Heft 2.09 (PDF) - WISSENSCHAFT in progress

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Verwendung 24 Abb. 1: Das Philosophische Tagebuch muss die Lust auf das Schreiben fördern. Die Verwendung des Philosophischen Tagebuchs unterscheidet sich eigentlich kaum von der eines Tagebuchs im Deutschunterricht oder des Lektüretagebuchs, das man im Sprachenunterricht beim Lesen eines Buches führen kann; der Unterschied zum privaten Tagebuch allein besteht darin, dass man letzteres nur für die eigenen Augen schreibt, während das Tagebuch in der Schule so verfasst werden soll, dass andere Menschen es lesen können und mögen. Gleichzeitig unterscheidet sich das Philosophische Tagebuch aber deutlich vom Logbuch, wie man es beispielweise aus philosophischen Methoden wie der Inquiry kennt, und in das nur intersubjektive Inhalte und Feststellungen übernommen werden. Die Schüler – und ebenfalls der Lehrer (!) – sollten ihre Gedanken und Gefühle – „der Mensch ist ein krummes Holz‚ (Hastedt 2005, 149) und hat selbstverständlich beides – in dem Tagebuch zu den faktischen, aber auch methodischen Problemen der aktuellen Unterrichtsstunden, zu allgemein auftretenden philosophischen Überlegungen und zu konkreten, im Philosophischen Tagebuch gestellten, Aufgaben niederschreiben und gründlich dabei reflektieren. Dass das Philosophieren dabei nicht nur im Objektiven, sondern auch im Persönlichen stattfindet, kann und soll nicht ausgeschlossen werden.

3. Umsetzungen 25 3.1 Die Reflexion der Unterrichtsstunde Die Schüler rekapitulieren den Inhalt und die philosophische Problematisierung der vergangenen Unterrichtsstunde, indem sie ihre Gedanken und Gefühle Revue passieren lassen und Verständnis- und Argumentationszweifel im Tagebuch notieren. In der schriftlichen und sorgfältigen Auswertung des Unterrichts wird zum einen das Thema wiederholt (Memoriereffekt) und zum anderen kritisch betrachtet und erläutert. Vielen Schülern, denen das mündliche Arbeiten schlechter liegt als die schriftliche Äußerung, können durch diese Methode konstruktiv mit ihren Argumenten arbeiten und gewinnen auf diese Weise tiefere Einblicke in die Thematik, arbeiten hermeneutisch und heuristisch an Problemen und dürfen sich in Ruhe und ohne Störung ausdrücken (vgl. Thies 1990, 29). Gerade das gründliche und allen Bedürfnissen der Schüler entsprechende Diskutieren von Problemen der Philosophie (von der Ethik bis zur Ontologie) kommt in Zeitrahmen von 45 oder 90 Minuten zwangsläufig zu kurz – selbst wenn viele Lehrer große Mühe auf ein breites Zeitfenster für Streitgespräche oder sokratische Methoden richten. Das (wenigstens im ersten Moment) monologische Weiterführen eines solchen Dialoges im philosophischen Tagebuch erweitert die Unterrichtszeit immens; es fördert und fordert die Beschäftigung der Schüler mit den Themen über die (immer noch relativ starren) Schulzeiten hinaus: Der Unterricht und das philosophische Problem enden nicht mit dem symbolischen Klingelzeichen – der Schüler wird von einer Fragestellung verfolgt und muss sich ihr selbstständig und selbstüberzeugend stellen. Gleichzeitig können die Schüler soziale, methodische und didaktische Vorkommnisse der Unterrichtsstunde rekonstruieren und beurteilen. Die Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenz kann kritisch hinterfragt und auf Verbesserung hin geprüft werden. Auf diese Weise bekommt der Schüler mit der Zeit einen Blick für den Verlauf von Unterrichtsstunden und der Leh- Nachdenken

3. Umsetzungen<br />

25<br />

3.1 Die Reflexion der Unterrichtsstunde<br />

Die Schüler rekapitulieren den Inhalt und die philosophische<br />

Problematisierung der vergangenen Unterrichtsstunde, <strong>in</strong>dem<br />

sie ihre Gedanken und Gefühle Revue passieren lassen und<br />

Verständnis- und Argumentationszweifel im Tagebuch notieren.<br />

In der schriftlichen und sorgfältigen Auswertung des Unterrichts<br />

wird zum e<strong>in</strong>en das Thema wiederholt (Memoriereffekt)<br />

und zum anderen kritisch betrachtet und erläutert. Vielen Schülern,<br />

denen das mündliche Arbeiten schlechter liegt als die<br />

schriftliche Äußerung, können durch diese Methode konstruktiv<br />

mit ihren Argumenten arbeiten und gew<strong>in</strong>nen auf diese<br />

Weise tiefere E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die Thematik, arbeiten hermeneutisch<br />

und heuristisch an Problemen und dürfen sich <strong>in</strong> Ruhe und ohne<br />

Störung ausdrücken (vgl. Thies 1990, 29).<br />

Gerade das gründliche und allen Bedürfnissen der Schüler<br />

entsprechende Diskutieren von Problemen der Philosophie<br />

(von der Ethik bis zur Ontologie) kommt <strong>in</strong> Zeitrahmen von 45<br />

oder 90 M<strong>in</strong>uten zwangsläufig zu kurz – selbst wenn viele Lehrer<br />

große Mühe auf e<strong>in</strong> breites Zeitfenster für Streitgespräche<br />

oder sokratische Methoden richten. Das (wenigstens im ersten<br />

Moment) monologische Weiterführen e<strong>in</strong>es solchen Dialoges<br />

im philosophischen Tagebuch erweitert die Unterrichtszeit immens;<br />

es fördert und fordert die Beschäftigung der Schüler mit<br />

den Themen über die (immer noch relativ starren) Schulzeiten<br />

h<strong>in</strong>aus: Der Unterricht und das philosophische Problem enden<br />

nicht mit dem symbolischen Kl<strong>in</strong>gelzeichen – der Schüler wird<br />

von e<strong>in</strong>er Fragestellung verfolgt und muss sich ihr selbstständig<br />

und selbstüberzeugend stellen.<br />

Gleichzeitig können die Schüler soziale, methodische und<br />

didaktische Vorkommnisse der Unterrichtsstunde rekonstruieren<br />

und beurteilen. Die Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenz<br />

kann kritisch h<strong>in</strong>terfragt und auf Verbesserung h<strong>in</strong> geprüft<br />

werden. Auf diese Weise bekommt der Schüler mit der Zeit e<strong>in</strong>en<br />

Blick für den Verlauf von Unterrichtsstunden und der Leh-<br />

Nachdenken

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