Erektile Dysfunktion – ein Thema für uns?
Erektile Dysfunktion – ein Thema für uns?
Erektile Dysfunktion – ein Thema für uns?
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<strong>Erektile</strong> <strong>Dysfunktion</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong><br />
<strong>Thema</strong> <strong>für</strong> <strong>uns</strong>?<br />
Christine Widmer, RN, BNS<br />
Leiterin HöFa 1 Onkologie, St. Gallen<br />
christine.widmer@kssg.ch
Arbeiten in....
Studium in...
Zur Sprache....
Zum Inhalt<br />
• Was ist <strong>–</strong> was war <strong>–</strong> und was wird vielleicht<br />
s<strong>ein</strong>.<br />
• Zukünftige Pflegeentwicklungsschwerpunkte<br />
werden skizziert.<br />
• Schwerpunkt auf Männern mit <strong>ein</strong>em<br />
Prostatakarzinom.
<strong>Erektile</strong> <strong>Dysfunktion</strong> <strong>–</strong><br />
Erektionsstörungen -<br />
Definition<br />
• Unter <strong>ein</strong>er erektilen <strong>Dysfunktion</strong> versteht<br />
man die vollständige oder teilweise<br />
Unfähigkeit, <strong>ein</strong>e <strong>für</strong> <strong>ein</strong>en befriedigenden<br />
Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion des<br />
Penis zu erreichen und aufrechtzuerhalten.
Zusammenhängende<br />
Konzepte<br />
Chronische<br />
Erkrankungen<br />
Körperbildveränderungen<br />
Sexualität<br />
Inkontinenz
Begriffe zu Krankheit<br />
• Disease: Benennt <strong>ein</strong> Problem/biomedizinisches Modell<br />
• Illness:Benennt menschliche Erfahrung (Symptome,<br />
Leiden).<br />
Benennt „wie“ Patienten und deren Familien <strong>ein</strong>en Zustand<br />
wahrnehmen, leben, damit umgehen.<br />
(Kl<strong>ein</strong>man in Lubkin, 1998)
Folgen von chronischen<br />
Krankheiten<br />
• Chronische Krankheiten haben grosse<br />
Auswirkungen auf alle Aspekte des Lebens der<br />
betroffenen Person <strong>–</strong> physisch, psychisch,<br />
familiäre, gesellschaftliche, berufliche und<br />
finanzielle.<br />
(Lubkin, 1990)
Einflussfaktoren auf die<br />
Sexualiät<br />
• Stress durch <strong>ein</strong>e Krankheit<br />
→ Angst<br />
→ Wut<br />
→ Depression<br />
• Körperbildveränderungen<br />
(Schover, 1988)
Kankheiten, die die Sexualität<br />
be<strong>ein</strong>flussen<br />
• Kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
• Diabetes mellitus<br />
•Multiple Sklerose<br />
• Morbus Parkinson<br />
• Rheumatische Erkrankungen<br />
• Depressionen<br />
•Krebserkrankungen
Diabetes mellitus<br />
• 90% aller Frauen haben als Folge der<br />
Neuropathien Orgasmusstörungen<br />
• 60% aller Männer haben als Folge der<br />
Neuropathien Erektionsstörungen und<br />
Miktionsstörungen<br />
(Zettl, 2002)
Sexuelle Probleme<br />
(k<strong>ein</strong>) Tabu bei Männern mit<br />
Prostatakarzinom?
äufigkeit des Prostatakarzinoms<br />
• Häufigster Tumor des Mannes<br />
<strong>–</strong> ca. 3500 Neuerkrankungen pro Jahr in der Schweiz<br />
• Zweithäufigste Todesursache an<br />
bösartigen Erkrankungen<br />
<strong>–</strong> ca. 1500 Todesfälle pro Jahr in der Schweiz
Kurative Therapieansätze<br />
beim Prostatakarzinom (1)<br />
• Radikale Prostatektomie<br />
- T1-T2 Stadium (lokal begrenzt). Gilt als Standard,<br />
hohes Risiko <strong>ein</strong>er ED und Inkontinenz.<br />
• Externe Hochvoltbestrahlung<br />
- T1-T2 Stadium, wenn OP nicht gewünscht oder nicht<br />
möglich ist. Risiko <strong>ein</strong>er ED und Inkontinenz ist<br />
geringer im Vergleich zur Prostatektomie
Kurative Therapieansätze<br />
beim Prostatakarzinom (2)<br />
• Interstitielle Brachytherapie<br />
- T1-T2 Stadium, PSA < 10 ng/ml. Radioaktive Strahler<br />
(Seeds) werden in der Prostata platziert.<br />
• „Watchful Waiting“-Strategie<br />
- Regelmässige Kontrollen. Eher bei älteren Patienten.
• Männer sind impotent <strong>–</strong> nicht haben <strong>ein</strong>e<br />
Impotenz....<br />
(Zettl, 2002)
Auswirkungen der erektilen<br />
<strong>Dysfunktion</strong><br />
• Verminderte Lebensqualität<br />
• Einschränkung der Autonomie und der Sozialkontakte<br />
• Stress<br />
(Kruijver, 2000, Jakobbson et al. 2001; Robinson 2000;<br />
Kunkel, 2000; Palmer et al., 2003)
Sexualität kann auf verschiedenen<br />
Ebenen gestört s<strong>ein</strong> - Basic ID<br />
B<br />
A<br />
S<br />
I<br />
C<br />
I<br />
D<br />
ehaviour<br />
ffect<br />
ensation<br />
magery<br />
ognition<br />
nterpersonal<br />
rugs<br />
Verhalten<br />
Gefühle<br />
Empfindungen<br />
Phantasien<br />
Kognition<br />
Partnerbeziehung<br />
Medikamente
Verschiedene Blickwinkel<br />
Harninkontinenz<br />
Patient<br />
97%<br />
Arzt<br />
21%<br />
Stuhlinkontinenz<br />
Sexuelle Funktionsstörungen<br />
33%<br />
97%<br />
2%<br />
52%<br />
(Litwin, 1998)
Rolle der Pflegenden<br />
• Mitwirken an präventiven Massnahmen<br />
• Mitwirken an der Koordination und Gestaltung<br />
der Betreuung:<br />
<strong>–</strong> Symptombehandlung<br />
<strong>–</strong> Anleitung<br />
<strong>–</strong> Assessment<br />
<strong>–</strong> Information und Beratung<br />
<strong>–</strong> Psycho-soziale Unterstützung der Patienten und<br />
deren PartnerInnen/ Familien<br />
(Faithfull, 2001)
Kommunikation und über die<br />
Sexualität sprechen (1)<br />
• Ist <strong>ein</strong>er der wichtigsten aber auch <strong>ein</strong>er der<br />
schwierigsten Aspekte der Pflege von<br />
KrebspatientInnen<br />
(Maquire, 1985; Wilkinson, 1991; Chaitchik, 1992)<br />
• Pflegende haben ungenügende kommunikative<br />
Fähigkeiten und vermeiden das Ansprechen<br />
von “heiklen Themen”, wie z.B. sexuelle<br />
Probleme)<br />
(Heaven & Maguire, 1996)
Kommunikation mit<br />
KrebspatientInnen<br />
(2)<br />
• Kommunikative Verhaltensweisen<br />
<strong>–</strong> Solche die wichtig sind in der Information über die<br />
Erkrankung und Behandlung sowie <strong>für</strong> die praktische<br />
Pflege (instrumental behaviors)<br />
<strong>–</strong> Solche die Respekt zeigen, <strong>ein</strong> Gefühl der<br />
Geborgenheit und des Vertrauens schaffen, den<br />
PatientInnendasGefühlgebenverstandenzu<br />
werden und ihnen helfen ihre Anliegen und Sorgen<br />
zu artikulieren (affective behaviors).<br />
(Hall et al. 1987; Bensing, 1991)
Kommunikation mit<br />
KrebspatientInnen<br />
(3)<br />
• Forschungsergebnisse zeigen <strong>ein</strong> grosses<br />
Ungleichgewicht zwischen den “instrumental<br />
behaviors” und “affective behaviors”, welche<br />
oft völlig fehlen.<br />
(Kruijver et al. 2001)<br />
• Mehr als 50% der Pflegenden zeigen<br />
Verhaltensweisen, welche <strong>ein</strong>en offenen Dialog<br />
blockieren.<br />
(Wilkinson, 1991)
Gründe <strong>für</strong> das nicht ansprechen<br />
sexueller Probleme (1)<br />
• Gesellschaftliche:<br />
<strong>–</strong> Sexualität wird gleichgesetzt mit Jugend, Schönheit<br />
und Gesundheit<br />
<strong>–</strong> Erkrankungen an der Prostata werden tabuisiert, da<br />
sie mit Inkontinenz und Impotenz in Verbindung<br />
gebracht werden
Gründe <strong>für</strong> das nicht ansprechen<br />
sexueller Probleme (2)<br />
• Persönliche:<br />
<strong>–</strong> Unwohls<strong>ein</strong>, da man in <strong>ein</strong>en sehr privaten Bereich<br />
<strong>ein</strong>dringt.<br />
<strong>–</strong> Angst dem Patienten Schaden zuzufügen<br />
<strong>–</strong> Mangelnde Kenntnisse über Strategien wie man über<br />
Sexualität spricht (Fragetechniken)<br />
<strong>–</strong> Mangelnde Kenntnisse über die Auswirkungen von<br />
Krankheiten und Therapien auf die Sexualität.<br />
<strong>–</strong> Patienten werden als asexuelle Wesen<br />
wahrgenommen<br />
<strong>–</strong> Eigene Einstellung zur Sexualität, subjektive Normen
Gründe <strong>für</strong> das nicht ansprechen<br />
sexueller Probleme (3)<br />
• Strukturelle:<br />
<strong>–</strong> Mangelnde Ausbildung<br />
<strong>–</strong> Zeitmangel<br />
<strong>–</strong> Fehlende Räumlichkeiten<br />
<strong>–</strong> Fehlende Kompetenzregelung<br />
<strong>–</strong> Verfügbarkeit von Fachkräften zur Überweisung<br />
(Kerfoot & Buckwalter, 1985; Gamel, 1995; Lebert, 2001;<br />
Batchelor, 2001)
Wem gehört was???
Konsequenzen<br />
• Unzufriedenheit der Patienten<br />
• Patienten erleben wenig Unterstützung<br />
(Suominen et al. 1995; Krishnasamy (1996)
Sprechen über Sexualität<br />
• Von 100 Tumorpatientinnen und <strong>–</strong>patienten<br />
möchten 84% gezielte Informationen zur<br />
Sexualität.<br />
• Von 100 Patientinnen und Patienten würden<br />
aber nur 7% das <strong>Thema</strong> Sexualität von sich<br />
aus auch ansprechen.<br />
(Zettl,2000)
Allgem<strong>ein</strong>e Voraussetzungen<br />
• Aus<strong>ein</strong>andersetzung mit der eigenen<br />
Sexualität<br />
• Kenntnisse über kulturelle Eigenheiten<br />
• Kenntnisse über den Sozialisationsprozess von<br />
Frauen und Männern (Gender)<br />
• Aus- und Weiterbildungskonzepte müssen<br />
entwickelt werden, welche sich gezielt und<br />
umfassend mit dieser <strong>Thema</strong>tik befassen
Das Plissit Modell<br />
• Das Plissit Modell:Ein vierstufiges Modell,<br />
welchesin aufbauendenStufenmögliche<br />
Interventionen beschreibt, welche präventiv<br />
oder therapeutisch bei sexuellen Störungen<br />
angewendet werden können<br />
(Annon & Robinson, 1978, Annon, 1987)
P = Permission<br />
• Dem Patienten direkt oder indirekt zu verstehen<br />
geben, dass man bereit ist, über dieses <strong>Thema</strong><br />
zu sprechen (= <strong>ein</strong>e der wichtigsten<br />
Interventionen)<br />
<strong>–</strong> Studien haben gezeigt, dass Patienten darauf warten,<br />
dass man dieses <strong>Thema</strong> anspricht.<br />
<strong>–</strong> Es sollte schon im Vorfeld der Behandlung<br />
angesprochen werden (Information & Support)<br />
(Zettel 2000)
P = Permission (2)<br />
• Das Stellen offener Fragen:<br />
“ Eine Prostataoperation hat oft Auswirkungen auf die<br />
Sexualität. Machen Sie auch diese Erfahrung?”<br />
“Ja, ich habe <strong>ein</strong>e Errektionsstörung. Ich war zwar darauf<br />
vorbereitet, doch ich merke, dass ich Schwierigkeiten habe,<br />
damit umzugehen. Ich habe grosse Angst, das ich impotent<br />
bleibe…”<br />
“Von anderen betroffenen Männern wissen wir, dass…… geht es<br />
ihnen auch so?”<br />
• Auflegen von Informationsmaterial
Permission (3)<br />
• Patientinnen und Patienten sind k<strong>ein</strong>e Nüsse,<br />
die wir knacken müssen.<br />
(Stefan Zettl)
Permission (4)<br />
• Pflegende sollen Gesprächsangebote machen.<br />
• Der Patient und die Patientin entscheiden, ob<br />
er/sie diese in Anspruch nehmen will.
Plissit-Modell <strong>–</strong><br />
Limited Information<br />
• Dem Patienten werden gezielte Informationen<br />
vermittelt:<br />
<strong>–</strong> Anatomische, physiologische und psychologische<br />
Aspekte der Errektionsstörung<br />
<strong>–</strong> Information über die Chancen <strong>ein</strong>er Erholung (z.B.<br />
zeitlicher Rahmen)<br />
<strong>–</strong> Informationen über die Zeit wann sexueller Kontakt<br />
wieder möglich ist (z.B. 6Wo nach OP)
Plissit-Modell <strong>–</strong><br />
Specific suggestions<br />
• Die Pflegeperson gibt gezielte Informationen,<br />
über Möglichkeiten das Problem anzugehen.<br />
<strong>–</strong> Gebrauch von Hilfsmitteln<br />
<strong>–</strong> Umgang mit der/dem PartnerIn
Plissit-Modell <strong>–</strong><br />
Intensive Therapy<br />
• Bei andauernden Störungen kann <strong>ein</strong>e<br />
psychotherapeutische Massnahme ergriffen<br />
werden:<br />
<strong>–</strong> Aufgabe der Pflegenden ist es, auf diese Möglichkeit<br />
hinzuweisen und Hilfestellungen bei der Suche <strong>ein</strong>es<br />
Experten/<strong>ein</strong>er Expertin anzubieten.<br />
(Zettel, 2000)
Informationen abgeben<br />
• Da Männer weniger unterstützende<br />
Programme wie Frauen benützen, müssen<br />
Interventionen entwickelt werden, die von<br />
ihnen akzeptiert werden.<br />
• Broschüren, Video, Internetadressen sind<br />
Informationsmethoden, die von Männern<br />
bevorzugt werden.<br />
(Dunn et all, 1999)
Therapie bei<br />
Erektionsstörungen<br />
• Medikamente<br />
• MUSE<br />
• Penisimplantate<br />
• Vakuumerektionshilfen
Viagra<br />
• Radikale Prostatektomie mit<br />
<strong>–</strong> Bilaterale Schonung der Nerven<br />
<strong>–</strong> Unilaterale Schonung der Nerven<br />
<strong>–</strong> K<strong>ein</strong>e Schonung möglich<br />
• Ansprechen auf Viagra<br />
<strong>–</strong> 71,7 % der Patienten mit bilateraler Nervenschonung<br />
<strong>–</strong> 50 % der Patienten mit unilateraler Nervenschonung<br />
<strong>–</strong> 15,4 % der Patienten mit beidseitiger Exzision der<br />
neurovaskulären Strukturen
MUSE (Alprostadil)<br />
• Medikamentöses Urethales System zur Erektion
Penisimplantate
Vakuumerektionshilfen
Folgerungen <strong>für</strong> die Pflege<br />
• Pflegeforschung auf der Ebene Illness vorantreiben und<br />
unterstützen.<br />
• Als Fachgruppe Einfluss auf die Ausbildungen gewinnen:<br />
Durch <strong>ein</strong> Curriculum <strong>für</strong> alle Stufen der Pflegeausbildung.