Skript Unternehmensführung 1

Bei Entscheidungen unter Unsicherheit (vgl. Abb. 4) bietet sich bei Ungewissheit der Daten
die „Szenario Technik“ auch in der Landwirtschaft an. Dazu werden Handlungsstrategien
aufgestellt, deren Ergebnisse in der Regel durch ökonomische Kennwerte wie z.B.
Gewinnerwartung, Kapitalwert verschiedener Investitionen oder die Barliquidität verschiedener
Anbaupläne kurz vor Beginn der Ernte beurteilt werden können. Sie ergeben sich
aus entsprechenden Berechnungen, in denen die jeweilige Handlungsalternative beim
Eintreffen bestimmter Zukunftslagen „Zn“ hinsichtlich eines vorher definierten Zielwertes
(Ergebnis) durchgerechnet wird. Die Entscheidung für eine Alternative wird dann mit Hilfe
von Entscheidungsregeln bzw. –strategien herbeigeführt, die unterschiedliche Risikoeinstellungen
des Entscheidungsträgers berücksichtigen können.
1.5.3.2.2 Quantitative Planungstechniken
Sie basieren auf mathematisch-statistischen Verfahren. Je nachdem, ob sie eindeutige
Lösungen mit analytischen Algorithmen suchen, Simulationen experimentell verwenden
oder finanzmathematische Verfahren zur Entscheidung heranziehen, kann man sie in drei
Gruppen aufteilen.
1.5.3.2.2.1 Mathematische Optimierungsverfahren
Mathematische Optimierungsverfahren, die oft in Zusammenhang mit dem Begriff "Operations
Research" genannt werden, können in besonderem Maße für komplexere Planungen
eingesetzt werden. Als analytische Verfahren ermitteln sie eine eindeutig optimale
Lösung oder stellen fest, dass sich keine Lösung ableiten lässt. Je nachdem, ob bestimmte
Größen bzw. Vorgänge in einem Zeitpunkt oder über einen Zeitraum erfasst werden,
handelt es sich um statische oder dynamische Modelle.
Zu den bekanntesten und leistungsfähigsten Methoden in der Agrarökonomie zählt heute
die Lineare Programmierung (Lineare Optimierung). Kernstück ist ein unterbestimmtes
lineares [Un]Gleichungssystem, das unter Verwendung des sog. Simplex-Algorithmus
nach mehreren Iterationen so gelöst wird, dass die Zielgröße einen Extremwert (Maximum
oder Minimum) erreicht. Die dabei ggf. anfallende umfangreiche Rechenarbeit wird heute
von PCs in Verbindung mit entsprechender Software übernommen.
Ideale Einsatzgebiete für LP-Verfahren sind operative Planungen, bei denen den Gesamtbetrieb
betreffende Entscheidungen über kurzlebige Wirtschaftsgüter und Geld (Kapital)
anstehen. Wenn die bestehende Unsicherheit der Daten nur von untergeordneter Bedeutung
ist und einen geringen Einfluss auf die Zielkriterien hat, ist der Einsatz derartig
„deterministischer Modelle“ relativ unproblematisch.
Neben der Bestimmung von optimalen Produktionsprogrammen für den Gesamtbetrieb
eignen sich diese Verfahren auch für Optimierungsrechnungen in Teilbereichen eines Agrarunternehmens.
Ein in diesem Sinne häufiges Anwendungsgebiet ist die Ermittlung der
kostengünstigsten Futtermischung, bei der je nach Mastabschnitt oder Milchleistungsgruppe
unterschiedliche Mindest- bzw. Höchstmengen an wertbestimmenden Futterbestandteilen
bei geringsten Kosten je Einheit enthalten sein sollen. Auch Düngungsfragen
lassen sich mit LP-Modellen bearbeiten.
Schließlich kann die Lineare Programmierung auch in der strategischen Unternehmensplanung
mit entsprechend formulierten statischen und dynamischen Ansätzen zur Beurteilung
von Finanzierungs- und Investitionsstrategien herangezogen werden. Da es sich wie
Unternehmensführung 1 – WS 2012/13 Entwurf – HS-Anhalt /Prof. Dr. Dohmen – Stand: Oktober 2013 22