Skript Unternehmensführung 1
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Um der Gefahr solcher Fehlbestände vorzugreifen, halten sich Unternehmen strategische<br />
Reserven, die gegen die Beschaffungs- und Verbrauchsschwankungsrisiken<br />
schützt sollen. Diese Reserve stellt einen langfristig gleichbleibenden Vorrat eines Gutes<br />
dar, der eine reibungslose Fortführung der Produktion aufgrund der o.a. Unsicherheiten<br />
gewährleisten soll. Die Höhe dieser strategischen Reserve kann nur unternehmensspezifisch<br />
ermittelt werden und darf im Normalfall mengenmäßig (nicht physisch) nicht in Anspruch<br />
genommen werden. Die Aufrechterhaltung einer solchen „eisernen Reserve“ verursacht<br />
naturgemäß Lagerkosten, die als eine Art „Versicherungsprämie“ für den „Fall der<br />
Fälle“ zu sehen ist.<br />
3.1.1.4 Optimaler Bestellzeitpunkt bei diskontinuierlichem Verbrauch<br />
Bei diskontinuierlichem Verbrauch wird ein Gut nur wenige Male oder sogar nur einmal im<br />
Rahmen des Produktionsprozesses eingesetzt (z.B. Pflanzenschutzmittel, Dünger, Saatgut<br />
etc.). Das Management eines Agrarunternehmens steht dann meist vor dem Entscheidungsproblem,<br />
ob Bestellungen zur Realisierung von Frühbezugsrabatten oder bei<br />
vorhersehbaren Preissteigerungen vorgezogen werden sollen.<br />
Die Frage, ob eine Vorverlegung von Bezugsterminen für Verbrauchsgüter ökonomisch<br />
sinnvoll ist, lässt sich analytisch lösen, sofern die Rahmendaten mit Sicherheit bekannt<br />
sind. Dazu muss zunächst der Effektivzins eines Rabattes bzw. einer Preiserhöhung ermittelt<br />
werden. Wenn bei vorhandenem Lager die dann entscheidungsrelevanten Lagerkosten<br />
- i.d.R. Versicherung, Zinsansatz und Schwundkosten - kleiner sind als der Effektivzins,<br />
dann ist eine Vorverlegung des Bezuges und Einlagerung der Ware sinnvoll.<br />
Zur Bestimmung des Effektivzinses bedient man sich in der Praxis folgender Formel:<br />
Rabattsatz (in %) x 360<br />
--------------------------------<br />
Lagerzeit (in Tagen)<br />
Im Falle einer vorhersehbaren Preiserhöhung würde man an Stelle des Rabattsatzes den<br />
bevorstehenden Preisaufschlag (in %) einsetzen. Wir wollen die Nutzung der Formel und<br />
die daraus resultierende Entscheidungsfindung an folgendem Beispiel diskutieren: Bei<br />
Herbstbezug eines Pflanzenschutzmittels wird ein Rabatt von 7% gewährt. Das Mittel<br />
kommt erst im Frühjahr zum Einsatz, so dass mit einer Einlagerungszeit von ca. 180 Tagen<br />
zu rechnen ist. Nach der obigen Formel ergibt sich ein Effektivzins von 14% p.a.. Mit<br />
Schwund hat man in diesem Fall nicht zu rechnen, aber der Lagerbestand müsste ggf. mit<br />
1 - 2% seines Wertes versichert werden, wenn es sich um einen größeren Bestellwert<br />
handelt. Wie soll sich die <strong>Unternehmensführung</strong> nun entscheiden?<br />
Die Antwort kann so nicht generell gegeben werden, sie hängt zunächst einmal – bei größeren<br />
Bestellwerten - davon ab, ob das Unternehmen z.Z. „liquide“ ist, oder den Frühbezug<br />
bzw. durch den Frühbezug bedingt die Beschaffung weiterer Betriebsmittel für das<br />
laufende Wirtschaftsjahr über Fremdkapital finanzieren muss (Opportunitätskosten). Im<br />
ersten Fall wäre ein Frühbezug c.p. sinnvoll, da man in Deutschland für kurzfristige Geldanlagen<br />
nicht einmal 2% p.a. erhält und damit die Opportunitätskosten des gebundenen<br />
Kapitals gering anzusetzen sind. Falls das Unternehmen aber durch den Frühbezug seine<br />
Kontokorrentlinie nutzen oder sogar überziehen müsste, könnte der Frühbezug unrentabel<br />
<strong>Unternehmensführung</strong> 1 – WS 2012/13 Entwurf – HS-Anhalt /Prof. Dr. Dohmen – Stand: Oktober 2013 65