Umschriebene Entwicklungsstörung motorischer Funktionen (F 82)

Umschriebene Entwicklungsstörung motorischer Funktionen (F 82) Umschriebene Entwicklungsstörung motorischer Funktionen (F 82)

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Umschriebene Entwicklungsstörung motorischer Funktionen (F 82) Oskar Jenni Abteilung Entwicklungspädiatrie Universitätskinderkliniken Zürich Ärzte-Fortbildung, Ostschweizer Kinderspital St. Gallen 15. September 2010

<strong>Umschriebene</strong> Entwicklungsstörung<br />

<strong>motorischer</strong> <strong>Funktionen</strong> (F <strong>82</strong>)<br />

Oskar Jenni<br />

Abteilung Entwicklungspädiatrie<br />

Universitätskinderkliniken Zürich<br />

Ärzte-Fortbildung, Ostschweizer Kinderspital St. Gallen<br />

15. September 2010


Deutsche Gesellschaften für Kinder und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Sozialpädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

Schweizer Gesellschaften für Pädiatrie und Entwicklungspädiatrie, Forum für Praxispädiatrie<br />

Deutsche und Schweizer Ergo- und Physiotherapeutenverbände


<strong>Umschriebene</strong> Entwicklungsstörung<br />

<strong>motorischer</strong> <strong>Funktionen</strong> (UEMF)<br />

• Kriterium I: Keine medizinische Erkrankung oder<br />

Verhaltensstörung<br />

• Kriterium II: Auswirkungen auf Alltagsfunktionen,<br />

psychische Befindlichkeit und Schulleistungen<br />

• Kriterium III: Beeinträchtigung der Motorik im<br />

Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Kindern


UEMF: Symptome<br />

• Ungeschicklichkeiten in der Grob- und/oder<br />

Feinmotorik<br />

• Verzögerte motorische Meilensteine


Meilensteine<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7<br />

Alter (Jahre)<br />

Erste Schritte<br />

Dreirad<br />

Velo<br />

Ski<br />

Schuhe binden<br />

Einbeinstand<br />

Jenni et al., 2011


UEMF: Symptome<br />

• Ungeschicklichkeiten in der Grob- und/oder<br />

Feinmotorik<br />

• Verzögerte motorische Meilensteine<br />

• Beeinträchtigung des motorischen Lernens<br />

• Probleme beim Zeichnen und Schreiben<br />

• Dissoziierte Entwicklung: sprachlich und<br />

intellektuell normal entwickelt, aber motorisch<br />

verzögert (motorische Teilleistungsstörung)


Zuverlässige Erfassung der Motorik?<br />

Anforderungen an Motorik-Test:<br />

1. praxistauglich: in der Praxis anwendbar<br />

räumlich und zeitlich), kostengünstig<br />

2. reproduzierbar (genau, replizierbar)<br />

3. valide (gültig)<br />

4. standardisiert (vereinheitlicht, objektiv)<br />

5. normiert (angepasst an Personengruppen)


Testmethoden<br />

• KEIN GOLDSTANDARD<br />

• Movement Assessment Battery for Children<br />

(M-ABC2)<br />

• Bruininks-Oseretsky Test of Motor Proficiency,<br />

Second Edition (BOT-2)<br />

• Zürcher Neuromotorik (ZNM)


Testmethoden<br />

Test<br />

reliabel<br />

Valide für<br />

UEMF<br />

praxistauglich<br />

standardisiert<br />

normiert<br />

M-ABC + + + 19 + +<br />

BOT-2 + (+) + 5 + +<br />

ZNA + + - + +


Testmethoden<br />

M-ABC2<br />

• 3 bis 16 Jahre<br />

• 3 Altersperioden: 3-7 Jahre, 7-10, 10-16 Jahre<br />

• Deutsche Normen<br />

• Handgeschicklichkeit, Ballfertigkeiten, Balance<br />

• Probleme: aufmerksamkeitsabhängig,<br />

Trainingseffekte, Bodeneffekte (3-7 Jahre),<br />

Übergang Alter 7 Jahre, nur Jahresintervalle,<br />

keine Diagnose der Schreibstörung möglich<br />

(Graphomotorik nicht untersucht)


Testmethoden<br />

BOT-2<br />

• 4 bis 21 Jahre<br />

• Keine deutsche Normen (USA, Kanada)<br />

• 5 Komponenten (Gesamtscore, Feinmotorik und<br />

Grobmotorik, Kraft)<br />

• Probleme: relativ aufwändiges Scoring, zum Teil<br />

geringe Reliabilitätsmasse


Testmethoden<br />

Zürcher Neuromotorik<br />

• 5 bis 18 Jahre<br />

• Schweizer Normen<br />

• 5 Komponenten (reine Motorik, statische<br />

Balance, dynamische Balance, Steckbrett,<br />

Mitbewegungen (Soft Signs))


Testmethoden<br />

Zürcher Neuromotorik<br />

Reine Motorik Steckbrett Statische<br />

Balance<br />

Dynamische<br />

Balance<br />

Mitbewegungen


Zeitliche Leistung


12<br />

11<br />

Zeitliche Leistung<br />

10<br />

Zeit (Sekunden)<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

Joachim<br />

Sophie<br />

3<br />

50<br />

97<br />

Repetitive<br />

Handbewegungen<br />

20 x<br />

1<br />

0<br />

6 8 10 12 14 16 18<br />

Alter (Jahre)<br />

Largo et al., 2001


Mitbewegungen


Gesamtmitbewegungen<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

Joachim<br />

3<br />

Mitbewegungen<br />

(Soft Signs)<br />

Repetitive<br />

Handbewegungen<br />

20 x<br />

1<br />

0<br />

Sophie<br />

6 8 10 12 14 16 18<br />

Alter (Jahre)<br />

50<br />

Largo et al., 2001


Intraindividuelle Stabilität<br />

Korrelationen von 5-18 Jahren<br />

0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8<br />

Reine<br />

Motorik<br />

Steckbrett<br />

Dyn<br />

Balance<br />

Stat<br />

Balance<br />

Mitbew<br />

IQ<br />

Jenni et al., 2011


Intraindividuelle Stabilität<br />

Korrelationen von 5-18 Jahren<br />

• Moderate bis hohe Stabilität in rein motorischen<br />

Aufgaben und Mitbewegungen<br />

Motor traits, Marker neurologischer Reife,<br />

motorische Fähigkeiten<br />

• Geringe Stabilität in adaptiven Aufgaben und<br />

Gleichgewicht<br />

Erfahrungs- und Zustands-abhängig<br />

Motorische Fertigkeiten<br />

Jenni et al., 2011


Testmethoden<br />

ZNM<br />

• 5 bis 18 Jahre<br />

• Schweizer Normen<br />

• 5 Komponenten (reine Motorik, statische<br />

Balance, dynamische Balance, Steckbrett,<br />

Mitbewegungen (Soft Signs))<br />

• Probleme: keine Validitätsstudien bezüglich<br />

UEMF


Testmethoden<br />

• KEIN GOLDSTANDARD<br />

• Movement Assessment Battery for Children<br />

(M-ABC2)<br />

• Bruininks-Oseretsky Test of Motor Proficiency,<br />

Second Edition (BOT-2)<br />

• Zürcher Neuromotorik (ZNM)


UEMF: Kriterium III<br />

• Diagnose < 3 Jahre unzuverlässig, weil<br />

– “late bloomers”<br />

– Variabilität in der Bewegungsentwicklung<br />

– Motivation und Kooperation<br />

– Keine zuverlässigen Testverfahren<br />

• Diagnose > 18 Jahre<br />

– Keine zuverlässigen Testverfahren<br />

– Diagnose im Erwachsenenalter nicht etabliert


Die Zukunft<br />

• Schwächen der aktuellen Tests ausmerzen<br />

• Weitere Testverfahren entwickeln<br />

• Bedeutung der motorische Fähigkeiten und<br />

Mitbewegungen (abilities and soft signs)<br />

• Komponenten (Fein- und Grobmotorik)<br />

• Schreibtest (Deutsche Normen)


<strong>Umschriebene</strong> Entwicklungsstörung<br />

<strong>motorischer</strong> <strong>Funktionen</strong> (UEMF)<br />

• Kriterium I: Keine medizinische Erkrankung oder<br />

Verhaltensstörung<br />

• Kriterium II: Auswirkungen auf Alltagsfunktionen,<br />

psychische Befindlichkeit und Schulleistungen<br />

• Kriterium III: Beeinträchtigung der Motorik im<br />

Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Kindern


Aufgabenorientierte Therapieansätze<br />

Cognitive Orientation of Daily Occupational<br />

Performance (CO-OP) und Neuromotor Task<br />

Training (NTT)<br />

Alternativ, wenn aufgabenorientierte Therapieansätze<br />

nicht verfügbar oder möglich<br />

Prozess-orientierte Therapieansätze<br />

Perzeptuo-motorische Trainingsverfahren<br />

(general abilities approach)


von Helene Polatajko

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