

Arnold aus Schattdorf (Matura<br />

2009), Gian Knoll aus Schattdorf<br />

(Matura 2010), Carlo Bürgi aus<br />

Altdorf (Matura 2008) sowie die<br />

beiden Brüder Joshua Imhof (Matura<br />

2008) und Nicola Imhof aus<br />

Seedorf (Matura 2010) zuständig.<br />

Die Podcasts kann man gratis runterladen.<br />

Doch Aufnahmen sind<br />

aufwendig und teuer. Denn es ist<br />

wichtig, dass die Qualität beim Ton<br />

stimmt. Wenn man mit dem Handy<br />

aufnehmen würde, fände das<br />

Projekt wahrscheinlich nicht so<br />

Anklang. Immerhin hören rund<br />

300 Personen jeweils die Sendungen.<br />

Deshalb ist das Projekt<br />

auf Werbung und Spenden angewiesen.<br />

Dazu gibt es auch Unterstützung<br />

von Passivmitgliedern.<br />

Was ist ein Podcast?<br />

Der Begriff Podcast ist ein zusammengesetztes<br />

Wort aus Broadcast (zu Deutsch: Sendung) und<br />

iPod, dem bekannten mp3-Player. Einfach gesagt,<br />

sind Podcasts als Radiosendungen aufzufassen,<br />

die unabhängig von Sendezeiten hörbar sind. Der<br />

Herausgeber stellt diese ins Internet und bietet<br />

sie so gratis zum Download an.<br />

Der Name von Politcast <strong>Uri</strong> entstand aus den zwei<br />

Wörtern Politik und Podcast. Sobald die Produktion<br />

einer Sendung abgeschlossen ist, wird diese<br />

auf der Internetseite www.politcast-uri.ch zum<br />

kostenlosen Download zur Verfügung gestellt.<br />

Mehr Infos unter www.politcast-uri.ch<br />

Florian Arnold bei der Produktion eines Podcasts<br />

21


Folgende Them<br />

(Stand Ende Mai<br />

• Ausländer i<br />

• Waffeninitia<br />

• Gotthard - W<br />

• Gleichstellu<br />

• Neat-Zufah<br />

die bessere<br />

• Schweiz un<br />

• Bundesräte<br />

• Kurzintervie<br />

Strassenbe<br />

• Jungpolitik<br />

• Erfahrungsa<br />

• Erster Mai –<br />

mos?<br />

• Interview m<br />

Schüler Phi<br />

serparlame<br />

• Elefantenru<br />

über eine zw<br />

• „Brüchts Ür<br />

Zwei Ehemalige bei Politcast-<strong>Uri</strong>: Simon Baumann (Jungfreisinnige)<br />

und Céline Huber (Junge CVP) diskutieren über die Waffeninitiative.<br />

Verschiedenes<br />

Geschrieben steht: „Im Anfang war das Wort!“<br />

Hier stock’ ich schon! Wer hilft mir weiter fort?<br />

Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,<br />

Ich muss es anders übersetzen, (...)<br />

(Goethe: Faust I)<br />

<strong>Kollegi</strong>theater:<br />

Eine Reportage von Franco Strub, 6b<br />

Ein Blick hinter die Kulissen<br />

Mephisto drängt Faust aus<br />

dem Gefängnis: „Sie ist gerichtet“.<br />

Doch eine Stimme von<br />

oben offenbart Gretchens Erlösung:<br />

„Ist gerettet“. Mephisto<br />

und Faust fliehen. Die<br />

Stimme von oben ertönt wieder:<br />

„Heinrich! Heinrich!“ Die<br />

Lichter gehen aus. Die<br />

Zuschauer applaudieren. Die Premiere<br />

des diesjährigen <strong>Kollegi</strong>theaters<br />

ist geglückt. Mit Goethes Faust I<br />

haben sich die Theaterleute an ein<br />

Meisterwerk der deutschen Literatur<br />

herangewagt. Mit Erfolg. Doch<br />

bis dahin war es ein langer Weg.<br />

„Soll ich bei ihr eine Eins<br />

oder eine Null nehmen?“<br />

Ungefähr 6 Stunden vorher,<br />

nämlich bereits um vier<br />

Uhr nachmittags, trudeln die<br />

ersten Schauspielerinnen im Tellspielhaus<br />

ein. An einer Türe hängt<br />

ein grosser Schminkplan. Auf dem<br />

Plan ist genau festgelegt, wann<br />

wer geschminkt wird. Betritt man<br />

den Raum, fühlt man sich wie in<br />

einem Beautysalon. Momentan befinden<br />

sich im Raum nur Damen.<br />

Insgesamt sind es sechs, drei,<br />

die schminken, und drei, die geschminkt<br />

werden. Sogar Tanja Hager,<br />

die Regisseurin, legt Hand an.<br />

Sie wird die nächsten zweieinhalb<br />

Stunden mit Schminken beschäftigt<br />

sein. Eine ihrer Schminkassistentinnen<br />

will von ihr wissen: „Soll ich<br />

eine Eins oder eine Null nehmen?“<br />

Jemand anderes fragt: „Kriegst du<br />

auch Smokey Eyes?“ Nach einem<br />

kurzen Update auf den neusten<br />

Trend der Schminkmode wird auch<br />

dem Beobachter bewusst, dass es<br />

sich bei diesen genannten Zahlen<br />

um die Helligkeiten der Tönungscremes<br />

handelt. Je höher die<br />

Zahl, desto dunkler die Creme.<br />

Sind auch alle richtig geschminkt?<br />

Inzwischen sind auch die ersten<br />

Herren im Schminkraum eingetroffen.<br />

Alles läuft wie am Schnürchen.<br />

Das Schminkteam ist gut im<br />

Zeitplan. Doch plötzlich zuckt Tanja<br />

Hager auf: „Weshalb bist du denn<br />

so braun im Gesicht?“, will sie von<br />

David Fischer wissen, „und du so<br />

blass, Silvan?“ „Sie haben doch gestern<br />

gesagt, ich soll eine Eins und<br />

er eine Null nehmen“, meint David<br />

Fischer, der 17-jährige Gymnasiast,<br />

welcher Wagner, die studentische<br />

22


en wurden bisher behandelt<br />

20<strong>11</strong>)<br />

m Kanton <strong>Uri</strong><br />

tive<br />

ie viele Löcher braucht es?<br />

ng- Wie weit ist <strong>Uri</strong>?<br />

tslinie - Welche Variante ist<br />

?<br />

d Atomstrom<br />

äussern sich zur Jungpolitik<br />

ws mit Bundesräten und<br />

ragungen mit Jugendlichen<br />

kann auch gefährlich sein<br />

ustausch von Jungpolitikern<br />

Wer steckt hinter den Deit<br />

dem ehemaligen <strong>Kollegi</strong>lippe<br />

Haldi, der sich als ausntarischer<br />

Linker bezeichnet.<br />

nde nach der Abstimmung<br />

eite Gotthardröhre<br />

ner Mundart an der Schule?“<br />

Hilfe Fausts spielt. Doch Tanja Hager<br />

ist mit der Tönung der Schminke<br />

der beiden Herren gar nicht<br />

zufrieden. Sie geht mit den beiden<br />

auf die Bühne, um deren Tönung<br />

im Scheinwerferlicht zu betrachten.<br />

Der Befund ist klar, die Farbe<br />

muss weg und eine andere drauf.<br />

„Endlich darf ich mal den<br />

Bösewicht spielen“<br />

Inzwischen ist auch Marcel Lauener<br />

eingetroffen, er wird dieses<br />

Jahr Mephisto spielen. Beim letztjährigen<br />

<strong>Kollegi</strong>theater „Kabale<br />

und Liebe“ hat er Ferdinand von<br />

Walther verkörpert, einen Adeligen,<br />

der ein bürgerliches Mädchen<br />

begehrte. Deshalb sei er glücklich<br />

darüber, dass er dieses Jahr<br />

die Rolle des Teufels spielen dürfe.<br />

Mit dem vielen Text habe er<br />

kein Problem, das komme mit der<br />

Zeit. „Befindet man sich in einem<br />

Gespräch, so ist es einfach, den<br />

roten Faden vor Augen zu halten.<br />

Man befindet sich ja nicht alleine<br />

auf der Bühne und hat meistens<br />

ein Gegenüber, welches das Stichwort<br />

gibt“, meint Marcel Lauener.<br />

Zehnminütiger Monolog<br />

Wer sich jedoch nicht auf seine Gegenüber<br />

verlassen kann, ist Elias<br />

Huwyler. Er spielt den alten Faust<br />

und hat somit einen fast zehnminütigen<br />

Monolog zu halten. Doch der<br />

Text sitzt. Angst vor einem Blackout<br />

hat Huwyler nicht. Im Notfall<br />

habe er immer noch die Souffleuse.<br />

Des Weiteren meint der Altdorfer<br />

mit einem Schmunzeln auf<br />

den Lippen: „Ich bin froh, dass<br />

ich nicht singen muss. Ich bleibe<br />

lieber beim Schauspielern.“<br />

Intensive Proben<br />

Übung macht den Meister. Das<br />

weiss auch Tanja Hager, die bereits<br />

zum neunten Mal das <strong>Kollegi</strong>theater<br />

leitet. Als Regisseurin und Produzentin<br />

hat sie allerhand zu tun. Bis<br />

ein solches Theaterstück aufgeführt<br />

werden kann, braucht es viele<br />

Proben. Seit Anfang Schuljahr proben<br />

die Theaterleute. Jeden Mittwoch<br />

zwischen zwei und vier Stunden.<br />

Neben zwei Probeweekends<br />

gibt es noch zusätzlich eine ganze<br />

Probewoche vor Theaterbeginn.<br />

Aktualität ins Theaterstück<br />

eingebracht<br />

Die Crew um Tanja Hager ist optimistisch.<br />

Die Hauptrobe sei sehr<br />

erfolgreich und ohne Patzer verlaufen.<br />

Dieses Jahr wird auch wieder<br />

mehr gesungen und getanzt als in<br />

früheren Jahren. Bei den Szenen<br />

in Auerbachs Keller, wo Studenten<br />

den Abend mit einem Bier und ein<br />

wenig Gesang ausklingen lassen,<br />

singen die <strong>Kollegi</strong>schüler einige<br />

Lieder, die Bezug auf das momentane<br />

Geschehen in <strong>Uri</strong> nehmen.<br />

So gibt es etwa Anspielungen auf<br />

die Diskussion über den Bau einer<br />

zweiten Röhre am Gotthard und<br />

über den ägyptischen Investor Samih<br />

Sawiris. Die entsprechenden<br />

Textpassagen stammen <strong>vom</strong> ehemaligen<br />

Rektor Dr. Josef Arnold.<br />

Ess- und Trinkverbot<br />

Mittlerweile ist es halb sieben. Eine<br />

Stunde vor Aufführungsbeginn.<br />

Lippenzeit. Die Lippen der Schauspieler<br />

werden geschminkt. Ab nun<br />

darf weder getrunken noch gegessen<br />

werden. Langsam, aber sicher<br />

bricht das Lampenfieber aus. Einige<br />

Schauspieler proben ihre Schritte<br />

für den Hexentanz, andere murmeln<br />

Textpassagen vor sich her.<br />

Männliches Nachwuchsproblem<br />

Auf die Frage, ob er aufgeregt sei,<br />

meint David Fischer: „Nein, überhaupt<br />

nicht, das macht mir ehrlich<br />

gesagt ein wenig Angst.“ David<br />

Fischer und Ralph Horat sind die<br />

einzigen Herren, die dem <strong>Kollegi</strong>theater<br />

auch nächstes Jahr noch<br />

23


erhalten bleiben. Viele der Männer,<br />

welche Theater spielen, sind bereits<br />

im zwölften Schuljahr. Sie werden<br />

das nächste Jahr also nicht mehr<br />

auf der Bühne stehen. „Wir hoffen,<br />

dass sich noch einige männliche<br />

Nachfolger fürs <strong>Kollegi</strong>theater anmelden<br />

werden“, so Tanja Hager.<br />

Das Konzentrationsritual<br />

Um Viertel nach sieben ist es soweit,<br />

Tanja Hager versammelt die<br />

Theaterleute zu ihrem jeweiligen<br />

Ritual. Alle bilden einen Kreis und<br />

geben sich per Händedruck ein Zeichen.<br />

Dies fördere die Konzentration,<br />

meinen die Schauspieler. Noch<br />

jedem dreimal über die Schulter<br />

gespuckt und dann sind die <strong>Kollegi</strong>schüler<br />

bereit für die Vorstellung.<br />

Halb acht. Der Saal ist voll.<br />

Die Lichter gehen an. Das<br />

Theaterstück beginnt.<br />

Hochbetrieb hinter der<br />

Bühne<br />

Während der Vorstellung herrscht<br />

hinter der Bühne Hochbetrieb.<br />

Kostüme müssen gewechselt<br />

und Requisiten vorbereitet werden.<br />

Trotz der Hektik läuft alles<br />

ganz geordnet und ruhig ab.<br />

Mit der Verwandlung des alten<br />

Fausts zum jungen geht<br />

es dann auch in die Pause. Die<br />

Schauspieler sind froh über die<br />

gute erste Halbzeit. Tanja Hager<br />

lobt sie und motiviert gleichzeitig<br />

für den zweiten Teil.<br />

Auch dieser gelingt der Theatercrew<br />

ausgezeichnet. Sie haben<br />

es geschafft, um viertel vor<br />

zehn stehen die Theaterleute in<br />

Reih und Glied und geniessen<br />

den höchstverdienten Applaus.<br />

„Krank gibt es nicht“<br />

Nach der Aufführung mischen sich<br />

die Schauspieler und Schauspielerinnen<br />

unter die Theaterbesucher,<br />

um gemeinsam anzustossen. Und<br />

so geht dieser Abend zu Ende. Am<br />

folgenden Tag wird alles wieder<br />

von vorne losgehen. Der Ablauf<br />

wird in den nächsten fünf Tagen<br />

immer der gleiche sein. Die Schüler<br />

müssen den Spagat zwischen<br />

Prüfungsstress und Theateraufführungen<br />

schaffen. Auf die Frage,<br />

was denn eigentlich passiere,<br />

wenn ein Schauspieler unerwartet<br />

krank werde, entgegnet mir eine<br />

Schauspielerin mit den Sätzen:<br />

„Krank gibt es nicht, denn Ersatz<br />

gibt es keinen. Jeder ist einmalig.“<br />

Kommentar zum Titelbild<br />

von Marcel Huwyler, Prorektor<br />

24<br />

Am Anfang<br />

Auf der Insel<br />

Kretapletha<br />

erzählen sich<br />

Schafhirten<br />

und Feta exportierende Kleinmolkereibesitzer<br />

seit Jahrtausenden<br />

die folgende Geschichte<br />

<strong>vom</strong> Anfang der Welt:<br />

Am Anfang gab es weder Himmel<br />

noch Erde, noch Berge noch Flüsse,<br />

noch Pflanzen noch Tiere, noch<br />

Menschen und schon gar keine Oliven,<br />

was schade war, wären doch<br />

gerade diese im überaus grossen<br />

und dunklen Nichts sehr willkommen<br />

gewesen. Allein das Nichts<br />

war nicht gänzlich leer, wirkte doch<br />

darin der Geist der Grossen Strickmutter.<br />

Die Grosse Strickmutter<br />

klapperte nichts-ein nichts-aus mit<br />

ihren Stricknadeln und hätte gerne<br />

am grossen allumfassenden Schöpfungsplan<br />

gestrickt, wenn nicht die<br />

kleine Ariadne beim Spielen das<br />

rote Wollknäuel des Urschafs Mähnander<br />

verloren hätte. Es fehlte der<br />

Schöpfung im wahrsten Sinne des<br />

Wortes der rote Faden! Es begab<br />

sich aber auf der anderen Seite<br />

der Schöpfung, dort, wo sie schon<br />

ein klein wenig geschöpft war, dass<br />

der grosse Held Theseus <strong>vom</strong> fehlenden<br />

Wollknäuel erfuhr und sich<br />

fadenstracks durch sämtliche Labyrinthe<br />

aufmachte, um eben jenes<br />

urwollene Fadenknäuel zu suchen<br />

und die Welt, und damit auch sich<br />

selbst endlich ganz erstricken zu<br />

lassen. Sich durch manches Fadenzainli<br />

kämpfend und dabei<br />

den Mini- wie auch den Maxitaurus<br />

besiegend kam er schliesslich<br />

zum Orakel von Gutefragos.net<br />

und stellte dort die Frage, die ihn<br />

unsterblich machen sollte: „Warum<br />

gibt es so wenig wirklich dicke<br />

Stricksachen für Männer zu kaufen?“<br />

Da auch des Orakels bestes<br />

Medium, Googlos, darauf keine Antwort<br />

wusste, wurde ihm das verlorene<br />

Wollknäuel sofort ausgehändigt<br />

und die Grosse Strickmutter<br />

erstrickte die Welt in sieben Tagen,<br />

zuletzt das Strampelkombi Modell<br />

„Adam“ nach Oma Biggi (www.<br />

omas-babynest.de). Die Männer<br />

auf Kretapletha tragen auch heute<br />

noch keine dicken Stricksachen,<br />

aber Oliven haben sie unterdessen!<br />

Wollknäuelthemen<br />

(gutefrage.net) /Stricksachenfragen<br />

• Wie finde ich bei einem Wollknäuel den<br />

inneren Fadenanfang? – Die Grundfrage<br />

schlechthin!!!!!<br />

• Wieso werden Wollknäuel in Gramm gewogen?<br />

• Wie verbinde ich beim Stricken zwei Fäden?<br />

(neues Wollknäuel)<br />

• Warum gibt es so wenig wirklich dicke<br />

Stricksachen für Männer zu kaufen?<br />

Knitting Olympics<br />

www.dailyknitter.com<br />

Theseus & Minotaurus / Wollfaden (KretaI)<br />

Ariadnefaden – den Faden verlieren – der direkteste<br />

Weg ist der Umweg (C.G. Jung)<br />

www.ariadne-handarbeiten.de<br />

Lars Gustafson: Stricksachen<br />

www.omas-babynest.de Strampelkombi Modell<br />

“Adam” (Strickmuster nach Oma Biggi)<br />

Impressum<br />

Auflage 1200<br />

Erscheint zweimal jährlich<br />

Herausgeber<br />

Verein der Ehemaligen<br />

und Freunde der<br />

<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />

<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />

Gotthardstrasse 59<br />

6460 Altdorf<br />

Redaktion<br />

Verein der Ehemaligen<br />

Adrian Zurfluh<br />

Elias Bricker<br />

<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />

Dr. Ivo Frey, Rektor<br />

Marcel Huwyler, Prorektor<br />

Ulrich Köchli, Lehrer<br />

Anja Dahinden, Bibliothekarin<br />

Layout und Gestaltung<br />

Anja Dahinden<br />

Korrektorat<br />

Ulrich Köchli

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