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DONIG - Gespr-344che, Fragen, Antworten, b - Die Mission der ...

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FRAGEN UND ANTWORTEN<br />

Aus den Jahren 1955 bis 1974<br />

von Kirpal Singh<br />

Frage- und Antwortstunden,<br />

<strong>Gespr</strong>äche und Vorträge<br />

aus dem Sat Sandesh<br />

und Kirpal Sandesh<br />

Kirpal Books


Zusammengestellt und redigiert von Erhard Donig, Kirpal<br />

Books, Sandstr. 26, 82110 Germering, Telefon 089 8507601<br />

Mail: erdonig@arcor.de<br />

2


VORWORT<br />

<strong>Die</strong>ser Band enthält eine große Zahl von <strong>Gespr</strong>ächen mit Meister Kirpal Singh, die<br />

bereits in deutscher Sprache im Sat Sandesh und Kirpal Sandesh zum Teil vor über<br />

30 Jahren veröffentlicht wurden und den Wahrheitssuchern auf diese Weise wie<strong>der</strong><br />

zugänglich gemacht werden.<br />

Bei den öffentlichen Treffen mit Suchern und bei den Interviews hat <strong>der</strong> Meister<br />

selbst die ungewöhnlichsten <strong>Fragen</strong> <strong>der</strong> Aspiranten und Schüler mit großer<br />

Ausführlichkeit beantwortet. Ebenso finden sich kleine Vorträge, die zusammen mit<br />

den <strong>Gespr</strong>ächen und Interviews einen guten Überblick über die wesentlichsten<br />

Punkte des Themas <strong>der</strong> Spiritualität vermitteln. An manchen Stellen wurden auch<br />

Beiträge von Schülern hinzugefügt, weil sie ein wun<strong>der</strong>schönes Bild des Geschehens,<br />

eine Art von Rahmen um das <strong>Gespr</strong>äch mit dem Meister bilden.<br />

<strong>Die</strong> Texte sind weitgehend chronologisch geordnet - mit Ausnahmen. So ist <strong>der</strong><br />

erste Vortrag <strong>der</strong> Sammlung „Der Blüte folgt die Frucht“ im Jahr 1970 im englischen<br />

Sat Sandesh lei<strong>der</strong> ohne Datierung veröffentlicht worden. Er soll als Motto - „Völlige<br />

Hingabe an den Meister“ - für diese Sammlung dienen. Auch in den Beiträgen „Über<br />

die Ehe“ sind <strong>Gespr</strong>äche und Beiträge aus den Jahren 1964 und 1969 enthalten, die in<br />

ihrer nicht chronologischen Reihenfolge aber <strong>der</strong> Original-Veröffentlichung im Sat<br />

Sandesh entsprechen. Am Ende eines jeden Beitrages werden die deutschen und<br />

englischen Quellen vermerkt. Alle Übersetzungen wurden sorgfältig mit dem Original<br />

verglichen und verbessert, wo es nötig schien. In den alten Texten waren durchaus<br />

Übersetzungsfehler enthalten - nur <strong>der</strong> Meister ist vollkommen; die Schüler sind<br />

noch im Werden!<br />

Man kann die <strong>Gespr</strong>äche in drei Gruppen einteilen: zur erste Gruppe gehören die<br />

<strong>Fragen</strong> und <strong>Antworten</strong> und Interviews, die <strong>der</strong> Meister im Verlauf seiner drei<br />

Weltreisen gab. <strong>Die</strong> Sammlung enthält <strong>Gespr</strong>äche von allen drei Weltreisen. <strong>Die</strong><br />

<strong>Gespr</strong>äche von <strong>der</strong> ersten Weltreise sind aus dem Jahre 1955, die von <strong>der</strong> zweiten aus<br />

den Jahren 1963-64, die von <strong>der</strong> dritten aus dem Jahr 1972.<br />

<strong>Die</strong> zweite Gruppe umfaßt die Zeit zwischen <strong>der</strong> zweiten und <strong>der</strong> dritten Weltreise<br />

des Meisters (die <strong>Gespr</strong>äche aus den Jahren 1969, 1970 und 1971), aus <strong>der</strong> wir viele<br />

<strong>Gespr</strong>äche in Frage und Antwortform mit Schülern aus dem Westen haben, die das<br />

große Glück hatten, den Meister in Indien besuchen zu dürfen. Der Charakter dieser<br />

<strong>Gespr</strong>äche unterscheidet sich ein wenig von den großen Treffen bei den Weltreisen,<br />

da dort im Sawan Ashram in Delhi o<strong>der</strong> im Manav Kendra wie auch im Haus des<br />

Meisters in Dehra Dun oft nur eine kleine Gruppe von Schülern beim Meister weilte,<br />

was <strong>Fragen</strong> sehr persönlicher Natur erlaubte, die <strong>der</strong> Meister in einer ganz familiären<br />

Atmosphäre beantwortet hat. Zu diesen sehr persönlichen Eindrücken gehört auch<br />

<strong>der</strong> schöne Bericht aus dem Jahr 1973 (im Jahr nach <strong>der</strong> dritten Weltreise des<br />

Meisters) über eine Reise des Meisters nach Kaschmir, bei <strong>der</strong> ihn eine kleine Gruppe<br />

von westlichen Schülern begleiten durfte. Zusammen mit dem Vortrag des Meisters<br />

in Phalgham vom Juni 1973 kann man so nacherleben, was es hieß, in Seiner<br />

Gegenwart zu sein.<br />

3


Einen sehr intensiven, bewegenden Charakter haben die letzten <strong>Gespr</strong>äche ab<br />

Januar 1974, in denen <strong>der</strong> Meister die Schüler schon auf seinen physischen Abschied<br />

vorbereitete. Aber auch die Schüler haben das wohl empfunden. So lautete die erste<br />

Frage eines Schülers beim Darshan am 1. August 1974 - 20 Tage vor dem Weggang<br />

des Meisters - „Warum möchte Gott, daß die Seele heimkehrt?“ (Seite 257: „Der<br />

Schmerz und die Freude“) Auch am 14. August (Seite 269, „Ich bin in euch - kommt“<br />

deutete <strong>der</strong> Meister an, daß sich seine Zeit im physischen Körper dem Ende zuneigt.<br />

Man wird von Schmerz und Wehmut erfüllt.<br />

Doch <strong>der</strong> Meister wies uns zum Glück mit großem Nachdruck immer wie<strong>der</strong> darauf<br />

hin, daß wir den Segen seiner Gegenwart zu je<strong>der</strong> Zeit in jedem Maß erlangen<br />

können, wenn wir unsere Aufmerksamkeit ganz auf Ihn richten und natürlich Seine<br />

Gebote beachten - beides gehört zusammen!<br />

4


DER BLÜTE FOLGT DIE FRUCHT<br />

Ein Vortrag unbekannten Datums von Kirpal Singh<br />

Spürst du ein Verlangen nach <strong>der</strong> Wahrheit,<br />

ergib dich ihr mit jedem Atemzug.<br />

Löse dich von den Bindungen an die Welt,<br />

indem du die Augen des Herzens abwendest.<br />

Begreife den wahren Sinne des „Roza“ (Fastentag <strong>der</strong> Moslems)<br />

und laß von allen äußeren Übungen ab.<br />

Verrichte das wahre Gebet<br />

und erfreue dich am Brot <strong>der</strong> Liebe<br />

zur Zufriedenheit deines Herzens.<br />

Versteht ihr die Bedeutung dieser Hymne? Wie man für äußere Gebete erst Hände<br />

und Füße waschen soll, so sollt ihr euer Gemüt von den weltlichen Bindungen<br />

reinwaschen, wenn ihr euch hinsetzt, um euch an Gott zu erinnern - erst dann könnt<br />

ihr das wahre Gebet verrichten. Wenn ihr das wahre Gebet ausüben könnt, welches<br />

ist dann wohl besser, das äußere o<strong>der</strong> das innere? Vergleicht diese beiden Arten<br />

einmal.<br />

Es heißt, wenn man innerlich Erfolg hat, dann sollte man dem mehr Zeit widmen.<br />

Aber wir neigen dazu, äußeren Dingen mehr Zeit einzuräumen. Einst begegnete ich<br />

einem gelehrten Pandit (Gelehrter <strong>der</strong> Religionswissenschaften). Er hatte eine innere<br />

Verbindung bekommen. Danach laß er täglich drei Stunden in den vedischen<br />

Mantras, und nur eine halbe Stunde widmete er <strong>der</strong> Meditation. Wenn ihr nun das<br />

bekommen habt, wovon in den vedischen Mantras gesprochen wird, würdet ihr dann<br />

weiterhin mehr Zeit für das Lesen <strong>der</strong> heiligen Bücher einsetzen o<strong>der</strong> lieber das<br />

praktizieren, was ihr aus diesen Büchern gelernt habt? Man sollte beide<br />

Möglichkeiten sorgfältig abwägen und sich dann entscheiden, wofür man mehr Zeit<br />

einsetzen sollte. Hat man jedoch keine innere Verbindung bekommen, sollte man<br />

nicht die hingebungsvollen Übungen aufgeben, da man sonst alles verlieren wird.<br />

Was ist <strong>der</strong> Sinn <strong>der</strong> verschiedenen Bräuche? Man entzündet eine Lampe und läutet<br />

eine Glocke im Tempel. Welchen Übungen sollte einer mehr Zeit widmen, <strong>der</strong> auf<br />

diese äußere Weise anbetet, obwohl ihm die inneren Übungen das göttliche Licht<br />

offenbaren? Natürlich den inneren Übungen! Äußere Übungen mögen aufhören, aber<br />

man braucht sich nicht zu sorgen, solange <strong>der</strong> innere Kontakt besteht. Aber wie<br />

verhalten wir uns, nachdem uns diese Gabe zuteil worden ist? Wir fahren mit den<br />

äußeren Übungen fort und verwenden keine Zeit auf die inneren Praktiken - es ist ein<br />

Jammer! Alles Äußere ist dazu bestimmt, uns zur inneren Wahrheit zu führen.<br />

<strong>Die</strong>se Situation erinnert mich an die Geschichte eines Mannes, <strong>der</strong> zu einem<br />

Priester ging, um etwas Parshad (gesegnete Speise) zu bekommen. Er nahm das<br />

Parshad in die Hand und versteckte es hinter seinem Rücken. Dann streckte er die<br />

an<strong>der</strong>e Hand aus, um noch mehr zu bekommen. Der Priester gab ihm jedoch nichts<br />

mehr. Ein Hund kam und fraß das auf, was <strong>der</strong> Mann hinter seinem Rücken versteckt<br />

hielt. Was wir also bereits haben, nutzten wir nicht, und was uns neu geschenkt wird,<br />

lassen wir unbeachtet. So stehen wir dann mit leeren Händen da. <strong>Die</strong> äußeren<br />

Übungen bilden den Anfang. Macht den besten Gebrauch davon. Erkennt ihr dann<br />

Zweck und Ziel, die ihnen zugrunde liegen, sollt ihr den inneren Übungen mehr Zeit<br />

widmen. Sehr oft verwenden wir drei o<strong>der</strong> vier Stunden für äußere Dinge und nur<br />

fünf o<strong>der</strong> zehn Minuten für die innere Praxis. <strong>Die</strong>se Hymne hat folgende Bedeutung:<br />

5


Bekommt ein Mensch die wahre innere Verbindung, dann ist es belanglos, ob er die<br />

äußeren Gebete und Bräuche einhält. Tatsächlich wird er die äußeren Übungen<br />

vergessen, wenn er sich am wahren inneren Gebet erfreut.<br />

Zähle die Nächte <strong>der</strong> Trennung (vom Herrn)<br />

mit je<strong>der</strong> Perle des Rosenkranzes.<br />

Wirf alle äußeren Gebete weg<br />

und singe nur den Gesang <strong>der</strong> Wahrheit.<br />

Einige Leute fahren fort, den Rosenkranz zu beten, vielleicht hun<strong>der</strong>t o<strong>der</strong><br />

zweihun<strong>der</strong>t Mal. Es ist schon richtig, sich an Gott zu erinnern - aber wenn man<br />

Aufmerksamkeit zurückgezogen hat und die innere Wahrheit berührt, wie soll man<br />

dann an den Rosenkranz denken? <strong>Die</strong> Aufmerksamkeit o<strong>der</strong> die Seele hat sich von<br />

außen vollkommen zurückgezogen. Versteht die Worte <strong>der</strong> Hymne und ihre<br />

Bedeutung nicht falsch - ihr könnt selber vergleichen. Ihr solltet nach innen gehen.<br />

Falls nun jemand keine inneren Übungen ausführt und auch gleichzeitig die äußeren<br />

aufgibt, was dann? Man sollte wenigstens etwas tun!<br />

Nimm keine Bä<strong>der</strong> in den heiligen Flüssen<br />

Ganges, Jamuna o<strong>der</strong> Pushkar 1 ,<br />

son<strong>der</strong>n tauche ständig in den Ozean <strong>der</strong> Liebe ein.<br />

Man unternimmt eine Pilgerreise, um einen Heiligen aufzusuchen, und verbringt an<br />

seiner Seite die Zeit in liebevoller Erinnerung an Gott. Von <strong>der</strong> Erinnerung an Ihn<br />

überwältigt und davon berauscht, kommt man in eine Lage, die so beschrieben<br />

werden kann:<br />

Kein Wort dringt aus dem Mund, aber seine Tränen<br />

bezeugen den Zustand seines Herzens.<br />

Es gibt eine berühmte Romanze von <strong>der</strong> Prinzessin Laila und Majnu. <strong>Die</strong>se<br />

Geschichte zeigt deutlich die Kraft des liebevollen Gedenkens. Eines Tages machte<br />

Laila sich auf den Weg, um Majnu zu treffen. Auf dem Weg saß ein Moslempriester,<br />

<strong>der</strong> sein "namaz" (Gebet) ausübte. <strong>Die</strong>se Priester breiten eine Matte vor sich aus, in<br />

<strong>der</strong> Meinung, daß sie von <strong>der</strong> Welt abgeschlossen sind und daß niemand zwischen<br />

ihnen und Gott ist; in dieser Haltung beten sie. Laila, berauscht von dem Gedanken<br />

an ihren geliebten Majnu, trat auf die Gebetsmatte, als sie vorbeikam. Kazi Sahib, <strong>der</strong><br />

Priester, verlor seine Beherrschung und begann, die Prinzessin zu verfluchen, aber sie<br />

hörte ihn nicht. Als <strong>der</strong> Priester sich nach seinem Wutausbruch beruhigt hatte,<br />

merkte er, daß er eine Prinzessin verflucht hatte und fürchtete, <strong>der</strong> König würde ihn<br />

enthaupten lassen. So wartete er auf ihre Rückkehr. Als sie sich ihm näherte, ging er<br />

ihr entgegen und sagte: "Bitte, vergebt mir, ich habe einen schweren Fehler<br />

begangen." Sie fragte, was er getan habe, und er antwortete: " Ihr seid über meine<br />

Gebetsmatte gegangen, und ich habe Euch verflucht." Prinzessin Laila öffnete ihre<br />

Augen vor Verwun<strong>der</strong>ung weit und fragte: "An wen hast du gedacht, als du auf <strong>der</strong><br />

Matte saßest? Ich, die nur eines Sterblichen gedachte, sah we<strong>der</strong> dich noch deine<br />

1 In <strong>der</strong> Hindureligion gibt es verschiedene heilige Flüsse, in denen die Leute Bä<strong>der</strong><br />

nehmen. Sie hoffen, dadurch Erlösung zu finden.<br />

6


Gebetsmatte - welcher Art war dein Gebet?" Versteht ihr das? Wenn ihr die Wahrheit<br />

gefunden habt, dann wird alles Äußere bedeutungslos. Reift die Frucht am Baum,<br />

fallen die Blüten von selbst herunter. Ein Baum trägt Blüten, aus ihnen werden<br />

Früchte, die dann reifen. Unsere Blüten - nämlich die äußeren Übungen - werden von<br />

selbst wegfallen, wenn aus ihnen die Frucht erwächst. So hat alles seinen eigenen<br />

Wert.<br />

Werde nicht <strong>der</strong> Ergebene eines Idols -<br />

es steckt nichts dahinter. Ziehe dein Herz<br />

zurück von den Idolen,<br />

und bete die Wahrheit in dir an.<br />

Wie gesagt, es gibt Bil<strong>der</strong> von verschiedenen Göttern, aber wenn Er selber in euch<br />

erscheint, dann ist das weitaus besser als jegliches Bild. <strong>Die</strong> Anbetung von Göttern ist<br />

<strong>der</strong> erste Schritt. <strong>Die</strong>ser Schritt wird getan, um in uns die Liebe zu Gott zu erwecken;<br />

aber wenn ihr meine Meinung hören wollt - wie kann ein Mensch irgend jemand<br />

lieben, den er nie gesehen hat und dem er nie begegnet ist?<br />

O Wesen, verschwende nicht soviel Zeit mit <strong>der</strong> Verschönerung deines Körpers,<br />

versuche, deinen Körper zu vergessen, <strong>der</strong> aus Staub gemacht ist, strenge dich an, das<br />

Lebenselixier zu erlangen. Löse dich vom weltlichen Rausch, und rauche nur das<br />

wahre "sulfa" (eine Art von Haschisch). Nimm mit jedem Atemzug die Liebe in dich<br />

auf. Läßt <strong>der</strong> Rausch nach, so trinke wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong>. Werde vom Göttlichen so<br />

berauscht, daß die Lust am Weltlichen vergeht.<br />

Der äußere Rausch wird von selbst aufhören, sobald man die wahre Berauschung im<br />

Inneren erfährt. Vergeht <strong>der</strong> innere Rausch, dann trinkt mehr. Doch wo? Nur in <strong>der</strong><br />

Gegenwart eines von Gott berauschten Menschen kann man selber die göttliche<br />

Berauschung erleben. Wenn sie nachläßt, sollten wir von neuem trinken. Das heißt,<br />

wir sollten ihn wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong> aufsuchen, um die berauschende Wirkung durch<br />

seine Gegenwart zu erneuern. Wenn wir das anstreben, wird unsere Berauschung<br />

eines Tages von Dauer sein. <strong>Die</strong> Wirkung <strong>der</strong> äußeren Rauschmittel vergeht, aber die<br />

tägliche Verbindung mit <strong>der</strong> inneren Trunkenheit läßt diesen Zustand wachsen, bis<br />

wir selbst zu dieser Trunkenheit geworden sind.<br />

Sat Sandesh deutsch 1, 1971; englisch: 7, 1970<br />

<br />

GESPRÄCHE IM JAHR 1955<br />

<strong>Die</strong>s ist ein Teil einer langen Unterhaltung zwischen<br />

dem Meister und Schülern in Washington, D.C., vom 7. Juni 1955<br />

Der Meister: Es wurde noch eine Frage über Ursache und Wirkung gestellt. Dafür gibt<br />

es keine verstandesmäßige Lösung, wie ihr herausfinden werdet. War zuerst das Ei<br />

o<strong>der</strong> die Henne da? Wir können nicht antworten. Was war zuerst da, <strong>der</strong> Same o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Baum? Es gibt da keine Antwort.<br />

Bemerkung: Es ist Gottes Wille.<br />

7


Der Meister: Weil dies etwas ist, das im Bereich von „Maya “ liegt, die ihr Täuschung<br />

nennt, gibt es darauf keine Antwort. <strong>Die</strong> einzige Antwort, die die Heiligen geben, ist<br />

die, daß es <strong>der</strong> Wille Gottes ist … Er hat die Welt erschaffen. Warum Er sie schuf - ich<br />

denke, daß Er euch selbst die beste Antwort geben kann; versteht ihr? Wir sollten<br />

zuerst zu Ihm gehen. Und wenn wir Ihn überhaupt erreichen, wird <strong>der</strong> Verstand nicht<br />

mehr bei uns sein; er muß zu wirken aufhören, nur dann können wir darüber<br />

hinausgelangen und Ihn erreichen. So gilt innerhalb <strong>der</strong> Grenzen, in denen wir jetzt<br />

tätig sind, das Gesetz von Ursache und Wirkung: „Wie ihr sät, so werdet ihr ernten.“<br />

Ihr müßt entkommen, versteht ihr? Indem ihr selbstlos werdet, müßt ihr den<br />

Rückwirkungen des Karmas entkommen. Genau wie Samenkörner, wenn sie geröstet<br />

werden, versteht ihr mich? - Wenn man sie dann auf ein Feld aussät, keimen sie nicht<br />

mehr. Gleicherweise werden all eure Karmas beseitigt, wenn ihr selbstlos werdet.<br />

Frage: Oh, ist in dem Augenblick, wo einer selbstlos wird, sein ganzes Karma<br />

aufgehoben?<br />

Der Meister: Ja, die aufgespeicherten Karmas <strong>der</strong> Vergangenheit, wenn ihr selbstlos<br />

werdet. Ich denke, ich habe euch gestern erklärt, daß es drei Arten von Karma gibt …<br />

Schüler: Ich glaube, ich war gestern nicht da.<br />

Der Meister: Nun, als erstes kommen die Karmas, die wir jetzt bewirken, sie werden<br />

Kriyaman genannt; die neuen Karmas, die wir gerade schaffen. Innerhalb gewisser<br />

Grenzen sind wir frei, diese Karmas auszuführen, ihnen nachzukommen … ihr seht,<br />

wir können uns bessern. Das Schicksal ist nach alledem das Ergebnis unserer<br />

eigenen, freien Karmas (Handlungen), die wir in <strong>der</strong> Vergangenheit ausgeführt haben<br />

… sie tragen nun Frucht. Und die an<strong>der</strong>en, die Karmas, die gerade zur Auswirkung<br />

kommen, Frucht tragen, sie werden Pralabdh genannt. Durch sie wird unsere<br />

Lebensspanne festgelegt und sie bestimmen, ob man eine hohe o<strong>der</strong> niedrige Stellung<br />

einnimmt und <strong>der</strong>gleichen. Und als drittes kommen jene, die sich noch nicht<br />

ausgewirkt haben, die noch aufgespeichert sind, verborgen liegen … sie werden<br />

Sanchit-Karmas genannt. Es bedarf einer sehr, sehr langen Zeit, um sie zu bereinigen.<br />

Ich habe euch das Beispiel von Lord Krishna gegeben. In Indien gibt es das<br />

Mahabharata-Epos, von dem ihr vielleicht gehört habt - o<strong>der</strong> auch nicht. Nun, es fand<br />

ein großer Krieg zwischen zwei Völkern statt, den Kurus und den Pandavas, wie man<br />

sie nannte. Und <strong>der</strong> König <strong>der</strong> Kurus, Daritarashtra, war von an Geburt blind,<br />

versteht ihr? Lord Krishna fragte ihn: "Nun, du bist von Geburt an blind; kennst du<br />

das Karma (Handlung), das du in einem vergangenen Leben bewirktest, als dessen<br />

Folge du nun blind bist?" Er erwi<strong>der</strong>te, er wisse durch Yogakraft - seht ihr, er konnte<br />

zumindest hun<strong>der</strong>t Geburten zurückgehen und überblicken - daß er in diesen hun<strong>der</strong>t<br />

Lebensläufen nichts getan hatte, demzufolge er nun blind sein könnte. Da verlieh ihm<br />

Lord Krishna seine eigene Kraft, und er konnte sehen, daß er hun<strong>der</strong>tsieben Geburten<br />

zurück etwas getan hatte, durch das er nun blind war. Wickelt also euer Karma ab! So<br />

erhebt sich die Frage <strong>der</strong> Auflösung des Karmischen Systems, dieser ganzen Sache.<br />

Wenn ein Mensch zu einem Meister kommt, seht ihr, zu einem wirklich kompetenten<br />

Meister, dann werden alle diese Karmas abgewickelt, versteht ihr?<br />

Es ist wie bei einem Konkursverfahren o<strong>der</strong> wenn jemand bankrott macht, wo all<br />

seine finanziellen Rücklagen einfach aufgelöst werden. Wenn ihr zu einem Meister<br />

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kommt, wickelt er für die Zukunft auf gleiche Weise das ganze alte Karma aus <strong>der</strong><br />

Vergangenheit ab.<br />

Frage: Ihr meint, in einer Lebenszeit?<br />

Der Meister: Während <strong>der</strong> Lebenszeit. Er (<strong>der</strong> Meister) legt einfach bestimmte<br />

Grundlagen für das Verhalten fest, nach denen man sich in Zukunft zu richten hat.<br />

Ihr müßt zum Beispiel ganz keusch sein und ein reines Leben führen, ohne<br />

Feindseligkeit gegen irgendwen … nicht mit Worten, Taten und selbst Gedanken. Seid<br />

wahr in Worten, Taten und in Gedanken; und seid ganz keusch, auch in Wort, Tat<br />

und Gedanke - versteht ihr? Und haßt keinen, liebt alle - und leistet selbstlosen<br />

<strong>Die</strong>nst. Das sind die Verhaltensregeln, die <strong>der</strong> Meister jenen gibt, die zu ihm<br />

kommen, für ihre Zukunft. Doch die Pralabdh-Karmas, die unsere Lebensdauer und<br />

an<strong>der</strong>e Dinge des Lebens bestimmten, müssen ertragen werden. Auch zu diesem<br />

Zweck, wenn ihr die innere Verbindung erhaltet und auch das Irdische überschreitet -<br />

wenn ihr mit dem göttlichen Bindeglied im Innern in Berührung kommt, dann erhält<br />

die Seele Kraft, sie wird stärker und fühlt die bedrückenden Auswirkungen <strong>der</strong><br />

Karmas nicht mehr, die vorübergehen. Und die Karmas, die noch aufgespeichert<br />

liegen, um Frucht zu bringen, sie werden - wenn man selbstlos wird, durch<br />

regelmäßige, innere Übung - praktisch weggebrannt, geröstet.<br />

Frage: Eine lange Reise, nicht wahr?<br />

Der Meister: Nein, nein. Wenn ihr mehr Zeit für den Meister einsetzt, bedeutet es die<br />

Arbeit selbst nur eines Lebens. Nicht mehr. Es gibt da keine strenge und feste Regel.<br />

Wenigstens das müßt ihr tun! Wenn ihr einfach verzichtet, ich meine, alles einfach<br />

dem gütigen Willen des Meisters übergebt und nach dem handelt, was er sagt, dann<br />

kann das auch in einem Leben abgewickelt werden.<br />

Frage: Sagt mir, Meister - ich finde es ganz richtig, ich stimme mit dem überein, was<br />

Ihr sagt - aber nehmen wir zum Beispiel an, wir meditieren: wir versuchen es<br />

natürlich, aber wir sitzen nicht so lange, wie Ihr sagt. Ist das Ungehorsam gegenüber<br />

Euren Geboten? Ich meine, wenn wir nicht so lange meditieren können?<br />

Der Meister: <strong>Die</strong>se Zeit wurde nach reiflicher Überlegung vorgeschrieben. Versteht<br />

ihr? Als ich zu meinem Meister kam, zu ihm ging, fragte ich ihn, wieviel Zeit ich für<br />

die spirituellen Übungen einsetzen solle. Er sagte mir: "Setze wenigstens fünf bis<br />

sechs Stunden am Tag ein - und das Höchstmaß an Zeit, daß dir möglich ist." Seht, je<br />

mehr Süßes ihr einer Sache hinzufügt, um so süßer wird sie. Es ist eine Sache des.<br />

Loslösens; löst euch einfach von euren alten Gewohnheiten und von solchen, die euch<br />

zur Natur geworden sind - das erfor<strong>der</strong>t, daß man mehr Zeit für diesen Zweck<br />

einsetzt. Beginnt also, das euch mögliche Höchstmaß von den vierundzwanzig<br />

Stunden einzusetzen, und wendet mehr und mehr Zeit dafür auf. In Indien findet<br />

man selbst in dieser Zeit solche Seelen, die sich heute hinsetzen und erst nach fünf<br />

o<strong>der</strong> sechs Tagen wie<strong>der</strong> aufstehen.<br />

Bemerkung: 0 mein Gott!<br />

Der Meister: … (sie meditieren) Tag und Nacht, weil sie ins Jenseits hinübergehen,<br />

und da gibt es die Frage nach <strong>der</strong> Zeit nicht mehr. Ich fuhr von Delhi nach Amritsar<br />

und von da aus eilends nach Hardwar, denn dort war eine Seele, die die letzten<br />

9


fünfzehn Tage in Meditation verbracht hatte und immer noch darin verblieb. Ich<br />

mußte von Amritsar dorthin, nur um sie wie<strong>der</strong> zurückzuholen.<br />

Frage: Um sie zurückzuholen?<br />

Der Meister: Was ich betonen möchte, ist, daß man das entwickeln kann. Wenn ihr<br />

euch erhebt, existiert die Frage nach <strong>der</strong> Zeit nicht mehr. Sie besteht nur, wenn ihr<br />

noch im Körper seid. Ihr versucht es, ja; ihr strengt euch an; ihr tut dies und das - nur<br />

dadurch habt ihr diese Schwierigkeiten. Wenn ihr einfach all eure Hoffnung in den<br />

Meister setzt, werdet ihr ohne unliebsame Auswirkungen nach innen gezogen, seht<br />

ihr? … ohne jeden Gedanken an die Zeit, die ihr einsetzt. "Eine halbe Stunde" o<strong>der</strong><br />

„eine Stunde “ , "ich kann nicht zur Meditation sitzen" - all diese <strong>Fragen</strong> finden ein<br />

Ende. Das heißt, regelmäßig Zeit einzusetzen, versteht ihr? Zeit ist nötig; ihr wißt<br />

nicht, wie spät es ist.<br />

Frage: Wie halte ich mein Gemüt davon ab, in eine an<strong>der</strong>e Richtung zu wan<strong>der</strong>n? Es<br />

schweift ab, und dann konzentriere ich mich wie<strong>der</strong>; so geht es weiter …<br />

Der Meister: Ich weiß, ich weiß … Ich weiß, es ist ein sehr lebhaftes Schauspiel, nicht<br />

wahr? <strong>Die</strong> Sache ist etwa so: Ein Kind ist in einem Zimmer, und ihr sperrt es ein. Was<br />

wird es tun? Es wird einfach schreien und gegen die Tür schlagen. O<strong>der</strong> nicht? Und<br />

wenn es drinnen etwas sehr Anziehendes findet, das seine Aufmerksamkeit<br />

beschäftigt, bleibt es ruhig, nicht wahr? Gleicherweise wird unser Gemüt nicht<br />

wegwan<strong>der</strong>n, wenn wir innen etwas erhalten, das anziehen<strong>der</strong> als die äußeren Dinge<br />

ist.<br />

Frage: Ich denke an das Wort "Liebe", um es vom Wan<strong>der</strong>n abzuhalten. Ist das in<br />

Ordnung?<br />

Der Meister: Liebe hilft bei <strong>der</strong> Konzentration, das ist richtig. Ich wollte nur darlegen,<br />

was sein wird, wenn man innen etwas erhält, bei dem man verweilen kann. Wie kann<br />

es das sonst? Das Gemüt muß umherwan<strong>der</strong>n. Es hat die Gewohnheit, nach außen zu<br />

gehen, das ist sozusagen zu seiner Natur geworden, versteht ihr?<br />

Frage: Was geschieht, wenn "<strong>der</strong> Geist willig, aber das Fleisch schwach" ist?<br />

Der Meister: Selbst wenn das Fleisch schwach ist, werdet ihr nicht mehr an das<br />

schwache Fleisch denken, wenn ihr euch innen konzentriert. Dann bleibt kein<br />

Gedanke.<br />

Frage: Meister, wie finden wir das, was uns innen hält?<br />

Der Meister: Zur Zeit <strong>der</strong> Initiation wird euch eine Erfahrung gegeben, wie gering sie<br />

auch sein mag; sie muß entwickelt werden, indem man regelmäßig und auf genaue<br />

Weise Zeit einsetzt. Versteht ihr?<br />

Frage: Ich hatte bei <strong>der</strong> Initiation eine kleine Erfahrung, aber ich kann sie bei <strong>der</strong><br />

Meditation nun nicht wie<strong>der</strong> erlangen. Was mache ich falsch?<br />

Der Meister: Nun, ich denke, wenn Sie die Beschränkungen beachtet hätten, die<br />

Ihnen zur Zeit <strong>der</strong> Initiation erklärt wurden, dann hätten Sie sie nicht verloren. Und<br />

sie kann wie<strong>der</strong> erlangt werden … von neuem, würde ich sagen, wenn Sie regelmäßig<br />

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Zeit einsetzen. Zuallererst: welche Erfahrung man immer im Innern hat, man darf<br />

mit niemandem darüber sprechen. Und Sie haben vielleicht jemandem davon erzählt,<br />

und die Erfahrung blieb aus. Das ist eine sehr strenge Beschränkung. Wenn ihr sie<br />

überschreitet, werdet ihr sie (die Erfahrung) verlieren; denn man wird durch das<br />

Gemüt an<strong>der</strong>er beeinflußt. Sie haben sie auf diese Weise verloren; nun können Sie sie<br />

wie<strong>der</strong> erlangen. Fangen Sie neu an. Setzen Sie sich morgen zur Meditation, und ich<br />

hoffe, daß Sie in einem o<strong>der</strong> zwei Tagen vorankommen.<br />

Frage: Meister, darf ich Euch etwas fragen? Ist nicht das erste Erfor<strong>der</strong>nis Liebe für<br />

alle?<br />

Der Meister: Sicherlich, gewiß ist sie das!<br />

Schüler: Umfassende Liebe, ohne jede Einschränkung.<br />

Der Meister: Sie haben recht, ja, wenn es umfassende Liebe ist.<br />

Schüler: Für Tiere und für den Nächsten, für Freunde und alle Menschen.<br />

Der Meister: Ich sage Ihnen …<br />

Schüler: Ich glaube, ohne sie kann man das Ziel niemals erreichen.<br />

Der Meister: Sie haben recht … Sie haben recht …<br />

Schüler: Keine Beschränkung von „ 0h, du hast mir geholfen, und ich helfe dir auch",<br />

o<strong>der</strong>: „Ich bin verletzt" usw. - das alles sollte wegfallen. Es muß uneingeschränkte<br />

Liebe sein … nichts als Liebe.<br />

Der Meister: Gott - ja, ich verstehe sehr gut, ich stimme zu - Gott ist Liebe, seht ihr?<br />

Unsere Seele ist vom selben Wesen, sie ist auch Liebe - und <strong>der</strong> Weg zurück zu Gott<br />

ist Liebe, nicht wahr?<br />

Schüler: Nur Liebe …<br />

Der Meister: Ja, nur Liebe. Liebe allein … die Liebe wird euch Konzentration<br />

verleihen, versteht ihr? <strong>Die</strong> Konzentration wird euch helfen - ich würde sagen, es ist<br />

genauso wie bei einem Auto, das von Benzin angetrieben wird. Ohne Benzin kann es<br />

nicht fahren - und ohne Liebe könnt ihr nicht fortschreiten. Das ist ganz richtig. Aber<br />

worauf ich hinaus will ist, daß es eine Sache <strong>der</strong> Selbstanalyse ist. Dabei ist ohne<br />

Zweifel Liebe für die Konzentration erfor<strong>der</strong>lich; aber die Frage <strong>der</strong> Selbstanalyse<br />

bleibt immer noch offen - wer ihr seid, was ihr seid. Das ist es, was ich euch darlegen<br />

möchte, versteht ihr? Dafür ist Liebe erfor<strong>der</strong>lich. Ganz sicher könnt ihr ohne Liebe<br />

nicht fortschreiten. Wenn ihr keinerlei Liebe empfindet, werdet ihr euch auch nicht<br />

hinsetzen, ihr werdet nicht alles dafür opfern: Zeit und alles sonst.<br />

Frage: Zwei wichtige Dinge, die wir vergessen. Es sind eigentlich nur zwei Dinge, das<br />

heißt, sie sind so einfach, daß man sie leicht vergißt: nicht egoistisch o<strong>der</strong> eitel zu<br />

sein. Zwei ganz wichtige Dinge, mit denen wir fertig werden müssen. Ist es nicht so?<br />

Der Meister: Nun, Liebe kennt keine Eitelkeit.<br />

11


Schüler: Das ist wahr. Sie umfaßt wirklich alles.<br />

Der Meister: Ja, Liebe gibt euch Hingabe, versteht ihr? Ihr seid wahrhaft losgelöst<br />

von <strong>der</strong> ganzen Welt und auch vom Körper, seht ihr? Liebe … „Liebet und alle Dinge<br />

werden euch zufallen. “ Das ist die Art, wie ihr die Tage eures Lebens verbringen<br />

solltet. Das ist auch eine wun<strong>der</strong>volle Hilfe auf dem Weg zurück zu Gott; um sich zu<br />

konzentrieren, um von <strong>der</strong> ganzen Welt losgelöst zu sein, ist das <strong>der</strong> allerwirksamste<br />

Weg. Aber es bleibt immer noch die Frage <strong>der</strong> Selbstanalyse, wie man sich vom<br />

Körper trennt.<br />

Frage: Ja, aber wenn wir uns zwar selbst analysieren, doch überhaupt nichts im<br />

Hinblick auf unsere Fehler tun, was dann? Wenn wir unsere Fehler erkennen und sie<br />

nicht ablegen?<br />

Der Meister: Ich sage Ihnen, deshalb ist ein ethisches Leben das Sprungbrett zur<br />

Spiritualität.<br />

Frage: Wir leiden gemäß unserer Fehler, wenn wir uns nicht bemühen, sie abzulegen<br />

… ist es nicht so?<br />

Der Meister: Ja. Selbstprüfung ist <strong>der</strong> erste Schritt. Wir müssen alle<br />

Unvollkommenheiten eine nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en ausmerzen. Genauso wie ihr zuerst alle<br />

Äste eines Baumes entfernt, wenn ihr ihn fällen wollt. Das hilft euch, auch den Stamm<br />

leicht zu fällen. Ihr müßt mit <strong>der</strong> Selbstprüfung beginnen, indem ihr alle Unzulänglichkeiten<br />

nach und nach ausmerzt; und ins Innere könnt ihr nur durch<br />

Überschreiten des Körpers und durch Selbstanalyse eintreten; das göttliche<br />

Bindeglied ist in euch - verbindet euch damit.<br />

Schüler: Selbstverwirklichung …<br />

Der Meister: Ja. Selbstverwirklichung wird auf zwei Wegen erreicht: <strong>der</strong> eine ist die<br />

Theorie und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e die Praxis. Ich meine natürlich nicht durch Theorie; die<br />

Theorie geht zweifellos <strong>der</strong> Praxis voraus, aber in <strong>der</strong> Praxis müßt ihr euch einfach<br />

von allen äußeren Dingen loslösen und selbst erkennen, wer ihr seid. Das ist wahre<br />

Selbstverwirklichung. Ja?<br />

Schüler: Ich werde mir meiner Fehler immer mehr bewußt, und wenn das geschieht,<br />

denke ich: "O Gott!"<br />

Der Meister: Das ist recht. Das ist gut. Das ist auch Selbstprüfung. Das ist einfach das<br />

Abschneiden <strong>der</strong> Äste des Baumes, so daß er an <strong>der</strong> Wurzel abgehauen werden kann.<br />

Schüler: Ich habe den Fehler immer schon gemacht, bevor er mir bewußt wird, und<br />

danach sage ich „O Gott!“ - ich bin nicht glücklich darüber.<br />

Der Meister: Ich weiß … Wir müssen die Unvollkommenheiten eine nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

ausmerzen. Nur das wird uns auf dem Weg schneller voranbringen.<br />

Schüler: Meister, nehmt zum Beispiel all uns Satsangis hier: wir haben alle Liebe und<br />

lieben einan<strong>der</strong> - im Augenblick. Aber wenn es geschieht, daß irgendeiner, <strong>der</strong> eine<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e von uns, empfindlich ist und uns dadurch aus <strong>der</strong> Fassung bringt, was<br />

12


können wir da tun? Wir sollen uns doch lieben, o<strong>der</strong> nicht? Aber wenn kein Friede<br />

unter uns ist …?<br />

Der Meister: Es gibt zwei Wege, wie ich euch gerade gesagt habe. Der eine ist die<br />

Selbstprüfung. Nehmt euch einfach am Abend o<strong>der</strong> während des Tages etwas Zeit …<br />

nehmt euch Zeit, um auf euer tägliches Leben zurückzublicken - Punkt für Punkt.<br />

Auch als Schuljunge in <strong>der</strong> 7. Klasse, als ich mit <strong>der</strong> Selbstprüfung begann, pflegte ich<br />

mich hinzusetzen und einfach nachzudenken, welche Fehler ich während des Tages<br />

gemacht hatte. Nach und nach konnte ich mich erinnern. Entsinnt ihr euch, daß<br />

Pelmans Gedächtnissystem mit nichts an<strong>der</strong>em beginnt? Ruft euch einfach wie<strong>der</strong> ins<br />

Bewußtsein zurück, was ihr heute getan habt: erinnert euch an jede Minute eures<br />

Lebens. Auf diese Weise ergaben sich zwei Dinge: als erstes ein starkes Gedächtnis,<br />

und dann konnte ich zu je<strong>der</strong> Minute sehen, wie das Gemüt in mir wirkte. Welche<br />

Unvollkommenheiten auch immer da waren, ich merzte sie eine nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

aus; und nachdem all diese Dinge ausgemerzt waren, empfand ich eine Art<br />

Glückseligkeit in mir. Seht ihr? <strong>Die</strong> geistige Schau wurde klar: ich konnte Ereignisse<br />

voraussehen, die Gedanken an<strong>der</strong>er lesen, dies und das. <strong>Die</strong> Selbstprüfung ist in sich<br />

selbst ein großer Segen, würde ich sagen … aber auch das ist nicht alles.<br />

Frage: Nicht was?<br />

Der Meister: Nicht das Einundalles - es ist lediglich die Vorbereitung, das Bereiten<br />

des Bodens. Wirklicher Frieden des Gemüts kommt nicht durch die Selbstprüfung -<br />

sie ist nur <strong>der</strong> erste Schritt - son<strong>der</strong>n durch Selbstanalyse. Wenn ihr wirklich den<br />

Körper überschreitet, seht ihr etwas Höheres, Anziehen<strong>der</strong>es, Faszinieren<strong>der</strong>es, das<br />

mehr Frieden gibt. Dann seid ihr natürlich losgelöst vom Körper und seinen Freuden.<br />

Wir sehen dorthin (ins Jenseits), aber dort zieht uns nichts an; darum zieht es uns<br />

trotz all unserer Anstrengungen immer wie<strong>der</strong> nach unten.<br />

Vielleicht habt ihr die Geschichte von Laila und Majnun gehört, die vor langer Zeit in<br />

Indien lebten. Laila war Majnuns Geliebte. Majnun erzählte, daß er auf einem Kamel<br />

von zuhause aufbrach, nur um seiner Liebsten zu begegnen. Und auf dem Weg war er<br />

ganz vertieft, und die Kamelstute, die ein Füllen zuhause hatte, kehrte einfach wie<strong>der</strong><br />

um. Majnun sagte, daß er auf diese Weise sechs Monate damit verbrachte,<br />

aufzubrechen und wie<strong>der</strong> umzukehren; denn wenn er in Versunkenheit geriet, kehrte<br />

er wie<strong>der</strong> nach Hause zurück … und erreichte seine Liebste nie, versteht ihr? (Der<br />

Meister lacht.) Genauso ist es mit uns. Unser Gemüt ist an die äußeren Dinge<br />

gebunden: wir brechen auf, um heimzukehren, und vergessen es wie<strong>der</strong> - und<br />

kommen wie<strong>der</strong> zurück. Seht ihr? So müssen wir diese beiden Dinge zu gleicher Zeit<br />

aufnehmen, die Selbstprüfung und die Selbstanalyse. Und dabei ist die Liebe das<br />

wirksamste Hilfsmittel. Versteht ihr?<br />

Schüler: Ja, Meister, vollkommen.<br />

Der Meister: Liebe ist ein großer Segen. Mit "Liebe" meine ich nicht die physische<br />

Liebe, versteht ihr? „Liebe" bedeutet höhere Liebe, die Liebe <strong>der</strong> Seele für das Höhere<br />

Selbst - ganz unabhängig von den nach außen strebenden Kräften und äußeren<br />

Freuden. Sie beginnt im Körper und endet in <strong>der</strong> Seele; sie nimmt ihren Anfang<br />

fraglos im Körper aber verliert sich in <strong>der</strong> Seele. Und sie hat sich, möchte ich sagen, so<br />

sehr auf äußere Dinge verteilt, daß es uns erscheint, als hätten wir überhaupt keine<br />

"Liebe" mehr. Und sie ist nur die Konzentration <strong>der</strong> ganzen Kraft, die bereits in uns<br />

13


ist, indem man sie an einem Ort sammelt. Und "Liebe" könnt ihr nicht hervorbringen,<br />

wenn ihr nichts vor euch habt, das euch anzieht.<br />

Frage: Aber kann man nicht Liebe erzeugen, indem man ständig Liebe gibt? Kann<br />

man schließlich nicht alles umwandeln? Ich denke, Liebe besiegt alles?<br />

Bemerkung: Es ist wie ein Bumerang, gut o<strong>der</strong> schlecht. Wenn man Liebe gibt, erhält<br />

man Liebe zurück.<br />

Der Meister: Sie haben recht. Was ich sagen will, ist, daß man nicht Liebe entwickeln<br />

kann, solange man nicht etwas an<strong>der</strong>es hat, das einem anzieht, etwas Anziehen<strong>der</strong>es<br />

(als die äußeren Dinge). Liebe entsteht nur, wenn ihr etwas Schönes vor euch seht,<br />

das euch anzieht. Ihr werdet davon angezogen. Nur dann entwickelt sich Liebe.<br />

Bemerkung: Nun, ich weiß nicht recht. Ein kleiner Hund o<strong>der</strong> eine kleine Katze zum<br />

Beispiel kann manchmal wirklich häßlich sein, und doch kann ich sie lieben.<br />

Der Meister: Aber diese Liebe beginnt nicht am allerersten Tag.<br />

Schüler: Nein.<br />

Der Meister: Sehen Sie, täglich werden Sie von ihnen gefesselt, und dann entwickelt<br />

sich die Liebe. Nicht wahr?<br />

Schüler: Und wenn es ein Mensch ist, geschieht das genauso?<br />

Der Meister: Es ist immer das gleiche, mit allem …<br />

Schüler: Ja, es ist nicht nur unsere äußere Schale o<strong>der</strong> …<br />

Der Meister: Seht, ich will es euch erklären. Alle Vögel hier sind wie die Nachtigall.<br />

Wenn Blumen im Garten sind, kommt die Nachtigall und singt davor ihr liebliches<br />

Lied, nicht wahr? Aber habt ihr jemals gesehen, daß eine Nachtigall kommt und singt,<br />

wenn die Blumen nur an die Wand gemalt sind? Ist je eine Nachtigall gekommen und<br />

hat ein schönes Lied davor gesungen - vor gemalten Blumen?<br />

Schüler: Nein.<br />

Der Meister: So ist es die ursprüngliche Schönheit, die uns anzieht … die Liebe<br />

hervorruft. Sie ist die Quelle <strong>der</strong> Liebe. Eine Sache erwähnte ich wohl gestern: es gibt<br />

zwei Arten, Liebe zu entwickeln. Eine ist die liebevolle Erinnerung. Ihr denkt immer<br />

wie<strong>der</strong> an das, was euch anzieht und das wandelt sich im Lauf <strong>der</strong> Zeit in Liebe um.<br />

Erst ist die Anziehung da, die sich dann in Liebe verwandelt. Und <strong>der</strong> zweite,<br />

wirkungsvollere Weg - <strong>der</strong> wirkungsvollste Weg - ist, wenn ein Mensch, <strong>der</strong> Liebe hat,<br />

<strong>der</strong> liebt, einfach bei ihm sitzt und in seine Augen sieht … das ist das Spiel <strong>der</strong> Seele<br />

im Körper. Eine liebende Seele wird euch Impulse <strong>der</strong> Liebe geben. Das ist, wie wenn<br />

man eine kleine Flamme von einem großen, hell brennenden Feuer nimmt - und tut<br />

eure Arbeit! Und die an<strong>der</strong>e Art ist wie das Reiben eines Steines o<strong>der</strong> eines Stückes<br />

Holz an einem an<strong>der</strong>en; das wird euch Hitze und Feuer geben! Das ist ohne Zweifel<br />

ein längerer Weg, <strong>der</strong> <strong>der</strong> regelmäßigen Erinnerung. Und das ist auch nur möglich,<br />

wenn ihr von etwas angezogen werdet. Das sind die einzigen Mittel, um Liebe zu<br />

entwickeln.<br />

14


Frage: Meister, um noch einmal darauf zurückzukommen, daß man nicht mit<br />

an<strong>der</strong>en über die inneren Erfahrungen sprechen soll - scheint es nicht sehr grausam,<br />

wenn <strong>der</strong> Ehemann o<strong>der</strong> die Ehefrau hört, daß man etwas bekommen hat - einen<br />

Segen - und die Frau o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mann hat nichts erhalten? Und könnte es nicht<br />

irgendwie ermutigend sein, wenn man sagt: "Nun, da ist Schönheit, ich habe es selbst<br />

gesehen." Wäre es nicht gut, das zu sagen?<br />

Der Meister: Ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen?<br />

Schüler: Ich meine, Ihr sagt, daß wir mit niemandem über unsere inneren<br />

Erfahrungen sprechen sollen. Das gilt natürlich auch für unseren Ehepartner, o<strong>der</strong><br />

nicht?<br />

Der Meister: Selbst ihm sollte man nichts sagen. Das Gemüt des an<strong>der</strong>en beeinflußt<br />

euch, seht ihr?<br />

Schüler: Ich meine, wäre es nicht dennoch ermutigend für sie?<br />

Der Meister: Sehen Sie, sehen Sie bitte: ein kleiner Schößling, eine kleine Pflanze am<br />

Wegrand kann von je<strong>der</strong> vorbeikommenden Ziege abgefressen werden. Aber wenn sie<br />

zu einem großen Baum herangewachsen ist, kann man selbst einen Elefanten daran<br />

festbinden - man kann ihn daran anbinden, und <strong>der</strong> Baum wird nicht entwurzelt.<br />

Genauso ist eine an<strong>der</strong>e Sache, wenn man sehr stark geworden ist. Aber am Anfang<br />

verliert je<strong>der</strong>.<br />

Schüler: Oh, Ihr meint, wenn man sich sehr weit entwickelt hat und überaus stark<br />

geworden ist, dann kann man etwas darüber sagen, wenn man will?<br />

Der Meister: Ja, ja. Dann ist es in Ordnung, aber nicht vorher - ihr werdet von<br />

an<strong>der</strong>en beeinflußt; seht ihr, das ist <strong>der</strong> Grund. Alle diese Einschränkungen werden<br />

mit einer bestimmten Absicht festgelegt. Das könnt ihr in eurem zwei- o<strong>der</strong><br />

dreimonatigem Bericht an den Meister erwähnen. Seid regelmäßig. Wenn ihr<br />

irgendwo versagt, dann schreibt gleich. Doch wenn Ihr fortschreitet, gut<br />

vorankommt, könnt ihr eure Berichte alle zwei, drei Monate einschicken - monatlich,<br />

wie immer ihr wollt.<br />

Frage: Aber wir können zu Euch offen darüber sprechen? Zum Beispiel jetzt?<br />

Der Meister: Ja, ja, wenn ich dabei bin, schadet es nicht.<br />

Frage: Jetzt macht es nichts?<br />

Der Meister: Nein.<br />

Schüler: Oh, ist das nicht wun<strong>der</strong>bar?<br />

Der Meister: Etwas beschützt und führt euch von außen her.<br />

Schüler: O ja, das ist <strong>der</strong> Meister.<br />

Frage: Wie können wir jemand an<strong>der</strong>en … nicht unbedingt überreden, aber<br />

ermutigen, den Pfad aufzunehmen?<br />

15


Der Meister: Ihr könnt dem Betreffenden die Theorie <strong>der</strong> Lehren erklären. Soviel<br />

könnt ihr sagen: Das ist eine ganz praktische Sache; und wer immer kommt, wird auf<br />

den Weg gestellt. Am allerersten Tag wird er eine Erfahrung erhalten. Und das ist<br />

alles, was ihr sagen könnt. Wenn ihr darüber hinaus etwas sagt, wird das zu eurem<br />

Schaden sein. Versteht ihr?<br />

Schüler: Ja.<br />

Der Meister: Aber ihr sagt nun zum Beispiel: "Ich habe dies o<strong>der</strong> das gesehen" - wer<br />

wird euch glauben? Manche glauben es vielleicht, an<strong>der</strong>e sagen, daß ihr nicht die<br />

Wahrheit sprecht. Selbst wenn ihr nur soviel erzählt, sind die Leute nicht überzeugt -<br />

nicht je<strong>der</strong>. Wenn ihr ihnen aber statt dessen Stellen aus den Schriften des einen o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Heiligen anführt, wenn sie sehen, daß in allen Lehren <strong>der</strong>artige,<br />

gleichlautende Gedanken enthalten sind, können sie sich entscheiden, den Weg als<br />

versuchsweisen Schritt aufzunehmen. Solange und ehe einer die Dinge nicht selbst<br />

sieht, wird er nicht völlig überzeugt sein.<br />

Schülerin: Ich habe das mit meinem Mann erlebt …<br />

Der Meister: Ja …<br />

Schülerin: Und nun … es hat eine ganze Weile gedauert, aber ich habe ihn überzeugt.<br />

Und gestern war er hier.<br />

Der Meister: … durch Erklären, nach und nach - gewiß!<br />

Schülerin: Ja … ja, ich konnte es ihm nur nach und nach erklären, weil er sehr<br />

konventionelle Ansichten hat. Nun, er lebt nach <strong>der</strong> goldenen Regel...<br />

Der Meister: Oh, da können Sie nur sagen: "Schau, es gibt eine Erfahrung, die die<br />

Menschen erlangen. Das kann nicht schaden. Wenn du gehst, wirst du sie auch<br />

haben. Das sagen alle Heiligen.“<br />

Schülerin: Ich möchte, daß er sie auch hat; weil ich weiß, wie wun<strong>der</strong>bar es ist,<br />

möchte ich nicht, daß er ohne sie bleibt.<br />

Der Meister: Ja, ohne Zweifel … ist die Ersthand-Erfahrung wun<strong>der</strong>bar.<br />

Frage: Meister - darf ich Euch etwas fragen? … Bevor ich zu dieser Bewegung kam,<br />

war ich natürlich auf einem an<strong>der</strong>en Pfad; aber ich sah ständig so viele Dinge, und bei<br />

verschiedenen Gelegenheiten … gerade zu <strong>der</strong> Zeit, als meine Frau und ich heirateten,<br />

war ich in einem eigenartigen Zustand, ich war nicht von dieser Welt … ich war<br />

einfach ganz losgelöst von ihr. Ich ging umher und kümmerte mich nicht um die<br />

Menschen um mich herum, und ich zog mich zurück … ich fühlte etwas in meinem<br />

Rückgrat, es ging vom Ende <strong>der</strong> Wirbelsäule aus und schoß wie ein elektrischer Strom<br />

hindurch und stieg die Wirbelsäule hinauf, und als es hierher kam, wurde es zu einem<br />

Feuerball!<br />

Der Meister: Ja...<br />

Schüler: Und ich sah die ganze Welt unter mir. Ich blickte hinab und alles wirbelte<br />

durcheinan<strong>der</strong>. Was war das alles? War es die negative Kraft?<br />

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Der Meister: Das geschah durch die Rückwirkung Ihrer früheren Karmas, die auf Sie<br />

zukam, sehen Sie? Als Folge davon hatten Sie eine gewisse Erfahrung und etwas, dem<br />

Sie unwissentlich folgten. Der Zurückziehungsvorgang setzte ein, aber Sie empfanden<br />

diese Hitze im Körper, verstehen Sie? Ihr ganzer Körper brannte. Nun, dieser Weg,<br />

dem Sie sich nun zuwenden, ist <strong>der</strong> ganz natürliche Weg, auf dem Sie keine<br />

<strong>der</strong>artigen Erfahrungen machen werden. <strong>Die</strong>ser Weg ist einem elektrischen Aufzug<br />

gleich: man erhebt sich ohne jede Anstrengung o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen.<br />

Schüler: Und dann ist da noch eine an<strong>der</strong>e Sache, die ich Sie gerne fragen wollte.<br />

Mein Leben war ganz einfach wie … nun, selbst jetzt, wenn ich so gehe und beson<strong>der</strong>s,<br />

wenn ich allein bin, sehe ich Menschen, die ganz weit entfernt sind, irgendwo an<strong>der</strong>s<br />

… Aber bevor das begann, pflegte ich Leute zu behandeln, ich pflegte sie und<br />

versuchte sie zu heilen, ja? Das war meine Hauptarbeit …<br />

Der Meister: Ja …<br />

Schüler: Ich verlangte nichts. Aber jetzt wollen sie mich bezahlen, weil sie damals das<br />

Geld nicht hatten, und zu <strong>der</strong> Zeit sah ich das auch an<strong>der</strong>s: ich wollte nie etwas<br />

nehmen. Aber jetzt brauche ich das Geld, und manchmal nehme ich es. Nun, aber was<br />

ich fragen möchte, ist: daß ich mich konzentrieren kann, beson<strong>der</strong>s, wenn ich allein<br />

bin … und ich sehe eine Gruppe von Menschen, die vielleicht kilometerweit entfernt<br />

ist, und sie warten auf mich … sie sprechen mit mir. Das sehe ich. Nun, was ist das?<br />

Der Meister: Ich sage Ihnen eines … nun, Sie haben diese Kraft benutzt … Ihre innere<br />

Kraft auf weniger wertvolle Dinge gerichtet, würde ich sagen …<br />

Schüler: Oh … !<br />

Der Meister: Sehen Sie? Sie hätten sie gebrauchen können, um höchst wertvolle<br />

Dinge zu erlangen. Statt das Höhere zu erlangen, haben Sie nur nach dem Niedrigeren<br />

getrachtet … und Sie haben Ihre Kraft gebraucht und sie wahrscheinlich auf<br />

diese Weise verloren.<br />

Schüler: In <strong>der</strong> falschen Richtung …<br />

Der Meister: Sie müssen den besten Gebrauch von ihr machen - für die höheren<br />

Dinge!<br />

Frage: Nun, wie können wir wissen, was das Beste ist?<br />

Der Meister: Das ist das, was die Selbsterkenntnis vermehrt, was Ihnen hilft, sich<br />

selbst zu erkennen, sich selbst zu analysieren und den höchsten Gott zu erkennen; das<br />

ist alles.<br />

Schüler: Wir müssen es tun, ohne … wie soll ich sagen? … Müssen wir nicht vom Ego<br />

frei werden, um uns selbst zu sehen, wie wir wirklich sind? Solange wir das kleine Ego<br />

haben, gebrauchen wir Ausflüchte, nicht wahr?<br />

Der Meister: Sie haben recht. Aus diesem Grund müssen wir einfach nach dem<br />

handeln, was uns <strong>der</strong> Meister sagt. Laßt nicht euer Gemüt dazwischentreten. Tut, was<br />

euch zu tun geheißen wird. Auf diese Weise werdet ihr selbstlos. Auch dann habt ihr<br />

17


ein Ego, aber ihr werdet nicht von ihm gelenkt … wenn ihr die Worte des Meisters<br />

immer vor euch habt … wenn sie die erste Stelle einnehmen.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 6,1978; englisch: 9, 1976<br />

<br />

FRAGEN UND ANTWORTEN IN CINCINNATI<br />

Ein Vortrag unbekannten Datums von Kirpal Singh<br />

vermutlich aus dem Jahre 1955<br />

Konzentriert euch, konzentriert euch und konzentriert euch! Setzt soviel Zeit ein,<br />

wie ihr nur könnt. Ganz allmählich wird diese Gewohnheit sich in Konzentration<br />

verwandeln.<br />

Frage: Ich habe gehört, daß <strong>der</strong> Meister alles Karma bezüglich Geschenke unter<br />

Familienangehörigen und Initiierten überwacht.<br />

Der Meister: Das habe ich nie gesagt. <strong>Die</strong> Frage ist: wieviel Freunde habt ihr? Das<br />

Geben und Nehmen kann mit einem, mit zwei o<strong>der</strong> drei Freunden erfolgen, aber mit<br />

<strong>der</strong> ganzen Welt? Wenn ihr irgend etwas von jemandem annehmt, so müßt ihr es<br />

zurückzahlen. Ein Mensch kann nur sehr wenige Freunde haben. Nehmt einmal an,<br />

ihr ladet jemanden ein o<strong>der</strong> jemand lädt euch heute ein. Am folgenden Tag o<strong>der</strong> nach<br />

zwei o<strong>der</strong> drei Tagen erwartet er eine Gegeneinladung. <strong>Die</strong> Einladung wird also<br />

erwi<strong>der</strong>t. Wenn einer dann nicht eingeladen wird, ist er verärgert. Daher sollte man<br />

sich nicht auf solche Dinge einlassen.<br />

Frage: Wie steht es damit innerhalb einer Familie?<br />

Der Meister: Innerhalb einer Familie, unter Eltern und Kin<strong>der</strong>n erfolgt das Geben<br />

und Nehmen als Auswirkungen <strong>der</strong> Vergangenheit, die sich ergeben.<br />

Frage: Sind wir nicht Mitglie<strong>der</strong> einer einzigen Familie?<br />

Der Meister: Hat jemand zwei o<strong>der</strong> drei Kin<strong>der</strong> bzw. eine Familie, so muß er sich<br />

naturgemäß etwas nehmen. Das ist <strong>der</strong> Grund, warum er irgendwo geboren wurde.<br />

Im Verlaufe einiger Zeit wird man erkennen, daß auch Vater und Mutter Hilfe<br />

benötigen. "Wie man sät, so wird man ernten..."<br />

Frage: Lenkt es nicht von <strong>der</strong> Vorstellung ab, daß Gott <strong>der</strong> Vater von allen ist, wenn<br />

man im Sinne einer einzelnen Familie denkt?<br />

Der Meister: Wieso? Was hat das damit zu tun? Gott ist <strong>der</strong> Vater von allen, nicht<br />

nur <strong>der</strong> von einer Familie. Wir alle sind seine Kin<strong>der</strong>. Ein Mensch lebt dazu, auch<br />

an<strong>der</strong>en zu helfen. <strong>Die</strong> Tiere helfen ihren Artgenossen; ein Mensch hilft seiner<br />

eigenen Familie, verdient seinen Lebensunterhalt und hilft auch an<strong>der</strong>en. Denn wir<br />

18


alle sind Kin<strong>der</strong> Gottes. Wir sind bewußte Wesen, Tropfen aus dem Meer allen<br />

Bewußtseins.<br />

Infolge <strong>der</strong> Rückwirkungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit werden die Menschen als Söhne,<br />

Väter, Mütter, Brü<strong>der</strong> und Schwestern zusammengebracht. <strong>Die</strong>s ist ein früheres<br />

Geben und Nehmen, für das wir jetzt zu zahlen haben. Jetzt sind wir in einer Familie<br />

verbunden. Von Natur aus hilft ein Mensch seinen Mitmenschen. Wenn wir durch die<br />

fließende Fe<strong>der</strong> Gottes als Brü<strong>der</strong> und Schwestern, als Vater und Mutter miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden sind, sollten wir einan<strong>der</strong> helfen. Wenn ihr jemandem helft o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Familie eines wohlhabenden Mannes, sollte dieser ebenfalls einem jeden helfen.<br />

Innerhalb dieses Bereiches ist es nur natürlich, daß sich das Geben und Nehmen<br />

entwickelt. Aber die wahre Liebe - wie viele Menschen haben sie? Unsere Liebe ist<br />

nur wechselseitig. Ihr helft einem an<strong>der</strong>en, und er wird euch helfen, so ist es im<br />

allgemeinen. Aber wenn ihr Gott liebt, so werdet ihr um Seinetwillen einen jeden<br />

lieben, denn Gott wohnt in jedem Herzen. In dem Fall seid ihr nicht gebunden.<br />

Normalerweise seid ihr aber gebunden.<br />

Frage: Wenn ich irgendeinem aus unserer großen menschlichen Familie etwas gebe,<br />

wie sieht es dann mit dem Geben und Nehmen aus?<br />

Der Meister: Wenn jemand alle Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Familie Gottes liebt und ihnen hilft, da<br />

Gott in ihren Herzen wohnt, so ist er in seinem Tun selbstlos, und es gibt keine<br />

Rückgabe. Wenn er Gott nicht verwirklicht hat und nicht in jedem Wesen Gott sieht<br />

und jemandem etwas gibt, so gilt natürlich das Gesetz: "Wie du säst, so wirst du<br />

ernten."<br />

Frage: Welches waren die drei <strong>Fragen</strong>, die <strong>der</strong> Meister seinem Meister gestellt hat?<br />

Ich habe sie früher einmal gehört, sie aber wie<strong>der</strong> vergessen.<br />

Der Meister: Nun, welchen Nutzen hat es, all diese Dinge zu wie<strong>der</strong>holen? Das hilft<br />

keinem. Das waren meine <strong>Fragen</strong> an meinen Meister und meinen Gott. Ihr stellt<br />

irgendeine Frage, die euch einfällt. Das ist genau, als ob ich von mir selbst sagen<br />

würde: „Ich bin ein sehr hochstehen<strong>der</strong> Mensch."<br />

Frage: Sollen wir Simran üben, während wir essen, und sollen wir schweigend<br />

essen?<br />

Der Meister: Laßt mich ein Beispiel geben. Ihr habt eine schmerzhafte Wunde, die<br />

verbunden worden ist. Denkt ihr, wenn ihr nun eßt, ständig an den Schmerz o<strong>der</strong><br />

nicht? Der Schmerz ist natürlich da, aber ihr eßt trotzdem.<br />

Frage: Wenn ich versuche zu meditieren, habe ich Angst zu sterben.<br />

Der Meister: Wo wurden Sie initiiert?<br />

Der Frager: In Sant Bani.<br />

Der Meister: Nun, wir müssen den Körper eines Tages verlassen. Wenn <strong>der</strong> Atem<br />

beteiligt ist, hat man Schwierigkeiten. Schenkt bitte dem Atemvorgang, <strong>der</strong> im Körper<br />

unter uns vor sich geht, keinerlei Aufmerksamkeit. Lenkt eure ganze Aufmerksamkeit<br />

in die Mitte <strong>der</strong> Dunkelheit, die genau vor euch liegt - draußen. Dann werdet ihr<br />

nichts spüren. Beachtet nicht den Atemvorgang, <strong>der</strong> im Körper weitergeht. Dann<br />

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werdet ihr keine Schwierigkeiten und keine Furcht haben. Empfanden Sie am Tage<br />

<strong>der</strong> Initiation irgendeine Angst?<br />

Der Frager: Nein.<br />

Der Meister: Das war gut. Da die karmische Bindung noch nicht gebrochen ist,<br />

müssen wir wie<strong>der</strong>kehren. Das Ziel ist, den Körper nach freiem Willen während des<br />

Lebens zu verlassen - dies haben alle Meister geraten. Denn wenn ihr versteht, wie ihr<br />

den Körper nach eigenem Willen verlassen könnt, werdet ihr zur Zeit des Todes<br />

freudig gehen, denn ihr seid daran gewöhnt. Paulus sagte: "Ich sterbe täglich."<br />

Frage: Helfen uns Engel auf <strong>der</strong> physischen Ebene?<br />

Der Meister: Engel? Wen verehren die Engel? Den, <strong>der</strong> sie zu Engeln ernannt hat:<br />

Gott. Was soll die Ehrfurcht vor den Engeln, wenn ihr Gott verehrt? Ihr braucht keine<br />

Hilfe von den Engeln, wenn ihr auf den König schaut; Er ist durch Verwandtschaft<br />

des Blutes und <strong>der</strong> Seele eng mit euch verbunden.<br />

Frage: Ein guter Mensch erzählte mir einst vom Teufel, daß er ein Engel sei, <strong>der</strong><br />

gegen Gott rebelliert hat. Kann dies wahr sein?<br />

Der Meister: <strong>Die</strong>s ist bildlich gesprochen. Es gibt zwei Kräfte. <strong>Die</strong> eine ist die<br />

höchste Kraft, <strong>der</strong> Schöpfer von allem. Auf einer nie<strong>der</strong>eren Ebene wurde die negative<br />

Kraft eingesetzt; diese bringt sich fortwährend zum Ausdruck, um die äußere Welt zu<br />

bilden. Man nennt diese Kraft Brahm, sie ist zu diesem Zweck geschaffen worden. Es<br />

gibt also nichts Teuflisches. Kabir sagt: "Gott schuf zwei Kräfte, die negative und die<br />

positive Kraft. <strong>Die</strong> positive Kraft hat ihre eigene Aufgabe, und die negative bringt sich<br />

zum Ausdruck. <strong>Die</strong> eine Kraft strebt zu ihrer Quelle, die an<strong>der</strong>e geht nach außen. So<br />

gibt es genau gesagt keinen Satan, nur jene geschaffenen Kräfte: Kal und Akal, die<br />

negative und die positive Kraft. Beide haben ihre eigenen Aufgaben. Jene, die unter<br />

<strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> negativen Kraft stehen, lieben es, stets nach außen zu streben. Und<br />

jene, die zu ihrer Heimat zurückkehren möchten, folgen naturgemäß dem positiven<br />

Weg. Durch die Heiligen ist verkündet worden; Verbinde dich mit dem offenbarten<br />

Gott, mit Naam o<strong>der</strong> dem Wort, das zwei Offenbarungen hat: Licht und Ton. Wenn<br />

man damit verbunden ist, wird es einen unmittelbar zu seiner Ursprungsquelle<br />

geleiten, <strong>der</strong> wahren Heimat unseres Vaters. Daher gibt es keinen Gegensatz, son<strong>der</strong>n<br />

die Negative Kraft wurde zum Zwecke <strong>der</strong> Schöpfung geschaffen, denn Er mußte die<br />

Schöpfung erschaffen.<br />

Wenn man eine Kerze anzündet, wendet sich die Flamme nach oben, da die Quelle<br />

des Lichts die Sonne ist. Wenn man die Kerze umdreht, wird die Flamme dennoch<br />

nach oben streben, da dort ihr Ursprung ist. Wenn man einen Erdklumpen noch so<br />

kraftvoll in die Luft schleu<strong>der</strong>t, wird er zur Erde zurückkehren, da sein Ursprung die<br />

Erde unten ist. Gleicherweise ist die Auswirkung des Gemüts negativ. Es bemüht sich<br />

ständig, euch nach außen zu ziehen. Aber die Seele ist die positive Seite. Sie will euch<br />

nach oben zu ihrem Ursprung bringen. Wenn die Seele vom Gemüt befreit ist, geht sie<br />

zu Gott. Das Gemüt wurde also geschaffen, um das weltliche Geschehen in Gang zu<br />

halten. Ohne das Gemüt könnte das weltliche Geschehen nicht weitergehen. Kal und<br />

Akal sind beide Ausdrucksformen des Absoluten. Das Absolute ist <strong>der</strong> Ursprung von<br />

beiden. Es ist natürlich eine verwickelte Frage, aber auf diese Art kann man es<br />

vielleicht verstehen.<br />

20


Frage: Ist das Wesen <strong>der</strong> Engel positiv o<strong>der</strong> negativ?<br />

Der Meister: Selbst die Avatare sind dem Gesetz von Ursache und Wirkung<br />

unterworfen, ganz zu schweigen von den Engeln! Ja freilich, sie nehmen einen höheren<br />

Rang ein, sie haben einige gute Taten vollbracht - sie erleben die Glückseligkeit<br />

für einen längeren Zeitraum und auf höheren Ebenen, dann kommen sie wie<strong>der</strong> auf<br />

die Erde zurück. In den Upanischaden heißt es, daß die Seelen <strong>der</strong> Rishis bei ihrer<br />

Rückkehr, nachdem sie sich <strong>der</strong> Seligkeit <strong>der</strong> höheren Ebenen erfreut hatten, den<br />

Menschenkörper erwählten, denn allein im menschlichen Körper kann die Seele zu<br />

Gott gelangen.<br />

Frage: Kann sich ein Engel als ein Mensch wie<strong>der</strong> verkörpern o<strong>der</strong> nicht?<br />

Der Meister: Ja. Wenn sie zu Gott zurückkehren wollen, müssen sie die menschliche<br />

Gestalt annehmen. Es gibt keinen an<strong>der</strong>en Weg zu Gott. Ich zitierte gerade aus den<br />

Upanischaden, wo das gesagt wird.<br />

Frage: Wie kann sich <strong>der</strong> Teufel als Mensch verkörpern?<br />

Der Meister: Es gibt keinen Teufel. <strong>Die</strong>s ist nur ein Name, den die negative Kraft,<br />

die Kraft, die nach außen geht, erhalten hat. Gäbe es diese Kraft nicht, würde auch die<br />

Welt nicht existieren.<br />

Frage: Wie kann ein Engel, <strong>der</strong> sich gegen Gott auflehnt, eine menschliche Gestalt<br />

annehmen?<br />

Der Meister: Nehmt ein weltliches Beispiel. Es gibt verschiedene<br />

Amtsbezeichnungen: Offizier, Vizekönig, Oberbefehlshaber. Alle sind gleichermaßen<br />

dem Gesetz des Karmas unterworfen. Aber sie bekleiden unterschiedliche Ämter, um<br />

die Aufgaben weiterzuführen. Genauso ist es bei <strong>der</strong> Bezeichnung <strong>der</strong> Engel. Einige<br />

sind Bevollmächtigte o<strong>der</strong> Abgeordnete, an<strong>der</strong>e sind Gouverneure, aber sie<br />

unterstehen dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Sie sind nicht davon befreit. Man<br />

ist nicht davon befreit, außer man erlangt eine unmittelbare Verbindung zu Gott in<br />

sich. So lautet das Gesetz. Ihr solltet euch an Gott wenden und Ihn bitten, euch diese<br />

Dinge zu erklären, denn Er hat alles so eingerichtet.<br />

Frage: Wenn ein Engel niemals einen menschlichen Körper annähme, bliebe er<br />

dann noch dem Gesetz von Ursache und Wirkung unterworfen? (Reno Sirrine antwortet:<br />

Ja.) Wie kann sich so ein Engel rehabilitieren?<br />

Der Meister: <strong>Die</strong>s sind alles Bezeichnungen, ebenso wie ein Mann vom einfachen<br />

Soldaten zum Unteroffizier, dann zum Feldwebel, Leutnant, Hauptmann, Major und<br />

General beför<strong>der</strong>t werden kann. Sie alle sind dem Gesetz von Ursache und Wirkung<br />

unterworfen. Wenn sie einen Fehler begehen, werden sie vor Gericht gestellt. Nur<br />

Gott selbst o<strong>der</strong> jene, die eine Verbindung mit Ihm haben, sind davon frei. Alle<br />

an<strong>der</strong>en sind dem Gesetz von Ursache und Wirkung unterworfen. Selbst die<br />

Verkörperungen (Avatare genannt o<strong>der</strong> Inkarnationen <strong>der</strong> negativen Kraft)<br />

unterliegen dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Lord Rama schlug und tötete<br />

einen Menschen. In seiner nächsten Geburt wurde Rama Lord Krishna, die<br />

Verkörperung jenes Zeitalters. Der Mann, den er getötet hatte, wurde ein Jäger und<br />

tötete wie<strong>der</strong>um ihn. Sie (die Avatare) sind nicht frei davon. Auch wenn ein Offizier<br />

21


eine Stadt unter seiner Kontrolle hat, so wird er doch vor Gericht gestellt, wenn er ein<br />

Gesetz bricht.<br />

Frage: Ich kenne einen Menschen, <strong>der</strong> wie eine Pflanze dahinvegetiert, er kann sich<br />

nicht bewegen, nicht selbstständig Nahrung zu sich nehmen o<strong>der</strong> auf sich achten, nur<br />

sein Herz schlägt weiter. Soll man ihn allein lassen, damit er sterben kann, o<strong>der</strong> soll<br />

er weiter so auf Erden leben?<br />

Der Meister: Wir Mensch sollten unser Bestes tun, alles tun, um das Leben zu<br />

verlängern. Wenn er nicht länger leben soll, kann er das auch nicht. "Unsere Tage<br />

sind gezählt." Trotz aller Hilfe wird er dann nicht weiterleben.<br />

Frage: Ist seine Seele noch im Körper, solange das Herz schlägt?<br />

Der Meister: Ja, sicher: Der physische Körper kann ohne die Seele nicht bestehen.<br />

Wenn sie zurückgezogen wird, kommt alles zum Stillstand.<br />

Frage: Aber sein Verstand arbeitet nicht.<br />

Der Meister: Jede Fabrik arbeitet durch die Verbindung mit einem Kraftwerk. Nur<br />

die einzelnen Abteilungen <strong>der</strong> Fabrik, die mit dem Stromkabel des Kraftwerkes<br />

verbunden sind, können arbeiten. Wenn die Hauptverbindung jedoch unterbrochen<br />

ist, kommt das ganze Werk zum Stillstand. Gleicherweise wird das Werk des Körpers<br />

von <strong>der</strong> Seele angetrieben; wenn sie zurückgezogen wird, kommt alles zum Stillstand,<br />

an<strong>der</strong>nfalls arbeitet <strong>der</strong> Körper weiter.<br />

Frage: Wann gelangt die Seele in den Körper? Bei <strong>der</strong> Geburt o<strong>der</strong> schon früher?<br />

Der Meister: Wenn die Schwangerschaft beginnt. An<strong>der</strong>nfalls würde die Zeugung<br />

nicht zur Schwangerschaft führen.<br />

Frage: Wenn wir uns wie<strong>der</strong> verkörpern müssen, wird das zu einer solchen Zeit<br />

geschehen, wo wir einen lebenden Meister finden?<br />

Der Meister: Ja, sicher. So bleibt es alle Zeit, diese Kraft existiert in allen Zeitaltern,<br />

sie stirbt niemals. Sie wirkt über einen Pol o<strong>der</strong> Körper, bis ein an<strong>der</strong>er Pol sie<br />

übernimmt, in allen Zeitaltern. Es gibt Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die<br />

Durstigen. Stellt die Natur nicht für jedes Kind, das vor 5000 Jahren, vor 500 Jahren<br />

o<strong>der</strong> jetzt geboren wird, die Muttermilch schon vor <strong>der</strong> Geburt bereit? Das ist das<br />

natürliche Gesetz. <strong>Die</strong>se Kraft bleibt weiterhin bestehen.<br />

Frage: Werden wir, wenn wir durch den gegenwärtig lebenden Meister initiiert<br />

wurden und wie<strong>der</strong>geboren werden, durch denselben Meister initiiert werden?<br />

Der Meister: Ja, diese Kraft wirkt weiter. <strong>Die</strong>se Kraft ist das fleischgewordene Wort,<br />

sie bleibt unverän<strong>der</strong>t. Ihr werdet mit ihr in Verbindung gebracht und auf den Weg<br />

gestellt, und er wird euch helfen.<br />

Frage: Würde <strong>der</strong> Meister bitte kurz über das Großziehen und die Erziehung von<br />

Kin<strong>der</strong>n sprechen?<br />

22


Der Meister: Seid ihr Eltern o<strong>der</strong> nicht (Ja.) Was möchtet ihr erreichen, wenn ihr<br />

ein Kind großzieht? Ihr möchtet doch, daß es ein ideales Kind wird - aktiv, bewußt<br />

und weise - ist es nicht so? Dann seid ihm ein Vorbild, das ist <strong>der</strong> erste Leitsatz.<br />

Zweitens: Ihr versucht, es von seinem unrichtigen Tun, das es nicht versteht,<br />

abzubringen. Bringt es durch höfliche und freundliche Worte davon ab, nicht durch<br />

Schimpfen. Denn <strong>der</strong> Mensch muß erkennen. Der Mensch lernt und verlernt sein<br />

ganzes Leben hindurch. Wenn das Kind etwas Falsches getan hat, so macht ihm klar,<br />

was es falsch getan hat, einmal o<strong>der</strong> zweimal. Wenn ihr es einmal o<strong>der</strong> mehrmals<br />

schlägt, so weiß das arme Kerlchen gar nicht, was es falsch gemacht hat. Daher<br />

müssen wir das Kind liebevoll überzeugen, damit es das in Zukunft nicht mehr tut.<br />

Unsere Pflicht ist es, die Kin<strong>der</strong> aufzuziehen und aus ihnen ideale Menschen zu<br />

bilden - bessere, als ihr es seid. <strong>Die</strong> Meister sagen, wenn ihr ein Kind aufzieht, so<br />

sollte es ein Heiliger werden o<strong>der</strong> ein tapferer Mensch o<strong>der</strong> einer, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en hilft.<br />

Kin<strong>der</strong> in die Welt zu setzen, die zu nichts nutze sind, bedeutet, eine große Last<br />

umsonst auf sich zu nehmen. Entwe<strong>der</strong> sollte es ein Heiliger o<strong>der</strong> ein tapferer o<strong>der</strong><br />

ein hilfreicher Mensch werden, das sind die drei Ziele.<br />

Frage: Wie weit sollen die Eltern die Auflehnung eines Kindes ertragen?<br />

Der Meister: Es gibt zwei Gründe dafür. Ein Grund ist, ehrlich gesagt, daß wir für<br />

die Kin<strong>der</strong> verantwortlich sind. Das Kind im Mutterleib wird durch die Gedanken <strong>der</strong><br />

Mutter beeinflußt. Wenn eine Frau sehr gottesfürchtig ist, so muß ihr Kind auch<br />

gottesfürchtig werden. Nur eine gottesfürchtige Seele wird dann Zutritt haben. Und<br />

das Kind entwickelt sich, wie es Eindrücke im Mutterleib empfängt. Auch physische<br />

Eindrücke empfängt es im Mutterleib, von Gedanken ganz zu schweigen.<br />

Zweitens: <strong>Die</strong> Menschen werden als Auswirkung <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

zusammengeführt, um ihre Schulden abzuzahlen. Dementsprechend müssen wir uns<br />

anpassen. Ihr müßt den Kin<strong>der</strong>n ein Beispiel geben. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> ahmen ihre Eltern<br />

nach. <strong>Die</strong> Eltern merken es nicht, aber die Kin<strong>der</strong> ahmen sie nach. Wenn also die<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> Vergangenheit abgezahlt werden müssen, so bildet sich eine<br />

natürliche Übereinstimmung. Erledigt eure Verpflichtungen liebevoll und schenkt<br />

den Kin<strong>der</strong>n Liebe, anstatt sie, wie ihr es nennt, Vergeltung spüren zu lassen.<br />

Frage: Meister, würdet Ihr bitte etwas über das Tagebuch sagen?<br />

Der Meister: Ich denke, ich habe schon gestern abend darüber gesprochen. Was<br />

bedeutet das Tagebuch? Richtet jeden Tag ein wachsames Auge auf all euere<br />

Handlungen. Alles, was auf dem Weg zurück zu Gott nicht hilfreich ist, muß<br />

vermieden werden. Es sind euch allgemeine Richtlinien zur Führung gegeben<br />

worden. Erstens: Wahrhaftigkeit. Zweitens: Reinheit; und drittens: Gott wohnt in<br />

allen (wir sind Seelen, Kin<strong>der</strong> desselben Vaters), darum liebt einen jeden. Und<br />

viertens: selbstloser <strong>Die</strong>nst. Ein Mensch lebt für an<strong>der</strong>e - nicht nur, um die eigenen<br />

Nachkommen aufzuziehen, wie es die Tiere tun. Das höchste aller Gebote ist das<br />

Nicht-Verletzen, das heißt, die Gefühle an<strong>der</strong>er nicht mit Gedanken, Worten o<strong>der</strong><br />

Taten zu verletzen. Das sind die allgemeinen Richtlinien. Alle Fehler unter diesen<br />

Hauptgruppen sollten aufgezeichnet werden. Ihr müßt euch selbst so kritisieren, wie<br />

ihr an<strong>der</strong>e kritisiert. Schont euch nicht. Wenn ihr Fehler findet, und seien es auch<br />

hun<strong>der</strong>t, das macht nichts, doch rottet sie aus. Nur zu sagen: "Ich bin ein Sün<strong>der</strong>, ich<br />

bin ein Sün<strong>der</strong>", hilft nichts. Rottet die Fehler aus.<br />

Gleichzeitig wurde euch eine Verbindung mit <strong>der</strong> sich zum Ausdruck bringenden<br />

Gotteskraft gegeben, dem Licht und dem Ton. Je mehr ihr damit in Verbindung<br />

23


kommt und je mehr ihr euer Leben reinigt, desto größer wird euer Fortschritt auf dem<br />

Pfad sein. Ihr werdet so eure Heimat schneller erreichen. <strong>Die</strong> Tagebuchblätter sind<br />

für eure weitere Führung gedacht. Seid bitte regelmäßig. Deshalb lege ich euch<br />

ständig ans Herz: "Selbst wenn ihr eure Tagebuchblätter leer einsendet, will ich sie<br />

annehmen." Wie viele Monate werdet ihr die Tagebuchblätter leer einsenden? Einen,<br />

zwei o<strong>der</strong> drei Monate? Ihr werdet empfinden, daß ihr moralisch nicht recht handelt,<br />

und ihr werdet beginnen, sie zu führen. Wenn ihr dann anfangt, das Tagebuch zu<br />

führen, werdet ihr die Fehler allmählich ausmerzen, und somit seid ihr dann auf dem<br />

richtigen Weg.<br />

Frage: Warum ist das so mit Vater und Mutter? Warum sind manche gut und<br />

an<strong>der</strong>e nicht gut?<br />

Der Meister: Ich habe schon zwei Gründe genannt, beachtet sie bitte: <strong>der</strong> eine<br />

bezieht sich auf die Auswirkungen <strong>der</strong> Vergangenheit. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>e Ursache liegt darin,<br />

daß sich das Verhalten <strong>der</strong> Eltern auf die Kin<strong>der</strong> auswirkt, sowohl im Mutterleib als<br />

auch nach <strong>der</strong> Geburt.<br />

Frage: Ist es einem Menschen möglich, geboren zu werden, ohne Gott als Vater und<br />

Mutter zu haben?<br />

Der Meister: Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Nehmt eure eigene<br />

Familie und seht, was <strong>der</strong> Vater von seinen Kin<strong>der</strong>n wünscht. Ich sage euch, wenn ein<br />

Kind geboren wird, weiß es nicht, wer sein Vater ist. Erst später wird es ihm gesagt.<br />

Noch später fühlt es dies durch die Blutsverwandtschaft. Gleicherweise wissen wir<br />

nicht, ob wir Gott zum Vater haben o<strong>der</strong> nicht. Wenn ihr später einmal Harmonie erlangt,<br />

werdet ihr empfinden, daß es Gott gibt. Bezüglich <strong>der</strong>artiger <strong>Fragen</strong> - befaßt<br />

euch einfach mit euch selbst innerlich und mit eurer Umgebung. Sie sind ein<br />

Familienvater, geben Sie ein Beispiel als ein guter Vater.<br />

Frage: Wenn Gott unser Vater ist, ist Er auch unsere Mutter?<br />

Der Meister: Gott ist Gott. <strong>Die</strong>se Verwandtschaftsbezeichnungen werden benutzt,<br />

um zu zeigen, was möglich ist. Manchmal bezieht man sich auf Ihn als Bru<strong>der</strong>, als<br />

<strong>Die</strong>ner, Meister und so weiter o<strong>der</strong> als Ehefrau, Ehemann, Mutter, Vater. <strong>Die</strong>se<br />

verschiedenen Verwandtschaftsbezeichnungen werden von den Meistern benutzt, um<br />

uns deutlich zu machen, daß wir mit Ihm wahrlich eng verwandt sind. Wir sind vom<br />

gleichen Wesen wie Gott. Lord Rama stellte Hanuman, einem seiner ergebensten<br />

Schüler, die folgende Frage: "Wer bist du?" Er antwortete: "Solange ich im Körper<br />

bin, bin ich Dein <strong>Die</strong>ner, wenn ich mich im Innern erhebe, bin ich eins mit Dir."<br />

Unsere Seele ist also vom gleichen Wesen wie Gott. Wir sind Tropfen aus dem Meer<br />

<strong>der</strong> Allbewußtheit, und wenn wir uns mit Ihm verbinden, werden wir eins mit Ihm.<br />

Wir sind die Tropfen, Er ist das Meer. Und während wir im Körper sind, benützen wir<br />

natürlich eine enge Verwandtschaftsbezeichnung, um zu verstehen, wie eng wir mit<br />

Gott verwandt sind … Gott ist ganz Licht, und auch wir sind Licht. Gott ist alle<br />

Bewußtheit, und wir sind Tropfen vom Meer <strong>der</strong> Allbewußtheit. <strong>Die</strong> Seele hat kein<br />

Geschlecht. Der entscheidende Punkt ist folgen<strong>der</strong>: Haltet Ihn für einen Vater o<strong>der</strong><br />

was ihr wollt, das ist in Ordnung, aber verhaltet euch entsprechend; dann habt ihr das<br />

Recht, Ihn als Vater, als Herrn o<strong>der</strong> Ehemann anzusehen, wie es euch gefällt.<br />

Sat Sandesh deutsch: Heft 1, 1973; englisch: 12, 1972<br />

24


DIE WAHRE LEBENSWEISE STEHT NOCH ÜBER DER<br />

WAHRHEIT<br />

<strong>Die</strong>s ist eine <strong>Fragen</strong>beantwortung (die in zwei Teilen veröffentlicht wurde) durch<br />

Meister Kirpal Singh in Washington, im September 1955 am Tag seines Abflugs<br />

nach St. Petersburg in Florida. Je<strong>der</strong> <strong>Fragen</strong>de wird mit einer bestimmten<br />

Nummer bezeichnet (Fragesteller 1, Fragesteller 2, Bemerkung 3, Antwort 2<br />

usw.), damit <strong>der</strong> Leser deutlich erkennt, wer gesprochen hat und was die einzelnen<br />

Sprecher zum Ausdruck bringen wollten. <strong>Die</strong> Namen <strong>der</strong> Sprecher werden<br />

nur erwähnt, wenn sie auch in an<strong>der</strong>en Texten des Meisters zu finden sind. <strong>Die</strong> in<br />

Klammern im Text eingefügten Ausdrücke, Namen und Sätze sind keine<br />

Anmerkungen des Meisters, son<strong>der</strong>n wurden dem Text beigegeben, um dem<br />

Leser das Verständnis zu erleichtern und in einigen Fällen auf Vorangegangenes<br />

hinzuweisen. <strong>Die</strong>se Frage- und Antwortstunde folgte einem längeren Versuch<br />

<strong>der</strong> anwesenden Initiierten, Meister Kirpal Singh zu bewegen, mehr Zeit in den<br />

Vereinigten Staaten und beson<strong>der</strong>s in Washington zu verbringen.<br />

Fragesteller 1: Meister, wir möchten Euch für immer hierbehalten.<br />

Meister: Das ist recht! Doch niemand bleibt für immer hier, versteht ihr? Ich muß den<br />

Körper verlassen, und auch ihr müßt den Körper verlassen, nicht wahr? Nur die<br />

Meisterkraft wird für immer in euch sein. Seht ihr, Er wird euch nie verlassen. <strong>Die</strong>se<br />

Kraft wird euch bis ans Ende <strong>der</strong> Welt nicht verlassen. Natürlich schätze ich unser<br />

physisches Beisammensein sehr; macht also das Beste daraus - das könnt ihr nur,<br />

wenn ihr den Weg zurück zu Gott geht. Aus diesem Grunde bin ich hier - und ich muß<br />

wie<strong>der</strong> gehen, euch zurücklassen, um woan<strong>der</strong>s hinzugehen. Das ist in Ordnung so,<br />

länger kann ich nicht bleiben. Sagt ihnen, daß ich nur zwei o<strong>der</strong> drei Tage hier (in<br />

Washington) bleiben kann und dann nach Boston reise. Mehr ist nicht möglich. Ich<br />

möchte meine Reise in diesem Monat beenden, und ich muß Amerika verlassen. Ich<br />

brauche noch ein o<strong>der</strong> zwei Monate, o<strong>der</strong> vielleicht auch nur einen Monat, um eure<br />

Brü<strong>der</strong> in verschiedenen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wie Schottland, England und Deutschland<br />

- zwei Orte dort - und in <strong>der</strong> Schweiz zu besuchen. Wohin reisen wir noch? Dann<br />

möchte ich wie<strong>der</strong>kommen. Es ist nicht, weil ich … <strong>der</strong> Flug hierher zu euch dauert<br />

zwei Tage - wie lange dauert er?<br />

Fragesteller 1: Es hat drei Jahre gedauert, bis Ihr wie<strong>der</strong> hierher gekommen seid.<br />

Doch da Ihr nun hier seid, dauert Euer Aufenthalt nicht lange. (Lachen.) Es scheint<br />

alles nicht so einfach zu sein.<br />

Meister: Ja, doch, ich möchte wie<strong>der</strong>kommen, siehst du?<br />

Fragesteller 1: Werdet Ihr wirklich wie<strong>der</strong>kommen?<br />

Meister: Schau her … Ja?<br />

Fragesteller 1: Werdet Ihr wirklich wie<strong>der</strong>kommen?<br />

Meister: Wirklich? Nun, das liegt in den Händen Gottes, seht ihr. Doch … nun, es ist<br />

so, daß die Liebe den Geliebten anzieht, versteht ihr? Ist es nicht so? Nun, fahrt<br />

25


egelmäßig mit euren Übungen fort: ihr werdet den Meister in euch finden, und ich<br />

denke, er wird liebevoller als im Äußeren sein. (Der Meister schmunzelt.)<br />

Fragesteller 1: Das wünschen wir uns.<br />

Meister: Und ihr müßt warten. Wenn ihr euch (zur Meditation) hinsetzt, werdet ihr<br />

das erlangen, und dies umsonst, versteht ihr? Setzt einfach mehr Zeit ein, ja? Kommt<br />

mit dem Meister im Innern in Verbindung,<br />

Fragesteller 2: Meister, wie kommt es, daß wir, wenn wir bei Euch sind, in <strong>der</strong><br />

Meditation schneller fortschreiten, bessere Ergebnisse haben? Und dann, wenn Ihr<br />

nicht hier seid, sehen wir nichts in <strong>der</strong> Meditation?<br />

Meister: Warum? Das ist ganz natürlich; ihr dürft die physische Gegenwart nicht<br />

unterschätzen, versteht ihr? Aber ihr könnt das (diese Auswirkung) auch erhalten,<br />

indem ihr einfach eure Aufmerksamkeit lenkt, indem ihr empfänglich werdet. Ihr<br />

könnt das (diesen Segen) selbst aus einer Entfernung von Tausenden von Meilen<br />

haben. Ihr sollt Empfänglichkeit entwickeln, und sie entwickelt sich ihrem Ausmaß<br />

entsprechend <strong>der</strong> Liebe, die wir in unserem Herzen tragen: <strong>der</strong> Liebe und Hingabe<br />

gemäß.<br />

Fragesteller 2: Glaubt Ihr dann nicht, daß es richtig ist, wenn wir Euch länger hier<br />

haben wollen, damit es uns möglich ist, das Licht nach Belieben zu erhalten?<br />

Meister: Schaut, ich versichere euch, daß ich nur zwei Monate bleiben wollte. Und das<br />

Programm erstreckt sich nun über sechs Monate. Zwei Monate waren geplant. Fragt<br />

Khanna, er hat es mir schriftlich gegeben: "Ihr braucht nur zwei Monate in die<br />

Vereinigten Staaten zu kommen." Ich kann euch den Brief zeigen. Herr Khanna,<br />

haben Sie mir nicht geschrieben, daß die Reise in die Vereinigten Staaten etwa zwei<br />

Monate dauern wird?<br />

Antwort 3: Meister, ich sagte, zwei Monate in Washington. (Lachen.)<br />

Meister: Nein, nein, nein; nein, nein, nein - lügen Sie nicht! (Der Meister<br />

schmunzelt.) Ich habe den Brief bei mir, in dem ihr ein Programm aufgestellt habt,<br />

nach dem ich drei Tage hier, vier Tage dort und woan<strong>der</strong>s sechs Tage sein sollte -<br />

einschließlich Washington. (Der Meister lächelt.) <strong>Die</strong>se Zeit also bereits<br />

überschritten, seht ihr? Was ich meine ist, daß ich zumindest diesmal alles in allem<br />

nicht sehr lange von Indien wegbleiben sollte. Nun, es besteht die Möglichkeit,<br />

wie<strong>der</strong>zukommen. Sagen wir nach ein, zwei o<strong>der</strong> drei Jahren kann ich wie<strong>der</strong>kommen.<br />

Ich habe einige Reisen vor, wißt ihr; nicht nur in die USA, son<strong>der</strong>n ich muß<br />

wahrscheinlich noch zwei- o<strong>der</strong> dreimal hierher und nach Europa und auch in an<strong>der</strong>e<br />

Län<strong>der</strong> kommen. Ich glaube, dieses Problem wird eine Lösung finden.<br />

Fragesteller 1: Meister, wenn wir uns vorstellen, daß Ihr nicht wie<strong>der</strong>kommen werdet<br />

- wir könnten den Gedanken nicht ertragen!<br />

Meister: Nun, tut das nicht - beseitigt diesen Gedanken, merzt ihn aus.<br />

Fragesteller 1: Ich weiß. Ich will nur sagen, wenn wir nicht hoffen könnten, daß Ihr<br />

wie<strong>der</strong>kommt, wäre das...<br />

26


Meister: Ja, wenn ihr Hoffnung habt, dann könnt ihr mich, glaube ich, gehen lassen.<br />

Seht ihr, Hoffnung ist wirklich... es ist etwas Lebensspendendes, nicht wahr? <strong>Die</strong><br />

Menschen leben durch eine Hoffnung. Nun, ihr braucht nicht zu fürchten, daß ich<br />

gehe und nicht wie<strong>der</strong>komme - warum denkt ihr das?<br />

Fragesteller 1: Nein, ich sagte, wir hoffen, daß Ihr wie<strong>der</strong>kommt. Wenn wir es nicht<br />

glauben würden, wäre das unerträglich. Wir hoffen wirklich, daß Ihr zurückkommt.<br />

Meister: Ja, ja. Seht ihr, deshalb...<br />

Fragesteller k: Aber wir haben ihn jetzt hier. Warum lassen wir ihn dann gehen?<br />

Meister: Ja, nun - kommt doch mit mir! Du hast mir gerade eben gesagt, daß du - daß<br />

sie denkt, sie sei ein Hin<strong>der</strong>nis auf meinem Weg (lachend), das hat sie gesagt. Und<br />

wenn sie meint, daß sie nicht mit mir gehen sollte, selbst wenn sie einen Flugschein<br />

hat... gut, ihr könnt diesen Weg verlassen, seht ihr? Ich glaube, es ist sehr einfach, den<br />

Weg zu verlassen und von ihm wegzugehen - weg von euch selbst. Hier, nehmt einen<br />

kleinen Flugschein.<br />

Fragesteller 5: Meister, wie können wir mit unserem geringen Verständnis in Eurer<br />

Abwesenheit den Glauben verbreiten, damit <strong>der</strong> Pfad bis zu Eurer Rückkehr größere<br />

Verbreitung findet? Wir brauchen Euch jetzt hier.<br />

Meister: Ich sage euch: ein Beispiel ist besser als eine Vorschrift. Lebt euer Leben. Ihr<br />

habt die innere Verbindung erhalten. Ihr seid sehr begünstigt. Entwickelt sie. Führt<br />

ein ganz ideales Leben. Lügt nicht; seid aufrichtig; seid zu allen liebevoll; denkt nicht<br />

schlecht von an<strong>der</strong>en; lebt keusch; übt selbstlosen <strong>Die</strong>nst; haßt niemanden.<br />

Praktiziert das alles in eurem Leben. <strong>Die</strong> Menschen werden zu euch aufschauen, und<br />

sie werden von selbst kommen. Wenn ihr auf eine an<strong>der</strong>e Weise lebt... Christus sagte:<br />

"Ich gebe euch das höchste Gebot." Dann sagte er: "Liebet einan<strong>der</strong>." Wenn ihr mit<br />

euch selbst in Zwietracht seid - entschuldigt bitte - wenn ihr mit euch selbst uneins<br />

seid, dann mögt ihr ein eine sehr erhabene Lehre haben und auf den Weg gestellt<br />

worden sein - aber ihr lebt nicht danach, ihr setzt keine Zeit dafür ein.<br />

Ein Mensch kann eine ganze Stadt verän<strong>der</strong>n. Doch lebt nach dem, was er (<strong>der</strong><br />

Meister) sagt. Wenn ihr nach dem lebt, was euch gesagt wurde, wird diese Arbeit<br />

reiche Frucht tragen. <strong>Die</strong> Wandlung eines Menschen findet bei Tausenden Anklang.<br />

Hun<strong>der</strong>te von Vorträgen werden auf die Menschen nicht so großen Eindruck machen<br />

wie das Leben eines Menschen. Das ist <strong>der</strong> einzige Weg. Eine Unze Praxis ist besser<br />

als Tonnen von Theorien. Gebt ein Beispiel. <strong>Die</strong> Menschen werden aufhorchen, sie<br />

werden zu euch eilen: "Wie hast du das erreicht? Was hat dich so verän<strong>der</strong>t?"<br />

In <strong>der</strong> Bibel seht ihr, daß sich das Leben eines jeden Menschen wandelte, sobald er zu<br />

Christus kam. Beweist, daß ihr euch gewandelt habt. Natürlich seid ihr auf den Weg<br />

gestellt worden. Ihr werdet sehen, daß ihr gemäß den heiligen Schriften und an<strong>der</strong>en<br />

Zeugnissen sehr begünstigt seid, daß ihr auf den Weg gestellt wurdet, daß euch eine<br />

Erfahrung des Erhebens (über das Körperbewußtsein) gewährt wurde. <strong>Die</strong> Menschen<br />

suchen und verlangen danach (nach dieser Erfahrung), bekommen sie aber nicht.<br />

Auch diese Worte findet ihr in <strong>der</strong> Bibel: "Gesegnet seid ihr, zu sehen, was die<br />

Propheten nicht erblicken konnten." Aber wer ist Christus wirklich? Lebt danach<br />

(dann werdet ihr die Antwort finden), versteht ihr? <strong>Die</strong> Wahrheit ist höher als alles<br />

an<strong>der</strong>e, aber die wahre Lebensweise steht selbst über <strong>der</strong> Wahrheit. Das ist <strong>der</strong><br />

27


einzige Weg. Wie ihr dieses Werk des Meisters vollbringt, das ist es, was die<br />

Menschen berühren wird. Überall wo ich war, haben mich Hun<strong>der</strong>te von Menschen<br />

aufgesucht, und keiner fand etwas auszusetzen. Alle hörten meine Worte und sie<br />

erlangten eine (innere) Erfahrung, je<strong>der</strong> einzelne erlangte sie. Was könnte<br />

überzeugen<strong>der</strong> sein?<br />

Lebt also nach dem, was euch gesagt wurde. Widmet den spirituellen Übungen<br />

regelmäßig Zeit. Prüft euch moralisch, ethisch und führt ein beispielhaftes Leben. <strong>Die</strong><br />

Menschen werden zu euch kommen: "Wie bist du dazu gelangt?" Soweit sie sehen<br />

können, habt ihr etwas bekommen. Wenn ihr euch über jemanden ärgert, fangt ihr zu<br />

streiten an. Doch ihr habt Streit und Ärger aufgegeben, habt euch geän<strong>der</strong>t und<br />

gebraucht liebevolle Worte und denkt Gutes von an<strong>der</strong>en. Natürlich fragt man euch<br />

dann: "Was hat diese Wandlung bewirkt? Was habt ihr erhalten?" Dann werden die<br />

Menschen zu euch kommen, um euch zu fragen.<br />

Seht ihr, einmal än<strong>der</strong>te sich ein Mensch, nun, und die Menschen strömten zu<br />

meinem Meister, einfach um auf den Weg gestellt zu werden. Und mein Meister<br />

(Baba Sawan Singh Ji) fragte sie: "Sagt, habt ihr nur einen Vortrag gehört o<strong>der</strong> sonst<br />

etwas über die Lehren erfahren?" "Nein, nein", antworteten sie, "wir haben einfach<br />

einen Menschen gesehen, <strong>der</strong> sich dadurch verän<strong>der</strong>t hat, daß er zu Euch kam. Wir<br />

haben nichts über Eure Lehren gehört. Nur ein Mensch kam zu Euch, und er hat sich<br />

völlig gewandelt - darum kommen wir." Seht ihr?<br />

Herr P., denken Sie nicht, daß es so ist, wie ich sage?<br />

Antwort 6: Ja, ich glaube schon.<br />

Meister: Beweist es also durch euer Leben, indem ihr dieses Leben lebt.<br />

Fragesteller 2: Meister, aber die Frage erhebt sich wie<strong>der</strong> … nun, es ist nicht leicht zu<br />

erklären … aber wenn Ihr physisch nicht hier seid, ist es nicht das gleiche, die<br />

Erfahrungen sind nicht die gleichen,<br />

Meister: Ich will euch eines sagen. Schaut, das ist, weil du glaubst, <strong>der</strong> Meister ist nur<br />

<strong>der</strong> Körper. Wenn du denkst, er ist im Innern, wird er dich niemals allein lassen,<br />

verstehst du?<br />

Fragesteller 2: Ich weiß, aber wenn wir eine solch hohe Stufe <strong>der</strong> Entwicklung<br />

erreichen, daß wir unaufhörlich …<br />

Meister: Das ist richtig, ja, wir verleugnen nicht, daß man durch die Atmosphäre<br />

beeinflußt wird. Das ist ganz richtig. Aber wenn man diesen Zustand auch erreichen<br />

kann, indem man einfach Empfänglichkeit entwickelt, wird man Hilfe erhalten,<br />

Fragesteller 2: Ja, aber Ihr sagt, wir sollen uns bemühen … wir sollen ein Beispiel<br />

dessen sein, was uns gelehrt wird. Ihr sagt, daß man in Indien einer von Tausenden<br />

o<strong>der</strong> einer Million ist - <strong>der</strong> danach lebt, <strong>der</strong> dafür ein Beispiel gibt. Nun, das....<br />

Meister: Gut, beweise es! Du hast zwei Augen und zwei Nasenlöcher wie ich.<br />

Fragesteller 2: Ich weiß, aber ich bin ein bloßes Nichts, das ist alles, was ich bin.<br />

28


Meister: Nun, wandle deinen Tempel um - verstehst du? Du o<strong>der</strong> irgendein an<strong>der</strong>er.<br />

Ich meine nicht dich beson<strong>der</strong>s - son<strong>der</strong>n einen jeden. Wir müssen uns än<strong>der</strong>n.<br />

Nimm an, ein Mensch hat die gleichen Gewohnheiten wie früher und er sagt, er habe<br />

Zugang zur siebten Ebene - wie sollen ihm das die Leute dann glauben? Das wahre<br />

Leben steht selbst über <strong>der</strong> Wahrheit. Das ist, was Guru Nanak sagte: "<strong>Die</strong> Wahrheit<br />

steht über allen Dingen", und "die wahre Lebensweise ist noch höher als die<br />

Wahrheit."<br />

Fragesteller 6: Was ist, wenn jemand seinen Meister betrügt?<br />

Meister: Hmmmm?<br />

Fragesteller 6: Was ist, wenn er ihn betrügt?<br />

Meister: Wie bitte?<br />

Fragesteller 6: Was ist, wenn jemand seinen Meister betrügt?<br />

Meister: Nun, er wird nicht mehr fortschreiten. Was für ein Verrat ist das? Denn <strong>der</strong><br />

Meister hat mit eurem Besitz, Geld o<strong>der</strong> was ihr sonst noch habt, nichts zu tun. Lebt<br />

nach dem, was Er sagt, denn möchte Er euch mit Gott in Verbindung bringen. Der<br />

Mensch, <strong>der</strong> zu sich selbst ehrlich ist, in dem ist Gott, in dem ist die Meisterkraft.<br />

Wenn er zuerst sich selbst betrügt - und dann einen an<strong>der</strong>en hintergeht, ist er nicht<br />

ehrlich zu sich selbst, und dann schreitet er nicht mehr fort. Und wenn er damit<br />

fortfährt, in die falsche Richtung zu gehen o<strong>der</strong> vielleicht an<strong>der</strong>en predigt, wird er in<br />

den Augen <strong>der</strong> Menschen zu jenen gehören, die aus dem Glauben ein Geschäft<br />

machen, das ist alles.<br />

Fragesteller 2: Wenn man einen Meister hintergeht, so geschieht das auf ganz<br />

bestimmt Weise und mit bestimmter Absicht. Ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken<br />

soll, aber habe ich mich immer - nun, für einen Initiierten gehalten.<br />

Meister: Nun, seht ihr, er verliert selbst dabei. Der Mensch, <strong>der</strong> betrügt, ist <strong>der</strong><br />

Verlierer. Um euch ein Beispiel zu geben: Seht ihr, ich bin hier und habe kein<br />

Interesse an eurem Geld, euren Spenden o<strong>der</strong> an irgend etwas an<strong>der</strong>em, das euch<br />

gehört. Ich interessiere mich für eure (spirituelle) Entwicklung. Je<strong>der</strong> aufrichtige<br />

Mensch, <strong>der</strong> euch wirklich liebt, wird an eurem Vorwärtskommen interessiert sein<br />

und nicht an dem, was er von euch erhält; aber er wird euch sagen, was ihr werden<br />

könnt, wenn ihr danach lebt. Auf diese Weise interessiere ich mich wirklich für euch.<br />

Auf diese Weise berührt mich kein Betrug. Ich sage euch, daß <strong>der</strong> Meister selbst jene<br />

liebt, die ihn betrügen. Und die Schüler mögen ihn verlassen, doch <strong>der</strong> Meister wird<br />

sie nie verlassen.<br />

Fragesteller 6: Er wartet auf sie - auf ihre Rückkehr.<br />

Meister: Ja, ja, ja - gottgleiche Teilchen.<br />

Fragesteller 6: Es heißt, daß Paul B. seinen Meister betrog, weil sein Meister... <strong>der</strong><br />

Grund, daß...<br />

Meister: Nun, er wird keinen inneren Frieden finden, merkt euch das. Welchen<br />

Fortschritt er durch seine Bücher auch immer vorweisen mag, das ... nun, Schreiben<br />

29


edeutet nichts. Ich kann hun<strong>der</strong>t Bücher schreiben - und nicht danach leben; was<br />

dann? Schreiben ist ein Beruf, entschuldigt. Es ist ein Beruf. Es werden unaufhörlich<br />

so viele Geschichten geschrieben. Sie greifen da und dort und überall etwas auf, sie<br />

schreiben über etwas, daß sich <strong>der</strong> eine dort und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e da zusammengesucht<br />

hat. Sie wissen, wie man schreibt, und die Bücher erscheinen. Möchtest du sagen, daß<br />

er danach lebt? Bedenkt, daß einer, <strong>der</strong> betrügt, innerlich nicht fortschreiten kann. Er<br />

verhin<strong>der</strong>t seinen Fortschritt; das wollte ich sagen. Er ist von innen abgeschnitten. Er<br />

mag an<strong>der</strong>en etwas vortäuschen; er mag etwas erhalten haben. Ich meine jetzt nicht<br />

unbedingt Paul B. son<strong>der</strong>n einen jeden, <strong>der</strong> betrügt. Er mag sich entwickelt haben,<br />

aber diese Entwicklung wird zum Stillstand kommen.<br />

Fragesteller 7: Meister, wie konnte er Ihn betrügen?<br />

Meister: Nun, seht ihr, das ist es, was ich sage: ich habe mit Betrug überhaupt nichts<br />

zu tun.<br />

Fragesteller 7: Ich meine, könnte er von dieser Schuld wie<strong>der</strong> frei werden? Ich meine,<br />

wenn er...<br />

Meister: Ich sage euch, ein Mensch, <strong>der</strong> zum Meister geht, mag ihn verlassen, aber<br />

<strong>der</strong> Meister wird ihn nicht verlassen, seht ihr. Das habe ich euch gesagt. Nun, ich will<br />

euch ein Beispiel geben. Walter Kirel wurde in Kalifornien initiiert - vielleicht habt ihr<br />

von ihm gehört. Er war ein sehr guter Mensch. Und er erkrankte. Er war initiiert und<br />

machte auch gute Fortschritte auf dem Weg, seht ihr. Und seine Gesundheit ließ<br />

nach. Und die Ärzte rieten ihm, Fleisch zu essen usw. Er schrieb mir: „Meine Ärzte<br />

haben mir dazu geraten, es tut mir leid." Ich erklärte ihm alles in allen Einzelheiten,<br />

aber er sagte trotzdem: „Es tut mir leid, ich muß mich mehr um meine Gesundheit<br />

kümmern, sie geben mir das, damit ich gesund werde - ich kann nicht an<strong>der</strong>s." Ich<br />

schrieb ihm: „Nun gut, wenn du so denkst, dann mach weiter. Wenn immer du fühlst<br />

... wann du auch kommst, werde ich dich mit offenen Armen empfangen - an <strong>der</strong><br />

immerwährenden Quelle."<br />

Als ich hierher kam, war er sehr krank und lag in einer Klinik. Ich kam nach Santa<br />

Barbara. Man hatte mir schon ein paar Tage vorher von ihm berichtet. Er war sehr<br />

krank und sollte ein o<strong>der</strong> zwei Monate im Krankenhaus bleiben, dann nach Hause<br />

gehen und erneut ins Krankenhaus aufgenommen werden. Er wurde dort von einer<br />

Frau namens Violet Gilbert betreut. Er sagte zu ihr: "Ich war nicht ehrlich zum<br />

Meister, ich habe falsch gehandelt. Gibt es Hoffnung für mich?" Und wie hat sie ihm<br />

geantwortet?: "Schau, <strong>der</strong> Meister ist in dir. Wende ihm einfach dein Gesicht zu, und<br />

er wird dir helfen."<br />

Als ich Santa Barbara erreichte, lag er im Sterben. Sie (Violet Gilbert) bat mich, ihn zu<br />

besuchen. Ich ging zu ihm. Sie sagte: "Er ist sehr krank; und er hat bereut." Ich liebe<br />

ihn noch immer. Ich ging zu ihm, seht ihr. Als ich zu ihm ging und man ihm sagte:<br />

"Der Meister ist gekommen", öffnete er die Augen, er faltet die Hände.<br />

"Nun, Walter Kirel, ich liebe dich noch", sagte ich zu ihm, "ich liebe dich noch, habe<br />

keine Angst." Und er weinte, seht ihr. „Alles ist in Ordnung." Dann fragte er mich:<br />

"Was soll ich tun?" "Schau, alles ist gut, was geschehen ist, ist geschehen. Vergib,<br />

Vergiß! Und schließe einfach deine Augen." Seht ihr, ich schloß seine Augen. "Und<br />

nun schaue nach innen." Er hatte verloren, was er erhalten hatte, seht ihr. Ich glaube,<br />

er war etwa ein Jahr ohne Erfahrung gewesen. Dann sah er wie<strong>der</strong>. "Was siehst du?"<br />

30


Er sagte: „Licht!" „Noch etwas?" "Der Meister ist da!" „In Ordnung, mach weiter, geh<br />

schnell hinüber." Versteht ihr?<br />

Seine Frau war bei ihm, sie war nicht initiiert. Sie bat mich: "Bitte könnt Ihr …" Ich<br />

sagte zu ihr: "Stören Sie ihn bitte nicht, lassen Sie ihn in Frieden gehen." Und sie<br />

entgegnete: "Ja, gut, aber ich würde mich freuen, wenn er mich zum Abschied noch<br />

einmal anschaut.“ Nun, er hörte das und öffnete die Augen. Dann sagte ich: "Nicht -<br />

bitte stören Sie ihn nicht!"<br />

Damit will ich sagen: <strong>der</strong> Meister vergibt immer. Versteht ihr? Welchen Betrug kann<br />

es da geben?<br />

Mansur kam an den Marterpfahl. <strong>Die</strong> Menschen, die ihn retten wollten, waren da. <strong>Die</strong><br />

an<strong>der</strong>en wollten ihn an den Marterpfahl bringen. Und als er zum Marterpfahl geführt<br />

wurde, folgten ihm jene, die ihn liebten und das Äußerste versucht hatten, um ihn zu<br />

retten. „Nun, Meister, werdet Ihr für uns beten?" "Gut, es soll euch eine Segnung<br />

gewährt werden." Dann fragten sie ihn: „Was ist mit jenen, die dabei sind, Euch an<br />

den Marterpfahl zu bringen?" „Für sie erbitte ich zwei Segnungen." (Der Meister lacht<br />

in sich hinein.) Versteht ihr? Der Meister ist nicht nachtragend, nicht im Geringsten.<br />

Das ist Gnade, wie Hafiz sagt: „Schließlich erkennen wir, daß <strong>der</strong> Meister Vergebung<br />

ist." (Der Meister schmunzelt.) Versteht ihr?<br />

Fragesteller 6: Wenn <strong>der</strong> Meister, hm … sagt, man solle kein Fleisch essen …<br />

Meister: Ja?<br />

Fragesteller 6: … <strong>der</strong> Ergebene soll kein Fleisch essen, weil er den Meister liebt, weil<br />

<strong>der</strong> Meister sagt, er soll das nicht tun. Aber wenn seine Liebe zum Meister groß genug<br />

ist, wird er gehorchen - er liebt den Meister so sehr, daß ihm die Worte des Meisters<br />

alles bedeuten - nicht bloß, weil <strong>der</strong> Meister sagt, er soll es nicht tun.<br />

Meister: Natürlich, gewiß. Nein, seht ihr, ihr befolgt einfach den Willen des Meisters.<br />

Er (<strong>der</strong> Ergebene) braucht keine Befehle Er erkennt, was <strong>der</strong> Meister will, und er lebt<br />

danach, ohne daß man ihm etwas sagen muß. Nur dann entsteht wahre Schülerschaft,<br />

versteht ihr?<br />

Offen gesagt, ich erkannte, daß die Menschen, die zu meinem Meister (Baba Sawan<br />

Singh Ji) gingen, seine Liebe nicht würdigten - sie alle. Alles, was ich hatte und was<br />

ich habe, erlangte ich durch seine Gnade - aber dennoch fühle ich, daß ich seiner<br />

Gnade nicht gerecht geworden bin, auf die Weise, wie ich das hätte tun sollen. Er<br />

sagte mir immer: "Schau her, du mußt das Werk weiterführen" - zu seinen Lebzeiten.<br />

Ich fragte mich, wie ich das tun könne. Wie? Er befahl mir, dieses Werk weiterzuführen.<br />

Ich empfing alle Liebe; ich habe ihn niemals um irgend etwas gebeten.<br />

Ich sah, daß er in mir war und auf jeden Gedanken achtete, <strong>der</strong> in mir auftauchte -<br />

und selbst auf die Richtung, in die sie gingen - versteht ihr, in welche Richtung sie<br />

führten. Und trotz all dem fühle ich - nun, die Gnade und Liebe seines Meisters kann<br />

man nicht vergelten, nicht wahr? In Hun<strong>der</strong>ten von Geburten kann man dem nicht<br />

gerecht werden, kann man sie nicht zurückgeben. Denkt nur einen Moment nach:<br />

nach langen Bußübungen erhaltet ihr etwas Licht. Und je<strong>der</strong> <strong>der</strong> (zum Meister)<br />

kommt, erhält es (das Licht) am allerersten Tag, Welch größere Gnade kann einem<br />

zuteil werden? Er (<strong>der</strong> Meister) sagt: "Ich bin ein Mensch wie ihr." Wenn ihr nach<br />

innen geht, findet ihr es (Naam). Und heute erhalten wir die Initiation - heute.<br />

31


Kommentar J: Manche sahen den Meister (im Innern) und er sprach mit ihnen.<br />

Meister: Seht ihr, er sprach mit ihnen. Einer sah auch Christus. Einer an<strong>der</strong>er hörte<br />

ihn sprechen. Beide im Innern. Ist das nicht etwas Großes? Was kann man mehr ...<br />

könnt ihr das jemals auf irgendeine Weise erträumen? Erlebt es! Ja, es ist dort, ihr<br />

werdet es (in euch) finden. Und das geschieht alles durch die Gnade Gottes. Doch alle<br />

Ehre gebührt meinem Meister.<br />

Nun, das ist alles, was <strong>der</strong> Meister vom Schüler verlangt - nach dem zu leben, was er<br />

sagt - den Übungen regelmäßig Zeit zu widmen. Das rettet euch das Leben, verzeiht,<br />

und er ist überglücklich darüber. Ihr erhaltet seinen Segen und seine Freude<br />

umsonst. Ihr erledigt eure Arbeit, seht ihr - und er freut sich immer mehr über euch<br />

und er erwartet nichts als Gegenleistung. Der Schüler legt alles vor ihm nie<strong>der</strong> - er ist<br />

<strong>der</strong> Ansicht, daß er (<strong>der</strong> Meister) es weiß. Der Vater ist immer darauf bedacht, daß<br />

seine Kin<strong>der</strong> auf eigenen Beinen stehen, versteht ihr? <strong>Die</strong> Liebe des Meisters ist<br />

größer als die von Hun<strong>der</strong>ten von Vätern und Müttern zusammengenommen, selbst<br />

äußerlich, physisch, sage ich euch. <strong>Die</strong> innere Gnade und Hilfe - man kann sie nicht<br />

ermessen; die äußere Liebe habt ihr erhalten.<br />

Fragesteller 1: Seid Ihr in diesem Fall nicht ein wenig froh darüber, uns wie<strong>der</strong> zu<br />

verlassen - o<strong>der</strong> nicht?<br />

Meister: Nun, schaut - ihr habt recht. Was hat Christus gesagt? "Laßt alles zurück..."<br />

Schaut auf die Meister. Ich habe die Leben von über dreihun<strong>der</strong>t Meistern studiert -<br />

das Leben <strong>der</strong> Lehrer, von dreihun<strong>der</strong>t aus verschiedenen Län<strong>der</strong>n. Nun, was sagte<br />

Christus? Er sagte: "Ich habe so viele Schafe, nach denen ich sehen muß." Das<br />

bedeutet nun nicht, daß er all seine Liebe verliert, versteht ihr? (Er schmunzelt.) Sie<br />

sind... sie sind eure Brü<strong>der</strong>! Sie weinen und rufen laut - sie müssen auf den Weg<br />

gestellt werden - überall.<br />

Schaut, das schrieb mir jemand aus Indien: er verwies auf das Leben Buddhas. Als<br />

Buddha die Erleuchtung erfahren hatte, kehrte er in sein Heimatland und in seine<br />

Heimatstadt zurück und hielt eine Rede. Und auch seine Frau hörte die Rede. Als er<br />

diese Rede beendet hatte, erhob sich seine Frau und sagte zu den Leuten: "Seht, ihr<br />

habt nun alles gehört, das einzige Ziel, <strong>der</strong> einzige Gewinn und das Einundalles<br />

meines Lebens." Buddha hatte sich zum Buddha gewandelt, er war ein Ehemann<br />

gewesen und besaß nun die Erleuchtung: "Das habe ich um euretwillen geopfert."<br />

Was wollte er, <strong>der</strong> Mann (aus Indien), <strong>der</strong> mir diesen Brief schrieb, damit sagen? Er<br />

wollte sagen, daß ich um eurer Liebe willen "zu euch gehöre", daß sie (die Menschen<br />

in Indien) mich um <strong>der</strong> Liebe Amerikas willen zu euch gehen lassen - seht ihr?<br />

Fragesteller 1: Meister, ich glaube, in Euren Radio-Interviews wurde ein Punkt nicht<br />

genügend klargemacht: daß das große Werk, daß Ihr hier vollbringt, die Schaffung<br />

einer Bru<strong>der</strong>schaft aller Religionen ist, daß Ihr sie uns zum Geschenk macht. Und daß<br />

Ihr Indien und Amerika auf eine Weise verbindet, wie es alle Diplomatie nicht<br />

vermocht hat.<br />

Meister: Das ist ...<br />

Fragesteller 1: Bei diesen Radiosendungen sollte deutlich gemacht werden, daß Ihr<br />

hier seid, um die Religionen <strong>der</strong> Welt zusammenzubringen. Nach meiner Meinung<br />

geschah das nur ungenügend.<br />

32


Meister: Dazu muß ich sagen, meine Vorträge haben das deutlich zum Ausdruck<br />

gebracht - denken Sie nicht?<br />

Fragesteller 1: Ja, ich...<br />

Meister: Ich sehe, daß alle Menschen gleich sind - es gibt keinen Osten o<strong>der</strong> Westen.<br />

Ihr seid Menschen, das größte Studium des Menschen, nicht wahr? Gestern o<strong>der</strong><br />

vorgestern abend sprach ich darüber, daß das größte Studium des Menschen <strong>der</strong><br />

Mensch und nichts an<strong>der</strong>es ist. Das höchste Wissensgebiet, das <strong>der</strong> Mensch zu<br />

erforschen hat, ist <strong>der</strong> Mensch selbst: Wer sind wir? Was sind wir? Seht ihr, wenn ihr<br />

nur den Menschen erforschen würdet - all die Bücher all die Religionen wurden nur<br />

für den Menschen erschaffen. Groß ist <strong>der</strong> Mensch: er schuf all die Schriften, und er<br />

schuf all die Erfindungen. Seht ihr, daß ist ein Buch, das niemals zu Ende geschrieben<br />

werden kann. Es geht immer weiter. Wie es Walt Whitman ausgedrückt hat, ist er<br />

stumm geworden, als er sagen wollte, was ein Mensch ist. Seht ihr, wie groß ist <strong>der</strong><br />

Mensch! Wenn wir diesen Weg gehen, wird alles in Ordnung sein.<br />

Als die Englän<strong>der</strong> in Indien waren, stand ich im <strong>Die</strong>nst <strong>der</strong> Regierung. Ich hielt öfter<br />

Ansprachen. Sie wurden von Menschen aller Religionen, von Mohammedanern,<br />

Hindus usw. besucht. Und man erstattete Anzeige gegen mich, daß ich da, nun, keine<br />

sehr gute Arbeit täte - das sei eben gegen die Regierung gerichtet. Deswegen wurde<br />

Anzeige erstattet, seht ihr? (Der Meister lächelt.) Und eines Tages schickte <strong>der</strong><br />

Direktor des C.I.D. 2 - nun, wie nennt man hier die C.I.D-Leute?<br />

Kommentar J: FBI 3<br />

Meister: Der Direktor vom FBI des Pandschab ließ mich ganz plötzlich zu sich<br />

kommen. Ich war in seinem Büro. "Nun, ich habe kein Verbrechen begangen, warum<br />

läßt er mich rufen?" Seht ihr. Zuerst dachte ich, ich solle nicht hingehen. Dann<br />

überlegte ich: "Nun, er hat das Recht dazu - er kann mich zu sich rufen, so o<strong>der</strong> so."<br />

Nun gut, ich ging mit. Und was geschah? Man erklärte mir, was gegen mich vorlag,<br />

und dann nahm ich Stellung dazu. Und dann hörte er meine Ansprachen, nur in<br />

einem an<strong>der</strong>en Gewand, seht ihr.<br />

Kommentar 3: In zivilem Gewand.<br />

Meister: Und die Anzeige lautete: "Er vereint einfach die Menschen miteinan<strong>der</strong>. Und<br />

genau das richtet sich gegen die Regierung." Seht ihr, deswegen wurde ich angezeigt.<br />

Als er (<strong>der</strong> Direktor) erkannte, was ich wirklich tat, fand er das sehr<br />

anerkennenswert. Wenn immer er mir während seiner weiteren <strong>Die</strong>nstzeit begegnete,<br />

stieg er vom Fahrrad o<strong>der</strong> aus dem Wagen, ging auf mich zu, begrüßte mich und fuhr<br />

dann weiter. So war es seit jeher bei meiner Arbeit.<br />

Es heißt: "Mensch, erkenne dich selbst!" Wisset, daß ihr Menschen seid. Ob ihr<br />

Hindus o<strong>der</strong> Sikhs seid o<strong>der</strong> euch auf diese o<strong>der</strong> jene Weise äußerlich unterscheidet -<br />

das macht keinen Unterschied. Wir verehren den gleichen Gott. Wir verehren ihn auf<br />

die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weise, aber die wahre Verehrung ist die im Geiste. Ihr müßt<br />

euch erheben. Wenn ihr den Geist erkennt, wo bleiben dann die Unterschiede?<br />

2 C.I.D. = Criminal Investigation Department = Kriminalpolizei in England und im Commonwealth<br />

3 FBI = Fe<strong>der</strong>al Bureau of Investigation = Kriminalpolizei in USA<br />

33


Nirgendwo, Was ich sagen will, bezieht sich auf die Frage von Frau M.: "Wie kann<br />

man diese Arbeit weiterführen?" Nun, indem man sich selbst prüft: was man ist. Lebt<br />

danach, seht ihr? Ihr müßt euch än<strong>der</strong>n. Aus diesem Grund habe ich die Tagebücher<br />

vorgeschrieben. Sie dienen nur diesem Zweck. Ich versichere euch, daß ein Mensch<br />

sich än<strong>der</strong>n kann. Wo ein Wille ist, ist ein Weg, Ich habe gesehen, wie sich selbst die<br />

schlimmsten Menschen än<strong>der</strong>ten, versteht ihr? Wenn sie das konnten, warum könnt<br />

ihr das dann nicht?<br />

Setzt regelmäßig Zeit für die Meditationen, für eure spirituellen Übungen ein. Merzt<br />

einfach alle Unvollkommenheiten in euch aus: führt das Tagebuch! Zeigt durch eure<br />

Handlungen und nicht durch euer Reden, was ihr seid. Das wird an<strong>der</strong>e Menschen<br />

anziehen, seht ihr, sie werden zu euch eilen: "Wie kommt es, daß du dich so verän<strong>der</strong>t<br />

hast?" Ich glaube, daß diese Art <strong>der</strong> Verkündung die wirksamste und dauerhafteste<br />

ist; und sie wird um sich greifen wie eine Feuersbrunst und einen jeden berühren.<br />

Warum nicht? (Der Meister schmunzelt und lacht.) In Philadelphia habe ich den<br />

Ehrwürdigen Vater besucht.<br />

Kommentar 5: Das war ein großer Empfang,<br />

Meister: Waren Sie vielleicht dabei, Frau M.?<br />

Frau M.: Ja.<br />

Meister: Ich besuchte ihn noch ein zweites Mal, am Tag darauf, und er beeindruckte<br />

mich sehr. Ja, ich war bei ihm. Ich habe ihn getroffen und wir haben uns in aller Ausführlichkeit<br />

über das innere Leben unterhalten.<br />

Fragesteller 5: Er hat Euch große Ehre erwiesen.<br />

Meister: Ja, sicher.<br />

Fragesteller &: Um des Meisters willen verspätete er sich um genau zwei Stunden.<br />

Meister: Ja. (Er lächelt.) Nun, ich würde gerne allen Menschen begegnen. Ich schäme<br />

mich nicht.<br />

Fragesteller 2: Hatte er eine innere Erfahrung - <strong>der</strong> Ehrwürdige Vater?<br />

Meister: Ja, ihm wurde äußere Arbeit übertragen. Er hilft den Armen und macht es<br />

ihnen möglich, auf eigenen Beinen zu stehen. Das ist das eine, wie ich glaube. Er<br />

bringt die Menschen dazu, sich zusammenzusetzen, und alle bekommen ... zwei- o<strong>der</strong><br />

dreihun<strong>der</strong>t Menschen nehmen täglich ihr Essen bei ihm ein. Wenn ein Armer zu ihm<br />

geht, gibt er ihm Geld, damit er auf eigenen Beinen stehen kann. Ich glaube, das ist<br />

ein guter <strong>Die</strong>nst an <strong>der</strong> Menschheit. Wir müssen die Fähigkeiten eines Menschen<br />

einfach anerkennen, versteht ihr? Wenn er von zehn (Fähigkeiten), sagen wir, nur<br />

fünf hat, schätzt ihn eben für diese fünf.<br />

Fragesteller 2: Aber er hatte keine innere Erfahrung - o<strong>der</strong>? Wißt Ihr das?<br />

Meister: Nun, ich glaube nicht - aber jedenfalls bringt er die Menschen einfach dazu,<br />

sich zusammenzusetzen, und er gibt - er hilft den Armen, und das muß man<br />

zumindest anerkennen. Aber ich sage euch, wenn jene, die eine lebendige Erfahrung<br />

34


erhalten haben, ihr äußeres Leben nicht än<strong>der</strong>n und Zeit für Schlechtes einsetzen,<br />

dann ist das … ich wende mich an euch alle, versteht bitte. Ich schließe auch mich<br />

selbst ein. Ich sage euch, wir müssen uns än<strong>der</strong>n! Wenn wir früher gelogen haben,<br />

sollten wir nicht länger lügen. Wenn wir von an<strong>der</strong>en schlecht denken, dürfen wir<br />

nicht mehr schlecht denken. Seht ihr, wir müssen nach dem leben - wie soll ich<br />

sagen? - (das ausmerzen) was an<strong>der</strong>e an uns kritisieren.<br />

Nun, es war 1928, ich war gerade vor vier Jahren auf <strong>der</strong> physischen Ebene initiiert<br />

worden, als <strong>der</strong> Meister (Baba Sawan Singh) unser Dorf besuchte. Überall gibt es<br />

Fanatismus und Engstirnigkeit, seht ihr. Alle Dorfbewohner versammelten sich im<br />

Sikh-Tempel und erklärten, daß wir (die den Lehren Baba Sawan Singhs folgten) in<br />

die Irre gehen, dies und jenes. Sie ließen mich holen. Ich ging zu ihnen. Mehrere<br />

hun<strong>der</strong>t Menschen hatten sich versammelt, und sie wollten etwas über … über die<br />

Lehren <strong>der</strong> Sikh-Meister wissen. Ich sagte zu ihnen - ich hielt ihnen einen Vortrag.<br />

Nun, danach ging ich wie<strong>der</strong>. Was war geschehen? Aus Fanatismus hatte ein Mann<br />

geschworen, er werde mich noch vor seiner nächsten Mahlzeit töten. Man sagte es<br />

mir. "Nun gut, ich werde gehen, wohin ich will, soll er mich töten." <strong>Die</strong>sen Abend<br />

machte ich verschiedene Besuche. Auf dem Weg begegnete mir dieser Mann zweio<strong>der</strong><br />

dreimal, aber er wagte es nicht, mir etwas anzutun. Seht ihr, er wagte es nicht.<br />

Ich grüßte ihn. Doch ich sagte ihm nichts von dem, was ich wußte. Später kam er nach<br />

Lahore. Ich traf ihn auf <strong>der</strong> Straße und grüßte ihn: "Nun, wie geht es dir?" Ich packte<br />

ihn einfach: "Nun, mach schon, gehen wir zu mir nach Hause", und ich lud ihn zum<br />

Essen ein. Er aß bei uns daheim. Er begann zu weinen und erzählte mir: "Nun, ich<br />

war <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> geschworen hatte, Euch zu töten; und Ihr seid <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> mich<br />

bei sich zu Hause bewirtet." Seht ihr? Auf diese Weise - so sollen wir uns verhalten.<br />

Blut kann nicht mit Blut weggewaschen werden - durch Blutvergießen. Es wird durch<br />

Wasser weggewaschen. Durch das Wasser <strong>der</strong> Liebe. All diese<br />

Meinungsverschiedenheiten und die Mißachtung - sie können durch Liebe<br />

weggewaschen werden. Darum heißt es: "Liebet und alles an<strong>der</strong>e wird euch zufallen."<br />

Wir müssen nach dem leben, was die heiligen Schriften sagen! Das allein wird alle<br />

ansprechen. Nun, die Wahrheit ist überall: wo ist sie nicht? - Sagt es mir? <strong>Die</strong> Bibel<br />

berichtet uns von <strong>der</strong> Wahrheit, die Veden verkünden sie, die Upanischaden geben sie<br />

uns wie<strong>der</strong>, die Lehren <strong>der</strong> Sikh-Meister - Kabir - ob sie uns nun mehr o<strong>der</strong> auch<br />

weniger verkünden: das ist eine an<strong>der</strong>e Sache. Aber sie berichten uns zumindest von<br />

<strong>der</strong> Wahrheit. Alle bekennen sich zu ihr, aber wenn wir nicht danach leben, was sie ...<br />

Ich sage euch: wenn Christus käme und diese Christen sähe, würde er sagen: "Das<br />

sind nicht meine Jünger!" Wenn Mohammed am heutigen Tag käme und den<br />

Zustand <strong>der</strong> Mohammedaner sähe, würde er sagen: "Das sind nicht meine<br />

Anhänger!" Wir leben nicht nach dem, was sie sagten. Es genügt nicht, einfach zu<br />

behaupten: "Ich bin ein Anhänger des Propheten Mohammed o<strong>der</strong> von Christus o<strong>der</strong><br />

ich glaube an die Bibel o<strong>der</strong> an den Koran o<strong>der</strong> an irgendeine an<strong>der</strong>e heilige Schrift."<br />

Unsere Taten müssen es beweisen. Daran fehlt es uns, seht ihr? Das ist das Wichtigste<br />

im Leben. Wir sagen einfach etwas und leben nicht nach dem, was die Schriften<br />

sagen. <strong>Die</strong> Schriften sagen: "Liebt alle" - versteht ihr? "Liebet eure Feinde" - versteht<br />

ihr?<br />

Fragesteller 5: Meister, habt Ihr die Lehren o<strong>der</strong> Prophezeiungen von Nostradamus<br />

studiert o<strong>der</strong> seid Ihr mit ihnen vertraut?<br />

Meister: Wer?<br />

35


Fragesteller 5: Nostradamus.<br />

Meister: Nein.<br />

Fragesteller: Der katholische Mönch, <strong>der</strong> vieles hun<strong>der</strong>t Jahre im Voraus prophezeit<br />

hat, und es ist immer eingetroffen.<br />

Meister: Ich sage euch, es gibt viele an<strong>der</strong>e, die auch prophezeit haben. Viele - ob im<br />

Westen o<strong>der</strong> im Osten. Es gibt noch an<strong>der</strong>e, die prophezeiten. Was ich meine, ist dies:<br />

sie mögen prophezeit haben - aber ihr habt nun euren Meister, <strong>der</strong> bei euch ist. Wie<br />

steht es mit dem: "Än<strong>der</strong>t euch"? Versteht ihr? Das ist wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beginn des<br />

goldenen Zeitalters, versteht ihr?<br />

Was hat es für einen Zweck, einem Meister zu begegnen, wenn euer Leben dasselbe<br />

ist wie zuvor? Wie kann das an<strong>der</strong>e ansprechen? Daß ihr einen Meister habt - auf dem<br />

Weg seid? Nur euer Leben wird es beweisen. Nicht wahr? <strong>Die</strong> wahre Lebensweise<br />

wird es zeigen. Sie wissen nicht, wie weit ihr nach innen geht, den Körper verlaßt o<strong>der</strong><br />

nicht - sie sehen, wie ihr euch verhaltet! Wie ihr lebt! Versteht ihr? Und sie werden<br />

denken: "So verhält er sich."<br />

Bemerkung von 3: Hier ist ein kurzer Brief von einem armen Mann aus Buffalo, New<br />

York. Und er schreibt: "Lieber Herr Khanna, bitte lassen Sie mich wissen, was es<br />

kostet, Seine Heiligkeit, den großen Meister, hierher nach Buffalo zu einem Vortrag<br />

einzuladen. Das kann eingerichtet werden. Ich habe das bisher nicht geschrieben,<br />

weil ich mir um die Finanzierung eines Geschäfts Sorgen gemacht habe. Bitte geben<br />

Sie mir Bescheid." Er hat gehört, daß <strong>der</strong> große Meister nach Amerika gekommen ist.<br />

Und er sagt, er würde ihn gerne in Buffalo, im Staat New York, begrüßen, wenn er von<br />

Sankt Petersburg zurückkommt.<br />

Meister: Wie weit ist das von New York entfernt? Kennen Sie diesen Mann?<br />

Antwort von 3: Ich kenne ihn nicht.<br />

Meister: Nun, laßt ihn kommen und sehen - laßt ihn kommen - er kann ganz allein<br />

zuhören - man muß alles erst einmal anschauen, nicht wahr?<br />

Bemerkung von 3: Es gibt noch viele Orte, wo die Menschen nach Euch verlangen,<br />

doch wir konnten dort nichts organisieren - das wäre nur möglich, wenn jemand<br />

dorthin ginge und mit ihnen redet ...<br />

Meister: Organisiert das nun in <strong>der</strong> Zwischenzeit: wir haben fünf o<strong>der</strong> sechs Monate<br />

o<strong>der</strong> vielleicht auch ein Jahr (<strong>der</strong> Meister lächelt). Es bleiben uns noch ein Jahr o<strong>der</strong><br />

sechs Monate - also organisiert das. Und ich denke, daß noch an<strong>der</strong>e Dinge erledigt<br />

werden müssen.<br />

Bemerkung von 3: Aber ich glaube, wenn es nicht zuviel verlangt ist, könnte <strong>der</strong><br />

Meister wenigstens vom 20. bis 25. o<strong>der</strong> 26. hier in Washington bleiben und dann<br />

nach Boston reisen. Das wird uns etwas...<br />

Fragesteller 2: Sicher. Das ist eine gute Idee.<br />

36


Bemerkung von 3: Der Meister war in Washington. <strong>Die</strong> Leute dort waren gesegneter<br />

als an<strong>der</strong>e, nicht? Sie waren gesegneter. Je<strong>der</strong> wird versuchen, zu kommen, um<br />

morgens und abends seine Ansprachen zu hören, und das wird ihnen größere<br />

Ermutigung geben.<br />

Meister: Ich glaube, das ist richtig. Seht ihr, was ich sagen will ist folgendes: verdaut<br />

das, was ihr gehört habt. Bloßes Zuhören genügt nicht. Zuhören ist gut - aber wenn<br />

ihr nicht danach lebt - das ist <strong>der</strong> springende Punkt! Eine Unze Praxis ist mehr wert<br />

als Tonnen von Theorien. Ihr habt gute Nahrung zum Nachdenken erhalten. Doch ihr<br />

habt nicht nur diese Gedanken, son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong> von euch hat etwas Praktisches<br />

erhalten. Zieht nun den besten Nutzen daraus. Setzt dafür (für die Meditation) bitte<br />

mehr Zeit ein.<br />

Fragesteller 1: Meister, habt Ihr nicht gesagt, daß Ihr jetzt schon plant, mindestens<br />

ein Jahr hier zu bleiben, wenn Ihr wie<strong>der</strong>kommt?<br />

Meister: Nun, das hängt ab von ... von ...<br />

Bemerkung von 3: <strong>Die</strong> Liebe Gottes führt die Ergebenen zu Ihm. Wie kann Er uns<br />

verlassen?<br />

Meister: Das ist richtig. (Der Meister wendet sich an eine Frau:) Oh, du bist<br />

gekommen?<br />

Fragesteller 3: Ja, sie reist mit uns, doch Alice C. -<br />

Meister: Alice C. - hat sie ihre Absicht geän<strong>der</strong>t?<br />

Fragesteller 3: Nein, nein, nein...<br />

Fragesteller 8: Nein, ich habe nicht...<br />

Meister: Ja, was ist? Sprich doch! (Der Meister schmunzelt.)<br />

Fragesteller 8: Das ist Annie B.<br />

Meister: Ja, ja, ja ...<br />

Fragesteller 3: Setzten Sie sich bitte.<br />

Meister: Seht ihr, ich möchte, daß ihr euch liebt. Haltet gute Beziehungen<br />

untereinan<strong>der</strong> aufrecht. Liebt einen jeden - einfach aus <strong>der</strong> Liebe Gottes heraus.<br />

Führt ein keusches, reines Leben - ein ethisches Leben - und setzt regelmäßig Zeit für<br />

die spirituellen Übungen ein. Beweist durch eure Handlungen, durch euer Leben,<br />

durch eine wahre Lebensweise, daß ihr etwas erhalten habt. Ich verkünde euch nur<br />

jene Wahrheit, von <strong>der</strong> alle heiligen Schriften sprechen, versteht ihr? Ich sage nichts<br />

Neues. Es liegt nun an euch, danach zu leben - versteht ihr? Nur die Nahrung verleiht<br />

Kraft, die gut verdaut wird. Wenn sie nicht verdaut wird, bringt sie natürlich nur<br />

Krankheiten hervor. Ein wahres Leben ist also höher als alles an<strong>der</strong>e. Vorgestern<br />

sprach ich um 11 Uhr 30 über das Radio, und <strong>der</strong> Sprecher fragte mich: "Wie können<br />

wir unsere Kin<strong>der</strong> än<strong>der</strong>n?" Ich sagte ihm: "Wer seine Kin<strong>der</strong> än<strong>der</strong>n will, <strong>der</strong> muß<br />

37


sich zuerst selbst än<strong>der</strong>n, er muß ein Beispiel geben. Kin<strong>der</strong> ahmen einfach ihre<br />

Eltern nach und tun das, was sie tun."<br />

Fragesteller 5: Meister, möchtet Ihr eine Bootfahrt machen?<br />

Meister: Hmmmmm?<br />

Fragesteller 5: Möchtet Ihr eine Bootfahrt machen?<br />

Meister: Was?<br />

Fragesteller 5 : Eine Bootfahrt - mit einem Segelboot.<br />

Meister: Nun, ich habe genug gesehen, versteht ihr? Ich habe soviel von <strong>der</strong> Welt<br />

gesehen. Der Schöpfer ist schöner als die ganze Schöpfung, seht ihr?<br />

Fragesteller 3: Wir werden von <strong>der</strong> Liebe Gottes überflutet, nicht wahr? (Lachen.)<br />

Meister: Das weiß ich. (Er lächelt.)<br />

Fragesteller 6: Meister, wenn Ihr im Süden seid ... wenn Ihr im Süden seid, solltet Ihr<br />

auf <strong>der</strong> Hin- o<strong>der</strong> Rückfahrt nach St. Petersburg an <strong>der</strong> Duke Universität Halt<br />

machen. Dort arbeitet ein Dr. Rhine, <strong>der</strong> Parapsychologie unterrichtet und all diese<br />

Dinge untersucht - er führt große Experimente über den okkulten und spirituellen<br />

Bereich des Lebens durch. Und ich glaube, daß es für euch beide von großem<br />

Interesse wäre, wenn Ihr dorthin kämt. Er ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit<br />

in Amerika.<br />

Meister: Tatsächlich? Aber wir - die Sache ist die, schau her, zu dieser Zeit um elf Uhr<br />

nachts kann man nichts mehr vereinbaren. Daran hätte man schon vor ein paar<br />

Tagen denken sollen, meine ich. Ich hätte zugestimmt, ich wäre einfach - wir hätten<br />

einen Zeitpunkt festlegen, eine Übereinkunft treffen können. Nun reise ich nach St,<br />

Petersburg. Weißt du, wie weit sie (die Duke Universität) von Sankt Petersburg<br />

entfernt ist?<br />

Fragesteller 6: Vielleicht - sie ist - sie liegt in North Carolina auf dem Weg nach St.<br />

Petersburg,<br />

Meister: Dahin fliege ich mit dem Flugzeug. Doch wenn es ihm nicht zu weit ist, kann<br />

er ja herkommen, wenn er will. Wie weit könnte ich ihm entgegengehen? Aber diese<br />

Dinge sollten … ich sollte nicht warten müssen und alles sollte geregelt sein. Das hätte<br />

alles vorher geregelt werden sollen. Nicht wahr? Das wäre bequem und würde auch<br />

Zeit sparen. Ich würde ihn gerne treffen, ganz ohne jeden Zweifel. Ich habe auch den<br />

Ehrwürdigen Vater besucht - was will man mehr? (Allgemeines Gelächter.)<br />

Fragesteller 6: Könnte es nicht ermöglicht werden, daß Ihr im Rahmen Eurer Reise<br />

einen Vortrag an <strong>der</strong> Amerikanischen Universität haltet? Es gibt dort ein<br />

hervorragendes Institut für Vergleichende Religionswissenschaft und das Semester<br />

hat eben begonnen.<br />

Meister: Kannst du das arrangieren?<br />

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Fragesteller 6: Ich weiß nicht, wen ich da anrufen muß.<br />

Meister: Nun, schaut, ich habe auch an <strong>der</strong> Louisville Universität einen Vortrag<br />

gehalten. Ich habe dort gesprochen. Und ein gewisser Dr. Brodsky war <strong>der</strong><br />

verantwortliche Professor für Vergleichende Religionswissenschaft. Ich hielt einen<br />

Vortrag und danach stellte er mich seinen Studenten <strong>der</strong> Vergleichenden<br />

Religionswissenschaften vor. Sie stellten mir verschiedene <strong>Fragen</strong> - eine, zwei drei,<br />

vier. Ich antwortete ihnen. Dann fragte sie Dr. Brodsky, ob sie noch <strong>Fragen</strong> hätten.<br />

Niemand rührte sich, sie waren alle ganz still. Was sagte er dann? Er sagte: "Seht,<br />

Buddha ist gekommen - alles ist nun Nirwana." Versteht ihr?<br />

Nun, solche Dinge müssen vorher festgelegt werden. Das ist eine gute Idee. Seht ihr,<br />

ich möchte gerne jeden treffen, selbst Fremde. Ich wußte nichts über den<br />

Ehrwürdigen Vater, ich ging zu ihm, um ihn kennenzulernen. Und auch er ging<br />

wun<strong>der</strong>bar darauf ein: er sandte einige Karten, damit sie dort gekauft würden.<br />

Fragesteller 6: Er hat etwa zweiundzwanzig Millionen Anhänger …<br />

Meister: Oh!<br />

Fragesteller 6: … überall auf <strong>der</strong> Welt.<br />

Meister: Ich glaube, dann ist es schon ein beson<strong>der</strong>es Ereignis, daß er uns so<br />

empfangen hat, wie er vielleicht bisher noch niemanden empfangen hat.<br />

Fragesteller 5 : Man hat noch nie gehört, daß er jemandem zwei Stunden gewidmet<br />

hat.<br />

Meister: Ja?<br />

Fragesteller 2: Meister, einer seiner Schüler starb, und er sagte: "Sie gehört nicht zu<br />

mir, weil sie gestorben ist." Er glaubt nicht an den Tod; er glaubt an das ewige Leben<br />

im physischen Körper! Das stand in den Zeitungen.<br />

Meister: Nein - das ist unmöglich, versteht ihr?<br />

Fragesteller 2: Ich glaube das auch nicht, aber so stand es in <strong>der</strong> Zeitung.<br />

Meister: In <strong>der</strong> Zeitung?<br />

Fragesteller 2: Ja, es stand in <strong>der</strong> Zeitung, das, was er sagte, als sie starb.<br />

Meister: Ich glaube, nach dem, was er in seinem <strong>Gespr</strong>äch gesagt hat, würde er<br />

niemals so etwas behaupten. Ich denke, ihr wart an diesem Tag auch dabei. Schließlich<br />

sagt er: ''Nimm mich immer mit dir, usw. dann wird dir kein Mißgeschick<br />

wi<strong>der</strong>fahren, du..." und so weiter und so fort. Nun, das ist eine Art, sich<br />

auszudrücken, versteht Ihr, eine ganz persönliche Art, ich sage das mit allem<br />

gebührenden Respekt. Aber er hat nie gesagt, daß er niemals sterben wird. Schaut,<br />

letztlich muß auch er den Körper verlassen. Jene, die glauben (daß sie nicht sterben)<br />

sollen es beweisen. <strong>Die</strong> Zeit wird es zeigen.<br />

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Fragesteller 3: Meister, er hat keinerlei Ausbildung im üblichen Sinn erhalten. Als<br />

Kind hat er keine Schule besucht.<br />

Meister: Aber zumindest (das zählt), was er in seinem Kopf hat - das, was er tut,<br />

versteht ihr? Was ich sagen will: achtet die guten Seiten eines jedes Menschen,<br />

versteht ihr? Er gibt den Armen zu essen; er gibt den Armen Geld, damit sie auf<br />

eigenen Beinen stehen können. Soweit ist das alles sehr anerkennenswert und ich<br />

achte ihn sehr dafür. Und was das innere Leben betrifft: er sagt, daß er einfach den<br />

Boden bereitet, damit die Menschen zusammensitzen und auch an<strong>der</strong>es gemeinsam<br />

tun können. Er sagt: "Glaubt an Gott, Gott wird euch helfen." Soweit ist das natürlich<br />

auch richtig. Aber was - nun, was diese Dinge betrifft, glaubt er wahrscheinlich, daß<br />

sie (die Spiritualität) nur eine gedankliche Vorstellung ist - eine gedankliche Vorstellung<br />

- und dann schweigt er.<br />

Dann ließ ich dieses Thema (<strong>der</strong> Spiritualität) einfach ganz beiseite. Ich sagte: "Gut,<br />

lassen Sie die Menschen einfach zusammensitzen - wenn sie lernen, wie man<br />

zusammensitzt, wird sich alles an<strong>der</strong>e daraus ergeben." Ich glaube, man muß jeden<br />

für das und das Ausmaß dessen, was er tut, schätzen - anerkennen. Ich sage euch -<br />

niemand ist vollkommen. Achtet ihn einfach um des guten Werkes willen, daß er tut -<br />

achtet jeden dafür - ihr müßt das Gute akzeptieren.<br />

Fragesteller 6: Meister, das Zentrum <strong>der</strong> Vedantisten liegt in …<br />

Meister: Hm?<br />

Fragesteller 6: Das amerikanische Zentrum <strong>der</strong> Vedantisten liegt in Boston.<br />

Meister: Ja!<br />

Fragesteller: Vielleicht könntet Ihr, wenn Ihr Interesse habt...?<br />

Meister: Ich sage dir, vielleicht bereitet er das schon vor; er (<strong>der</strong> Schüler, <strong>der</strong> das<br />

Programm in Boston festlegt) wird alle verständigen. Er sagt, er wird alle anrufen,<br />

wenn es soweit ist.<br />

Ob es überhaupt Vedanta ist, das ist so eine Sache. Seht ihr, zwischen altem und<br />

neuem Vedantismus besteht ein großer Unterschied. <strong>Die</strong> alten Vedantisten haben<br />

ihren Körper durch Mudras analysiert, durch Mudra-Übungen - versteht ihr? Wenn<br />

sie durch Selbsterkenntnis die Verwirklichung erlangt hatten, sagten sie: "Ich bin<br />

Gott." Aber heute sagen sie einfach mit Worten, zu denen sie durch intellektuelles<br />

Ringen gelangt sind: "Wir sind Götter." Das genügt nicht. Das än<strong>der</strong>t nichts, seht ihr?<br />

Bloße Behauptungen nützen nichts. Das heutige Vedanta besteht nur aus<br />

intellektuellem Ringen.<br />

Ihr sagt: "Ich bin König." Ich sage: "Ich bin König", doch ich habe kein Geld. Wenn<br />

ich König werde, könnte ich sagen: "Ich bin ein König geworden." Wenn ich tausend<br />

Dollar besitze, kann ich sagen: "Ich habe tausend Dollar." Wenn ich keinen einzigen<br />

Dollar in <strong>der</strong> Tasche habe und sage: "Komm zu mir, ich gebe dir einen Scheck über<br />

tausend Dollar" - (<strong>der</strong> Meister lacht) unmöglich!<br />

Aber es gibt eine Wahrheit - ich sage es euch. Wir haben sie vergessen. Vedanta<br />

bedeutet ''Das Ziel aller Veden" - allen Wissens; das Wort Vedanta bedeutet: "Ziel<br />

40


allen Wissens" - "Das Höchste aller Erkenntnis“ - daß ihr mit Gott eins seid - sich zu<br />

dieser Verwirklichung zu erheben. Einfach zu behaupten, sich erhoben zu haben,<br />

wenn man sich noch nicht einmal selbst über das Körperbewußtsein erhoben hat,<br />

nun, das ist eine Schande.<br />

Ich will damit sagen, wenn ihr ein Familienvater seid, nun, dann könnt ihr sagen, daß<br />

ihr ein Familienvater seid. Wenn ihr ein Diplom habt und dann sagt: "Gut, ich werde<br />

einfach ein paar Bücher schreiben"- was dann? Das ist es, was heute überall getan<br />

wird. <strong>Die</strong> Lehren sind in Ordnung. Wie viele gibt es, die die Verwirklichung im Leben<br />

erlangt haben? Intellektuelle Behauptungen als "Verwirklichung" geltend zu machen<br />

genügt nicht. Das ist eine Frage <strong>der</strong> Selbstanalyse. Einem indischen <strong>Mission</strong>ar wurde<br />

das Buch "Mensch, erkenne dich selbst" zugeschickt. Seht ihr, er schrieb mir einen<br />

Brief: "Ich habe das Buch gelesen und bewahre es zum Nutzen <strong>der</strong> Menschen in<br />

meiner Bibliothek. Ich halte es für sehr wertvoll.“ Nun, was lehren alle Religionen<br />

letztlich? - Sich selbst zu erkennen - und dieser Erkenntnis geht die praktische<br />

Erfahrung voraus - ihr solltet wirkliche Erkenntnis besitzen - durch Selbstanalyse<br />

(Loslösung, Trennung des Selbst). Das ist es, wozu ihr letztlich gelangen müßt.<br />

Kirpal Sandesh, Heft 4 und 6, 1979-8<br />

<br />

HARMONIE<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Sant Kirpal Singh Ji am 2. Februar 1963<br />

Frage: Könnt Ihr uns sagen, was wir tun sollen, um die Harmonie in all unseren<br />

Gruppen zu för<strong>der</strong>n?<br />

Der Meister: Zunächst sollten wir vergeben und die Vergangenheit vergessen. Das<br />

ist die erste Notwendigkeit. Wie ich euch gestern abend in meiner Rede gesagt habe,<br />

treten viele Mißverständnisse auf, und die Mehrzahl von ihnen kommt daher, daß wir<br />

durch die Ohren an<strong>der</strong>er hören und durch die Augen an<strong>der</strong>er sehen. Nehmt es so hin,<br />

als ob sie euch nichts gesagt hätten; dann wird alles gut sein.<br />

Was immer geschehen ist - falls es überhaupt <strong>der</strong> Wahrheit entspricht - kann nicht<br />

geän<strong>der</strong>t werden. Wir müssen vergessen. Ich sage euch, ein Mensch, <strong>der</strong> vergessen<br />

kann, ist sehr stark. <strong>Die</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Menschen kann nicht vergeben. Vergebung<br />

erfor<strong>der</strong>t ein sehr weites Herz. Und wie können jene, die an<strong>der</strong>en nicht vergeben<br />

wollen, von Gott Vergebung erwarten?<br />

Wir wollen, daß uns verziehen wird. Wir bitten darum, ist es nicht so? Er wird uns<br />

nur vergeben, wenn auch wir an<strong>der</strong>en vergeben. Wenn wir dem Gott im an<strong>der</strong>en<br />

nicht vergeben können, wie kann dann Gott, <strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en gegenwärtig ist, uns<br />

vergeben? Versteht ihr?<br />

Zuallererst müssen wir vergeben: nicht nur vergeben, son<strong>der</strong>n auch vergessen.<br />

Fangt neu an, und glaubt zukünftig nicht, was an<strong>der</strong>e sagen. An<strong>der</strong>e sagen, was sie<br />

gehört o<strong>der</strong> gesehen haben. Wenn ihr etwas nicht selbst gesehen o<strong>der</strong> mit euren<br />

eigenen Ohren gehört habt, dann glaubt es nicht. Wenn euch jemand etwas<br />

41


Ungehöriges sagt, seid euch dessen bewußt, daß ein Mensch verschiedenen<br />

Stimmungen unterworfen ist; wir sind nicht vollkommen. Wenn wir Liebe für an<strong>der</strong>e<br />

haben, verschönt diese Liebe selbst die schlimmsten Dinge. Ihr müßt es von dieser<br />

Ebene aus betrachten Das ist <strong>der</strong> einzige Weg.<br />

<strong>Die</strong>s ist es, was im Hinblick auf die Vergangenheit getan werden sollte. Was die<br />

Zukunft angeht, müßt ihr einen neuen Anfang machen. Viele kleine Dinge sind<br />

bereits in euer Gemüt eingebettet. Wenn an<strong>der</strong>e zuweilen sagen: "O ja, so muß es<br />

sein", seht ihr es durch die rauchgeschwärzten Gläser <strong>der</strong> vielen Dinge, die bereits in<br />

euch liegen.<br />

<strong>Die</strong> wichtigste Sache ist, so würde ich sagen, zu vergeben und zu vergessen. Und<br />

führt gleichzeitig eure Tagebuchblätter. Prüft euer Leben tagtäglich; tragt jede eurer<br />

Schwächen ein und sucht sie auszumerzen. Das ist die äußere Seite. Das an<strong>der</strong>e ist,<br />

regelmäßig Zeit für die Meditationen einzusetzen. Beides zusammen wird sich<br />

wun<strong>der</strong>bar auswirken.<br />

Wenn ihr am Feuer sitzt, wird alle Kälte vertrieben. Wenn ihr mit dem Licht- und<br />

Tonprinzip in Verbindung kommt, werden natürlicherweise alle Schwächen<br />

vergehen. Das ist seine Auswirkung. Einige Schwächen werden durch die<br />

Selbstprüfung ein Ende nehmen, und an<strong>der</strong>e werden aufhören, indem ihr mit <strong>der</strong><br />

Gotteskraft im Innern in Verbindung kommt. Auf diese Weise werdet ihr in <strong>der</strong> Liebe<br />

wachsen. Wenn die Liebe überfließt, wird alles für uns neu, und wir werden auch<br />

einen größeren inneren Fortschritt zu verzeichnen haben.<br />

Etwas, das noch viel bedeutsamer ist als dies alles, ist zu wissen, daß wir für eine<br />

gemeinsame Sache arbeiten. Wie ich euch gestern abend gesagt habe, wurden wir in<br />

eine Beziehung zueinan<strong>der</strong> gebracht, die niemals zerbrechen kann o<strong>der</strong> enden wird,<br />

selbst nach dem Tod nicht. Wir sind dankbar, daß wir den menschlichen Körper<br />

haben; wir sind dankbar, eine Erfahrung zu haben, um damit auf dem Weg zu<br />

beginnen; und wir sind noch dankbarer, daß wir auf eine Weise miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden worden sind, die nie zerbrochen werden kann. Wenn irgend jemand, <strong>der</strong><br />

mit euch verwandt ist - zum Beispiel euer Kind - euch ins Gesicht schlägt, was würdet<br />

ihr tun? Würdet ihr es töten? Ihr würdet einfach sagen: "Nun gut, es ist unwissend“,<br />

das ist alles."<br />

Wenn sich je<strong>der</strong> sehr einsetzt, dann ist es um so besser, wenn alle für die eine<br />

gemeinsame Sache arbeiten, die vor uns liegt. Je mehr je<strong>der</strong> einzelne tut, um so mehr<br />

wird er von an<strong>der</strong>en respektiert. Aber denkt daran, bei allem, was ihr tut, sollte nicht<br />

irgendein egoistisches Gefühl in euch auftauchen, daß ihr an<strong>der</strong>en überlegen seid.<br />

Nehmt das englische Wort "world" (Welt) - w-o-r-l-d. Wenn ihr das "l"<br />

herausnehmt, bleibt "word" (Wort) übrig. Das Wort ist Gott. Wenn ihr euer Ich<br />

ausmerzt - den Gedanken, daß ihr es tut, dann seid ihr Gott. Ihr werdet das<br />

Sprachrohr Gottes. Ich denke, wenn ihr dies für zwei o<strong>der</strong> drei Monate in die Praxis<br />

umsetzt, werdet ihr eine radikale Wandlung feststellen.<br />

Manchmal findet man die Einstellung: "Schon gut, doch ich weiß mehr; ich bin<br />

bedeuten<strong>der</strong>." Wir sind soweit von Bedeutung, als Gott durch uns wirkt. Und wir<br />

arbeiten alle für Ihn. Es ist nicht nötig, mich darum zu kümmern, ob irgend jemand<br />

euch arbeiten sieht o<strong>der</strong> nicht. Seid wahr zu Ihm. Er ist in euch. Ich denke, daß ihr<br />

dies in einer sehr kurzen Zeit selbst sehen könnt. <strong>Die</strong> Liebe in euch wird wachsen.<br />

Wenn ein an<strong>der</strong>er mehr tun kann, o<strong>der</strong> wenn irgend jemand kommt, um euch zu<br />

helfen, um so begünstigter seid ihr. Es gibt da keine Frage von Eigentum o<strong>der</strong><br />

Vorherrschaft. <strong>Die</strong>s sind ganz einfache Dinge, die ihr alle bereits wißt, wie ich denke.<br />

Ich sage euch nichts Neues.<br />

Zuallererst sollten wir vergeben. Wir mögen auf diese o<strong>der</strong> jene Weise Vorurteile<br />

haben: "Der o<strong>der</strong> jener hat mir das erzählt. Er denkt von mir entsprechend." <strong>Die</strong>se<br />

42


voreingenommene Haltung ist bereits in euch, und alles, was sich ereignet, beurteilt<br />

ihr durch diese rauchgeschwärzten Gläser.<br />

Ich denke, dies wird euch von Tag zu Tag fortschreiten lassen. Ihr werdet mehr<br />

Liebe entwickeln. Wir sollten Glauben und Vertrauen zu allen haben, die auf dem<br />

Weg sind. Ihr könnt ebenso Vertrauen zu an<strong>der</strong>en haben, denn es gibt überall gute<br />

Menschen. Aber Gott weiß es - ihr seid dazu ausersehen, gute Menschen zu werden.<br />

Ich erinnere mich an eine Begebenheit zur Zeit des dritten Gurus <strong>der</strong> Sikhs, Guru<br />

Amardas. Ein Initiierter badete sein kleines Kind im Fluß, als jemand zu ihm gelaufen<br />

kam und sagte: "Der Meister fragt nach dir." Was tat er? Er ließ das Kind dort, wo es<br />

war, und lief zum Meister. An<strong>der</strong>e fragten ihn: "Was machst du? Dein Kind wird<br />

ertrinken." Er antwortete: "Oh, mein Bru<strong>der</strong> ist bei ihm."<br />

Wir sollten so ein Vertrauen und diesen Glauben zueinan<strong>der</strong> haben. Wenn wir alle<br />

für dieselbe Sache arbeiten, ist das sehr nötig. Seht die Dinge nicht vom individuellen<br />

Blickpunkt aus. Wir haben sie von dem Blickpunkt aus zu betrachten, <strong>der</strong> uns<br />

vorgegeben wird. Aber dieser kann sich nur entwickeln, wenn wir von keinem<br />

schlecht denken. Selbst wenn das ein an<strong>der</strong>er tut, verletzt es euch nicht. Es wird euch<br />

nur schaden, wenn ihr euch betroffen fühlt.<br />

Es begab sich einmal, daß jemand zu Lord Buddha ging und ihn sehr beschimpfte.<br />

Manchmal kommt solch eine Opposition durch Rivalen und Parteien auf. Er kam am<br />

Abend und fuhr auf diese Weise fort bis in die Nacht hinein. Wenn ein Mensch sich<br />

ärgert, vergißt er alles um sich herum. Es wurde dunkel, und er dachte: "Oh, es wird<br />

dunkel; ich muß wie<strong>der</strong> nach Hause." Als er gehen wollte, sagte Buddha zu ihm: "Nun<br />

gut, lieber Freund …" "Ja, was möchtet Ihr mir sagen?" "Schau, wenn jemand ein<br />

Geschenk bringt und es <strong>der</strong>, dem er es gebracht hat, nicht annimmt, bei wem bleibt<br />

das Geschenk?" "Natürlich bei dem, <strong>der</strong> es gebracht hat." "Nun gut, all die Geschenke,<br />

die du mir gebracht hast, nehme ich nicht an."<br />

<strong>Die</strong>s sind die Lektionen, die wir aus dem Leben großer Menschen lernen können.<br />

Als ich Student war, las ich sehr gerne Biographien. Ihr werdet feststellen, daß wir<br />

von jedem großen Menschen etwas lernen können. Wir müssen nur ihrem Beispiel<br />

folgen.<br />

Ich sage euch, Gott zu erreichen, ist nicht schwierig, aber ein Mensch zu werden, ist<br />

schwer. Wir sind alle auf dem Weg zur Vollendung, einige zehn Prozent, an<strong>der</strong>e<br />

zwanzig Prozent, wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e vierzig Prozent; aber wir sind noch nicht ganz<br />

vollendet. Wir müssen aber vollkommen werden, wie es unser Vater im Himmel ist.<br />

Das ist unser Ziel. Und Gott liebt alle, selbst jene, die Ihn beschimpfen, die nicht an<br />

Ihn glauben. Nicht wahr? Wenn ihr Gott in euch verwirklichen wollt, solltet ihr das<br />

beachten.<br />

Ich denke, das ist <strong>der</strong> rechte Weg. Ich habe euch nichts Neues gesagt; aber wir<br />

sollten reinen Herzens beginnen. Was vergangen ist, ist vorbei; wir sollten es<br />

vergessen: erst vergeben und dann vergessen. Auch beim Vergeben sagen wir: "Oh,<br />

ich habe dir schon vergeben; warum soll ich dir nochmals vergeben?" Das wurde<br />

Meister Jesus vorgebracht. Er wurde gefragt: "Was sollen wir tun, um an<strong>der</strong>en zu<br />

vergeben? Wie oft sollen wir ihnen vergeben?" - was sagt eure heilige Schrift? -<br />

"sieben mal?" Jesus sagte: "Ich sage, vergebt ihm siebzig mal sieben mal."<br />

<strong>Die</strong>se Schriften sind nicht nur zum Lesen da o<strong>der</strong> um darüber nachzudenken. Wir<br />

müssen daraus lernen. Was immer ihr lernt, sollte zum wesentlichen Bestandteil<br />

eures Lebens werden - und dann werdet ihr euch schnell än<strong>der</strong>n.<br />

Ich denke, daß Sie eine sehr nützliche Frage gestellt haben. Ich habe bereits gestern<br />

angedeutet, daß alles an uns liegt. Wenn Herr soundso da ist, o<strong>der</strong> ihr seid da o<strong>der</strong><br />

Frau soundso o<strong>der</strong> irgend jemand - A, B, C o<strong>der</strong> D sind da - sie alle arbeiten für das<br />

Werk des Meisters. Es mögen hie und da kleine Mängel auftauchen. Aber wenn wir<br />

43


das vom Standpunkt <strong>der</strong> Liebe aus betrachten, werden wir sehen, daß je<strong>der</strong> auf seine<br />

Weise sein Bestes gibt.<br />

Eine weitere Sache: Wir sollten lernen, an<strong>der</strong>e zu schätzen. Wenn ihr auch das lernt,<br />

denke ich, daß aller Schmutz weggefegt wird. Es wird kein weiterer Schmutz<br />

dazugetan. Wie wenig immer ein Mensch tut, würdigt es. Wenn er mehr tut, schätzt<br />

es noch mehr. Anerkennung, denke ich, wird euch davor bewahren, eurem Gemüt<br />

mehr Leid, mehr Schmutz hinzuzufügen. Ich sage euch, wir haben keine<br />

Wertschätzung für an<strong>der</strong>e. Wir sagen alle: "Ich habe das meiste getan. Was ich tue,<br />

kann kein an<strong>der</strong>er." Wenn dieser "Ich-Gedanke" aufkommt, verdirbt er alles. Nur ein<br />

wenig Gift wird euch töten, wenn man es auch mit etwas Süßem vermischt hat.<br />

Es ist also nicht schwer, Gott zu erreichen, aber es ist schwer, ein Mensch zu<br />

werden. Es braucht seine Zeit. Der menschliche Körper bietet die goldene<br />

Gelegenheit dazu, und wir können das tun; je<strong>der</strong> Mensch kann sich än<strong>der</strong>n. Es gibt<br />

Hoffnung für einen jeden: je<strong>der</strong> Heilige hat seine Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong><br />

eine Zukunft. Jemand, <strong>der</strong> sein Examen o<strong>der</strong> seinen Doktor gemacht hat, hat einst die<br />

Grundschule besucht. Und wenn einer, <strong>der</strong> jetzt die Grundschule besucht, dieselbe<br />

Hilfe und Führung bekommt, kann er auch diesen Grad erreichen.<br />

Wir sollten jeden von seiner Stufe aus betrachten. Wenn ihr ein Examen o<strong>der</strong> einen<br />

höheren Grad habt und denkt: "Oh, warum macht er das nicht so wie ich?", schließt<br />

das eine Herablassung ein. <strong>Die</strong>se Dinge summieren sich nach und nach und bringen<br />

Unruhe ins Gemüt. Sie vertreiben auch jede Spur von Liebe in euch.<br />

Vergebt und vergeßt. Erkennt an, was immer einer tut. Arbeitet im Interesse <strong>der</strong><br />

allgemeinen Sache, die wir geschaffen haben. Denkt nicht, daß an<strong>der</strong>e weniger tun;<br />

warum tut ihr nicht euer Bestes? Je<strong>der</strong> sollte sein Bestes tun und den an<strong>der</strong>en<br />

anerkennen. Ich denke, daß dies auch eine sehr gute Grundlage für eure Meditationen<br />

sein würde.<br />

<strong>Die</strong>se kleinen Gedanken vibrieren. Wenn ihr auf einen kleinen Draht schlägt,<br />

vibriert er für einige Zeit weiter. Je<strong>der</strong> kleine Gedanke vibriert. Das ist es, warum<br />

unsere Meditationen aus dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Grund manchmal nicht gut sind.<br />

Ihr werdet äußerlich ein Mensch bleiben. Der Meister ist ein Mensch wie ihr. Er hat<br />

nur zwei Augen, nicht vier. Versteht ihr? Er geht durch die Welt, und er wird auch<br />

zum Beispiel für an<strong>der</strong>e. Er hat nicht vier Hände o<strong>der</strong> vier Füße zum Gehen, aber er<br />

hat sich innerlich entwickelt. Auch ihr könnt euch mit <strong>der</strong> geeigneten Hilfe und<br />

Führung auf diese Weise entwickeln.<br />

(Hier fragt jemand die Leute im hinteren Teil des Raumes, ob sie alles verstehen<br />

können, was sie bejahen, und <strong>der</strong> Meister sagt:)<br />

Ich gebe keine Lektionen, versteht ihr; ich führe <strong>Gespr</strong>äche von Herz zu Herz.<br />

Frage: Draußen sind drei nette Kin<strong>der</strong>, sie warten seit Tagen darauf, Euch zu sehen;<br />

kann ich sie hereinbringen?<br />

Der Meister: Gewiß, o ja, bringt sie herein. "Lasset die Kin<strong>der</strong> zu mir kommen und<br />

wehret ihnen nicht." Sie sind die heranwachsende Hoffnung <strong>der</strong> kommenden<br />

Generation - die heranwachsende Hoffnung.<br />

Frage: Meister, würdet Ihr uns bitte das Gleichnis über das Beugen <strong>der</strong> Ellbogen<br />

erzählen?<br />

44


Der Meister: Das Gleichnis sagt, daß Gott Vishnu, <strong>der</strong> für die Welt Vorsorge trifft<br />

(<strong>der</strong>selbe Gott, aber ein Aspekt, <strong>der</strong> für eine bestimmt Aufgabe zuständig ist), alle<br />

guten und alle schlechten Leute - die Götter und die Dämonen - eingeladen und ihnen<br />

ein großes Festmahl bereitet hatte. <strong>Die</strong> Speisen wurden aufgetischt und für jeden war<br />

ein Sitzplatz bereit. Sie saßen alle zusammen. Natürlich muß <strong>der</strong> Gastgeber bei<br />

solchen Anlässen etwas sagen. Er sprach: "Ich heiße alle meine lieben Freunde<br />

willkommen. Aber ich habe etwas zur Bedingung gemacht, und das ist: Beugt nicht<br />

eure Ellbogen, wenn ihr euer Mahl einnehmt." (Natürlich kann man die Speisen nur<br />

zum Mund führen, wenn man den Arm beugt, sonst nicht.) "Das alles ist für euch.<br />

Laßt es euch schmecken."<br />

Jene Leute, die man "schlecht" nennt, waren nicht entwickelt. <strong>Die</strong> Dämonen<br />

überlegten sehr angestrengt und dachten: "Nun gut, was sollen wir tun?" Sie kamen<br />

zu keiner Lösung. So sagten sie: "Wahrscheinlich will man uns verspottet" und<br />

verließen den Ort. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en, die noch da waren, sagten: "Es muß etwas dahinter<br />

stecken."<br />

Entwickelte Menschen sagen nichts Unnötiges. Wenn ihr etwas von ihnen hört,<br />

dann steckt eine Bedeutung dahinter. Wir sollten suchen, sie zu verstehen.<br />

Sie kamen zu dem Schluß: "Ja, er sagte etwas sehr Gutes. Gut, wir wollen unsere<br />

Arme nicht beugen. Wir nehmen einfach die Speise, strecken die Arme aus und<br />

reichen uns gegenseitig das Essen." Wenn du deine Hand ausstreckst, wird sie<br />

meinen Mund erreichen; meine Hände werden deinen Mund erreichen.<br />

<strong>Die</strong>s ist ein Gleichnis, von dem wir zu lernen haben. Wir wollen uns nur selbst zu<br />

essen geben. Wenn ihr an<strong>der</strong>en zu essen geben würdet, sie glücklich machen würdet,<br />

dann, so denke ich, würden alle glücklich sein; es gäbe keinen, <strong>der</strong> unglücklich bliebe.<br />

Teilt mit an<strong>der</strong>en. <strong>Die</strong>s wird in allen heiligen Schriften gesagt. In ihnen ist das<br />

Gesetz des "Zehnten" nie<strong>der</strong>gelegt, was bedeutet, etwas zum Wohle an<strong>der</strong>er<br />

Menschen zu geben. Manche beginnen mit einem Vierzigstel, bis sie alles für Gott<br />

hingeben. Wenn wir lernen, mit an<strong>der</strong>en zu teilen, wird es kein Gefühl <strong>der</strong><br />

Verschiedenheit mehr geben. Was ist die Ursache all unserer Sorgen? Ein Bru<strong>der</strong> ist<br />

reich; <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e arm; dieser wurde getötet; jener hungert - doch die an<strong>der</strong>en<br />

kümmern sich nicht darum.<br />

Ich sagte zu einigen Regierungschefs, die ich auf dieser Reise getroffen habe, daß<br />

alle Probleme <strong>der</strong> Regierungen gelöst werden können. Ich sagte ihnen: "Sehen Sie,<br />

bestimmte Menschen wurden unter Ihre Obhut gestellt. Achten Sie auf ihre<br />

Bedürfnisse, so gut Sie können. <strong>Die</strong>nen Sie mit Liebe. Den Menschen zu dienen, heißt<br />

Gott zu dienen. Gott hat Sie damit betraut. Es spielt keine Rolle, wie viele Menschen<br />

in ihrem Land leben, dienen Sie ihnen. Sie sind Gott gegenüber dafür verantwortlich.<br />

Wenn ein Land für mehr Menschen zu sorgen hat, als es bewältigen kann, dann<br />

sollten die Menschen von an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n dafür sorgen - o<strong>der</strong> geben Sie ihnen die<br />

Möglichkeit, sich in ihrem Land anzusiedeln.“ Alles kann gelöst werden; und in zwei<br />

o<strong>der</strong> drei Fällen wurde eine Än<strong>der</strong>ung bewirkt.<br />

Bei allem, was wir haben, sollten wir bedenken, daß an<strong>der</strong>e dazu sicherlich dasselbe<br />

Recht haben. In unserer anmaßenden Art und Weise ver<strong>der</strong>ben wir einfach die Sache<br />

- nur wegen <strong>der</strong> kleinen "Ichheit". Das "l" sollte aus "world" (Welt) entfernt werden,<br />

und das "word" (Wort) wird übrig bleiben. <strong>Die</strong>se Dinge werden in unseren heiligen<br />

Schriften erwähnt, aber wir lesen es nur und fahren fort, alles zu verschlingen und<br />

nehmen uns nichts zu Herzen, um es zu einem wesentlichen Bestandteil unseres<br />

Lebens zu machen.<br />

45


Als ich jung war, pflegte ich die heiligen Schriften <strong>der</strong> Sikhs 4 zu lesen. Das ist ein<br />

sehr umfangreiches Buch, das 1400 Seiten Großformat umfaßt; und ich denke, es<br />

enthält Hun<strong>der</strong>te von Hymnen. Ich pflegte nur eine Hymne zu lesen, und dann<br />

schrieb ich sie nie<strong>der</strong>. Ich betrachtete dies als Lektion, die mir für diesen Tag gegeben<br />

war. Ich las sie einmal, zweimal, viermal - den ganzen Tag über und manchmal zwei<br />

Tage lang. Wenn wir auf diese Weise die Schriften lesen würden, dann würden wir<br />

uns än<strong>der</strong>n, denke ich. Wir lesen sie nur, und dann vergessen wir, was dort<br />

geschrieben stand. Wir hören einen Vortrag, und am selben Tag noch vergessen wir<br />

seinen Inhalt. Wir sollten zuerst aufrichtig lernen, indem wir ganz konzentriert<br />

zuhören und dann den Sinn des Gesagten erfassen und ihn zu einem Bestandteil<br />

unseres Lebens machen. <strong>Die</strong> Nahrung, die verdaut ist, verleiht Stärke. Wenn die<br />

Nahrung nicht verdaut ist, wird sie eine Krankheit, irgendeine Gärung im Körper<br />

hervorrufen.<br />

<strong>Die</strong>s ist es, was wir tun müssen. Je<strong>der</strong> weiß, was am besten ist, aber wir lernen nur<br />

und vergessen es dann wie<strong>der</strong>.<br />

Lernt nicht etwas, um es zu vergessen. Lernt eine Sache, und an<strong>der</strong>e Dinge werden<br />

folgen. Lernt zu lieben, und alles wird in Ordnung sein: das <strong>Die</strong>nen wird folgen; das<br />

Opfern wird folgen; alles wird folgen. Liebe kennt immer nur Geben. Einer, <strong>der</strong> liebt,<br />

wird nicht essen; er wird an<strong>der</strong>en geben. Eine Mutter wird nicht essen, selbst wenn<br />

sie den Bissen aus ihrem eigenen Munde nehmen müßte, um ihn ihrem Kind zu<br />

geben. So macht eine Sache in eurem Leben hun<strong>der</strong>tprozentig, und an<strong>der</strong>e Dinge<br />

werden folgen. Seid wahr. Wenn ihr immer die Wahrheit sagt - wer ihr seid, was ihr<br />

gerade tut, was ihr in <strong>der</strong> letzten Nacht getan habt -, werdet ihr natürlich beschämt<br />

sein, wenn ihr etwas Unrechtes getan habt. Ihr werdet versuchen, es nicht wie<strong>der</strong> zu<br />

tun. Auf ähnliche Weise wird sich euer Leben än<strong>der</strong>n, wenn ihr eine Sache verdaut<br />

und sie zum Inhalt eures Lebens gemacht habt. Ich glaube, daß viele von euch so viel<br />

wissen, in vielen Fällen verstandesmäßig vielleicht mehr als ich, aber <strong>der</strong> Unterschied<br />

ist nur, daß ihr es nicht verdaut habt. Das ist alles.<br />

Eine Bemerkung: Ich glaube, alle Gruppenbeauftragten und Repräsentanten<br />

werden gebeten, um 15:30 Uhr für etwa eine Stunde zusammenzukommen, um in <strong>der</strong><br />

Gegenwart des Meisters verschiedene Dinge zu besprechen. Das gilt nur für die<br />

Beauftragten.<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> Beauftragten sind mir so lieb wie ihr; wenn sie aber irgendeine<br />

Schwierigkeit bei ihrer Arbeit haben, können wir von Herz zu Herz miteinan<strong>der</strong><br />

sprechen. Nur aus dem Grunde, weil ihr einige praktische Schwierigkeiten habt.<br />

Aus diesem Grunde empfahl ich von Anfang an im Jahre 1955, daß sich alle<br />

Repräsentanten, die auserwählt worden sind, in regelmäßigen Abständen<br />

zusammensetzen sollen, um Schwierigkeiten zu erkennen und eine Lösung dafür zu<br />

finden. Wenn sich alle zusammensetzen und einan<strong>der</strong> lieben, wird das ein sehr gutes<br />

Beispiel für an<strong>der</strong>e sein. Wenn ihr euch mit niemandem trefft und zu hoch von euch<br />

selbst sprecht und an<strong>der</strong>e herabsetzt, fällt in <strong>der</strong> Tat ein schlechtes Licht auf die<br />

Bewegung. Versteht ihr?<br />

Frage: Meister, könnt Ihr uns ein paar Worte über die Liebe sagen, bevor Ihr geht?<br />

Der Meister: Liebe - was ist ein Zeichen <strong>der</strong> Liebe?<br />

4 Guru Granth Sahib<br />

46


Frage: Was ist ein Zeichen <strong>der</strong> Liebe?<br />

Der Meister: Ja, ein äußeres Zeichen. Der eine, an den ihr denkt, den ihr liebt - den<br />

vergeßt ihr nie, nicht einmal in euren Träumen. Liebt ihn darum so sehr, daß ihr ihn<br />

selbst in euren Träumen erblickt - selbst in einem tiefen, gesunden Schlaf seid ihr in<br />

Ihn vertieft. Wem das Herz voll ist, dem geht <strong>der</strong> Mund über. Das ist alles.<br />

Sat Sandesh deutsch: Heft 4, 1975; englisch: Heft 2, 1975<br />

<br />

EIN RADIO-INTERVIEW<br />

mit<br />

Meister Kirpal Singh in Philadelphia, USA, vom 30. September 1963<br />

Ed Harvey: Unser heutiger Gast wird weltweit von vielen Menschen als<br />

Meister-Heiliger angesehen. Er ist Seine Heiligkeit Sant Kirpal Singh Ji. Und er ist<br />

<strong>der</strong> Leiter des Ruhani Satsang, <strong>der</strong> auch unter dem Namen "Wissenschaft <strong>der</strong> Seele"<br />

bekannt ist. Er ist <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> Weltgemeinschaft <strong>der</strong> Religionen: er wurde 1957<br />

in Neu-Delhi und 1960 in Kalkutta einstimmig in dieses Amt gewählt. Er befindet sich<br />

zur Zeit auf einer Weltreise durch zweiundfünfzig Län<strong>der</strong>. Wenn ich darf, möchte ich<br />

Sie - unseren Gast, Seine Heiligkeit Sant Kirpal Singh Ji - und soviel ich weiß, ist das<br />

gestattet - von nun an einfach mit "Kirpal Singh" anreden.<br />

Meister Kirpal Singh: Das ist genug.<br />

E.H.: Vielen Dank. Nun, könnten Sie uns erklären, was Ruhani Satsang o<strong>der</strong> die<br />

Wissenschaft <strong>der</strong> Seele bedeutet? Könnten Sie uns das bitte kurz erläutern?<br />

M.: Ja. Ruhani Satsang bedeutet eine Versammlung, in <strong>der</strong> die Wissenschaft <strong>der</strong><br />

Seele gelehrt wird: wie die Seele mit dem Körper verbunden ist und in welcher<br />

Beziehung sie mit <strong>der</strong> Überseele, mit Gott, steht. <strong>Die</strong>ser Ort, an dem die Menschen<br />

aller Bekenntnisse zusammensitzen, um zu lernen, wie man Gott erkennt — er also ist<br />

ein gemeinsamer Grund, eine Basis für alle, ob sie nun <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Religion angehören.<br />

E.H.: Ein gemeinsamer Ort für alle Religionen?<br />

E.H.: Dann... dann ist diese Religion, die Sie lehren ... o<strong>der</strong> diese ... mir fällt <strong>der</strong> Name<br />

gerade nicht ein ...<br />

M.: Ja.<br />

47


M.: Nun, das ist keine Religion. <strong>Die</strong>se Lehre vermittelt nur die grundlegenden<br />

Wahrheiten aller Religionen, die alle Meister, die in <strong>der</strong> Vergangenheit kamen,<br />

gelehrt haben. Sie ist eine Wie<strong>der</strong>belebung einer alten, alten Wahrheit.<br />

E.H.: Nun gut. Also Buddhisten, Mohammedaner, Juden, Katholiken, Protestanten -<br />

sie alle könnten sich dieser Gemeinschaft anschließen?<br />

M.: Ja, alle Menschen.<br />

E.H.: Was ist das nun? Eine Bru<strong>der</strong>schaft <strong>der</strong> Menschen?<br />

M.: Ja, als Menschen sind wir alle eins. Als Seelen sind wir alle eins. Und es gibt auch<br />

nur einen Weg zurück zu Gott. Wie können wir mit Gott in Verbindung kommen? Das<br />

heißt, da Gott bereits in uns ist - er ist die wahre Seele unserer Seelen - wie können<br />

wir uns vom Äußeren zurückziehen und uns mit Gott verbinden, <strong>der</strong> Licht, Liebe und<br />

Leben ist?<br />

E.H.: Hmmm ... Ist das nun eine Theorie, die im fernen Osten gelehrt wird o<strong>der</strong> ist<br />

das etwas, daß aus Ihrer persönlichen, inneren Erfahrung entstand?<br />

M.: Nein, das ist eine alte, alte Wahrheit, die von allen Meistern, die in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit kamen, verkündet wurde. Das ist nichts Neues, son<strong>der</strong>n nur die<br />

Wie<strong>der</strong>belebung einer ganz alten Sache, die wir vergessen haben. Und die Meister<br />

kommen von Zeit zu Zeit, um diese alte Wahrheit wie<strong>der</strong> zu beleben, wie man mit<br />

Gott in Verbindung kommt, wie man Gott erkennt, und . . .<br />

E.H.: Und die Meister kommen von Zeit zu Zeit. Dann gibt es also immer, auch in<br />

dieser Gegend ... dann gibt es immer einen Meister auf Erden? Zu allen Zeiten?<br />

M.: Ja, Gott wirkt, wie Sie sehen. <strong>Die</strong> Gotteskraft wirkt von Zeit zu Zeit in<br />

verschiedenen menschlichen Polen, um die Menschenkin<strong>der</strong> zu fuhren. <strong>Die</strong><br />

Gotteskraft, die durch einen menschlichen Pol wirkt, ist es, die euch eine Verbindung<br />

mit Gott gibt. Das kann kein Menschensohn bewirken.<br />

E.H.: Nun gut... werden Sie selbst als Meister angesehen?<br />

M.: Nun, ich habe durch die Gnade meines Meisters eine Verbindung erhalten, und<br />

die Menschen bekommen diese Verbindung durch Ihn.<br />

E.H.: Nun, glauben Sie, daß Sie eine Art von göttlichem Auftrag ausführen, mit dem<br />

Sie von oben bedacht wurden? Ist das auch hier Ihre Absicht?<br />

M.: Ja, ich bin ermächtigt, beauftragt.<br />

E.H.: Und Sie sind ein Meister. Nun, was ist ein vollendeter Meister?<br />

M.: Ein vollendeter Meister ist ein Mensch, <strong>der</strong> sich über das Körperbewußtsein<br />

erhoben hat und Gott geradeso sieht, wie ich Sie sehe o<strong>der</strong> wie Sie mich sehen und<br />

<strong>der</strong> Ihn in allem sieht.<br />

E.H.: Oh, ich verstehe. Nun, sind Sie ein vollendeter Meister?<br />

48


M.: Ja, man hat mir diese Bezeichnung gegeben; natürlich (er schmunzelt), um damit<br />

fortzufahren.<br />

E.H.: Sie hatten diese Gabe seit <strong>der</strong> Zeit Ihrer Kindheit?<br />

M.: Ja, ich hatte dieses Erwachen von Kindheit an, doch später, 1924, kam ich zu den<br />

Füßen meines Meisters und dort, zu Seinen Füßen, saß ich vierundzwanzig lange<br />

Jahre, und während Seiner Lebenszeit erhob ich mich durch Seine Gnade auf diese<br />

Ebene, und da ermächtigte Er mich, Sein Werk nach Ihm fortzuführen.<br />

E.H.: So daß Sie also dieses seltene Vorrecht hatten, Gott zu sehen, geradeso wie ich<br />

Sie jetzt ansehe - habe ich Sie richtig verstanden?<br />

M.: Gewiß.<br />

E.H.: Nun, was für eine Art von Erfahrung ist das? Sehen Sie Ihn einfach? Spricht Er<br />

mit Ihnen? Was geht dabei vor sich?<br />

M.: Es ist... man muß ein bewußter Mitarbeiter am Göttlichen Plan werden. Gott ist<br />

Licht. Und wenn ihr euch nach innen wendet, könnt ihr das Licht Gottes sehen - wenn<br />

euer Auge einfältig wird. „Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht<br />

sein." (Matth. 6,22) Das ist eine Sache, die man durch Selbstanalyse wirklich erfahren<br />

muß: wie die zwei Augen eins werden können.<br />

E.H..: Tun auch Sie etwas in dieser Art? Sie setzen sich hin und meditieren, und dann<br />

erlangen Sie diese Schau? Geschieht es auf diese Weise?<br />

M.: Ja, die Gotteskraft, die durch mich wirkt - hilft an<strong>der</strong>en, die gleiche Erfahrung<br />

vom Licht Gottes zu erlangen.<br />

E.H.: Ah, ha... Nun, als Kind waren Sie als <strong>der</strong> "kleine Heilige" bekannt - also hatten<br />

Sie diese göttliche Befähigung offenbar schon eine gewisse Zeit. Zumindest weiß ich,<br />

daß Sie in Ihrem Leben viele übernatürliche Dinge erlebt haben.<br />

M.: Ja. <strong>Die</strong>se Dinge geschahen hin und wie<strong>der</strong>, im allgemeinen als Rückwirkungen<br />

aus <strong>der</strong> Vergangenheit. Denn <strong>der</strong> Mensch ist im Werden; er schreitet fort, verstehen<br />

Sie?<br />

E.H.: Was meinen Sie damit? Könnten Sie ein paar Beispiele dieser "übernatürlichen<br />

Erfahrungen" geben, die Sie erlebt haben und die wir Durchschnittsmenschen nicht<br />

erleben können?<br />

M.: Nun, ich konnte damals sehen, was selbst jetzt, in diesem Augenblick, in Indien<br />

geschieht. O<strong>der</strong> ich konnte sehen, was in Amerika vorging, während ich da in Indien<br />

saß.<br />

E.H.: Oh, können Sie das heute auch noch?<br />

M.: Ja, doch heute gebrauche ich diese Kräfte nicht mehr. Das ist eine Art von<br />

Krankheit - man kann es so sehen, verstehen Sie? Wenn ich hier sitze und sehe, was<br />

dort vorgeht, ist das eine Art von Krankheit; so habe ich zu Gott gebetet, diese Kräfte<br />

in meinem Inneren verborgen zu halten.<br />

49


E.H.: (zu einem Anwesenden, <strong>der</strong> Meister Kirpal Singh begleitet): Können Sie mir das<br />

erklären, weil ich...<br />

Der Begleiter von Meister Kirpal Singh: Der Meister ist die Kraft, die überall in <strong>der</strong><br />

Welt erscheinen kann. Wenn sich jemand in Not befindet, kann Er erscheinen.<br />

Als Meister Kirpal Singh das letzte Mal im Himalaya war und auf einem Felsen<br />

meditierte, <strong>der</strong> mitten in einem Fluß lag, stieg das Wasser bei Sonnenuntergang an;<br />

und die Menschen am Ufer glaubten, daß er ertrinken würde. Als aber das Wasser<br />

seine Füße berührte, stand er auf und ging über das Wasser, wie es Jesus zu seiner<br />

Zeit tat.<br />

Und da gab es eine Frau in Los Angeles, die vor Kummer weinte: „Wenn es Gott o<strong>der</strong><br />

Christus wirklich gibt, dann soll Er mir erscheinen." Da erschien Meister Kirpal<br />

Singh, <strong>der</strong> in Indien war, dieser Frau in seiner strahlenden Form und überreichte ihr<br />

einen Korb voller Früchte; und sie war sehr erstaunt. Sie schrieb ihm einen Brief. Und<br />

<strong>der</strong> Meister antwortete ihr: „Wann immer im Herzen eines Ergebenen ein wirkliches<br />

Flehen ist, stillt die Gotteskraft, die durch einen auserwählten menschlichen Pol<br />

wirkt, diese Sehnsucht." Solche Begebenheiten sind nicht ungewöhnlich, wo<br />

Menschen...<br />

E.H.: Nun, wenn er gerade jetzt in Indien dringend benötigt würde, könnte er zu <strong>der</strong><br />

Zeit, da er nun hier ist, auch dort sein!<br />

M.: Allein die Gotteskraft wirkt durch den menschlichen Pol und ist auf diese Weise<br />

tätig.<br />

E.H. : <strong>Die</strong> Gotteskraft, die durch den menschlichen Pol wirkt ...?<br />

M.: Durch den menschlichen Körper. Ja, sie verkörpert sich in dieser Form und hilft<br />

an<strong>der</strong>en. "Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns." <strong>Die</strong> Kraft des Wortes, die<br />

Kraft, durch die Gott wirkt, ist es, die durch den menschlichen Pol wirkt, um die<br />

Menschenkin<strong>der</strong> zu führen und ihnen zu helfen.<br />

E.H.: Nun, wieweit wird dieser Glaube o<strong>der</strong> diese Religion, die Sie vertreten, von den<br />

an<strong>der</strong>en großen Weltreligionen anerkannt? Ist das eine anerkannte Religion?<br />

M.: Ja. Doch ich sage Ihnen: Ich bin nicht gekommen, um für irgendeine bestimmte<br />

Religion einzutreten, son<strong>der</strong>n einfach, um die bereits bestehenden Grundwahrheiten<br />

wie<strong>der</strong>zubeleben, die wir durch unsere Unwissenheit vergessen haben.<br />

E.H.: Sie gehören keiner bestimmten Sekte o<strong>der</strong> Konfession an?<br />

M.: Ich gehöre <strong>der</strong> Sikh-Religion an. Doch weil ich nach <strong>der</strong> Sikh-Religion lebe, gibt<br />

sie mir eine allumfassende Sicht. Sehen Sie, alle Meister, die kamen, sagten: „<strong>Die</strong><br />

ganze Menschheit ist meine Familie."<br />

E.H.: Oh ... die ganze Menschheit ist Ihre Familie?<br />

M.: <strong>Die</strong> Meister sehen die Menschen von <strong>der</strong> Ebene des Körpers o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Ebene<br />

<strong>der</strong> Seele aus, und sie schauen nicht auf die äußeren Kennzeichen <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Religionen, die wir tragen.<br />

50


E.H.: Nun, glauben Sie dann vielleicht auch, daß Jesus ein Meister war?<br />

M.: Ja.<br />

E.H.: Und Mohammed, zu seiner Zeit?<br />

M.: Christus sagte: „Ich werde euch nicht verlassen noch versäumen bis an <strong>der</strong> Welt<br />

Ende." Damit meinte er die Gotteskraft, die durch seinen Körper wirkte; die auch die<br />

Christuskraft ist - die uns nie verläßt noch stirbt.<br />

E.H.: Dann war Jesus also einer von vielen Meistern?<br />

M.: Ja, Jesus war <strong>der</strong> menschliche Pol, <strong>der</strong> Menschensohn, durch den die<br />

Christuskraft wirkte. Wir achten die Christuskraft o<strong>der</strong> Gotteskraft, wie man sie auch<br />

nennen mag, sie verstehen; natürlich mit gebührendem Respekt für den<br />

Menschensohn, <strong>der</strong> "Jesus" genannt wurde.<br />

E.H.: Nun, war Mohammed auch ein Meister, ein ähnlicher Meister?<br />

M.: Ja, gleicherweise ... Verstehen Sie, die Meister verkündeten die Wahrheit gemäß<br />

<strong>der</strong> Ebene, die sie jeweils erreicht hatten und wie es die Zeit erfor<strong>der</strong>te, zu <strong>der</strong> sie<br />

kamen. Wir achten also alle Meister.<br />

E.H.: Doch zu je<strong>der</strong> Zeit, zu je<strong>der</strong> Zeit unseres Lebens, gibt es zumindest einen<br />

Meister auf Erden ... lebend hier auf Erden?<br />

M.: Ja. Das zeigt uns die Geschichte im allgemeinen; aber da gibt es keine strenge und<br />

feste Regel - es kann auch mehr als einen Meister geben - verstehen Sie …<br />

E.H.: Es kann mehr als einen geben?<br />

M.: . . . das kann sein, aber diesbezüglich gibt es keine harte und strenge Regel, weil<br />

nur Gott weiß, wo Er zu wirken und wo Er nicht zu wirken braucht: wie es gerade<br />

notwendig ist, verstehen Sie?<br />

E.H.: Nun, Sie sagten - o<strong>der</strong> ich glaube jedenfalls, daß Sie das sagten, wenn ich mich<br />

recht entsinne - daß Jesus <strong>der</strong> Sohn Gottes war?<br />

M.: Ja. An<strong>der</strong>e Meister sagten dasselbe: „Wir sind Gottes Söhne." Sie sind alle Kin<strong>der</strong><br />

des Lichts. Wenn sie kommen, kommen sie, um <strong>der</strong> ganzen Welt Licht zu geben. Sie<br />

kommen für die ganze Welt, und nicht für die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Religion.<br />

E.H.: Dann glauben Sie und Ihre Anhänger, daß auch Sie ein Sohn Gottes sind?<br />

M.: Ich sage Ihnen eines: das wird im allgemeinen kein Meister je von sich<br />

behaupten. Er wird sagen: „Es ist <strong>der</strong> Vater, <strong>der</strong> durch mich wirkt o<strong>der</strong> mir beisteht."<br />

Verstehen Sie? Wie man sehen kann, sprechen sie gewöhnlich immer in <strong>der</strong> dritten<br />

Person von sich und nicht in <strong>der</strong> ersten.<br />

E.H.: „Der Vater wirkt durch mich." - Sie sagen es auf diese Weise?<br />

51


M.: Ja, gewöhnlich äußern sich fast alle Meister auf diese Weise. Manchmal mögen<br />

sie einen Hinweis darauf geben, daß sie und <strong>der</strong> Vater eins sind. Aber im allgemeinen<br />

sagen sie: „Der Vater ist es, <strong>der</strong> durch mich wirkt."<br />

E.H.: Nun, in dem, was ich über Sie und Ihr Leben gelesen habe, ist einer Ihrer<br />

Lieblingsausdrücke: „Erkennt zuerst euch selbst."<br />

M.: Ja ...<br />

E.H.: Nun, warum glauben Sie, daß das von so großer Hilfe für einen ist?<br />

Insbeson<strong>der</strong>e, wenn ich mich selbst erkenne und ich mich aber selbst gar nicht mag?<br />

Ich meine, was hilft es mir, mich selbst zu erkennen?<br />

M.: Sehen Sie, <strong>der</strong> springende Punkt dabei ist, daß dieser menschliche Körper solange<br />

arbeitet, wie eine Kraft in ihm wirkt. Und es kommt die Zeit, da wir diesen Körper<br />

verlassen müssen - nämlich im Augenblick des Todes. Wir sind also nicht diese 1,60m<br />

o<strong>der</strong> 1,80m große Statue! Wir sind <strong>der</strong> Bewohner des Körpers. Wir müssen diesen<br />

Körper verlassen, in dem wir uns befinden: Der Körper arbeitet solange, wie wir in<br />

ihm sind, und wir leben solange in ihm, wie uns diese Kraft im Körper überwacht. Der<br />

Atem geht hinaus: und er muß wie<strong>der</strong> in den Körper zurückkehren - etwas bringt ihn<br />

zurück - steuert ihn. Und diese Kraft, die uns im Körper überwacht - sie ist die<br />

kontrollierende Kraft, die die ganze Schöpfung lenkt - und sie wird auch als<br />

"Überseele" o<strong>der</strong> "Gott" bezeichnet.<br />

Im menschlichen Körper kann nur die Seele Gott erkennen: Er kann nicht mit dem<br />

Verstand, mit den nach außen fließenden Kräften o<strong>der</strong> mit den Lebensströmen<br />

erkannt werden. Wir müssen also unser Selbst von Gemüt, Materie und den nach<br />

außen fließenden Kräften trennen ... und uns selbst erkennen.<br />

"Sich selbst zu erkennen" bedeutet, zu erkennen, wer und was wir sind.<br />

E.H.: Und bedeutet, unser inneres Selbst zu erkennen?<br />

M.: Ja, das innere Selbst.<br />

E.H.: Nun, natürlich ist nicht je<strong>der</strong> spirituell fortgeschritten, wie Sie wohl wissen.<br />

Und vielleicht ist es vielen von uns unmöglich, mit unserem Selbst so vertraut zu<br />

werden o<strong>der</strong> unser inneres Selbst zu begreifen.<br />

M.: Ich persönlich glaube, wer auch immer einen menschlichen Körper erhalten hat<br />

— <strong>der</strong> als <strong>der</strong> höchste in <strong>der</strong> ganzen Schöpfung betrachtet wird — hat das<br />

Geburtsrecht, Gott zu erkennen. Aber, wie ich bereits sagte: je<strong>der</strong> Mensch, je<strong>der</strong><br />

Heilige hat seine Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft.<br />

E.H.: Je<strong>der</strong> Heilige hat seine Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft. Das ist<br />

ein sehr schöner Gedanke.<br />

M.: Es gibt Hoffnung. Sehen Sie, <strong>der</strong> Mensch ist das Höchste <strong>der</strong> ganzen Schöpfung,<br />

er steht Gott am nächsten; und nur in diesem menschlichen Körper können wir Gott<br />

erkennen — in keinem an<strong>der</strong>en Körper.<br />

E.H.: Ah, ha ... Nun, was verstehen Sie unter "Seele"?<br />

52


M.: Seele? <strong>Die</strong> Seele ist eine bewußte Wesenheit.<br />

E.H.: Eine bewußte Wesenheit?<br />

M.: Eine Wesenheit. Wir sind bewußte Wesen. Man empfindet diese Bewußtheit.<br />

Wenn man sie empfinden will, braucht man seine Augen nur schnell zu schließen,<br />

dann zu öffnen und wie<strong>der</strong> zu schließen. Im Augenblick des Augenschließens fühlt<br />

man ein Bewußtsein hinter den Augen. Das sind wir.<br />

E.H.: Wenn man seine Augen öffnet und schließt und damit fortfährt, dann erlebt<br />

man eine Bewußtheit hinter den Augen?<br />

M.: Sie werden es empfinden, wenn Sie es wirklich tun. Das sind wir. Das ist diese<br />

bewußte Wesenheit.<br />

E.H.: Ist das also ein Teil meiner Seele?<br />

M.: Das ist die Seele.<br />

E.H.: Oh! das ist die Seele.<br />

M.: Gott ist ein Meer aller Bewußtheit. Wir sind vom gleichen Wesen wie Gott, ein<br />

Tropfen vom Meer allen Bewußtseins. Unser Bewußtsein, das "Seele" genannt wird,<br />

wird vom Gemüt und den nach außen fließenden Kräften umhüllt — wir haben uns<br />

mit ihnen so sehr identifiziert, daß wir uns selbst vergessen haben. Deshalb müssen<br />

wir zuerst unser Selbst analysieren (vom Beiwerk trennen), uns selbst erkennen,<br />

dann erst können wir jene beherrschende Kraft erkennen, die uns im Körper hält.<br />

Selbsterkenntnis geht <strong>der</strong> Gotterkenntnis voraus.<br />

E.H.: Ist es notwendig, daß wir einen Meister haben, wie Sie es sind, um diese innere<br />

Bewußtheit zu erleben?<br />

M.: Mit gebühren<strong>der</strong> Achtung für alle Meister, die in <strong>der</strong> Vergangenheit gekommen<br />

sind: wir haben an ihren Erfahrungen - an den schönen Aufzeichnungen in den<br />

heiligen Schriften - auch heute noch Anteil. Sie sahen Gott: wer ihnen auch immer<br />

begegnete, <strong>der</strong> sah Gott ebenso, verstehen Sie?<br />

E.H.: Alle Meister haben Gott gesehen?<br />

M.: Ja, als Seele. "Der Sohn kennet den Vater und wem es <strong>der</strong> Sohn will offenbaren."<br />

(Matth. 11,27) Selbst um jene heiligen Schriften auch nur zu verstehen - denn sie<br />

enthalten das Wissen <strong>der</strong> Meister: was sie gesehen und in ihrem Leben erfahren<br />

haben - brauchen wir also nun einen, <strong>der</strong> auf dem Weg ist, <strong>der</strong> eine Erfahrung des<br />

Weges gehabt hat. Er kann uns die wahre Bedeutung ihrer Worte erklären, verstehen<br />

Sie?<br />

E.H.: Ich verstehe.<br />

M.: Wir brauchen auch jetzt einen, <strong>der</strong> den Weg beschritten hat und die Schriften<br />

richtig auslegen kann; aber nicht nur das, vielmehr einen, <strong>der</strong> uns auch die gleichen<br />

Erfahrungen vermitteln kann, die sie selbst in <strong>der</strong> Vergangenheit mit ihrem Meister<br />

hatten. Das ist eine Sache <strong>der</strong> Selbstanalyse.<br />

53


E.H.: Der Selbstanalyse?<br />

M.: Ja, es ist genau wie bei <strong>der</strong> Anatomie. Sehen Sie, die Ärzte sezieren Körper. Und<br />

das hier ist wie eine Anatomie, wie ein Abtrennen <strong>der</strong> Seele vom Gemüt und den nach<br />

außen gehenden Kräften und von den äußeren Dingen.<br />

E.H.: Oh, ja... Unser heutiger Gast ist Seine Heiligkeit Sant Kirpal Singh Ji. Er ist <strong>der</strong><br />

Präsident <strong>der</strong> Weltgemeinschaft <strong>der</strong> Religionen, <strong>der</strong> auch als "Wissenschaft <strong>der</strong><br />

Seele" bekannt ist. Es ist nun 12.10 Uhr hier im Sen<strong>der</strong>aum in Philadelphia.<br />

Kirpal Singh, ich persönlich bin mit Ihren Lehren nicht sehr vertraut, aber, das, was<br />

ich unserem <strong>Gespr</strong>äch von heute nachmittag entnehmen kann, gleicht ganz dem, was<br />

ich von <strong>der</strong> Bahai-Religion weiß. Sind das nun wirklich zwei gleichartige Religionen?<br />

M.: Oh, nein.<br />

E.H.: Sie sind sich nicht ähnlich?<br />

M.: Nein. <strong>Die</strong> Bahais sagen, daß sie alle Religionen zu einer Religion vereinen wollen.<br />

E.H. : In eine Bru<strong>der</strong>schaft?<br />

M.: <strong>Die</strong> Bru<strong>der</strong>schaft besteht bereits, selbst wenn wir in verschiedenen Religionsgemeinschaften<br />

bleiben. Wir sind alle gleich - Kin<strong>der</strong> desselben Gottes. Wir sind<br />

Brü<strong>der</strong> und Schwestern in Gott.<br />

Der Bahaismus predigt eine Religion für die ganze Welt, er will eine Regierung für die<br />

ganze Welt. Ich glaube, man kann nicht einmal von einer einzigen Religion träumen,<br />

weil je<strong>der</strong> Mensch sein eigenes Wesen und Temperament hat und an<strong>der</strong>en<br />

klimatischen Einflüssen unterliegt und nach an<strong>der</strong>en Bräuchen lebt. Deshalb ist es<br />

meiner Meinung nach unmöglich, alle Religionen zu einer einzigen Religion zu<br />

vereinen, mit gleichen Bräuchen und Ritualen für alle usw.<br />

E.H.: Oh, ich verstehe: <strong>Die</strong> Bahais möchten aus all den verschiedenen Religionen eine<br />

einzige machen. Und Sie möchten die Religionen so lassen, wie sie sind ...<br />

M.: Sehen Sie, die Meister kommen niemals, um das Gesetz zu brechen, son<strong>der</strong>n, um<br />

es zu erfüllen. (Matth. 5,17) <strong>Die</strong> Menschen sollten also bleiben, wo sie sind. <strong>Die</strong><br />

Meister sehen die Menschen einfach von <strong>der</strong> Ebene des Menschen aus: die ganze<br />

Menschheit ist eins. Und darüber hinaus sehen sie uns von <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Seele aus:<br />

als verkörperte Seelen. Daher sehen sie, daß wir als Menschen und als Seelen eins<br />

sind und daß wir in <strong>der</strong> Anbetung des gleichen Gottes vereint sind. Sehen Sie, sie<br />

lassen jeden in seiner Religion. Welche Schritte sie bereits getan haben, das ist schön<br />

und gut - sie dienen <strong>der</strong> Bereitung des Bodens - doch sie sollten einen Schritt weiter<br />

gehen, sich über das Körperbewußtsein erheben, sich selbst erkennen und dann fähig<br />

sein, Gott zu erkennen. <strong>Die</strong> Meister rühren die äußeren Formen o<strong>der</strong> Rituale <strong>der</strong><br />

verschiedenen Religionen nicht an.<br />

E.H.: Also, was ich nicht verstehen kann - und das liegt wahrscheinlich daran, daß ich<br />

in dieser Hinsicht ziemlich unwissend bin - ich kann Protestant sein, mein Nachbar<br />

ein Katholik und <strong>der</strong> Nachbar auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite kann ein Jude sein, und wir alle<br />

können trotzdem Ihre Anhänger sein?<br />

54


M.: O ja, je<strong>der</strong> kann in seiner eigenen Religion bleiben. Ich sage Ihnen: <strong>der</strong> ist ein<br />

wahrer Christ, <strong>der</strong> das Licht Gottes sieht (Lukas 3,16) - das ist das Kriterium, das<br />

genannt wird. Und die an<strong>der</strong>en Religionen geben die gleiche Definition: nur <strong>der</strong> ist<br />

ein wahrer Sikh, <strong>der</strong> das Licht Gottes sieht; ein Mohammedaner ist nur dann ein<br />

wahrer Mohammedaner, wenn er sich über das Körperbewußtsein erhebt und das<br />

Licht Gottes sieht. Hier wird das gleiche Kriterium genannt. Das ist also notwendig,<br />

um ein wahrer Christ, ein wahrer Jude, ein wahrer Sikh o<strong>der</strong> wahrer Mohammedaner<br />

zu sein. Wenn immer sie kommen, dann sind sie eins; als Menschen, als Seelen und<br />

auch was die innere, höhere Verbindung betrifft. Gott ist Licht, Gott ist das<br />

Tonprinzip.<br />

E.H.: Wenn einer unserer Zuhörer anrufen und mit Kirpal Singh sprechen o<strong>der</strong> ihn<br />

etwas fragen möchte, dann wird er gerne dazu bereit sein. (Nun folgt die Angabe <strong>der</strong><br />

Rufnummern.)<br />

Was ist das genau ... bevor wir die Anrufe entgegennehmen, noch ein paar weitere<br />

<strong>Fragen</strong> - was Sie mit "Spiritualität" bezeichnen? Könnten Sie uns das bitte erklären?<br />

M.: Ja. Spiritualität bedeutet: wir sind die Seele, <strong>der</strong> Geist im Menschen - und die<br />

Spiritualität beschreibt, welche Verbindung wir mit dem Körper haben - und wie wir<br />

mit <strong>der</strong> ganzen Welt verbunden sind. Unser Geist, unsere Seele ist umhüllt: sie steht<br />

unter <strong>der</strong> Herrschaft des Gemüts. Und das Gemüt wird von den nach außen<br />

fließenden Kräften beherrscht. Wir haben uns mit dem Gemüt, dem Körper und den<br />

äußeren Dingen so sehr identifiziert, daß wir unser Selbst vergessen haben.<br />

Spiritualität ist also eine Sache <strong>der</strong> Selbstanalyse: wie wir unsere Seele vom Gemüt<br />

und den nach außen fließenden Kräften befreien können.<br />

E.H.: Und dies bedeutet wie<strong>der</strong>um, unser inneres Selbst zu erkennen.<br />

M.: Spiritualität ist eine reine Wissenschaft <strong>der</strong> Seele: Wie sie vom Gemüt und<br />

Materie getrennt werden kann und wie man sich selbst erkennt.<br />

E.H.: In Ordnung. (Er nimmt nun einen Anruf entgegen.) Hier ist Ed Harvey. Bitte<br />

sprechen Sie!<br />

<strong>Die</strong> erste Anruferin: Natürlich, Ed. Könnten Sie bitte Ihren Gast fragen, was er über<br />

diese Religion weiß, die Japan gerade überschwemmt. Soka Jakkai heißt sie. Und was<br />

er davon hält. Vielen Dank.<br />

E.H.: Bitte, legen Sie nicht auf. Könnten Sie das bitte wie<strong>der</strong>holen? Sind Sie noch am<br />

Apparat? (Zum Meister:) Haben Sie die Frage verstanden?<br />

M.: Nein!<br />

E.H.: Eine neue Religion, die Japan augenblicklich überschwemmt und sie hat den<br />

Namen genannt, aber ich habe ihn nicht verstanden.<br />

M.: Schintoismus?<br />

E.H.: Nein, nicht Schinto. Nein, denn Schinto gibt es in Japan bereits seit...<br />

M.: Buddhismus?<br />

55


E.H.: Nein, weil es Buddhismus und Schinto in Japan bereits seit Jahrhun<strong>der</strong>ten gibt.<br />

Sie sagte, das sei eine neue Religion, die Japan überschwemmt und sie sprach so<br />

schnell, daß ich den Namen nicht verstehen konnte. O<strong>der</strong> konnten Sie ihn verstehen?<br />

M.: Nein.<br />

E. H.: Nein? Nun, ich glaube, dann müssen wir weitermachen. (Er telefoniert wie<strong>der</strong>:)<br />

Hier ist Ed Harvey. Sprechen Sie bitte!<br />

Der zweite Anrufer: Ja, vielen Dank. Ich möchte Ihren Gast fragen, ob erbitte<br />

beschreiben kann, wie Gott aussieht, da er sagt, daß er Ihn gesehen hat. Ich glaube,<br />

viele Zuhörer würden gerne die Antwort auf diese Frage hören.<br />

E.H.: In Ordnung. Sie können die Antwort im Radio verfolgen. Vielen Dank.<br />

M.: Was sagte sie?<br />

E.H.: Sie möchte gerne wissen - da Sie Gott gesehen haben - und auch viele an<strong>der</strong>e<br />

Zuhörer würden gerne erfahren, wie ER aussieht.<br />

M.: Nun, durch die Gnade Gottes hatte ich eine Erfahrung von Ihm. Gott ist Licht.<br />

Alle Meister sagen: „Gott ist Licht." Er offenbart sich also als Licht. Gott ist Licht,<br />

Liebe und Leben. Wir können Ihn also auf diese Weise erfahren.<br />

E.H.: Nun, es ist wohl mehr als eine Erfahrung - ich habe das wohl auch falsch<br />

verstanden, weil... weil Sie sagten, daß Sie Gott geradeso sehen können, wie Sie auch<br />

mich sehen. Nun, das kann ich wohl kaum...<br />

M.: Nein, nein, nein.. .Wir können Gott sehen - doch nicht mit den Augen aus Fleisch<br />

und Blut, son<strong>der</strong>n mit dem inneren Auge o<strong>der</strong> dem "Einzelauge" in uns, dies ist jedem<br />

von uns möglich... so wie es heißt: „Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge<br />

einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein."<br />

Wie können nun die zwei Augen "einfältig" werden? Denn es sind nicht die zwei<br />

Augen aus Fleisch und Blut, die Gott sehen, son<strong>der</strong>n jenes innere Auge, das geöffnet<br />

werden kann, um das Licht Gottes zu sehen. Und es ist in jedem von uns. Und darum<br />

heißt es: „Wenn ihr die Tore eures Körpertempels schließt, werdet ihr das Licht des<br />

Himmels sehen." Das ist in uns.<br />

E.H.: Nun, gut... Dann beschreiben Sie es bitte so gut es Ihnen möglich ist. Sie sehen -<br />

Sie sehen ein Licht, und das ist...<br />

M.: <strong>Die</strong>ses Licht ist schöner... schöner als das äußere Licht.<br />

E.H.: Ich verstehe. Weil es keinem an<strong>der</strong>en Licht gleicht, das Sie jemals sahen, so<br />

wissen Sie, daß ES Gott ist?<br />

M.: Ja - das Höchste! Doch Er ist noch mehr.<br />

E.H.: (Wie<strong>der</strong> am Telefon:) Hallo, hier ist Ed Harvey. Bitte sprechen Sie!<br />

Der dritte Anrufer: Ich würde Dr. Singh gerne fragen, ob er an die Wie<strong>der</strong>geburt<br />

glaubt, und ob er bei seinen Reisen eine Art von Teleportation gebraucht, wenn er in<br />

56


Indien erscheinen will und sich irgendwo an<strong>der</strong>s befindet; o<strong>der</strong> reist er in seinem<br />

Astralkörper, wie es einige Mystiker beschrieben haben?<br />

E.H.: Ja, gut. Vielen Dank.<br />

M.: Der Astralkörper . . . <strong>der</strong> Astralkörper: nun, wir müssen diesen physischen Körper<br />

verlassen. Wir haben auch einen Astralkörper und einen Kausalkörper. Der<br />

Makrokosmos ist im Mikrokosmos des menschlichen Körpers. Nun, wenn wir den<br />

physischen Körper zur Zeit des Todes verlassen... o<strong>der</strong> selbst jetzt, wenn wir lernen,<br />

wie wir den Körper verlassen können, dann können wir im Astralkörper die<br />

Astralebene durchqueren.<br />

E.H.: Nun, sie fragte noch, ob Sie an die Wie<strong>der</strong>geburt glauben.<br />

M.: Ja. <strong>Die</strong> meisten Meister haben darauf verwiesen. Und manche Meister haben<br />

nicht davon gesprochen, weil jene, die zu idealen Christen o<strong>der</strong> zu idealen<br />

Mohammedanern wurden o<strong>der</strong> irgendein an<strong>der</strong>es Ideal verwirklichten - weil eben die<br />

Wie<strong>der</strong>geburt nur dazu dient, den Menschen zurück zur Vollkommenheit zu führen.<br />

Da sie die Vollendung bereits in diesem Leben erlangten, bestand für sie keine<br />

Notwendigkeit mehr, über dieses Thema zu sprechen. Aus diesem Grunde haben<br />

einige Meister die Wie<strong>der</strong>verkörperung nicht erwähnt; und an<strong>der</strong>e haben darüber<br />

gesprochen.<br />

E.H.: Ah ha...<br />

M.: Sehen Sie, ich war einmal in Pakistan. <strong>Die</strong> meisten Mohammedaner glauben nicht<br />

an die Wie<strong>der</strong>geburt. Sie fragten mich dasselbe, nämlich, ob ich an die Wie<strong>der</strong>geburt<br />

glaube o<strong>der</strong> nicht. Ich sagte dem Fragesteller, daß einige Meister über die<br />

Wie<strong>der</strong>verkörperung gesprochen und an<strong>der</strong>e nicht darüber gesprochen hatten. Dann<br />

sagte ich ihm: „Schauen Sie, ich möchte Ihnen dazu auch eine Frage stellen."<br />

E.H.: Ich habe also kein Monopol. (Er lacht.)<br />

M.: Ich sagte ihm also: „Ich möchte Sie etwas fragen, um Ihnen diesen Sachverhalt<br />

deutlich zumachen." Erfragte: „Wie bitte?" Ich erklärte ihm: „Ich bin in Ihr Land,<br />

nach Pakistan gekommen. Ich halte mich an alle Gesetze usw.; ich lebe ganz friedlich<br />

- und auch Sie leben doch liebevoll mit mir? Aber es gibt dort auch eine Polizei und<br />

Gefängnisse. Doch was ich sagen will: für mich sind die Polizei und das Gefängnis<br />

ohne Bedeutung. Gleicherweise gibt es für jene, die zu vollkommenen<br />

Mohammedanern o<strong>der</strong> zu idealen Christen o<strong>der</strong> zu idealen Sikhs wurden, keine<br />

Wie<strong>der</strong>geburt mehr.<br />

E.H.: Ich verstehe... ah, ha. Und glauben Sie auch in irgendeiner Form an das, was<br />

man als "Außersinnliche Wahrnehmung" bezeichnet und auch an die Fähigkeit, sich<br />

selbst umzuformen?<br />

M.: Ja, natürlich können wir uns willentlich über das Körperbewußtsein erheben.<br />

Sehen Sie, das ist eine Handlung des Säens: „Wie du säst, so wirst du ernten."<br />

(Galater 6,7). Jene, die die Vollendung erreicht haben, brauchen nicht mehr zu<br />

kommen und zu gehen.<br />

57


E.H.: Ah ha. Jetzt fällt mir <strong>der</strong> Name dieser Religion in Japan ein. Er lautet... ich weiß<br />

nicht, wie man diesen Namen richtig ausspricht, obwohl ich schon in Japan war...<br />

aber ich glaube, er lautet Soka Jakkai - vorhin rief eine Frau deswegen an und sagte,<br />

daß es eine neue Religion sei.<br />

M.: Bis jetzt habe ich noch nichts davon gehört.<br />

E.H.: Ich kenne sie auch nicht.<br />

M.: Ich vermute, daß sie etwas ganz Neues ist. Es gibt so viele neue Bewegungen: Da<br />

gibt es die "Subud-Bewegung", dann die "Brücke". . . Es wird wohl etwas Ähnliches<br />

sein.<br />

E.H.: In Ordnung. (Er nimmt den Telefonhörer ab.) Ed Harvey am Apparat. Sprechen<br />

Sie bitte.<br />

Der vierte Anrufer: Guten Tag, Ed. Ich denke, Sie haben heute einen sehr<br />

interessanten Gast.<br />

E.H.: Vielen Dank.<br />

Anrufer: Zuerst würde ich gerne etwas mehr Klarheit über seine religiöse<br />

Orientierung gewinnen. Nun, wenn ich mich nach seinem Namen richte - er kann mir<br />

sagen, ob ich recht o<strong>der</strong> unrecht habe - er heißt Singh und das ist ein Sikh-Name,<br />

dann muß ich annehmen, daß er ein Angehöriger des indischen Sikh-Glaubens ist.<br />

Nun, ich glaube auch, wenn er "Meister" sagt, wenn er auf "Meister" hinweist, daß er<br />

dieses Wort als eine Art von Übersetzung des berühmten Sikh-Wortes "Guru"<br />

gebraucht, das "Lehrer" bedeutet. Ich kann mir gut vorstellen, daß er ein Sikh-Guru<br />

ist.<br />

Nun, ich würde gerne... soweit ich es verstehe - und es kann sein, daß ich mich irre,<br />

trotz all dem, was ich gelesen habe und trotz meines Interesses an den indischen<br />

Religionen - war die Religionsgemeinschaft <strong>der</strong> Sikhs schon immer o<strong>der</strong> doch, soweit<br />

ich es verstehe, seit dem 17 .Jahrhun<strong>der</strong>t, eine kriegerische Gemeinschaft. Kann man<br />

also deshalb sagen, daß Mr. Singh ... Ich frage nun: ist Mr. Singh ein Pazifist? Das<br />

heißt: glaubt er an einen Frieden um jeden Preis und auch an Gewaltlosigkeit?<br />

Nun, bevor ich auflege, will ich Ihnen noch sagen, daß das erwähnte "Soka Jakkai" ein<br />

Zweig des japanischen Buddhismus ist. Es ist keine neue Religion. Es ist bloß ein<br />

Zweig, eine Wie<strong>der</strong>belebung eines alten Zweiges, <strong>der</strong> eine Weile ohne Leben war; die<br />

Wie<strong>der</strong>entdeckung einer alten, kriegerischen, fundamentalistischen<br />

Glaubensrichtung des Buddhismus. Man könnte sie als die "Heiligen Streiter" des<br />

Buddhismus bezeichnen.<br />

E.H.: Ich verstehe. Vielen Dank! (Er lacht.) Doch lassen Sie uns zum Thema<br />

zurückkehren: bedeutet "Meister" bei den Sikhs nicht soviel wie "Lehrer"?<br />

M.: Ja, bei den Sikhs. Sehen Sie, <strong>der</strong> Sikh-Glaube ist eine Religion, eine reguläre<br />

Religion, die von Guru Nanak begründet wurde. Ihm folgten neun weitere Gurus<br />

nach; und sie alle kündeten die Lehre <strong>der</strong> reinen Spiritualität. Und sie lehrten eine<br />

58


universale Religion, die alle Meister, die in <strong>der</strong> Vergangenheit gekommen sind,<br />

gelehrt haben.<br />

Ich gehöre <strong>der</strong> Sikh-Religion an. Ich bin in ihr geboren, so ist das ganz natürlich. Nun,<br />

sie hat sich heutzutage in eine reguläre Religion verwandelt, was auch mit an<strong>der</strong>en<br />

Bewegungen geschehen ist. Wenn immer Meister kommen, machen sie nichts Neues<br />

und rufen auch nichts Neues ins Leben - sie erwecken einfach die Wahrheit, die wir<br />

vergessen haben, zu neuem Leben. Nachdem sie uns verlassen haben, ist irren<br />

menschlich geworden.<br />

E.H.: Verstehe. Nun, er fragte auch, ob Sie ein Pazifist sind, weil er meinte, daß die<br />

Sikhs einmal recht kriegerisch o<strong>der</strong> militaristisch waren.<br />

M.: O nein! Verstehen Sie, natürlich kämpften sie, wenn es notwendig ist, einfach um<br />

das Land zu verteidigen, um die Ehre unserer unschuldigen Mitmenschen zu<br />

verteidigen. Zu jener Zeit (im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t) mußten sie sich verteidigen. Sie<br />

brauchten nicht anzugreifen, keinen Angriff zu führen, - "Liebe bedeutet <strong>Die</strong>nen und<br />

Opfern" - wenn nötig, für das Wohlergehen an<strong>der</strong>er. In diesem Sinne wurden sie<br />

kriegerische Menschen genannt. Doch sie sind .. . um es ganz deutlich zu sagen, will<br />

ich Ihnen ein Beispiel geben: wenn man Gott in jedem sieht, selbst im Feind und auch<br />

im Freund, dann dient man allen.<br />

E.H.: Ah, ha... Nun, aber Sie... Sie persönlich sind... betrachten Sie sich selbst als<br />

Pazifisten?<br />

M.: Pazifist zu sein bedeutet...?<br />

E.H.: Nun, gegen den Krieg zu sein... Friedfertigkeit.<br />

M.: Sehen Sie, ich glaube an die Gewaltlosigkeit: Leben und auch an<strong>der</strong>e leben lassen.<br />

Wenn es nötig ist, muß man einfach die Unschuldigen beschützen o<strong>der</strong> verteidigen,<br />

wenn irgendein Angreifer kommt . . . um <strong>der</strong> Liebe willen, die <strong>Die</strong>nen und Opfern<br />

kennt.<br />

E.H.: Hier spricht Ed Harvey. Bitte melden Sie sich!<br />

Der fünfte Anrufer: Hallo Ed! Ich bin ein Moslem. Und im Islam gibt es einen<br />

höheren spirituellen Bereich, <strong>der</strong> Sufismus genannt wird. Meine Frage lautet: wenn<br />

ich als Moslem diesen höheren Bereich des Islam, <strong>der</strong> Sufismus genannt wird,<br />

erreiche, würde o<strong>der</strong> könnte mich Ihr Lehrer o<strong>der</strong> Ratgeber noch höher<br />

hinaufbringen ... zu einer noch höheren Ebene?<br />

E.H.: Ich verstehe. In Ordnung. Hören Sie die Antwort bitte im Radio. Anrufer: Ja,<br />

gerne!<br />

M.: Nun, die Sufis beginnen mit <strong>der</strong> Selbsterkenntnis... <strong>der</strong> Selbsterkenntnis. Wenn<br />

man sich darüber erhebt, erlangt man das Kosmische Bewußtsein. Und es gibt noch<br />

mehr - einen noch höheren Zustand, bei dem man das Kosmische Bewußtsein<br />

überschreitet. <strong>Die</strong> Sufis erreichen also das Kosmische Bewußtsein. Und es gibt Sufis,<br />

die darüber hinaus gelangen. Hafiz hat auf jene Sufis hingewiesen, die sich noch<br />

höher in den überbewußten Zustand erheben können.<br />

59


Das kann man also erreichen. Aber es beginnt mit <strong>der</strong> Bewußtheit des Selbst: zuerst<br />

durch Selbstanalyse, durch das Erheben über das Körperbewußtsein. Dann kann man<br />

sich ins Kosmische Bewußtsein erheben.<br />

E.H.: Nun, vielleicht ist er durch den Sufismus die Leiter schon halbwegs<br />

emporgestiegen?<br />

M.: Ja. Das ist wie Vedanta, - verstehen Sie? Bei Shankara kann man lesen - er wird<br />

als <strong>der</strong> führende Vertreter des Vedanta betrachtet - er sagte: „O Gott, ich sehe, daß es<br />

keinen Unterschied zwischen Dir und mir gibt - doch ich bin Dein, Du bist nicht<br />

mein." Gerade wie die Welle ein Teil des Meeres ist, hingegen das Meer nicht ein Teil<br />

<strong>der</strong> Welle; so ist es mit dem überbewußten Zustand von einem, <strong>der</strong> sich über das<br />

Kosmische Bewußtsein erhoben hat.<br />

Dessen ungeachtet ist es nichts Gewöhnliches, das Kosmische Bewußtsein zu<br />

erlangen.<br />

E.H.: Der letzte Anrufer hat also noch einen weiten Weg vor sich?<br />

M.: Ja. Doch es gibt Hoffnung für jeden, wie ich Ihnen sagte. Wer immer den<br />

menschlichen Körper erhalten hat, <strong>der</strong> besitzt das Geburtsrecht, sich darüber zu<br />

erheben.<br />

E.H.: Hier spricht Ed Harvey. (Am Telefon.) Bitte melden Sie sich.<br />

Der sechste Anrufer: Ja, Herr Harvey, ich würde Ihren Gast gerne fragen, ob er an<br />

Jesus Christus glaubt und ihn anerkennt.<br />

E.H.: Nun, er sagte - und er wird vielleicht noch mehr darüber sagen - er sagte, daß<br />

Jesus einer <strong>der</strong> Meister war, von denen auch er selbst einer ist - zu denen auch er<br />

selbst gehört, verstehen Sie? Nun, Kirpal Singh, möchten Sie das näher erklären?<br />

Anrufer: Nun, ich hätte da noch eine Frage...<br />

E.H.: Lassen Sie ihn das (die erste Frage) doch zuerst selbst erklären. Dann können<br />

Sie weiter fragen, solange wir Zeit haben.<br />

Anrufer: Ja, gut.<br />

M.: Sehen Sie, die Christus-Kraft ist die Gottes-Kraft, die in den verschiedenen<br />

menschlichen Polen wirkt, um die Menschenkin<strong>der</strong> (durch sie) zu führen, wenn<br />

immer sie kommen. Und diese Christuskraft stirbt nie ... sie bleibt für immer (bei<br />

uns). Christus sagte: „Ich will euch nicht verlassen noch versäumen bis an <strong>der</strong> Welt<br />

Ende." (Hebräer 13,5 und Matthäus 28,20). Nun, natürlich verlassen uns die<br />

menschlichen Körper, durch die die Gotteskraft wirkt, doch nicht die Christuskraft<br />

o<strong>der</strong> die Gotteskraft selbst. Nun, wir sehen alle Meister in diesem Licht.<br />

E.H.: Sie sehen nun, es gibt viele Meister auf Erden. Und es mag mehr als einer zur<br />

gleichen Zeit auf Erden sein... und Jesus war einer dieser Meister.<br />

Nun, wir haben nur noch etwa zwei Minuten. Bitte fassen Sie sich bei <strong>der</strong> nächsten<br />

Frage kurz!<br />

60


Der sechste Anrufer: Was ich wissen möchte, ist Folgendes: Kann er mir vielleicht<br />

erklären - im Hinblick darauf, daß er an die Wie<strong>der</strong>geburt glaubt - was unser Herr<br />

damit meint, wenn er sagte, daß wir in diesem Leben nach <strong>der</strong> immerwährenden<br />

Erlösung streben sollen .. . und das wir keine an<strong>der</strong>e Gelegenheit mehr haben werden,<br />

das zu tun? Doch Wie<strong>der</strong>geburt bedeutet, daß man viele Male hierher zurückkommen<br />

kann? Ich werde am Radio zuhören.<br />

E.H.: Ja, gut. Herzlichen Dank!<br />

M.: Jene, die die höchste Vollendung erlangen, brauchen nicht zurückzukehren.<br />

Sehen Sie, jene, die sich noch nicht so weit vervollkommnet haben, sie müssen<br />

wie<strong>der</strong>kommen. Sie sind an die Welt gebunden; und diese Gebundenheit bringt sie<br />

zurück.<br />

E.H.: Ich verstehe: Jene, die ein beinahe vollkommenes Leben geführt haben - ich<br />

glaube, keiner von uns, bevor wir nicht Meister sind, führt ein vollkommenes Leben,<br />

aber jene...<br />

M.: .. .jene, die auf den Weg gestellt wurden wissen, wie man sich über das<br />

Körperbewußtsein erhebt; sie sind nicht an die Welt gebunden: sie brauchen nicht<br />

zurückkehren. Sie schreiten von dort (im Jenseits) weiter fort und erhalten das<br />

Höchste.<br />

E.H.: Und jene unter uns, die auf dem Weg gestrauchelt sind, werden wie<strong>der</strong>geboren<br />

- wir bekommen eine neue Chance.<br />

M.: "Wie du säst, so wirst du ernten." Wir müssen dorthin gehen, wo wir gebunden<br />

sind. Das ist ein Naturgesetz: wir gehen dahin, wo wir gebunden sind. Wenn wir also<br />

sehr stark an Gott gebunden sind, brauchen wir nicht wie<strong>der</strong>kommen: wir werden zu<br />

Gott gehen.<br />

Ed Harvey: Unser heutiger Gast war Seine Heiligkeit Sant Kirpal Singh Ji, <strong>der</strong><br />

Präsident <strong>der</strong> Weltgemeinschaft <strong>der</strong> Religionen, <strong>der</strong> sich gerade auf einer Weltreise<br />

durch 52 Län<strong>der</strong> befindet. Und Philadelphia ist die zweite Stadt von insgesamt 23<br />

Städten unseres Landes, die er in den nächsten vier Monaten besuchen wird. Unser<br />

Dank gilt Ihnen, Sant Kirpal Singh Ji, daß Sie sich die Zeit genommen haben, heute<br />

bei uns zu sein. Nochmals vielen Dank. (Kirpal Sandesh, Heft 4, 1984)<br />

<br />

DAS GESETZ DER GERECHTIGKEIT UND DAS GESETZ DER<br />

GNADE<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh vom 12. Okt. 1963<br />

im Kirpal Ashram, Calais, Vermont, USA<br />

Frage: Wer überwacht das Karma eines Menschen? Geschieht das nur durch Zufall?<br />

Der Meister: Nein, "Wie du säst, so wirst du ernten" - wieso durch Zufall?<br />

61


Frage: Wenn man mit einem Meister in Berührung kommt, überwacht er dann nicht<br />

das Karma?<br />

Der Meister: Er wickelt das Karma ab - bringt es zu Ende.<br />

Frage: Ihr spracht über das Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit. Krishna gab ihnen nur das,<br />

was sie verdienten. Wer macht das jetzt - für jene, die nicht initiiert sind?<br />

Der Meister: Es gibt ein Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit und ein Gesetz <strong>der</strong> Gnade - beide,<br />

beide sind Gesetz. Es ist gerade so, wie wenn man eine Kerze entzündet - oben ist das<br />

Licht und unten die Dunkelheit. Wenn man eine Glühbirne hat, ist das Licht unten<br />

und oben die Dunkelheit. <strong>Die</strong>s sind also die beiden Gesetze, die in <strong>der</strong> Welt wirken.<br />

Wenn man einen Samen sät - das ist ein Punkt, den man verstehen muß - wenn man<br />

einen Samen sät, wird er gleiche Samen hervorbringen. Handlung und Rückwirkung -<br />

diese hat eine weitere Rückwirkung zur Folge, und auf diese Weise geht es weiter.<br />

Und das nimmt kein Ende. Wenn man die Saat gesät hat, kann man die Ernte nicht<br />

aufhalten - die Früchte werden reifen. Es gibt also viele Handlungen. <strong>Die</strong> Handlungen<br />

sind alle von einer Art, aber man kann sie nach drei Gesichtspunkten ordnen.<br />

Es gibt bestimmte Handlungen, die wir jetzt ausführen, täglich - neue Handlungen,<br />

man kann sagen, neue Saaten werden gesät. Manche wurden bereits gesät und<br />

bringen nun Frucht. An<strong>der</strong>e wurden auch gesät, tragen aber noch nicht Frucht. Es<br />

gibt also drei Arten von Karmas o<strong>der</strong> Handlungen.<br />

Unser gegenwärtiges Leben beruht auf diesen Rückwirkungen <strong>der</strong> vergangenen<br />

Karmas, die nun Frucht tragen. Sie werden "Pralabdh Karma" genannt. <strong>Die</strong>ses Karma<br />

bestimmt die Dauer unseres Lebens; das heißt, die Anzahl <strong>der</strong> Atemzüge. Es<br />

bestimmt auch unsere Stellung im Leben. Dementsprechend bekommen manche<br />

Leute Kin<strong>der</strong>, manche sterben, an<strong>der</strong>e sind häßlich, an<strong>der</strong>e alt, und manche stehen in<br />

einer Beziehung des Gebens und Nehmens zueinan<strong>der</strong>. Das beruht auf solchen<br />

Karmas o<strong>der</strong> Saaten, die in <strong>der</strong> Vergangenheit gewachsen sind und nun als<br />

Handlungen Frucht tragen. Das kann man nicht än<strong>der</strong>n. Wenn einmal die Schienen<br />

gelegt sind, wird <strong>der</strong> Zug darauf fahren. Aber bevor die Schienen gelegt werden, liegt<br />

es an euch, ob sie in diese o<strong>der</strong> jene Richtung zu liegen kommen. Aber wenn sie<br />

einmal gelegt sind, wird <strong>der</strong> Zug auf ihnen fahren müssen. Wie ich euch also sagte,<br />

tragen manche Karmas nun Frucht, einige schaffen wir neu und an<strong>der</strong>e haben noch<br />

keine Frucht getragen - das wird zu entsprechen<strong>der</strong> Zeit geschehen.<br />

So steht es uns innerhalb gewisser Grenzen frei, zu handeln, und in bestimmtem<br />

Ausmaß sind wir auch gebunden. Handlung, Rückwirkung, Handlung und<br />

Rückwirkung folgen einan<strong>der</strong> - das geht ohne Ende weiter.<br />

Wenn ein Meister jemandem begegnet, berührt er die Rückwirkungen nicht, die wir<br />

gegenwärtig hinnehmen müssen, denn unser Leben beruht auf ihnen. Er läßt sie<br />

unberührt, greift in ihren Ablauf nicht ein. Aber er tut zwei Dinge: für die Zukunft<br />

gibt er uns Verhaltensregeln, die wir nicht übertreten sollten; denkt nicht schlecht<br />

von irgendeinem - we<strong>der</strong> in Gedanken, ganz zu schweigen von Worten o<strong>der</strong> Taten.<br />

Seid wahrhaftig, selbst in Gedanken. Vermeidet alles, was unrecht ist:<br />

Zurschaustellung und Angeberei, Intrigen, denkt nicht daran, jemandem etwas<br />

"Heimzuzahlen", tut nicht etwas im Verborgenen und nach außen hin tut ihr dann<br />

etwas ganz an<strong>der</strong>es.<br />

Und weiterhin: seid keusch, selbst in Gedanken, mit Worten und Taten. Und<br />

empfindet Liebe für alle, weil alle Menschen gleich sind. Sie haben die gleichen<br />

Vorrechte, die je<strong>der</strong> von uns hat. So liebt alle, weil Gott im Herzen eines jeden ist: ob<br />

62


einer in hoher o<strong>der</strong> niedriger Stellung ist, ob reich o<strong>der</strong> arm, gebildet o<strong>der</strong> unwissend:<br />

alle haben die gleichen Vorrechte von Gott wie ihr.<br />

Ferner: haßt an<strong>der</strong>e nicht - selbst nicht in Gedanken, Worten o<strong>der</strong> Taten. Und<br />

weiter, wenn ihr Gott liebt und die ganze Menschheit lieben wollt, dann müßt ihr<br />

selbstlos dienen, nicht auf eigennützige Weise, denn Liebe kennt <strong>Die</strong>nen und Opfern.<br />

Eigennütziger <strong>Die</strong>nst wird wie<strong>der</strong> eine Rückwirkung zur Folge haben. Wenn ihr<br />

selbstlos dient, um des Gottes willen, <strong>der</strong> in den an<strong>der</strong>en ist, wird das keine<br />

Nachwirkungen haben.<br />

Was die gegenwärtigen Handlungen betrifft, die Rückwirkungen zur Folge haben,<br />

werden auch diese gemil<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> man kann sagen, durch den Meister geglättet. Und<br />

wie? Indem er eurer Seele das Brot des Lebens gibt, so daß sie stark wird.<br />

Angenommen, es findet ein Kampf statt: <strong>der</strong> eine Mensch ist sehr schwach und die<br />

an<strong>der</strong>en sind stark. Sie werden handgreiflich und tun ihm dies und jenes an. Der<br />

arme schwache Mann bekommt einen Schlag und geht zu Boden; er schreit: "Ihr tötet<br />

mich!" Und die an<strong>der</strong>en, die stark sind, sagen: "Das tut dir nichts. Wir haben schon so<br />

viele Schläge bekommen, aber wir machen uns nichts daraus." Warum? Weil sie stark<br />

sind.<br />

<strong>Die</strong> Rückwirkungen kommen, aber für jene, <strong>der</strong>en Seele stark ist, die das Brot des<br />

Lebens haben, verlieren sie ihre bedrückende Wirkung. Für die Zukunft schreibt uns<br />

<strong>der</strong> Meister eine Verhaltensweise vor. Für die Gegenwart, die nun Frucht trägt, gibt er<br />

<strong>der</strong> Seele Nahrung, so daß sie stark wird und keine bedrückende Wirkung empfindet.<br />

Und für jene (Karmas), die noch nicht Frucht tragen, gibt er dem Schüler eine<br />

Verbindung mit Gott im Innern- indem er innerlich mit Gott in Verbindung kommt.<br />

Wenn sein inneres Auge geöffnet ist, sieht er, daß Er alles bewirkt, daß wir nur<br />

Puppen in Seinen Händen sind. Er wird ein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan.<br />

Das Ergebnis ist, daß keine Ichheit verbleibt - und all jene Handlungen, die in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit gesät wurden und noch Frucht bringen, verbrannt werden. Wer ist<br />

noch da, um die Frucht zu ertragen?<br />

Das ist also <strong>der</strong> Weg, wie man den Rückwirkungen <strong>der</strong> Vergangenheit entkommen<br />

kann. Wenn man sagt: "Ich kann dies o<strong>der</strong> jenes tun" - mit ein wenig Ichheit dabei -<br />

solange man <strong>der</strong> Täter ist, muß man die Rückwirkungen davon ertragen. Wenn kein<br />

Täter verbleibt, ist Gott <strong>der</strong> Täter. Dann ist man (von den Rückwirkungen)<br />

entbunden.<br />

Im Koran (<strong>der</strong> heiligen Schrift <strong>der</strong> Mohammedaner), gibt es eine Erzählung von<br />

einem Heiligen, <strong>der</strong> in frühester Kindheit die Welt verließ und in einem Dschungel<br />

wie diesem hier wohnte (<strong>der</strong> Meister bezieht sich auf den Kirpal Ashram, dessen<br />

Gelände von Wildnis bedeckt ist). Hier gibt es glücklicherweise genug Wasser,<br />

Elektrizität und alles an<strong>der</strong>e. Aber dort gab es nichts <strong>der</strong>gleichen. Meilenweit im<br />

Umkreis gab es kein Wasser und nichts zu essen.<br />

So betete er zu Gott, und Gott traf Vorkehrungen, um für ihn zu sorgen. Eine kleine<br />

Quelle schoß hervor, aus <strong>der</strong> ganz köstliches Wasser floß, das er gewöhnlich trank.<br />

Und es wird berichtet, daß dort ein Granatapfelbaum stand, <strong>der</strong> jeden Tag einen<br />

Granatapfel trug. Er aß den Granatapfel, trank das Wasser und verbrachte so seine<br />

Tage.<br />

Es steht dort, daß er nach vielen, vielen Jahren - 70 o<strong>der</strong> 80 Jahre - starb. Er wurde<br />

vor das Gericht Gottes geführt- Gott schaute ihn an: "Nun, aus Gnade vergeben wir<br />

dir."<br />

Seine Augen öffneten sich weit: "Aber mein ganzes Leben lang habe ich mich selbst<br />

abgetötet, diese und jene Bußübung durchgeführt; und bei all dem wird mir nun aus<br />

Gnade vergeben - als reiner Akt <strong>der</strong> Gnade?" In seinem Innersten dachte er vielleicht,<br />

daß ihm eine sehr große Ungerechtigkeit wi<strong>der</strong>fuhr.<br />

63


Gott las seine Gedanken und sagte: "Möchtest du gerne, daß wir eine Aufstellung<br />

deiner Handlungen machen?"<br />

"Ja, wenn ich bitten darf." (In seinem innersten Herzen wünschte er es.) "Gut, sieh<br />

her. In dem Dschungel gab es meilenweit kein Wasser. Nur für dich wurde dort eine<br />

Quelle erschaffen - ganz allein für dich. Und da stand ein Granatapfelbaum, <strong>der</strong> jeden<br />

Tag einen großen Granatapfel trug: kein Baum kann fortwährend täglich eine Frucht<br />

hervorbringen. Das ist also ein Ausgleich für alles, was du getan hast. Nun laß uns<br />

deine an<strong>der</strong>en Handlungen betrachten: du gingst einen Weg entlang und ein Insekt<br />

starb - von deinen Füßen zertreten. Du mußt zertreten werden, wie du zertreten hast.<br />

Weiterhin tatest du dies und jenes..."<br />

Der Heilige dachte, daß sich seine Lage womöglich zum Schlechten gewendet habe<br />

und sagte: "Gut, bitte entschuldige mich; vergib mir, wenn es dir gefällt."<br />

<strong>Die</strong> Meister kommen nicht, um das Gesetz zu brechen, son<strong>der</strong>n um das Gesetz zu<br />

erfüllen, nicht durch Handlung und Rückwirkung, son<strong>der</strong>n als eine Sache <strong>der</strong><br />

Erlösung durch Gnade. Guru Nanak sagt: "Durch Handlungen ruft man<br />

Rückwirkungen hervor. Wie du säst, so wirst du ernten. Erlösung aber kommt nur<br />

durch Gnade." Das sagen alle Meister.<br />

Das heißt natürlich nicht, daß wir lasterhaft sein sollten. Entsprechend den<br />

Geboten, die uns <strong>der</strong> Meister gab, sollten wir uns selbst beschränken.<br />

Zu einer an<strong>der</strong>en Frage, über die du etwas wissen möchtest: Wenn ein Vater ein<br />

Kind hat, das ihm nicht gehorcht und es eine strafbare Handlung begeht - irgend so<br />

etwas - was würde <strong>der</strong> Vater tun? Würde er es <strong>der</strong> Polizei übergeben? Ich glaube<br />

nicht. Kein Vater würde es zulassen, daß sein Sohn <strong>der</strong> Polizei übergeben wird. Er<br />

mag ihn einmal o<strong>der</strong> zweimal schlagen, aber er wird ihn nicht <strong>der</strong> Polizei ausliefern.<br />

Wenn ihr zu einem Meister kommt — dem Gott in ihm — seid ihr gleicherweise alle<br />

seine Kin<strong>der</strong>. Er überläßt euch nicht dem üblichen Weg, um die Frucht dessen zu<br />

ertragen, was ihr gesät habt, Das ist ein Zugeständnis. Wie lange werdet ihr<br />

an<strong>der</strong>erseits damit fortfahren? Zuerst ist <strong>der</strong> Samen da und dann <strong>der</strong> Baum, dann<br />

gibt es viele Samen und wie<strong>der</strong> einen Baum. War das Ei vor <strong>der</strong> Henne da o<strong>der</strong> die<br />

Henne vor dem Ei? Wo ist das Ende? Also ist es eine Sache des Ausgleichs durch<br />

Gnade. So ähnlich ist es - damit ihr es verstehen könnt. Wenn ihr nicht ein bewußter<br />

Mitarbeiter am göttlichen Plan werdet, gibt es kein Entkommen, keine Befreiung,<br />

"Wie ihr sät, so werdet ihr ernten" - über Äonen und Äonen geht das so weiter.<br />

Frage: Müssen wir auf dieser physischen Ebene alles begleichen - das ganze Karma,<br />

das wir haben? - wie das Karma von <strong>der</strong> Art "B", das wir in diesem Leben zu Ende<br />

bringen? Was ist mit den Dingen, die wir jetzt tun o<strong>der</strong> in diesem Leben getan haben -<br />

was ist, wenn wir nicht alles beglichen haben, wenn die Zeit unseres Todes naht?<br />

Der Meister: Ich glaube, ich habe dir geantwortet, und du hast es nicht verstanden.<br />

Wenn du ein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan wirst, wenn du selbstlos wirst,<br />

wer wird dann ertragen, was immer du auch getan hast? Darum sagen alle Meister:<br />

"Seid wunschlos." Der Meister versucht, alle deine Rückwirkungen aus <strong>der</strong><br />

Vergangenheit abzuwickeln, einfach, indem er dich stärkt, wie ich dir sagte - indem er<br />

deiner Seele das Brot des Lebens gibt - damit dich die aufkommenden<br />

Rückwirkungen nicht quälen. Aber er rührt die Karmas nicht an, sonst würde man<br />

sterben, sobald man initiiert wird. Aus diesem Grund wird dieses Karma nicht<br />

berührt. Für die Zukunft legt er eine Verhaltensweise fest. Hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Vergangenheit: wenn ihr selbstlos werdet - ein bewußter Mitarbeiter -, dann werden<br />

keine Rückwirkungen eintreten. Guru Nanak sagt: "O Meister, welchen Sinn hat es,<br />

zu deinen Füßen zu kommen, wenn wir dann dennoch die Früchte all unserer<br />

64


vergangenen Handlungen ertragen müssen?" Er nennt uns ein Beispiel: "Welchen<br />

Nutzen hat, zu den Füßen eines Löwen Zuflucht zu suchen, wenn auch dann Schakale<br />

kommen und dich anheulen?"<br />

Das ist also ein großer Segen. Nun mag sich die Frage erheben: Was ist ein Meister?<br />

Ein Meister ist ein Mensch wie ihr. Je<strong>der</strong> von uns hat die gleichen Vorrechte. Der<br />

Unterschied liegt nur in <strong>der</strong> Tatsache, daß obschon Gott in jedem Herzen wohnt, Er<br />

sich nun im Herzen eines Meisters offenbart.<br />

Der Meister ist ein bewußter Mitarbeiter; das heißt, Er tut alles: nicht er (<strong>der</strong><br />

Meister) spricht, son<strong>der</strong>n es ist Gott in ihm, <strong>der</strong> spricht. Er wird zum Sprachrohr<br />

Gottes. Wir können auch ein Sprachrohr Gottes werden. Je<strong>der</strong> Heilige hat seine<br />

Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft.<br />

Wie ist er zum Sprachrohr Gottes geworden? Ein Mensch, <strong>der</strong> diese Stufe erreicht<br />

hat, kann euch helfen. Am allerersten Tag, wenn er dich initiiert, zieht er deine Seele<br />

zurück, erhebt sie über das Körperbewußtsein und gibt dir eine Verbindung mit dem<br />

Licht- und Tonprinzip Gottes. Das ist <strong>der</strong> Weg zurück zum höchsten, absoluten Gott<br />

.Wenn ihr euch all dessen völlig bewußt werdet, seht ihr, daß "Er es ist, <strong>der</strong> alles<br />

bewirkt, nicht ich." Wenn also alle Rückwirkungen beendet sind, ist es, wie wenn man<br />

ein paar Samenkörner hat, die im Ofen geröstet wurden: selbst wenn man sie sät,<br />

werden sie keine Frucht tragen, sie werden nicht wachsen. So etwa ist es.<br />

Kirpal Sandesh, 1, 1979/80<br />

<br />

SEHEN STEHT ÜBER ALLEM<br />

Ein Interview mit Meister Kirpal Singh vom 24. Oktober 1963, in Toronto, Kanada<br />

Schüler (zum Meister gewandt): Sie (eine Zeitungsreporterin) bittet Euch, fünf<br />

Minuten zu sprechen. Was ist Euer Hauptanliegen, worin besteht Eure <strong>Mission</strong>?<br />

Dann können sie (die anwesenden Reporter) auf dieser Grundlage <strong>Fragen</strong> stellen.<br />

Der Meister. Sehen Sie, wann immer Meister kamen, verkündeten sie die eine<br />

universale Lehre, daß Gott den Menschen schuf - und daß Er alle Menschen gleich<br />

erschuf. <strong>Die</strong> ganze Menschheit ist eins, und alle haben die gleichen Vorrechte von<br />

Gott. Gotterkenntnis ist das höchste Ziel des menschlichen Lebens. Und um Gott zu<br />

erkennen, müssen wir erst uns selbst erkennen. Selbsterkenntnis geht <strong>der</strong><br />

Gotterkenntnis voraus. Das ist, was alle Meister sagten: "Erkennt euch selbst!"<br />

Schüler (zu den Reportern): Können Sie das verstehen - o<strong>der</strong> nicht?<br />

Der Meister: Und zu diesem Zweck haben wir uns den verschiedenen geistigen<br />

Schulen, den Religionen, angeschlossen, um das höchste Ziel des Lebens zu<br />

erreichen, um Gott zu erkennen und zuerst uns selbst zu erkennen. <strong>Die</strong> Religionen<br />

65


sind also unsere geistigen Schulen, denen wir beigetreten sind, um dieses Ziel zu<br />

erreichen. <strong>Die</strong> Religionen sind von Menschen gemacht. Ihr höchstes Ziel ist, Gott zu<br />

erkennen und uns zuerst selbst zu erkennen. <strong>Die</strong> Religionen wurden zu unserer<br />

moralischen und spirituellen Erhebung geschaffen - aber sie wurden für uns<br />

geschaffen und nicht wir für sie. Seht ihr, wir müssen sie auf beste Weise nutzen, um<br />

Gott zu erkennen. Nun, in allen Religionen hat es Meister gegeben, und sie haben das<br />

gleiche gesagt. Sie sprachen immer über die gleichen Dinge zu uns, alle Meister <strong>der</strong><br />

Vergangenheit, ob sie nun im Osten o<strong>der</strong> Westen kamen.<br />

Ihre Botschaft lautet also, daß die ganze Menschheit eins ist. Als Körper sind wir eins<br />

- wir alle haben den menschlichen Körper auf dieselbe Weise erhalten. Als Seele sind<br />

wir alle eins, und als Verehrer des gleichen Gottes sind wir ebenso eins. <strong>Die</strong> Einheit<br />

besteht bereits - wir haben sie nur vergessen. <strong>Die</strong> Meister kommen und beleben diese<br />

Wahrheit wie<strong>der</strong>, die ihr vergessen habt. Das allein ist nun unsere Aufgabe, denn<br />

trotz all unserer Errungenschaften, physisch und intellektuell, sind wir nicht<br />

glücklich. <strong>Die</strong> Spiritualität ist die einzige Hoffnung, die uns geblieben ist - das<br />

Wissen, das ihr vergessen habt, muß erneuert werden. Zu diesem Zweck traf ich fast<br />

alle religiösen und sozialen und auch die politischen Führer. Denn sie sind es, die die<br />

Massen in <strong>der</strong> Gewalt haben. Wenn sich ihre Einstellung än<strong>der</strong>t, kann es in <strong>der</strong> Welt<br />

Frieden geben. Das ist die <strong>Mission</strong>, mit <strong>der</strong> wir von Indien gekommen sind.<br />

Seht ihr, ich war in verschiedenen europäischen Län<strong>der</strong>n und habe dort ein großes<br />

Echo gefunden. In Österreich habe ich in einer Jesuitenschule gesprochen, und<br />

daraufhin empfahl man uns dem Vatikan. Und im Vatikan hatten wir ein langes<br />

<strong>Gespr</strong>äch. Und als Folge bemühte sich <strong>der</strong> Pabst, zu einem Treffen aller<br />

nichtchristlichen Religionen aufzurufen. Man erwägt dort nun Schritte in dieser<br />

Richtung. Seht ihr, das ist für den Frieden in <strong>der</strong> Welt, mit Gottes Gnade. Unsere<br />

physischen und intellektuellen Errungenschaften vermochten uns keinen Frieden zu<br />

bringen - wir haben Atombomben et cetera. Wenn es zum Krieg kommt, dann ist das<br />

das Ende <strong>der</strong> Welt! <strong>Die</strong> Spiritualität ist die einzige Hoffnung, die wir auf <strong>der</strong> ganzen<br />

Welt noch haben. Das ist <strong>der</strong> Hauptzweck unserer Reise. Ich war erst in Europa, dann<br />

kam ich hierher in die Vereinigten Staaten, und nun Kanada - durch den Norden,<br />

Osten und Westen. Aber <strong>der</strong> Hauptzweck ist genau das. Und wir haben überall ein<br />

großes Echo empfangen. Das ist fast ein Erwachen, von Gott droben gesandt. Seht<br />

ihr? Man versucht nun, die Untergruppen aller Religionen wie<strong>der</strong> zu vereinen. Alle<br />

Religionen versuchen, ihre Untergruppen wie<strong>der</strong> zu vereinen.<br />

1. Reporter: Entschuldigen Sie bitte - was versuchen sie wie<strong>der</strong> zu vereinen?<br />

Der Meister: Ihre Untergruppen. Schauen Sie, es gibt da so viele Untergruppen.<br />

Manche sind Protestanten, an<strong>der</strong>e Katholiken, wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e griechisch-orthodox,<br />

koptisch o<strong>der</strong> byzantinisch - es gibt so viele. Sie vertreten fast das gleiche<br />

Christentum. Sie (<strong>der</strong> Vatikan) versuchen sie also wie<strong>der</strong> zusammenzubringen.<br />

Schauen Sie, unser Ziel ist, alle Religionen zusammenzubringen - nicht nur eine<br />

Religion - son<strong>der</strong>n alle Religionen zusammenzubringen. Zu diesem Zweck hatten wir<br />

1957 eine Konferenz in Indien - die erste große Konferenz unter dem Namen <strong>der</strong><br />

"Weltgemeinschaft <strong>der</strong> Religionen".<br />

1. Reporter: Und Sie waren ihr Präsident?<br />

66


Der Meister: Ja, ich war <strong>der</strong> Präsident. Es kamen über 250 Delegierte aller<br />

Religionen, auch aus dem Ausland. Und mehr als 250 000 Menschen nahmen teil.<br />

<strong>Die</strong> zweite Konferenz mit denselben Zielen wurde 1960 in Kalkutta gehalten. Sehen<br />

Sie, und bis jetzt bin ich <strong>der</strong> Präsident. Das ist die Aufgabe, die wir nun hier im<br />

Westen haben: alle spirituellen und sozialen und auch die politischen Führer<br />

kennenzulernen. Und sie gaben alle eine positive Antwort. Bei <strong>der</strong> nächsten<br />

Konferenz, die Ende 1964 stattfinden wird, erwarten wir also auch von dieser Seite<br />

viele Delegierte. Das wird eine große Versammlung, natürlich in Indien. Der<br />

Hauptzweck unsere Reise ist also, alle Kin<strong>der</strong> Gottes auf einer gemeinsamen Ebene<br />

zusammenzubringen, ohne Ihre Religion zu än<strong>der</strong>n. Sie müssen in ihren Religionen<br />

bleiben, aber zusammensitzen und einan<strong>der</strong> verstehen. Wir sind bereits eins - wir<br />

haben es nur vergessen. Das ist unser Hauptanliegen.<br />

Schüler: Haben Sie das nun verstanden?<br />

1. Reporter: Ja, ich glaube schon.<br />

Schüler: Sie können ruhig noch etwas fragen.<br />

1. Reporter: Ich würde gerne wissen, ob Sie die <strong>Mission</strong> <strong>der</strong> "Wissenschaft <strong>der</strong> Seele"<br />

gegründet haben und was damit gemeint ist.<br />

Der Meister: Es ist eine Sache <strong>der</strong> praktischen Selbstanalyse - <strong>der</strong> Trennung <strong>der</strong> Seele<br />

von Gemüt, Sinnen und äußeren Dingen: eine Selbst-Analyse o<strong>der</strong> Abtrennung des<br />

Selbst.<br />

1. Reporter: Und das geschieht durch die Meditation?<br />

Der Meister: Ja, sehen Sie, das ist keine Sache von Gefühlen, Empfindungen o<strong>der</strong><br />

Schlußfolgerungen. Es ist eine praktische Selbstanalyse. <strong>Die</strong> Menschen sitzen in<br />

Meditation und erhalten eine Erfahrung, wie sie sich selbst analysieren (vom Körper<br />

trennen), wie sie sich über das Körperbewußtsein erheben. Das ist mit den Worten<br />

"Ihr müßt von neuem geboren werden" gemeint. Verstehen Sie? Wie man ins Jenseits<br />

"geboren" wird und sich über das Körperbewußtsein erhebt. Alle Meister haben<br />

gesagt: "Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt." Und das bedeutet<br />

einfach, sich über das Körperbewußtsein zu erheben.<br />

2. Reporter: Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt?<br />

Der Meister: Ja.<br />

Schüler: Das wird "Pfad <strong>der</strong> Meister" genannt.<br />

Der Meister: Der Pfad <strong>der</strong> Meister o<strong>der</strong> <strong>der</strong> natürliche Weg - <strong>der</strong> "Surat-Yoga". Sehen<br />

Sie, das kann auch ein Kind. Gestern (in Hamilton) waren in dem Haus, wo wir<br />

wohnten, mehr als hun<strong>der</strong>t Schulkin<strong>der</strong>...<br />

Schüler: Gestern (am 23. Oktober 1963) hielt <strong>der</strong> Meister in ihrem Wohnort<br />

(Hamilton) eine beson<strong>der</strong>e Versammlung für hun<strong>der</strong>t kleine Kin<strong>der</strong> aus <strong>der</strong><br />

Nachbarschaft ab. Sie kamen also und waren sehr erstaunt. Man wies sie an, zehn<br />

Minuten in stiller Meditation zu sitzen. Es war ganz einfach: schließt die Augen und<br />

schaut. Der Meister gibt seine Ausstrahlung, um ihre Seelen zu erheben. Der Meister<br />

67


at all die aufzustehen, die etwas gesehen hatten. Mehr als neunzig Prozent standen<br />

auf, und sie hatten ein starkes Licht gesehen; und sieben von ihnen sahen Jesus<br />

Christus. Das ist die innere Offenbarung, in <strong>der</strong> er erfahren ist.<br />

2. Reporter: Siebzehn o<strong>der</strong> sieben?<br />

Schüler: Sieben. Sieben kleine Kin<strong>der</strong> sahen Jesus Christus. Und an<strong>der</strong>e sahen auch<br />

die strahlende Form des Meisters, denn er ist <strong>der</strong> lebende Heilige unserer Zeit.<br />

2. Reporter: Nun, beschreiben Sie das bitte.<br />

Schüler: Ich weiß nicht wie. Wissen Sie, das können nur jene, die sehen. <strong>Die</strong><br />

Menschen sahen Jesus, und sie glaubten ihm nicht. Sie sagten ihm sogar, daß er ein<br />

falscher Prophet sei.<br />

2. Reporter: <strong>Die</strong>se sieben kleinen Kin<strong>der</strong> sahen Jesus Christus. Wie wußten sie, daß es<br />

Jesus Christus war?<br />

Schüler: Sie konnten es sehen, verstehen Sie?<br />

Der Meister: Sie hatten sein Photo gesehen, und sie erkannten ihn. Sie sagten, sie<br />

haben ihn durch das Bild erkannt, daß sie von Christus gesehen hatten. Das ist eine<br />

Gabe Gottes, sehen Sie? Man kann natürlich erst dann von etwas überzeugt sein,<br />

wenn man es selbst erlebt hat. Das ist richtig. Christus sagte: "Ich offenbare mich<br />

jenen, die aufrichtig nach mir verlangen", aber aus Mangel an Menschen <strong>der</strong> Praxis<br />

wurde das zu - wie soll ich sagen? - zu einer bloßen "Geschichte", das ist alles. (Siehe<br />

Joh. 14,18-21)<br />

Schüler: "So ihr nicht werdet wie die Kin<strong>der</strong>, könnt ihr nicht in das Reich Gottes<br />

eingehen."<br />

Reporter (mehrere gleichzeitig): Dann habt Ihr sie zuerst in den Lehren Christi<br />

unterwiesen?<br />

Schüler: An<strong>der</strong>e Meister haben das gleiche gesagt.<br />

1. Reporter: Aber was ist mit <strong>der</strong> Ausstrahlung, die Ihr erwähnt habt?<br />

Der Meister: Nun, wenn Sie sich nie<strong>der</strong>setzen und es erleben, dann sehen Sie es<br />

selbst.<br />

Schüler: Kommen Sie morgen früh und sehen Sie, was das alles bedeutet.<br />

1. Reporter: Was hat er da gerade über die Ausstrahlung gesagt?<br />

Schüler: Es ist seine Kraft.<br />

Der Meister: Man kann sagen, Ausstrahlung bedeutet "Gedankenkraft".<br />

1. Reporter: Ist es Berührung o<strong>der</strong> ist es...?<br />

Der Meister: Ohne Berührung!<br />

68


3. Reporter: Er sagte "Gedankenkraft".<br />

Der Meister: Man kann auch "Aufmerksamkeit" sagen.<br />

Schüler: Ich kann euch da eine kleine Geschichte erzählen, vielleicht interessiert sie<br />

euch...<br />

Der Meister: Du brauchst dich nicht mit Einzelheiten zu befassen. Sie können es nicht<br />

glauben, bevor sie es nicht selbst erlebt haben. Verstehst du? Sage Ihnen - auf ihrer<br />

Ebene - was an<strong>der</strong>e Menschen erhalten haben. Natürlich bedeutet das, Gott zu<br />

erkennen, versteht ihr? Was bedeutet, Gott zu erkennen? Gott ist Licht, Leben und<br />

Liebe. Bevor man das Licht nicht sieht, hat man Gott nicht gesehen. Ihr könnt das<br />

Licht Gottes sehen - nicht den absoluten Gott, <strong>der</strong> sich noch nicht zum Ausdruck<br />

gebracht hat. Das ist also eine reguläre Wissenschaft, die man erst verstehen muß,<br />

doch nicht in ein o<strong>der</strong> zwei Minuten. Aber je<strong>der</strong> kann diese Erfahrung erlangen; und<br />

bis jetzt haben sie alle erlangt - mit Gottes Gnade. Mehr kann ich dazu nicht sagen.<br />

2. Reporter: Sagen Sie uns etwas über die "Praktische Selbstanalyse", die Sie erwähnt<br />

haben.<br />

Der Meister: Das ist das Erheben über das Körperbewußtsein: "Lernt zu sterben,<br />

damit ihr zu leben beginnen könnt." Paulus sagte: "Ich sterbe täglich" (1.<br />

Korintherbrief 15,31). <strong>Die</strong> Worte sind da (<strong>der</strong> Meister schmunzelt), wir wissen nur<br />

nicht, was sie wirklich bedeuten - aus Mangel an erfahrenen Menschen.<br />

2. Reporter: Nun, das ist also ein Art Yoga, nicht wahr?<br />

Der Meister: Nein. Der Yoga-Weg ist an<strong>der</strong>s. Er umfaßt - nun, da gibt es den<br />

Hatha-Yoga, Prana-Yoga, den Janana-Yoga und an<strong>der</strong>e. Er ist keiner von diesen. Er<br />

ist <strong>der</strong> natürliche Weg zurück zu Gott. Er wird "Surat- Yoga" genannt.<br />

2. Reporter: Wie wird er genannt?<br />

Der Meister: Surat-Shabd-Yoga! Surat-Yoga - <strong>der</strong> Pfad <strong>der</strong> Meister.<br />

Schüler: Der Pfad <strong>der</strong> Meister, <strong>der</strong> Yoga des Tonstroms. Das bedeutet, von neuem<br />

geboren zu werden.<br />

Der Meister: Von neuem geboren zu werden, täglich zu sterben.<br />

2. Reporter: Das geschieht, wenn man meditiert?<br />

Der Meister: Ja. Zu diesem Zweck wird eine Meditationssitzung gegeben. Und dann<br />

erlebt man, wie man sich über das Körperbewußtsein erhebt. Das innere Auge wird<br />

auch geöffnet und man sieht, daß da Licht ist. Das ist, was Christus zu seinen<br />

Schülern sagte: "Ihr seid gesegnet. Ihr seht das, was die Propheten und<br />

Rechtschaffenen nicht sehen konnten." Da ist etwas in uns, aber wir wissen es nicht<br />

aus eigenem Erleben, weil es keine Menschen gibt, die darin erfahren sind.<br />

2. Reporter: Nun, ist das nicht dasselbe, was so ein Mann auf einem Nagelbett erlebt?<br />

Er erhebt sich doch über das Körperbewußtsein.<br />

69


Der Meister: Wer?<br />

2. Reporter: So ein heiliger Mann in Indien, <strong>der</strong> sich selbst im Feuer verbrennt o<strong>der</strong><br />

auf einem Bett aus Nägeln sitzt.<br />

Der Meister: Ja, natürlich. Sie kennen auch den Weg - natürlich nur ein bißchen. Das<br />

ist ein harter Weg. Und dies hier ist <strong>der</strong> natürliche Weg: selbst Kin<strong>der</strong> können ihn<br />

gehen. Aber man braucht einen kompetenten Führer.<br />

2. Reporter: Nun gut, wenn man das einmal gelernt hat, was geschieht dann?<br />

Der Meister: Was dann geschieht? Man erhebt sich ins Jenseits - was auch nach dem<br />

Tode geschieht.<br />

1. Reporter: Ich meine... warum möchtet Ihr, daß wir das tun?<br />

Der Meister: Man braucht es nicht zu tun, wenn man nicht will. Aber wenn man<br />

Christus und an<strong>der</strong>en Meistern nachfolgen möchte, dann muß man es tun. Wenn<br />

man es nicht tut, ist man kein Nachfolger von Christus o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Meistern.<br />

2. Reporter: Aber wenn ich es tue...<br />

Der Meister: Wenn Sie es tun, dann erfahren Sie es...<br />

2. Reporter: ... wie verän<strong>der</strong>t es dann mein Leben?<br />

Der Meister: Ihre Sicht <strong>der</strong> Dinge verän<strong>der</strong>t sich.<br />

Schüler: Sie werden Frieden finden.<br />

Der Meister: Jetzt sagen Sie, sie sind <strong>der</strong> Körper. Sie sehen alles von <strong>der</strong> Ebene des<br />

Körpers aus. Dann sagen sie, daß Sie nicht <strong>der</strong> Körper sind - Sie sehen die Dinge von<br />

einer höheren Ebene aus.<br />

2. Reporter: Aber ich habe Frieden gefunden - ich mache mir keinerlei Sorgen.<br />

Schüler: In <strong>der</strong> Bibel steht: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, dann wird euch<br />

alles an<strong>der</strong>e dazugegeben.<br />

2. Reporter: Das, was ich möchte, will ich hier - ich will nicht irgendwo an<strong>der</strong>s<br />

hingehen.<br />

Schüler: Setzten Sie sich und sehen Sie selbst, wenn Sie möchten - aber Sie müssen<br />

daran glauben.<br />

Der Meister: Kommen Sie bitte morgen früh, wenn Sie das möchten, wenn Ihr Gemüt<br />

soviel Glauben aufbringt. Wenn Sie nur mit dieser kritischen Einstellung, die Sie jetzt<br />

haben, dasitzen, werden Sie nichts erhalten. (Der Meister schmunzelt.)<br />

2. Reporter: Ich bin zu westlich und praktisch veranlagt.<br />

70


Der Meister: Oh! Ich bin noch praktischer veranlagt als ein westlicher Mensch.<br />

Schauen Sie, ich bin ein Mensch des Ostens und des Westens. Beides! Nun bin ich ein<br />

Mensch des Westens; ich bin hier - und nicht länger ein Mensch des Ostens.<br />

2. Reporter: Nun möchte ich fragen, was denn Ihrer Meinung nach an diesem Weg so<br />

neu ist, wenn Sie uns solche christlichen Lehren wie eben anbieten? Der Weg <strong>der</strong><br />

Meditation ist nicht neu. Ihre Kultur hat <strong>der</strong> Meditation schon lange große Bedeutung<br />

zugemessen. Und was hat Ihre "Wissenschaft <strong>der</strong> Seele" sonst zu bieten, um ein neuer<br />

Weg auf <strong>der</strong> Suche nach Gott zu sein?<br />

Der Meister: Nein, dies ist eine alte, alte Wissenschaft, die wir nur vergessen haben.<br />

Wenn die Meister kommen, geben sie ihr neues Leben. Dann gehen sie wie<strong>der</strong> fort -<br />

und da irren menschlich ist, gründen wir danach einfach Gemeinschaften, die dann<br />

erstarren und entarten. Wenn immer Meister kommen, begehren sie dagegen auf.<br />

Das ist keine neue Wissenschaft: es gibt nur eine Wahrheit.<br />

1. Reporter: Ja, das ist keine neue Wissenschaft, aber...<br />

Der Meister: Es ist eine Wie<strong>der</strong>belebung <strong>der</strong> alten, alten Wissenschaft, die wir<br />

vergessen haben.<br />

1. Reporter: Ja, das wollte ich hören. Aber offensichtlich haben Sie - ich gebrauche<br />

dieses Wort nicht gern - diese Wissenschaft "popularisiert".<br />

Der Meister: Ja, wie es unsere Zeit erfor<strong>der</strong>t!<br />

1. Reporter: Haben Sie schon einmal Billy Graham getroffen?<br />

Der Meister: Bis jetzt bin ich ihm noch nicht begegnet.<br />

1. Reporter: Sie haben ihn also noch nicht getroffen. Was halten Sie von seinen<br />

Methoden?<br />

Der Meister: Nun, ich habe ihn noch nicht gesehen, und ich weiß nicht, was er macht.<br />

Wie kann ich über jemand etwas sagen, den ich nicht kenne? Wenn Sie mir sagen,<br />

was er macht, kann ich vielleicht sagen, was ich von meiner Sicht aus davon halte.<br />

Schüler: Er lehrt einfach das, was die Bibel sagt - nicht mehr.<br />

1. Reporter: Schon gut, wir können das übergehen. Mich interessierte nur, ob Sie ihm<br />

auf Ihrer Reise vielleicht irgendwann begegnet sind ...<br />

Der Meister: Nein, nein, nein, das nicht. Das Entscheidende ist, das alles, was diese<br />

Leute sagen, im allgemeinen eine Sache von Gefühlen, Empfindungen o<strong>der</strong><br />

Schlußfolgerungen ist. Verstehen Sie? Bloße Behauptungen. Wenn einer das Licht<br />

Gottes im Innern sieht, dann ist das <strong>der</strong> rechte Weg - und wenn Billy Graham das<br />

kann... Aber wenn er nur von seinen Gefühlen, Empfindungen o<strong>der</strong><br />

Schlußfolgerungen spricht, dann ist das keine Sünde. Mehr kann ich dazu nicht<br />

sagen. (Der Meister schmunzelt.) Sehen steht über allem.<br />

Schüler: Wir auf diesem Weg glauben, daß <strong>der</strong> Meister diese Aufgabe erfüllt - wenn es<br />

auch viele nicht glauben.<br />

71


Der Meister: Der Sohn kennt den Vater, und jene, denen Ihn <strong>der</strong> Vater offenbart.<br />

Wenn einer fähig ist, dies an<strong>der</strong>en zu offenbaren, dann wird er "Meister" genannt, ein<br />

spiritueller Mensch. Das ist die wahre Definition <strong>der</strong> Meister, die in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit gekommen sind. "Wenn dein Auge einfältig Ist, so wird dein ganzer<br />

Leib licht sein." Das ist ganz deutlich. Wenn uns einer das geben kann, folgt er dem<br />

Weg Christi und dem aller an<strong>der</strong>en Meister.<br />

Im allgemeinen wird uns nur die äußere Form gezeigt: Rituale, das Aufsagen von<br />

Gebeten und Lesen <strong>der</strong> Heiligen Schriften - das ist die Bereitung des Bodens. All das<br />

hat seinen eigenen Wert, umfaßt aber nur den Bereich <strong>der</strong> Gefühle, Empfindungen<br />

und Schlußfolgerungen und ist immer dem Irrtum unterworfen. Sehen steht über<br />

allem! Bevor ihr nicht seht, könnt ihr natürlich nicht überzeugt sein.<br />

Ihr könnt den Weg als Experiment aufnehmen. Aber solange ihr nicht seht, könnt ihr<br />

nicht überzeugt sein. Das ist ganz einfach eine Sache des Sehens. (Der Meister<br />

schmunzelt.)<br />

3. Reporter: Mit an<strong>der</strong>en Worten: Ihr lehrt also die inneren Lehren aller Religionen<br />

<strong>der</strong> ganzen Welt?<br />

Der Meister: Ja, so gut ich kann. Und durch die Gnade Gottes über uns bekommen<br />

die Menschen etwas - das ist alles, was ich sagen kann.<br />

1. Reporter: Aber Sie bezeichnen das, was Sie lehren, nicht als eine beson<strong>der</strong>e<br />

Religion?<br />

Der Meister: Ich gehöre einer geistigen Schule, die man den Sikh-Glauben nennt, als<br />

meiner Religion an. Wir achten alle Meister, die in <strong>der</strong> Vergangenheit gekommen<br />

sind o<strong>der</strong> noch kommen werden. Was ist denn ein Meister? Er ist die Gotteskraft, die<br />

sich in einem menschlichen Körper offenbart. Das ist es, was wir als "Meister"<br />

bezeichnen. Und kein Menschensohn als solcher vermag uns diese Gabe zu geben -<br />

nur Gott in ihm kann an<strong>der</strong>e Seelen erheben, damit sie mit Gott eins werden, um Ihn<br />

zu erkennen und zu sehen. Alle Verehrung gebührt Gott in ihm.<br />

3. Reporter: Ich möchte Sie noch etwas an<strong>der</strong>es fragen. Bei meinem Studium <strong>der</strong><br />

östlichen Lehren...<br />

Der Meister: Ja?<br />

3. Reporter: Man lernt von einem Meister, <strong>der</strong> von seinem Meister gelernt hat, und<br />

das setzt sich wie eine Kette fort. <strong>Die</strong>se Meisterkraft, die Sie haben, ist also wie ein<br />

Mantel, <strong>der</strong> von einem Meister zum an<strong>der</strong>en gereicht wird?<br />

Der Meister: Ja, eine Aufgabe; es ist eine Art von Auftrag...<br />

3. Reporter: Ein Auftrag, übergeben von... Der Meister: ... von Gott droben.<br />

3. Reporter: Ich verstehe, oh ja.<br />

1. Reporter (Frage an einen Schüler): Wie alt ist er denn?<br />

72


Schüler: Er ist siebzig Jahre alt und hat 36 Jahre bei <strong>der</strong> Britischen Regierung<br />

gearbeitet.<br />

Der Meister: Offen gesagt, ich bin ein Mensch wie ihr - wie ihr seht. (Der Meister<br />

schmunzelt.) Durch die Gnade Gottes und die Gnade des Meisters, zu dessen Füßen<br />

ich saß, lernte ich diesen praktischen Weg, bei dem die Menschen etwas erhalten.<br />

Und durch das vergleichende Studium <strong>der</strong> Religionen erkannte ich, daß sie alle<br />

dasselbe sagen. Natürlich haben an<strong>der</strong>e Meister diese Gedanken in ihrer eigenen<br />

Sprache verkündet, aber das macht keinen Unterschied. Wer das Licht Gottes sieht,<br />

<strong>der</strong> ist ein wahrer Christ. Wer das Licht Gottes sieht, <strong>der</strong> ist ein wahrer Sikh, ein<br />

wahrer Buddhist o<strong>der</strong> ein wahrer Mohammedaner. Und wer das Licht Gottes nicht<br />

sieht ... nun, <strong>der</strong> ist natürlich erst noch auf dem Weg, den Lehren seines Meisters treu<br />

zu sein.<br />

Schüler (Hinweis für die Reporter): Er verdient seinen eigenen Lebensunterhalt und<br />

wird seit seinem sechsten Lebensjahr ein "Heiliger" genannt.<br />

Der Meister: Aber das ist nur eine Gabe Gottes. Ich sehe mich selbst nur als einfachen<br />

Menschen. Was in mir ist, das ist in jedem - als Gabe Gottes. Das ist in allen<br />

Menschen. Je<strong>der</strong> Heilige hat seine Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft. Es<br />

gibt für einen jeden Hoffnung.<br />

3. Reporter: Ich habe gehört, Sie waren heute morgen beim kanadischen<br />

Gouverneur?<br />

Der Meister: Oh, ja.<br />

3. Reporter: Hat er mit Ihnen irgendwelche <strong>Fragen</strong> besprochen?<br />

Der Meister: O ja, er ging auf die Frage eines Friedens (mit den Dukhobors) ein, die<br />

dort angegriffen werden.<br />

Schüler: Tausende von Menschen stellen alle Arten von <strong>Fragen</strong>.<br />

3. Reporter: Sie haben mit dem Gouverneur also über dieses Friedensproblem und<br />

an<strong>der</strong>e <strong>Fragen</strong> gesprochen?<br />

Der Meister: Ich habe ihm gesagt, die Herrschenden sollten bedenken, daß so viele<br />

Kin<strong>der</strong> Gottes ihrer Fürsorge anvertraut worden sind. Wenn es die Regierungsoberhäupter<br />

auf diese Weise sehen würden, dann würden sie "leben und leben<br />

lassen". Er bejahte diese Gedanken sehr.<br />

Ich erwähnte, daß die politischen, sozialen und wie ich sagte, auch die religiösen<br />

Führer alle zu <strong>der</strong> Erkenntnis gelangen, daß die Spiritualität unsere einzige Hoffnung<br />

ist. Sie ist die einzige Hoffnung, die <strong>der</strong> Welt geblieben ist. Denn wenn ein Atomkrieg<br />

beginnt, ist er das Ende <strong>der</strong> Welt. Spiritualität ist also die einzige Hoffnung, die <strong>der</strong><br />

Welt geblieben ist. Und das hier ist Spiritualität - was ich euch da sage - und sie hat<br />

nichts mit äußeren Formen o<strong>der</strong> Ritualen zu tun und natürlich auch nichts mit <strong>der</strong><br />

äußeren Seite des Lebens, mit den grundlegenden Schritten. Selbstverständlich sind<br />

das gute Handlungen. Aber um Ihn zu erkennen, müssen wir einen Schritt weiter<br />

gehen, um das innere Auge zu öffnen, um das Licht Gottes zu sehen.<br />

73


Schüler (zu den Reportern): Der Meister hat den Gouverneur heute morgen getroffen.<br />

Er war von seiner <strong>Mission</strong> sehr beeindruckt, und sie tauschten Gedanken aus.<br />

Der Meister: Er äußerte sich sehr anerkennend. Er ist ein guter Mensch, und er<br />

arbeitet hart.<br />

Frieden, Frieden, alle wollen heute Frieden. Seht ihr, das ist ein von Gott gesandtes<br />

Erwachen. Je<strong>der</strong> versucht ihn zu verwirklichen. Und das ist <strong>der</strong> einzige Weg: wenn<br />

wir die Sicht unserer sozialen, politischen und religiösen Führer än<strong>der</strong>n, wird uns das<br />

Frieden bringen. Denn sie bilden die Kraft, die die Massen bewegt.<br />

2. Reporter: Glaubt Ihr, daß mit Spiritualität <strong>der</strong> Kaschmir-Konflikt gelöst werden<br />

könnte?<br />

Schüler: Ja, wenn man Gott liebt. "Liebet euren Nächsten", und <strong>der</strong> Konflikt ist<br />

beseitigt. In früheren Zeiten hatten alle Königinnen und Könige einen spirituellen<br />

Ratgeber. Aber heute sorgt man sich nicht mehr darum, und so kommt es zu diesen<br />

Schwierigkeiten.<br />

3. Reporter: Ich habe eine Frage, die sich nicht direkt auf Ihre Weltreise bezieht.<br />

Der Meister: Ja?<br />

3. Reporter: Da ich ein westlicher Mensch bin, hat es mich schon oft gewun<strong>der</strong>t, daß<br />

wir im Westen immer fähig waren, in unserem Leben die Wissenschaft o<strong>der</strong> das<br />

Gesundheitswesen zu entwickeln.<br />

Der Meister: Das ist richtig, ... das ist richtig.<br />

3. Reporter: Da aber nun Indien ein weit heiligeres Land als das unsere ist, hat es<br />

mich oft gewun<strong>der</strong>t, warum dort so viele Menschen in Armut leben, da es dort doch<br />

so viele Meister gibt und die Meisterkraft so stark wirkt; warum also nicht etwas von<br />

dieser Kraft so gelenkt wird, daß sie zum Wohl <strong>der</strong> Allgemeinheit wirkt?<br />

Der Meister: Sehen Sie, das ist auch ihr (<strong>der</strong> In<strong>der</strong>) Traum. <strong>Die</strong> Antwort auf Ihre<br />

Frage liegt in ihrer langen Versklavung durch fremde Regierungen in <strong>der</strong> Vergangenheit.<br />

Nun sind sie unabhängig, und sie tun ihr Bestes und noch mehr. In wenigen<br />

Jahren haben sie Wun<strong>der</strong>bares geleistet. Sie sind nicht reich geworden, haben aber<br />

trotzdem viel erreicht. Denn wenn man von einer fremden Macht beherrscht wird,<br />

kann man sich natürlich nicht entwickeln. <strong>Die</strong> Regierung tat damals auch etwas, aber<br />

nicht das, was sie (die Menschen Indiens) jetzt tun, wo sie wirklich unabhängig sind.<br />

3. Reporter: Das ist also die Ursache!<br />

Der Meister: Ja, das zeigt uns die Geschichte, wie Sie sehen.<br />

3. Reporter: Ich dachte, es sei vielleicht durch eine grundlegend falsche Einstellung<br />

bedingt?<br />

Der Meister: Nein, keinesfalls! Sehen Sie, in den fünfzehn Jahren (seit <strong>der</strong><br />

Unabhängigkeit Indiens) wurde Wun<strong>der</strong>bares geleistet, und Sie können den<br />

Fortschritt überall sehen. Aber dann fiel <strong>der</strong> schwere Schatten des Kommunismus auf<br />

74


uns. (Der chinesische Angriff auf die indische Grenze.) Wir hatten nicht im Traum<br />

daran gedacht, weil wir keine Feinde hatten. Wir hatten Liebe für alle. Wir wollten<br />

leben und ließen auch die an<strong>der</strong>en leben. Das kam ganz plötzlich auf uns zu. Sehen<br />

Sie, natürlich versuchen wir nun, die Unschuldigen zu beschützen, wenn ihnen<br />

an<strong>der</strong>e ihren Besitz nehmen wollen.<br />

Schüler (Frage an die Reporter): Vielleicht konnten Sie nicht ganz verstehen, warum<br />

die Menschen in Indien so benachteiligt, arm und unterprivilegiert sind, obwohl es<br />

dort so viele Meister gibt.<br />

Der Meister: Ich habe Ihnen eine Antwort gegeben. Vielleicht haben Sie mich<br />

verstanden.<br />

2. Reporter: Entschuldigen Sie bitte. Ich habe nicht zugehört. Wie<strong>der</strong>holen Sie es<br />

bitte?<br />

Der Meister: Sie waren von fremden Regierungen beherrscht, von ihnen versklavt!<br />

Zuerst von den Mohammedanern, und dann kam die britische Herrschaft. Nun sieht<br />

man einen raschen Fortschritt - sie entwickeln sich wun<strong>der</strong>bar.<br />

Das war die Grundursache. Und darüber hinaus hat man sich in gewissem Ausmaß,<br />

wie soll ich sagen - mehr um das WORT als um die Welt gesorgt.<br />

3. Reporter: Das habe ich gemeint!<br />

Der Meister (schmunzelnd): Das geschah in gewissem Ausmaß - aber die an<strong>der</strong>en<br />

Dinge (die Sklaverei) hatten einen bedeutenden Einfluß, glauben Sie mir! Verstehen<br />

Sie?<br />

3. Reporter: Gewiß!<br />

Schüler: Aber auch viele Meister waren sehr arm. Jesus war auch nicht reich. Er<br />

sagte: "Ich habe kein Heim, wo ich mein Haupt zur Ruhe betten kann." Und er war<br />

ein Meister!<br />

Der Meister: Ja, Meisterschaft wird nicht durch Reichtum erlangt. Alle Menschen<br />

sind gleich, sie haben die gleichen Rechte von Gott - wenn ihr Gott erreicht, mögt ihr<br />

sie (die Meisterschaft) erlangen.<br />

Schüler: Aber in Indien sind trotzdem viele Menschen zufrieden. Sie sind zufrieden<br />

und kümmern sich nicht um ihre körperlichen Bedürfnisse, da sie ein<br />

philosophisches Leben führen.<br />

Der Meister: Sie trachten mehr nach dem Brot des Lebens als nach dem Brot für den<br />

Magen. (Der Meister schmunzelt.) Verstehen Sie? Aber glauben Sie mir, das ist nur<br />

eine Ursache, die vielleicht zwanzig o<strong>der</strong> fünfundzwanzig Prozent ausmacht. <strong>Die</strong><br />

an<strong>der</strong>en Dinge machen fünfundsiebzig Prozent aus. Und nun entwickeln sie sich in<br />

je<strong>der</strong> Hinsicht. Und sie hätten noch mehr erreicht, wären diese Schwierigkeiten (mit<br />

China) nicht aufgetaucht. Trotzdem schreiten wir fort.<br />

3. Reporter: Als Sie in Rom waren, haben Sie da nicht mit dem Papst gesprochen - mit<br />

Papst Paul?<br />

75


Der Meister: Ja. ich habe zuerst mit den Leuten im Vatikan gesprochen, zwei o<strong>der</strong><br />

drei Stunden lang - es war ein langes <strong>Gespr</strong>äch. Dann erst haben wir den Papst<br />

getroffen.<br />

3. Reporter: Und haben Sie mit ihm auch über das ökumenische Konzil gesprochen?<br />

Der Meister: Nein, aber er hat mich als Beobachter zu einem Treffen (mit den<br />

nichtchristlichen Religionen) eingeladen. Doch es war nicht möglich, es in mein<br />

Reiseprogramm aufzunehmen, und so konnte ich nicht daran teilnehmen. Und<br />

zuletzt gab er mir eine Silbermedaille und sprach über all diese Dinge. Und zum<br />

Abschied sagte er: "Wenn Sie für uns beten, dann bete ich auch für Indien." (Der<br />

Meister schmunzelt.)<br />

Schüler: In Amerika gibt es etwa dreitausend Schüler.<br />

Der Meister: Das sind alles Gottes Schüler. (Der Meister lächelt.)<br />

Schüler: Es kommen immer mehr Menschen aus allen Lebensbereichen. Und <strong>der</strong><br />

Meister hat Im Fernsehen In den Programmen <strong>der</strong> "Stimme Amerikas" und des CBS<br />

und auch im Rundfunk gesprochen - das waren wun<strong>der</strong>bare Botschaften.<br />

2. Reporter: Gibt es viele Schüler in Toronto?<br />

Schüler: Etwa hun<strong>der</strong>t. Und in Hamilton wurden wir sehr freundlich empfangen. Der<br />

Bürgermeister von Hamilton sprach eine halbe Stunde zu Ehren des Meisters und<br />

wünschte ihm viel Glück.<br />

2. Reporter: Sie haben vorhin über Meditation gesprochen. Waren da nicht auch<br />

Kin<strong>der</strong>?<br />

Schüler: O ja, da kamen etwa hun<strong>der</strong>t Kin<strong>der</strong>...<br />

Der Meister: Das war abends.<br />

Schüler: ...in Hamilton. Sie setzten sich und sahen ins Innere. Das war um 16.30 Uhr.<br />

Sie können es heute in <strong>der</strong> Zeitung lesen, weil auch Reporter da waren. (Am 23.<br />

Oktober 1963.)<br />

Der Meister: Natürlich wirkt das alles recht merkwürdig.<br />

Schüler: <strong>Die</strong> Liebe Gottes führt die Menschen.<br />

Der Meister: Das bewirkt allein Gott, Seine Gnade.<br />

Schüler: Er (<strong>der</strong> Meister) gab jedem (<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in Hamilton) einen Apfel und<br />

segnete sie.<br />

(Hier endet <strong>der</strong> offizielle Teil des Interviews; und für eine Weile hört man auf dem<br />

Tonband nur Lärm und Stimmengewirr. Dann wird es wie<strong>der</strong> ruhig, und man hört<br />

die Stimme des Meisters, wie er sagt: "Alle Ehre gebührt Gott allein.")<br />

Der Meister (zu den verbleibenden Reportern): Gott ist absolut. Erst war Er ohne das<br />

WORT. Als Er ins Sein trat, wurde Er das WORT, NAAM o<strong>der</strong> SHABDA genannt. Das<br />

76


war <strong>der</strong> Urgrund, man kann auch sagen, die wirkende Gotteskraft. Das WORT ist die<br />

wirkende Gotteskraft, die die ganze Welt erschuf. (Siehe Johannes 1,1-3.)<br />

3. Reporter: Kann man den Tonstrom als den "Heiligen Geist" bezeichnen, wie ihn die<br />

Christen nennen?<br />

Der Meister: Ja, und als den "Tröster". (Joh. 14,16)<br />

3. Reporter: Wenn ihr jemanden initiiert - wie bei den Kin<strong>der</strong>n gestern - o<strong>der</strong> mit<br />

an<strong>der</strong>en Worten: dann öffnet Ihr ihnen das geistige o<strong>der</strong> spirituelle Auge?<br />

Der Meister: Durch die Gnade Gottes.<br />

3. Reporter: Und Ihr könnt sie mit dem Geist Gottes verbinden?<br />

Der Meister: Genau das! Und das können sie selbst bezeugen.<br />

3. Reporter: Und in Indien wird Er wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s genannt.<br />

Der Meister: Glauben Sie mir, das (WORT) ist Gott, wie es alle Religionen lehrten.<br />

Zoroaster nannte es Sarosha. Verstehen Sie? Sarosha - das "aus sich selbst brennende<br />

Feuer" - das Licht- und Tonprinzip. <strong>Die</strong> Hindus nennen es Udgit, Sruti und Jyoti. <strong>Die</strong><br />

Mohammedaner nennen es Kalma, Nur o<strong>der</strong> Qalam-i-Qadim. Alle Meister sagen das<br />

gleiche, wie sie sehen. Auch Pythagoras sprach von <strong>der</strong> "in Licht gehüllten Wahrheit"<br />

und vom "Hören auf die Harmonie". Alle Meister haben das gleiche gelehrt, zu ihrer<br />

Zeit natürlich. Religion beginnt da, wo die Philosophien <strong>der</strong> Welt enden. Alle Meister<br />

haben das gleiche gesagt, natürlich in ihrer eigenen Sprache.<br />

Aus Mangel an praktisch erfahrenen Menschen können wir die rechte Bedeutung<br />

dieser Dinge nicht verstehen. Wir sprechen einfach auf <strong>der</strong> Ebene des Verstandes<br />

darüber. Philosophien befassen sich mit Theorien und <strong>der</strong> Mystizismus - das hier Ist<br />

wirklicher Mystizismus - befaßt sich mit <strong>der</strong> Wirklichkeit, mit <strong>der</strong> unmittelbaren<br />

Verbindung mit <strong>der</strong> wirkenden Gotteskraft.<br />

<strong>Die</strong> wirkende Gotteskraft hat zwei Aspekte: Licht und Ton. Und wir müssen eine<br />

tatsächliche Erfahrung von beiden erlangen. Bevor wir sie nicht erlangen, können wir<br />

nicht überzeugt sein und halten alles nur für Geschwätz. Über das Licht steht<br />

geschrieben: "Wenn ihr die Tore dieses Körpertempels schließt, erblickt ihr des<br />

Himmels Licht." "Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein."<br />

(Matth. 6,22) Auch in <strong>der</strong> Offenbarung lest ihr von "Donner" und "Trommelschlag"<br />

und von "Harfenspielern", die auf Harfen spielen...<br />

(Wie<strong>der</strong> hört man nur ein Stimmengewirr; mehrere Reporter sprechen gleichzeitig.<br />

Dann faßt <strong>der</strong> Meister das Gesagte zusammen:)<br />

<strong>Die</strong>se Hinweise finden wir in unseren Helligen Schriften. Doch wir müssen eine<br />

praktische Erfahrung davon erlangen. Bevor wir sie nicht haben, können wir nicht<br />

überzeugt sein und sagen nur: "Das ist alles Geschwätz." Das sind die<br />

Grundprinzipien aller Religionen. Wenn ihr Christen seid, dann ihr habt sie ganz<br />

einfach vergessen. (Der Meister schmunzelt.)<br />

77


Frau Blavatsky reiste nach Indien. Sie hielt einen Vortrag; und auch ein paar<br />

Professoren hörten zu. Einer <strong>der</strong> Professoren sagte: "Was Sie da sagen, ist bloßes<br />

Geschwätz; so unmöglich wie Blumen, die von <strong>der</strong> Decke regnen." Frau Blavatsky<br />

erwi<strong>der</strong>te: "Lieber Professor, glauben Sie, daß das unmöglich ist?" Und als sie das<br />

sagte, regnete es Blumen von <strong>der</strong> Decke, und sie bedeckten den ganzen Tisch. Der<br />

Professor war verblüfft. Dann erklärte ihm Frau Blavatsky: "Nun, mein Herr, auch<br />

das geschieht in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen, doch mit jenen, die uns<br />

noch verborgen sind."<br />

Das (Licht und Ton) sind also keine Wun<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n Gaben Gottes in Einklang mit<br />

jenen Gesetzen <strong>der</strong> Natur, die uns verborgen sind. Und wenn ein kompetenter<br />

Mensch die Kraft hat, diese Dinge zu offenbaren - dann nur durch Gott in ihm, denn<br />

dies vermag kein Menschensohn. Erst scheint es ganz unwahrscheinlich zu sein, daß<br />

es dort Licht geben kann. Aber wenn man es selbst sieht, dann ist es nicht länger<br />

Mesmerismus, Hypnose, Spiritualismus o<strong>der</strong> Spiritismus. Es ist eine bewußte<br />

Verbindung. Ihr werdet sie erlangen.<br />

Kirpal Sandesh, Heft 2, 1987/88<br />

<br />

WAS IST EIN WAHRER SATSANGI?<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh<br />

am 11. November 1963 in Louisville, Kentucky, USA<br />

Frage: Viele Jahre meines Lebens habe ich mich streng an den Grundsatz gehalten,<br />

nicht das Fleisch eines empfindenden Wesens irgendeiner Art o<strong>der</strong> irgendein Gift zu<br />

mir zu nehmen. Und aus diesem Grund habe ich immer empfunden, daß Ihr ein<br />

wun<strong>der</strong>volles Werk vollbringt. Aber ich kann nicht verstehen, warum Ihr diese<br />

Begrenzung auch auf Eier ausdehnt.<br />

Der Meister: Was Eier betrifft: Wir sollten eine Nahrung zu uns nehmen, die hilfreich<br />

ist. Wir möchten unsere Leidenschaften beherrschen. Alles, was dazu dient, die<br />

Leidenschaften zu entflammen, sollte vermieden werden.<br />

Frage: Ach so! Und Eier tun das mit Sicherheit. Ich verstehe.<br />

Der Meister: Ihr müßt wissen, daß es in <strong>der</strong> Ernährung eine Entsprechung für Eier<br />

gibt. Ich will euch ein kleines Rezept geben: Eine halbe Walnuß, zwei Mandeln und<br />

vier Korinthen geben euch die Kraft von zwei Eiern...<br />

Ich freue mich sehr, euch alle hier zusammen zu sehen.<br />

Frage: Ich würde gerne verstehen, warum Ihr den Leuten das Rauchen nicht<br />

verbietet, mit dem Tabak aufzuhören, wenn Ihr gleichzeitig verlangt, bestimmte<br />

Nahrungsmittel nicht mehr zu essen. Es [das Rauchen] ist sehr schädlich für den<br />

78


Körper. Ich meine, warum verlangt Ihr das nicht so streng wie bei an<strong>der</strong>en Dingen?<br />

Ich will Euch das nur fragen, ich will nicht kritisieren. Ich wun<strong>der</strong>e mich nur, warum<br />

Tabak nicht als schädlich betrachtet wird.<br />

Der Meister: Alle Rauschmittel – ich gebrauche das Wort ‚alle’. Rauchen ist auch ein<br />

Rauschmittel. Zum Beispiel: Wenn ein Mann jemand töten will, dann will er vorher<br />

etwas rauchen.<br />

Frage: Ich weiß, aber Ihr verlangt von niemand, das Rauchen aufzugeben.<br />

Der Meister: Das verlange ich immer, bitte verstehe, in Indien und überall. Ich sage:<br />

‚Alle Rauschmittel.’<br />

Frage: Nun, aber trotzdem hören sie damit nicht auf.<br />

Der Meister: Wenn sie damit nicht aufhören, nun, das ist eine an<strong>der</strong>e Sache.<br />

Frage: Aber Ihr verlangt es nicht von ihnen.<br />

Der Meister: Nein, nein, es geht nicht darum, daß ich es verlange, versteht ihr? Tabak<br />

enthält Nikotin. Und wenn man weiter raucht, gibt es einem auch einen gewissen<br />

Kick. Das tut es.<br />

Frage: Muß man mit dem Rauchen aufhören, bevor man initiiert werden kann?<br />

Der Meister: Rauschmittel - ja. Das verlange ich in Indien. Unser Meister sagte, daß<br />

allein durch das Rauchen etwa 360 Krankheiten entstehen.<br />

Kommentar: Und es ist eine schlechte Gewohnheit.<br />

Der Meister: Es ist auch eine schlechte Gewohnheit. Aber es hat auch eine schlechte<br />

Wirkung und gibt uns eine Berauschtheit, es wirkt berauschend. Ihr werdet sehen,<br />

wenn immer jemand einen Mord begehen will, dann raucht er zuerst eine Zigarette.<br />

Das werdet ihr im allgemeinen finden. Das Rauchen gibt euch einen Kick.<br />

Kommentar: Nun, einige <strong>der</strong> Gruppenbeauftragten rauchen.<br />

Der Meister: Willst du damit sagen, daß die Gruppenbeauftragten vollkommen<br />

geworden sind? Sie sind auf dem Weg. Sie sind alle nur unvollkommene Menschen.<br />

Wir müssen das Werk mit ihnen fortführen, aber sie müssen damit aufhören. Es gibt<br />

keinen Grund, warum sie nicht damit aufhören sollten. Wenn sie eine leitende<br />

Funktion haben, heißt das nicht, daß sie als schlechtes Beispiel wirken sollten. Du<br />

hast völlig recht.<br />

Kommentar: Ja, aber das wurde am Anfang nicht verlangt, o<strong>der</strong> doch?<br />

Der Meister: Es war zumindest in Indien immer so. Keinem wird erlaubt, im Satsang<br />

o<strong>der</strong> an einem an<strong>der</strong>en Ort zu rauchen. Rauchen ist nicht erlaubt. Selbst jenen, die<br />

kommen und nicht initiiert sind, wird das Rauchen nicht erlaubt; auch nicht denen,<br />

die süchtig sind.<br />

Kommentar: Es gibt ein paar Leute, die ganz ehrlich und Euch sehr ergeben sind,<br />

aber sie verstehen nicht, warum sie mit dem Rauchen aufhören sollen.<br />

79


Der Meister: Ich denke, in Zukunft sollte man es ihnen klar machen, das ist richtig.<br />

Mit den Rauschmitteln ist auch das Rauchen gemeint. Ich sage es euch ganz deutlich:<br />

Rauschmittel wie etwa Wein beeinflussen uns sofort. Das Rauchen beeinflußt uns nur<br />

langsam, aber im Laufe <strong>der</strong> Zeit ist es sehr gefährlich. <strong>Die</strong> Unani-Ärzte sagen, daß<br />

allein durch das Rauchen etwa 360 Krankheiten entstehen.<br />

Was schlecht ist, das ist schlecht. Wir können es nicht zu etwas Gutem machen,<br />

versteht ihr? Jene, die danach süchtig sind, machen sich selbst einfach kleine<br />

Zugeständnisse, um ihre eigenen Wünsche zu befriedigen. Das ist schlecht. So viele<br />

Dinge sind vorgeschrieben, und die Leute tun es nicht. Aber sie sollten es.<br />

Kommentar: Lassen uns Mandeln spirituell wachsen?<br />

Der Meister: Nun, sie sind Satwik. Was geben sie uns? Sie bewirken sonst nichts. Sie<br />

sind etwas Hilfreiches. Alle Nüsse bestehen aus Eiweiß.<br />

Frage: Maharaj Ji, was können wir tun o<strong>der</strong> was müssen wir tun, um in uns das<br />

Gefühl <strong>der</strong> Liebe zu verstärken?<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> Liebe ist euch bereits eingeboren. Zieht euch einfach von außen<br />

zurück, und sie wird sich entwickeln. O<strong>der</strong> begebt euch in die Gemeinschaft von<br />

jenen, die liebevoll sind, und ihr empfangt sie durch Ausstrahlung. Je mehr ihr mit<br />

dem Licht- und Tonprinzip in Verbindung kommt, mit dem, <strong>der</strong> die verkörperte Liebe<br />

ist, je mehr ihr damit in Verbindung kommt, um so mehr wird die Liebe in euch<br />

aufblühen. Und die äußere Gemeinschaft mit jenen, die Gottliebende sind, wird euch<br />

einen großen Auftrieb geben.<br />

Frage: Wenn Ihr sagt ‚keine Drogen’, umfaßt das auch die Medizin, die uns die Ärzte<br />

manchmal verschreiben?<br />

Der Meister: Ich habe noch nie etwas gegen Medikamente gesagt.<br />

Frage: Ich dachte, ich hätte das auf dem Initiationsantrag gelesen.<br />

Der Meister: „Keine Drogen“ - bedeutet keine berauschenden Drogen, nicht die<br />

gewöhnliche medizinische Behandlung.<br />

Frage: Doch Medikamente sind erlaubt?<br />

Der Meister: Medikamente sind nur dazu da, um euch zu helfen. Natürlich besinnen<br />

sich die Menschen heute auf die Anwendung natürlicher Heilweisen wie Pflanzen<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mittel. Doch die Medikamente bewirken nichts o<strong>der</strong> nur wenig, versteht<br />

ihr? <strong>Die</strong> Seele allein besitzt die heilende Kraft. Wir bereiten nur den Weg, um <strong>der</strong><br />

Seele zu helfen.<br />

Frage: Gestern hat man mir gesagt, daß es eine homöopathische Medizin gibt, mit <strong>der</strong><br />

man in drei Tagen mit dem Rauchen aufhören kann.<br />

Der Meister: Ja, das ist Calcium Phosphoricum in dreifacher Potenz. Es gibt euch<br />

einen Wi<strong>der</strong>willen gegen das Rauchen. Dreimal ist die Verdünnung. Ihr könnt das<br />

von einem homöopathischen Arzt bekommen. Das ist Calcium, versteht ihr? Calcium<br />

und Phosphor kombiniert, in dreifacher Verdünnung. Das gibt es als fertig<br />

80


zubereitete Tabletten. Gebt acht o<strong>der</strong> zehn Tabletten in ein Glas Wasser und nehmt<br />

davon zwei Stunden lang alle fünf Minuten einen kleinen Teelöffel voll.<br />

Frage: Ist es nötig, den Leuten, die die Initiation anstreben, zu sagen, daß sie mit dem<br />

Rauchen aufhören, bevor sie angenommen werden?<br />

Der Meister: Nun ja, sie sollten damit aufhören, das habe ich gerade erklärt. Manche<br />

Dinge wirken unmittelbar auf euch ein, sie beeinflussen euch ganz schnell. Das<br />

Rauchen beeinflußt euch nur langsam. Aber damit sollte Schluß sein. Sie müssen<br />

damit aufhören.<br />

Frage: Möchtet Ihr nun Eure Botschaft verkünden?<br />

Der Meister. Wenn ihr möchtet? Welche Botschaft soll ich euch geben?<br />

Kommentar: Nun, sprecht bitte zu uns.<br />

Der Meister: In Ordnung.<br />

Ihr wißt, daß Christus einst zu seinen Schülern sagte: „Ich möchte euch nicht zu<br />

Sklaven, son<strong>der</strong>n zu Freunden machen.“ Sklaven wissen nicht, was ein Freund sein<br />

kann, Sklaven tun nur das, was man von ihnen verlangt. Ihr solltet allen dankbar sein,<br />

mit denen ihr arbeitet und wo ihr seht, was sie tun. Christus sagte: „Ich mache euch<br />

zu Freunden.“ Ich denke, es ist besser, ich wende mich an euch als Freunde, denn ich<br />

habe schon so oft gesagt, daß ich ein Mensch bin wie ihr, mit denselben Vorrechten,<br />

die auch ihr von Gott erhalten habt. Aber ich habe mich auf eine bestimmte Weise<br />

entwickelt – ihr noch nicht. Und diese Entwicklung hat sich mit <strong>der</strong> Gnade Gottes<br />

o<strong>der</strong> des Gottes, <strong>der</strong> durch meinen Meister wirkte, vollzogen. Das heißt, ich habe<br />

gelernt, während des Lebens zu sterben o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>geboren zu werden, wie man sich<br />

von den Bindungen an die Welt löst, vom Körper und von allen an<strong>der</strong>en Dingen.<br />

<strong>Die</strong>ser Weg liegt auch bereits in euch.<br />

Ich liebe euch also als Freunde, so möchte ich es sagen. Ich achte euch als Kin<strong>der</strong> des<br />

Lichts, weil ich Gott liebe und dieses Licht überall ist. Also habe ich Liebe für euch<br />

und achte euch ebenso.<br />

Was ich euch beson<strong>der</strong>s ans Herz legen möchte, ist <strong>der</strong> Punkt, das Initiation nicht<br />

bedeutet, daß ihr vollkommen seid. Sie ist ein Weg zur Vollendung. Man wird nicht<br />

einfach ein Satsangi, indem man initiiert wird. Das Wort Satsangi bedeutet – Sat<br />

heißt unverän<strong>der</strong>liche Dauer o<strong>der</strong> Beständigkeit, und ein Sangi ist einer, <strong>der</strong> in<br />

beständiger Verbindung damit steht. Wir wurden auf den Weg gestellt, um uns vom<br />

Gemüt und von den äußeren Kräften zu lösen und mit <strong>der</strong> Gotteskraft in Berührung<br />

zu kommen. Wenn ihr in beständiger Gemeinschaft mit <strong>der</strong> Gotteskraft bleibt o<strong>der</strong><br />

seid, nur dann werdet ihr zu einem wahren Satsangi. Natürlich habt ihr nun etwas<br />

bekommen, um damit zu beginnen. Ihr habt gelernt, wie ihr euch damit verbinden<br />

könnt. Aber bevor ihr nicht beginnt, euch dieser Kraft unaufhörlich bewußt zu sein,<br />

seid ihr kein wahrer Satsangi.<br />

Wir müssen uns dahin entwickeln. Wir müssen unser Leben mit den Grundlagen des<br />

Satsang in Gedanken, Worten und Taten in Übereinstimmung bringen. Wenn ihr<br />

einfach eine Medizin kauft und sie ins Regal stellt, wird dann eure Krankheit<br />

81


verschwinden? Alle Meister sagen, daß jene, die nach dem leben, was ihnen gesagt<br />

wird, dazu bestimmt sind, den Meister zu ihrem Sklaven zu machen.<br />

Nehmen wir an, ein Vater hat vier o<strong>der</strong> fünf Kin<strong>der</strong>. Manche Kin<strong>der</strong> sind gehorsam,<br />

an<strong>der</strong>e nicht. Und manche <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, nicht nur weil sie gehorsam sind, ergeben sich<br />

ganz dem Willen des Vaters. Wie ich euch schon gestern erklärt habe, wird <strong>der</strong> Vater<br />

zu eurem Sklaven, wenn ihr euch ihm völlig hingebt. Wenn ein Vater einen sehr<br />

gehorsamen Sohn hat, <strong>der</strong> einfach nach seinen Anweisungen arbeitet und niemals<br />

irgend etwas verlangt – was wird <strong>der</strong> Vater dann tun? Wenn er fortgeht, wird er die<br />

Schlüssel ganz einfach diesem Sohn übergeben, keinem an<strong>der</strong>en.<br />

Der Meister sagte: „Achte immer auf die Nöte <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, laß niemand hungern.“<br />

Das wird von jenen verlangt, die nach dem leben, was ihnen gesagt wurde.<br />

Als erstes for<strong>der</strong>t die Liebe: „Wenn ihr mich liebt, dann haltet meine Gebote.“ Wir<br />

halten die Gebote nicht. Manche tun es mit Verän<strong>der</strong>ungen, die ihren eigenen<br />

Interessen dienen. Doch bevor wir nicht hun<strong>der</strong>tprozentig nach dem leben, was <strong>der</strong><br />

Meister sagt, können wir nicht wirklich erkennen, was Gott ist.<br />

Nun, Taten sprechen lauter als Worte, und Gedanken sind sogar noch mächtiger. Ein<br />

Satsangi sollte in seinem täglichen Verhalten offenbaren, was er ist. Nicht das, was er<br />

sagt, son<strong>der</strong>n das, was er ist. Wenn er sagt „Liebt alle“, dann schaut, ob er alle liebt.<br />

Wenn er alle liebt, ist er dann immer bereit, an<strong>der</strong>en zu helfen – ohne irgendeine<br />

Zurschaustellung? Wenn er dennoch liebt, ist er dann bereit, alles für an<strong>der</strong>e zu<br />

opfern? Je<strong>der</strong> kann soviel von diesen Dingen wissen, die Bibliotheken sind voll<br />

davon. <strong>Die</strong> heiligen Schriften sind voll davon, aber das ist nur – wie sagt man gleich?<br />

– als ob man einen Esel mit Büchern belädt. Was bedeutet das wirklich? Wenn man<br />

eine Süßigkeit mit einem Löffel durchrührt, schmeckt er dann irgend etwas davon? So<br />

viele Dinge mit dem Verstand zu erfassen, bedeutet nichts o<strong>der</strong> nur wenig. O<strong>der</strong><br />

vielleicht bewirkt es mehr Schlechtes als Gutes, wenn sich einer damit aufspielt: „Oh,<br />

ich weiß soviel!“ aber nicht danach lebt. <strong>Die</strong> Hauptsache ist also, danach zu leben.<br />

Nicht nur einfach so, son<strong>der</strong>n mit tiefer Liebe, mit reiner Liebe und Hingabe.<br />

Danach kommt Gehorsam. Und Gehorsam allein ist nicht genug. Wir sollten uns<br />

hingeben - das ist nötig, alle Meister haben das gesagt. Wenn jemand Fehler in euch<br />

findet, was sagt ihr dann? „Oh, ein Satsangi handelt so. Vielleicht lehrt uns das <strong>der</strong><br />

Meister.“ Einige Leute haben mir von solchen Fehlhandlungen hier und da<br />

geschrieben. Ich antworte ihnen immer: „Lei<strong>der</strong> muß ich mit unvollkommenen<br />

Menschen weitermachen. Sie sind alle nicht vollkommen, sie sind auf dem Weg zur<br />

Vollkommenheit. Jene, die auf dem Weg zur Vollkommenheit sind, begehen<br />

manchmal Fehler. Also vergebt einfach und vergeßt. Wir sollten den Weg gehen und<br />

das Werk Gottes gemeinsam verwirklichen.“<br />

Darum ist es nötig, wirklich danach zu leben. <strong>Die</strong> Wahrheit steht über allem, aber die<br />

wahre Lebensweise steht noch über <strong>der</strong> Wahrheit. <strong>Die</strong> Menschen wissen nicht, ob ihr<br />

eine Verbindung mit dem Licht Gottes habt o<strong>der</strong> nicht, doch sie sehen, wie ihr lebt,<br />

wie ihr euch verhaltet, wie ihr an<strong>der</strong>e behandelt. Kämpft ihr aus selbstischen Motiven<br />

mit an<strong>der</strong>en? Unterdrückt ihr die Rechte an<strong>der</strong>er? Preßt ihr die an<strong>der</strong>en bis aufs Blut<br />

aus? Sie werden die Dinge von dieser Ebene aus beurteilen. Seht ihr, hier haben wir<br />

eine Glühbirne. Wenn das Glas beschmutzt ist, wird sie kaum Licht geben, selbst<br />

wenn sie eingeschaltet ist. <strong>Die</strong> Lampe sollte also sauber sein, ganz rein, ohne<br />

82


irgendeinen Schmutz. Unsere Herzen sollten rein sein. Was wir in unseren Herzen<br />

haben, sollten wir aussprechen. Und das, was wir sagen, sollte mit unseren Gedanken<br />

übereinstimmen. Wenn diese drei übereinstimmen, dann könnt ihr es als wahr<br />

betrachten. Manchmal tun wir etwas für viele Tage, es wird zur Gewohnheit, und die<br />

Gewohnheit wird zu unserer Natur. Es ist sehr schwierig, eine Gewohnheit zu än<strong>der</strong>n,<br />

die ganz zu unserer Natur geworden ist.<br />

Was sollten wir also als erstes tun? Ich würde euch raten, vollbringt keine<br />

Handlungen im Verborgenen. Da gibt es keinen Zweifel. Ihr werdet sehen, daß das<br />

eine sehr hilfreiche Sache ist. Tut nichts im Verborgenen. Wenn irgend etwas<br />

Verborgenheit erfor<strong>der</strong>t, dann hört sofort damit auf. Taten <strong>der</strong> Dunkelheit werden im<br />

Dunkeln begangen. Das ist das Erste. Das ist das Kriterium einer Sünde: ihr möchtet<br />

Verborgenheit. Beachtet dies in allen Bereichen eures Lebens.<br />

Als nächstes: Tut nichts, was euch zum Lügen verleitet, wenn ihr es getan habt. Das<br />

ist auch ein Kennzeichen für etwas, das falsch ist. Lügen folgen <strong>der</strong> Sünde, weil ihr sie<br />

verbergen wollt. Ich sage euch, das Kennzeichen eines Heiligen ist, daß ihr seht, daß<br />

er immer das gleiche tut, im Innern o<strong>der</strong> im Äußeren, um Mitternacht o<strong>der</strong> während<br />

des Tages, auf <strong>der</strong> Kanzel o<strong>der</strong> in seinen privaten Räumen. Hafiz sagt: „Wenn wir auf<br />

die Kanzel gehen, halten wir lange Reden, doch wenn wir an verborgene Ort gehen,<br />

tun wir etwas ganz an<strong>der</strong>es.“<br />

Bedenkt, daß Gott in euch ist, und daß die Gotteskraft, <strong>der</strong> Gott im Menschen, auf<br />

alles achtet. Wie könnt ihr Ihn dann täuschen? Ihr könnt an<strong>der</strong>e täuschen. Unser<br />

Meister sagte immer: „Wenn ein fünf Jahre altes Kind bei euch ist, dann tut ihr in<br />

seiner Gegenwart nichts Falsches, dafür braucht ihr Verborgenheit.“ Wenn ihr daran<br />

denkt, daß - wenn euch <strong>der</strong> Meister initiiert - die Gotteskraft in euch Platz nimmt. Er<br />

achtet auf alle Gedanken, die sich in euch erheben, und kennt selbst eure innersten<br />

Neigungen, denen ihr folgen wollt - wie könnt ihr ihn dann täuschen? Darum sage ich<br />

immer: „Seid wahr zu euch selbst.“ Wenn ihr zu euch selbst wahr seid, wie könnt ihr<br />

dann an<strong>der</strong>e täuschen? <strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong> wichtigste Prüfstein.<br />

Und weiter: Wünscht keinem etwas Schlechtes, ungeachtet seines Glaubens o<strong>der</strong><br />

seiner Farbe, auch nicht in Gedanken, keinem, nicht nur euren initiierten Brü<strong>der</strong>n.<br />

Denn welche Gedanken sich auch immer erheben, sie vergiften euch. An<strong>der</strong>e wissen<br />

nichts davon, aber sie werden euch vergiften. Und durch ihre Ausstrahlung werdet ihr<br />

erkennen, daß Gedanken sehr mächtig sind. Gestern gab ich euch das Beispiel von<br />

Akbar dem Großen, König von Indien. Birbal war sein Priester. Er erklärte dem<br />

König, daß das, was immer jemand von einem an<strong>der</strong>en denkt, sich im Geist des<br />

an<strong>der</strong>en auswirken wird. Der König sagte: „Wie kann man das überprüfen?“ Der<br />

Priester brachte ihn zu einem Ort an <strong>der</strong> Straße. Jemand kam ihnen aus einer<br />

Entfernung entgegen, und <strong>der</strong> Priester sagte zum König: „Denke nun irgend etwas<br />

über diesen Mann.“ Der König ging ohne Kopfbedeckung. Er dachte von diesem<br />

Mann, <strong>der</strong> ihnen näher kam: „Ich sollte ihn erschießen.“ Und als <strong>der</strong> Mann<br />

vorüberkam, fragte ihn <strong>der</strong> König: „Sei bitte ganz ehrlich, ich werde dir das, was du<br />

sagst, auch vergeben. Was hast du dir also gedacht, als du mein Gesicht erblickt<br />

hast?“ Der Mann sagte: „Ich dachte, ich sollte Deinen Schädel mit meinen Fäusten<br />

zertrümmern.“<br />

Das ruft Rückwirkungen hervor, versteht ihr? Denkt nie schlecht von an<strong>der</strong>en. Es<br />

bedeutet also, schlecht von an<strong>der</strong>en zu denken, wenn wir von jemand etwas<br />

83


Schlechtes sagen – was ist das an<strong>der</strong>s, als von jemand schlecht zu denken? Wenn wir<br />

über jemand lästern, was tun wir dann? Wir denken schlecht vom an<strong>der</strong>en. Wenn wir<br />

Parteien formen, die eine steht gegen die an<strong>der</strong>e - was tun wir dann? Wir sagen zu <strong>der</strong><br />

einen Seite dies und zu <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en etwas an<strong>der</strong>es. Wir täuschen uns selbst, doch<br />

Gott in euch sieht das.<br />

Ich möchte euch heute ein Ereignis nahe bringen. Es gab da immer Kontroversen in<br />

meinem Leben. Der Meister wies mich einmal an, über zweihun<strong>der</strong>tfünfzig Menschen<br />

beim monatlichen Satsang zu initiieren. Jene, die auf die Meisterschaft aus waren,<br />

begannen sich Sorgen zu machen: „Was geht da vor sich? Alles entgleitet unseren<br />

Händen.“ Sie formten Parteien und verbreiteten eine Menge Propaganda gegen mich,<br />

schriftlich, durch Briefe und auf diese und jene Weise. Ich war mir selbst treu. Der<br />

Meister hatte mir befohlen, das zu tun: <strong>Gespr</strong>äche an verschiedenen Satsang-Orten zu<br />

halten, mich um die Armen und Kranken, die Bedürftigen und um alle an<strong>der</strong>en zu<br />

kümmern. Selbst wenn ich mein Büro verließ, kümmerte ich mich um die Kranken,<br />

bis acht, neun o<strong>der</strong> zehn Uhr abends - und manchmal auch noch später.<br />

Der Meister hatte mich angewiesen, das zu tun. Und allmählich gelangten Briefe über<br />

mich zu ihm, die von den betroffenen Parteien geschrieben wurden, in allen<br />

Sprachen, aus verschiedenen Orten. Sie sagten alle das gleiche: „Er ist ein solcher<br />

Mensch, er ist ein solcher Mann, er ist ein solcher Mann.“ Und <strong>der</strong> Meister wußte von<br />

all diesen Briefen. Es waren eine Menge Briefe von überall her.<br />

Immer wenn ich zu ihm ging, bat mich Meister: „Nun, komm bitte her und halte<br />

einen Vortrag.“ Und was tat ich? Er saß da, und Er bat mich, bei ihm zu sitzen wie ein<br />

Sohn o<strong>der</strong> ein Student. Und ich sprach aus meinem Herzen mit ihm - ich öffnete ihm<br />

mein Herz in einem innigen <strong>Gespr</strong>äch, und die Leute erfreuten sich daran.<br />

Aber es wurde so arrangiert, daß es mir etwa acht Monate nicht möglich war, dem<br />

Meister nahe zu kommen, nicht einmal mit ihm zu sprechen. Soviel Propaganda<br />

wurde verbreitet! Aber ich blickte einfach in seine Augen, und das war genug für<br />

mich, denn Augen sprechen mehr als Worte.<br />

Mein Meister pflegte in die Berge zu gehen. Mein älterer Bru<strong>der</strong> ging auch dorthin<br />

(doch dieses Geheimnis erzählte ich nicht einmal meinem Bru<strong>der</strong>; warum sollte ich<br />

mich über Dinge, die den Meister und seine Schüler betrafen, bei irgend jemand<br />

beschweren?), und ich fragte ihn einfach: „Wenn du einmal ganz allein mit dem<br />

Meister sein solltest, dann bitte frage ihn, ob es irgend etwas gibt, das gegen mich<br />

vorliegt, o<strong>der</strong> ob ich irgend etwas Falsches getan habe. (Ein Schüler kann irren, nur<br />

die Meister sind von Irrtümern frei.) Ich mag wissentlich o<strong>der</strong> unwissentlich geirrt<br />

haben. Bitte sprich mit dem Meister.“<br />

Als mein Bru<strong>der</strong> zurück kam, fragte ich ihn: „Hast du den Meister darüber gefragt?“<br />

Und er antwortete: „Ja, <strong>der</strong> Meister sagte: ‚Ich weiß, daß er nichts Falsches getan hat,<br />

wissentlich o<strong>der</strong> unwissentlich. Aber seltsam genug, er hat soviel leiden müssen, doch<br />

er ist nie zu mir gekommen, um mir davon zu berichten.’“<br />

Natürlich fragte ich den Meister, als er zurückkam – ich hatte den Meister noch nie<br />

um Zeit für mich gebeten - ich bat ihn: „Ich möchte ein paar Minuten mit Euch<br />

sprechen.“<br />

„Oh ja, sehr gern.“<br />

84


Als <strong>der</strong> Tag zur Neige ging und es schon etwa neun o<strong>der</strong> zehn Uhr abends war, ließ er<br />

mich kommen und sagte: „Schließ die Tür.“<br />

Ich saß bei ihm. Ich erzählte ihm: „Ich bin nicht zu Euch gekommen, weil ich wußte,<br />

daß Ihr in mir seid und jede meiner Handlungen seht. Ihr achtet auf jede Handlung<br />

und seht auch, wohin mein Leben geht. Ihr wißt, wohin ich gehe. Darum bin ich nicht<br />

zu Euch gekommen.“<br />

Er war ganz außer sich. Er sagte: „<strong>Die</strong>se Leute haben soviel Unruhe gestiftet.“<br />

Ich sagte: „Nun, deswegen bin ich nicht gekommen.“<br />

Und was tat er am nächsten Tag? Ich pflegte immer ganz hinten zu sitzen und einfach<br />

zuzuschauen. Er saß oben auf dem Thron - auf dem Podium - und sagte: „Nun, Kirpal<br />

Singh, komm zu mir und halte deine Ansprache!“<br />

Und die Leute um ihn, die diese Gruppen bildeten, sagten: „Nein, Meister, wir wollen<br />

ihn nicht hören, wir wollen es direkt von Euch hören.“<br />

Er sagte: „Nein, er wird sprechen.“ Sie beharrten nachdrücklich auf ihrem<br />

Standpunkt, und trotzdem wies er mich an: „Komm herauf und sprich zu ihnen.“<br />

Merkwürdigerweise hatte sich die ganze Situation in einer Nacht umgekehrt. Das<br />

möchte ich euch sagen: wenn dem Meister überhaupt etwas an mir gefallen hat, dann<br />

war es meine Offenheit, meine Ehrlichkeit zu mir selbst. Ich glaube, das ist eine sehr<br />

wertvolle Eigenschaft.<br />

Wenn wir wahr zu uns selbst sind, wie können wir dann sündigen? Wie können wir<br />

dann Gruppen bilden und schlecht voneinan<strong>der</strong> sprechen? Ich schreibe dir etwas, du<br />

schreibst jenem und dieser schreibt wie<strong>der</strong> einem an<strong>der</strong>en. Und das geht so weiter<br />

und erzeugt Trennungen und Gruppierungen. Ihr mögt sagen: „Oh, gut, ich habe<br />

überhaupt nichts getan, ich bin ganz in Ordnung, ich bin sein Ergebener, ich bin sein<br />

<strong>Die</strong>ner, ich habe große Opfer gebracht.“ Das bedeutet, die Wurzeln zu zerstören. Das<br />

Ergebnis ist, daß <strong>der</strong> ganze Satsang beschädigt wird. Das war die Ursache von soviel<br />

Leid hier, auch hier, ganz ehrlich gesagt. Durch die Gnade Gottes und durch eure<br />

Zusammenarbeit hat sich das meiste wie<strong>der</strong> klären lassen. Wenn es dennoch<br />

Probleme geben sollte, dann bitte ich euch, sie mit Liebe zu beseitigen.<br />

Wißt ihr, wieviel Tage ich damit verbracht habe, selbst hier in Chicago? Wir müssen<br />

wahr zu uns selbst sein. Wenn mich <strong>der</strong> Meister etwas gefragt hat, habe ich ihm<br />

immer geantwortet. Warum verbergt ihr es vor eurem Meister? Manchmal sind wir<br />

dabei, ich glaube selbst unseren Meister vom Thron zu stoßen, und wir bilden<br />

Gruppierungen dieser Art. Was für ein Unsinn ist das! Habt ihr den Meister<br />

geschaffen o<strong>der</strong> ist er von Gott geschaffen? Ihr werdet vor solchen Dingen bewahrt,<br />

wenn ihr wahr zu euch selbst seid. Der einzige, <strong>der</strong> wirklich Mitgefühl mit euch hat,<br />

das ist <strong>der</strong> Meister, niemand sonst.<br />

Tut also bitte nichts, das euch zu lügen zwingt, wenn ihr es getan habt. Dank sei Gott,<br />

Dank sei meinem Meister – Gott in ihm – und <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit euch allen,<br />

daß diese Dinge beendet werden konnten. Wir sind nun alle in einer liebevollen<br />

Umarmung.<br />

85


Auf noch etwas möchte ich hinweisen: Versucht an<strong>der</strong>en zu helfen. Ihr wurdet nicht<br />

nur für euch selbst geboren. Teilt euer Einkommen mit jenen armen Mitgeschöpfen,<br />

mit jenen, die bedürftig o<strong>der</strong> hungrig sind und nichts zum Anziehen haben. Versucht<br />

immer zu teilen, weil Gott in jedem Herzen wohnt. Ich habe euch ein Gleichnis<br />

gegeben, wie wir einan<strong>der</strong> füttern können: „Beugt eure Arme nicht“ streckt sie immer<br />

aus, streckt sie immer dem an<strong>der</strong>en entgegen. Auf diese Weise werdet ihr vor so<br />

vielem bewahrt.<br />

Und noch etwas Bestimmtes: Versucht niemals allein zu sein, bevor ihr nicht zum<br />

Meister geworden seid - vollkommen. All eure Worte und Taten sollten geschehen, als<br />

ob ihr euch in seiner Gegenwart befindet. Ob ihr draußen o<strong>der</strong> drinnen seid o<strong>der</strong><br />

irgendwo sonst.<br />

Zwei Wahrheitssucher gingen zu einem Meister, um auf den Weg gestellt zu werden.<br />

Und was tat er? Er gab ihnen zwei Tauben und wies sie an: „Geht zu einem Ort, wo<br />

euch niemand sieht, und tötet sie dann.“ Der eine Mann ging hinter eine Mauer,<br />

tötete die Taube und kam zurück. „Meister, ich habe sie getötet, da war sonst<br />

niemand.“ Der an<strong>der</strong>e arme Kerl suchte und ging von einem Ort zum an<strong>der</strong>en, zu<br />

manch verborgenen Orten, einsamen Stellen, von morgens bis in die Nacht. Er<br />

konnte keinen Ort finden, wo ihn niemand sehen konnte. Er kam zurück: „Meister,<br />

ich bin hilflos, ich konnte keinen Ort finden, an dem mich niemand sehen konnte.“<br />

„Warum das?“ Er sagte: „<strong>Die</strong> Taube selbst konnte mich sehen.“ Immer, wenn er sie<br />

töten wollte, schaute sie ihn einfach an.<br />

Das war Gott in ihm. Überlegt einmal. <strong>Die</strong>s sind ganz einfache Tatsachen, aber sie<br />

haben eine tiefe Bedeutung.<br />

Gott wohnt in jedem Herzen, er wohnt auch in euch, er achtet auf jede eurer<br />

Handlungen. Gleicherweise schaut auch <strong>der</strong> Gott im Menschen, <strong>der</strong> Meister, auf<br />

unsere Unvollkommenheiten - aber er tut das sehr liebevoll, er möchte sie hinweg<br />

waschen. Bleibt also immer in seiner Gegenwart. Darum sagte Kabir: „Wenn euch <strong>der</strong><br />

Meister initiiert - <strong>der</strong> Meister ist nicht <strong>der</strong> Körper, er ist die Gotteskraft, die in ihm<br />

wohnt - dann wohnt er für immer in euch.“ Das ist eine Tatsache, er ist immer<br />

gegenwärtig. Könnt ihr dann eine Sünde begehen, Lügen erzählen, an<strong>der</strong>e täuschen,<br />

so tun als ob o<strong>der</strong> euch aufspielen? Nein.<br />

Und weiter: Lebt einfach nach dem, was er sagt. „Wenn ihr mich liebt, dann haltet<br />

meine Gebote.“ Das bedeutet, daß wir sie nicht überschreiten sollen. Wenn irgend<br />

etwas unwissentlich geschieht - das ist etwas an<strong>der</strong>es. Aber tut nicht absichtlich<br />

etwas, von dem er nicht möchte, daß ihr es tut.<br />

Wenn ihr danach handelt, habt ihr nichts zu fürchten - in keiner <strong>der</strong> drei Welten. <strong>Die</strong>s<br />

sind die Dinge, die wir befolgen müssen, nach denen wir leben sollten. Das sind ganz<br />

einfache Dinge. Was sollen wir nun tun?<br />

Setzt jeden Tag, am Morgen wie auch am Abend, Zeit für eure Meditationen ein. Und<br />

wie? Wie ein Kind. Wenn Kin<strong>der</strong> zusammen sind, dann vergessen sie alles. Tut es wie<br />

ein Kind mit reinem Herzen, ohne Feindschaft gegen irgendeinen. Das Reich Gottes<br />

ist für die Kin<strong>der</strong>. Ein Kind geht zu seiner Mutter. Stellt es irgendwelche<br />

Überlegungen an, um zu ihr zu gehen? Es geht einfach aus Liebe zu ihr. Es umarmt<br />

sie und setzt sich in ihren Schoß. Bringt eure Gebete auf diese Weise dar.<br />

86


Und führt am Abend bitte auch euer spirituelles Tagebuch. Was tut ihr denn am<br />

Abend? Blickt wie ein strenger Zuchtmeister in euch hinein: „Was habe ich heute<br />

getan?“ Am Anfang werdet ihr keine Fehler finden, denn sie sind uns zur Gewohnheit<br />

geworden. Wir haben so viele Schwächen in uns. Als Student war ich ein eifriger Leser<br />

von Biographien von Heiligen und großen Menschen. Ich glaube, ich habe mehr als<br />

dreihun<strong>der</strong>t Biographien gelesen. Ich fand heraus, daß sie alle auf ihr eigenes Leben<br />

achteten. Sie taten etwas, um sich selbst zu überprüfen. Doch wie können wir das<br />

tun? Erlaubt euch keine Zugeständnisse: Seid wie ein strenger Zuchtmeister,<br />

verschont euch nicht.<br />

Was werdet ihr dann tun? Wenn ihr irgend etwas Falsches getan habt, dann bereut es,<br />

das ist sehr notwendig. Vergießt Tränen: „Oh Gott, vergib mir, ich werde das in<br />

Zukunft nicht mehr tun.“ Und was werdet ihr darüber hinaus tun? Seid in Zukunft<br />

wachsam. Das ist mit dem Tagebuch gemeint, das euch gegeben wurde. Ich habe<br />

mein ganzes Leben lang ein Tagebuch geführt, auch schon als Schüler. Wir achten<br />

nicht auf das, was wir tun. Manchmal dringt etwas aus unserem Mund, und wir<br />

wissen oft nicht, was wir da reden.<br />

Denkt zweimal nach, bevor ihr etwas sagt: Wie wirkt es auf den an<strong>der</strong>en? Denkt<br />

zweimal über das nach, was ihr schreibt. Wenn ihr euch ärgert, dann antwortetet<br />

niemandem. Geht an einen abgeschiedenen Ort: Seid wie ein Mann, <strong>der</strong> an einer<br />

Seuche leidet und keinem sein Gesicht zeigt. Wenn ihr wie<strong>der</strong> in normaler Verfassung<br />

seid, dann grüßt. Wenn es jemandem schlecht geht und er nie<strong>der</strong>gedrückt ist, dann<br />

kann er auch an<strong>der</strong>e beeinträchtigen.<br />

Der Zweck <strong>der</strong> Tagebücher ist, euch daran zu erinnern, was ihr von morgens bis<br />

abends getan habt. Ihr mögt schon von Pelmans Gedächtnis-System gehört haben.<br />

<strong>Die</strong>ses System beruht darauf, daß ihr euch an das erinnert, was ihr den ganzen Tag<br />

lang getan habt. Am Anfang werdet ihr sagen: „Ich bin aufgestanden, habe ein Bad<br />

genommen und gegessen und bin dann ins Büro o<strong>der</strong> Geschäft gegangen.“ Aber wenn<br />

ihr euch damit genauer befaßt, nun, dann erkennt ihr, was ihr gedacht habt, als ihr im<br />

Bad gewesen seid.<br />

Auch Gedanken sind mächtig. Das sind die Dinge, auf die wir achten müssen. Wenn<br />

ihr das tut, nun - es ist nicht schwer, Gott zu finden, aber es ist schwer, ein Mensch zu<br />

werden. Daher: Seht nichts Übles und hört nichts Übles, sprecht nichts Übles und<br />

denkt nichts Übles, dann seid ihr gerettet. Wenn irgend jemand etwas Übles in einem<br />

an<strong>der</strong>en sieht, dann sagt er: „Oh, er ist so o<strong>der</strong> so.“ Er arbeitet dann als unbezahlter<br />

Angestellter <strong>der</strong> Kriminalpolizei Gottes. Er selbst achtet auf uns, bedenkt das.<br />

Wir kümmern uns nicht um diese Dinge. Das Ergebnis ist, daß wir nicht<br />

fortschreiten. Wenn uns durch die Gnade Gottes eine Verbindung mit dem Licht- und<br />

Tonprinzip gegeben wurde, was steht uns dann im Weg? Ganz einfach – diese Dinge.<br />

Je<strong>der</strong> von uns muß daran arbeiten. Manche mögen sagen: „Wir sind die Älteren, bei<br />

uns ist alles in Ordnung.“ An<strong>der</strong>e sagen: „Wir sind alte Schüler, die Neuankömmlinge<br />

folgen uns auf dem Weg.“ Nein, nein und nochmals nein. Ein Neuinitiierter, <strong>der</strong> nach<br />

dem lebt, wird euch überholen. Wer immer diese Dinge beachtet, <strong>der</strong> wird erfolgreich<br />

sein, das ist alles. Wir müssen also sehr sorgsam damit umgehen. Das sind ganz<br />

kleine Dinge, aber diese kleinen Dinge beeinflussen euch mehr als irgend etwas<br />

an<strong>der</strong>es. Wenn ihr euch um die Pfennige sorgt, dann könnt ihr große Summen<br />

sparen. Wenn ihr euch nicht um die kleinen Dinge kümmert, die täglich in eure<br />

87


Gedanken kommen – ihr denkt Schlechtes von an<strong>der</strong>en, seht Schlechtes in den<br />

an<strong>der</strong>e, ihr hört solche Dinge und redet darüber – nun, schließlich beeinflussen sie<br />

euch.<br />

Es gab einmal einen Rishi, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Wildnis lebte. Ein König ging in die Wildnis, um<br />

zu jagen. Er fand die Hütte des Rishis und ging hinein, um Wasser zu bitten. Er hatte<br />

Pfeil und Bogen, und er dachte: „Vielleicht kann ich sie hier lassen, statt sie nach<br />

Hause zu tragen.“ Er sagte: „Rishi, ich werde sie hier lassen, und wenn ich<br />

zurückkomme, nehme ich sie wie<strong>der</strong> mit.“ Der Rishi sagte: „Nein, nein, lasse sie nicht<br />

hier.“ „Nein, nein“, sagte <strong>der</strong> König, „ich glaube nicht, daß es dir etwas ausmacht.“ „In<br />

Ordnung“, sagte <strong>der</strong> Rishi, „dann laß sie hier stehen.“<br />

So ließ <strong>der</strong> König den Bogen und die Pfeile dort zurück. Nun, <strong>der</strong> Rishi war ein Rishi.<br />

Ich will euch nun erzählen, wie ihn das beeinflußt hat! Er ging zu dem Platz, wo sie<br />

standen, und überlegte: „Nun, was ist das? Ein Bogen und Pfeile.“ Dann ging er<br />

weiter. Einmal, zweimal, dreimal am Tag, wenn er an daran vorbeiging, wurde seine<br />

Aufmerksamkeit auf diese zwei Dinge gelenkt. Und eines Tages dachte er: „Nun, jetzt<br />

will ich doch herausfinden, wozu das gut ist.“ Er nahm die Pfeile und den Bogen und<br />

versuchte herauszufinden, wie sie funktionieren. Er wurde ein Jäger!<br />

Wenn ihr solche Dinge seht, dann seid sehr vorsichtig. Ein Mann mit okkulten<br />

Kräften kann unter Schlangen leben, und das Gift <strong>der</strong> Schlangen wird ihn nicht<br />

verletzen. Aber je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> keine solchen Kräfte besitzt, wird gebissen und leiden.<br />

Darum sage ich manchmal: „Seid achtsam, seid sehr vorsichtig!“ Hätte <strong>der</strong> Rishi dem<br />

König nicht erlaubt, seinen Bogen und die Pfeile dort zu lassen, wäre ihm das erspart<br />

geblieben. Aber da er täglich daran vorbeiging und überlegte: „Was ist das, was ist das<br />

nur?“ beeinflußten ihn diese Gedanken, bis er schließlich überlegte: „Nun will ich<br />

sehen, was das ist.“ Und er wurde ein Jäger.<br />

Wenn ihr auf diese wirklich kleinen Dinge achtet, dann könnt ihr selbst sehen, wie ihr<br />

euch entwickelt. Iqbal, ein großer Poet, <strong>der</strong> kürzlich gestorben ist, sagte: „Warum<br />

ging <strong>der</strong> Prophet Moses zum Berge Sinai, um Gott zu suchen? Wußte er nicht, daß<br />

Gott nach einem Menschen auf Erden sucht? Er sucht nach uns.“ Wir sind keine<br />

Menschen, wir sind Bestien in Menschengestalt. Äußerlich gesehen haben wir den<br />

menschlichen Körper, aber unsere Gewohnheiten, unsere Natur und auch alles<br />

an<strong>der</strong>e ist bestiengleich. Wir sind wie Tiere – noch schlechter als diese. Wir sind<br />

schlechter als die Schlangen, die uns beißen. Nun, Gott ist auf <strong>der</strong> Suche nach einem<br />

Menschen, <strong>der</strong> ein wirklicher Mensch ist. Warum sollen wir in die Berge gehen? Gott<br />

ist auf <strong>der</strong> Suche nach uns. Er geht umher und sucht, aber Er kann niemand finden.<br />

Baba Jaimal Singh, unser großväterlicher Guru - <strong>der</strong> Guru unseres Meisters - lebte<br />

am Beas-Fluß. Er ging in die Murree-Berge und traf dort unseren Meister, <strong>der</strong> als<br />

S.D.O [Sub Divisional Officer] gerade sehr beschäftigt war. Eine Schülerin begleitete<br />

Baba Jaimal Singh, und Baba Jaimal Singh erklärte ihr: „Seinetwillen bin ich hierher<br />

gekommen.“ Und die Schülerin sagte: „Er hat Euch nicht beachtet, nicht einmal<br />

gegrüßt.“ Und Baba Jaimal Singh sagte: „Ja, das wird er schon noch.“<br />

Selbst die Meister suchen nach einem, <strong>der</strong> Menschen ist. Das ist schließlich keine<br />

leichte Aufgabe. <strong>Die</strong> Seele erschauert bei dem Gedanken, ein Meister zu werden. Das<br />

ist Gottes Wahl; nur mit Seiner Hilfe kann diese Aufgabe bewältigt werden. Träumt<br />

niemals davon, ich bitte euch, seid einfach Schüler. Einer, <strong>der</strong> zum wahren Schüler<br />

88


wird, wird manchmal für diese Aufgabe erwählt. All diese Dinge, die ganz<br />

unbedeutend scheinen, sind also sehr wichtig.<br />

Aus diesem Grund wurde das System des Tagebuches eingeführt. Vielleicht habt ihr<br />

seine wahre Bedeutung noch nicht erkannt? Wenn euch etwas gegeben wurde, mit<br />

dem ihr beginnen könnt, und ihr lebt danach, warum schreitet ihr dann nicht fort?<br />

Ihr habt euch nun vier Jahre damit beschäftigt, manche acht Jahre, seitdem ich das<br />

letzte Mal hier war, und ihr habt nichts Neues erfahren. Manche hatten früher sogar<br />

bessere Erfahrungen. Nun, wo steht ihr? Wie viele von euch haben sich zur dritten<br />

Ebene erhoben? Ich glaube nicht, daß ihr euch alle auf <strong>der</strong> astralen Ebene bewegt.<br />

Was ist <strong>der</strong> Grund dafür? Weil wir nicht nach dem lebt, was uns gesagt wird. Wir<br />

machen einfach Zugeständnisse; in unserem Eifer denken wir: „Wir sind die Älteren,<br />

wir sind gute Redner“, dies und das. Nein, nein, nein, wir können Gott nicht<br />

täuschen. Vielleicht ist es das einzige, was euch helfen wird, wenn ich euch nun zu<br />

sagen habe: Bewahrt diese Worte in eurem Herzen und lebt danach.<br />

Führt einfach die Tagebücher, seid regelmäßig in euren Meditationen. Geht jeden<br />

Morgen wie ein Kind zu eurem Vater; seid immer in seinem Schoß. Das heißt nicht,<br />

daß ihr eure Arbeit nicht tun sollt. Tut eure Arbeit, tut das, was euch von Gott<br />

aufgetragen wurde, um für eure Familien, für eure Kin<strong>der</strong> und an<strong>der</strong>e zu sorgen.<br />

Dann helft auch an<strong>der</strong>en.<br />

Nun, das ist es, was wir brauchen. Vergeßt nicht euer eigenes Selbst. Das kommt<br />

allein durch Gottes Gnade.<br />

Einst gab es einen Meister, <strong>der</strong> einen König initiierte. Und <strong>der</strong> König brüstete sich<br />

immer: „Ich bin ein König; ich bin ein großer Mann. Ich bin dies, ich bin das. Ich bin<br />

ganz wun<strong>der</strong>voll. Ich kann dies tun, ich kann das tun.“ Natürlich kann ein König tun,<br />

was immer er will.<br />

Was geschah nun? Eines Tages sagte ihm <strong>der</strong> Meister: „Schau her, was ist dein Wert?<br />

Hast du dir das jemals überlegt?“<br />

„Oh ja, ich bin sehr wertvoll. Ich bin Tonnen von Gold und Juwelen wert. Ich bin ein<br />

König, auf meinen Befehl marschiert eine ganze Armee auf, bereit zum Kampf.“<br />

„Nun gut“, sagte <strong>der</strong> Meister. Erlaubst du mir, etwas zu tun, wodurch du deinen<br />

wahren Wert erkennen kannst?“<br />

„Ja!“<br />

„Nun gut, dann leg dich nie<strong>der</strong>. Entspanne dich einfach. Schließe die Augen und<br />

kümmere dich nicht um das, was ich tue.“<br />

Was tat er nun? Der König legte sich zu Boden und entspannte sich mit geschlossenen<br />

Augen. Der Meister packte seine Beine und legte sie sich um den Nacken und trug ihn<br />

in <strong>der</strong> Straße umher und rief: „Leute, schaut her! Das ist <strong>der</strong> Körper des Königs, sein<br />

toter Körper. Will ihn jemand kaufen – für einen Dollar, für einen halben Dollar?“<br />

Er ging bis zu einem Penny hinunter, sogar zu einem halben Penny. Wer ihn auch<br />

erblickte, <strong>der</strong> sagte: „Oh, dieser sogenannte Guru hat den König getötet. Man wird<br />

89


uns alle einsperren.“ Alle flohen voller Furcht. Niemand wollte den Körper des Königs<br />

auch nur für einen halben Penny kaufen.<br />

Er brachte den König zurück: „ Erkenne nun bitte, was du wert bist. Hast du es mit<br />

deinen eigenen Ohren gehört?“<br />

Dann sagte er – er hatte diese Worte schon auf <strong>der</strong> Zunge: „Der Mensch hat keinen<br />

Wert.“<br />

Es ist Gottes Gnade, die euch einen Wert gibt. Was habt ihr sonst für einen Wert?<br />

Wenn ihr sterbt, wird euren Körper niemand länger als zwei Tage aufbewahren –<br />

dann verströmt er einen schlechten Geruch. So ist es seine Gnade, daß wir in diesem<br />

Körper wirken, es ist durch seine Gnade, daß wir etwas bekommen haben, um Gott zu<br />

erkennen. Durch seine Gnade leben wir in diesem Körper. Auch wenn wir auf diesem<br />

Weg fortgeschritten sind, geschah das nur durch seine Gnade – durch die Gnade von<br />

wem? Von Gott, <strong>der</strong> durch den Meister wirkt, nicht durch Gott, <strong>der</strong> im Himmel lebt.<br />

Denkt daran, seid ein guter <strong>Die</strong>ner. Wer wirklich ein guter <strong>Die</strong>ner wird, im wahren<br />

Sinne des Wortes, <strong>der</strong> wird zum Meister.<br />

Das sind meine wenigen Worte. Gott weiß, ob ich wie<strong>der</strong> komme o<strong>der</strong> nicht – es liegt<br />

in seinen Händen. Aber wenn ihr nach diesen Worten lebt, dann seid ihr niemals<br />

allein und Gott wird euch helfen. Übermittelt diese meine Worte allen, denen ihr<br />

begegnet. Liebet einan<strong>der</strong>, das ist genug. Ich denke, ein Vater freut sich, wenn er<br />

seine Kin<strong>der</strong> in einer liebevollen Umarmung sieht und auch wenn er von ihnen hört.<br />

Zu guter Letzt freue ich mich. Bevor ich kam, habe ich mich nicht so gefreut wie jetzt,<br />

da ich nun wie<strong>der</strong> gehen muß. Ihr habt nun eine liebevollere Art, und ich wünsche<br />

mir, daß ihr weiter fortschreitet.<br />

Liebe verschönt alles – das ist das Wichtigste. Wenn ihr irgendwo Fehler seht, dann<br />

erkennt, daß ein je<strong>der</strong> seine Schwächen hat – vergebt und vergeßt. Das ist das einzige,<br />

was wir tun können.<br />

Ich sage euch, so wie mich mein Meister geliebt hat, liebe ich nun euch – ohne jede<br />

Gegenleistung, nur um den Willen meines Meisters zu erfüllen. Ich wünsche mir, ihr<br />

würdet nach dem Leben, was euch zu tun geheißen wurde, das wäre genug. <strong>Die</strong>se<br />

Worte kommen aus meinem Herzen. Wenn ihr sie einfach befolgt, werdet ihr<br />

wun<strong>der</strong>voll fortschreiten. Gott läßt uns niemals allein. Christus sagte: „Ich will euch<br />

nicht verlassen noch versäumen bis an <strong>der</strong> Welt Ende.“ Körper verlassen uns; doch<br />

die Gotteskraft, die über einen menschlichen Pol wirkt, verläßt uns nicht.<br />

Nun, mit diesen besten Wünschen möchte ich mich jetzt verabschieden, doch meine<br />

Wünsche bleiben immer bei euch und ich werde immer etwas von euch hören. Und<br />

wenn die liebevollen Gedanken zu mir ausstrahlen, werde ich mich einfach freuen.<br />

Wenn ein Vater sieht, daß sich seine Kin<strong>der</strong> lieben, ich denke, dann freut er sich.<br />

Wenn ihr gehorsam seid, um so besser! Wenn ihr euch hingebt, dann ist alles euer –<br />

das versichere ich euch.<br />

Das ist das höchste Ziel, und es beginnt mit dem Führen des Tagebuches, glaubt mir.<br />

Unterschätzt nicht das Tagebuch, es hat eine große Bedeutung. Manche von euch<br />

haben keine Zeit dafür. Aber seid wie ein strenger Zuchtmeister – verschont euch<br />

nicht. Wenn ihr das tut – je<strong>der</strong> von euch – werdet ihr finden, daß sich euer Leben<br />

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verän<strong>der</strong>t. Ihr werdet die Verän<strong>der</strong>ung selbst sehen. Ich glaube, das ist alles, was ich<br />

von euch erwarte. Es ist in eurem eigenen Interesse und bereitet mir ganz umsonst<br />

große Freude. Unser Meister sagte immer: „Bitte streikt nicht, indem ihr euch<br />

nie<strong>der</strong>legt und die an<strong>der</strong>en für euch schwer arbeiten läßt. Ihr solltet auch mithelfen.“<br />

Das bedeutet auch, auf eine bestimmte Weise, dem Meister zu helfen. <strong>Die</strong> Aufgabe<br />

wird dadurch leichter. Was möchte er euch geben? Gott! Doch ich sage euch ehrlich,<br />

daß ihr dafür nicht bereit seid. Er möchte euch etwas geben, doch ihr schätzt es nicht.<br />

Meine besten Wünsche haben euch immer begleitet und bleiben durch die Gnade<br />

Gottes, des Gottes, <strong>der</strong> durch meinen Meister wirkt, immer bei euch.<br />

Bemerkung: Als Vertreter <strong>der</strong> Ruhani-Satsang-Gruppe von Louisville, Kentucky,<br />

möchten wir unseren tiefsten Dank ausdrücken.<br />

Der Meister: Nein – keinen Dank! Ich danke euch. Wahre Dankbarkeit könnt ihr<br />

zeigen, wenn ihr danach lebt - je<strong>der</strong> von euch! Ich glaube nicht, daß ihr nicht danach<br />

lebt, aber trotzdem – werdet vollkommen.<br />

Frage: Meister, ich habe eine Frage.<br />

Der Meister: Ja, bitte.<br />

Frage: Ich nehme an, daß die Liebe, von <strong>der</strong> Ihr sprecht, eine sehr positiv<br />

ausstrahlende Art von Kraft o<strong>der</strong> Emotion o<strong>der</strong> wie man es auch nennen mag,<br />

darstellt. Indem ich von mir selbst und vielleicht auch für einige <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong> dieser Gruppe spreche, möchte ich sagen, daß ich es wirklich schwierig<br />

finde, wirklich jeden zu lieben. Sehr schwierig. Ich finde es möglich, die Sache negativ<br />

anzugehen und vielleicht meine Abneigung für Menschen zu reduzieren. Auch wenn<br />

man mein Urteil nicht richtig finden mag, so ist oft das Beste, was ich vermag, jemand<br />

nicht abzulehnen. Doch dies in eine positive Kraft <strong>der</strong> Liebe umzuwandeln, finde ich<br />

außerordentlich schwierig. Und natürlich scheint es mir zusätzlich fair zu sein, wenn<br />

ich sage, daß es einen großen Temperamentsunterschied zwischen einem<br />

wissenschaftlichem Menschen mit wissenschaftlichem Standpunkt gibt, <strong>der</strong><br />

bestimmt nicht so gut mit <strong>der</strong> Kraft <strong>der</strong> Zuneigung und Liebe umgehen kann, und<br />

einem Menschen, <strong>der</strong> vielleicht mit Politik vertraut ist.<br />

Worüber ich noch sprechen möchte, man kann es auch eine Frage nennen, ist dieses<br />

Sache mit dem Verlangen nach Gott. Ich fürchte - ich spreche für mich selbst und dies<br />

mit völliger Aufrichtigkeit – ich fürchte, ich habe kein Verlangen nach Gott. Ich<br />

denke, das ist meine Schwierigkeit. Das mag <strong>der</strong> Grund sein, warum ich nicht weiter<br />

fortschreite. Ich will damit sagen, Gott ist für mich eine theoretisch wünschenswerte<br />

Person o<strong>der</strong> Kraft o<strong>der</strong> ein Zustand o<strong>der</strong> was auch immer – man kann es an dem<br />

einen Tag so und am nächsten Tag auf eine an<strong>der</strong>e Art sehen – aber ich befürchte, ich<br />

verlange nicht wirklich mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele nach Ihm. Könnt Ihr<br />

uns irgendeinen praktischen Weg für Menschen in meiner Lage zeigen, um das<br />

än<strong>der</strong>n?<br />

Der Meister: Ja. Durch die Gnade Gottes haben wir diesen menschlichen Körper<br />

erhalten. Unter Millionen von Menschen haben wir dieses Verlangen, wenn es auch<br />

nicht sehr stark sein mag, und wir haben eine Wahl getroffen und uns entschieden,<br />

daß dies für uns das rechte ist, es spricht uns an. Wie viele von all den Millionen von<br />

Menschen, die sich an<strong>der</strong>en Dingen zuwenden, sind denn soweit gekommen? Jene,<br />

91


die eine Ahnung und selbst nur vage Gedanken von diesen Dingen haben, erlangen<br />

sie durch Unterscheidung o<strong>der</strong> als Rückwirkung <strong>der</strong> Vergangenheit. Manchmal wird<br />

ein Mensch mit dieser Lebensweise geboren und hat sie schon als Kind. An<strong>der</strong>e<br />

erwerben sie durch Unterscheidung und durch die Gemeinschaft mit jenen, die schon<br />

auf dem Weg sind. Wenn du ein Arzt werden willst, dann begib dich in die<br />

Gemeinschaft von Ärzten. Durch ihre Gemeinschaft, durch Ausstrahlung, durch das<br />

beständige Leben mit ihnen wirst du natürlich ein Interesse, ein Verlangen erwerben,<br />

ein Arzt zu werden.<br />

Manche haben dies schon als Kind. Aber im allgemeinen, wenn wir uns entwickeln,<br />

müssen wir die Unterscheidungskraft benutzen, das heißt, um recht von falsch zu<br />

unterscheiden. Auch wenn sich nur ein kleiner Gedanke über das Mysterium des<br />

Lebens und seine Bedeutung in uns erhebt, glaube ich, ist das <strong>der</strong> höchste Tag im<br />

Leben eines Menschen, <strong>der</strong> größte Tag in seinem Leben, denn diese Frage kann nicht<br />

mehr ausgelöscht werden. Wenn man sie durch sehr viel Arbeit o<strong>der</strong> auf die eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Weise vergißt, wird sie sich dennoch wie<strong>der</strong> bemerkbar machen. Wenn Gott<br />

sieht, daß dies wie<strong>der</strong> lebendig wird, trifft er Vorbereitungen, um euch irgendwo in<br />

Verbindung zu bringen, wo ihr auf den Weg gestellt werden könnt.<br />

Darüber hinaus hilft euch die Gemeinschaft. Unterscheidungsvermögen und<br />

Gemeinschaft und das Erhalten von etwas, das euch die innere Verbindung gibt.<br />

Wenn ihr neben Eis sitzt, wird alle Hitze vergehen. Wenn ihr damit in engere<br />

Verbindung kommt, wird euer Hunger natürlich stärker – und wenn ihr langsam<br />

größeren Geschmack daran findet, bekommt ihr entsprechend mehr davon. Wie ich<br />

am Anfang dieses <strong>Gespr</strong>äches sagte, werden wir nicht in einem Tag zu Satsangis:<br />

„Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.“<br />

Weil wir ein Verlangen danach haben, deshalb sind wir hier zusammen. Warum nicht<br />

Tausende o<strong>der</strong> Millionen von den Menschen, die hier in den Städten leben? Das ist<br />

das Schicksal von jenen, die durch die Gnade Gottes erwacht sind; und dieses<br />

Erwachen läßt uns suchen, entwe<strong>der</strong> durch Unterscheidung o<strong>der</strong> durch Bücher o<strong>der</strong><br />

durch Gemeinschaft. Auf die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weise trifft Er Vorbereitungen, euch<br />

irgendwo damit in Verbindung zu bringen, wo ihr dann auf den Weg gestellt werden<br />

könnt.<br />

Wie ich euch gesagt habe, wird ein Mensch nicht zu einem Satsangi, wenn er auf den<br />

Weg gestellt worden ist: wir sind in einer Probezeit auf dem Weg. Je mehr wir uns mit<br />

<strong>der</strong> sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft verbinden, um so mehr von allen<br />

Tugenden erwerben wir. Wir sind Seelen, wir haben die gleichen Eigenschaften wie<br />

Gott, doch sie sind verborgen. Ich meine damit, daß ihr tief in euch dieses Verlangen<br />

habt und daß euch eine Verbindung gegeben wurde. Je mehr ihr euch damit<br />

verbindet und je mehr ihr in <strong>der</strong> Gemeinschaft jener seid, die auf dem Weg sind,<br />

desto größer und stärker wird eure Sehnsucht.<br />

Das ist <strong>der</strong> einzige Weg. Wir können nicht jeden lieben – das ist richtig. Wenn ihr<br />

keinen Haß für an<strong>der</strong>e empfindet, habt ihr euch entwickelt. Das geschieht nur, wenn<br />

jemand schlecht von euch denkt. Wenn ihr nichts <strong>der</strong>gleichen in euch tragt, wird euch<br />

das natürlich nicht beeinflussen. <strong>Die</strong>se Gedanken werden dann zurückfließen und<br />

genau den treffen, von dem sie ausgegangen sind. Ihr seid gerettet. Danach kommt<br />

die Liebe. Wenn ihr mit Gott in Verbindung kommt, wird sich die Liebe in euch<br />

entwickeln, da Er in allen wohnt. Er ist bereits in uns eingeboren. Aber wenn ihr<br />

92


niemanden haßt, dann denke ich, ist das, auf dem Pfad, <strong>der</strong> halbe Weg zur<br />

Vollkommenheit. Das bewahrt euch natürlich vor so vielen Dingen.<br />

Ich respektiere, ich achte diese Offenheit sehr. Wir sind wirklich auf dem Weg dahin.<br />

Darum lege ich euch nahe, das Tagebuch zu führen. Ich sehe ganz deutlich, daß ein<br />

Mensch nicht in einem Tag ein Satsangi werden kann. Wir werden Satsangi genannt,<br />

sind aber noch nicht so weit. Um ein Satsangi zu werden, haben wir uns damit<br />

verbunden, wir haben etwas erhalten. Wenn wir ernsthaft damit weitermachen, dann<br />

denke ich, werden wir von Gottes Liebe überströmen, die auch jene empfinden, mit<br />

denen wir in Berührung kommen. Wenn ihr mit einem gottberauschten Menschen in<br />

Berührung kommt, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Liebe Gottes überströmt, dann strahlt diese<br />

Berauschung auf euch aus.<br />

So sind wir alle auf dem Weg zur Vollkommenheit. Wenn wir diesen Weg aufnehmen,<br />

kommt <strong>der</strong> Tag, an dem wir unser Ziel erreichen. Zumindest etwas hat sich in uns<br />

entwickelt, entwe<strong>der</strong> als Rückwirkung aus <strong>der</strong> Vergangenheit o<strong>der</strong> durch<br />

Gemeinschaft. Wir versuchen natürlich, voranzukommen. Das Fleisch ist willig, doch<br />

<strong>der</strong> Geist scheint eher schwach zu sein. Doch es hilft, wenn wir damit in Verbindung<br />

kommen. Darum empfehle ich euch, zu den Gruppentreffen zu gehen. Und lest jeden<br />

Morgen, nach <strong>der</strong> Meditation, etwas aus den Schriften. Das wird euch einen Antrieb<br />

auf dem Weg geben – um auf dem Weg voranzuschreiten.<br />

Das sind die hilfreichen Faktoren. Wenn ihr wirklich danach strebt, wird <strong>der</strong> Tag<br />

kommen, an dem ihr dazu geworden seid. Wenn ihr täglich bei einem Ringer sitzt,<br />

werdet ihr auch zu üben beginnen. Ihr könnt nicht in einem Tag so stark wie ein<br />

Ringer werden, aber mit <strong>der</strong> Zeit, durch regelmäßige Übung, werdet ihr das. „Je<strong>der</strong><br />

Heilige hat seine Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft.“ Es gibt für alle<br />

Hoffnung.<br />

Gott möge euch helfen – das ist alles… meine besten Wünsche begleiten euch… das ist<br />

alles, was ich noch sagen kann.<br />

Kirpal Sandesh, Sept. 2009; engl. Sat Sandesh, März 1976<br />

<br />

INITIATION, KARMA UND DAS WESEN DER SÜNDE<br />

Miami, USA, 1. Januar 1964<br />

Frage: Meister, würden Sie bitte erklären, nach welchen Richtlinien die Initiation<br />

gewährt wird?<br />

Der Meister: Zuerst sollten wir wissen, was Initiation bedeutet. Initiation ist keine<br />

Zeremonie, kein Ritus, kein Ritual und kein Opfer. Es ist genau wie in einer Schule, in<br />

<strong>der</strong> man eine Unterweisung erhält; dazu wird einem zunächst die innere Theorie<br />

erklärt, und dann erhält man eine innere Erfahrung. Wir sind alle Kin<strong>der</strong> Gottes. Gott<br />

ist Licht, und wir sind auch Licht, wesensgleich mit Gott. Aber unser Licht ist von<br />

93


verschiedenen Umhüllungen verdeckt - den physischen, astralen, kausalen und den<br />

superkausalen. Es ist genau wie bei einer Lampe mit zwei, drei o<strong>der</strong> vier<br />

Umhüllungen; sie scheint ohne Licht zu sein. Wenn ihr aber eine Hülle entfernt, seht<br />

ihr ein wenig Licht; wenn ihr noch eine, seht ihr mehr Licht; und wenn ihr alle Hüllen<br />

entfernt, seht ihr, daß sie alles Licht in sich birgt. Ähnlich sind wir Licht, Kin<strong>der</strong> des<br />

Lichts, aber wir sind von so vielen Hüllen bedeckt. Initiation bedeutet, unsere Seelen<br />

zu erheben und die Hüllen abzuschütteln - zuerst die des physischen Körpers, <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

eiserne Vorhang ist, wie ich sage möchte - die Seele über das Körperbewußtsein, das<br />

physische Bewußtsein zu erheben und das innere Auge zu öffnen, um eine Erfahrung<br />

des Lichts zu erlangen und auch das innere Ohr zu öffnen, um die Stimme Gottes o<strong>der</strong><br />

die Musik <strong>der</strong> Sphären zu hören. Das ist es, was das Wort "Initiation" wirklich<br />

bedeutet: in das Jenseits eingeweiht zu werden.<br />

"Lerne zu sterben, damit du zu leben beginnen kannst." Was müssen wir dafür<br />

tun? Wir sind Seelen - bewußte Wesen; <strong>der</strong> Sitz <strong>der</strong> Seele im Körper ist hinter den<br />

Augen. Ihr habt sicher einen Menschen sterben sehen: das Leben zieht sich von unten<br />

zurück, steigt hinauf zur Rückseite <strong>der</strong> Augen, und die Augen drehen sich nach oben;<br />

dann kommt <strong>der</strong> Schlußakt 5 , den man als Tod bezeichnet. Der Sitz <strong>der</strong> Seele im<br />

Körper liegt also hinter den Augen, aber sie erleuchtet den ganzen Raum - den ganzen<br />

Körper. <strong>Die</strong>se Strahlen <strong>der</strong> Seele, kann man sagen, die den ganzen Körper beleben,<br />

müssen zurückgezogen und zur Rückseite <strong>der</strong> Augen gebracht werden; dort öffnet<br />

sich das innere Auge o<strong>der</strong> das Einzelauge, und wir sehen das Licht Gottes. Darum<br />

sagte Christus: "Wenn dein Auge einfältig ist, wird dein ganzer Leib licht sein."<br />

Nun haben wir zwei Augen. Wie können zwei Augen zu einem werden? Das ist eine<br />

praktische Frage. Auf ähnliche Weise sagten alle Meister, daß das dritte Auge, das<br />

hinter den Augen liegt, geöffnet werden sollte. Aber es öffnet sich nur, wenn <strong>der</strong><br />

Lebensstrom o<strong>der</strong> Sinnesstrom hinter die Augen zurückgezogen wird. Das ist <strong>der</strong><br />

erste Schritt.<br />

Dafür wurden viele Wege vorgeschrieben. Und viele von ihnen sind von Menschen<br />

erdacht; sie sind zeitraubend, schwierig und auch gefährlich. Und heutzutage sind wir<br />

von Geburt an nicht stark genug für sie. Sie schließen die Pranas, den Atem und<br />

an<strong>der</strong>es mit ein, o<strong>der</strong> man kommt durch geistiges Ringen zu einem Schluß - aber das<br />

ist kein Sehen.<br />

Es ist also eine Sache <strong>der</strong> tatsächlichen Loslösung des Selbst, wie man sich über das<br />

Körperbewußtsein erhebt, wie man während des Lebens stirbt. Plutarch sagt uns:<br />

"Wer ins Jenseits initiiert wird, dessen Seele macht die gleiche Erfahrung wie zur Zeit<br />

des Todes."<br />

So müssen wir unsere Seele zu ihrem Sitz, <strong>der</strong> hinter den Augen liegt, zurückziehen.<br />

Wenn ihr das allein vermögt, schön und gut. Je<strong>der</strong> sollte dazu in <strong>der</strong> Lage sein; ein<br />

Blin<strong>der</strong> braucht zwei Augen, um zu sehen. Wenn er die nicht hat, dann braucht er,<br />

wenn er in dieser Lage ist, die Hilfe von einem, <strong>der</strong> den Weg kennt, <strong>der</strong> fähig ist, ihn<br />

zu führen. Und wer ist dazu kompetent? Nicht <strong>der</strong> Sohn des Menschen, bedenkt das!<br />

Es ist Gott in ihm, <strong>der</strong> sich offenbart, <strong>der</strong> die Kraft hat, unsere Seelen mit nur einem<br />

kleinen Gedanken über die Gebundenheit des Gemüts zu erheben. Das kostet ihn<br />

nichts. Gott schuf die ganze Schöpfung mit nur einem Gedanken. Natürlich wohnt<br />

Gott in jedem Herzen, kein Herz ist ohne Ihn; aber Er hat sich dort nicht offenbart.<br />

Doch warum nicht?<br />

5 Wörtlich „drop-scene“ - die letzte Szene in einem Schauspiel, wonach <strong>der</strong> Vorhang fällt (fallen =<br />

drop)<br />

94


Unsere Seele steht unter <strong>der</strong> Kontrolle des Gemüts, das Gemüt ist unter <strong>der</strong><br />

Kontrolle <strong>der</strong> nach außen gehenden Kräfte, und unsere Aufmerksamkeit ist durch die<br />

nach außen strebenden Kräfte in die äußere Welt zerstreut: wir haben uns mit <strong>der</strong><br />

Welt identifiziert. Darum kennen wir diese Kraft nicht, obwohl sie natürlich da ist.<br />

Wenn wir unsere Aufmerksamkeit von außen zurückziehen und sie über die Sinne<br />

erheben, öffnen wir das [innere] Auge und sehen, daß sie da ist. "Wenn du die Türen<br />

des Körpertempels schließt, wirst du das Licht des Himmels sehen."<br />

Das ist, was Initiation wirklich bedeutet. Bevor wir zu ihm gehen, sind unser inneres<br />

Auge und auch unsere inneren Ohren geschlossen. Sie sind "versiegelt", wie die<br />

heiligen Schriften sagen. So kommt einer - wer ist er? Gott in ihm, <strong>der</strong> sich offenbart -<br />

zu jenen, die wirklich nach Gott verlangen. Es gibt Nahrung für die Hungrigen und<br />

Wasser für die Durstigen. „Der Guru erscheint, wenn <strong>der</strong> Schüler bereit ist.“ Das hat<br />

Gotte so eingerichtet und nicht ein Mensch bestimmt. Er sieht, wenn sich ein Kind<br />

nach Ihm sehnt; dann trifft Er Vorkehrungen, diesen Sucher nach <strong>der</strong> Wahrheit<br />

dorthin zu bringen, wo Er sich offenbart. Und dieser offenbarte Gott ist kompetent,<br />

ihm die Erfahrung des Lichts und des Hörens <strong>der</strong> Sphärenmusik zu gewähren.<br />

Das ist mit Initiation gemeint. Deshalb sagte Christus zu seinen Jüngern: „Ihr seid<br />

gesegnet, jene Dinge zu sehen, die die Propheten und Gerechten nicht sehen<br />

konnten". Dann sagte er: "Gesegnet seid ihr, die Dinge zu hören, die die Propheten<br />

und Gerechten nicht hören konnten." (Matth. 13,17)<br />

Nun, dort ist etwas, das man sehen und das man hören kann. Das ist bereits in uns;<br />

das ist die kontrollierende Kraft, die uns im Körper hält; sonst würden wir den Körper<br />

verlassen: die zwei Augen sind offen, die beiden Nasenlöcher sind offen, aber wir<br />

können ihn nicht verlassen.<br />

Genau das wird mit Initiation gemeint. Das läßt die Religionen unberührt, denn sie<br />

sind unsere Geistesschulen, denen wir uns angeschlossen haben, um eben diese<br />

Wahrheit zu erfahren. <strong>Die</strong> Wahrheit ist eine: Gott ist Licht und Gott ist die Musik <strong>der</strong><br />

Sphären. Der Meister bezeichnet einen Blinden wahrlich nicht als einen, <strong>der</strong> keine<br />

Augen im Kopf hat, son<strong>der</strong>n als einen, dessen inneres Auge geschlossen ist. In <strong>der</strong><br />

Terminologie <strong>der</strong> Heiligen ist <strong>der</strong> ein Blin<strong>der</strong>, dessen inneres Auge geschlossen ist,<br />

obwohl er zwei Augen im Kopf hat.<br />

Wenn ihr zu ihm kommt, seid ihr blind. Wenn er euch zur Meditation sitzen läßt,<br />

seht ihr Licht; bezeugt ihr es. Wenn ihr [in den Körper] zurückkehrt, seid ihr nicht<br />

mehr blind. Wenn ihr eure Augen schließt, seht ihr Dunkelheit. Der eine, <strong>der</strong><br />

kompetent ist, zieht den Schleier <strong>der</strong> Dunkelheit beiseite, und das Licht leuchtet auf;<br />

und ihr bezeugt, daß es so ist - das ist es, was Initiation bedeutet. Und hier beginnt<br />

das ABC. Das ist nicht das letzte Ziel, bedenkt das - wo die weltlichen Philosophien<br />

enden, dort beginnt die Religion. "Es gibt so viele Wohnungen im Hause unseres<br />

Vaters." Wer kompetent ist, eure Seele ins Jenseits zu erheben und euch eine<br />

Erfahrung vom Licht Gottes und <strong>der</strong> Stimme Gottes zu geben, ist auch befähigt, euch<br />

zu führen, wenn ihr das Körperbewußtsein überschreitet und jene Ebenen<br />

durchquert. Es ist Gott in ihm, den wir mit Gotteskraft, Guru-Kraft o<strong>der</strong> Christus-<br />

Kraft bezeichnen.<br />

Das ist das letzte Ziel, das als Menschen vor uns liegt, und <strong>der</strong> einzige Grund, daß<br />

wir uns den verschiedenen Religionen angeschlossen haben. Ihr werdet sehen, daß<br />

man einen, <strong>der</strong> das Licht Gottes sieht, als wahren Christ bezeichnet. <strong>Die</strong> Schriften<br />

beschreiben den als wahren Hindu o<strong>der</strong> wahren Sikh, wahren Mohammedaner o<strong>der</strong><br />

wahren Gläubigen, <strong>der</strong> das Licht Gottes sieht. Ihr habt euch verschiedenen<br />

Geistesschulen angeschlossen, das ist <strong>der</strong> erste Schritt. In irgendeiner Schule o<strong>der</strong><br />

Universität zu bleiben ist lobenswert; aber wenn ihr nur dort bleibt und nicht das Ziel<br />

95


erreicht, wofür ihr in sie eingetreten seid, dann glaube ich, habt ihr nicht den vollen<br />

Nutzen vom Beitritt in diese beson<strong>der</strong>e Schule.<br />

Natürlich haben wir den ersten Schritt getan, <strong>der</strong> für die Bereitung des Bodens<br />

notwendig ist. Er besteht im Lesen <strong>der</strong> Schriften, Aufsagen von Gebeten, Ausüben<br />

bestimmter Riten und Rituale. Was ist ihr Zweck? Durch das Lesen <strong>der</strong> heiligen<br />

Schriften wissen wir, was die Meister über dieses Thema sagten. Wenn ihr bei einem<br />

seid, <strong>der</strong> den Weg kennt, könnt ihr auch ihre rechte Bedeutung verstehen. Jene, die<br />

die Schriften nur auf <strong>der</strong> Verstandesebene auszulegen suchen, können dieser Aufgabe<br />

nicht ganz gerecht werden. Sie sagen: "Gott ist Licht." Aber die Intellektuellen<br />

erklären: "Das ist das Licht des Verstandes." Doch es ist ein wirkliches Licht.<br />

<strong>Die</strong> Reichweite des Schriftenlesens endet, wenn es in uns ein Verlangen<br />

wachgerufen hat, die gleichen Erfahrungen zu machen, die die Meister in ihrem<br />

Leben hatten. Welchen Sinn hat es also, Riten und Rituale durchzuführen und Gebete<br />

aufzusagen? Sie sind dazu da, in uns Liebe und Hingabe für Gott zu entwickeln. Das<br />

sind gute Handlungen; sie sind notwendig, um den Boden zu bereiten. Aber Sehen ist<br />

noch weit mehr. <strong>Die</strong> Seele beginnt zu sehen, wenn sie vom Gemüt und den nach<br />

außen gehenden Kräften befreit ist. Darum sagen alle Meister: "Mensch, erkenne dich<br />

selbst."<br />

Das ist also wirklich mit Initiation gemeint. Wenn Meister kommen, machen sie<br />

sich nicht zum Fürsprecher <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Religion. Sie berichten uns<br />

einfach von <strong>der</strong> höchsten Lehre, die alle Meister verkündet haben. <strong>Die</strong> Lehre, die wir<br />

vergessen und die sie wie<strong>der</strong>belebt haben. Und wer belebt sie von neuem? Gott in<br />

ihnen, das ist alles. Das ist es, was wir brauchen.<br />

Vor allem, wer kann euch mit Gott vereinen? Nur Gottes Gnade allein kann euch<br />

mit ihm vereinen. Übergebt als erstes alles Gott. Dann sind einige vorbereitende<br />

Dinge zu erfüllen: eine streng vegetarische Kost - wir müssen alles Fleisch, Fisch,<br />

Geflügel und Eier vermeiden. Warum? <strong>Die</strong> Menschen denken vielleicht, daß diese<br />

Dinge Kraft geben. Was essen die Tiere? Wie stark sie sind! Man gibt die Kraft in<br />

Form von Pferdestärken an. Im Westen wird zur Zeit für die vegetarische Ernährung<br />

geworben. Bisher hat man etwa fünfzehn Weltkonferenzen für den Vegetarismus<br />

abgehalten. Nur eine fand in Indien statt und vierzehn im Westen. Überall setzt man<br />

sich für die vegetarische Ernährung ein. Man hat erkannt, daß sie <strong>der</strong> Fleischkost in<br />

je<strong>der</strong> Hinsicht überlegen ist. Das ist ein Grund. Der zweite Grund ist, daß wir unsere<br />

Leidenschaften beherrschen müssen. Wir müssen alles meiden, was Leidenschaften<br />

in uns entfacht. Das ist die Hauptsache. Wenn ein Arzt kommt und euch, den<br />

Patienten, anweist, keine feste Nahrung zu sich zu nehmen, müßt ihr auf ihn hören.<br />

Das ist etwas Hilfreiches.<br />

Gleicherweise sind wir bewußte Wesen. Wir müssen bewußter werden. Also<br />

müssen wir den Gebrauch von allem, was unser Bewußtsein krank macht, vermeiden,<br />

das heißt, alle Rauschmittel - jeglicher Art!<br />

Und entwickelt zudem einen guten Charakter. Das ist notwendig - die Dinge, die<br />

euch helfen - um initiiert zu werden. Auch wenn ihr die Initiation erhaltet und nicht<br />

danach lebt - „so schauet darauf, daß das Licht in euch nicht Finsternis sei.“<br />

Das ist mit Initiation gemeint, und dies sind die vorbereitenden Schritte. Es gibt<br />

Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die Durstigen. Vielleicht erkennen wir als<br />

Rückwirkung aus <strong>der</strong> Vergangenheit o<strong>der</strong> indem wir durch verschiedene Wechselfälle<br />

des Lebens gingen, durch Unterscheidung, was wir tun sollen. Das ist eine Art inneres<br />

Verlangen nach einem sicheren Zufluchtsort, einem Hafen, den wir aufsuchen<br />

können. Gott sieht also, wenn dieses Verlangen in einem Menschen erwacht. Er ist in<br />

uns. Er trifft die Vorbereitung, um uns mit einem in Verbindung zu bringen, durch<br />

den wir ins Jenseits initiiert werden können. Das beeinflußt nicht die Religionen - es<br />

96


ist das Grundprinzip aller Religionen, das wir vergessen haben- das ist alles. Durch<br />

ein vergleichendes Studium <strong>der</strong> Religionen werdet ihr das erkennen. Sie haben alle<br />

dasselbe verkündet: Licht und Ton bilden den Weg zurück zu Gott. Sie sind die beiden<br />

Aspekte <strong>der</strong> sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft.<br />

Bleibt, wo ihr seid; es nicht nötig, die Religion zu wechseln. Bleibt einfach eurer eigenen<br />

Religion treu. Ich bin den Oberhäuptern - den Geistlichen - von fast allen<br />

verschiedenen Religionen begegnet. <strong>Die</strong>se Lehren sind in ihren heiligen Schriften<br />

enthalten, aber sie selbst kennen sie nicht. Sie kennen nur die Grundschritte und<br />

weisen nicht auf diese Dinge hin. Wenn sie sie erwähnen, fragen die Menschen: „Gebt<br />

uns das bitte!“ Und dann? Es ist besser, sie nicht zu erwähnen.<br />

Irren ist menschlich. Wir vergessen. <strong>Die</strong> Meister kommen von Zeit zu Zeit, um<br />

diese vergessene Lehre wie<strong>der</strong>zubeleben. Das ist also keine neue Religion, kein neuer<br />

Glaube, keine neue Bewegung. Sie hilft jedem, den Lehren des eigenen Meisters, dem<br />

er nachfolgt, treu zu sein. Das ist alles. Ich denke, daß dies klarmacht, was Initiation<br />

ist und welche Dinge uns helfen und die Voraussetzung für die Initiation bilden.<br />

Wir haben uns hier nach langer Zeit wie<strong>der</strong> getroffen, vermutlich das erste Mal in<br />

Miami. Und wenn ihr irgendwelche <strong>Fragen</strong> habt, werde ich sie mit <strong>der</strong> Gnade Gottes<br />

so gut wie ich kann beantworten.<br />

Frage: Könnt Ihr Karma erklären?<br />

Der Meister: O ja - eine Karma-Frage! Nun, ihr werdet finden, daß dieses Thema in<br />

allen heiligen Schriften behandelt wird. An manchen Stellen wird es ausführlich<br />

erläutert, an an<strong>der</strong>en nur darauf hingewiesen; dies kommt daher, daß die meisten<br />

Schriften nicht von den Meistern selbst geschrieben wurden - fast alle. Sie wurden<br />

später verfaßt und nach dem Hörensagen aufgeschrieben, und nach dem Hörensagen<br />

hat man ihre Worte zitiert. Manche Schriften erklären das Karma in allen<br />

Einzelheiten. Doch in allen Schriften könnt ihr lesen: "Wie du säst, so wirst du<br />

ernten." Versteht ihr? Es gibt Handlung und Rückwirkung.<br />

Wenn ihr ein Pfefferkorn in die Erde steckt und es begießt, was wird das Ergebnis<br />

sein? Eine Pflanze wird aus ihm hervorwachsen, die Hun<strong>der</strong>te von Pfefferkörnern<br />

tragen wird. Und wenn ihr den Samen einer Frucht in die Erde legt und bewässert,<br />

wird er zu einem Baum, <strong>der</strong> euch Hun<strong>der</strong>te von diesen Früchten gibt. So hat je<strong>der</strong><br />

Gedanke, <strong>der</strong> in euch auftaucht, eine Rückwirkung. Ihr habt einen Gedanken, und<br />

alle an<strong>der</strong>en Gedanken entstehen aus ihm, wie die Pfefferkörner o<strong>der</strong> Mangos.<br />

Es gibt verschiedene Arten von Gerichtshöfen. Kleinere Gerichte, in denen<br />

alltägliche Fälle in Wochen abgeschlossen werden; dann gibt es höhere Gerichtshöfe -<br />

Landes- und Oberlandesgerichte - bei denen sich die Fälle jahrelang hinziehen<br />

können. Gleicherweise haben wir da eine Handlung und eine Rückwirkung ergibt sich<br />

- manchmal sofort danach, wie bei den kleinen Gerichtshöfen. Handlungen tragen<br />

Frucht. Manchmal dauert es länger.<br />

Somit können wir, wie man sagt, den Folgen unserer Handlungen nicht entgehen.<br />

Und diese bilden wie<strong>der</strong>um die Ursache einer Rückwirkung. Was geschieht? Täglich<br />

üben wir Handlungen aus, säen eine Saat. Je<strong>der</strong> Gedanke, <strong>der</strong> uns einfällt, ist eine<br />

Saat. Wenn er ausgeführt wird, ergibt dies eine Handlung. Tatsächlich liegt die Saat<br />

in unseren Gedanken. Gedanken sind also sehr mächtig, versteht ihr? Sie haben eine<br />

sehr starke Rückwirkung.<br />

Es gibt drei Arten von Karma: das, was ihr täglich bewirkt, wird "Kriyaman"<br />

genannt; und das zweite, das gerade Frucht trägt und unser gegenwärtiges Lebens<br />

bestimmt, wird "Pralabdh" genannt. Auf diesem beruhen Freude und Leid, Reichtum<br />

und Armut, eine hohe o<strong>der</strong> niedrige Stellung. Manche machen ganz große<br />

97


Anstrengungen und kommen nicht voran; an<strong>der</strong>e tun wenig und übertreffen alle.<br />

Manche Leute sind sehr gebildet und können nicht einmal ihren Lebensunterhalt<br />

verdienen; und an<strong>der</strong>e, die nicht so gebildet sind, besitzen Hun<strong>der</strong>te und Millionen<br />

von Dollars. Versteht ihr? Das sind Rückwirkungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit, die Frucht<br />

tragen und auf denen unser Leben beruht. Und es gibt noch an<strong>der</strong>e Saaten, die noch<br />

nicht Frucht tragen: sie werden mit "auf Vorrat" bezeichnet - Karmas, die auf Vorrat<br />

liegen [Sanchit].<br />

Nun, ich glaube, daß diese drei Karmas nie zu Ende gehen. Wir säen jeden Tag<br />

Saaten: manche tragen Frucht, an<strong>der</strong>e liegen noch auf Vorrat; das geht so weiter -<br />

Handlung, Rückwirkung - immer fort.<br />

Vielleicht habt ihr vom Ramayana gehört? 6 Es berichtet, daß Lord Rama als Lord<br />

Krishna wie<strong>der</strong>kehrte. Wie starb Lord Krishna? Wißt ihr es? Krishna lag im<br />

Dschungel und ein Jäger kam des Wegs. Er hatte ein Lotoszeichen an einem Fuß, das<br />

von weitem wie das Auge einer Antilope aufblitzte. Der Jäger schoß einen Pfeil, <strong>der</strong> in<br />

seinen Fuß eindrang, und er starb. Als ihn <strong>der</strong> Jäger erreichte, sah er, daß er Lord<br />

Krishna war, und er fragte ihn: "Warum das? Es tut mir leid - das wollte ich nicht!<br />

Aber ich dachte, daß dies vielleicht das Auge eines Rehs o<strong>der</strong> einer Antilope ist -<br />

darum schoß ich auf Euch." Lord Krishna sagte: "Nein, habe keine Angst; das ist<br />

meine Schuld, ich habe dich getötet, als ich Lord Rama war."<br />

Das ist eine Rückwirkung. Wenn selbst die Inkarnationen nicht den<br />

Rückwirkungen des Karmas entkommen können, wie können dann wir es? So erhebt<br />

sich nun die Frage: Gibt es da keine Hoffnung? Es gibt Hoffnung! Doch wie?<br />

Was tun die Meister, wenn sie kommen? Sie wickeln alle Handlungen, alle Karmas<br />

ab. Wie? Sie nehmen kein Ende, Handlung und Rückwirkungen folgen ständig<br />

aufeinan<strong>der</strong>. Wir säen neue Saaten, manche tragen gerade Frucht, an<strong>der</strong>e liegen auf<br />

Vorrat, das geht weiter und weiter, immerzu, ohne Ende. Und selbst die<br />

Inkarnationen können nicht sagen: "Ich werde entkommen!" Was tun nun die<br />

Meister? Jenen, die zu ihnen kommen, geben sie eine Verhaltensregel für ihr<br />

zukünftiges Leben: denkt nicht schlecht von irgendeinem, we<strong>der</strong> mit Gedanken,<br />

Worten und Taten. Seid wahrhaft bei all eurem Tun: tut nicht so als ob, indem ihr<br />

etwas an<strong>der</strong>es sagt, als ihr im Herzen habt, täuscht keinen. Und seid keusch in Gedanken,<br />

Worten und Taten. Und liebt alle und leistet selbstlosen <strong>Die</strong>nst. Das sind die<br />

Handlungen, die eure Zukunft bestimmen sollten. Wenn ihr das tut, nun, dann wird<br />

es keine neuen Saaten geben.<br />

Bemerkung: Das ist sehr schwer!<br />

Der Meister: Doch es gibt Hoffnung! Sorgt euch nicht. Alles scheint sehr schwer zu<br />

sein, aber dennoch gibt es Hoffnung. Aber für den Schüler wird noch mehr getan,<br />

nicht nur das. Es betrifft die Rückwirkungen. Der Meister gibt ihm eine Verbindung<br />

mit Gott im Innern, mit dem Licht und Ton Gottes im Inneren. <strong>Die</strong>s löscht<br />

Rückwirkungen aus, um ihm innerlich zu helfen. Sie haben Liebe für alle, und<br />

natürlich werden diese Dinge dann leichter. Das ist das eine. Auf jene Karmas, die<br />

jetzt Frucht tragen und auf denen unser gegenwärtiges Leben beruht, nehmen sie<br />

keinen Einfluß. An<strong>der</strong>nfalls, wenn sie sie berührten, würde <strong>der</strong>jenige Mensch sterben,<br />

weil unser Leben auf ihnen beruht. Doch was tun sie? Sie geben <strong>der</strong> Seele Nahrung -<br />

6 Das Ramayana, das man Valmiki zuschreibt, ist das älteste Sanskrit-Epos in Versform. Es erzählt die<br />

eindrucksvolle und volkstümliche Geschichte von Rama und seiner Gemahlin Sita und vom Sieg des<br />

Guten über das Böse.<br />

98


das Brot des Lebens. Sie geben uns eine Verbindung mit dem Licht- und Tonprinzip<br />

im Innern: das ist das Brot des Lebens, und die Seele wird stark.<br />

Was ist die Folge? Wenn sich die gegenwärtigen Karmas auswirken - zuweilen als<br />

Armut, manchmal als Krankheit, als dies o<strong>der</strong> das - verlieren all diese Rückwirkungen<br />

ihren Stachel, weil die Seele stark ist. Es ist genau wie bei einem Kampf, bei dem <strong>der</strong><br />

eine sehr schwach und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sehr stark ist. Wenn <strong>der</strong> Schwache einen Schlag<br />

erhält, hört er auf und sagt: "Ich bin erledigt!" Und den an<strong>der</strong>en, den Starken,<br />

machen auch viele Schläge nichts aus. Weil sie stark genug sind.<br />

So kommen Rückwirkungen auf uns zu; aber eure Seele wird stark, wenn sie vom<br />

Brot des Lebens ißt, indem sie mit dem Licht- und Tonprinzip im Inneren in<br />

Verbindung kommt. Auf diese Weise geht das gegenwärtige Leben vorüber.<br />

Wenn ihr in Verbindung mit Gott kommt - wenn ihr ein bewußter Mitarbeiter am<br />

göttlichen Plan werdet - werden alle aufgespeicherten Karmas verbrannt, genau wie<br />

Samen, die man im Ofen röstet, nicht mehr wachsen. Auf diese Weise werden alle<br />

Karmas aufgelöst. Darum heißt es: "Was für einen Sinn hat es, zu einem Meister zu<br />

gehen, wenn diese Rückwirkungen kein Ende nehmen?" Wenn ihr euch zu den Füßen<br />

eines Löwen begebt und euch vor den Schakalen fürchtet, was für einen Zweck hat es<br />

dann? Auf diese Weise werden die Karmas abgewickelt: erstens, indem eine<br />

bestimmte Lebensführung vorgeschrieben wird; zweitens durch eine innere, höhere<br />

Verbindung. Was möchten Sie, bitte?<br />

Frage: Ja, ich habe zwei <strong>Fragen</strong>.<br />

Der Meister: Ja, ja, sehr gerne.<br />

Frage: Eine betrifft die Ernährung - wir sollen Fisch, Fleisch, Eier usw. meiden.<br />

Müssen wir jetzt auch auf Kaffee und Tee verzichten, die Koffein und Gerbsäure<br />

enthalten?<br />

Der Meister: Schaut her: Kaffee, Tee usw. berauschen nicht allzusehr - sie fallen<br />

unter die Kategorie <strong>der</strong> Berauschungsmittel, was gegen die Gesundheitsgebote<br />

verstößt; aber ihre Wirkung ist nicht so, als ob man jemanden umbringt. Ich sage<br />

euch, strenggenommen ist ihr Genuß auch eine Sünde; selbst zu atmen ist eine<br />

Sünde, weil wir dabei so viele Bakterien töten. Auf dem Erdboden zu gehen ist auch<br />

Sünde: mit den Füßen zertreten wir so viele Insekten auf dem Boden unter uns. Aber<br />

jede Sünde hat ihr eigenes Gewicht - ihre vergleichweise Bedeutung.<br />

Frage: Aber muß man auf Kaffee und Tee verzichten, wenn den Lehren gerecht<br />

werden will?<br />

Der Meister: Das ist richtig. Das ist es, was ich euch sage. Strenggenommen ist das<br />

eine Sünde, aber es verursacht keine sofortige Berauschung, so daß man das<br />

Bewußtsein verliert. Aus dem Grund verwenden sie manche unbesonnen - das ist eine<br />

an<strong>der</strong>e Sache; doch strenggenommen verstößt das gegen die Regeln <strong>der</strong> Gesundheit.<br />

Frage: Nun etwas an<strong>der</strong>es: muß man im Zölibat leben? Muß man sich <strong>der</strong> Sexualität<br />

gänzlich enthalten?<br />

Der Meister: Darauf möchte ich später eingehen. <strong>Die</strong>ser eine Punkt sollte erst<br />

geklärt werden; ich denke, diese Sache ist nicht ganz klar. Ihr werdet sonst weitere<br />

<strong>Fragen</strong> stellen - das wird immer wie<strong>der</strong> zur Sprache kommen, wenn es nicht<br />

klargestellt wird: ich sage euch, daß selbst das Essen von Gemüse eine Sünde ist.<br />

99


Frage: Was? Gemüse zu essen ist eine Sünde?<br />

Der Meister: Ich sagte euch, daß selbst Atmen Sünde ist. Ich möchte es noch weiter<br />

erklären. Warum? Habt bitte Geduld, zuzuhören.<br />

Frage: Was ist Sünde?<br />

Der Meister: Ich erkläre es euch. Sünde ist das, was uns daran hin<strong>der</strong>t, Gott zu<br />

erkennen - das ist Sünde. Es gibt geringere Sünden und schwerere Sünden. Ihr<br />

werdet zum Beispiel gehängt, wenn ihr einen Menschen tötet. Wenn ihr ein Tier tötet,<br />

verurteilt man euch einfach zu einer Geldstrafe - niemand wird dafür gehängt. Wenn<br />

ihr Vögel o<strong>der</strong> Insekten tötet, kümmert sich niemand darum. Ihr werdet wissen, daß<br />

es Elemente gibt: in <strong>der</strong> niedrigsten Kategorie, den Pflanzen, ist ein Element voll<br />

entwickelt und vier sind unentwickelt. Bei den Insekten sind zwei Elemente<br />

entwickelt und die an<strong>der</strong>en verborgen. Bei den Vögeln sind drei Elemente voll<br />

entfaltet und zwei unentwickelt. Bei den Tieren haben sich vier Elemente ganz<br />

entwickelt und eines ist verborgen. Und im Menschen sind alle fünf Elemente voll<br />

entwickelt. So ist alles relativ, versteht ihr?<br />

Was sagen die Meister? Lebt von <strong>der</strong> geringsten Sünde - von Pflanzen o<strong>der</strong><br />

Körnern - und werdet ein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan. Nur dann könnt<br />

ihr freigesprochen werden. Das ist ein Gesichtspunkt. Was wollten Sie sonst noch<br />

fragen?<br />

Frage: Ja, muß man im Zölibat leben? Muß man sich <strong>der</strong> Sexualität gänzlich<br />

enthalten?<br />

Der Meister: Seht her: es heißt, daß ein Leben <strong>der</strong> Enthaltsamkeit nötig ist. Ihr<br />

müßt keusch sein - führt ein Leben <strong>der</strong> Enthaltsamkeit; das heißt, beherrscht all eure<br />

Sinne.<br />

Frage: Ob man verheiratet ist o<strong>der</strong> nicht?<br />

Der Meister: Ja, in beiden Fällen.<br />

Frage: In beiden Fällen? Ich meine, wenn man verheiratet ist, muß man sich<br />

enthalten...?<br />

Der Meister: Ich will es näher erklären - hört bitte geduldig zu. Sie haben recht.<br />

Nun, seht - jene, die nicht verheiratet sind, sollten strenge Enthaltsamkeit beachten.<br />

Das ist ein Punkt. Was sollen die tun, die verheiratet sind? Sie sollten nach dem leben,<br />

was die heiligen Schriften sagen. Und was sagen sie? Sie sagen, daß eheliches Leben<br />

kein Hin<strong>der</strong>nis für die Spiritualität ist, wenn es gemäß den heiligen Schriften geführt<br />

wird. Und was sagen die Schriften über die Ehe? Sie sagen, daß die Ehe kein Vertrag,<br />

son<strong>der</strong>n ein Sakrament ist. Gott vereint uns, Er soll uns auch trennen. Es heißt, einen<br />

Lebensgefährten zu erwählen, <strong>der</strong> einem während des Lebens in Freude und Leid<br />

beisteht, um einan<strong>der</strong> zu helfen, Gott zu erkennen. Das ist das höchste Ziel eines<br />

Menschen. Es mag eine Pflicht sein, Kin<strong>der</strong> zu zeugen, aber das ist nicht unsere<br />

einzige Pflicht. Und Paulus ging so weit, zu sagen: "<strong>Die</strong> Männer sollten ihre Frauen<br />

lieben, wie Christus die Kirche liebte."<br />

Das ist also ein Teil des Lebens, nicht alles. Wenn ihr euch aber täglich den<br />

Sinnesfreuden hingebt, wird euch das nicht von Hilfe sein. Ein normales Leben, ein<br />

Leben <strong>der</strong> Enthaltsamkeit, wie es die Schriften gebieten, ist sehr notwendig. <strong>Die</strong>se<br />

100


Kraft ist die Grundlage eures physischen Lebens - eures Gehirns, eures Herzens, von<br />

allem. Wer enthaltsam ist, <strong>der</strong> verlängert sein Leben. Das ist etwas sehr wertvolles,<br />

seht ihr? Woraus entsteht er [<strong>der</strong> Samen]? Man sagt, das, was man ißt, wird zu Chylus<br />

[Speisesaft], aus dem Chylus entsteht Blut. Man hat errechnet, daß vierzig Tropfen<br />

Butter einen Tropfen Blut ergeben; und vierzig Tropfen Blut werden zu Fett. Aus dem<br />

Fett bilden sich Muskeln und Knochen; und aus den Knochen entsteht dann das<br />

Knochenmark. Und daraus ergibt sich dies - das letzte Ergebnis. Es ist also etwas sehr<br />

Kostbares. Ihr müßt es bewahren. Je mehr ihr es bewahrt, um so lebendiger werdet<br />

ihr euch fühlen. Je mehr ihr euch seinem Verlust hingebt - am nächsten Tag werdet<br />

ihr nicht sehr glücklich sein, ihr werdet euch bedrückt fühlen.<br />

Eheliches Leben ist also kein Hin<strong>der</strong>nis für die Spiritualität. Das steht in den<br />

Schriften - das sagen alle Schriften. Vielleicht waren ein o<strong>der</strong> zwei Meister nicht<br />

verheiratet; die Mehrzahl von ihnen war es, aber sie führten kein Leben <strong>der</strong> Hingabe<br />

an alle die äußeren Freuden wie wir. Das ist ein Teil des Lebens, mehr nicht.<br />

Frage: Aber sagte nicht Jesus, daß die wahre Ehe im Himmel geschlossen wird?<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> <strong>der</strong> Seele.<br />

Frage: Gibt es so etwas wie Seelengefährten?<br />

Der Meister: Wie bitte?<br />

Frage: Seelengefährten - geistige Seelengefährten?<br />

Der Meister: Ja, das ist richtig. Das ist das Ideal vor uns: es sollten zwei Körper und<br />

eine Seele sein. Das ist das wahre Ideal einer Ehe. Es bedeutet nicht, daß <strong>der</strong> eine<br />

diesen und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e jenen Weg gehen will - dann gibt es Scheidungsgerichte,<br />

Hun<strong>der</strong>te von ihnen. So sollte es nicht sein. Das sagen die Meister.<br />

Frage: Wäre das nicht die mystische Ehe o<strong>der</strong> die mit dem einen Bräutigam, <strong>der</strong> alle<br />

zu sich nimmt?<br />

Der Meister: Sehen Sie, das sind physische Verbindungen, die durch die<br />

Rückwirkungen dessen, was wir selbst gesät haben, geschaffen werden: manche sind<br />

Kin<strong>der</strong>, an<strong>der</strong>e Frauen, jene sind Ehemänner - das sind Rückwirkungen aus <strong>der</strong><br />

Vergangenheit. Aber warum leben nicht alle so? Wir müssen frohen Herzens<br />

begleichen, was wir getan haben. Und was die Seele betrifft - die Seele muß sich mit<br />

Gott vereinen. Das ist die mystische Ehe - die <strong>der</strong> Seele. <strong>Die</strong> Körper bleiben hier. Ja,<br />

bitte?<br />

Frage: Meister, was geschieht mit einem, <strong>der</strong> die Initiation vor dem Tod erhält und<br />

keine Zeit mehr hat, das notwendige Karma abzutragen? Muß diese Seele in einer<br />

an<strong>der</strong>en Verkörperung zurückkehren o<strong>der</strong> bleibt sie in <strong>der</strong> Astralebene?<br />

Der Meister: Lassen Sie es mich erklären. Sehen Sie, das hängt vom Initiierten ab.<br />

Falls er, wenn er initiiert ist, ganz an den Meister glaubt und ihm alles übergeben hat<br />

- solche Fälle gibt es, sie sind natürlich selten -, wenn er diesen Glauben hat und er so<br />

stark geworden ist, daß er alle Rückwirkungen hier aufhebt, dann schickt ihn <strong>der</strong><br />

Meister nicht mehr in den physischen Körper zurück. Wenn er etwas getan hat und<br />

an den Meister glaubt, braucht er nicht zurückzukehren. Wenn er die Initiation<br />

erhalten und nichts getan hat, wird selbst dann für diese Seele gesorgt; sie kann aber<br />

nicht unter <strong>der</strong> Stufe des menschlichen Körpers zurückkommen, weil diese Saat nur<br />

im menschlichen Körper wachsen kann. Das ist ein Zugeständnis. Wenn einer wenig,<br />

101


das heißt nicht genügend getan hat und seine Wünsche befriedigt wurden - wenn er<br />

noch ein o<strong>der</strong> zwei einfache Wünsche hat, werden auch diese vor dem Hinscheiden<br />

erfüllt - dann wird er entsprechend seinem Vermögen in höhere Ebenen gebracht und<br />

schreitet von dort aus fort, um nicht mehr zurückzukehren.<br />

Jene, die initiiert sind, bekommen zumindest wie<strong>der</strong> die Fähigkeit, wie<strong>der</strong> in den<br />

menschlichen Körper zurückzukehren; sie werden nicht darunter geboren. Jene<br />

Seelen, die etwas getan haben, die Glauben und Liebe für den Meister besitzen und<br />

bei denen an<strong>der</strong>e Dinge auf die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weise befriedigt wurden, selbst noch<br />

vor dem Tod - solche Seelen werden in die Ebenen gebracht, für die sie bereit sind.<br />

Darum schärfen uns die Meister ein, daß wir müssen uns im menschlichen Körper so<br />

weit wie möglich entwickeln sollen, weil wir in ihm in Monaten das tun können, was<br />

wir danach nur in Jahren erreichen können. Je eher wir das tun, um so besser. Somit<br />

ist die Initiation ein Segen, weil für die Seele gesorgt wird. Jene, die gut fortschreiten,<br />

gehen direkt zur vierten, fünften o<strong>der</strong> dritten Ebene, so weit sie sich entwickelt haben.<br />

<strong>Die</strong>s [die Wie<strong>der</strong>geburt] betrifft jene, die nichts o<strong>der</strong> wenig getan haben. Ja, bitte?<br />

Frage: Darüber haben Sie gerade gesprochen - keiner von uns ist also ohne Karma -<br />

wir haben immer Karma?<br />

Der Meister: Im allgemeinen, gewiß.<br />

Frage: Immer?<br />

Der Meister: Ja!<br />

Frage: Dann kann man sagen, es gibt niemand ohne Karma?<br />

Der Meister: Wir denken jeden Tag - das ist Karma; ein bloßer Gedanke ist Karma.<br />

Frage: Ein Gedanke ist Karma?<br />

Der Meister: Ja, wie ich gerade gesagt habe. Ja, bitte?<br />

Frage: Das Hin<strong>der</strong>nis sind die fünf Sinne. Wenn man erkennt, daß man nicht länger<br />

dem Herrn <strong>der</strong> Welt angehört und sich erhebt, versucht man die an<strong>der</strong>en Sinne zu<br />

entwickeln. Meister, wenn uns die Erneuerung des Geistes gänzlich neu formt,<br />

müssen wir auch dann Karma auf uns nehmen?<br />

Der Meister: Wenn ihr auf den Weg gestellt seid, kommt ihr mit <strong>der</strong> sich zum<br />

Ausdruck bringenden Gotteskraft, die Licht und Ton ist, in Verbindung. Je mehr ihr<br />

damit in Verbindung kommt, um so wunschloser - selbstloser, werdet ihr. Dadurch<br />

entgeht ihr den Rückwirkungen.<br />

Frage: Aber wenn wir in unseren Meditationen den hörbaren Lebensstrom<br />

vernehmen?<br />

Der Meister: Ja...?<br />

Frage: … die Sphärenmusik …<br />

Der Meister: Ja … ?<br />

Frage: … das Größte auf <strong>der</strong> Welt …<br />

Der Meister: Ja …?<br />

102


Frage: Ist nicht alles Musik, Schwingung, Musik und Farbe - ist alles ein Licht?<br />

Der Meister: Gewiß!<br />

Frage: Sind wir nicht Licht? Sind wir nicht in Wirklichkeit Töne einer Musik?<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> ganze Welt ist Schwingung. Als erstes, so sagt man, schuf Gott die<br />

Welt und es ward Licht. Und von dem Licht geht <strong>der</strong> Ton aus. Er ist auch<br />

Schwingung. Wir sind bereits Licht; aber das Licht in uns ist verhüllt, wie ich Ihnen<br />

sagte. Doch es ist da. Und Sie werden sehen, daß das Licht- und Tonprinzip in <strong>der</strong><br />

ganzen Schöpfung erklingt, ohne daß man die Augen und Ohren zu schließen braucht.<br />

Frage: Dann sind wir eins mit Ihm; und das wird als <strong>der</strong> Pfad <strong>der</strong> Offenbarung<br />

bezeichnet - ist es nicht so?<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> Offenbarungen beginnen, wenn man sich über das<br />

Körperbewußtsein erhebt, und sie nehmen mehr und mehr zu, wenn man<br />

fortschreitet. Versteht ihr? Seid physisch und geistig still und erkennt, daß ihr Gott<br />

seid. Versteht ihr?<br />

Frage: Aber dann haben wir die Verantwortung, danach zu leben, wie Gott zu<br />

handeln, nicht nur zu sein - eben Gott zu werden - aber so zu handeln…?<br />

Der Meister: Als erstes müssen wir ein Gottlieben<strong>der</strong> sein. Liebe ist das, was die<br />

Seele vereint, sie in <strong>der</strong> mystischen Hochzeit verbindet. Später wird sie letztlich eins.<br />

Ja, bitte?<br />

Frage: Haben alle Menschen, die auf dieser Erde leben, die Möglichkeit, ein Meister<br />

zu werden?<br />

Der Meister: Ja, gewiß. Als ich das letztemal in die Vereinigten Staaten kam, wurden<br />

zwei Kin<strong>der</strong> auf den Weg gestellt Sie waren noch klein - sechs o<strong>der</strong> sieben Jahre alt.<br />

Ich fragte sie: "Was möchtet ihr?" Sie sagten: "Wir wollen Meister werden!" "Gut",<br />

sagte ich zu ihnen. "Ihr seid auf den Weg gestellt worden. Schreitet fort, und ihr mögt<br />

zum Meister erwählt werden."<br />

Es ist Gott, <strong>der</strong> die Meister erwählt - sie werden nicht durch eine öffentliche Wahl<br />

bestimmt - wenn Er sieht, daß einer bereit ist, erwählt Er ihn. Und manche kommen<br />

schon bereit auf die Welt. Es ist, wie wenn ein Rektor von einer Universität zur<br />

an<strong>der</strong>en versetzt wird. Manche haben sich in ihrer eigenen Universität herangebildet,<br />

und ihrem Fortschritt entsprechend werden sie zu Professoren und dann zu Rektoren<br />

ernannt. Somit haben wir die Möglichkeit. Je<strong>der</strong> Mensch ist im Werden; je<strong>der</strong> hat<br />

seinen eigenen Hintergrund: manche sind mehr bereit, an<strong>der</strong>e weniger. Manchmal<br />

geschieht es auch, daß ein Mensch im Werden ist und er sich bereits genügend<br />

entwickelt hat. Nun, dann kann er als Meister erwählt werden - nichts spricht<br />

dagegen. Je<strong>der</strong> Heilige hat seine Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft.<br />

Bemerkung: Viele sind berufen und wenige sind auserwählt.<br />

Der Meister: Ja, jene, die die Initiation erhalten. Viele hören von diesen Dingen und<br />

haben kein Verlangen danach. Nimm irgendeine Stadt, in <strong>der</strong> Millionen von<br />

Menschen leben - doch wie viele sind für diese Dinge bereit? Sehr wenige. Das wird<br />

nur durch die Gnade Gottes bewirkt.<br />

Frage: Wie können wir wissen, ob wir für diese Reise ins Nirwana bereit sind?<br />

103


Der Meister: Wie bitte? (Lachen) Nein, nein lacht nicht!<br />

Frage: Wann werden wir wissen, ob wir reif genug sind, daß wir…<br />

Der Meister: Oh, das ist gut. <strong>Die</strong>se Frage wurde gestellt …<br />

Frage: Wann werden wir einen Hinweis erhalten?<br />

Der Meister: Nun, ich beantworte Ihre Frage gerne, doch haben Sie bitte die Geduld,<br />

zuzuhören. Einmal wurde ich zu einem Fernsehinterview eingeladen. Da sie einen<br />

guten Namen hatten, wollten mich die Oberhäupter verschiedener<br />

Religionsgemeinschaften vor all den Fernsehzuschauern bloßstellen. Sie riefen mich<br />

an; und ich wußte von diesen Dingen nichts. Einer <strong>der</strong> Verantwortlichen war<br />

Chefredakteur einer Zeitung, einer war ein Bischof, <strong>der</strong> dritte ein jüdischer Rabbi, <strong>der</strong><br />

vierte gehörte <strong>der</strong> "I am"-Bewegung an und <strong>der</strong> fünfte noch einer an<strong>der</strong>en Richtung.<br />

Es waren also vier o<strong>der</strong> fünf Oberhäupter verschiedener Religionen da.<br />

Sie standen auf und begrüßten mich: "Wir sind gekommen, um mit Ihnen zu<br />

sprechen."<br />

"Ja, gut. Ich danke Ihnen!"<br />

"Ist es Ihnen recht, wenn wir <strong>Fragen</strong> stellen?"<br />

"Bitte, fragen Sie!"<br />

<strong>Die</strong> Fernsehsendung begann. Wir setzten uns zum <strong>Gespr</strong>äch: "Nun, stellen Sie mir<br />

bitte Ihre <strong>Fragen</strong> - fragen Sie, was Sie möchten."<br />

Sie fragten und ich antwortete ihnen. Dann fragte ich sie, ob sie noch weitere<br />

<strong>Fragen</strong> hätten. Sie stellten mehr <strong>Fragen</strong> und erhielten ebenfalls eine Antwort darauf.<br />

Später fand eine Konferenz am Runden Tisch statt. Insgeheim fragte einer den<br />

an<strong>der</strong>en: "Stellen Sie ihm doch eine Frage!" Sie zerbrachen sich die Köpfe, um mir<br />

weitere <strong>Fragen</strong> zu stellen. <strong>Die</strong> Fernsehsendung dauerte insgesamt etwa eine Stunde,<br />

Zum Schluß fragte mich <strong>der</strong> Bischof: "Wie erkennt man, daß man Gott verwirklicht<br />

hat?" - die gleiche Frage, die Sie gestellt haben. Und ich erklärte ihm: "Wenn Sie<br />

Magenschmerzen haben, wie erkennen Sie dann, daß Ihr Magen schmerzt?"<br />

(Lachen.)<br />

Seht ihr? Dafür gibt es kein äußeres Anzeichen. Je<strong>der</strong> Mensch ist sein eigener<br />

Zeuge - er muß es sich selbst beweisen. <strong>Die</strong> ganze Zeit seht ihr Gott überall - es gibt<br />

keinen Ort, wo Gott nicht ist. Alle sind in euch, und ihr seid in allen. Obwohl das Meer<br />

ganz mit Schaum und Gischt bedeckt ist, ist das Wasser darunter ganz ruhig - taucht<br />

darin ein! <strong>Die</strong>s sind einige Beispiele, um das zu verdeutlichen. Aber wie wissen wir,<br />

daß wir uns selbst erkennen, wenn wir Magenschmerzen haben?<br />

Sie blieben ruhig und sagten dann: "Vielen Dank, Sie haben recht!" Und diese<br />

Fernsehsendung wurde überallhin ausgestrahlt. Sie taten das, um ihr Ansehen in <strong>der</strong><br />

Welt zu vergrößern.<br />

Frage: Meister, wenn ich meiner Familie zum Beispiel sage: "Bitte, kommt mit zum<br />

Satsang", antworten sie: "Ja, wir lieben dich, wir werden mitgehen." Doch jedesmal<br />

haben sie dann eine an<strong>der</strong>e Ausrede, eine wirklich gute Entschuldigung. Ist das<br />

meine Schuld o<strong>der</strong> kommt es, weil <strong>der</strong> Meister sie nicht ruft, zum Satsang zu gehen?<br />

Der Meister: Nun, sie sind noch nicht bereit. Sie haben kein Verlangen. Seht ihr, es<br />

gibt Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die Durstigen. Außer durch die<br />

Gnade Gottes werden sie niemals danach verlangen; es ist Gottes Gnade - nur durch<br />

die Gnade Gottes kann ein Mensch den Weg aufnehmen; nicht durch an<strong>der</strong>e. Sie sind<br />

104


also noch nicht bereit; das ist alles. Das sollte dir noch mehr Anlaß sein, sie zu lieben.<br />

Es ist nicht deine Schuld, sei dessen gewiß. Ja, bitte?<br />

Frage: Meister, ich habe eine Frage. Wenn ich mich nach dem richte, was bei diesem<br />

Treffen bisher zur Sprache kam und was die Leute sagen, habe ich den Eindruck, daß<br />

sich die meisten Menschen viele Gedanken über die Sünde machen - ihre eigenen<br />

Sünden - und über Vergehen an Gott und ihren Mitmenschen. Nun sind manche<br />

Menschen hier älter als an<strong>der</strong>e und haben sich die Hörner mehr abgestoßen als<br />

an<strong>der</strong>e. Ich möchte Sie fragen...<br />

Der Meister: Ja, ja...<br />

Frage: Nun, die meisten Leute hier machen sich Sorgen über die Last <strong>der</strong> Sünde…<br />

Der Meister: - o<strong>der</strong> was Sünde ist -<br />

Frage: ... o<strong>der</strong> Karma, was man Karma nennt?<br />

Der Meister: Was Karma ist, habe ich erklärt. Was Sünde ist - das meinen Sie wohl?<br />

Frage: Ja - nun, die Frage, die ich gerne stellen möchte, ist die: Gewährt Gott jenen<br />

von uns, die sich wie ich größerer Verbrechen schuldig gemacht haben, irgendeinen<br />

Gnadenerlaß - ich habe im Fronteinsatz Hun<strong>der</strong>te von Menschen getötet. Nun, gemäß<br />

den Geboten Gottes heißt es: Du sollst nicht töten. Und man wird in eine bestimmte<br />

Situation gebracht und zu töten gezwungen. Gibt es irgendeinen Gnadenerlaß, den<br />

Gott jenen Menschen gewährt, die gesündigt haben, sich ihrer Verbrechen bewußt<br />

geworden sind, denen ihre Sünden leid tun und Gottes Gnade zu erlangen suchen, um<br />

Vergebung ihrer Sünden zu finden? Gibt es nun irgendeinen Weg, um Gewißheit zu<br />

bekommen, daß das Karma getilgt worden ist?<br />

Der Meister: Ja, gerade habe ich es erklärt. Es gibt ein Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit und<br />

ein Gesetz <strong>der</strong> Gnade - es gibt beide. Wenn eine Kerze brennt, herrscht unter ihr<br />

immer Finsternis; wenn eine elektrische Lampe brennt, ist es über ihr dunkel. Beides<br />

sind Naturgesetze. Es gibt ein Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit und ein Gesetz <strong>der</strong> Gnade. Das<br />

Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit lautet - wie sagt man? - Auge um Auge, Zahn um Zahn. Dem<br />

entgeht keiner. Es gibt aber ein Gesetz <strong>der</strong> Gnade - wie kann man es sich nutzbar<br />

machen? Ich will es euch sagen - indem ihr euch des Geliebten Gottes, des Gottes im<br />

Menschen bewußt werdet - denn es ist Gott allein, <strong>der</strong> euch die Verbindung mit Ihm<br />

geben kann. Er begegnet euch durch die Hilfe eines Menschen, durch dessen Körper<br />

Er sich offenbart. Folgt ihm, bereut eure früheren Taten - und Er nimmt euch in seine<br />

Obhut.<br />

Erinnert ihr euch nicht an das, was Christus tat, als eine Frau aus <strong>der</strong> Stadt zu ihm<br />

kam? Sie ging zu ihm hinein, wo er war, wusch seine Füße mit ihren Tränen und<br />

trocknete sie mit ihrem Haar. Und Simon, <strong>der</strong> Pharisäer, <strong>der</strong> zugegen war, dachte:<br />

"Wie seltsam. Wenn er ein Meister ist, macht er sich unglaubwürdig. Hat er nicht<br />

Verstand genug, um zu wissen, daß diese Frau eine Dirne aus <strong>der</strong> Stadt ist?" Christus,<br />

<strong>der</strong> die Gedanken an<strong>der</strong>er lesen konnte, sagte: "Nun, Simon, höre!" <strong>Die</strong>ser sagte:<br />

"Ja?" "Wenn einem Mann einer 50 Silberlinge schuldet, und ein an<strong>der</strong>er schuldet ihm<br />

500, und er erläßt beiden ihre Schuld, weißt du, wem er die größere Gunst erwiesen<br />

hat?" Und Simon dachte, vielleicht ist er ein beson<strong>der</strong>s geschäftiger Meister, er<br />

möchte seine Sünde verbergen - weil je<strong>der</strong> Mensch die Dinge von seiner Warte aus<br />

sieht. Er sagte: "Ja, dem einen, dem er die 500 erlassen hat." Darauf sprach Jesus:<br />

"Siehe, ich kam in dein Haus, und du hast mich nicht begrüßt, hast meine Füße nicht<br />

105


gewaschen und mir nichts angeboten. Und sie kam und weinte und wusch meine<br />

Füße mit ihren Tränen." Er sagte zu ihr: "Ich vergebe dir alles, denn deine Liebe ist<br />

groß." (Lukas 7,36-50)<br />

Es gibt auch ein Gesetz <strong>der</strong> Gnade. Wenn man bereut und zu den Füßen eines<br />

Gottmenschen nie<strong>der</strong>fällt, denn es ist Gott, <strong>der</strong> die Welt erschuf - dann sind die<br />

Rückwirkungen aufgehoben. Wie ich euch gerade sagte - wer kann Sünden vergeben?<br />

Nur Gott, Gott kann die Sünden vergeben. Ist es nicht so? Gott kann es. Aber die<br />

Sache ist die, daß wir, auf welcher Ebene wir auch wirken, wir uns den<br />

entsprechenden Gesetzen beugen müssen. Wenn wir uns über den Körper erheben<br />

und bewußte Mitarbeiter am göttlichen Plan werden, dann werden, wie ich euch<br />

erklärt habe, alle Rückwirkungen, alle Karmas aufgelöst.<br />

Also gibt es auch ein Gesetz <strong>der</strong> Gnade - wenn wir sie verdienen. Beides sind<br />

Gesetze; gleicherweise gibt es das Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit. Ich sage euch - die Saat<br />

wurde gesät. War das Huhn vor dem Ei o<strong>der</strong> das Ei vor dem Huhn da? Gibt es eine<br />

Antwort darauf? Nein? War die Saat zuerst da o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Baum? Es gibt keine Antwort<br />

darauf. Wenn ihr euch über die Ebenen des Denkens erhebt - physisch, astral und<br />

kausal - und ein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan werdet, dann verbrennen<br />

alle Saaten und können nicht mehr wachsen. So stehen die Dinge. Wenn ihr ein Vater<br />

seid und einen Sohn habt, <strong>der</strong> sich mit jemandem geschlagen hat, würdet ihr ihn <strong>der</strong><br />

Polizei übergeben? Ihr würdet ihm vielleicht selbst einen o<strong>der</strong> zwei Schläge versetzen,<br />

aber ihn nicht <strong>der</strong> Polizei ausliefern. Das ist so ähnlich ist.<br />

Liebe ist das größte Gesetz. Was for<strong>der</strong>t Liebe? Haltet meine Gebote! Im<br />

allgemeinen mischen sie [die Meister] sich nicht auf diese Weise ein; aber jene, die<br />

ihm alles übergeben, werden gerettet. Wie ich euch sagte, sind beides Gesetze: es gibt<br />

ein Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit und das Gesetz <strong>der</strong> Gnade.<br />

Frage: Aber - bitte - entschuldigt! - ein Meister kann doch vier Fünftel des Karmas<br />

entfernen, wenn man initiiert wird, und dann ist man vom Rad [des Lebens] befreit.<br />

Der Meister: Ich will Ihnen erklären, wie sie das Karma entfernen. Es gibt ein<br />

Gesetz des Mitgefühls, das ist etwas an<strong>der</strong>es. Aber was <strong>der</strong> Meister zur Zeit <strong>der</strong><br />

Initiation tut, habe ich Ihnen schon erklärt: er schreibt eine gewisse Verhaltensweise<br />

für die Zukunft vor. Doch sie berühren nicht die Rückwirkungen, die gegenwärtig<br />

Frucht tragen. Sie geben <strong>der</strong> Seele das Brot des Lebens; die Initiierten erstarken, und<br />

die bedrückenden Auswirkungen vergehen. Und wenn sie eine Verbindung mit Ihm<br />

erhalten - dem Licht und Ton - und bewußte Mitarbeiter am göttlichen Plan werden,<br />

verbrennen alle Karmas <strong>der</strong> Vergangenheit. Das ist alles.<br />

Seine Größe besteht darin, daß er die Seele mit einem kleinen Gedanken erheben<br />

kann, obwohl wir uns selbst nicht über das Körperbewußtsein erheben können -<br />

manchmal mögen es 10, 20 o<strong>der</strong> auch 100 Seelen sein - alle erheben sich bei einer<br />

Meditationssitzung; er gibt ihnen eine Verbindung mit Gott. Eine Seele, die sich unter<br />

<strong>der</strong> Last des Karmas beugt, wird erhoben. Ich denke, das kostet ihn nichts. Tausende<br />

von Tieren und an<strong>der</strong>e trinken Wasser - wird das Wasser deshalb weniger? Nein! Und<br />

Er ist die unerschöpfliche Quelle. Verbindet euch mit <strong>der</strong> immerwährenden Quelle<br />

Gottes, mit Gott in ihm - aus Zuneigung - es gibt ein Gesetz <strong>der</strong> Sympathie. Dann<br />

erhaltet ihr eine Verbindung im Innern. Doch wenn diese Kraft nicht dort wäre, wie<br />

könntet ihr dann das Licht Gottes im Innern sehen? Es ist da.<br />

Frage: Meister, wenn ein Patient unter dem Messer des Chirurgen stirbt und <strong>der</strong><br />

Chirurg wird älter und erfahrener und schaut zurück und stellt fest, daß er Fehler<br />

gemacht hat - weil er erst üben und lernen mußte und sein Bestes versucht hat -<br />

haben sich solche Ärzte ein schlechtes Karma geschaffen?<br />

106


Der Meister: Ich will es erklären: wie ich bereits sagte, ist selbst Atmen Sünde; ich<br />

habe es erklärt. Er wurde in Anatomie unterwiesen - das meinen Sie doch, wenn ich<br />

Sie richtig verstanden habe. Sie üben sich in Anatomie an toten Körpern, aus denen<br />

sich die Seele zurückgezogen hat, dabei lernen sie den Bau des Körpers kennen und<br />

wie man Eingriffe durchführt. Das üben sie zuerst an toten Körpern. Das könnt ihr in<br />

den Kliniken sehen. Und darüber hinaus müssen sie manchmal kleine Insekten,<br />

Frösche und an<strong>der</strong>e Lebewesen töten. Das ist Sünde, aber diese Sünde wird<br />

begangen, um höheres Leben zu retten - das höhere Leben des Menschen. Doch es ist<br />

Sünde, davon gibt es kein Entkommen - es sei denn, ihr werdet ein bewußter<br />

Mitarbeiter am göttlichen Plan, wie ich euch sagte. Sie tun das also, weil man etwas<br />

Niedrigeres opfern muß, um das Höhere zu retten. <strong>Die</strong>s geschieht aber nicht aus<br />

selbstischen Motiven - son<strong>der</strong>n, um den übrigen Menschen zu helfen, körperlich<br />

gesund zu bleiben. Der menschliche Körper, <strong>der</strong> als <strong>der</strong> höchste in <strong>der</strong> ganzen<br />

Schöpfung betrachtet wird, soll erhalten werden, damit wir erfahren können, wie man<br />

Gott erkennt.<br />

Frage: Wirkt sich ein Gebet auf das Karma aus?<br />

Der Meister: Sicherlich! Gebete, die aus dem Herzen kommen, nicht die<br />

festgelegten Gebete - verstehen Sie? Sie sind nur Lippenbewegungen und haben keine<br />

Verbindung mit dem Herzen. Ein Gebet, das aus dem Herzen kommt, bei dem sich<br />

das Herz mit Liebe füllt und Tränen aus den Augen fließen - das ist ein Zeichen - ein<br />

solches Gebet wird erhört, es löscht die Rückwirkungen aus und schafft eine<br />

Gegenwirkung.<br />

Aber entscheidend ist die Stärke des Gebets. Nicht jedes Gebet wird erhört, weil es<br />

nicht von Herzen kommt. Ein einfach professionell wie<strong>der</strong>holtes Gebet - so wie man<br />

„O Gott!“ sagt - mit dem das Herz nichts zu tun hat, bewirkt nichts. Ein Gebet hilft auf<br />

ganz wun<strong>der</strong>volle Weise: wo alles menschliche Bemühen fehlschlägt, hat das Gebet<br />

Erfolg. Aber das Gebet sollte an einen kompetenten Menschen gerichtet sein, an<br />

dessen Zuständigkeit man glaubt. Das Gebet eines Schwächeren, <strong>der</strong> sich an einen<br />

Stärkeren wendet. Vielleicht habt ihr in <strong>der</strong> Bibel gelesen, wie Christus sagt: "Wenn<br />

ihr zu Gott betet, mag Er eure Bitte erfüllen o<strong>der</strong> auch nicht. Wenn ihr in meinem<br />

Namen zu Gott betet, erhört Er euch vielleicht. Betet ihr aber zu mir, werdet ihr ganz<br />

gewiß erhört." Worin besteht <strong>der</strong> Unterschied in <strong>der</strong> Bedeutung dieser drei Aussagen?<br />

Wenn wir zu Gott beten, sind wir in unserem Herzen nicht völlig überzeugt, daß es<br />

Gott gibt. Wir sagen einfach etwas ohne Motiv, ohne dieses Ideal vor uns zu haben. Er<br />

sagt, wenn wir in seinem Namen zu Gott beten, haben wir auch keinen sehr starken<br />

Glauben - wir sind von etwas an<strong>der</strong>em abhängig. Aber wenn wir Gott in ihm sehen,<br />

müssen wir erhört werden. Das ist <strong>der</strong> Unterschied.<br />

Frage: Was kann ich tun, um mich von all den schlechten Gedanken zu befreien,<br />

wenn ich meditiere? Es scheint, ich kann mich nicht konzentrieren.<br />

Der Meister: Es gibt einen Weg, wenn Sie zu einem Meister kommen; er zeigt Ihnen<br />

einen Weg, um das zu überwinden - auf zweierlei Weise - die eine ist die innere<br />

Einkehr, indem Sie ein Tagebuch führen - die an<strong>der</strong>e, indem Sie eine Verbindung im<br />

Inneren erhalten. Beides zusammen hilft uns, ein Mensch zu werden - selbst Räuber<br />

werden zu Heiligen. Es gibt Hoffnung, wie ich euch sagte: je<strong>der</strong> Heilige hat seine<br />

Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft.<br />

Kirpal Sandesh, Heft 2, 1979-80<br />

107


WEITERE GESICHTSPUNKTE DES KARMAS<br />

Aus einem <strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh in Montrose, Kalifornien,<br />

am 8. Dezember 1963<br />

Ich bezog mich gerade auf ein Ereignis in meinem Leben. Ich besuchte meinen<br />

Onkel, dessen Tochter, meine Nichte, sehr krank war. In <strong>der</strong> Nacht, als ich mit dem<br />

Zug fuhr, sah sie mich und meinen Meister an ihrem Bett stehen, und sie sah, daß ich<br />

meinen Meister auf sie hinwies - "Hier ist die Frau" - und wegging. Sie rief ihren Vater<br />

und sagte zu ihm: "Bitte meinen Bru<strong>der</strong>, zu mir zu kommen - er ist weggegangen -<br />

rufe ihn zurück!" Das ist alles, was geschah.<br />

Am Tag darauf kam ich an. Es ging ihr besser. Sie war schwer krank gewesen, doch<br />

sie genas. Ich besuchte sie, und sie sagte: "Letzte Nacht kamst du hierher, und ein<br />

alter Mann war bei dir. Warum gingst du fort? Ich rief nach dir."<br />

"Nun bin ich bei dir." Dann fragte ich sie: "Wenn du den alten Mann wie<strong>der</strong> siehst,<br />

würdest du ihn erkennen?" Sie sagte: "Ja!"<br />

Zwei Monate später hatte unser Meister in <strong>der</strong> Nähe von Rawalpindi zu tun. Als er<br />

ankam, war sie auch da und stand im oberen Stockwerk eines Gebäudes, und <strong>der</strong><br />

Meister ging in einer Entfernung von 10 o<strong>der</strong> 20 Metern vorbei. Ich fragte sie:<br />

"Erkennet du den alten Mann wie<strong>der</strong>?"<br />

"Oh, er ist es, <strong>der</strong> in jener Nacht bei mir war!"<br />

Seht ihr? <strong>Die</strong> Ausstrahlung wirkt für die, die euch lieben. Das ist ganz natürlich.<br />

Geringere Wünsche können erfüllt werden, selbst zur Zeit des Todes. Das<br />

Wesentliche ist, daß kein Geben und Nehmen mehr da sein sollte - solche Dinge, die<br />

nicht gänzlich beseitigt werden können - keine Bindungen. Um die kleinen Dinge<br />

wird Sorge getragen - das ist ein großes Zugeständnis.<br />

Zur Zeit unseres Meisters gab es solche Fälle. Da war eine Frau, die keinen Sohn<br />

hatte. Ihre Schwiegermutter warf ihr vor: "Du hast keinen Sohn!" - und dies und<br />

jenes. Das war für diese Frau ein großes Problem. Als die Zeit ihres Todes kam,<br />

dachte sie nur daran: "Ich habe keinen Sohn." Plötzlich rief sie: "Schau doch, Mutter!<br />

Mein Meister hat mir einen wun<strong>der</strong>schönen Sohn gebracht!" So war dieser Wunsch<br />

erfüllt. Solche Dinge geschehen.<br />

Ein an<strong>der</strong>er Mann war sehr arm Er war ein Initiierter und hatte großen Glauben an<br />

den Meister. Zur Zeit seines Todes sagte er: "Seht! Der Meister bringt mir viele<br />

Wagenladungen voll Geld, lauter Gold und Silber! Macht ihm Platz!" Solche Dinge<br />

geschehen also. Der Meister löst auf diese Weise die ganze karmische Schuld und<br />

an<strong>der</strong>es auf. Natürlich wird das Karma, das gerade Frucht trägt, nicht berührt.<br />

Es gibt aber einen sehr wichtigen Punkt, auf den ich euch hinweisen muß: je<strong>der</strong><br />

Mensch hat seine eigenen Rechte. Liebt Gott und liebt die ganze Menschheit - auch<br />

eure Familien und eure Freunde und Verwandten. Erledigt eure Arbeit auf dem<br />

spirituellen Weg und arbeitet auch, um euren Lebensunterhalt zu verdienen. Dabei<br />

sollten eure Beziehungen zu an<strong>der</strong>en nicht beeinträchtigt werden. Ihr solltet ihnen<br />

wie bisher mit aller Liebe begegnen. Sonst werden die Leute denken: "Es kommt<br />

durch diese Lehren, daß er so ist."<br />

Das ist sehr notwendig: Wir sollten Gott und alle lieben - unsere Kin<strong>der</strong>, unsere<br />

Familien und alle an<strong>der</strong>en. Gott ist auch in ihnen, ist es nicht so? Der gleiche Gott, <strong>der</strong><br />

in euch ist, wohnt auch in allen an<strong>der</strong>en. Je<strong>der</strong> hat seinen Anteil.<br />

<strong>Die</strong>s gibt manchmal jenen Anlaß zur Kritik, die vom Pfad nichts wissen. Es mag<br />

unsere Schuld sein - ich spreche jetzt ganz allgemein, nicht zu euch. Nun, das liegt<br />

108


nicht an <strong>der</strong> Lehre; es ist manchmal auch unsere Schuld. Wir sollten uns da keine<br />

Nachlässigkeit erlauben.<br />

Kirpal Sandesh, Heft 2, 1979-80<br />

<br />

DIE DREI GUNAS<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh vom 18.Januar 1964 in Washington, USA<br />

Schüler: Meister, könnt Ihr uns bitte etwas über die drei Gunas o<strong>der</strong> die drei<br />

Eigenschaften sagen?<br />

Meister: Ich würde sagen, sie stellen verschiedene Gemütszustände dar. Wenn sich<br />

jemand guten Dingen hingezogen fühlt - Barmherzigkeit, Liebe, Mitgefühl, und er<br />

an<strong>der</strong>en helfen möchte - wenn sich die Neigungen des Gemüts auf Gutes richten, wird<br />

das "satva" genannt. Wenn ihr seht, daß einer träge und faul ist und alles auf morgen<br />

verschiebt - „das tun wir ein an<strong>der</strong>mal" - so wird das "tamas" o<strong>der</strong> "tamogun" genannt.<br />

Und wenn ihr sehr aktiv seid und eifrig bestrebt, irgend etwas zu tun, wenn ihr<br />

z.B. eine Sache in die Hand nehmt und euch Mühe gebt - je<strong>der</strong> hat seine eigene Art;<br />

manche Menschen sind sehr energisch und setzen sich sehr ein - so bezeichnet man<br />

das als "rajas". <strong>Die</strong> Trägen und Faulen, die alles auf morgen verschieben, sich<br />

hinlegen und nichts Sinnvolles tun - ihr Gemütszustand wird "tamas" genannt. Und<br />

manchmal wenden wir uns normalen, guten Dingen zu: das heißt man "satva". Wenn<br />

man will, kann man die Gunas auch als drei verschiedene Geisteshaltungen<br />

bezeichnen.<br />

Wir müssen also Faulheit und Trägheit überwinden und dürfen nichts mehr auf<br />

morgen verschieben.<br />

In wem "satvic" vorherrscht, <strong>der</strong> fühlt sich dem Guten hingezogen. Wenn in einem<br />

das rajasic-Element gegenwärtig ist, wird er vorwärtsdrängen wie ein ungebärdiges<br />

Pferd, das ihn, wenn er es zäumt und es gehorcht, früher ans Ziel bringen wird. Ich<br />

glaube, wörtlich übersetzt, nennt man diese Haltungen des Gemüts seine drei<br />

Eigenschaften o<strong>der</strong> Wesenszüge.<br />

Wir müssen uns über die drei Eigenschaften erheben. Gebt die erste Eigenschaft ganz<br />

und gar auf. <strong>Die</strong> zweite hilft uns, wenn wir sie auf Gutes richten. Wenn sie sich auf<br />

häßliche o<strong>der</strong> schlechte Dinge, wie Töten richtet, ist sie überdies gefährlich. Doch<br />

wenn man sie mit dem satvic-Aspekt verbindet, kann man Wun<strong>der</strong> wirken. <strong>Die</strong>se drei<br />

Wesenszüge des Gemüts wurden von den Meistern mit verschiedenen Namen<br />

bezeichnet. <strong>Die</strong> Rishis nannten sie so, wie wir eben; die Mohammedaner hatten ihre<br />

eigenen Namen. Und sie beschreiben die verschiedenen Eigenschaften des Gemüts,<br />

das ist alles. Wir müssen uns über sie erheben.<br />

109


Natürlich ist satva das Sprungbrett, mit dem wir all diese Eigenschaften<br />

überschreiten müssen, die die verschiedenen Wesenszüge des Gemüts bilden. Wir<br />

müssen eine satvic-Lebensweise annehmen, die uns als Schrittstein dient, um uns<br />

über sie (die Gunas) zu erheben. Aber selbst die satvic-Lebensweise bindet uns, gleich<br />

wie uns Fesseln aus Gold o<strong>der</strong> Eisen binden - das ist alles. Wir müssen uns also über<br />

diese drei Eigenschaften erheben. Ich denke, mit diesen wenigen Worten habe ich<br />

euch eine wirklichkeitsgetreue Beschreibung gegeben, wie ihr sie so deutlich nicht in<br />

den Büchern finden könnt.<br />

Schüler: Was haben die drei Gunas mit dem dritten Wort <strong>der</strong> Geladenen Namen zu<br />

tun?<br />

Meister: Sie haben damit nur wenig o<strong>der</strong> nichts zu tun. Sie bilden die drei<br />

Eigenschaften des Gemüts, die wir überschreiten müssen, dann erst beginnt die<br />

wahre Spiritualität. Das Gemüt umfaßt einen sehr großen Bereich. Es gibt ein<br />

physisches und ein astrales Gemüt und das kausale Gemüt - es gibt drei verschiedene<br />

Stufen, seht ihr? Wenn ihr diese drei Ebenen überschreitet - nun, das ist etwas<br />

an<strong>der</strong>es. Das Gemüt wirkt in allen drei Ebenen und wird mit verschiedenen Namen<br />

bezeichnet. <strong>Die</strong> Rishis haben ihre eigenen Namen: pindi manas, andi manas und<br />

brahmandi manas. Das physische Gemüt wirkt im physischen Körper, das nächste<br />

(astrale) im astralen Körper und das dritte (kausale) im kausalen Körper. Wir müssen<br />

alle drei überschreiten. Und ihre Eigenschaften bilden die drei Wesenszüge o<strong>der</strong><br />

Haltungen des Gemüts.<br />

Schüler: Und auf welcher Ebene gibt es überhaupt keinen Ton mehr? Hört <strong>der</strong> Ton<br />

jemals auf?<br />

Meister: Das Wort ertönt in <strong>der</strong> ganzen Schöpfung - in allen Ebenen.<br />

Schüler: Auch in <strong>der</strong> fünften?<br />

Meister: In allen Ebenen, wie ich schon sagte. Als Gott ins Sein trat, waren da Licht<br />

und Ton. Es gab ein Licht, und von diesem Licht ging <strong>der</strong> Ton aus. Im Jenseits, im<br />

wortlosen Zustand Gottes, gibt es kein Licht und keinen Ton. Dort ist es ganz still,<br />

dort endet er.<br />

Schüler: Der Ton erklingt in <strong>der</strong> ganzen Schöpfung?<br />

Meister: In <strong>der</strong> ganzen Schöpfung.<br />

Schüler: Aber im Namenlosen gibt es keinen Ton. Ist das richtig?<br />

Meister: Im namenlosen, wortlosen Zustand gibt es keinen Ton und kein Licht. Doch<br />

das ist etwas, das in sich selbst besteht - man kann es nicht beschreiben. Mehr kann<br />

ich nicht sagen.<br />

Sehr wenige fragten je danach o<strong>der</strong> haben diese Frage nach den drei Eigenschaften<br />

gestellt - zumindest im Westen. Das satvic-Element ist also das Sprungbrett. Und wir<br />

müssen uns darüber erheben, müssen es überschreiten.<br />

<strong>Die</strong> tamsic-Menschen - die sich auf <strong>der</strong> niedrigsten Ebene befinden - tun das, wozu<br />

sie an<strong>der</strong>e drängen, antreiben; sie müssen angetrieben werden. Sonst tun sie nichts.<br />

110


Wenn irgend jemand von sich selbst aus nichts tun will, muß man ihn drängen, sich<br />

zu erheben: man muß ihn unaufhörlich antreiben. Und <strong>der</strong> rajasic-Mensch ist wie ein<br />

ungebärdiges Pferd: man muß ihn zügeln. Doch wenn man es (das rajas-Element) mit<br />

satvic verbindet - wirkt es Wun<strong>der</strong>. Rajasic bedeutet einfach Ungestüm. Das ist alles.<br />

Jede Nahrung ist von eigener Beschaffenheit - die ungute Auswirkungen haben kann.<br />

Jede Nahrung hat eine an<strong>der</strong>e Wirkung. Darum sollt ihr Fleisch und diese Dinge ganz<br />

und gar vermeiden. Milch, Früchte und Gemüse sind satvic. Doch auch unter den<br />

Pflanzen gibt es vieles mit tamsic-gleicher Wirkung. Alles Aufputschende, Erregende<br />

ist rajasic. In <strong>der</strong> "Gita" von Lord Krishna werden die drei Elemente beschrieben und<br />

aufgezählt, worin sie enthalten sind. Darum wird eine Satvic-Nahrung - eine streng<br />

vegetarische Kost: Früchte, Getreide und Milch - empfohlen. Wenn ihr z.B. einen<br />

Hund mit Fleisch füttert, bellt und knurrt er dauernd - seht ihr? Wenn ihr ihm nur<br />

Gemüse gebt, wird er ganz lieb sein.<br />

<strong>Die</strong> Ernährung spielt also eine wichtige Rolle. Doch sie ist nicht das Wichtigste. Auch<br />

wenn ihr euch ganz sorgfältig ernährt, müßt ihr dennoch das Gemüt überschreiten.<br />

<strong>Die</strong> Ernährung ist natürlich ein hilfreicher Faktor.<br />

Schüler: Wie viele Menschen in <strong>der</strong> Welt sind Vegetarier, was glaubt Ihr?<br />

Meister: Ich denke, in jedem Land gibt es Vegetarier. In Indien lebt die Mehrzahl <strong>der</strong><br />

Menschen vegetarisch. In an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n ein gewisser Prozentsatz: etwa 20 o<strong>der</strong> 25<br />

Prozent. In Indien mögen es 50 Prozent o<strong>der</strong> mehr sein, aber nun nehmen dort die<br />

Fleischesser zu. Aber ich glaube, die Zahl <strong>der</strong> Vegetarier nimmt ansonsten überall zu;<br />

das ist ein Verdienst <strong>der</strong> vegetarischen Welt- Kongresse, die überall auf <strong>der</strong> Welt gehalten<br />

werden.<br />

Schüler: In unserem Land gibt es etwa vier o<strong>der</strong> fünf Millionen Vegetarier. Ich weiß es<br />

nicht genau, weil auch die Sieben-Tages-Adventisten Vegetarier sind. Und hier leben<br />

Millionen dieser Menschen.<br />

Meister: Das ist es, was ich sage. Und in Indien gibt es noch mehr Vegetarier. Und<br />

auch die Sieben-Tages-Adventisten im Westen sind Vegetarier. Aber wie viele<br />

Christen sind im allgemeinen Vegetarier? Alle Protestanten und Katholiken <strong>der</strong><br />

Römischen Kirche sind Fleischesser. <strong>Die</strong> Sieben-Tages-Adventisten beachten diese<br />

Dinge und legen sich Beschränkungen auf; auch die Essener essen kein Fleisch.<br />

Schüler: Vielleicht müssen eines Tages alle Menschen vegetarisch leben, denn man<br />

sagt doch, daß man mit dem Weideland, daß man zur Fleischerzeugung für einen<br />

Menschen braucht, zehn Menschen vegetarisch ernähren könnte. Wenn die<br />

Bevölkerung weiter so zu<br />

nimmt, wird vielleicht eines Tages kein an<strong>der</strong>er Weg mehr bleiben.<br />

Meister: Nun, das ist eine Frage, mit <strong>der</strong> man sich eingehend befassen muß. Man hat<br />

die falschen Maßnahmen zur Geburtenkontrolle ergriffen. Sie fuhren nur zu größeren<br />

Ausschweifungen. Wir sollten ein enthaltsames Leben führen - ein Leben <strong>der</strong><br />

Keuschheit.<br />

In Indien kamen ein paar Leute zu mir. Sie sagten, sie wollten eine Familienplanungsgruppe<br />

bilden. Seht ihr? Das ist meine Einstellung dazu. Sie wollten<br />

111


mich zum Präsidenten dieser Gruppe machen. Ich sagte: „Nun, was bezweckt ihr<br />

damit? Wollt ihr die Ausschweifung vermehren o<strong>der</strong> sie beenden?" Was ist<br />

Familienplanung? Warum nicht ein keusches Leben führen? Sagt ihnen, sie sollen<br />

keusch sein.<br />

Ehe bedeutet nicht Ausschweifung. Ehe bedeutet, einen Gefährten zu wählen, <strong>der</strong> in<br />

Freude und Leid bei euch ist. Versteht ihr? Gott hat euch verbunden, und nur Gott<br />

sollte euch wie<strong>der</strong> trennen. Ihr solltet Gefährten sein, die einan<strong>der</strong> helfen, Gott zu<br />

erkennen. Es ist eine Pflicht, Kin<strong>der</strong> zu zeugen, aber sie macht nicht 100 Prozent<br />

eurer Pflicht aus.<br />

In den alten Zeiten hatten die Menschen ein o<strong>der</strong> zwei Kin<strong>der</strong>, und dann verließen sie<br />

die Welt und zogen sich zur Meditation in die Wäl<strong>der</strong> zurück. Und in <strong>der</strong> Bibel heißt<br />

es: „<strong>Die</strong> Männer sollten ihre Frauen lieben, wie Christus die Kirche liebte." Das<br />

müssen wir entwickeln o<strong>der</strong> uns zu eigen machen. Das wird uns retten. Wenn nicht -<br />

so, wie die Bevölkerung mit je<strong>der</strong> Minute zunimmt,- man schätzt, in <strong>der</strong> Welt werden<br />

mit je<strong>der</strong> Minute 90 Menschen mehr geboren als sterben - was wird dann in zehn<br />

Jahren geschehen?<br />

Schüler: Das ist ein großes Problem. Natürlich hat man heute diese Pillen zur<br />

Geburtenkontrolle.<br />

Meister: <strong>Die</strong> Pillen zur Geburtenkontrolle werden uns nicht helfen.<br />

Schüler: Sie machen alles nur schlechter.<br />

Meister: Mehr Ausschweifung, das ist alles.<br />

Schüler: Ver<strong>der</strong>btheit.<br />

Meister: Ja, ein unmoralisches Leben. Das ist nicht das Ziel <strong>der</strong> Schriften. Das hat<br />

kein Meister gesagt. Und heute sprecht ihr davon. Nun, solch eine Gesellschaft wird<br />

uns in die Hölle bringen. Das einzige Heilmittel ist - selbst ein Beispiel zu geben. Ich<br />

sage euch ganz ehrlich, als unsere Brü<strong>der</strong> und Schwestern geboren wurden, wußten<br />

wir nichts darüber. Wir fragten, woher das Kind gekommen sei. Und man sagte uns,<br />

daß es die Hebamme dagelassen habe. Seht ihr? Das Leben unserer Eltern war so<br />

keusch, daß wir nicht einmal im Traum daran dachten, woher die Kin<strong>der</strong> kommen.<br />

Und wenn ihr heute einen kleinen Jungen fragt, sagt er euch alles darüber. Er sieht<br />

das alles. Das einzige Heilmittel ist also ein keusches Leben.<br />

Zwei Dinge nehmen außerordentlich rasch zu: eines ist <strong>der</strong> Atheismus, das an<strong>der</strong>e die<br />

Bevölkerung, das Laster. Wenn sich die Menschen nicht <strong>der</strong> Spiritualität zuwenden,<br />

gibt es keine Hoffnung, seht ihr? Was wird in zehn o<strong>der</strong> zwanzig Jahren sein? Ich sage<br />

euch, es ist höchste Zeit.<br />

Schüler: Ihr sagt, wenn wir nichts tun, wird es uns in zehn o<strong>der</strong> zwanzig Jahren nicht<br />

mehr so gut gehen?<br />

Meister: Nicht mehr so gut! Ich glaube, dann werden Menschen Menschen essen.<br />

Schüler: Menschen werden Menschen essen?<br />

112


Meister: Ja. Wo sollen sie denn all die Nahrung hernehmen, anbauen? Wenn es mit<br />

je<strong>der</strong> Minute 90 Menschen mehr gibt, abzüglich <strong>der</strong> Todesfalle, was wird dann<br />

geschehen?<br />

Schüler: Genau das sagt man auch von den Chinesen. Sie wollen nach Indien.<br />

Meister: Nun - und wohin sollen die In<strong>der</strong> gehen? In die Hölle? Ins Meer? Menschen<br />

werden Menschen essen. Was will man mehr? Was ich sage, was ich euch da erzähle,<br />

das sehe ich. Das ist <strong>der</strong> einzige Grund, warum ich diese Reise gemacht habe: die<br />

Menschen sollen zur Vernunft kommen. Auch wenn nur jene, die initiiert worden<br />

sind, auf eigenen Füßen stehen, wird das etwas Gutes bewirken. Ich bitte sie,<br />

wenigstens ihre spirituellen Tagebücher zu fuhren, doch sie kümmern sich nicht<br />

darum. Sie leben nicht nach den vorgeschriebenen Tagebüchern, ich sage es euch. Im<br />

Tagebuch gibt es eine Spalte für Keuschheit. Ich sage euch, niemand wird euch diese<br />

Dinge ehrlich erklären. Sie glauben, es ist unter ihrer Würde, unter ihrem - wie sagen<br />

sie - moralischem Empfinden. Und die ganze Sache wird in den Schmutz gezogen.<br />

Das Heilmittel ist Keuschheit und Liebe für an<strong>der</strong>e. Das ist alles. Liebe bedeutet<br />

Barmherzigkeit, Nächstenliebe, nicht die sinnliche Liebe, die ich nie gemeint habe,<br />

versteht ihr? Das sind die einzigen Heilmittel, die uns bleiben. Seht ihr das?<br />

<strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> Atheisten nimmt zu, selbst unter den Christen, Hindus o<strong>der</strong><br />

Mohammedanern. Ihren Religionen gehören zahllose Menschen an, aber wie viele<br />

leben danach? Beten sie wirklich täglich? Sagt mir, wie viele gibt es, die das tun?<br />

Heute morgen sagte ich: „In jedem Heim sollte es eine kleine Kapelle geben.<br />

Alle, die in diesem Heim wohnen, vom kleinen Kind bis zum Ältesten, sollten dort<br />

täglich eine Stunde o<strong>der</strong> so zusammensitzen, beten und etwas (aus den Schriften)<br />

lesen. Aber heutzutage wollen wir Teetrinken und Zeitung lesen. <strong>Die</strong> Eltern<br />

vergnügen sich irgendwo, und die Kin<strong>der</strong>gehen woan<strong>der</strong>s hin. <strong>Die</strong> Folge ist, daß sie<br />

ihre Religion nur auf äußerliche Weise beachten, und die äußere Religion gibt uns gar<br />

nichts. Und das ist die Folge: Ihr empört euch über den Kommunismus, aber sorgt<br />

euch nicht darum, etwas gegen den Atheismus zu tun. Versteht ihr? Wir lassen uns<br />

alle dahintreiben, die große Mehrheit.<br />

Schüler: Wie seht ihr die Lage in Amerika, Meister? Glaubt ihr nicht, daß Menschen<br />

hier sehr spirituell sind, verglichen mit an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n? Ich stelle diese Frage, weil<br />

Statistiken zeigen, daß 60 o<strong>der</strong> 65% <strong>der</strong> Amerikaner in die Kirche gehen, in Europa<br />

dagegen nur etwa 10% <strong>der</strong> Menschen.<br />

Meister: Nein, nein. Ich wollte sagen, daß das nur Routine ist - ich sage es euch. Sie<br />

gehen in die Kirche; aber wie viele gehen wirklich in die Kirche, um zu beten?<br />

Versteht ihr? Da heißt es einfach: „Erhebt euch zum Gebet!" Und einhun<strong>der</strong>t,<br />

zweihun<strong>der</strong>t Menschen stehen auf - große Menschenmengen, und sie sprechen ihre<br />

Gebete und machen einfach eine Zurschaustellung daraus. Doch wir sollten danach<br />

leben! Wenn ihr beten möchtet, dann ist es in Ordnung (wenn ihr in die Kirche geht).<br />

Aber wir tun das nur einmal in <strong>der</strong> Woche - und was ist mit unserem täglichen Leben?<br />

Was ich sagen will, setzt (täglich) Zeit ein, morgens und abends. Setzt mehr Zeit ein,<br />

und ihr werdet sehen, daß sich alles än<strong>der</strong>t: wenn sie das tun, werden die Eltern sich<br />

än<strong>der</strong>n und die Kin<strong>der</strong> werden sich än<strong>der</strong>n.<br />

113


Schüler: Das war so üblich, als dieses Land gegründet wurde. Man lebte in kleinen<br />

Blockhäusern, und die ganze Familie kam zusammen. Aber die Bevölkerung ist<br />

gewachsen.<br />

Meister: Das ist das einzige Heilmittel, seht ihr? <strong>Die</strong> Bevölkerung hat zugenommen,<br />

weil die Menschen nicht nach dem lebten, was die Schriften sagen. Ihr werdet sehen,<br />

daß es in zehn Jahren so ist, wie ich es heute sage.<br />

Schüler: Es sieht also nicht beson<strong>der</strong>s gut aus für die Welt?<br />

Meister: Wenn wenigstens die Initiierten auf den eigenen Füßen stünden - das wäre<br />

die einzige wirkliche Hilfe. Ich sage euch, in den alten Tagen gab es drei Stufen des<br />

Zölibates: die niedrigste galt denen, die wenigstens zwölf Jahre keusch leben<br />

konnten. Ich spreche von den Verheirateten, nicht von denen, die die Welt verließen.<br />

Und die nächsthöhere Stufe schloß jene ein, die das Zölibat 24 Jahre beachteten. Und<br />

die erste Stufe, die höchste, umfaßte 48 Jahre Zölibat. Wurden sie nicht zu Giganten,<br />

körperlich, geistig und in je<strong>der</strong> Hinsicht?<br />

Schüler: Wie lange ist es her, daß die Menschen so lebten?<br />

Meister: Das war in <strong>der</strong> alten Zeit, in <strong>der</strong> Zeit, von <strong>der</strong> wir als <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Rishis<br />

sprechen, in <strong>der</strong> Zeit des "Mahabharata" und des "Ramayana", vor etwa drei- o<strong>der</strong><br />

viertausend Jahren. <strong>Die</strong>se Dinge sind in den Schriften nie<strong>der</strong>gelegt. Wenn in <strong>der</strong><br />

Bibel steht: „<strong>Die</strong> Männer sollen ihre Frauen lieben, wie Christus die Kirche liebte." —<br />

was bedeutet das? Dann sagen die Schriften auch etwas über Kin<strong>der</strong>: „Gebt ein<br />

Beispiel. Habt ein o<strong>der</strong> zwei Kin<strong>der</strong>, das ist genug. Und macht sie zu idealen Menschen."<br />

Der Durchschnittsmensch hat heute, glaubt mir, kaum weniger als ein halbes<br />

Dutzend Kin<strong>der</strong> - nun, das ist <strong>der</strong> Durchschnitt. Manche haben sogar noch mehr,<br />

selbst wenn sie nicht in <strong>der</strong> Lage sind, sie zu ernähren.<br />

Was ich euch sage, ist keine Spiritualität, es ist eine Hilfe zur Spiritualität. Es gibt<br />

Nachtclubs - entschuldigt - aber warum soll ich weiter darauf eingehen? Ihr wißt, was<br />

dort geschieht.<br />

Schüler: Eine Zeitverschwendung? Ich weiß nichts von Nachtclubs.<br />

Meister: Eine Zeitverschwendung? Wenn es nur eine Zeitverschwendung wäre, wäre<br />

das nicht so arg, doch es ist viel schlimmer - Menschenleben werden dort zerstört.<br />

Schüler: Ich glaube, auch das Fernsehen verdirbt eine Menge Leute. Sie sehen, wie<br />

geraucht und getrunken wird - auch die Kin<strong>der</strong> sehen das. (Auch für Tabletten wird<br />

Reklame gemacht.) „Nehmt diese Pillen."<br />

Meister: Ja, das Fernsehen verdirbt uns. Während dieser Reise traf ich in Kanada<br />

eine Gruppe von Menschen 7 die in einer sehr schwierigen Lage waren. Sie wollten<br />

ihre Kin<strong>der</strong> nicht in die Schule gehen lassen. <strong>Die</strong> Regierung zwingt sie, die Schule zu<br />

7 <strong>Die</strong> Dukhobors (russisch: geistig Ringende) eine russische Sekte , die im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t gegründet wurde. Sie glauben an die direkte innere Offenbarung und<br />

weisen um ihretwillen alle äußere Autorität zurück. Um die Jahrhun<strong>der</strong>twende ließen<br />

sie sich in Kanada nie<strong>der</strong>, wo ihre Mehrzahl von etwa 20000 Menschen heute lebt.<br />

114


esuchen. Sie sagen: „Wir wollen die Erziehung nicht, die sie dort geben. Wir<br />

möchten unsere Kin<strong>der</strong> bei uns behalten und ihnen unsere eigenen Lehren über das'<br />

Zölibat, Keuschheit und ein gutes Leben vermitteln." <strong>Die</strong> Regierung ist gegen sie.<br />

Man steckt sie ins Gefängnis. In Vancouver gab es einen Hungerstreik.<br />

Und wir setzten uns für sie ein. Als diese Sache auf mich und den Baron (Blomberg)<br />

zukam, riefen wir den Premierminister an, trafen uns mit ihm und versuchten das<br />

Problem zu beseitigen. „Können sie nicht ihre eigenen Schulen und Lehrer haben?<br />

Warum zwingt man sie, etwas zu tun, das nicht - wie soll ich sagen - rechtschaffen<br />

ist?" Was tun die Schulen heutzutage? Glaubt mir, die Lehrer sind nicht keusch. Ein<br />

paar Kin<strong>der</strong>werden daheim verdorben, die übrigen auf <strong>der</strong> Straße und dann in <strong>der</strong><br />

Schule.<br />

Mein Sohn wurde auf diese Weise erzogen. Er besuchte die höhere Schule; und eines<br />

Tages trat ihm sein Lehrer auf unsittliche Weise näher. Er kam heim und sagte:<br />

„Vater, mein Lehrer wollte heute etwas von mir, das nicht recht ist - warum schämte<br />

ersieh nicht, so etwas von mir zu verlangen?" Und das ist heute etwas ganz<br />

Alltägliches geworden. Und ich habe erlebt, wie solche Klassen von Kin<strong>der</strong>n älter<br />

werden, dann bindet sie nichts mehr: „Tut, was euch gefallt!"<br />

Seht das von dem Gesichtspunkt aus, von dem ich spreche. Wovon ich auch spreche,<br />

das habe ich selbst gesehen. Ich hatte die Gelegenheit, hinzugehen und es mir<br />

anzusehen. Sie hatten mich eingeladen, also mußte ich kommen. Wenn sich diese<br />

jungen Studenten und jungen Mütter zu ihren Nachmittagsversammlungen treffen,<br />

haben sie Weinflaschen dabei. Durch unsere Unwissenheit glauben sie, nun frei zu<br />

sein.<br />

Schüler: Habe ich recht verstanden, daß Ihr mit dem Baron beim Premierminister<br />

ward?<br />

Meister: Ja, ja. Er kam gerade von Irland. Wir sprachen miteinan<strong>der</strong> und schließlich<br />

waren wir uns einig. Dort war ein Hungerstreik und die Menschen starben vor<br />

Hunger. Wir halfen ihnen mit Nahrungsmitteln.<br />

Schüler: Ich erinnere mich, daß wir die letzten fünf Jahre hier in Amerika viel von<br />

ihnen gehört haben. Sie legten ihre Klei<strong>der</strong> ab.<br />

Meister: Ja!<br />

Schüler: Und man sagte, sie seien verrückt. Aber Ihr sagt uns nun etwas ganz an<strong>der</strong>es<br />

- daß sie sehr spirituell sind.<br />

Meister: Sie sind nicht verrückt. Sie sind spirituell. Sie wollen diese Dinge nicht. Ihre<br />

Führer kamen zu uns, sie starben vor Hunger; manche im Gefängnis, manche<br />

draußen im kalten Winter. Das ist es, was wir brauchen. Wer tut so etwas?<br />

Schüler: <strong>Die</strong> Zeitungen haben uns also etwas Falsches erzählt.<br />

Meister: Etwas völlig Falsches. Ich weiß, was geschah und was erreicht wurde. <strong>Die</strong><br />

Regierung hat nun zugestimmt, ihnen ihre Rechte zu geben. Ich hatte ihnen gesagt:<br />

„Warum gebt ihr ihnen nicht ihre eigenen Schulen? Laßt sie ihre Kin<strong>der</strong> so erziehen,<br />

wie es ihnen gefällt. Warum zwingt ihr sie, etwas an<strong>der</strong>es zu tun?" Und man wollte sie<br />

115


zwingen, ihre Kin<strong>der</strong> auf diese ver<strong>der</strong>bten Schulen zu schicken. Glaubt mir, unsere<br />

ganze Gesellschaft ist nicht mehr in Ordnung. <strong>Die</strong> Leute werden vielleicht sagen:<br />

„Was für einen Unsinn redet er denn da!" Aber das ist nur gesun<strong>der</strong> Menschenverstand.<br />

Ich wende mich an euren gesunden Menschenverstand.<br />

Dann verließ ich sie, doch <strong>der</strong> Streit war beigelegt, die Regierung hatte zugestimmt.<br />

Seht ihr, sie waren im Gefängnis. Und sie hungerten in den Gefängnissen, und<br />

draußen traten sie in einen Hungerstreik. Manche waren ganz nackt, manche hatten<br />

Klei<strong>der</strong>, an<strong>der</strong>e nicht. Ich gab ihnen Nahrung für wenigstens zwei Wochen, damit sie<br />

nicht länger hungerten. Khanna war auch dabei. Erinnert ihr euch?<br />

Schüler: Der Meister gab ihnen Nahrungsmittel im Wert von 200 Dollar.<br />

Meister: Ja.<br />

Schüler: Es gibt da vieles, wovon wir nichts wissen. Kommt das in die Zeitung? Wird<br />

darüber berichtet? Das wären gute Informationen.<br />

Meister: Manchmal berichten die Zeitungen, was ich in Verbindung mit <strong>der</strong><br />

Weltgemeinschaft <strong>der</strong> Religionen tue. Das ist auch ein Teil des spirituellen Lebens.<br />

Wenn wir nicht die hungrigen und nackten Götter hier auf <strong>der</strong> Erde lieben, was wird<br />

dann Gott im Himmel tun? Ist es nicht so? Darum sagte Christus: „Wenn ihr nicht<br />

euren Bru<strong>der</strong> liebt, den ihr seht, wie könnt ihr dann Gott lieben, den ihr nicht seht?"<br />

Wir dringen nicht in den Geist <strong>der</strong> Lehren ein. Das ist schade. Wir richten uns nach<br />

den Buchstaben des Gesetzes, das ist alles. „Wir sind Christen, wir sind Hindus, <strong>der</strong><br />

Himmel gehört uns allein.“ Wer sagt das? Einer, <strong>der</strong> das Licht Gottes sieht, <strong>der</strong> ist ein<br />

Christ. Und nur <strong>der</strong> ist ein Sikh, <strong>der</strong> das Licht Gottes erblickt. Wer es nicht sieht, kann<br />

den Himmel nicht betreten. Wer sagt ihnen, daß sie in den Himmel kommen? Glaubt<br />

mir, ich muß da ganz offen sein. Das ist die Wahrheit - und die Wahrheit ist unser<br />

Ziel.<br />

Ich sage euch, wenn man den Priestern aller Religionen ihre Arbeit nähme, ihnen<br />

nichts mehr dafür bezahlte, dann möchte ich sehen, wie viele in ihrem Amt blieben.<br />

Sie bekommen genug Geld, um dabei zu bleiben, um zu leben, sich zu vergnügen, um<br />

zu trinken und zu essen. Und dafür beten sie uns eine Stunde lang etwas vor. Was soll<br />

das? Ich wende mich nicht gegen das Gebet, glaubt mir. Ich bin nur gegen die Haltung,<br />

die diese Leute einnehmen. Es ist wie ein Geschäft. Was sagte Christus, als er<br />

die Geldwechsler vertrieb? „Verlaßt die Synagoge - ihr habt aus dem Hause meines<br />

Vaters eine Wechselstube gemacht!“<br />

Ich sah die Feierlichkeiten für unseren Präsidenten 8 im Fernsehen. Der Diakon trank<br />

und schenkte die ganze Zeit Wein aus. Ist das die Gottberauschung? Bei allem<br />

Respekt für die Kirche, diese Berauschung hat eine an<strong>der</strong>e Form angenommen. Das<br />

ist <strong>der</strong> Grund, warum die Meister, wenn sie kommen, höflich unsere Einstellung<br />

än<strong>der</strong>n. Sie zwingen den Menschen nichts auf, aber sie machen sie dessen bewußt,<br />

was sie tun. Erkennt ihr die Wahrheit dessen, was ich sage?<br />

8 <strong>Die</strong> Beerdigungsfeierlichkeiten für Präsident Kennedy, <strong>der</strong> während <strong>der</strong> zweiten<br />

Amerikareise des Meisters ermordet wurde. Der Meister wollte Kennedy in Dallas treffen.<br />

116


Schüler: Ich sehe sie ganz deutlich.<br />

Meister: Ja. Das einzige Heilmittel ist also, auf den eigenen Füßen zu stehen - heute,<br />

nicht morgen - von diesem Augenblick an! Än<strong>der</strong>t euer Leben! Errichtet eine Kapelle<br />

in eurem Heim, eine kleine Andachtsstätte. Führt ein ehrliches Leben. Seid wahr zu<br />

euch selbst. Was wollt ihr mehr? Das ist alles, was wir brauchen, seht ihr? Es ist nicht<br />

schwierig, zu Gott zu gelangen, aber es ist schwer, ein Mensch zu werden. Der Dichter<br />

Iqbal sagte einst: „Warum stieg Moses auf den Berg, um Gott zu begegnen? Wußte er<br />

nicht, daß Gott selbst auf <strong>der</strong> Suche nach einem Menschen war?" Doch er findet keine<br />

Menschen. Er findet nur Bestien in Menschengestalt, mit tierischen Gewohnheiten.<br />

Viehische Menschen mit tierischen Gewohnheiten. Sie haben die edle Form des Menschen,<br />

aber sie sind keine Menschen. Sie sind wie Christen gekleidet, doch sie sind<br />

keine wahren Christen. Sie sehen aus wie Sikhs, doch sie sind keine wahren Sikhs. Sie<br />

tragen nur diese äußeren Zeichen, doch sie leben nicht nach dem, was die Meister<br />

verlangen.<br />

Schüler: Meister, was ist mit dem oft zitierten Bibelwort gemeint: „Der Mensch ist<br />

nach dem Bilde Gottes geschaffen?" Bezieht sich das nur auf seine Seele?<br />

Meister: Seele, ja, auf die Seele. Gott ist alle Bewußtheit. Unsere Seelen sind bewußte<br />

Wesenheiten. Gott ist alles Licht, und wir sind Licht. Wir sind Kin<strong>der</strong> des Lichts. Gott<br />

ist alle Weisheit, und wir streben nach Weisheit.<br />

Schüler: Manche geben dafür eine äußere Erklärung. Beziehen sich diese Worte denn<br />

nicht auch auf den Körper?<br />

Meister: Gott hat we<strong>der</strong> eine Form noch ist Er formlos. Entschuldigt, doch wenn sich<br />

Büffel zu einem Treffen zusammenfanden und sie an Gott dächten, würden sie an<br />

Gott als an einen großen Büffel denken. (Gelächter.) Das ist alles. Versteht ihr? Sie<br />

sehen es auf diese Weise. Gott ist Licht. Gott ist Geist. Und was erkennt ihr weiter?<br />

Gott ist Geist, und wir sind Geist, das Bewußtsein im Menschen. Gott besitzt Form<br />

und Er ist formlos - beides sind Eigenschaften des Wortlosen Zustands. Und wie gelangt<br />

Er zum Ausdruck? Durch Licht und Ton. Das ist <strong>der</strong> wahre Geist Christi.<br />

Ich hielt einmal eine Rede in einer Kirche <strong>der</strong> Unitarier. Ich sagte dem Priester, daß<br />

Christus vor Jesus lebte und nach ihm leben wird. Dann fragte ich ihn: „Was glauben<br />

Sie?" Er reichte mir ein Buch und darin stand: „Wir glauben, daß Christus vor Jesus<br />

war und nach ihm ist."<br />

Was ist Christus? Christus sagte: „Ich werde euch nicht verlassen noch versäumen bis<br />

zum Ende <strong>der</strong> Welt." Christus ist die Gottes-Kraft o<strong>der</strong> Guru-Kraft o<strong>der</strong><br />

Meister-Kraft, die Form, in <strong>der</strong> sich Gott zum Ausdruck bringt und die ganze<br />

Schöpfung überwacht. Wenn sich diese Kraft in einem menschlichen Körper o<strong>der</strong> Pol<br />

offenbart, ist das die Christus-Kraft o<strong>der</strong> Gottes-Kraft, die <strong>der</strong> Menschheit hilft.<br />

Schüler: Meister, darf ich Euch etwas fragen? Glaubt Ihr, daß wir als Initiierte eines<br />

Tages o<strong>der</strong> irgendwann im Laufe unserer Entwicklung je eine Antwort auf die Frage<br />

finden, warum wir erschaffen wurden? <strong>Die</strong>se Frage stellt sich mir immer wie<strong>der</strong>.<br />

Meister: Ich werde dir die Antwort geben. Doch ich möchte dich erst etwas fragen.<br />

Schüler: Ja, Meister!<br />

117


Meister: Das ist eine ganz gewöhnliche, vernünftige Frage. Warum zeugst du Kin<strong>der</strong>?<br />

Schüler: (nach langer Pause) Vielleicht, weil das alle tun - ich weiß es nicht.<br />

Meister: Ganz einfach: weil es dein Wunsch ist. Es war Gottes Wunsch, etwas zu<br />

erschaffen. Warum erschuf Er die Welt? Wir sollten zu Ihm gehen und Ihn fragen.<br />

Das wäre das beste. Er könnte es uns besser erklären. Doch alle Meister sagen, daß es<br />

Sein Wunsch war. Wenn Er uns hier herabsendet, haben wir die Gesetze dieser Ebene<br />

zu befolgen. Ich<br />

bin normalerweise in Indien. Doch so lange ich hier bin, muß ich eure amerikanischen<br />

Gesetze beachten. Versteht ihr? Ich kann nicht das indische Gesetz anwenden.<br />

Auf eurer physischen Ebene müßt ihr das physische Gesetz beachten. Also:<br />

„Wie du säst, so wirst du ernten." Aber warum sandte Er uns hier herab? Nun, es ist<br />

sein Wunsch - seine Freude. O<strong>der</strong> wir gehen zu Ihm. Laßt uns zu Ihm gehen, und wir<br />

werden Ihn fragen. Wenn ihr dorthin geht, dann, glaube ich, werden <strong>der</strong> Intellekt und<br />

auch das Gemüt nicht mehr bei euch sein.<br />

Schüler: Mein Intellekt wird nicht bei mir sein? Oh, oh, ich werde nicht mehr fragen<br />

können!<br />

Meister: Versuche es. Ich will nun nicht weiter Schlußfolgerungen ziehen und das<br />

Thema auf intellektuelle Weise erörtern. Was hier gesagt wird, entspricht einfach<br />

dem gesunden Menschenverstand.<br />

Schüler: Vor vielen Jahren kam ein indischer Weiser hierher, und ich glaube, ich<br />

stellte ihm dieselbe Frage. Ergab keine Antwort. Er sagte: „Das ist eines <strong>der</strong><br />

Mysterien."<br />

Meister: Welches Mysterium? Das ist nur eine Sache des gesunden Menschenverstandes,<br />

seht ihr. Wenn euer Körper und Verstand ruhig ist, erkennt ihr Gott. Und<br />

all diese <strong>Fragen</strong> erheben sich in den Grenzen des Intellekts o<strong>der</strong> Gemüts. Wenn ihr<br />

euch darüber erhebt, wo bleiben dann die <strong>Fragen</strong>? Ihr werdet eins mit Ihm. Alles<br />

geschieht nach seinem Wunsch. Alle Meister sagten, daß es sein Wille ist (das die<br />

Schöpfung entstand). Und das ist die einzige Antwort, die ihr geben könnt: „Weil wir<br />

hierher gesandt wurden."<br />

Warum hat Er uns hier herab gesandt? Es ist sein Wunsch. Warum wollte Er, daß<br />

diese ganze Welt erschaffen wurde? Nun, wenn ihr auf diese Weise fortfahrt: Wo saß<br />

Er, als Er diese Welt erschuf? Und wer erschuf das Land, auf dem Er saß? War <strong>der</strong><br />

Same vor dem Baum o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Baum vor dem Samen da? Das könnt ihr nicht<br />

erkennen, wenn ihr nicht die drei Ebenen und die drei Eigenschaften überschreitet.<br />

Dann erheben sich diese <strong>Fragen</strong> nicht mehr. Ihr seht dann deutlich, daß alles sein<br />

Wille ist.<br />

Wenn jemand eine Fabrik gründet, hat er zuerst den Wunsch danach o<strong>der</strong> es macht<br />

ihm Freude, so etwas zu tun. Dann eröffnet er die Fabrik. Danach muß er alles<br />

beachten, was zum Unterhalt <strong>der</strong> Fabrik nötig ist. Doch diese Überlegungen helfen<br />

uns nicht. Das Wichtigste ist, daß wir uns in einem Haus befinden, das angezündet<br />

wurde, das brennt. „Wer hat das Feuer gemacht? Warum hat er das Haus angezündet?“<br />

Warum nicht zuerst nach draußen gehen und dann fragen und es<br />

118


herausfinden? Versteht ihr? Geht aus dem Haus heraus und seht - und dann findet<br />

heraus, warum er es angezündet hat. (Lachen.)<br />

Seht ihr, wir streben nach Zufriedenheit, Glück und Freude. Wir verlangen danach. In<br />

Wirklichkeit ist dieses Glück o<strong>der</strong> diese Freude in uns, denn Gott ist alles Glück, alle<br />

Weisheit, alle Freude - Er ist ewig. Und all diese Eigenschaften sind auch in uns. Habt<br />

ihr nicht gelesen, was in den Korintherbriefen steht: „Wisset ihr nicht, daß <strong>der</strong> Geist<br />

Gottes in euch wohnt? Warum habt ihr Angst zu sterben?" Ist es nicht so? Gott ist<br />

ewig, und die Seele ist auch ewig. Gott ist alle Weisheit, und auch wir sind weise.<br />

Je<strong>der</strong> betrachtet sich selbst als den klügsten<br />

Menschen auf <strong>der</strong> Welt. Ist es nicht so? Das ist nur eine Wi<strong>der</strong>spiegelung des<br />

Göttlichen.<br />

Und je<strong>der</strong> strebt nach Glück. Wenn einer Geld verdient, Besitz ansammelt, Häuser<br />

baut und Gärten anlegt, warum macht er das? Um glücklich zu sein. Aber dieses<br />

Glück ist nur vorübergehend, es ist nicht beständig. Wirkliches Glück liegt in uns.<br />

Solange wir uns mit etwas Äußerem identifizieren, fühlen wir uns in diesem<br />

Augenblick glücklich. Doch wenn uns das entzogen wird o<strong>der</strong> wir uns abwenden<br />

müssen, sind wir unglücklich. Unser Glück sollte also nicht daran gebunden sein.<br />

Versteht ihr?<br />

Schüler: Meister, eine Frage höre ich immer wie<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Christen haben die<br />

Vorstellung, daß sie nach dem Tode ihren Lieben begegnen. Im Christentum glaubt<br />

man allgemein, daß man nach dem Tode in den Himmel kommt und dort Vater,<br />

Mutter, Kind, Frau o<strong>der</strong> Mann wie<strong>der</strong> begegnet.<br />

Meister: Glaubt mir, dazu braucht man nur den gesunden Menschenverstand;<br />

gebraucht einfach den gesunden Menschenverstand. Ich bin hierher gekommen, und<br />

wenn meine Freunde auch gekommen sind, werde ich sie treffen. Aber wenn sie nach<br />

Afrika gereist sind?<br />

Schüler: Genauso ist es. Ich sagte ihnen, ich weiß nicht, wie viele Männer und Frauen<br />

ich dort habe.<br />

Meister: Und was ist dann das Schicksal jener, die oft verheiratet waren? Denkt einen<br />

Augenblick nach: wenn wir den physischen Körper verlassen, leben wir in den<br />

Astralebenen. Dann könnt ihr jenen begegnen, die auf dieser Ebene sind, doch nicht<br />

denen, die aufgestiegen o<strong>der</strong> zurückgekehrt sind. Das sagt einem <strong>der</strong> gesunde<br />

Menschenverstand.<br />

Und es gibt ein Leben nach dem Tod, ganz gewiß: so sicher, wie ich hier und nicht in<br />

Indien bin.<br />

Sie begegnen sich. Damit befaßt sich <strong>der</strong> Spiritismus: ihr könnt mit ihnen in<br />

Verbindung treten. Aber manchmal, wenn sie nicht erscheinen, werdet ihr<br />

irregeführt. <strong>Die</strong> Spiritisten tun nur so, als ob. Sie schauspielern. Man kann ihnen<br />

nicht glauben. In London besuchte ich einen Mann, <strong>der</strong> Spiritist war. Er trat mit<br />

Seelen in Verbindung, und sie redeten, sprachen mit ihm. Er verlangte fünf Pfund.<br />

„In Ordnung, das zahlen wir." Ich ging zu ihm, und drei o<strong>der</strong> vier Leute begleiteten<br />

mich. Er schloß uns in einen Raum und setzte sich auch zu uns. In dem Zimmer war<br />

es ganz dunkel, stockfinster. So saßen wir nun - zehn Minuten, eine viertel Stunde,<br />

119


eine halbe Stunde, eine ganze Stunde verging. Niemand erschien. Man hatte uns<br />

gesagt, dieser Spiritist sei <strong>der</strong> beste. Nun bot ich ihm die übliche Bezahlung an. Er<br />

sagte: „Nein, ich verlange nichts von euch."<br />

„Gut, aber warum?"<br />

„Nun, die Atmosphäre war nicht in Ordnung."<br />

Nun, mit den höheren Seelen kann man nicht in Verbindung treten. Doch mit den<br />

nie<strong>der</strong>en o<strong>der</strong> gewöhnlichen Geistern kann man Kontakt aufnehmen. Aber sie<br />

können nicht klüger sein, als sie es waren, als sie den Körper verließen, seht ihr.<br />

Wenn ich diesen Raum verlasse o<strong>der</strong> ihr aus diesem Zimmer geht, glaubt ihr, daß wir<br />

allein dadurch Engel werden? Ihr werdet das sein, wozu ihr euch entwickelt habt.<br />

Der Spiritismus ist gefährlich. Zum Beispiel können die Geister von Trinkern in die<br />

Körper von Trunkenbolden eingehen. Sehr zornige Geister können in die Seelen<br />

wüten<strong>der</strong> Menschen eindringen. Das sind die Geister, die man »böse Geister«<br />

nannte, wie sie auch Christus bezeichnete. Das ist Spiritismus. <strong>Die</strong>se Dinge sind so<br />

klar wie das Tageslicht, auch auf <strong>der</strong> Ebene des gesunden Menschenverstandes.<br />

Schüler: Meister, ich würde Euch gerne etwas fragen!<br />

Meister: Ja, ja, ja, ja. Nur zu!<br />

Schüler: Während <strong>der</strong> Meditation - wann können wir aufhören, die Heiligen Namen<br />

zu wie<strong>der</strong>holen?<br />

Meister: Wenn ihr Gott geworden seid.<br />

Schüler: Meint ihr, wenn man die strahlende Form des Meisters sieht?<br />

Meister: <strong>Die</strong>ses Wort habe ich nicht geäußert - ich habe das Wort »Gott« benutzt.<br />

Schüler: Nun, dann ist also die strahlende Form des Meisters Gott.<br />

Meister: Man sollte die Namen zumindest als Test anwenden, denn es gibt auch<br />

negative Erscheinungen. Prüft die Echtheit des Meisters durch die Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong><br />

fünf Namen. Dann ist es in Ordnung.<br />

Schüler: Und wenn Er (die Form des Meisters) bleibt, braucht man sie dann (die<br />

heiligen Namen) nicht mehr zu wie<strong>der</strong>holen?<br />

Meister: Dann tue das, was auch immer Er sagt. Er kann nicht die ganzen<br />

vierundzwanzig Stunden des Tages und <strong>der</strong> Nacht bei dir sein.<br />

Schüler: Ich frage mich, warum wir so schnell wie<strong>der</strong> von dort zurückkehren müssen.<br />

Wir steigen wie<strong>der</strong> herab, wir kommen zurück.<br />

Meister: Seht, weil wir es noch nicht gewohnt sind, dort zu bleiben. Es geschieht nur<br />

ab und zu, o<strong>der</strong> wir gehen und kommen zurück. Unsere Verbindung (mit dem<br />

Körper), die astrale Schnur, die »Silberschnur«, ist nicht unterbrochen. Wir müssen<br />

zurückkommen. Natürlich verlieren wir die Verbindung mit <strong>der</strong> inneren Form.<br />

Manchmal erscheint sie auch bei geöffneten Augen. Das ist ein sehr viel höherer,<br />

120


fortgeschrittener Zustand. Aber im allgemeinen gehen wir hinauf und kehren wie<strong>der</strong><br />

zurück, gehen und kommen wir.<br />

Da gab es einen mohammedanischen Heiligen, Maulana Rumi, dessen Todeszeit<br />

nahte. Er saß in Meditation, und seine Freunde kamen und beteten: „O Gott, laß ihn<br />

gesund werden!" Er öffnete seine Augen: „<strong>Die</strong>se Genesung ist für euch, ich will sie<br />

nicht." Sie sagten: „Wir haben um deine Genesung gebetet. Warum willst du sie<br />

nicht?" Er sagte: „Ich pflegte mir Zeit von meiner Arbeit zu stehlen, um mit Gott in<br />

Verbindung zu kommen und in seinem Schoß zu ruhen. Nun ist <strong>der</strong> letzte Augenblick<br />

gekommen, wo dieser Körper noch zwischen mir und Gott steht, und dieser Körper<br />

wird sich nun ganz und gar auflösen. Wollt ihr nicht, daß ich in den Schoß meines<br />

Vaters gehe und dort für immer bleibe?" Seht ihr seinen Standpunkt? Er ist ganz<br />

an<strong>der</strong>s.<br />

<strong>Die</strong> Heiligen leben in <strong>der</strong> Welt, sie sind hier gebunden, ich sage euch das ganz offen.<br />

Sie würden gerne zurückkehren, aber sie haben einen Befehl. Seht ihr? Wenn immer<br />

sie zurückkehren müssen, sagen sie: „Bittet uns nicht, hier zu verweilen."<br />

<strong>Die</strong> Leute sagten gewöhnlich zu unserem Meister (Sawan Singh): „Bittet Euren<br />

Meister, er möge Euch hier bei uns lassen." „Das werde ich nicht tun!" „Warum?" „Ich<br />

möchte zurückkehren!"<br />

Als Baba Jaimal Singhs letzter Tag nahte, sagte er: „Sagt nicht, daß ich hierbleiben<br />

soll; ich möchte gehen." Sagte nicht Christus: „Ich gehe zu meinem Vater?" Es ist<br />

schade, daß wir diese Dinge von unserer Ebene aus beurteilen. Wir haben diese Stufe<br />

noch nicht verwirklicht. Solche, die mit einem Auftrag kommen, beurteilen die Dinge<br />

von ihrer Ebene aus.<br />

Wir messen den äußeren Dingen zuviel Bedeutung bei, sind zu sehr an sie gebunden.<br />

Es gibt heute Flugzeuge, die 10 bis 12 km hoch fliegen. Aus dieser Höhe sehen selbst<br />

Flüsse wie ganz feine Linien o<strong>der</strong> Rinnsale aus. Wenn ihr euch über das<br />

Körperbewußtsein erhebt, werden alle diese Dinge bedeutungslos, die uns jetzt so<br />

wichtig und dringend erscheinen. Ihr würdet nicht einmal eine Stunde eurer Arbeit<br />

für eure spirituelle Entwicklung opfern, wenn ihr zwischen den beiden entscheiden<br />

müßtet. Ich sehe, wie ihr sagt: „Nun, ich kann nicht weg, ich muß zur Arbeit. Ich habe<br />

keine Zeit, zu Ihrem Vortrag zu gehen."<br />

Schüler: Meister, wenn es einem eurer Ergebenen nicht möglich ist, sich angemessen<br />

über das Körperbewußtsein zu erheben, ist er dann dennoch gerettet, wenn er stirbt?<br />

Meister: Das Entscheidende ist, wenn ihr regelmäßig Zeit für die spirituellen<br />

Übungen einsetzt, werdet ihr wie ein Stück Holz, das von außen ganz normal<br />

aussieht, aber innen von Termiten ganz ausgehöhlt ist. Jene, die ihre Zeit dafür<br />

widmen, mit dem Licht- und Ton-Prinzip in Verbindung zu kommen, sind natürlich<br />

innerlich losgelöst, ungebunden. Versteht ihr? <strong>Die</strong> wirkliche Gebundenheit fängt an,<br />

wenn man bei Gott ist und die höheren Ebenen betritt. Solche Seelen brauchen nicht<br />

zurückkehren, denn sie sind nicht an die Welt gebunden. Sie bleiben in den höheren<br />

Ebenen und schreiten dort weiter fort. Jene, die überhaupt nichts tun - sie nehmen<br />

die Talente (siehe Matth. 25, 14-30) und vergraben sie im Boden - müssen zurückkommen,<br />

aber nicht unter die Ebene des menschlichen Körpers, weil sich diese<br />

Saat nur im menschlichen Körper entwickeln kann.<br />

121


So werden also jene, die sich zum Beispiel bis zur dritten Ebene erhoben haben,<br />

direkt zur dritten Ebene gehen. Jene, die bis zur ersten Ebene gelangten, gehen zur<br />

ersten. Ihr werdet finden, daß jene, die initiiert wurden, weltlicher Dinge überdrüssig<br />

sind. Äußerlich handeln sie ganz normal, doch in ihrem Innersten möchten sie die<br />

Welt verlassen. Das ist ganz natürlich. Wenn wir im Feuer sitzen, vergeht die Kälte.<br />

Wir müssen dorthin gehen, wo wir gebunden sind. Wenn wir an höhere Dinge<br />

gebunden sind, brauchen wir natürlich nicht zurückkehren, wir müssen uns von dort<br />

aus weiterentwickeln. Und zu welcher Stufe wir uns hier auch immer entwickelt<br />

haben, zu <strong>der</strong> werden wir uns unmittelbar nach dem Tod erheben.<br />

Schüler: Irgendwo habe ich gehört, daß wenn man den Meister nur von ganzem<br />

Herzen und ganzer Seele und mit ganzem Gemüt liebt, doch sich nicht vom<br />

Körperbewußtsein zurückziehen kann, man dennoch errettet ist, wenn man stirbt.<br />

Meister: Ich sagte es, ich sagte es doch gerade! Hört doch zu! An was seid ihr<br />

gebunden? An Gott im Meister. Was ist ein Meister? - Das fleischgewordene Wort!<br />

Wenn ihr Ihn liebt, wohin werdet ihr dann gehen? Wo Er hingeht. Wenn Er wirklich<br />

ein Meister ist, werdet ihr gehen und nicht zurückkommen. Ihr geht dorthin, wo Er<br />

hingeht - zu den höheren Ebenen. Zumindest werdet ihr nicht wie<strong>der</strong> auf die Erde<br />

zurückkehren. Das ist ganz natürlich. Warum kehren wir immer wie<strong>der</strong> in die Schöpfung<br />

zurück? Weil wir gebunden sind. Doch wie viele gibt es, die wirklich an den<br />

Meister gebunden sind? Sagt es mir! Sehr wenige. Nur jene, die Gott in Ihm sehen,<br />

die sehen, daß Er Gott im Menschen ist, sind mit Ihm verbunden, alle an<strong>der</strong>en<br />

gewöhnlich nicht. Ich glaube, damit ist alles gesagt. Wer auf diese Weise wirklich mit<br />

dem Meister verbunden ist, braucht nicht zur Erde zurückkommen, doch er muß sich<br />

weiterentwickeln. „Wie man denkt, so wird man." „Ich bin es, doch nun nicht ich,<br />

son<strong>der</strong>n Christus lebet in mir." So etwa ist es. Wenn wir den Meister lieben, sollen wir<br />

dann seine Gebote nicht befolgen?<br />

Schüler: Ja, doch warum können wir das nicht immer?<br />

Meister: Wir können es, wenn wir den Meister wirklich lieben. Nehmt ein weltliches<br />

Beispiel. Wenn ihr jemanden liebt, braucht er nichts zu sagen. Ist es nicht so?<br />

Christus sagte: „Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote." Und weiter: „Laßt<br />

meine Worte in euch wohnen, und wohnet ihr in mir." Was heißt das? Wie kann man<br />

in ihm wohnen? - Ihr wirkt auf den ein, an den ihr wirklich denkt. Ihr löst in ihm eine<br />

Rückwirkung aus. Seht ihr? Ihr entwickelt Empfänglichkeit. „Wie ihr denkt, so werdet<br />

ihr." Und überschreitet kein Gebot. Das ist wirkliche Liebe.<br />

Schüler: Meister, vor Jahren sagten manche Initiierten, - und als wir über den Pfad<br />

<strong>der</strong> Meister sprachen, habe ich das auch zu an<strong>der</strong>en gesagt - daß selbst <strong>der</strong><br />

schlechteste Initiierte nicht öfter als dreimal in den menschlichen Körper zurückkehren<br />

muß: weil ihn <strong>der</strong> Meister das nächste mal in eine Umgebung stellen<br />

wird, wo er sich spirituell entwickeln kann. Ist das wahr?<br />

Meister: Das gilt nur für jene, die tamsic sind. Was "tamsic" bedeutet, wurde nach <strong>der</strong><br />

ersten Frage erklärt, die heute gestellt wurde. Warum soll man drei Geburten warten?<br />

Warum es nicht in einem Leben tun? Gehorcht einfach seinen Geboten. Er sagt:<br />

„Führt ein reines Leben" - also führt ein reines Leben. Er sagt: „Setzt für die<br />

Meditation regelmäßig Zeit ein und gelangt mit <strong>der</strong> Gotteskraft im Innern in<br />

Verbindung." Dann werdet ihr sehen, daß ihr nicht zurückkehren braucht. Wenn ihr<br />

122


in einem Jahr von einer Klasse zu einer höheren Klasse aufsteigen könnt, warum<br />

könnt ihr euch dann nicht in einem Jahr um eine Stufe erheben? Weil wir uns nicht<br />

ehrlich bemühen, das ist alles, was ich dazu sagen kann. Natürlich sollte <strong>der</strong> Schüler<br />

o<strong>der</strong> Initiierte nicht hastig vorwärts streben; doch wenn <strong>der</strong> Lehrer möchte, daß er<br />

fortschreitet, dann ist das keine Schande. <strong>Die</strong> Zeiten haben sich geän<strong>der</strong>t. Und <strong>der</strong><br />

Schüler kann in einem Jahr auch zwei Klassen bewältigen - und selbst alle drei<br />

Monate eine Klasse aufsteigen.<br />

Schüler: Meister, darf ich Euch eine Frage stellen?<br />

Meister: Eine? Hun<strong>der</strong>te, seht ihr.<br />

Schüler: Dr. Julian Johnson schrieb in seinem Buch ("Der Pfad <strong>der</strong> Meister"), daß ein<br />

Jahr Meditation auf dieser Ebene einem Hun<strong>der</strong>t auf den höheren Ebenen<br />

gleichkommt. Ist das wahr?<br />

Meister: Ja. Hier könnt ihr schneller fortschreiten. Dort braucht ihr Jahre, hier nur<br />

Monate. In diesem irdischen Leben könnt ihr schnellere Ergebnisse erzielen.<br />

Wißt ihr, daß ich dieses Buch durchgesehen habe? Er hat nicht das Original-<br />

Manuskript veröffentlicht.<br />

Schüler: Habt Ihr es geschrieben, Meister?<br />

Meister: Er hat es geschrieben, doch ich hatte es überarbeitet. Er fertigte drei<br />

Manuskripte an. Sie waren in demselben missionarischen Geist verfaßt, in dem er das<br />

Kapitel über das Christentum geschrieben hatte. Der Teil über das Christentum war<br />

auf recht drastische Weise geschrieben. Man gab mir ein Exemplar des Manuskriptes,<br />

eines erhielt Sardar Bahadur Jagat Singh, und das dritte bekam Professor Jag Mohan<br />

Lal. Professor Jag Mohan Lal gab es nie zurück. Und Sardar Bahadur Jagat Singh gab<br />

es mit sehr kritischen Bemerkungen über diesen Teil zurück. Dr. Johnson hörte nicht<br />

auf ihn. Also blieb mir diese Aufgabe. Ich sagte zu meinem Meister: „Anscheinend<br />

wußte er nicht genug von diesen Dingen und konnte deshalb nicht besser darüber<br />

schreiben." Dann ging ich zu ihm: „Nun, sehen Sie, Dr. Johnson, Sie haben sich sehr<br />

bemüht, dieses Manuskript zu schreiben; und ich erkenne das durchaus an, doch<br />

offensichtlich waren Sie über manches nicht ausreichend informiert und konnten<br />

darum Ihrer Aufgabe nicht ganz gerecht werden." Dr. Johnson sagte: „Ich würde<br />

gerne mehr darüber wissen." Er hatte die übrigen Kapitel über die Religionen in dem<br />

gleichen Stil wie den Abschnitt über das Christentum verfaßt: die Hindus wissen<br />

nichts, die Mohammedaner wissen nichts, die Sikhs wissen nichts. Ich nannte ihm<br />

Zitate aus den Schriften <strong>der</strong> Hindus, Sikhs und Mohammedaner, und er überarbeitete<br />

diese Teile. Und ich bat ihn, das Kapitel über das Christentum abzumil<strong>der</strong>n. Doch er<br />

sagte: „Nein, nein. Wenn ich es nicht so schreibe, werden meine Brü<strong>der</strong> im Westen<br />

nicht aufwachen." Das sind seine Worte. Das Buch wurde nun überarbeitet, und man<br />

gab eine Kurzfassung heraus, weil dieser Teil (über das Christentum) den Christen<br />

nicht gefallen hatte. Man hatte es überarbeitet, mir aber nicht gegeben. Er starb<br />

währenddessen und man veröffentlichte es, wie es war. Doch trotzdem hatte man<br />

vieles in Ordnung gebracht.<br />

Einmal suchte eine Dame um Initiation nach. Und sie stieß auf eine Stelle seines<br />

Buches, wo er etwas über Neger gesagt hatte. Sie warf das Buch weg: „<strong>Die</strong> Art von<br />

Initiation, wie sie dieses Buch beschreibt, will ich nicht!"<br />

123


Nun hat man eine gekürzte Ausgabe veröffentlicht, die er selbst verfaßt hat. Er war<br />

ein <strong>Mission</strong>ar. Und natürlich war er - ich sage das mit <strong>der</strong> Achtung, die ihm gebührt -<br />

sechs o<strong>der</strong> sieben Jahre in Indien. - Das ist also wahr. Was ihr jetzt tun könnt, dafür<br />

braucht ihr in den höheren Ebenen mehr Zeit.<br />

Schüler: Mir macht die Vorstellung Angst, wie schwer ich eigentlich arbeiten müßte.<br />

Meister: Das ist es, was ich beklage: die Menschen begreifen es nicht. Ein Tag o<strong>der</strong><br />

eine Stunde ihrer Arbeit — sie ist ihnen wichtiger. Jeden Tag lesen wir in den<br />

Schriften: „Ist nicht <strong>der</strong> Körper mehr denn die Kleidung; und ist nicht das Leben<br />

mehr als die Nahrung?" Wozu lest ihr das alles? „Was nützt es, wenn ihr allen<br />

Reichtum <strong>der</strong> Welt gewinnt, aber eure Seele verliert?" Ich glaube, diese Worte waren<br />

an uns gerichtet. Das heißt nicht, daß ihr nicht arbeiten sollt. Ihr müßt arbeiten. Steht<br />

auf euren eigenen Beinen, verdient euren Lebensunterhalt.<br />

Schüler: Ich habe die Meditation gemeint.<br />

Meister: Nein, nein. Ich will nicht, daß ihr damit aufhört. Ihr sollt arbeiten. Doch setzt<br />

von den 24 Stunden (des Tages) zwei, drei o<strong>der</strong> vier Stunden für die Meditation ein.<br />

Normalerweise arbeitet ihr sechs, acht o<strong>der</strong> auch zehn Stunden am Tag. Wie viele<br />

Stunden setzt ihr für eure Arbeit ein? Ich glaube, bestimmt nicht mehr. Was ist dann<br />

mit den zwölf Stunden, die euch bleiben? Ich gebe euch für die Arbeit zwölf Stunden<br />

Zeit.<br />

Schüler: Acht Stunden für die Arbeit, und zwei Stunden für die Fahrt zur Arbeit.<br />

Meister: Nein, nein. Ich wollte sagen, ich glaube, kaum jemand muß mehr als zwölf<br />

Stunden am Tag arbeiten.<br />

Schüler: Nein.<br />

Meister: Dann nehmt einmal an, daß ihr täglich zwölf Stunden arbeiten müßt. Was ist<br />

mit den an<strong>der</strong>en zwölf Stunden? Setzt einfach zwei o<strong>der</strong> drei Stunden davon für die<br />

Meditation ein. Seht ihr? Wenn ihr krank werdet - Gott möge euch davor bewahren! -<br />

geht ihr auch nicht zur Arbeit. Warum könnt ihr nicht einen Tag für spirituelle Dinge<br />

erübrigen? Kostet euch die Spiritualität auch nur den Verdienst eines einzigen Tages?<br />

Tagore, ein großer, international berühmter Dichter, sagte: „O Gott, ich sehe etwas<br />

von großem Wert in Dir. Du bist ein unschätzbares Juwel. Warum kann ich den<br />

Schmutz meines Hauses nicht entfernen?" Wir müssen unsere Einstellung än<strong>der</strong>n.<br />

Das Gemüt betrügt uns. Ich glaube, von den 24 Stunden des Tages könnt ihr ganz<br />

sicher zwei, drei o<strong>der</strong> vier Stunden für die Meditation opfern.<br />

Kirpal Sandesh, Heft 1, 1981-83<br />

<br />

124


LEBT DANACH<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Schülern am Abend des 25. Januar 1964<br />

Der Meister hatte am selben Tag bei einer Geburtstagsfeier zu seinen Ehren über<br />

„Liebe “ gesprochen und führt jetzt ein <strong>Gespr</strong>äch mit Schülern.<br />

Der Meister: Es wäre besser, ihr würdet <strong>Fragen</strong> stellen. Irgendeiner von euch?<br />

(Es folgt eine lange Pause)<br />

Was hat euch an dem Vortrag gefallen, den ihr heute abend gehört habt?<br />

Bemerkung: Daß wir ein kameradschaftliches Verhältnis zueinan<strong>der</strong> haben sollten.<br />

Der Meister: Oh, das ist natürlich das allererste.<br />

Zweite Bemerkung: <strong>Die</strong> große Liebe Gottes für die Ihm Ergebenen.<br />

Dritte Bemerkung: Mir gefiel die große Liebe für seinen Meister.<br />

(Eine lange Pause)<br />

Frage: Meister, gibt es im göttlichen Gesetz eine festgelegte Zeit, wann <strong>der</strong> Schüler<br />

zum Meister geführt wird?<br />

Der Meister: Ja - sie ist festgelegt.<br />

Frage: Man meint zum Beispiel, daß so viele den größten Teil ihres Lebens gesucht<br />

haben; sie studierten, forschten und bemühten sich, die spirituelle Verwirklichung zu<br />

begreifen, und dann werden sie ganz plötzlich zu einem hohen Wesen geführt, um<br />

diese Verwirklichung in ihnen zu erwecken; aber sie haben vielleicht die Hälfte ihres<br />

Lebens nur mit <strong>der</strong> Suche verbracht.<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> Zeit, die mit <strong>der</strong> Suche verbracht wird, wird angerechnet. Unser<br />

Meister pflegte immer zu sagen: „Macht euch keine Sorge, wenn ihr euer ganzes<br />

Leben mit <strong>der</strong> Suche verbringt." Wer auch immer wirklich auf <strong>der</strong> Suche nach einem<br />

wahren Meister ist, <strong>der</strong> findet einen wahren Meister.<br />

Es ist eine Sache von höchster Bedeutung. Es geht darum, jemandem eure Seele zu<br />

übergeben! Wenn ihr euch übergebt, werdet ihr <strong>der</strong> Meister, denkt daran. Nehmt das<br />

Beispiel eines Mädchens, das bei <strong>der</strong> Ehe ihrem Gatten anvertraut wird. Im Westen<br />

ist es jetzt mehr wie ein Geschäft geworden - entschuldigt; aber wenn in Indien ein<br />

Mädchen einmal verheiratet ist, sorgt sie sich nie darum, was sie essen wird, woher<br />

ihre Kleidung kommt - um nichts <strong>der</strong>gleichen. Das kommt ihr überhaupt nicht in den<br />

Sinn. Wenn ihr für einen alles aufgebt, hat er für euch zu sorgen. Wenn ihr euch also<br />

jemandem ausliefert, nun – dann ist er ist für euch da.<br />

Von Abraham wird erzählt, daß er in einen Basar ging und einen Sklaven kaufte. In<br />

jenen Tagen war das so üblich. Er brachte ihn nach Hause und sagte zu dem Sklaven:<br />

„Nun, setz dich“, und er fragte ihn: „Wo willst du sitzen?"<br />

125


Der Sklave antwortete: "Wo immer Ihr wollt, daß ich sitze!“<br />

„Was willst du essen?"<br />

„Was immer Ihr mir zu essen gebt."<br />

„Was willst du anziehen?"<br />

„Was immer Ihr wollt."<br />

Dann seufzte Abraham tief: „O Gott, er ist besser als ich. Wenn er jemandes Eigen<br />

ist, will er nichts, was auch immer es sei - er hat keinen Wunsch mehr.“ Wenn ihr<br />

alles Gott und dem Gott im Menschen übergebt, wo erhebt sich dann die Frage<br />

irgendeines Wunsches? Er ließ ihn frei: „Geh! Ich muß solch ein Sklave Gottes<br />

werden.“<br />

<strong>Die</strong> Zeit, die mit <strong>der</strong> Suche verbracht wird, ist gut genutzt; weil jene, die sich auf die<br />

Ebene des Verstandes begeben haben, über das Warum und Wofür <strong>der</strong> Dinge<br />

zufriedengestellt werden müssen. Sonst würden sie nicht fortschreiten, selbst wenn<br />

sie den Pfad aufnehmen, weil die <strong>Fragen</strong> immer wie<strong>der</strong> in ihnen aufkommen. Sucht<br />

zuerst. Und wenn ihr zu Füßen von einem sitzt, dann beendet die Suche ganz, bringt<br />

alle Verzweigungen des Gemüts zum Stillstand, hört mit allem an<strong>der</strong>en auf. Macht,<br />

was er euch zu tun heißt. Tut es! Er verlangt niemals, daß ihr euer Heim verlaßt o<strong>der</strong><br />

sonst etwas; er will, daß ihr eine bestimmte Lebensweise einhaltet, das ist alles.<br />

Wir sagen soviel, aber wir leben nicht danach. „Ein Gramm Praxis ist mehr wert als<br />

Tonnen von Theorien.“ Ich glaube, daß je<strong>der</strong> von euch eine Menge weiß. Wenn<br />

irgendeiner von euch gebeten wird, einen Vortrag zu halten, würde er eine sehr gute<br />

Ansprache halten, denn wir sagen: „Liebt alle, haßt niemanden." Aber wie viele gibt<br />

es, die keinen hassen? Etwas zu sagen, ist eine Sache; danach zu leben, ist etwas<br />

an<strong>der</strong>es.<br />

Selbst wenn ihr euch nur einen Punkt vornehmt und danach lebt, werdet ihr euch<br />

än<strong>der</strong>n. Alle an<strong>der</strong>en Dinge werden nachfolgen - alle Tugenden. Betrachtet zuerst die<br />

äußeren Dinge. Nehmt an, ihr beachtet Nichtverletzen. Dann müßt ihr zuerst eure<br />

Zunge kontrollieren; ihr müßt eure Gedanken überwachen (Gedanken sind mächtig -<br />

sie wirken zurück); ihr möchtet nicht jemandes Rechte an euch reißen; ihr werdet<br />

keinen mißachten; ihr werdet für alle Liebe empfinden - das ergibt sich naturgemäß<br />

daraus. Also werdet ihr natürlich niemals lügen, wenn ihr niemand verletzen wollt,<br />

sei es mit Gedanken, Wort o<strong>der</strong> Taten. Warum lügt ihr? Um zu lügen, muß man ein<br />

sehr gutes Gedächtnis haben. (Lachen) Bestimmt! Wenn ihr lügt, erzählt ihr einem<br />

etwas, dem nächsten etwas an<strong>der</strong>es und einem dritten wie<strong>der</strong> etwas an<strong>der</strong>es. Und ihr<br />

müßt ständig aufpassen: "Also, was habe ich ihm gesagt?" Ich sage euch, hört auf<br />

damit. Wenn jemand zu euch kommt, <strong>der</strong> euch belogen hat, hört ihm zu; ihr werdet<br />

danach feststellen, daß er wie<strong>der</strong> etwas an<strong>der</strong>es sagt. <strong>Die</strong> ganze Zeit über bangt er,<br />

daß seine Lüge herauskommt. Wenn ihr ihn also ruhig beobachtet, sagen wir ein, zwei<br />

o<strong>der</strong> drei Monate, werdet ihr feststellen, daß er verschiedene Dinge erzählt, weil er<br />

ein schlechtes Gedächtnis hat.<br />

Wenn ihr also Liebe empfindet, werdet ihr nicht lügen, werdet ihr keinen hassen.<br />

Nichtverletzen bedeutet, niemand zu hassen. Wenn ihr die Wahrheit sagt - die<br />

Wahrheit praktiziert - werden die an<strong>der</strong>en Dinge folgen. Angenommen, ihr habt<br />

126


irgend etwas Übles getan. Wenn euch jemand fragt: „Was hast du getan?" und ihr sagt<br />

die Wahrheit, dann ist die Katze aus dem Sack. Ihr werdet nicht lügen. Habt ihr über<br />

irgend jemand etwas Schlechtes gedacht? Wenn ihr zu jemand schlecht über einen<br />

an<strong>der</strong>en sprecht, macht das natürlich die Runde. Ein Geheimnis bleibt nur dann ein<br />

Geheimnis, solange ihr es bei euch behaltet. Wenn ihr es jemand an<strong>der</strong>en anvertraut -<br />

einem lieben Freund - nun, er hat auch liebe Freunde. (Lachen.)<br />

Nehmt eine Tugend an; an<strong>der</strong>e werden folgen. Wenn ihr mit dem Tonprinzip in<br />

Verbindung kommt, dem Lichtprinzip in euch, werden euch alle Tugenden zu eigen.<br />

Soami Ji sagt uns: "Jene sind <strong>Die</strong>be, die sich nicht ihren Übungen zuwenden - sie<br />

erliegen immer den Leidenschaften <strong>der</strong> Lust, Gier, des Ärgers und Egoismus." Das<br />

ergibt sich ganz natürlich. Und je mehr ihr mit dem inneren Ton und Licht in<br />

Verbindung kommt, desto mehr werden alle Tugenden in Erscheinung treten. Guru<br />

Nanak sagt: "Wenn ihr beginnt, den Tonstrom ohne Unterbrechung zu hören, werdet<br />

ihr zur Wohnstatt aller Tugenden.“ Eines ist mit dem an<strong>der</strong>en verbunden. Manche<br />

Leute bringen mir ihre Tagebuchblätter, und sie sehen dem Anschein nach sehr gut<br />

aus; sie geben auch die Zeit an, die für die Meditation eingesetzt wurde. Aber ihr<br />

Fortschritt ist nicht so, wie er sein sollte. Ich sage ihnen einfach: "Lieber Freund,<br />

wenn dein Tagebuchblatt fehlerfrei ist, dann müßtest du bereits bis zur dritten Ebene<br />

gelangt sein." Wir müssen wahr zu uns selbst sein. Ihr könnt an<strong>der</strong>e täuschen - nicht<br />

Gott in euch; nicht die Gotteskraft o<strong>der</strong> Christuskraft, die in euch ist. Seid wahr zu<br />

euch selbst; ihr habt nichts zu fürchten.<br />

So ist Reinheit des Lebens nötig. Ihr solltet mit etwas beginnen; tut etwas! Und<br />

wenn ihr liebt, wird auch alles an<strong>der</strong>e folgen. Liebe ist nichts Erzwungenes; sie ist<br />

Nächstenliebe - Liebe für Gott, Liebe für alle, für Gott in ihnen. Bemüht euch, danach<br />

zu leben, das ist alles. Das ist das Wichtigste.<br />

Wie soll man an<strong>der</strong>e behandeln? Wie sollte eure Lebensführung sein? Mit einem<br />

Wort, was sollen wir tun?<br />

Einmal ging jemand zu Vyasa, einem großen Rishi, und fragte ihn: "Wie soll man<br />

sich im Leben nach dem, was man Dharma nennt, verhalten, damit sich Friede und<br />

Glück daraus ergibt?" Und er sagte: "Seht, behandelt an<strong>der</strong>e so, wie ihr von ihnen<br />

behandelt werden möchtet."<br />

Wenn ihr schlecht von an<strong>der</strong>en sprecht - was würdet ihr denken, wenn jemand über<br />

euch schlecht spräche? Wenn ihr an<strong>der</strong>e beraubt, bedenkt, wie ihr es empfändet,<br />

wenn man euch berauben würde. Das sagte auch Christus. Wenn immer ihr im<br />

Begriff seid, etwas zu tun, etwas zu denken o<strong>der</strong> etwas zu sagen, überlegt zuerst: "Was<br />

würde ich tun, wenn genau diese Sache mir geschähe?" Wie würdet ihr es empfinden?<br />

Wäre euch das recht? Ich glaube nicht.<br />

Also müßt ihr euer Verhalten im Leben än<strong>der</strong>n. Das ist es, was man wahre<br />

Lebensweise nennt; dies ist ein Merkmal dafür. Wir können jeden täuschen, aber<br />

nicht Gott. Wenn ein Mensch hun<strong>der</strong>tprozentig nach dem lebt, was <strong>der</strong> Meister sagt -<br />

das heißt, Gott in ihm -, glaube ich, daß er sich bestimmt än<strong>der</strong>t. Natürlich sollte es<br />

<strong>der</strong> Schüler nicht eilig haben, nach oben zu gelangen; wenn aber <strong>der</strong> Meister geneigt<br />

ist, ihn nach oben zu bringen, dann ist dies <strong>der</strong> Weg, das ist ganz einfach.<br />

Es ist durch die Gnade Gottes, daß ihr am allerersten Tag <strong>der</strong> Initiation etwas<br />

erhaltet, um damit beginnen zu können - je<strong>der</strong> Durchschnittsmensch erhält es, sogar<br />

127


Kin<strong>der</strong>. Welch größere Gnade könnte es geben? Lebt danach. Was kostet es? Wir<br />

haben uns den weltlichen Dingen so hingegeben, daß wir uns nie um unsere spirituelle<br />

Gesundheit gekümmert haben. Aber wenn ihr diese Welt verlassen müßt - es<br />

erreicht euch die Nachricht, daß ihr morgen früh um sechs o<strong>der</strong> nachts um zwölf<br />

Washington [wo <strong>der</strong> Meister gerade spricht] verlassen müßt - was werdet ihr dann<br />

tun?<br />

Einmal lebte ein Mann namens Valmiki. Er war ein Bandit, ein sehr bekannter<br />

Räuber. Ein Heiliger kam des Wegs und erblickte ihn. Seine Beschäftigung war,<br />

einem Menschen alles zu rauben, was er hatte, selbst seine Klei<strong>der</strong>, und ihn dann zu<br />

töten. Als Valmiki den Heiligen sah, sagte er: „Nun, was besitzt du? “<br />

Der Heilige fragte ihn: "Warum machst du das, lieber Freund?"<br />

"Ich muß davon leben. Meine Familie ist von mir abhängig; ich muß auf die eine<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weise Geld verdienen."<br />

"Nun gut", meinte <strong>der</strong> Heilige, "denke daran, daß das, was du tust, eine Sünde ist.<br />

Geh ’ nach Hause. Frage bitte deine Frau und die Kin<strong>der</strong>, ob sie diese Sünde, die du<br />

nun begehst, mit dir auf sich nehmen wollen."<br />

Er war ein sehr energischer Mann und sagte: "Wenn ich nach Hause gehe, wirst du<br />

weglaufen." Ihr seht, je<strong>der</strong> betrachtet die Dinge von seiner eigenen Warte aus.<br />

"Nein, lieber Freund, ich werde nicht weggehen; binde mich an einem Baum fest<br />

und dann gehe nach Hause und frage deine Frau und die Kin<strong>der</strong>, ob sie diese Sünde,<br />

die du begehst, mit dir teilen wollen."<br />

Er war damit einverstanden und überlegte: „Nun gut, ich binde ihn fest.“ Er fesselte<br />

den Heiligen an einen Baum, ging nach Hause und sagte: "Du weißt, ich beraube<br />

jeden und töte, um Geld nach Hause zu bringen und euch zu versorgen. Das ist eine<br />

Sünde. Teilst du diese Sünde mit mir?"<br />

Seine Frau sagte: "Nun, warum soll ich sie mit dir teilen? Ich habe zu essen. Bringe<br />

es mir, auf welche Weise du es auch immer bekommen kannst."<br />

Dann ging er zu den Kin<strong>der</strong>n und fragte sie das gleiche. Niemand wollte mit ihm die<br />

Sünden teilen. Er ging zurück zu dem Heiligen.<br />

Der Heilige fragte: „Was hast du zur Antwort erhalten?"<br />

Er sagte: „Niemand teilt mit mir die Sünde, die ich täglich begehe." Da erwachte<br />

sein Inneres. „Welche Sünde auch immer ich begangen habe - sie essen, je<strong>der</strong> nimmt<br />

sich von dem, was ich bringe; ich brauche nur zwei Laib Brot. Warum soll ich dann<br />

eine Sünde begehen?"<br />

Er hörte auf damit und wurde später Valmiki, <strong>der</strong> Rishi - er entwickelte sich zu<br />

einem Rishi. Als er im Samadhi saß, bauten die Ameisen überall auf seinem Körper<br />

Ameisenhaufen. Der Name Valmiki bedeutet: „<strong>Die</strong> Wohnstätten kleiner Wesen auf<br />

dem Körper."<br />

128


Wenn wir denken, daß das, was wir verdienen, nicht ehrlich verdient ist und wir<br />

dadurch eine Sünde begehen, dann sollten wir damit aufhören. Wenn ihr ein<br />

einfaches Leben führt, braucht ihr keine Sünde zu begehen o<strong>der</strong> etwas Ähnliches.<br />

Unser Meister (Baba Sawan Singh Ji) pflegte zu Baba Kahan zu gehen; <strong>der</strong> gleiche<br />

Mann, den ich gestern erwähnte. Wenn er zu ihm ging, gab er Baba Kahan etwa zehn<br />

Dollar o<strong>der</strong> zehn Rupien. Als <strong>der</strong> Meister einmal an <strong>der</strong> Front war, verdiente er viel<br />

Geld. Er hatte eine schöne Summe Geldes, und als er zu ihm ging, gab er ihm zehn<br />

Rupien wie immer. Baba Kahan sagte zu ihm: „Nun, du hast soviel Geld verdient und<br />

gibst mir nur zehn Rupien? Hast du nicht mehr Geld bekommen?"<br />

"Ja, ich habe einiges mehr verdient."<br />

"Gut, dann möchte ich auch mehr."<br />

Darauf sagte ihm <strong>der</strong> Meister: "Du bist habgierig geworden."<br />

Und was antwortete Baba Kahan? "Nein, nein. Siehst du, wenn du das behältst, wird<br />

es irgend jemand wegnehmen. Ich brauche es nicht. Ich will es aus folgendem Grund:<br />

wenn immer du deine Pflicht erfüllst, tust du es nicht ganz ehrlich; manchmal<br />

vergeudest du ein paar Minuten - sei es mit Sprechen o<strong>der</strong> Reden über irgend etwas.<br />

In welchem Maß auch immer du deine Pflicht nicht ganz gewissenhaft erfüllt hast,<br />

dieser Teil sollte von deinem Verdienst weggenommen und zum Wohle an<strong>der</strong>er gegeben<br />

werden - für die Armen und Bedürftigen - so daß dein Einkommen ganz sauber<br />

ist."<br />

Nun, verdient euer Geld, steht auf eigenen Beinen und teilt mit an<strong>der</strong>en; aber das ist<br />

nicht alles. <strong>Die</strong> Hauptsache ist, daß euer spirituelles Selbst rein ist. Schließlich müßt<br />

ihr alles hier zurücklassen, ob ihr Hun<strong>der</strong>te, Tausende o<strong>der</strong> Millionen von Dollars<br />

besitzt. <strong>Die</strong> Art und Weise, wie ihr euer Geld verdient habt, wird natürlich mit euch<br />

gehen. <strong>Die</strong>s hat mit den Taten und ihren Rückwirkungen zu tun. So sollte man die<br />

Lebensführung än<strong>der</strong>n. Solange ihr sie nicht än<strong>der</strong>t, wird keiner auf euch achten<br />

selbst wenn ihr die Wahrheit besitzt. <strong>Die</strong> Menschen urteilen nach dem, wie ihr lebt.<br />

(Der Meister zeigt auf Madame Hardevi – Taiji:)<br />

Ihr Mann war Präsident <strong>der</strong> Arya-Samaj-Bewegung. Er war sehr streng und je<strong>der</strong><br />

fürchtete sich, mit ihm zu sprechen - er war sehr streng, er verschonte keinen. Wenn<br />

immer er zu uns kam, fürchteten wir alle, etwas zu sagen, das uns seinem Zorn<br />

ausliefern würde. Nun, er wurde von unserem Meister initiiert. Was tat er? Er saß<br />

während <strong>der</strong> ganzen Nacht da und meditierte – tagsüber arbeitete er, nachts<br />

meditierte er. Er än<strong>der</strong>te sich völlig. Den Menschen gegenüber, die vor ihm Angst<br />

hatten, wurde er sehr mitfühlend und liebevoll; er gab den Armen, teilte mit an<strong>der</strong>en<br />

- alles für die eine gute Sache. Als unser Meister nach Rawalpindi ging, kamen viele<br />

Leute um die Initiation zu ihm. Der Meister sagte; „Habt ihr irgendwelche Vorträge<br />

gehört?" Sie antworteten: „Nein, nein, wir haben keine Vorträge gehört - nichts<br />

<strong>der</strong>gleichen."<br />

"Was habt ihr gesehen?"<br />

"Wir haben diesen Mann gesehen, <strong>der</strong> sich zum Menschen entwickelte, als er zu<br />

Euren Füßen kam."<br />

129


So findet ein Beispiel bei uns allen Anklang. Warum sind unsere Satsangs in Verruf?<br />

Wir sind verantwortlich. Wo Liebe ist, gibt es Zuneigung, Opfern und <strong>Die</strong>nen füreinan<strong>der</strong>.<br />

Wenn ihr wenigstens auf ganz liebevolle Art und Weise lebt, wird dies an<strong>der</strong>en<br />

gefallen - sie werden euch nachlaufen. Ihr mögt die höchsten Lehren kennen, aber<br />

wenn euer Leben sie nicht bestätigt, was haben sie dann für einen Nutzen? Ein<br />

Beispiel ist besser als eine Vorschrift. Als in den Anfangszeiten <strong>der</strong> Sikhs irgendein<br />

Anhänger <strong>der</strong> Sikh-Religion vor ein mohammedanisches Gericht geladen wurde, um<br />

eine Aussage zu machen, hieß es: "Ein Sikh kann überhaupt nicht lügen." Ähnlich war<br />

es bei unserem Meister. Zu Beginn war den Gerichtshöfen bekannt, daß wer immer zu<br />

ihm ging, nicht log.<br />

So spricht diese Lebensweise jeden an. Wenn ihr zum Beispiel hierher kommt und<br />

keusch lebt, liebevoll seid, nicht schlecht von an<strong>der</strong>en denkt, euch nicht die Rechte<br />

an<strong>der</strong>er aneignet, an<strong>der</strong>en von Hilfe seid und wenn nötig eure Interessen für an<strong>der</strong>e<br />

opfert, dann wird natürlich je<strong>der</strong> sagen: "Was für ein Mensch seid ihr? Welchen Weg<br />

beschreitet ihr? Zu wem geht ihr?" Das Leben ist eine Kundgabe, die allen übermittelt<br />

wird. <strong>Die</strong>ses Leben ist also erfor<strong>der</strong>lich. Unser Herz sollte rein sein: kein Übelwollen<br />

für irgend jemand, keine Anmaßung, kein Herrschen wollen; immer geben, opfern,<br />

ohne irgendeine Überlegung. Wenn ihr an<strong>der</strong>en Gutes tut und sie euch Gutes tun,<br />

was ist das? Das ist ein Geschäft. Wenn an<strong>der</strong>e euch nichts Gutes tun und ihr ihnen<br />

dennoch Gutes tut - das ist es, was uns fehlt.<br />

Ich glaube, ich sagte während dieses Abendgesprächs, daß es einmal eine Gruppe<br />

von Leuten gab, die Reden gegen unseren Meister hielten, und dies direkt neben ihm;<br />

und sie waren in einer sehr schwierigen Lage, da es ihnen nicht gelang, irgend etwas<br />

zu essen und zu trinken zu bekommen. Und da waren etwa ein- bis zweihun<strong>der</strong>t<br />

Leute, die ihnen zuhörten. Er wußte, daß sie sich in ihren Reden gegen ihn wandten;<br />

trotzdem sagte er: "Ja, liebe Freunde, ihr habt Schwierigkeiten mit <strong>der</strong> Beschaffung<br />

eures Essens; hier ist alles bereit, ihr könnt hier morgens und abends essen."<br />

Das ist die Art und Weise, die uns einan<strong>der</strong> näher bringt. Wenn euch jemand Gutes<br />

tut, und ihr erweist ihm auch Gutes, was bedeutet das? Das ist ganz natürlich, es ist<br />

wie ein Geschäft.<br />

Von Prophet Moses wird erzählt, daß einmal ein Frem<strong>der</strong> zu ihm kam. Es gibt ein<br />

Gesetz, einen Brauch unter den Mohammedanern, nie alleine zu essen. Ruft<br />

jemanden herbei - irgendeinen, <strong>der</strong> nicht ißt. Das Gesetz bestimmt: "Steig ’ hinauf aufs<br />

Dach und rufe: „Wer noch nicht gegessen hat, <strong>der</strong> möge kommen!“<br />

So kam ein Mann zu ihm; das Essen wurde gereicht, und er begann einfach zu<br />

essen. Moses nahm das sehr übel und sagte dem Mann: "Warum betest du nicht<br />

zuerst zu Gott und ißt dann?" Er sprach zu ihm: "Geh hinaus!"<br />

Es heißt, daß Gott ihn erfüllte und sagte: "Gut, Moses, er betete nicht zu Gott,<br />

dennoch gab ich ihm zu Essen; warum verübelst du es ihm?"<br />

Wenn ihr es wie ein Geschäft betreibt, worin besteht dann eure Überlegenheit?<br />

Helft an<strong>der</strong>en auf selbstlose Weise. Wenn euch irgend jemand nicht mag, so beginnt<br />

ihn zu lieben. Tut nichts, das ihn verletzt; handelt freundlich - das wird ihn<br />

umstimmen.<br />

130


<strong>Die</strong>s sind sehr kleine Dinge, sage ich euch, aber sie haben eine große Wirkung auf<br />

eure Meditationen. <strong>Die</strong> Tagebuchblätter wurden zu einem bestimmten Zweck eingeführt<br />

- um den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> Zeit gerecht zu werden. Aber wenn wir nicht<br />

danach leben, ist es unser eigenes Unglück. Als ich dies laut Weisung meines Meisters<br />

begann (ihr seht, alle Menschen erhalten Erfahrungen), sagte man: "Oh, er fällt, er<br />

verteilt die Spiritualität und wird sich zugrunde richten, er wird bankrott gehen." Ich<br />

sagte ihnen: „Gut, wenn sie mein ist, werde ich bankrott gehen; und wenn sie meinem<br />

Meister gehört, wie kann ich es dann?"<br />

Unser Meister pflegte zu sagen: "Ich kann keinen finden, <strong>der</strong> frei verteilen kann."<br />

Wenn jemand für die Verteilung aus einem Vorratslager verantwortlich ist, gehört es<br />

zur Pflicht des Betreffenden, jenen zu geben, die etwas brauchen. Aber was ist das<br />

Ergebnis? Ihr gebt denen etwas, die euch respektieren; zu jenen, die euch nicht<br />

achten, sagt ihr: "Oh, bleibt weg!" Ihr werdet versuchen, ihnen nichts zu geben.<br />

<strong>Die</strong>s sind sehr kleine Dinge, sage ich euch, aber ihr werdet ihnen überall in unserem<br />

täglichen Leben begegnen. Wenn ihr Liebe für an<strong>der</strong>e empfindet, werdet ihr die<br />

Wahrheit sagen. Wenn ihr die Wahrheit sagt, braucht ihr kein gutes Gedächtnis, weil<br />

ihr nur von dem sprecht, was ihr seht. Somit beeinträchtigen diese kleinen alltäglichen<br />

Dinge unser Leben nicht nur durch das, was wir tun, son<strong>der</strong>n auch durch<br />

unser Denken. Gedanken sind sehr mächtig.<br />

Das, was ich euch sage, ist nichts Neues. Ich denke, daß je<strong>der</strong> von euch darum weiß;<br />

dies dient vielleicht nur <strong>der</strong> Erinnerung. Je mehr ihr danach lebt, um so mehr werdet<br />

ihr fortschreiten.<br />

Bemüht euch nach dem zu leben, was euch gesagt wurde; das ist es, was ich euch<br />

mit ein paar Worten sagen möchte - und das die Liebe das Heilmittel für alles Übel<br />

ist. Euer Leben wird sich än<strong>der</strong>n. Jene, die mit euch in Verbindung kommen, werden<br />

euch rühmen - nicht euch, son<strong>der</strong>n die Bewegung o<strong>der</strong> Gemeinschaft, <strong>der</strong> ihr<br />

angehört. Das ist die wahre Verkündigung.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 1, 1978; englisch: 11, 1976<br />

<br />

LIEBE UND BERAUSCHUNG<br />

Eine Ansprache des Meisters in Washington am 26. Januar 1964<br />

Anmerkung des Herausgebers: <strong>Die</strong>se Tonbandaufzeichnung beginnt erst nach<br />

dem Beginn <strong>der</strong> Ansprache, als <strong>der</strong> Meister gerade eine Geschichte über Guru<br />

Nanak, den ersten Guru <strong>der</strong> Sikhs, erzählt, <strong>der</strong> in einem Laden angestellt war,<br />

um Getreide zu verkaufen. Als er eines Tages für die Kunden Getreide abwog,<br />

verfiel er in einen Zustand <strong>der</strong> Berauschung, als er zu <strong>der</strong> Zahl "dreizehn" - tera -<br />

kam, die in Punjabi auch "dein" bedeutet.<br />

131


Als er sich in <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung von „Ich bin Dein, o Herr" selbst verlor, begann er<br />

ununterbrochen Getreide abzuwiegen. <strong>Die</strong> Angestellten befürchteten, er würde alles<br />

weggeben, gingen zum Besitzer und berichteten ihm: "Was geschieht in Ihrem<br />

Laden? Gehen Sie und sehen Sie nach! Er befindet sich in einer Berauschung, wiegt<br />

alles ab und wie<strong>der</strong>holt die Worte 'tera, tera' - ‚Ich bin dein, ich bin dein, ich bin<br />

dein.'"<br />

Aber als die Abrechnung gemacht wurde, stellte sich heraus, daß für Guru Nanak<br />

etwa 750 Mark nicht als Verlust, son<strong>der</strong>n als Gewinn verrechnet werden konnten.<br />

Manchmal ereignet es sich, daß die Gotteskraft auf sehr rätselhafte Weise hilft, wenn<br />

ihr in Ihn vertieft seid.<br />

Aber wie viele gibt es, die wirklich Sein sind? Können wir sagen: „Ich bin Dein, o<br />

Herr, mit Gemüt, Herz und Seele?" Physisch und finanziell mag es ein paar geben.<br />

Aber wie viele gibt es, die mit Herz und Seele Ihm gehören? Sehr wenige.<br />

Ein wahrhaft Ergebener Gottes ist einer, <strong>der</strong> Ihm alles übergibt - Körper, Gemüt<br />

und Seele. In dieser Berauschung fuhr Guru Nanak fort, abzuwiegen und abzuwiegen.<br />

Wenn Du Sein wirst, dann ist Er dein.<br />

Kabir sagt, daß die ganze Welt auf weltliche Art und Weise spielt: einige verlieren,<br />

einige gewinnen; und das geht immer so weiter, das ganze Leben lang. Er sagte: „O<br />

liebe Freunde, die ihr in <strong>der</strong> Welt spielt, ich möchte euch gerne durch mein Beispiel<br />

zeigen, daß ich auch spiele." Und wie? Das Spiel vollzieht sich zwischen zwei<br />

Menschen, nicht wahr? Wenn du verlierst, mußt du alles hergeben - wenn du<br />

gewinnst, mußt du dem an<strong>der</strong>en alles nehmen. Er sagte: "Seht her, ich spiele das<br />

Spiel auch - nicht mit <strong>der</strong> Welt, son<strong>der</strong>n mit Gott " Und was wird geschehen? Er<br />

sagte: „Wenn ich verliere, werde ich Sein; und wenn ich gewinne, wird Er mein."<br />

Versteht ihr? In beiden Fällen ist er <strong>der</strong> Gewinner.<br />

So spielen wir mit <strong>der</strong> Welt. Warum spielen wir nicht mit Gott? Der gesunde<br />

Menschenverstand sagt uns: wenn du verlierst, wirst du Sein - ist es nicht so? Und<br />

wenn du gewinnst, dann wird Er dein. In beiden Fällen bist du eins mit Ihm. Einer,<br />

<strong>der</strong> zu dieser Erkenntnis kommt und sich in die Worte: „O Herr, ich bin Dein"<br />

verliert, vergißt alles - sein Gemüt, seinen Körper, alles. Das ist wahre Hingabe, wahre<br />

Liebe. Und Liebe gibt immer - sie weiß nur vom Geben, nicht vom Nehmen.<br />

Einmal ergab es sich zur Zeit von Guru Gobind Singh, dem zehnten Guru <strong>der</strong> Sikhs,<br />

(wisset, daß dies gottberauschte Menschen sind), daß er sich hinsetzte und zu Gott<br />

betete: „O Herr, all dies, einfach alles kommt von Dir, es ist Dein, Du wohnst je<strong>der</strong><br />

Form inne, alles ist Dein. Du bist all das, was wir sehen, es gehört alles Dir: ob die<br />

Erde o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Himmel, die Sterne, die Flüsse o<strong>der</strong> die Berge, alles bist Du, Du selbst,<br />

Du selbst." Dann sagte er in dieser Berauschung: „Es ist Dein, es ist Dein; Du bist in<br />

allem verkörpert." Dann fuhr er fort zu wie<strong>der</strong>holen: „Alles ist Dein, alles gehört Dir,<br />

alles ist Dein". Und er war drei Tage in diese Berauschung vertieft.<br />

<strong>Die</strong>s ist das - doch wie äußerst seltene! - Geschick jener, die Ihm alles übergeben.<br />

Maha Chaitanya Prabhu (ein wohlbekannter, weiser bengalischer Dichter, <strong>der</strong> von<br />

1485 bis 1535 lebte) war ein Heiliger aus Bengalen in Indien. Je<strong>der</strong> Heilige hat seine<br />

eigene Ausdrucksweise, sich Gottes zu erinnern. Wo immer er ging, sagte er: "Sprich<br />

von Gott! Rühme Gott! Preise Gott!" Einmal geschah es, daß er an einen Ort kam, wo<br />

Waschmänner Klei<strong>der</strong> wuschen. (Heute gibt es Maschinen, um Klei<strong>der</strong> zu waschen.<br />

In früheren Zeiten wurde in Indien ein bestimmter, etwas abgelegener Ort für<br />

Gruppen von Waschmännern ausersehen, die dort die Wäsche zu waschen pflegten.)<br />

Er ging dorthin, stellte sich neben einen Mann, <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong> wusch, und sagte: "Preise<br />

Gott! Rühme Gott!'" - natürlich in seiner eigenen Sprache: "Hari bole." ("Hari bole"<br />

bedeutet: "Preise Gott, denke an Gott, rühme Gott.") Er sagte es einmal, zweimal,<br />

dreimal. Der Waschmann dachte, daß es sich vielleicht um einen Bettler handle, <strong>der</strong><br />

132


Geld wolle, so sagte er nichts. Als Chaitanya wie<strong>der</strong> darauf bestand: „Sprich ‚Rühmet<br />

Gott!' aus! Warum preist du nicht Gott?“, dachte <strong>der</strong> Waschmann: "Er wird mich<br />

nicht in Ruhe lassen. Ich wie<strong>der</strong>hole, was er sagt, damit er mich in Frieden läßt."<br />

Kaum hatte er eben diese Worte wie<strong>der</strong>holt, als er berauscht wurde. <strong>Die</strong> Ausstrahlung<br />

war da. Er begann „Rühmet Gott!“ zu wie<strong>der</strong>holen. Das Ergebnis war, daß alle<br />

Waschmänner, die dort arbeiteten, Gott zu rühmen begannen. Versteht ihr?<br />

<strong>Die</strong>s ist die Berauschung, um <strong>der</strong>etwillen wir zu gottberauschten Menschen gehen.<br />

Man kann sie nicht durch das Lesen <strong>der</strong> Schriften erhalten. Gebete, Riten und Rituale<br />

bedeuten, uns in diesen Zustand zu versetzen.<br />

Shamaz Tabrez (ein großer Heiliger aus Tabrez in Persien; er war <strong>der</strong> Meister des<br />

berühmten Maulana Rumi) sagt uns: „Wenn du auf diese Weise Gott verherrlichst<br />

und eine Berauschung erfährst, dann wird alles trunken. Wem immer du begegnest,<br />

<strong>der</strong> wird berauscht. Er ist in je<strong>der</strong> Form; Er wohnt je<strong>der</strong> Form inne." Dann sagte er:<br />

"Lieber Freund, ich erfahre soviel Trunkenheit in mir, in meiner Seele, daß wenn ich<br />

den Körper verlasse und er in Stücke zerteilt und auf ein Feld als Dünger verstreut<br />

wird, <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> Brot aus den Körnern backt, die auf diesem Feld gewachsen<br />

sind, und jener, <strong>der</strong> es serviert, berauscht werden." (Er sprach nicht einmal von dem<br />

Menschen, <strong>der</strong> das Brot ißt, das aus diesen Körnern bereitet wurde.)<br />

Folglich gibt es etwas, worüber wir bis jetzt noch nichts wissen. Wenn wir einen<br />

kleinen Tropfen dieser Berauschung erhalten, vergessen wir die Welt. Für diesen<br />

Zweck - um <strong>der</strong> Ausstrahlung willen - gehen wir zu einem Meister. Er bewirkt<br />

Wun<strong>der</strong> für jene, die empfänglich sind. Nur dadurch, daß man solche<br />

Persönlichkeiten betrachtet, wird man berauscht, wie Maulana Rumi 9 sagte: „Ein<br />

Trunkenbold beginnt umherzutanzen, wenn er den funkelnden Wein im Glas nur<br />

sieht." Auf ähnliche Weise sehen jene, die von <strong>der</strong> Liebe zu Gott berauscht sind und<br />

auf den Meister blicken, daß Gott in ihm erstrahlt. Sie werden berauscht; sie schauen<br />

in seine Augen, sie sehen Ihn, und sie tanzen umher.<br />

<strong>Die</strong>s sind also die Gaben, die ihr von einem gottberauschten Menschen bekommen<br />

könnt. Man kann das nicht durch das Lesen <strong>der</strong> heiligen Schriften o<strong>der</strong> das Ausüben<br />

äußerer Rituale erhalten; aber das sind natürlich die Schritte dorthin. Sprecht Gebete<br />

- vertieft euch. Als Paramhansa Ramakrishna 10 betete, war er <strong>der</strong>art vertieft - völlig<br />

versunken. Das wird Liebe zu Gott genannt.<br />

Darum wird gesagt: "Liebe kennt kein Gesetz." Sie ist ein Geschenk, sie ist nicht<br />

durch Bücher o<strong>der</strong> Schriften zu erlangen. Natürlich, wenn ihr in eine solche Umgebung<br />

kommt, werdet ihr die Ausstrahlung empfinden. Je empfänglicher ihr seid,<br />

desto mehr werdet ihr erhalten.<br />

Zur Zeit unseres Meisters (Baba Sawan Singh Ji) gab es Vorfälle wie diese:<br />

manchmal trat jemand hervor, stand bei ihm und vergaß alles. Er stand da mit<br />

geöffneten Augen und wußte nicht, wo er war. Das war Berauschung.<br />

Deshalb heißt es: "Spiritualität kann nicht gelehrt, son<strong>der</strong>n nur aufgefangen<br />

werden!" - durch Ausstrahlung. Im allgemeinen ist das, was wir Liebe nennen,<br />

wahrhaftig keine Liebe, es ist eine unpassende Liebe, eine fehlgeleitete Liebe. <strong>Die</strong><br />

Liebe, die mit dem Körper beginnt und im Körper endet, ist keine Liebe - das ist Lust.<br />

Wenn sie im Körper beginnt und sich in <strong>der</strong> Seele auflöst, das ist Liebe. Es besteht ein<br />

9 Ein großer persischer Heiliger, <strong>der</strong> von 1207-1273 lebte, ein Dichter <strong>der</strong> Mystik und Autor<br />

des berühmten "Masnavi".<br />

10 Ein Heiliger aus Bengalen (1836-1886), <strong>der</strong> Gott in Ekstase erfuhr und durch das<br />

Praktizieren <strong>der</strong> verschiedenen Religionen ihre Einheit erfuhr; sein berühmtester Schüler<br />

war Swami Vivekanada.)<br />

133


ganz großer Unterschied zwischen den beiden: die erste verdunkelt eure Sicht; die<br />

zweite Liebe öffnet eure Augen - ihr seid in einer Ekstase.<br />

Wenn wir nur einmal eine kleine Erfahrung davon haben, dann ist die Welt<br />

bedeutungslos. Wenn ihr im Flugzeug etwa 10000 Meter hoch fliegt, erscheint unten<br />

auf <strong>der</strong> Erde alles sehr unbedeutend. Selbst die Berge erscheinen wie kleine Hügel.<br />

Nun, alle weltlichen Dinge und Besitztümer erscheinen uns sehr wichtig, sehr<br />

wesentlich; wir sind voller Ehrgeiz, sie zu erlangen. Wenn ihr euch aber erhebt,<br />

verlieren sie ihren ganzen Reiz. Es sind die Schwingen <strong>der</strong> Liebe, mit denen man<br />

himmelwärts fliegen kann. Alle äußeren Gebete, Riten und Rituale sind<br />

Anfangsschritte für diesen Zweck. Denn „wie du denkst, so wirst du.“<br />

Im Mahabharata-Epos aus dem Hindu-Schrifttum gibt es eine Geschichte über<br />

Dronacharya (<strong>der</strong> Lehrer <strong>der</strong> fünf Pandava-Prinzen aus dem Mahabharata-Epos), <strong>der</strong><br />

ein ausgezeichneter Bogenschütze war und an<strong>der</strong>e in dieser Kunst unterwies. Eines<br />

Tages kam ein Mann aus einer sehr nie<strong>der</strong>en Kaste - ein Bhil, ein Mann aus einer<br />

unteren Schicht - zu ihm. (Obgleich in den Augen Gottes niemand einer nie<strong>der</strong>en<br />

Klasse angehört. Ähnlich hatte Christus eine Samariterin um Wasser gebeten, die aus<br />

einem Min<strong>der</strong>wertigkeitskomplex heraus sagte: "Warum bittest du mich darum?")<br />

Der Mann ging zu Dronacharya und fragte ihn: "Wollt Ihr mich das Bogenschießen<br />

lehren?"<br />

Dronacharya fragte ihn: "Wer bist du?" Und als <strong>der</strong> Mann sagte, daß er ein Bhil sei,<br />

erwi<strong>der</strong>te er: "Nein, nein, ich kann dich nicht unterweisen."<br />

Der Mann ging weg. Aber er hatte ihn gesehen und machte sich zu Hause ein Abbild<br />

- ein Modell - von Dronacharya und begann über ihn zu meditieren, weil er ihn<br />

gesehen hatte. <strong>Die</strong> Form manifestierte sich, und von dieser offenbarten Form lernte<br />

er das Bogenschießen. Er vollbrachte ein beson<strong>der</strong>es Kunststück, bei dem er einen<br />

Pfeil schoß und damit das Maul eines Rehs verschloß. Er hatte es durch Übung<br />

gelernt.<br />

Eines Tages kam Dronacharya an einer Antilope o<strong>der</strong> einem Hirsch vorbei, dessen<br />

Maul von einem Pfeil durchbohrt war. Er fragte: "Wer tat das?" - denn keiner außer<br />

ihm verstand sich auf diese Kunst. Er ging zu diesem Mann und fragte: "Wer ist dein<br />

Lehrer - dein Guru?"<br />

"Dronacharya."<br />

"Ich habe dich nie als meinen Schüler angenommen. Wie hast du das gelernt?"<br />

Dann erklärte <strong>der</strong> Mann: "Ich habe einfach in Gedanken bei dir verweilt und<br />

dadurch bewirkt, daß du dich offenbartest. Ich habe es von dir gelernt."<br />

Soviel Kraft hat die Liebe! Gegen Dronacharyas Willen hatte er diese Kunst erlernt.<br />

"Wie du denkst, so wirst du." Und was tat er dann? Ich denke, das war nicht sehr gut.<br />

Er sagte: "Gut, schneide deinen Daumen ab und gib ihn mir als Opfergabe", so daß er<br />

nicht mehr fähig war, den Bogen zu spannen.<br />

So seht ihr, daß Liebe alles bedeutet. Hafiz 11 sagte: "Wenn die gebildeten Leute<br />

einen kleinen Tropfen dieser Berauschung hätten, würden sie wie nur etwas<br />

umhertanzen, sogar mehr als wir." Das ergibt sich zu gegebener Zeit; wir müssen<br />

regelmäßig sein, das ist alles. Wenn ihr ergeben seid, erhaltet ihr alle diese Dinge<br />

durch Empfänglichkeit. Wenn die Meister euer ganzes Geben und Nehmen durch die<br />

Rückwirkungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit abwickeln müssen, belassen sie es nicht nur<br />

dabei, sie wollen, daß ihr diese Berauschung erlebt: „In Ordnung, macht weiter, ihr<br />

werdet sie erhalten."<br />

11 Hafiz Shirazi, ein persischer Mystiker, etwa 1300-1388.<br />

134


Wenn Liebe da ist, kann es dann noch irgendeinen geben, außer dem einen, den ihr<br />

liebt? Dennoch gibt es auch die Zweiheit, aber Liebe kennt Einheit. Zwei Seelen<br />

werden eins. Ihr vergeßt alles Äußere. <strong>Die</strong> Geschichte von Guru Nanak, die ich eben<br />

erzählt habe, ist ein Beispiel dafür. Im Leben <strong>der</strong> meisten Heiligen gab es ähnliche<br />

Begebenheiten.<br />

Bemerkung: Wir würden gerne einen kleinen Film zeigen, den Bibi Hardevi (Taiji)<br />

sehen wollte.<br />

Der Meister: Ja, ja, sehr gerne. (Während <strong>der</strong> Vorbereitungen für die<br />

Filmvorführung setzte <strong>der</strong> Meister das <strong>Gespr</strong>äch fort.)<br />

Wenn man einen wahren Meister gefunden hat, brauchen wir nichts zu befürchten.<br />

Aber wir sollten ergeben sein. Hört auf den Besitzer <strong>der</strong> Taverne. Betet zu Ihm: "Gebt<br />

uns einige Tropfen dieses Weines, durch den, wenn wir ihn trinken, alles vergessen<br />

…“ Und fügt dem noch mehr hinzu: „ … die Berauschung <strong>der</strong>er, die sich in ihrer<br />

Gotttrunkenheit selbst vergessen."<br />

(Taiji singt ein Gebet in Hindi; nach ein paar Zeilen übersetzt <strong>der</strong> Meister in freier<br />

Wie<strong>der</strong>gabe, was sie jeweils gesungen hat.)<br />

„O Meister, gebt mir einen Schluck, durch den ich das Bewußtsein für die äußere<br />

Welt ganz verliere. Entwe<strong>der</strong> bleibe ich übrig o<strong>der</strong> Ihr; wir sind eins geworden." (Der<br />

Meister for<strong>der</strong>t Taiji auf, weiterzusingen:) Ja, bitte!<br />

(Taiji singt.)<br />

Ein Heiliger war dazu verurteilt, daß ihm seine ganze Haut abgezogen werde; und<br />

während er sich in dieser Berauschung befand, zogen sie ihm die Haut ab. Er<br />

kümmerte sich überhaupt nicht darum, was man ihm antat o<strong>der</strong> was geschah. Sie [die<br />

Heiligen] bitten: "Gib uns ein wenig dieser Trunkenheit - einen Schluck von diesem<br />

Wein <strong>der</strong> Berauschung."<br />

(Taiji singt.)<br />

Je<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> ganzen Welt haßt den Gedanken an die Trennung: "Es ist mein, es ist<br />

dein. Warum müssen wir dies und jenes teilen?" <strong>Die</strong> Heiligen bitten: „O Gott, gib uns<br />

die Berauschung, in <strong>der</strong> beides, dein und mein, vergeht. Der bloße Gedanke an dein<br />

und mein sollte vergehen."<br />

(Taiji singt.)<br />

Das ist das Werk <strong>der</strong> Liebe: wir wollen ihm nahe sein, bei ihm sitzen. Selbst dann<br />

besteht noch die Zweiheit - wir möchten eins sein.<br />

(Der Meister gibt Taiji den Hinweis, fortzufahren.) Ja, bitte.<br />

Nun, was ist da zu tun? Wie können wir diesen Wein trinken, diese Berauschung<br />

erlangen? Er sagt: „O Meister, es geschieht durch eure Augen - Ihr gebt uns einen<br />

Schluck davon." <strong>Die</strong> Augen sind die Fenster <strong>der</strong> Seele. In welcher Farbe die Seele<br />

auch immer gefärbt ist, das strahlt sie aus. Berauscht! "Meister, es geschieht durch<br />

135


Eure Augen, daß Ihr uns einen Tropfen dieses Weines gebt." Es ist keine Sache des<br />

Lesens o<strong>der</strong> Schreibens - es ist eine Bitte <strong>der</strong> Seele durch die Augen. In welcher Farbe<br />

ihr auch immer gefärbt seid, diese Farbe strahlt ihr aus. Wie wird im Menschen das<br />

Begehren geweckt? Durch die Augen. Wie empfindet ihr, daß an<strong>der</strong>e ärgerlich sind?<br />

Durch die Augen. Wenn ihr gebunden seid, nehmen eure Augen eine eigentümliche<br />

Färbung an. So sind die Augen die Fenster <strong>der</strong> Seele. „O Meister, gebt mir diesen<br />

Wein; aber er wird durch die Augen gegeben." Und wenn Meister ihre Meisterschaft<br />

übertragen, tun sie das durch die Augen und nicht durch Dokumente.<br />

(Taiji singt.)<br />

Darum sage ich, Gott ist Liebe. <strong>Die</strong> Leute fragen: "Wieviel Zeit sollen wir für die<br />

Meditation einsetzen?" Nun sagt es mir. Als ich zu meinem Meister kam, fragte ich<br />

ihn, wieviel Zeit ich dafür aufwenden solle. Ich war Familienvater, ich hatte meine<br />

Arbeit zu tun. Er sagte: "Fünf, sechs Stunden als Minimum, und soviel du nur<br />

kannst." (Der Meister lacht.) Das ist eine Gabe. Ihr könnt sie durch Ausstrahlung<br />

über die Augen erhalten. Er hat einen Körper mit sehr hoher Geladenheit - diese<br />

Geladenheit gibt uns Auftrieb und wir sehen das Licht. Was ist das? Eine kleine<br />

Aufladung, eine kleine Hilfe. Das ist alles. Nun gut - zeigt jetzt euren Film.<br />

Sat Sandesh (deutsch) Heft 3, 1977; (englisch) 9,1976<br />

<br />

SELBSTLOSER DIENST<br />

Ein Vortrag von Param Sant Kirpal Singh Ji vom 27. Januar 1964<br />

<strong>Die</strong>s ist die Fortsetzung einer Rede, die sich leicht in zwei Abschnitte aufteilen<br />

ließ. <strong>Die</strong> erste Hälfte erschien in <strong>der</strong> letzten Ausgabe dieser Zeitschrift [Sat<br />

Sandesh] unter dem Titel "Innere und äußere Ehe". - (Hier in diesem Band ist die<br />

erste Hälfte dieser Rede in dem Son<strong>der</strong>beitrag „Über die Ehe “auf Seite 150 zu<br />

finden.)<br />

Alles was ich von euch erwarte ist, daß ihr einan<strong>der</strong> liebt. Denkt nichts Übles,<br />

sprecht nichts Übles, seht nichts Übles und hört nichts Übles. Nichts Übles denken,<br />

nichts Übles sagen, nichts Übles sehen und nichts Übles hören ist nur möglich, wenn<br />

ihr Liebe empfindet. Wenn ihr anfangt, so zu denken, werdet ihr Liebe entwickeln.<br />

Man kann alles mit einem Wort sagen: "Liebet und alle Dinge werden euch zufallen."<br />

Es wird erzählt, daß <strong>der</strong> heilige Johannes eine Schule besuchte und einen Vortrag<br />

hielt. Zuerst sagte er: "Knaben, liebet einan<strong>der</strong>" und nahm Platz. Er wurde gefragt:<br />

"Haben Sie noch etwas an<strong>der</strong>es zu sagen?" Er erwi<strong>der</strong>te: Ja, liebet einan<strong>der</strong>." Wie<strong>der</strong><br />

ließ er sich nie<strong>der</strong>. Und zum dritten Mal fragte man ihn: "Sonst noch etwas?", und er<br />

sagte: "Liebet einan<strong>der</strong>" und setzte sich. "Haben Sie nichts mehr zu sagen?" fragten<br />

sie ihn. "Liebet und alle Dinge werden euch zufallen", war die Antwort.<br />

136


Liebe verschönt immer alles. Selbst wenn ihr in jemandem eine Sünde seht, sagt es<br />

ihm unter vier Augen. Schließt Frieden, bevor ihr zu Bett geht. Das ist <strong>der</strong> beste Weg.<br />

An<strong>der</strong>nfalls wird dieser Dorn in eurem Gemüt Wurzeln schlagen und immer weiter<br />

wachsen, genau wie ein Pfefferkorn, wenn ihr es in die Erde legt, Hun<strong>der</strong>te seinesgleichen<br />

hervorbringen kann. Wenn ihr guten Willens seid und gute Gedanken<br />

habt, wirkt das wie ein Mangosamen, <strong>der</strong> in die Erde gelegt, Hun<strong>der</strong>te von<br />

Mangofrüchten hervorbringen kann. Es ist ein Naturgesetz: welche Gedanken auch<br />

immer ihr in euch hegt, sie werden gleichartige Gedanken aus <strong>der</strong> ganzen<br />

Atmosphäre anziehen. Wenn ihr einen üblen Gedanken habt, werden alle üblen<br />

Gedanken in euch aufkommen. Das ist ein Punkt, den wir beachten müssen. Wenn<br />

wir das nicht tun, sollen uns die spirituellen Tagebücher helfen, uns zu än<strong>der</strong>n.<br />

Schließlich kann sich je<strong>der</strong> Mensch än<strong>der</strong>n. Wir müssen uns än<strong>der</strong>n, und das wird<br />

euch auch beim Weiterkommen in euren Meditationen helfen. Durch die Gnade<br />

Gottes habt ihr etwas erhalten, um damit zu beginnen; doch da ist irgendwo eine<br />

Schwäche, die es uns nicht erlaubt, täglich weiter fortzuschreiten. Wir sollten diese<br />

Fehler einen nach dem an<strong>der</strong>en ausmerzen. Wenn ihr keinen Fortschritt macht, dann<br />

seht in euch selbst hinein, schaut nicht auf an<strong>der</strong>e, son<strong>der</strong>n auf euch selbst. Wenn ihr<br />

das tut, werdet ihr Ruhe, Frieden und Freude finden. Wenn irgend jemand etwas getan<br />

hat, das nicht in Ordnung ist, so sagt es ihm unter vier Augen auf freundliche und<br />

liebevolle Art. Er wird sich än<strong>der</strong>n. Wenn ihr es verbreitet und jemandem weitererzählt,<br />

wird dieser einem an<strong>der</strong>en Geschichten erzählen, <strong>der</strong> zweite sagte es einem<br />

dritten und so fort. Je<strong>der</strong> hat seinen Freund, und es verbreitet sich wie eine<br />

Feuersbrunst.<br />

Was ist die Folge? Zwietracht und Spaltung. Zuerst beeinträchtigt es uns, und dann<br />

wird je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> es hört, angesteckt. Das ist es, was uns not tut, wenn wir Fortschritt<br />

machen wollen.<br />

Physisch bin ich nun nach acht Jahren wie<strong>der</strong> bei euch. Wisset, daß die Gotteskraft<br />

uns nie verläßt. Sie strahlt immer aus, selbst über Tausende von Meilen hinweg, wenn<br />

immer man Seiner gedenkt. Er ist nicht <strong>der</strong> physische Körper, son<strong>der</strong>n die<br />

Christuskraft o<strong>der</strong> Meisterkraft. Sie hilft überall und erweist alle nötige Hilfe und<br />

Schutz. Doch die physische Gegenwart des Meisters kann natürlich nicht unterschätzt<br />

werden, sie gibt euch etwas Unmittelbares: Ausstrahlung, Trunkenheit, Klarheit; ihr<br />

versteht die Dinge besser. Durch die Gnade Gottes und meines Meisters habt ihr diese<br />

günstige Gelegenheit bekommen, und ich habe euch die Dinge dargelegt, so gut es<br />

mir möglich war. Und ich wünsche, daß ihr nach dem lebt, was ich erkannt, was ich<br />

euch gesagt habe. Ich werde mich sehr freuen, wenn ich höre, daß ihr alle liebevoll<br />

und sehr freundlich weitermacht, einan<strong>der</strong> helft und für dieselbe Sache Gottes sterbt.<br />

<strong>Die</strong>ses Werk Gottes ist eines für die ganze Menschheit, nicht nur für die eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Religion; es ist nicht das Vorrecht irgendeiner Glaubensgemeinschaft.<br />

Spiritualität ist das Geburtsrecht eines jeden Menschen. Wir sollten sie erlangen,<br />

während wir in irgendeiner Religion verbleiben. Spiritualität bedeutet einfach, sich<br />

selbst durch eine Analyse [innere Loslösung] zu erkennen und dann Gott zu<br />

erkennen: erkennen - dann sehen und dann werden. Deshalb steht in den Schriften<br />

geschrieben: Seid stille - physisch und intellektuell - und wisset, daß ihr Gottes seid.<br />

Unserem Wesen nach sind wir bereits göttlich; wir brauchen nichts von außen in<br />

uns hineinzugeben. Nur wenn wir die Aufmerksamkeit von außen in uns selbst<br />

zurückziehen, können wir herausfinden, daß wir vom selben göttlichen Wesen sind.<br />

Gesegnet sind jene, die dieses Ideal im menschlichen Leben verwirklichen, und<br />

gesegnet ist die Geistesschule, in <strong>der</strong> viele Seele ringen, das zu erreichen.<br />

Durch die Gnade Gottes seid ihr auf den Weg gestellt worden; ihr habt auch eine<br />

gewisse innere Erfahrung bekommen, um damit zu beginnen. Da gibt es nichts,<br />

137


weswegen ihr entmutigt zu sein braucht. Ihr solltet nun eine regelmäßige Zeit für die<br />

Meditation einsetzen, und Gott wird euch helfen - verlaßt euch darauf! Wenn ihr mit<br />

mir in Verbindung bleibt, indem ihr eure Tagebücher regelmäßig einsendet, tut ihr<br />

das nur aus zwei Gründen: erstens, damit ihr seht, wo ihr steht, und zweitens um<br />

weitere Führung zu erhalten. Das wird euch helfen, regelmäßig zu meditieren, um von<br />

Tag zu Tag fortzuschreiten.<br />

Frage (A): Meister, ich wäre dankbar, wenn Ihr bezüglich des Tagebuches erklären<br />

würdet, wie wir die Spalten, die dem selbstlosen <strong>Die</strong>nst gewidmet sind, führen sollen.<br />

Manche <strong>der</strong> Initiierten denken vielleicht, sie sollten anmerken, wenn sie gefehlt<br />

haben und die Tugend des selbstlosen <strong>Die</strong>nstes nicht beachteten, an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong><br />

denken, notieren zu müssen, wenn sie sie befolgten. (Für eine genaue Erklärung<br />

dieses Punktes wird auf das Rundschreiben Nummer 66 vom 22.Oktober 1968 über<br />

die Tagebuchführung verwiesen. Dort verfügte <strong>der</strong> Meister „… es sollten in die Spalte<br />

Nr. 6 (Selbstloses <strong>Die</strong>nen) Fehler eingetragen werden, die gegen die Tugenden<br />

physischen und finanziellen <strong>Die</strong>nens gegenüber an<strong>der</strong>en verstoßen.“)<br />

Der Meister: Ich sage euch, selbstloser <strong>Die</strong>nst bedeutet, Liebe für alle zu empfinden.<br />

Wenn eure Kin<strong>der</strong> zu essen haben und an<strong>der</strong>e Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Nachbarschaft<br />

verhungern - teilt mit ihnen. Teilt mit den Nackten, Hungrigen, Dürstenden und<br />

Notleidenden. Wenn ihr an<strong>der</strong>en helft, wird euch natürlich geholfen werden. Helft<br />

ohne Belohnung, ohne daran zu denken, ob ihr etwas von ihnen zurückbekommt o<strong>der</strong><br />

nicht. Gebt einfach dem Gott in ihnen. Das bedeutet, daß sich das Selbst ausdehnt:<br />

zuerst von euch selbst auf die Familie, dann von <strong>der</strong> Familie auf die Klasse, <strong>der</strong> ihr<br />

angehört, dann von <strong>der</strong> Klasse auf die Religion, und dann dehnt sich das Selbst weiter<br />

aus auf das Land und ihr werdet Patrioten. Bei all dem dehnt sich das Selbst aus, doch<br />

es ist auch eine Gefahr dabei. Wenn eure ganze Liebe eurer Familie gilt, bekämpfen<br />

sich zwei Familien gegenseitig. Je<strong>der</strong> kämpft für seine eigene Sippe, und das Selbst ist<br />

in zwei verschiedenen Familien erstarrt. Wenn sich eure Liebe auf eure Klasse in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft o<strong>der</strong> auf eure Religion ausdehnt, werdet ihr die Angehörigen eurer<br />

eigenen Religion lieben, aber an<strong>der</strong>e hassen: es gibt Religionskriege, in denen<br />

Tausende von Menschen umkommen. Wenn eure Liebe einfach eurem Land gilt und<br />

je<strong>der</strong> nur für seine eigene Nation so empfindet - nun, zwei große Kriege, in denen<br />

Millionen von Menschen getötet wurden, haben gezeigt, wohin das führt. So sollte<br />

sich unsere Liebe um Gottes willen auf alle Menschen ausdehnen. "Friede sei auf <strong>der</strong><br />

ganzen Welt." Das ist es, was mit selbstlosem <strong>Die</strong>nst gemeint ist: unser Selbst sollte<br />

sich ausdehnen. Vielleicht ist dieser Punkt nun klar, nicht?<br />

Frage (A): Noch etwas: wann sollten wir das in unseren Tagebüchern vermerken?<br />

Der Meister: Das ist nicht notwendig, das ist nur zu eurer Information. Ich habe<br />

euch gesagt, daß je<strong>der</strong> Mensch lernen sollte, an<strong>der</strong>en zu helfen, mit an<strong>der</strong>en zu teilen.<br />

Wenn wir das nicht beachten - wo ist dann <strong>der</strong> Unterschied zwischen Mensch und<br />

Tier? Tiere sorgen ebenfalls für ihre Jungen, sie kämpfen für sie. Wenn ihr das Junge<br />

irgendeines Tieres anrührt, wird es euch die Augen auskratzen. Wenn ihr so handelt -<br />

wo bleibt dann eure Überlegenheit als Mensch? Der Vorrang des Menschen liegt<br />

darin, daß er sich selbst und an<strong>der</strong>en hilft, nicht nur den Menschen, son<strong>der</strong>n<br />

ebensogut auch allen an<strong>der</strong>en Geschöpfen. Wenn ihr lernt, für an<strong>der</strong>e zu leben, dann<br />

seid ihr in Wahrheit Menschen. Steht zuerst auf eigenen Füßen. Fallt keinem zur Last.<br />

Dann teilt mit an<strong>der</strong>en. Je mehr ihr um Seinetwillen geben könnt, desto mehr werdet<br />

ihr fortschreiten.<br />

138


<strong>Die</strong>se Spalte ist lediglich zu eurer Information gedacht. Euer Selbst muß sich von<br />

Tag zu Tag ausdehnen. Wenn ihr seht, wie ein Mensch stirbt und ihr euch nicht um<br />

ihn kümmert, son<strong>der</strong>n euch vergnügt, ist das kein selbstloser <strong>Die</strong>nst. Es ist nicht<br />

nötig, daß jemand kommt, um euch darauf aufmerksam zu machen, daß dieser o<strong>der</strong><br />

jener Mensch euch braucht. Wenn ihr es merkt, kommt und helft ihm. Es tut nichts<br />

zur Sache, ob an<strong>der</strong>e es sehen o<strong>der</strong> nicht. Gott sieht euch. Das muß nebeneinan<strong>der</strong> -<br />

entwickelt werden. Wenn ihr euch nicht um die hungrigen Götter kümmert, die auf<br />

Erden leben, wie könnt ihr dann Liebe für Gott empfinden? Er wohnt nicht in den<br />

Himmeln; Er ist überall und hat Seinen Sitz in jedem Herzen.<br />

Von einem "Bhakta", einem Gottliebenden, wird erzählt, daß er zu Gott betete:<br />

"Kommst Du, o Gott, in mein Haus?" - "Gut", versprach Gott, "ich werde heute<br />

kommen - sei bereit!" So traf er große Vorbereitungen: er legte Blumenbeete an,<br />

putzte sein Haus und schaffte allen Schmutz beiseite; er machte seine Wohnung<br />

sauber und rein. Dann wartete er draußen vor <strong>der</strong> Tür. Von morgens bis abends saß er<br />

da, aber niemand kam, Gott kam nicht. Vielleicht dachte er, daß Er in einer kostbaren<br />

Robe und mit großem Pomp und Gepränge kommen würde. Es begab sich, daß ein<br />

alter Mann die Straße entlang kam und ihn fragte: "O lieber Freund, ich bin hungrig.<br />

Gibst du mir einen Laib Brot?" Er kümmerte sich nicht um ihn. Abends, als er sich<br />

wie<strong>der</strong> dem Gebet widmete, sagte er: "O Gott, Du hast versprochen, mich zu<br />

besuchen, doch Du bist nicht gekommen." - "Oh, ich bin gekommen, aber du hast<br />

dich nicht um mich gekümmert. Ich kam in <strong>der</strong> Gestalt des alten Mannes."<br />

Er ist in allen. Wenn wir uns auf diese Weise entwickelt haben, dann dienen wir<br />

allen: ihr seid Gott näher; Gott ist in euch. Lord Krishna sagte: "Wer ist mir lieb? Wer<br />

mich in allen sieht und alle in mir - er ist mir <strong>der</strong> liebste." Alle Meister sagen das. Das<br />

ist es, was mit selbstlosem <strong>Die</strong>nst gemeint ist. Es hilft euch viel bei eurem<br />

Weiterkommen auf dem spirituellen Pfad. Das wird euch zusammen mit <strong>der</strong><br />

Selbstprüfung - dem Ausmerzen aller Unvollkommenheiten - zu sehr großem inneren<br />

Fortschritt auf eurem spirituellen Weg verhelfen.<br />

Frage (B): Meister, darf ich eine Frage stellen? In meiner Nachbarschaft, wo ich<br />

wohne, ereignete es sich, daß ein Bettler von einer Frau, die neben mir wohnt, etwas<br />

zu essen erbat. Ich beobachtete das, und sie sagte: "Warten Sie eine Minute, ich werde<br />

Ihnen etwas herausbringen." Sie bereitete ein schmackhaftes Weißbrot mit Butter<br />

und Honig und gab es ihm. Und was, denkt ihr, tat er damit? Er sagte "Danke", und<br />

als sie gegangen war, drehte er sich um und warf es ins Gebüsch! (Lachen.)<br />

Der Meister: Lacht nicht! Es ist nicht zum Lachen, son<strong>der</strong>n eine ernste<br />

Angelegenheit. Helft jenen, die sich für bedürftig halten. Wenn ihr dabei nicht an<br />

Belohnung - an irgendeine Entschädigung denkt, wird Gott, es euch vergelten. Wenn<br />

immer ihr darangeht, jemanden zu helfen, werdet ihr da und dort einen Lohn<br />

erhalten. Euer Selbst dehnt sich aus, ihr fühlt eine Art Freude, wenn ihr selbstlos<br />

dient. Natürlich wird es dann und wann aufgewogen, wenn ihr so fühlt.<br />

Frage (C): Meister, oft sind die Leute auf <strong>der</strong> Straße an mich herangetreten und<br />

baten um Geld, doch bevor ich ihnen irgend etwas gebe, versuche ich immer Führung<br />

zu bekommen und herauszufinden, ob Gott tatsächlich will, daß ich diesem Mann<br />

etwas gebe o<strong>der</strong> nicht, weil ich weiß, daß viele von ihnen, was immer sie bekommen,<br />

auf die falsche Weise verwenden könnten. Man mag ihnen Geld für Nahrung geben,<br />

und sie könnten es zum Beispiel für Alkohol ausgeben.<br />

Der Meister: Das ist richtig. Manchmal werdet ihr finden, daß einige Bettler auf<br />

139


ihren Konten Hun<strong>der</strong>te und Tausende von Dollars durch Betteln angesammelt haben.<br />

(Lachen.) Ja, ja - ich übertreibe nicht - ich habe <strong>der</strong>gleichen gesehen. Sie betteln von<br />

morgens bis abends, und wenn sie sterben, haben sie ein Vermögen von Tausenden<br />

von Dollars. Und manchmal sind sie nicht mit einer, son<strong>der</strong>n mit zwei o<strong>der</strong> drei<br />

Frauen auf einmal heimlich verheiratet. Deshalb könnt ihr nicht unterscheiden; doch<br />

sie gehen wirklich nahezu jeden Tag vorbei, so daß ihr wenigstens ein paar von ihnen<br />

kennen werdet, wenn schon nicht alle. Aus diesem Grund haben die Meister festgelegt:<br />

gebt es dem Meister, er wird nichts für sich behalten, son<strong>der</strong>n es an die<br />

Bedürftigen verteilen; er weiß, wo es wirklich gebraucht wird und wo nicht. Das ist<br />

ein Grund.<br />

Was tut ein Meister, um hier zu leben? Ein Meister lebt von seinem eigenen<br />

Einkommen und Verdienst und nicht vom Lohn o<strong>der</strong> den Spenden an<strong>der</strong>er. Das ist<br />

das erste Kennzeichen eines Meisters, das von allen Heiligen genannt wurde. Das<br />

zweite ist, daß es bei ihm keinerlei Pomp und Zurschaustellung gibt. Er will kein<br />

Aufhebens und keine Schau, um zu demonstrieren, wie groß er ist. Er läßt sich von<br />

den Leuten keine Girlanden über den Kopf streifen und sagen: "Verherrlicht den<br />

Meister." Er sagt: "Ich bin ein Mensch wie ihr." Ihr werdet finden, daß es so ist. Er<br />

sieht, wo Not herrscht und wo nicht. Wo es gebraucht wird, geben wir nichts; und wo<br />

kein Mangel besteht, häufen wir es an bestimmten Stellen an, wo bereits Tausende<br />

und Millionen von Dollars liegen.<br />

Denkt daran, es gibt in <strong>der</strong> Mittelschicht mehr wirklich Bedürftige als unter<br />

Bettlern. Ihr werdet finden, daß es so ist. Sie können nicht weiterbestehen, doch aus<br />

Selbstachtung würden sie eher verhungern als es wagen, jemanden um Hilfe zu<br />

bitten. Man sollte da eine gewisse Achtsamkeit walten lassen» Aber verurteilt<br />

niemanden. Wenn ihr keinen gelten laßt und alle verabscheut, werdet ihr natürlich<br />

nicht geben, wo es not tut. Manche Menschen brauchen wirklich Hilfe.<br />

Deshalb sagt <strong>der</strong> Meister manchmal: "Gut, gebt es dem Meister." Es wird<br />

weitergegeben, dorthin, wo es am meisten gebraucht wird. Heutzutage, sagen die<br />

Meister, ist das zu einem Geschäft geworden. Das Traurige ist, das die Leute nicht<br />

unterscheiden können. Wenn ihr diese beiden Dinge findet, beson<strong>der</strong>s, daß einer von<br />

seinem eigenen Einkommen lebt und nicht auf Pomp und Zurschaustellung aus ist -<br />

ich denke, ein solcher ist Gott nahe. Geht und bittet ihn; er wird euch alles geben.<br />

Nun, seht euch um und ihr werdet feststellen, wie viele von ihrem eigenen Verdienst<br />

leben. <strong>Die</strong> Priester und an<strong>der</strong>e in den Kirchen aller Religionen werden bezahlt. Sie<br />

verdienen damit Geld, sie werden euch etwas vormachen.<br />

Das ist es, wie ich euch sagte, was sie normalerweise in allen Religionen tun. Man<br />

sollte deshalb mit einem zusammensein, <strong>der</strong> auf eigenen Beinen steht und mit<br />

an<strong>der</strong>en teilt, und von ihm lernen. Selbstloser <strong>Die</strong>nst bedeutet genau das: keine<br />

Belohnung zu verlangen.<br />

Frage (B): Etwas an<strong>der</strong>es, was ich fragen wollte, Meister, betrifft Shabd. Wenn wir<br />

während <strong>der</strong> Meditation in den Tonstrom vertieft sind, ist das nicht ein Anzeichen<br />

dafür, daß unsere Sünden durch Shabd ausgelöscht werden?<br />

Der Meister: Wenn ihr mit Shabd, dem Tonstrom, dem Wort in euch in Verbindung<br />

kommt, werdet ihr selbstlos. Wenn ihr selbstlos werdet, dann werden alle Sünden<br />

verbrannt. <strong>Die</strong> Meister rühren die Rückwirkungen, die gegenwärtig Frucht tragen,<br />

Pralabdh genannt, nicht an, an<strong>der</strong>enfalls würde ein Mensch im Augenblick <strong>der</strong><br />

Initiation sterben. Weiterhin schreibt er Regeln zur Lebensführung vor, die nicht<br />

übertreten werden dürfen, und gibt dem Initiierten eine innere Verbindung, die von<br />

Tag zu Tag entwickelt werden muß. Wenn er sie weiter entfaltet, wird er zum<br />

140


ewußten Mitarbeiter. Je mehr er innerlich mit dem Licht- und Tonprinzip in<br />

Verbindung kommt, desto mehr wird er ein bewußter Mitarbeiter. Wenn er ein<br />

bewußter Mitarbeiter wird, sieht er, daß nicht er <strong>der</strong> Handelnde ist, son<strong>der</strong>n Gott.<br />

Und alle Taten, die sich noch nicht ausgewirkt haben, werden natürlich nicht mehr<br />

Frucht tragen, sie können es nicht mehr. Genau wie irgendwelche Samen, die einmal<br />

im Ofen geröstet wurden, nicht mehr keimen, wenn man sie in die Erde legt. Man<br />

kann es damit vergleichen.<br />

Deutsches Sat Sandesh, Heft 4, 1976 (engl. 6, 1975)<br />

<br />

ÜBER LUST UND ÄRGER<br />

<strong>Die</strong>ses <strong>Gespr</strong>äch, die letzte öffentliche Ansprache während seiner zweiten<br />

Weltreise, gab <strong>der</strong> Meister im Wohnzimmer von Herrn Khanna, in seinem Haus<br />

in Washington am 28. Januar 1964, um 21:00 Uhr.<br />

Kurz gesagt: <strong>der</strong> Mensch ist das Höchste in <strong>der</strong> ganzen Schöpfung; und das höchste<br />

Ziel, das im Menschenkörper vor uns liegt - wie von allen Meistern <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

verkündet - ist, Gott zu erkennen. Um Gott zu erkennen, müssen wir zuerst uns selbst<br />

erkennen. Gott kann nicht durch die nach außen fließenden Kräfte, den Verstand<br />

o<strong>der</strong> die Lebensenergien erkannt werden. <strong>Die</strong> Seele allein kann Gott erkennen. Aber<br />

unsere Seele steht unter <strong>der</strong> Herrschaft des Gemüts und das Gemüt unter <strong>der</strong><br />

Kontrolle <strong>der</strong> nach außen gehenden Kräfte. Unsere Aufmerksamkeit, die <strong>der</strong><br />

Ausdruck unserer Seele ist, wird durch die nach außen gehenden Kräfte in die Welt<br />

verstreut und ist so mit ihnen identifiziert, daß wir uns selbst vergessen haben.<br />

Wie ich euch sagte, kann allein die Seele Gott erkennen. Gleiches erkennt gleiches.<br />

<strong>Die</strong> Seele ist ein bewußtes Wesen; Gott ist alle Bewußtheit. Das Wichtigste ist also,<br />

daß wir uns selbst erkennen. Immer wenn Meister kamen, haben sie das gleiche<br />

verkündet: Erkenne dich selbst.<br />

Wie können wir uns selbst erkennen? Indem wir uns von den Fesseln des Gemüts<br />

und <strong>der</strong> nach außen fließenden Energien befreien; o<strong>der</strong> man könnte sagen, indem wir<br />

uns vom Gemüt und <strong>der</strong> Materie trennen; o<strong>der</strong> indem man sich über das<br />

Körperbewußtsein erhebt, wie man es auch noch nennen kann. Wenn ihr euch selbst<br />

erkennt, werdet ihr sehen, daß <strong>der</strong>selbe Gott, den ihr im Innern findet, bereits dort<br />

ist.<br />

Der Menschenkörper ist ein wun<strong>der</strong>volles Haus, in dem wir leben. Wir leben in<br />

diesem Menschenkörper, und wir werden auch durch eine höhere Kraft überwacht,<br />

sonst könnten wir aus diesem Körper entfliehen. Es gibt so viele Öffnungen in diesem<br />

wun<strong>der</strong>vollen Haus, in dem wir leben, aber wir werden kontrolliert, wir können nicht<br />

aus ihm heraus. Unser Atem geht hinaus, kann aber nicht draußen bleiben, denn eine<br />

Kraft bringt ihn in den Körper zurück. Jene Kraft, die uns im Körper kontrolliert,<br />

beherrscht das ganze Universum. Sie wird die Gotteskraft genannt, ihr wurden von<br />

141


den verschiedenen Meistern so viele unterschiedliche Namen gegeben. Als Gott, das<br />

Wort- o<strong>der</strong> Namenlose, ins Dasein kam, wurde er Name, Shabd o<strong>der</strong> Wort genannt.<br />

<strong>Die</strong>se sich zum Ausdruck bringende Kraft Gottes ist <strong>der</strong> Ursprung <strong>der</strong> ganzen<br />

Schöpfung.<br />

Ihr wohnt in diesem Menschenkörper und so auch Er, nach dem ihr sucht. Ihn zu<br />

finden ist <strong>der</strong> Zweck, weshalb ihr den verschiedenen Geistesschulen o<strong>der</strong> Religionen<br />

beigetreten seid. Er wohnt auch in euch: "Das Reich Gottes ist in euch." Wenn ihr Ihn<br />

gerne finden o<strong>der</strong> dieses Reich betreten wollt, werdet ihr das Laboratorium eures<br />

Menschenkörpers aufsuchen müssen. Ihr könnt draußen jahrelang suchen; ihr könnt<br />

so viele Riten und Rituale befolgen, die auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> nach außen gehenden<br />

Kräfte ausgeführt werden, und doch könnt ihr keinen Schlüssel zu Seinem Königreich<br />

finden. Guru Nanak sagt: "Solange ihr euch nicht selbst erkennt, lebt ihr euch in einer<br />

großen Täuschung."<br />

Es ist ein Unglück: wir sind die Bewohner des menschlichen Körpers; und jene<br />

Kraft, die wir finden müssen, ist auch bereits dort: ein im Wasser leben<strong>der</strong> Fisch fragt<br />

danach, wo Wasser ist. In den heiligen Schriften werdet ihr eine Beschreibung von<br />

dem finden, was die Meister in ihrem Leben erfahren haben, als sie mit <strong>der</strong> Gotteskraft<br />

in Verbindung kamen. Das Lesen <strong>der</strong> Schriften kann ein Interesse in euch<br />

erwecken, Ihn zu erkennen und genau die gleichen Erfahrungen wie die Meister zu<br />

machen. Aber dort endet die Reichweite <strong>der</strong> Schriften.<br />

Was sagen die Schriften? "Gott ist in euch; <strong>der</strong> Körper ist <strong>der</strong> Tempel Gottes. Alle<br />

Meister sagen das, mit ihren eigenen Worten natürlich. Wenn Gott also in euch ist,<br />

müßt ihr versuchen herauszufinden, wo Er ist. Wenn ihr versucht, Ihn in äußeren<br />

Dingen o<strong>der</strong> Orten zu finden, werdet ihr keinen Erfolg haben. Wir haben Achtung für<br />

alle Schriften, denn sie geben uns wun<strong>der</strong>volle, schöne Berichte <strong>der</strong> Erfahrungen, die<br />

die Meister in ihrem Leben machten. Wir haben Achtung für alle Orte heiliger<br />

Verehrung, denn sie sind Nachbildungen des menschlichen Körpers: Hindutempel<br />

sind domartig o<strong>der</strong> wie <strong>der</strong> Kopf auf unserem Körper; Kirchen sind wie ein Kreuz<br />

o<strong>der</strong> eine Nase erbaut. In ihnen sind die Symbole Gottes: Gott ist Licht und Gott ist<br />

die Musik <strong>der</strong> Sphären. <strong>Die</strong>se beiden Symbole werden also in den Tempeln und<br />

Kirchen aufbewahrt, um zu zeigen, daß dieses Licht Gottes in euch scheint und diese<br />

Musik <strong>der</strong> Sphären o<strong>der</strong> die Stimme Gottes in euch erklingt - ihr könnt sie hören. Ihr<br />

könnt damit in Verbindung kommen, wenn ihr euch über die Sinne, über das<br />

Körperbewußtsein erhebt. Es ist eine Sache <strong>der</strong> praktischen Selbstanalyse.<br />

Wie könnt ihr euch über das Körperbewußtsein erheben? Wenn ihr euch durch<br />

eigene Anstrengungen darüber erheben könnt, dann mögt ihr es gerne tun. Wenn<br />

nicht, könnt ihr die Hilfe von einem suchen, <strong>der</strong> ihn überschreitet und die Fähigkeit<br />

besitzt, eure Seele zu erheben und sie aus den Krallen des Gemüts und <strong>der</strong> nach<br />

außen gehenden Kräfte zu befreien; einer, <strong>der</strong> euch eine Erfahrung vom Öffnen des<br />

inneren Auges geben kann, damit ihr das Licht Gottes sehen könnt, und <strong>der</strong> euch das<br />

innere Ohr öffnet, um die Stimme Gottes zu hören. Seiner äußeren Erscheinung nach<br />

ist er ein Mensch wie ihr, aber innerlich hat er sich auf diese Weise entwickelt. Er hat<br />

seine Seele vom Gemüt und den nach außen gehenden Kräften getrennt; er erhebt<br />

sich täglich über das Körperbewußtsein. Das bedeutet es, wenn die heilige Schrift<br />

sagt: "Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt." Und das bedeutet es,<br />

wenn Paulus sagte: "Ich sterbe täglich." Das ist mit "von neuem geboren zu werden"<br />

142


gemeint. Das bedeutet es, wenn gesagt wird: "Das Reich Gottes kommt nicht mit<br />

äußerlichen Gebärden. Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch."<br />

In weltlichen Dingen benötigen wir die Hilfe von einem, <strong>der</strong> darin erfahren ist.<br />

Wenn ihr jemanden braucht, um euch bei den Dingen zu lenken und zu helfen, die<br />

nur mit den nach außen gehenden Kräften zu tun haben, warum solltet ihr dann nicht<br />

bei jener Entwicklung Hilfe brauchen, die beginnt, wenn ihr euch über den Körper<br />

und die nach außen gehenden Kräfte erhebt? Das ist eine Sache des gesunden<br />

Menschenverstandes. Wenn ihr es allein vermögt, schön und gut. Ein Blin<strong>der</strong> braucht<br />

zwei Augen, um zu sehen. Wir brauchen also jemanden, denn: "Niemand kennt den<br />

Vater denn <strong>der</strong> Sohn und wem es <strong>der</strong> Sohn will offenbaren." Und diese Sohnschaft<br />

geht weiter.<br />

Das liegt also vor uns, und aus diesem Grunde sind wir verschiedenen<br />

Geistesschulen beigetreten. Ihr werdet herausfinden, daß jemand, <strong>der</strong> sich von außen<br />

zurückziehen kann, dort nicht gebunden ist. Wer immer außen gebunden ist o<strong>der</strong> sich<br />

äußeren Freuden hingibt und ein Leben <strong>der</strong> Sinne führt, ist dazu nicht geeignet. Es<br />

gibt fünf mit den nach außen fließenden Energien verbundene, vorherrschende<br />

Neigungen, aber zwei davon sind äußerst gefährlich:<br />

<strong>Die</strong> erste ist Lust.<br />

<strong>Die</strong> zweite ist Ärger.<br />

Alle sind gefährlich, aber diese zwei sind am gefährlichsten. Und sogar von diesen<br />

beiden ist die erste die gefährlichere. Kabir sagt: "Ich vergebe alle Sünden; aber nicht<br />

jene, die sich auf ein unkeusches Leben beziehen." Das sind seine Worte.<br />

Natürlich stellt sich die Frage: Was ist über jene zu sagen, die verheiratet sind? Alle<br />

Schriften sagen uns, was Ehe bedeutet. Sie besteht darin, einen Gefährten zu haben,<br />

<strong>der</strong> in guten wie schlechten Tagen dieses irdischen Aufenthaltes bei euch ist; und<br />

einan<strong>der</strong> zu helfen, Gott zu erkennen, was das höchste Ziel vor uns ist. Eine Pflicht<br />

mag darin bestehen, Kin<strong>der</strong> zu bekommen, aber das stellt nicht 100% unserer<br />

Pflichten dar. Über eine solche Ehe schrieb Paulus: "Ihr Männer, liebet eure Frauen,<br />

gleichwie auch Christus geliebt hat die Gemeinde." Sie sollten ein keusches Leben<br />

führen. Eine Pflicht ist, wie ich euch gesagt habe, Kin<strong>der</strong> zu zeugen. Wenn ihr ein<br />

o<strong>der</strong> zwei Kin<strong>der</strong> habt, ist es gut; gebt ihnen ein Beispiel und gestaltet ihr Leben<br />

erhaben.<br />

Das erste, was erfor<strong>der</strong>lich ist, ist ein Leben <strong>der</strong> Enthaltsamkeit. <strong>Die</strong> Rishis<br />

beschrieben das Führen eines Lebens <strong>der</strong> Enthaltsamkeit als das Beachten von<br />

Brahmacharya. "Brahmacharya bedeutet Herrschaft über alle Sinnesorgane. Es<br />

bedeutet nicht nur Kontrolle über die tierischen Leidenschaften. Wenn ein Mensch<br />

nur ein Organ beherrscht und den an<strong>der</strong>en freie Bahn läßt, wird er zwangsläufig<br />

merken, daß seine Bemühungen fruchtlos sind. Erregende Geschichten mit den<br />

Ohren zu hören, Begierde erweckende Dinge mit euren Augen zu sehen, anregende<br />

Nahrung mit eurer Zunge zu kosten, erregende Dinge mit den Händen zu berühren<br />

143


und dann zu erwarten, das einzig übrige Organ zu beherrschen, ist genauso, wie wenn<br />

ihr eure Hand ins Feuer haltet und erwartet, daß sie nicht verbrennt." 12<br />

Ihr werdet vielleicht feststellen, daß <strong>der</strong> Gaumen <strong>der</strong> Herr von allem ist.<br />

Brahmacharya bedeutet - nun, das Wort "charya" heißt "Art des Verhaltens", und<br />

"brahm" bedeutet "Gott". Brahmacharya besagt also, ein Leben zu führen, das <strong>der</strong><br />

Suche nach Gott gewidmet ist. Es umfaßt daher die Beherrschung aller Sinne und<br />

wird jedem leichtfallen, <strong>der</strong> seine vorherrschenden Neigungen und seinen Gaumen<br />

kontrolliert. <strong>Die</strong> Ernährung hat sehr viel mit unserer Lebensweise zu tun. Welche Art<br />

von Nahrung ihr eßt, <strong>der</strong>en Auswirkung werdet ihr empfinden. Wenn man einen<br />

Hund nur mit Gemüse füttert, wird er sehr gutmütig sein. Wenn ihr ihm Fleisch zu<br />

fressen gebt, wird er knurren und bellen. Jede Nahrung, die Leidenschaften entfacht,<br />

müssen wir vermeiden.<br />

<strong>Die</strong> Nahrung entfacht Leidenschaften, sage ich euch. Maulana Rumi sagt: "Liebe<br />

entsteht nicht durch Essen von Brot, son<strong>der</strong>n Liebe kommt aus <strong>der</strong> Seele, aus dem<br />

Mitgefühl." Liebe, die an den physischen Körper gebunden ist, wird Lust genannt. Ihr<br />

werdet finden, daß Tiere Brahmacharya mehr als Menschen beachten. Wenn ein Tier<br />

krank wird, frißt es als erstes nichts mehr. <strong>Die</strong> Tiere haben auch eine Paarungszeit -<br />

aber <strong>der</strong> Mensch hat keine bestimmte Zeit dafür. Das ist ein trauriger Zustand, würde<br />

ich sagen. Daher sind wir nicht zum Essen geboren, son<strong>der</strong>n die Nahrung wurde für<br />

uns geschaffen, damit dieser Körper erhalten bleibt. <strong>Die</strong>ser Körper ist eine goldene<br />

Gelegenheit, die wir bekommen haben: pflegt ihn, erhaltet ihn, solange ihr könnt. Er<br />

ist nicht für das Essen da, son<strong>der</strong>n das Essen ist für euch da, damit ihr ihn erhalten<br />

könnt, um Gott zu erkennen.<br />

Ebenso ist es nötig, auch alle an<strong>der</strong>en Organe, durch die sich Wünsche zeigen, zu<br />

beherrschen.<br />

Alle Meister haben auf dieses Thema großen Nachdruck gelegt. <strong>Die</strong>se beiden Dinge<br />

sind beson<strong>der</strong>s wichtig. Was heißt das alles? Alle diese fünf vorherrschenden Neigungen<br />

bedeuten praktisch dasselbe; sie hängen nur vom Wunsch ab. Wunschlos zu sein<br />

bedeutet, die Wurzel <strong>der</strong> Dinge abzuschneiden und auszumerzen. Viele Meister sind<br />

gekommen und haben das gesagt. Lord Buddha sagte: "Seid wunschlos." Der zehnte<br />

Guru (<strong>der</strong> Sikhs) sagte in seiner eigenen Sprache: "Seid wunschlos" (kama nahin).<br />

Wenn ihr keinen Wunsch hegt, kann kein Ärger entstehen. Was ist Ärger? Wenn ihr<br />

etwas tun wollt o<strong>der</strong> etwas besitzt und dem jemand im Weg zu stehen scheint -<br />

entwe<strong>der</strong> direkt o<strong>der</strong> indirekt -, verursacht dieses Hin<strong>der</strong>nis, das sich eurem Wunsch<br />

in den Weg stellt, Ärger. Was geschieht, wenn man sich ärgert? Man kann nicht mehr<br />

langsam sprechen.<br />

Nehmt das Beispiel eines kleinen Baches o<strong>der</strong> irgendeines Kanals, <strong>der</strong> bei einer<br />

Verengung des Flußbettes kraftvoll dahinfließt. Wenn kein Hin<strong>der</strong>nis im Weg ist,<br />

strömt das Wasser ungehin<strong>der</strong>t weiter. Aber wenn ihr einen Felsen hineinlegt, wird<br />

das Wasser aufgehalten und bricht sich am Stein; dann entstehen zwei Dinge, erstens<br />

Gischt und Schaum, da es sich am Felsen bricht, und zweitens Getöse. Ebenso können<br />

jene, die ärgerlich werden, nicht langsam sprechen und ihr Mund füllt sich mit<br />

Schaum. Dann heißt es, wenn ein Wunsch aufkommt: "Oh, das muß ich haben, es gibt<br />

12 Zitiert aus "Selbstbeherrschung und Zügellosigkeit" von Mahatma Gandhi, Seite 92.<br />

144


keinen Grund, weshalb ich es nicht bekommen sollte." Und er setzt all seine Anstrengungen<br />

daran, das zu erreichen, er bildet Parteien, er tut dies und jenes. Wenn<br />

er es erreicht, will er nicht mehr davon lassen; er ist gebunden. Das wird Bindung genannt.<br />

Und dann erfreut er sich daran.<br />

So beruhen alle fünf Leidenschaften auf einem: dem Wunsch. Von diesen sind, wie<br />

ich euch gesagt habe, zwei die wichtigsten o<strong>der</strong> die stärksten, die uns im Körper beherrschen.<br />

Alle Meister haben das gesagt. Sie sagen:<br />

"Keuschheit ist Leben" - hieran mangelt es uns sehr - und "Sexualität ist <strong>der</strong> Tod."<br />

Wer nicht verheiratet ist, sollte strenge Keuschheit beachten. Wer verheiratet ist,<br />

sollte sein Leben nach dem richten, was die heiligen Schriften sagen. Und was sie<br />

sagen, habe ich euch eben vor Augen geführt. <strong>Die</strong> mohammedanischen und alle<br />

an<strong>der</strong>en Schriften besagen das gleiche.<br />

"Das Lossagen von den Wünschen <strong>der</strong> Sinne zieht die Seele also gen Himmel." Je<br />

mehr ihr euch beherrscht, desto näher seid ihr Gott, denn von eben dieser Kraft hängt<br />

so sowohl die Gesundheit des Gemüts wie auch des Körpers ab: die eures Verstandes,<br />

eures Gehirns, eures physischen Körpers. Es heißt, daß aus dem, was man ißt,<br />

Speisesaft wird, aus dem Speisesaft entsteht das Blut; aus dem Blut wird Fett; aus den<br />

Fetten bilden sich die Knochen; in den Knochen ensteht das Mark, und im<br />

Knochenmark bildet sich diese Flüssigkeit - wie kostbar ist sie! Wie ich euch gesagt<br />

habe, sind Tiere enthaltsamer als Menschen: die Menschen haben keinerlei festgelegte<br />

Paarungszeit. Alle Meister haben verkündet: "Je<strong>der</strong> unkeusche Blick, Gedanke<br />

o<strong>der</strong> jede <strong>der</strong>artige Handlung und jegliche zügellose Rede ist unverzeihlich." Wir zollen<br />

diesen Dingen keine Aufmerksamkeit." Ein vollkommener Mensch muß in jedem<br />

Wort und in je<strong>der</strong> Handlung seines Lebens rein sein. Der heilige Geist kommt an dem<br />

Tag an zu ihm, an dem er rein wird." Ihr wißt von <strong>der</strong> äußersten Notwendigkeit, in<br />

Gedanken rein zu sein. Daher sagte Christus: "Gesegnet sind, die reinen Herzens<br />

sind, denn sie werden Gott schauen" - niemand sonst. Und weiter werdet ihr finden,<br />

daß Christus sagte, Hunde seien besser als solche Menschen.<br />

Alle Meister haben dies betont. Shankaracharya - ein Hindu - sagte: "Wenn ein<br />

Mensch dem Weg des Körpers folgt, kann sich die wahre Weisheit nicht in ihm<br />

offenbaren." Wenn ihr an eine sinnliche Lebensweise gebunden seid, wo ist dann die<br />

Göttlichkeit? Es heißt auch: "Lust und Versuchungen sind gleich Haien im Fluß des<br />

menschlichen Lebens." Haie - sie verschlingen den Menschen! Kabir sagt: "Lust und<br />

Ärger verschlingen den Körper, so wie Königswasser, wenn man es auf Gold gießt,<br />

dieses auflöst. Wie die Morgendämmerung sofort nach dem Ende <strong>der</strong> Nacht anbricht,<br />

folgt das Dämmern wahren Wissens direkt auf den Beginn <strong>der</strong> Kontrolle über das<br />

Selbst." Seht ihr, wie wichtig das ist und wie unachtsam wir mit diesen Dingen<br />

umgehen?<br />

Allen Meistern, ob sie in <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Religion kamen, lag dieser<br />

Punkt sehr am Herzen. Und wie gefährlich ist das heute! Junge Männer und Frauen -<br />

ich weiß nicht, ob ihr es mir übelnehmen werdet o<strong>der</strong> nicht; ich bedaure den heutigen<br />

Stand <strong>der</strong> Dinge - werden freigelassen und laufen wie wilde Tiere hierhin und<br />

dorthin. <strong>Die</strong> Ehe ist ein Sakrament, sie ist kein Vertrag. Wie ich schon erwähnte, sagte<br />

Paulus: "Ihr Männer liebet eure Frauen, gleichwie auch Christus geliebt hat die<br />

Gemeinde." Das ist die Hauptsache. "Wer von Leidenschaften bedrängt wird, kann<br />

nicht die Befreiung erlangen." Das sagte Shankaracharya. Nicht nur eine, son<strong>der</strong>n<br />

145


.jede Religion sagt das. Wir gehören <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Religion an, aber wir<br />

folgen ihrer Lehre nicht.<br />

„An den Körper gefesselt zu sein, ist für den, <strong>der</strong> die Befreiung sucht, eine große<br />

Belastung.“ Ich zitiere euch diese Dinge aus den heiligen Schriften. Es sind nicht<br />

meine Worte. Sie finden sich in einer je<strong>der</strong> Religion, <strong>der</strong> ihr angehören mögt. <strong>Die</strong><br />

chinesische Philosophie rät uns: „Rein und ohne falsch zu sein: das ist <strong>der</strong> Weg, um<br />

den Geist zu nähren. Sind Lust und Wünsche stark, dann erweisen sich die Quellen<br />

des Himmels als unergiebig.“ Was mehr sollen sie euch sagen? Was tun wir? <strong>Die</strong>se<br />

Dinge werden sehr betont, aber wir Menschen machen uns nichts daraus. Das ist das<br />

Unglück. Buddha sagt: „Ich verkünde die Vernichtung <strong>der</strong> Lust. Ich lehre, wie die<br />

Lust besiegt wird. Nirvana bedeutet das Vergehen aller menschlichen Leidenschaften.<br />

Wenn die inneren Feuer <strong>der</strong> Lust gelöscht werden, geht man ins Nirvana ein. Das ist<br />

die Lehre <strong>der</strong> Lehren.“<br />

Das ist die wichtigste und die am meisten übergangene Sache. Ich sage euch, als wir<br />

noch ganz jung waren und unsere Brü<strong>der</strong> und Schwestern geboren wurden, fragten<br />

wir aus Neugierde, woher sie gekommen seien. Und es wurde uns gesagt: „<strong>Die</strong><br />

Hebamme hat sie dagelassen.“ So ein unschuldiges Leben hatten wir! Unsere Eltern<br />

führen so ein keusches Leben, daß die Kin<strong>der</strong> nicht wußten, woher die Kin<strong>der</strong><br />

kommen. Aber heute wissen es die kleinen Jungen. Warum? Sie sehen euch. Wie<br />

könnt ihr erwarten, daß das nicht <strong>der</strong> Fall ist?<br />

<strong>Die</strong>ses Thema ist das wichtigste und das am meisten ignorierte; alles ist eine Folge<br />

davon. Darf ich euch aus <strong>der</strong> Geschichte berichten? <strong>Die</strong> Geschichte zeigt, daß<br />

Napoleon, dessen Name in ganz Europa gefürchtet war, bei Waterloo besiegt wurde,<br />

weil er in <strong>der</strong> Nacht zuvor in dieser Hinsicht versagt hatte. <strong>Die</strong> indische Geschichte<br />

berichtet, daß Prithvi Raj alle Eroberer zurückgeschlagen hatte. Aber am Tag,<br />

nachdem er in diesem Punkt versagt hatte, wurde er gefangen genommen. Eure<br />

eigenen Erfahrungen, wenn ihr euch dem hingebt, zeigen, daß ihr am folgenden Tag<br />

nicht glücklich seid; eure Lebensgeister sind schwach, ihr senkt den Blick.<br />

Entschuldigt, ich habe gerade dieses Thema aufgegriffen, weil mich einer meiner<br />

Freunde heute dazu etwas fragte; in den Zeitungen stand ein Artikel über dieses<br />

Thema. Man empfiehlt all diese Dinge, obwohl sie den höchsten Grundsätzen <strong>der</strong><br />

Spiritualität entgegenstehen.<br />

Kontrolle <strong>der</strong> Sinnesorgane ist also, wie ich euch sagte, von allergrößter Wichtigkeit;<br />

das bedeutet, ein Leben <strong>der</strong> Enthaltsamkeit zu führen. <strong>Die</strong> Lust fällt uns durch die<br />

Augen an. Wollt ihr euch retten? Schaut nicht in die Augen an<strong>der</strong>er. Ärger wird durch<br />

die Ohren entfacht. Wie könnt ihr darüber Herr werden? Verlaßt den Ort. Je mehr ihr<br />

hört, desto mehr wird euer Ärger geschürt, und ihr werdet nicht bedächtig sprechen<br />

können. Ihr werdet fortfahren, laut zu reden; und was wird das Ergebnis sein? Es<br />

wird Schaum in eurem Mund sein, und ihr werdet nicht sprechen können.<br />

Gebundenheit kommt durch die Haut. Es gibt Zentren im Körper. Wenn ihr an<br />

jemanden gebunden seid - an euren Sohn o<strong>der</strong> eure Tochter drückt ihr ihn hierher<br />

(an euer Herz). Das sind Zentren im Körper.<br />

Der Menschenkörper ist <strong>der</strong> höchste in <strong>der</strong> ganzen Schöpfung, und wir besitzen ihn!<br />

Wenn wir uns nur zurückziehen könnten! Welches ist die beste Art und Weise, ihn zu<br />

kontrollieren? Kontrolliert nur eure Aufmerksamkeit, zieht sie von außen zurück und<br />

146


erhebt sie zum Sitz <strong>der</strong> Seele hinter den Augen. <strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong> beste Weg. Wenn ihr volle<br />

Kontrolle erlangt habt, könnt ihr das durch regelmäßige Übung erreichen. Übung<br />

macht den Meister. Ihr benutzt eure Augen und werdet nicht sehen; trotz eurer Ohren<br />

werdet ihr nicht hören. Wann wird das geschehen? Wenn eure Aufmerksamkeit<br />

kontrolliert ist.<br />

Ich sage euch, <strong>der</strong> Prophet Mohammed bemerkte über diese beiden Dinge: "Wenn<br />

ihr zwei Organe kontrolliert - das eine zwischen den beiden Lippen und das an<strong>der</strong>e<br />

zwischen den beiden Schenkeln -, bin ich für eure Befreiung vor dem Gericht Gottes<br />

verantwortlich." Tulsi Das sagte dasselbe: "Wenn ihr wahrhaftig, demütig und keusch<br />

seid, wenn ihr an<strong>der</strong>e als Mütter, Schwestern und Töchter betrachtet, mit Ausnahme<br />

eurer Frau - und auch das nur eine Zeitlang; Frauen sind keine Maschinen, denkt<br />

daran. Entschuldigt, aber ich bin heute ziemlich offen. Sie sind nicht zu diesem Zweck<br />

da. Das ist nur eine Pflicht, nicht 100% unserer Pflichten - dann stehe ich vor dem<br />

Gericht Gottes für euch ein." Und Kabir sagte: "Ich werde alle Sünden vergeben; nur<br />

nicht einem, <strong>der</strong> lüstern ist." Wir haben unglücklicherweise keine Keuschheit mehr.<br />

Das sind die grundlegenden Dinge, die sich entwickeln; an<strong>der</strong>e folgen ihnen. Gott zu<br />

erreichen bedeutet lediglich, ein reines Herz zu haben. „Gesegnet sind, die reinen<br />

Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“<br />

Ihr denkt fortwährend. Setzt euch ganz einfach hin und hört dem zu, was an<strong>der</strong>e<br />

sagen. Entwe<strong>der</strong> sprechen sie von unkeuschen Dingen - entschuldigt - o<strong>der</strong> in Worten<br />

<strong>der</strong> Feindseligkeit. Was bewirkt das? Je<strong>der</strong> Gedanke, das sage ich euch, jede<br />

Vermutung, daß jemand uns behin<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> uns ein Hin<strong>der</strong>nis in den Weg stellt,<br />

verwandelt sich in Ärger. Das ist alles. Also müssen wir ein Leben <strong>der</strong> Zufriedenheit<br />

führen. Alle Meister sagen, daß das eine Notwendigkeit ist. Alle Schriften weisen uns<br />

an, Gott zu lieben und auch die ganze Menschheit zu lieben; Gott wohnt in jedem<br />

Herzen. Ein ethisches Leben ist ein Sprungbrett zur Spiritualität.<br />

Obwohl es noch an<strong>der</strong>e Dinge gibt, sind dies die zwei bedeutendsten. Hier versagen<br />

wir kläglich. Ihr versagt mit <strong>der</strong> Zunge, wenn ihr keine Beherrschung über eure<br />

Eßgewohnheiten habt o<strong>der</strong> über das, was ihr sagt. Denkt zweimal darüber nach,<br />

bevor ihr sprecht: "Wird das, was ich äußere, eine Auswirkung haben?" Wenn es<br />

einen Streitpunkt gibt, dann hört ruhig dem zu, was <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sagt. Wenn ihr<br />

ärgerlich seid, sagt niemals etwas, denkt daran. Bleibt still.<br />

Das sind die Mittel, um sich zu retten. Aber das höchste Ziel ist etwas an<strong>der</strong>es.<br />

Wenn ihr Liebe für Gott empfindet und Gott in jedem Herzen wohnt und wir vom<br />

selben Wesen wie Gott sind, dann werden wir natürlich Liebe für alle und keinen Haß<br />

empfinden. Wenn ihr jemanden liebt, werdet ihr ihn nicht verletzen, ihr werdet ihn<br />

nicht unterdrücken und keine Lügen verbreiten. Alles ist ein Ergebnis <strong>der</strong> Liebe. Gott<br />

ist also Liebe, und die Liebe ist <strong>der</strong> Weg zurück zu Gott. Auf dem Weg <strong>der</strong> Liebe ist es<br />

erfor<strong>der</strong>lich, daß ihr ein Leben <strong>der</strong> Enthaltsamkeit führt.<br />

Ich glaube, das ist <strong>der</strong> letzte Vortrag, den ich hier halten kann. Ich habe mich in<br />

meinen Reden auf diese Dinge bezogen und euch angehalten, eure Tagebücher zu<br />

führen. Vielleicht dachtet ihr, daß ich zu jemand an<strong>der</strong>en sprach. Das ist <strong>der</strong> steinige<br />

Boden, auf dem ihr euer Bauwerk <strong>der</strong> Spiritualität errichten könnt, an<strong>der</strong>nfalls<br />

errichtet ihr das Gebäude auf Sand. Ich glaube, daß ich euch das beste, was ich weiß<br />

und erkannt habe, gegeben habe. Das höchste Ziel des Menschen ist, Gott zu<br />

147


erkennen; und wir sollten alle Dinge, die das verhin<strong>der</strong>n, beseitigen. Alle hilfreichen<br />

Faktoren sollten wir in unser Leben aufnehmen. Wer immer das Geheimnis des<br />

Lebens zu lösen hat, für den ist natürlich <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> größte in seinem Lebens, an<br />

dem diese Frage in seinem Herzen aufkommt; diese Frage kann nicht<br />

beiseitegeschoben werden, wir müssen früher o<strong>der</strong> später eine Lösung finden. Es gibt<br />

Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die Durstigen; wo Feuer brennt, kommt<br />

Sauerstoff zu Hilfe. Angebot und Nachfrage ist das Gesetz <strong>der</strong> Natur. Gott sieht: mein<br />

Kind sucht mich. Er trifft Vorkehrungen, euch mit einem in Verbindung zu bringen,<br />

<strong>der</strong> sich selbst erkannt hat und Gott erkennt: Gott sieht, wie ich euch sehe und ihr<br />

mich. Und er sagt euch, wie diese nach außen gehenden Kräfte zu beherrschen sind.<br />

Alle nach außen fließenden Energien können zum Stillstand gebracht werden, wenn<br />

ihr eure Aufmerksamkeit kontrolliert. Das ist es, was die Meister immer verkündet<br />

haben: "Surat-Yoga" - <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Aufmerksamkeit, <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong><br />

Aufmerksamkeit. <strong>Die</strong> Meister geben euch eine Erfahrung, wie man sich zurückzieht<br />

und wie man sich analysiert, wie man sich über das Körperbewußtsein erhebt und<br />

von neuem geboren wird. "Es sei denn, daß jemand von neuem geboren wird, so kann<br />

er das Reich Gottes nicht sehen." Es ist eine Sache <strong>der</strong> reinen Selbstanalyse. Ihr seid<br />

gesegnet. Durch die Gnade Gottes seid ihr auf den Weg gestellt. Christus sagte zu<br />

seinen Jüngern: "Selig sind die Augen, die da sehen, was ihr sehet. Viele Propheten<br />

und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr sehet, und haben's nicht gesehen, und<br />

zu hören, was ihr höret, und haben's nicht gehört." Ihr könnt also sehen und hören.<br />

Ist das nicht ein großer Segen Gottes? Macht weiter. Prüft euer Leben wie ein<br />

gestrenger Richter, wie ein harter Zuchtmeister. Schont euch nicht. Und fahrt mit<br />

euren Meditationen fort, merzt alle Unvollkommenheiten aus, schickt eure<br />

Tagebücher in regelmäßigen Abständen ein. Liebt alle, liebt Gott; Gott wohnt in jedem<br />

Herzen. Wer nicht liebt, kann Gott nicht erkennen.<br />

Das sind, so meine ich, die besten Dinge, die ich euch mit wenigen Worten sagen<br />

konnte. Morgen ist mein letzter Tag hier, ich werde euch physisch verlassen. Bitte bewahrt<br />

diese Worte in eurem Herzen und lebt danach. Je mehr ihr danach lebt, desto<br />

mehr werdet ihr den Segen in euch empfinden. Bleibt in je<strong>der</strong> Religion, in <strong>der</strong> ihr<br />

leben wollt. Religionen sind unsere Geistesschulen, um Gott zu erkennen.<br />

Ich danke euch allen für eure Hilfe und Zusammenarbeit - die ihr nicht nur mit<br />

Worten, son<strong>der</strong>n mit Gedanken und Taten geleistet habt. Ihr habt die Sache Gottes<br />

unterstützt: mit an<strong>der</strong>en Worten, ihr habt euch selbst und auch mir geholfen. Meine<br />

besten Wünsche sind immer bei euch, und die Gotteskraft ist bei euch. Er kann euch<br />

niemals verlassen. Er wird euch alle mögliche Hilfe und Schutz gewähren.<br />

Ich werde mich freuen, in regelmäßigen Abständen von eurem spirituellen<br />

Fortschritt zu hören, sagen wir vierteljährlich. Sagt kurzgefaßt, was ihr wollt. Lange<br />

Geschichten nützen nichts. Nehmen wir an, ihr schreibt einen acht Seiten langen<br />

Brief - manchmal schreiben die Leute zehn o<strong>der</strong> zwölf Seiten. Was mache ich dann?<br />

<strong>Die</strong> kurzen Briefe beantworte ich zuerst. <strong>Die</strong> langen Briefe hebe ich für später auf. Das<br />

ist das, was ich tun muß. Schreibt also kurz und zur Sache, was ihr wollt. <strong>Die</strong>se Kraft<br />

ist in euch, sie wird euch sofort einen Ausgleich geben. Euer Tagebuch zeigt alles, wie<br />

ihr euch fühlt und jede Schwierigkeit, die ihr in euren Meditationen habt. Wenn<br />

irgend etwas Beson<strong>der</strong>es vorliegt, könnt ihr es schreiben. Das wird euch helfen, und<br />

ich glaube, ich kann mich dann eingehen<strong>der</strong> damit befassen. Meine Korrespondenz<br />

vergrößert sich im Übermaß, da die Zahl <strong>der</strong> Schüler wächst. Und ich wünsche, daß<br />

148


je<strong>der</strong> von euch in Verbindung bleibt und die Gruppentreffen besucht. Habt Liebe und<br />

Achtung für jene, die dort sind. Liebt einan<strong>der</strong> um Gottes willen und um des Gottes<br />

im Meister willen, das ist alles.<br />

Ich wünsche euch alles Gute und Liebe. Morgen werde ich, so glaube ich, um 10<br />

o<strong>der</strong> 11 Uhr abfahren...<br />

Bemerkung: Der Meister war uns eine Quelle großen Segens. Selbst wenn <strong>der</strong><br />

Meister weggeht, hat er so viel zurückgelassen.<br />

Der Meister: Das wird nicht verlorengehen, wenn ihr euch dem zuwendet. Es ist<br />

immer frisch. Bleibt in Verbindung. Gott wird euch helfen.<br />

Bemerkung: Er wird wie<strong>der</strong>kommen, wenn alles gut geht.<br />

Der Meister: Es liegt alles in Gottes Hand …<br />

Bemerkung: Wir wollen all jenen danken, die mit dem Satsang in den Vereinigten<br />

Staaten begonnen haben; ohne sie wären wir nicht hier.<br />

Der Meister: Wißt ihr, wieviel Liebe ich für euch empfinde? Wenn ihr hier<br />

irgendeinen Ärger habt, dann laßt es mich wissen. Verbreitet den Ärger nicht hier.<br />

Werft alles in den Papierkorb, was nicht gut ist: betrachtet es als an mich gesandt.<br />

Liebt einan<strong>der</strong>, das wird euch helfen. Seid herzlich und freundlich, wenn ihr euch<br />

trefft: wenn sich zwei Schüler begegnen, entsteht durch die liebevolle Erinnerung an<br />

Gott und den Meister Berauschung. Ich freue mich sehr...<br />

All diese Nichtigkeiten sollten wir vergeben und vergessen. <strong>Die</strong>se kleinen täglichen<br />

Übel sollten beiseitegelegt werden. Das ist alles, was, wie ich denke, mein<br />

Wohlgefallen hervorrufen wird... Alle befinden sich auf dem gleichen Weg, und wie<br />

kann ein Vater seine Kin<strong>der</strong> verlassen?<br />

Es ist nun gut. Ich danke jedem einzelnen von euch so sehr.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 4, 1976<br />

<br />

ÜBER DIE EHE<br />

<strong>Die</strong> folgenden 11 Seiten umfassen einen Son<strong>der</strong>beitrag über die Ehe aus dem<br />

deutschen Sat Sandesh Nr. 3, 1976. Der erste Beitrag ist <strong>der</strong> „Lavan“ o<strong>der</strong> die<br />

Hochzeitshymne von Guru Ramdas. <strong>Die</strong> Ansprache über die „Innere und äußere Ehe“<br />

hat <strong>der</strong> Meister bei einer Hochzeit zwischen zwei Initiierten am 27. Januar 1964<br />

gehalten. Sie ist zum größten Teil ein Kommentar <strong>der</strong> Hochzeitshymne. Schließlich<br />

beschreibt Arran Stephens, ein kanadischer Initiierter, die Hochzeit mit seiner Braut<br />

Ratan Mala beim Meister. In ihr ist eine weitere ungekürzte Ansprache des Meisters<br />

über dieselbe Hymne von Guru Ramdas enthalten, die sich natürlich etwas mit dem<br />

149


ersten Vortrag überschreitet, doch viele lehrreiche Unterschiede aufweist. <strong>Die</strong><br />

Verbindung zwischen Mann und Frau, einan<strong>der</strong> anvertraut und füreinan<strong>der</strong><br />

verantwortlich, wird in dieser Hymne als Urbild <strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> Seele mit Gott<br />

angeführt. In <strong>der</strong> Einleitung zu diesem Son<strong>der</strong>beitrag schrieb Russell Perkins, <strong>der</strong><br />

Herausgeber <strong>der</strong> englischen Ausgabe des Sat Sandesh folgendes: <strong>Die</strong> Betonung <strong>der</strong><br />

Heiligkeit und <strong>der</strong> gegenseitigen Verpflichtung <strong>der</strong> ehelichen Verbindung schließt<br />

die Unannehmbarkeit von Ehebruch o<strong>der</strong> Ehescheidung ein; und es ist natürlich<br />

wahr, daß <strong>der</strong> Meister beide Handlungsweisen als unwürdiges Verhalten für den<br />

Initiierten, <strong>der</strong> tatsächlich Gott sucht, ablehnt. Aber eine Menge Wunschdenken auf<br />

Seiten <strong>der</strong> Schüler und des Meisters Bereitschaft, zu vergeben und zu vergessen,<br />

nachdem das Geschehen vorbei ist, haben vielleicht unklar werden lassen, wie<br />

to<strong>der</strong>nst seine Lehre bezüglich dieses "Punktes ist. Kurz, er lehrte, daß jede Art von<br />

Vertrauensbruch bei den Ehepartnern, beson<strong>der</strong>s die Übertretung <strong>der</strong> feierlichen<br />

Gelübde, die zur Zeit <strong>der</strong> Hochzeit abgelegt wurden, unerträglich schwere<br />

karmische Verwicklungen nach sich zieht, mit denen <strong>der</strong> Initiierte für gewöhnlich<br />

nicht fertig wird. Folglich führt das entwe<strong>der</strong> zu zusätzlichen Geburten und einer<br />

großen Verzögerung bei seiner Rückkehr in die Heimat, o<strong>der</strong> es läuft darauf hinaus,<br />

daß <strong>der</strong> Meister die Folgen aus Mitleid auf seinen eigenen Körper nimmt.<br />

Ich hatte den Vorzug, bei einer Reihe von Gelegenheiten beim Meister zu sein, als<br />

dieses Thema zur Sprache kam. Während meines Aufenthalts bei ihm im Jahre 1969<br />

erhielt ich einen Brief von meiner Frau Judith, in dem sie mich bat, mich für eine<br />

Initiierte zu verwenden, <strong>der</strong>en Mann unter an<strong>der</strong>em heftig gegen den Pfad und den<br />

Meister war und ihr befohlen hatte, den Satsang nicht zu besuchen.<br />

Ich brachte ihm die Sache vor, und seine Antwort erstaunte mich: "ICH MÖCHTE<br />

KEINE SCHEIDUNG." Es erstaunte mich, weil die Frage einer Scheidung gar nicht<br />

aufgekommen war. Ich stammelte etwas, und er wie<strong>der</strong>holte: "ICH MÖCHTE<br />

KEINE SCHEIDUNG." Wir waren allein, und die Heftigkeit seiner Antwort und ihre<br />

Wie<strong>der</strong>holung machten mich unsicher. Ich sagte (obwohl ich das voll anerkannte<br />

und dachte, seine Lehre über dieses Thema zu verstehen): "Aber Meister, er läßt sie<br />

nicht zum Satsang gehen und …" Er unterbrach mich: Sie sollte nachgeben,<br />

verstehst du. Wenn sie ihn liebt, wird er einlenken. Als ich 1963 nach Deutschland<br />

ging, war da ein Initiierter, dessen Frau den Meister haßte. Sie gestattete sein Bild<br />

nicht im Haus. Als ich sie besuchte, war sie krank. Ich ging nur hin, um sie zu sehen.<br />

Heute ist sie initiiert." Und er lachte.<br />

Des weiteren war bei einem Besuch beim Meister im Jahre 1972 auch ein jung<br />

verheiratetes Paar anwesend. Der Ehemann hatte sich erst kürzlich von seiner<br />

ersten Frau scheiden lassen und wie<strong>der</strong> geheiratet. Der Meister erklärte seine Lehre<br />

über Ehe und Scheidung, und als er endete, sagte <strong>der</strong> Mann: "Gut, auf jeden Fall<br />

danke ich Euch, daß Ihr eine bessere Kameradin für mich gefunden habt." Ein<br />

Ausdruck unendlicher Traurigkeit legte sich auf das Gesicht des Meisters; er schaute<br />

auf den Boden, dann zur Decke und schließlich sagte er: "Und nächstes Jahr - wirst<br />

du eine noch bessere finden?"<br />

Es ist natürlich ein großer Fehler, anzunehmen, daß die Lehre des Meisters über<br />

dieses Thema sich allein auf diesen Mann beschränkt. Unter an<strong>der</strong>em sind seine<br />

Ausführungen das Konzentrat und die Verdichtung des gewaltigen spirituellen<br />

Erbes aller religiösen Gemeinschaften zu einer leicht zu begreifenden Lehre; und sie<br />

ist auf diesem Gebiet so wahr wie auf jedem an<strong>der</strong>en. Der Meister bezog sich oft auf<br />

die Bibel und die Lehre von Jesus, wenn er über die Unauflöslichkeit <strong>der</strong> Ehe sprach.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e bezog er sich auf das neunzehnte Kapitel des Matthäus-Evangeliums.<br />

Es ist eine Tatsache, daß das gleiche Verständnis die höheren Lehren von allen Teile<br />

150


<strong>der</strong> christlichen Kirche von <strong>der</strong> Zeit Jesu bis jetzt charakterisiert, trotz <strong>der</strong> sich<br />

än<strong>der</strong>nden Sitten und des sozialen Drucks.<br />

<br />

DIE HOCHZEITSHYMNE<br />

von Guru Ramdas<br />

Bei <strong>der</strong> ersten Hochzeitsrunde 13 legt dir <strong>der</strong> Herr Seine Weisungen<br />

für die täglichen Pflichten des ehelichen Lebens dar:<br />

<strong>Die</strong> Worte des Gurus sind die Worte des Herrn; lerne durch sie den rechten Weg,<br />

und die Irrtümer <strong>der</strong> Vergangenheit werden hinweggespült.<br />

Halte fest an <strong>der</strong> Rechtschaffenheit,<br />

meditiere über Naam, wie es die Schriften bestimmen.<br />

Weihe dich dem Sant Satguru,<br />

und deine Sünden und Fehler werden vergehen.<br />

Durch großes Glück wird dein Herz von Seligkeit erfüllt<br />

und von <strong>der</strong> Süße von Naam durchdrungen.<br />

Dann kommt das Glück, ohne daß du dich mühst.<br />

Der Sklave Nanak erklärt:<br />

Mit <strong>der</strong> ersten Runde hat <strong>der</strong> Hochzeitsritus begonnen.<br />

In <strong>der</strong> zweiten Hochzeitsrunde bringt dich <strong>der</strong> Herr zum Satguru.<br />

<strong>Die</strong> Furcht deines Herzens ist vergangen;<br />

<strong>der</strong> Schmutz des Egos ist weggewaschen.<br />

Fürchte Gott und singe zu Seinem Lobpreis.<br />

Du schaust Seine Gegenwart - den Herrn, den Meister,<br />

die Seele des Universums - es gibt nichts, wo Er nicht ist.<br />

Innen und außen gibt es nur einen Gott;<br />

Sein Lied <strong>der</strong> Freude wird in <strong>der</strong> Gemeinschaft <strong>der</strong> Heiligen gehört.<br />

Der Sklave Nanak erklärt,<br />

daß in <strong>der</strong> zweiten Runde die göttliche Musik vernommen wird.<br />

In <strong>der</strong> dritten Runde entwickelt sich die Sehnsucht<br />

nach dem Herrn und die Loslösung von <strong>der</strong> Welt.<br />

Durch großes Glück finden wir Ihn in <strong>der</strong> Gemeinschaft <strong>der</strong> Heiligen.<br />

Der makellose Herr wird in Seiner Reinheit durch<br />

Sein gesegnetes, heiliges Wort gefunden.<br />

Durch großes Glück kommen wir in die Gemeinschaft <strong>der</strong> Heiligen<br />

und erfahren die unaussprechliche Geschichte von ihren heiligen Lippen.<br />

Naam erklingt in unseren Herzen, sein Wi<strong>der</strong>hallen vertieft uns im Innern.<br />

In unsere Stirne ist geschrieben aus früheren Zeiten: <strong>der</strong> Sklave Nanak erklärt,<br />

13<br />

Eine „Hochzeitsrunde“ ist gleichbedeutend mit einem Umschreiten des Adi Granth Sahib<br />

und entspricht symbolisch einem Lebenslauf, den <strong>der</strong> Schüler nach <strong>der</strong> Initiation zu<br />

durchschreiten hat. Das Eheversprechen wird mit <strong>der</strong> Annahme des Schülers gleichgesetzt.<br />

151


daß in <strong>der</strong> dritten Runde die Gottesliebe im Herzen erweckt worden ist.<br />

Bei <strong>der</strong> vierten Runde erfaßt das Herz das göttliche<br />

Wissen, und Gott wird im Innern erkannt.<br />

Durch die Gnade des Gurus haben wir leicht den Herrn erreicht.<br />

Körper und Seele sind gleicherweise<br />

von <strong>der</strong> Süße des Geliebten erfüllt.<br />

Teuer, teuer, sehr teuer ist Er uns, und teuer sind wir Ihm.<br />

Tag und Nacht sind unsere Herzen voll von Ihm.<br />

Indem wir Ihn an die erste Stelle setzten, haben wir Ihn erreicht.<br />

Was wir wollten, erhielten wir.<br />

Der Geliebte hat Sein Werk beendet.<br />

<strong>Die</strong> Braut hat ihre Freude in dem Namen ihres Geliebten,<br />

und wir sind von Seligkeit erfüllt. Naam ertönt in unserem Herzen,<br />

und <strong>der</strong> Herr ist mit Seiner heiligen Braut vereint.<br />

Ihr Herz erblüht als Antwort auf Naam.<br />

Der Sklave Nanak erklärt, daß wir in <strong>der</strong> vierten Runde<br />

den Ewigen Herrn gefunden haben.<br />

<br />

INNERE UND ÄUSSERE EHE<br />

Eine Rede von Sant Kirpal Singh Ji vom 27. Januar 1964<br />

Alle Meister sagen, daß die Ehe ein Sakrament ist und kein Vertrag. <strong>Die</strong>se<br />

Einrichtung nahm vor Jahrhun<strong>der</strong>ten ihren Anfang. Wir treten ins Leben. Dafür<br />

schreiben die Meister eine gute Lebensweise vor. Wir sollten rechtschaffen sein, das<br />

heißt gute Gedanken, gute Worte und gute Taten haben. Alle Schriften sagen uns, daß<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> äußeren Ehe ist, für Freud und Leid dieses irdischen Aufenthalts<br />

einen Lebensgefährten zu nehmen, um einan<strong>der</strong> zu helfen, Gott zu erkennen, was das<br />

höchste Ziel in diesem Menschenkörper ist. Eine eheliche Pflicht mag das Zeugen von<br />

Kin<strong>der</strong>n sein; sie macht jedoch nicht hun<strong>der</strong>t Prozent unserer Verpflichtungen aus.<br />

Wir brauchen einen Partner im Leben. Was Gott zusammenfügt, soll Gott auch<br />

scheiden. Es ist die im Hintergrund wirkende, unsichtbare Hand Gottes, die zwei<br />

Seelen zusammenführt, um das Geben und Nehmen durch die Rückwirkungen aus<br />

ihrer Vergangenheit abzuwickeln.<br />

Doch die Ehe ist für den höheren Zweck <strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> Seele mit Gott<br />

gedacht. Das sagen uns alle Schriften und Religionen. <strong>Die</strong> Sikh-Schriften führen als<br />

ersten Schritt ein rechtschaffenes Leben an: gute Gedanken, gute Worten und gute<br />

Taten - und Liebe für alle: die Gefühle von keinem verletzen. Liebe ist natürlich mit<br />

<strong>Die</strong>nen und Opfern vertraut. Einer, <strong>der</strong> liebt, kennt nur geben, geben und geben: sich<br />

selbst zu versorgen und auch an<strong>der</strong>en zu helfen. Ein ethisches Leben mit den<br />

normalen Pflichten eines Familienvaters ist ein Sprungbrett zur Spiritualität. Das<br />

letzte Ziel ist Gotterkenntnis, und wir sollten einan<strong>der</strong> helfen, Gott zu erkennen. Der<br />

erste Schritt dazu ist ein ethisches Leben.<br />

Wir haben uns verschiedenen Glaubensrichtungen o<strong>der</strong> Religionen angeschlossen,<br />

um Spiritualität zu erlangen. Was ist Spiritualität? Wir sind Geist im Menschen. Das<br />

152


Ziel <strong>der</strong> Spiritualität ist es, den Geist im Menschen von <strong>der</strong> Bindung an das Gemüt<br />

und die nach außen gehenden Kräfte zu trennen, sich erst selbst und dann Gott zu<br />

erkennen. Gott kann nicht durch das Beachten äußerer Dinge erkannt werden. "Das<br />

Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden." <strong>Die</strong>s sind die Anfangsschritte<br />

<strong>der</strong> äußeren Religionen, die wir getan haben; ihr Hauptzweck ist jedoch, Liebe und<br />

Ergebenheit für Gott zu entwickeln. Und da Gott in jedem Herzen wohnt und wir<br />

Geist im Menschen sind, sollten wir Liebe und Achtung für alle haben - selbst für<br />

Tiere, nicht zu sprechen von den Menschen.<br />

Was müssen wir mit diesem Ziel vor Augen tun? <strong>Die</strong> letzte Einswerdung <strong>der</strong> Seele<br />

mit Gott ist die wahre Hochzeit. Um äußerlich zu heiraten, müßt ihr natürlich zu<br />

einem Priester gehen. Hier betrachtet man einen Geistlichen als einen sehr heiligen<br />

Mann, und er kennt das Hochzeitsgeschäft. Genauso brauchen wir für die innere,<br />

wahre Hochzeit <strong>der</strong> Seele mit Gott einen, <strong>der</strong> den Weg kennt und damit gut vertraut<br />

ist. Lernt deshalb, zu den Füßen von einem zu sitzen, <strong>der</strong> Gott erkannt hat, weil ihr<br />

Gott erkennen möchtet. Jene, die Gott erkannten, haben alle dasselbe gesagt,<br />

natürlich in ihrer eigenen Sprache, doch mit dem gleichen Ziel. Was sagen sie uns?<br />

Der Mensch ist das Höchste in <strong>der</strong> gesamten Schöpfung, und das höchste Ziel vor uns<br />

ist Gott zu erkennen. Bleibt in irgendeiner Religion, die euch gefällt. <strong>Die</strong>se äußere<br />

Verbindung zweier Körper - verkörperter Seelen - ist <strong>der</strong> erste Schritt zum Höchsten.<br />

Der zweite Schritt ist, einan<strong>der</strong> zu helfen, mit Gott eins zu werden. Das ist die<br />

wahre Hochzeit <strong>der</strong> Seele mit dem ewigen Gott. Mira Bai hat gesagt: "Ich bin nun für<br />

immer mit Gott vermählt; nun habe nichts mehr zu befürchten. Er ist von<br />

unwandelbarer Dauer; und ich lebe nun in einer Ehe, die niemals zerbricht."<br />

Für diese Hochzeit braucht ihr natürlich einen, <strong>der</strong> im Besitz dieser inneren<br />

Verbindung o<strong>der</strong> Vollendung ist. Nennt ihn, wie ihr wollt: ihr könnt ihn Priester o<strong>der</strong><br />

Meister o<strong>der</strong> sonstwie nennen. Wir nehmen an, er hat Gott erkannt. In allen Kirchen<br />

nehmen die Priester dieses Amt ein. Sie sollten sich mit Gott verbinden und auch<br />

an<strong>der</strong>en helfen, mit Gott eins zu werden.<br />

Nun, lebt ein reines Leben mit rechter Führung. Sitzt zu den Füßen von einem, <strong>der</strong><br />

Gott erkannt hat. Was wird er tun? Wenn er Gott erkannt hat, wird er natürlich<br />

wissen, was <strong>der</strong> Seele hilft, sich mit Gott zu vereinen und was ihr dabei im Weg steht.<br />

Er wird euch sagen, wie ihr die äußere Aufmerksamkeit, den Ausdruck <strong>der</strong> Seele, die<br />

sich gegenwärtig <strong>der</strong> Welt zuwendet, von außen zurückziehen und euch über das<br />

Körperbewußtsein erheben könnt, um mit Gott, <strong>der</strong> bereits dort ist, in Verbindung zu<br />

kommen. Eine solche Seele wird belebt, könnte man sagen, die an<strong>der</strong>en Seelen sind<br />

tot. (<strong>Die</strong> Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Seele, die in <strong>der</strong> Welt zerstreut ist, identifiziert sich so<br />

sehr damit, daß sie selbst zur Materie wird.) Sie sind im Sinne des Bewußtseins<br />

gestorben, sie denken ständig an die Materie und die äußeren Dinge und erkennen<br />

nichts, was darüber hinausgeht. Guru Nanak sagte: "O Nanak, nur ein Erwachter lebt,<br />

einer, <strong>der</strong> sich Gottes bewußt ist", - so wie ich euch sehe und ihr mich seht. Nur ein<br />

solcher Mensch lebt, alle an<strong>der</strong>en sind tot. Das ist es auch, was Christus meinte, wenn<br />

er sagte: "<strong>Die</strong> Seele stirbt." <strong>Die</strong> Seele stirbt nicht; das ist die dahinterliegende<br />

Bedeutung.<br />

Der erste Schritt ist, im Äußeren rechtschaffen zu sein: führt ein keusches Leben,<br />

seid wahrhaftig und liebt alle - dient und opfert zum Wohle an<strong>der</strong>er. Der erste Schritt<br />

ist getan, wenn ihr ein solches Leben führt und zu den Füßen von einem sitzt, <strong>der</strong> den<br />

Weg kennt - <strong>der</strong> Gott kennt, eins mit Ihm ist und dessen Seele sozusagen mit Gott<br />

verheiratet ist. Ich glaube, ihr erinnert euch, daß in euren biblischen Schriften ein<br />

Heiliger sagte: "Christus hat mir einen Ring gegeben." Das ist <strong>der</strong> Anfangsschritt - die<br />

Hochzeit <strong>der</strong> Seele mit Gott. Sie wurden sich dessen bewußt und glaubten, ihre Seele<br />

153


sei nun mit Gott vermählt. Wenn ihr diesen Schritt getan habt, denkt daran, daß das<br />

<strong>der</strong> erste Schritt ist: ihr seid mit Gott vermählt, eure Seele ist vermählt.<br />

Der zweite Schritt besteht in dem, was er euch gibt. Er gibt euch eine Verbindung<br />

mit <strong>der</strong> Gotteskraft im Inneren, die man das Wort nennt. Der äußere Ausdruck des<br />

Wortes hat zwei Aspekte - Licht und Ton. Er gibt euch eine Verbindung damit. Das<br />

Ergebnis ist, daß ihr täglich immer mehr Glück und Bezauberung in euch selbst<br />

erfahrt. Natürlich seid ihr dann im Inneren mehr und im Äußeren immer weniger<br />

gebunden, und das bewirkt, daß <strong>der</strong> Ton wi<strong>der</strong>zuhallen und ihr zu hören beginnt. Er<br />

erklingt bereits jetzt, aber wir sind noch nicht mit ihm verbunden. Wenn euch eine<br />

Verbindung mit diesem Licht- und Tonprinzip gegeben wird, beginnt ihr den Ton<br />

vierundzwanzig Stunden am Tag zu hören, ohne die Ohren zu schließen. <strong>Die</strong> Folge<br />

<strong>der</strong> Verbindung mit dem ewigen Ton o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sphärenmusik ist, daß ihr an die<br />

höhere Glückseligkeit mehr als an das Äußere gebunden seid. Dann seid ihr zwar in<br />

<strong>der</strong> Welt, aber nicht mehr von ihr. Das ist das erste Ergebnis. <strong>Die</strong> Leidenschaften<br />

suchen euch nicht mehr heim, weil ihr innen eine größere Glückseligkeit empfindet;<br />

eure Aufmerksamkeit wird immer von dieser höheren Kraft in euch angezogen. Ihr<br />

spürt, daß ihr in <strong>der</strong> Welt, aber nicht von <strong>der</strong> Welt seid. Wie Kälte verschwindet, wenn<br />

ihr an einem Feuer sitzt, und wie alle Wärme vergeht, wenn ihr bei einem Eisblock<br />

sitzt, genauso werdet ihr euch, je mehr ihr mit dem Licht- und Tonprinzip in<br />

Verbindung kommt, von <strong>der</strong> Welt loslösen, und alle Leidenschaften werden<br />

anfangen, euch zu verlassen. Wenn ihr dies in eurem Leben verwirklicht - daß ihr in<br />

<strong>der</strong> Welt und nicht mehr von ihr seid - geht ihr den zweiten Schritt zur Einswerdung<br />

<strong>der</strong> Seele mit Gott.<br />

Was geschieht weiter? Ihr beginnt Ihn in diesem Tempel Gottes, dem menschlichen<br />

Körper, zu schauen. Ihr seht, daß das Licht in euch ist, und hört auch die Musik <strong>der</strong><br />

Sphären. Dann, wenn sich das entwickelt, seht ihr, daß die ganze Schöpfung ein<br />

Tempel Gottes ist. Wohin immer ihr auch blickt - Er ist da, und es gibt keinen Ort, an<br />

dem Er nicht ist. <strong>Die</strong> innere Schau öffnet sich. Wenn ihr Gott in euch und überall um<br />

euch herum seht, fühlt ihr manchmal, wie ihr euch selbst vergeßt. Wenn diese<br />

Verwirklichung kommt, habt ihr den dritten Schritt zur Vereinigung <strong>der</strong> Seele mit<br />

Gott getan.<br />

Und was kommt zuletzt? Ihr werdet eins mit Gott. Ihr verliert alles persönliche<br />

Bewußtsein, wie ein Wassertropfen, <strong>der</strong> wenn er sich mit dem Fluß o<strong>der</strong> dem Meer<br />

vermengt, eins mit ihm wird. Guru Ramdas fragte: "Wie würdet ihr einen Menschen<br />

nennen, <strong>der</strong> eins mit Gott geworden ist?" und antwortete: "Sage ihm, daß er und Gott<br />

<strong>der</strong>selbe sind; das ist alles, was man sagen kann." Das ist die letzte Erfüllung <strong>der</strong> Ehe<br />

<strong>der</strong> Seele mit Gott: ihr werdet eins mit Ihm; ihr seht, Er ist in euch und ihr seid in<br />

Ihm; "Ich und mein Vater sind eins." Das ist die höchste Empfindung. Empfindung?<br />

Nein, Sehen. Es ist nicht einmal Sehen - das Sehen bleibt auf <strong>der</strong> dritten Stufe zurück.<br />

Zuletzt werdet ihr eins mit Ihm. Es ist ein Werden.<br />

<strong>Die</strong>se vierte Stufe ist das letzte Ziel. Doch jene, die es erreichen, erfahren immer<br />

noch eine gewisse Dualität. Shankara sagte: "O Gott, ich weiß, es gibt keinen<br />

Unterschied zwischen Dir und mir - doch ich bin Dein, Du aber bist nicht mein; weil<br />

eine Welle zwar Teil des Meeres sein kann, jedoch das Meer niemals Teil <strong>der</strong> Welle."<br />

Zuerst verlieren solche, die eins mit Ihm werden, alle "Ichheit" und werden zum<br />

bewußten Mitarbeiter am göttlichen Plan; dann werden sie eins, sie erheben sich in<br />

Ihn. Das ist die letzte Erfüllung <strong>der</strong> Ehe mit Gott: das Einssein mit Ihm.<br />

Das ist die höhere Form <strong>der</strong> Religion in jedem von uns, und dafür sind wir<br />

verschiedenen Glaubensrichtungen o<strong>der</strong> Religionen beigetreten. Sie waren jenen, die<br />

diese Stufe erreicht haben, ein hilfreicher Faktor. In den heiligen Schriften <strong>der</strong> Sikhs<br />

werden diese vier Stufen Schritt für Schritt erklärt. Normalerweise beschreibt ein<br />

154


Lehrer den ersten Schritt, und alle Religionen geben einen gewissen Hinweis darauf.<br />

Was sagen sie? "Gott hat euch vereint, laßt Gott euch scheiden." Wenn ihr für<br />

dasselbe Ziel zusammen seid, werdet ihr selbst nach Verlassen des Körpers<br />

zusammen leben. Ihr geht denselben Weg.<br />

Das sind die Schritte, die wir einen nach dem an<strong>der</strong>en tun müssen, um die letzte<br />

Einheit mit Gott, die wahre Hochzeit <strong>der</strong> Seele mit Ihm, zu erreichen. In den<br />

Sikh-Schriften werden beide Aspekte erwähnt: zuerst das äußere Ideal; und dann -<br />

weil das nicht das Ein und Alles ist - das weitere Ideal <strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> Seele mit<br />

Gott.<br />

<strong>Die</strong> in einem menschlichen Pol wirkende Gnade Gottes - es ist nur Seine Gnade -<br />

hilft Schritt für Schritt, um Ihn zu erreichen. Wenn ihr solch einen Meister findet, in<br />

dem Gott offenbart ist, wird euch dieser offenbarte Gott helfen, den Weg nach und<br />

nach aufzunehmen. Zuerst werdet ihr zu einem normalen, rechtschaffenen<br />

Menschen. Ihr sitzt zu den Füßen des Meisters und folgt seinen Anweisungen, ihr<br />

liebt ihn. Wenn ihr jemanden liebt, liebt ihr auch seine Gebote. Von ihm erhaltet ihr<br />

das Brot des Lebens und das Wasser des Lebens: Ihr werdet spirituell stark. Das ist<br />

<strong>der</strong> erste Schritt, den ihr gehen müßt.<br />

Der zweite Schritt ist, wenn ihr durch das Licht- und Tonprinzip Gottes trunken<br />

werdet. Ihr seid dann in <strong>der</strong> Welt und doch außerhalb von ihr. Nichts kann euch mehr<br />

verunreinigen. Beim nächsten Schritt werdet ihr, was immer ihr innen seht, überall<br />

auch außen wahrzunehmen beginnen: die ganze Welt, das Universum, ist ein Tempel<br />

Gottes.<br />

Beim letzten Schritt werdet ihr zuerst ein bewußter Mitarbeiter. Ihr seht: "Ich und<br />

mein Vater sind eins." Dennoch taucht man manchmal in das Meer ein und wird eins,<br />

und dann fühlt man wie<strong>der</strong>: "Ich und mein Vater sind eins." <strong>Die</strong> Meister haben etwas<br />

als das letzte Ziel ausgegeben - das ist, unsere Seelen mit Gott zu vereinen. Das ist die<br />

wahre, höhere Form <strong>der</strong> Ehe. Wenn diese zwei Seelen nun zusammenkommen und<br />

ihre Seelen sind mit Gott vermählt, dann sind sie eins; man kann sie nicht mehr<br />

trennen.<br />

Das haben fast alle Meister gesagt. Liebe, die von Ort zu Ort wan<strong>der</strong>t, ist keine<br />

Liebe. Was ist das für eine Liebe, die sich wandelt, die heute hier ist und morgen dort?<br />

Christus sagte: "Denn wer seinen Bru<strong>der</strong> nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott<br />

lieben, den er nicht sieht?" Das ist eine Form <strong>der</strong> äußeren Ehe und ein Symbol für die<br />

höhere Hochzeit, die ihr zu gegebener Zeit vollziehen müßt. Gesegnet ist, wer den<br />

menschlichen Körper angenommen und dessen Seele sich für immer mit Gott vereint<br />

hat: er ist eins mit Gott.<br />

Das ist mit dem Ziel gemeint. Gott hat euch zusammengeführt. Fahrt fort und geht<br />

weiter durch Freud und Leid, um einan<strong>der</strong> zu helfen, mit <strong>der</strong> Gotterkenntnis als dem<br />

letzten Ziel. Wenn ihr Kin<strong>der</strong> habt, versorgt sie und macht euer Leben zum Beispiel,<br />

damit sie es euch gleichtun.<br />

Seit ich hierherkam, hatte ich Gelegenheit, drei Hochzeiten zu erleben. Doch auch<br />

alle an<strong>der</strong>en - hört mich an! Öffnet eure Ohren, um zu sehen! Anstatt hier, dort und<br />

überallhin zu laufen, seid entwe<strong>der</strong> vollkommen rein, o<strong>der</strong> wenn nicht, dann heiratet;<br />

es wäre besser. Das ist das letzte, was ich euch noch raten möchte. Heiraten bedeutet<br />

keineswegs, ein ständig den Sinnen unterworfenes Leben zu führen. Helft einan<strong>der</strong>.<br />

Doch hierhin, dorthin und überallhin zu rennen, ist kein gutes Beispiel. Entwe<strong>der</strong><br />

bleibt hun<strong>der</strong>tprozentig keusch: gut - ich werde eure Füße waschen - o<strong>der</strong> wenn ihr<br />

das nicht vermögt, dann heiratet. Das wird euch auf eurem Weg zurück zu Gott<br />

helfen. Christus sagte: "Ihr Männer, liebet eure Frauen, gleichwie auch Christus<br />

geliebt hat die Gemeinde." Das ist das höchste Ideal vor uns, selbst als Verheiratete.<br />

155


In den alten Tagen, zur Zeit <strong>der</strong> Rishis, gab es drei Grade <strong>der</strong> Keuschheit. Der<br />

niedrigste o<strong>der</strong> dritte Grad war <strong>der</strong> von 12 Jahren. Der zweite Grad war <strong>der</strong> von 24<br />

Jahren völligen Zölibats, und <strong>der</strong> höchste Grad war <strong>der</strong> von 48 Jahren. Nun seht<br />

einmal euch selbst an. Das ist die Kraft, die Körper, Gemüt und Seele erschafft. Wir<br />

wissen diese höchst bedeutsame Sache nicht zu schätzen. Wir bauen unsere Häuser<br />

auf Sand. Sie ist etwas sehr Wertvolles: sie ist nicht dafür da, um für eine sinnliche<br />

Lebensweise verschwendet zu werden. Sie gibt eurem Körper, eurem Gemüt und<br />

eurer Seele Kraft - ein sehr hilfreicher Faktor.<br />

<strong>Die</strong> Ehe ist eine sehr edle Einrichtung. Ihr werdet feststellen, daß viele Meister<br />

verheiratet waren. Sie hatten ein o<strong>der</strong> zwei Kin<strong>der</strong>, nicht mehr. Wenn sie die<br />

Meisterschaft antraten, hörten sie damit ganz auf. Das ist eine sehr wertvolle Sache.<br />

Das Schlimme ist, daß diese Dinge nicht gelehrt werden. Wir meinen, das ist unter<br />

unserer Würde. Aber das wird meiner Ansicht nach wirklich die Lebenskraft <strong>der</strong><br />

kommenden Generation untergraben. Wir sollten aufwachen: es ist an <strong>der</strong> Zeit. Ich<br />

for<strong>der</strong>e die Menschen, die hierher kommen, auf, keusch zu sein und ein sehr<br />

rechtschaffenes Leben zu führen. Wenn sie verheiratet sind, sollten sie ihre Ehe im<br />

wahren Geiste führen und einan<strong>der</strong> helfen, Gott zu erkennen; das ist genug.<br />

Zu diesem Zweck pflegen sie den Umgang mit solchen, die in dieser Hinsicht<br />

erfolgreich waren. Sie können die rechte Führung geben und euch auf dem Weg<br />

helfen. Und worin besteht diese Hilfe? Zuerst aus dem Einschärfen <strong>der</strong><br />

rechtschaffenen Lebensweise im Äußeren und dem Gewähren <strong>der</strong> inneren, höheren<br />

Verbindung und dann in ihrer Entwicklung. Zuerst werden wir sehen und<br />

herausfinden, daß <strong>der</strong> Körper <strong>der</strong> Tempel Gottes ist. Dann wird diese Verbindung<br />

weiter entwickelt, und wir werden mit offenen Augen sehen, daß das ganze<br />

Universum ein Tempel Gottes ist. In dieser Trunkenheit werden wir uns manchmal<br />

selbst vergessen. So ist das eine Sache des Sehens - nicht nur des Sehens, son<strong>der</strong>n des<br />

Werdens. Das letzte Ziel <strong>der</strong> Seele ist Gott.<br />

<strong>Die</strong> Meister haben diese Lehren bekanntgegeben, doch wir wie<strong>der</strong>holen sie bloß und<br />

suchen nicht ihre wahren Bedeutung zu verstehen. Das hier sind lediglich<br />

Zeremonien, die ausgeführt werden, und gewöhnlich werden sie sehr leichtfertig<br />

abgetan; aber sie sind etwas sehr Ernstes und haben eine tiefe Bedeutung.<br />

Von Zeit zu Zeit habe ich die Essenz dessen, was ich verstandesmäßig und spirituell<br />

gelernt habe, mit wenigen Worten vor euch dargelegt. Strengt euch an, danach zu<br />

leben. <strong>Die</strong> Wahrheit ist höher als alles an<strong>der</strong>e, doch die wahre Lebensweise steht noch<br />

über <strong>der</strong> Wahrheit. Wenn ihr ein sehr reines Leben führt und rechtschaffen handelt,<br />

werdet ihr im Besitz <strong>der</strong> Wahrheit sein; das wird auch mir gefallen und das Lob aller,<br />

die euch sehen, verdienen. Sie werden euch und eure Gemeinschaft rühmen und den<br />

preisen, zu dessen Füßen ihr sitzt. Wenn ihr nicht danach lebt, werdet ihr geradezu<br />

den guten Namen <strong>der</strong> Geistesschule beschmutzen und auch den Namen des Meisters,<br />

zu dessen Füßen ihr sitzt.<br />

<br />

156


HOCHZEIT ZU FÜSSEN DES MEISTERS<br />

Mit <strong>der</strong> Hochzeitsansprache des Meisters<br />

Während <strong>der</strong> Feierlichkeiten zum 75. Geburtstag des Meisters (1969) sprach mich<br />

mein Freund und älterer spiritueller Bru<strong>der</strong> Hasmukh Vyar aus Ahmedabad an:<br />

"Arran Ji, möchtest du ein indisches Mädchen aus guter Familie heiraten? Sie ist eine<br />

Schülerin des Meisters und unterrichtet in einem Mädchengymnasium in<br />

Moradabad."<br />

Das war eine Überraschung! "Ja, ich weiß nicht - wie immer <strong>der</strong> Meister möchte -<br />

aber sie muß ihm ergeben sein." - "O ja", antwortete Hasmukh, "sie ist sehr begabt,<br />

ein nettes Mädchen mit Universitätsstudium." So verlief unsere Unterhaltung.<br />

Wir sollten uns zusammen mit Taiji und an<strong>der</strong>en Familienmitglie<strong>der</strong>n zum<br />

Abendessen auf <strong>der</strong> Veranda des Meisters treffen. Taiji bereitete ein köstliches Essen<br />

für alle, während Ratan Mala und ich uns am Tisch gegenüber saßen, verlegen auf<br />

unsere Teller schauten und ein paar vorsichtige <strong>Fragen</strong> stellten. Doch beide<br />

unterwarfen wir uns irgendwie dem Willen Gottes und waren erfüllt davon. Sie kehrte<br />

mit ihrer Familie nach Moradabad heim; ich blieb im Sawan Ashram. Nach ein paar<br />

Tagen ereignete sich gleichzeitig bei uns beiden etwas, und obwohl wir durch hun<strong>der</strong>t<br />

Meilen getrennt waren, beschlossen wir, uns miteinan<strong>der</strong> zu verbinden, "bis daß <strong>der</strong><br />

Tod uns scheide." Ich befragte den Meister in dieser Angelegenheit und versuchte<br />

seinen Wunsch diesbezüglich herauszufinden. Er ermutigte mich, indem er sagte: "Es<br />

ist Gott, <strong>der</strong> Dir solche Gedanken eingibt." Er ließ Taiji die Einzelheiten in die Hand<br />

nehmen. Wir erhielten viel Unterstützung von Khuku, die Ratan Mala unter ihre<br />

Fittiche nahm. Taiji versah sie mit einer kleinen, aber schönen Mitgift. Brij Mohan<br />

aus Dera Dhun schenkte ihr einen goldenen Armreif. Der Meister gab mir eines seiner<br />

Jacketts, um es während <strong>der</strong> Feierlichkeiten zu tragen. Er spielte die Rolle meines -<br />

unseres Vaters.<br />

Wir wurden am Abend des 3. März in <strong>der</strong> Gegenwart des Meisters verlobt und am<br />

nächsten Morgen, auf meinen Wunsch gemäß den Sikh-Riten, getraut. Der Meister<br />

überhäufte uns mit süßem Parshad und heftete eine Blumengirlande an meinen<br />

Turban. Am Abend vor <strong>der</strong> Hochzeit sandte er verschiedene himmlische Zeichen als<br />

spirituelle Bestätigung; denn die Ehe ist wie eine Schule, man soll nicht leichtfertig in<br />

sie eintreten o<strong>der</strong> sie halb vollziehen.<br />

Am 4. März 1969, dem Tag des indischen Holi-Festes, war die Trauung. <strong>Die</strong> schönen<br />

Hymnen des Granth Sahib wurden gelesen und von mehreren hun<strong>der</strong>t Ergebenen in<br />

hinreißendem Chor gesungen, von dem lieben Hari Singh auf <strong>der</strong> Trommel begleitet.<br />

<strong>Die</strong> Luft war schwer wie Wein; <strong>der</strong> Meister saß in <strong>der</strong> Nähe des Granth Sahib und des<br />

"gyani" (Priesters), <strong>der</strong> wichtige Ausschnitte über den Ehestand vorlas. Zum Schluß<br />

umschritten wir langsam viermal den Granth und verneigten uns jedesmal vor dem<br />

lebenden Guru. Beim letzten Mal überschütteten uns alle Anwesenden mit duftenden<br />

Blüten. Anschließend sprach <strong>der</strong> Meister längere Zeit auf Hindi, dann auf Englisch<br />

wie folgt:<br />

<strong>Die</strong> Hochzeitsansprache des Meisters<br />

Ja, was bedeutet nun Ehe? Ehe bedeutet, für unseren irdischen Aufenthalts in guten<br />

wie in schlechten Tagen einen Lebensgefährten zu erwählen. Beide sollten Gott<br />

finden, unser eigentliches Ziel. Zunächst sollten wir sehr friedvoll, auf liebevolle Art<br />

157


miteinan<strong>der</strong> leben, weil Gott und nicht irgendeine irdische Macht uns verbunden hat.<br />

Es ist die unsichtbare Hand Gottes, die den einen mit dem an<strong>der</strong>en verbindet. Das<br />

Mädchen ist irgendwo geboren, <strong>der</strong> Mann kam irgendwo im Westen zur Welt; und die<br />

unsichtbare Hand Gottes hat die sie zusammengebracht, wie es nun geschah. Und wie<br />

ich sagte, als eine Auswirkung <strong>der</strong> Vergangenheit. Ich erwähnte euch gegenüber, daß<br />

<strong>der</strong> Urgroßvater von Arran Stephens im frühen neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t irgendwo<br />

im Punjab Gouverneur war. So hat diese Auswirkung <strong>der</strong> Vergangenheit sie nun hier<br />

zusammengebracht. <strong>Die</strong>s kam also auf euch zu. Es ist eine Auswirkung <strong>der</strong><br />

Vergangenheit. Es ist die unsichtbare Hand Gottes, die sie miteinan<strong>der</strong> verbunden<br />

hat. Was Gott verbunden hat, sollte keine irdische Macht mehr trennen. Nur Gott<br />

sollte euch trennen, nicht wahr?<br />

So sollte man zuerst einen Gefährten im Leben haben und als eine Seele in zwei<br />

Körpern wirken - um auf <strong>der</strong> irdischen Reise ein glückliches Leben zu führen. Wenn<br />

ihr irgendein Fehler begeht: 'Vergib mir! “ - das ist alles. Vergebung wäscht alles weg.<br />

Wenn ihr irgend etwas beschlossen habt, nun gut; dann macht es so - dann gibt es<br />

keine Zwietracht. Kommt irgend etwas von oben auf euch zu, nun gut, dann ist es<br />

Sein Wille; ihr unterwerft euch. Das sind drei Dinge, die euch helfen, das irdische<br />

Leben glücklich weiterzuführen. Und es gibt zwei o<strong>der</strong> drei weitere Dinge, denen wir<br />

uns anzupassen haben. Das heißt, wir sollten demütig sein. 'Selig sind, die reinen<br />

Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.' Demut ist das erste. Wie können wir<br />

Gott finden? 'Als erstes Demut, als zweites Demut, als drittes Demut.' Wir sollten alle<br />

Tugenden in uns haben; wir müssen ein Leben <strong>der</strong> Rechtschaffenheit führen.<br />

Rechtschaffenheit bedeutet gute Gedanken, gute Worte, gute Taten. Um <strong>der</strong><br />

Rechtschaffenheit willen sollten wir ein reines Leben führen, versteht ihr?<br />

<strong>Die</strong>s sind die erfor<strong>der</strong>lichen Dinge, seht ihr? Eine freundliche Rede voller Demut ist,<br />

das glaube ich sagen zu können, ein Heilmittel für alles Übel im Leben. Das ist <strong>der</strong><br />

erste Teil des Lebens - wie aber kann dieses Leben gefestigt sein, wenn ihr nicht<br />

Nahrung für eure Seele bekommt? Ihr habt Nahrung für euren Körper bekommen,<br />

und seid physisch stark geworden. Ihr habt euren Verstand genährt und seid geistig<br />

stark geworden; welche Nahrung aber habt ihr eurer Seele gegeben? <strong>Die</strong> Seele ist eine<br />

bewußte Wesenheit; ihr Brot des Lebens liegt in <strong>der</strong> Verbindung mit dem<br />

Allbewußtsein, und zu diesem Zweck müssen wir einen finden, einen Menschensohn,<br />

in dem sich Gott offenbart - 'das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.' Er wird<br />

euch eine Verbindung mit <strong>der</strong> sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft geben. Alle<br />

Meister sagen, daß ihr in eurem irdischen Leben Gott lieben sollt. Aber wir sagen, daß<br />

wir Gott nicht kennen, Gott nicht gesehen haben - wie können wir Ihn lieben? Zu<br />

diesem Zweck müssen wir ihr einen finden, <strong>der</strong> uns gleicht - auf unsere Weise<br />

geboren, auf gleiche Art - in dem sich Gott offenbart. So müßt ihr dem im Menschen<br />

offenbarten Gott begegnen - was wollt ihr tun? Er wird zunächst eine Sache<br />

klarstellen. Warum seid ihr in die Welt gekommen? Seitdem wir die Heimat unseres<br />

Vaters verlassen haben, ist es das Verlangen nach <strong>der</strong> Welt, das uns immer wie<strong>der</strong><br />

hierher gezogen hat, bis wir den menschlichen Körper erlangt haben, in dem wir nun<br />

wie<strong>der</strong> in die Heimat unseres Vaters zurückkehren können. Darum sagt Er: „Denkt<br />

nun liebevoll an Gott.“ <strong>Die</strong> Welt ist so sehr in unserem Herzen, in dem unbewußten<br />

Reservoir unseres Gemüts, daß wir von den Dingen <strong>der</strong> Welt träumen und selbst im<br />

tiefen Schlaf davon sprechen. Er sagt, seid erfüllt von liebevollem Denken an Gott.<br />

Macht euer Gemüt von den weltlichen Gedanken leer und seid so sehr erfüllt vom<br />

liebevollen Denken an Gott, daß es davon überfließt - das ist <strong>der</strong> erste Schritt.<br />

Zweitens, an wen ihr denkt, mit dem werdet ihr in Verbindung kommen. Es wurde so<br />

viel von den Meistern gesagt, um diese Kraft, die Eine ist, die in jedem Herzen wohnt,<br />

überall erstrahlt und die kontrollierende Kraft in euch ist und euch im Körper<br />

158


überwacht, zu benennen. Euer Körper - er ist ein ganz wun<strong>der</strong>bares Haus, in dem wir<br />

leben - hat so viele Öffnungen: zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher, den Mund<br />

und zwei unterhalb -, trotzdem können wir nicht aus ihm herauskommen. Unser<br />

Atem geht weiter, eine Kraft stößt ihn wie<strong>der</strong> in den Körper zurück. Und diese<br />

kontrollierende Kraft hält sich tatsächlich in diesem menschlichen Körper auf, in dem<br />

wir ebenfalls wohnen. Wir müssen die Kraft erkennen, die sich zum Ausdruck<br />

bringende Gotteskraft, die als Wort o<strong>der</strong> Naam bezeichnet wird. Nur das fleischgewordene<br />

Wort kann euch mit dem Wort im Innern verbinden.<br />

Wenn ihr Ihn mit eurem inneren Auge, dem dritten Auge o<strong>der</strong> dem Einzelauge,<br />

seht, werdet ihr die Musik <strong>der</strong> Sphären hören, die in <strong>der</strong> ganzen Schöpfung erklingt.<br />

<strong>Die</strong>s ist das Brot des Lebens - je mehr ihr damit in Verbindung kommt, desto mehr<br />

wird die Liebe zu Gott in euch überfließen. Nun, was werdet ihr nach alledem tun?<br />

Wohin werdet ihr gehen? Ihr werdet nur zu dem gehen, für den ihr diese Liebe<br />

empfindet. Bis jetzt sind wir immer wie<strong>der</strong> in die Welt zurückgekommen, weil wir die<br />

Welt lieben, versteht ihr? Aus dem Grund gibt euch <strong>der</strong> Gottmensch zuerst eine<br />

Anweisung für die rechte Lebensführung, die Art und Weise zu leben, wie wir uns zu<br />

verhalten haben - wie bereits beschrieben; und das an<strong>der</strong>e ist, mit Ihm in Verbindung<br />

zu kommen. Wenn ihr diese Wonne empfindet, wird diese Liebe natürlich in eurem<br />

Leben überfließen. Wenn ihr diesen Zustand erreicht, bei dem ihr euch mit jedem<br />

Wort an Ihn erinnert, werdet ihr voller Freude und innerer Seligkeit sein. Wenn ihr<br />

zum Beispiel eine sehr süße Mangofrucht gegessen habt, werdet ihr euch später nur<br />

bei dem Namen Mango wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Süße erinnern, weil ihr sie gekostet habt. Wenn<br />

euch <strong>der</strong> Gottmensch eine Verbindung mit <strong>der</strong> Süße dieses Lebenselixiers gegeben<br />

hat, mit dem unschätzbaren Juwel in jedem von uns, dann werdet ihr natürlich, wenn<br />

ihr „Gott, o Gott! “ ausruft, diese Süße in euch empfinden. Wenn ihr dieses Stadium<br />

erreicht, ist das die erste Stufe euerer Verbindung mit Gott, die in diesem Leben von<br />

Dauer ist, wißt ihr? <strong>Die</strong> zweite Stufe wird erreicht, wenn ihr das Tonprinzip, die<br />

Musik <strong>der</strong> Sphären, die ganzen vierundzwanzig Stunden des Tages vernehmt, ohne<br />

die Ohren zu verschließen. Ihr werdet im Innern sehen, denn ihr habt dieses innere<br />

Licht mit <strong>der</strong> Gnade des Meisters entwickelt. Wenn ihr euch weiterentwickelt, werdet<br />

ihr beginnen, das Licht auch im Äußeren zu sehen. <strong>Die</strong> zweite Stufe wird dann durch<br />

eure, ihr könnt sagen, Ehe mit Gott erlangt, durch die Ehe eurer Seele mit Gott. <strong>Die</strong><br />

dritte Stufe wird erreicht, wenn ihr Ihn innen und außen seht, überall - die ganze Welt<br />

ist dann Sein Ausdruck. Ihr werdet in Verzückung geraten, wenn ihr die Welt nur<br />

erblickt! Dann werdet ihr, während ihr in <strong>der</strong> Welt seid, spüren, daß euch die äußeren<br />

Dinge nicht mehr anziehen, ihr werdet losgelöst sein. Dann wird eine Zeit kommen,<br />

wo ihr Tugenden und Übles und alles an<strong>der</strong>e seht und unberührt bleibt. Wenn ihr<br />

diesen Zustand erreicht, habt ihr die dritte Stufe eurer Verbindung mit Gott<br />

entwickelt. Zuletzt, wenn ihr euch hinsetzt - dann seht ihr ihn innen, außen, überall.<br />

Ihr werdet dieselbe Melodie durch die ganze Schöpfung hindurch erklingen hören,<br />

die Musik <strong>der</strong> Sphären, und ihr werdet euch manchmal in Ihm verlieren, ihr werdet<br />

euch selbst vergessen, das ganze Ego wird vergehen; dies ist dann die<br />

immerwährende Ehe <strong>der</strong> Seele mit Gott.<br />

Das ist mit den vier Umrundungen [des Granth Sahib] gemeint. So ist also die erste,<br />

zweite, dritte und vierte Stufe. Genau gesagt, wird damit die Ehe <strong>der</strong> Seele mit Gott<br />

verwirklicht, versteht ihr? <strong>Die</strong>s ist ein Ritual bei den Sikhs. Es nahm bei Guru Ram<br />

Das unter <strong>der</strong> Anweisung von Guru Amardas im Jahre 1637 seinen Anfang, und jetzt<br />

ist es Brauch. Ihr werdet finden, daß die erste Stufe alles enthält; aber um das wahre<br />

Leben zu festigen, muß man das Brot des Lebens kosten. Wenn ihr dann die Süße<br />

durch das Hören des Namens empfindet und in Verzückung geratet, habt ihr nur die<br />

erste Stufe vollendet. Bei <strong>der</strong> zweiten hört ihr die Sphärenmusik, ohne die Ohren zu<br />

159


verschließen. Wenn ihr das Licht innen und außen seht, habt ihr die zweite Stufe<br />

bewältigt. Wenn ihr in diesem Stadium seid, ihr in <strong>der</strong> Welt lebt, aber ganz losgelöst<br />

von ihr seid, habt ihr die dritte Stufe erreicht. Danach werdet ihr beginnen, euch<br />

selbst ganz in Gott zu vertiefen. Das ist mit diesem Ritual gemeint, das vor allen<br />

Anwesenden gerade vollzogen wurde. Was bedeutet Ehe? Es ist das Verbinden zweier<br />

Seelen in diesem irdischen Leben. Sie sollten einan<strong>der</strong> in guten und schlechten Tagen<br />

helfen, und beide sollten sich bemühen, Gott zu erreichen. Seid sowohl euch selbst als<br />

auch an<strong>der</strong>en nützlich, da Gott jedem Herzen wohnt.<br />

Das Wichtigste ist nun, das, was Gott verbunden hat, durch keine irdische Macht<br />

mehr zu trennen; dies vor allen Dingen. Zweitens sollten sie als eine Seele in zwei<br />

Körpern nach den Weisungen des Meisters wirken. Er schreibt euch auch die Art und<br />

Weise vor, wie ihr hier zu leben habt, aber auch die Art unseres Lebens in einem<br />

höheren Sinn. Unter seiner Führung werdet ihr euch Schritt für Schritt entfalten und<br />

werdet beginnen, euch selbst in Ihm zu verlieren; ihr werdet alles vergessen - das<br />

ganze Ego ist dann verschwunden. Das hat uns Mira Bai gesagt: "Nun habe ich die<br />

ewige Ehe mit Gott geschlossen.“ <strong>Die</strong>s ist also das höchste Ziel im Leben eines<br />

Menschen.<br />

Und insbeson<strong>der</strong>e an unseren Brü<strong>der</strong>n im Westen gewandt: Wißt ihr, was dies alles<br />

zu bedeuten hat, was ihr getan habt? Das beschreibt uns nur einen Lebensweg, wie er<br />

zu erfüllen, wie er zu verwirklichen ist, um ein glückliches Leben hier und auch<br />

danach zu erlangen. Dabei soll euch aller Segen begleiten. Sie haben die erste, die<br />

zweite, die dritte Umrundung vollzogen und zuletzt, wenn sie die höchste Stufe<br />

erreichen, werfen wir Blumen - „Ihr habt nun ein erfolgreiches Leben geführt.“ <strong>Die</strong><br />

Blumen werden nur geworfen, wenn sie die letzte Stufe erreicht haben - das<br />

Blumenwerfen bedeutet, daß ihr ein gutes Paar seid und das letzte Ziel des Lebens<br />

erreicht habt. Und dies liegt vor euch, ihr seid beide meine Kin<strong>der</strong>; ich wünsche euch<br />

ein glückliches Leben, hier und danach.<br />

Das hier ist kein Glaubenswechsel. Wir haben diese Sikh-Rituale nur auf<br />

ausdrücklichen Wunsch von Herrn Arran durchgeführt. Das ist nur <strong>der</strong> äußere<br />

Brauch einer Gemeinschaft, und ich habe nur erklärt, worin eure Pflichten bestehen.<br />

Ich denke, das bezieht sich auf das Wesentliche im Osten und im Westen. Ich danke<br />

euch.<br />

Sat Sandesh deutsch: Heft 3, 1976; englisch: May, 1970<br />

<br />

LEBT WOHL<br />

<strong>Die</strong> letzte Ansprache des Meisters in Amerika auf seiner zweiten Weltreise<br />

am 29. Januar 1964<br />

Vielleicht weiß je<strong>der</strong> von euch, daß die Sprache <strong>der</strong> Liebe keine Worte hat. <strong>Die</strong><br />

Empfindungen des Herzens können nicht mit Worten zum Ausdruck gebracht<br />

werden. Worte haben nicht die Kraft, die Gefühle des Herzens auszudrücken. Das<br />

einzige, was ich euch sagen kann, ist, da Gott mich liebt, empfinde ich durch meinen<br />

Meister dieselbe Liebe für euch. Ich wünsche euch Fortschritt. Das ist unser höchstes<br />

Ziel - das gilt für jeden von uns. Lebt ganz liebevoll und friedfertig. Wo Liebe ist, da<br />

gibt es kein Gesetz, keine Zwietracht und keine Disharmonie. Ich werde mich freuen,<br />

160


von euch in regelmäßigen Abständen über euren spirituellen Fortschritt zu hören.<br />

Und ich werde noch glücklicher sein, wenn die Ausstrahlung von euch allen, die zu<br />

mir getragen wird, von Liebe durchdrungen ist - das ist alles, was ich sagen kann.<br />

Ich bin die ganze Zeit hier sehr glücklich gewesen. Ich fühlte mich ganz zu Hause.<br />

Auch wenn ich nun wie<strong>der</strong> nach Indien gehe, sind doch meine Wünsche bei euch; und<br />

ihr seid alle in meinen Gedanken. Washington ist das Hauptquartier gewesen; hier<br />

habe ich [meine Reise] natürlich begonnen und hier konnte ich mich wie<strong>der</strong> erholen.<br />

Ihr alle sind mir gleichermaßen teuer, und je<strong>der</strong> - wir alle - je<strong>der</strong> von euch - hat sein<br />

Bestes gegeben, nicht als Sache des Sichhervortuns, son<strong>der</strong>n von Herz zu Herz. Ich<br />

habe wirkliche Anerkennung für all das.<br />

Ich wünsche, daß ihr alle mit aller Liebe und Sympathie lebt, zusammenarbeitet<br />

und fortschreitet und mit vereinten Kräften für die gemeinsame Sache Gottes wirkt,<br />

die unser Ziel ist. Ein Beispiel ist besser als eine Vorschrift. Laßt euer Beispiel<br />

an<strong>der</strong>en Führung sein: nicht zu einer neuen Religion, son<strong>der</strong>n zur wahren Religion,<br />

die es bereits gibt - zur Religion über allen Religionen - und das ist die <strong>der</strong> Wahrheit<br />

und Liebe.<br />

Wenn es mir auch physisch nicht möglich ist, im Innersten meines Herzens<br />

umschließe ich euch alle mit einer liebevollen Umarmung - wie ihr seht. Wie ich euch<br />

sagte, gibt es keine Worte - Worten ist nicht die Kraft gegeben, den Empfindungen<br />

des Herzens Ausdruck zu verleihen. Vielleicht könnt ihr durch die Ausstrahlung eine<br />

Ahnung davon haben. Herz spricht also zum Herzen - mehr als Worte zu schil<strong>der</strong>n<br />

vermögen. Auch wenn ich dort [wie<strong>der</strong> in Indien] bin, werdet ihr alle in meinen<br />

Gedanken sein, das ist alles, was ich sagen kann. (Der Meister hält lange, lange inne.)<br />

Ich hoffe, ihr spürt überall die Wärme, je<strong>der</strong> von euch. Und ich wünsche euch von<br />

Tag zu Tag mehr und mehr, das ist alles, was ich euch zu sagen vermag.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 6, 1973; englisch: Heft 8, 1976<br />

<br />

GOTT HAT MEIN HAUS BETRETEN<br />

Ein Darshangespräch, das <strong>der</strong> Meister in englischer Sprache<br />

am 22. März 1970 in seinem Haus in <strong>der</strong> Rajpur-Road, Dehra Dun,<br />

über eine Hymne von Kabir gehalten hat.<br />

Eben wurde eine Hymne von Kabir gesungen, <strong>der</strong> sein Glück würdigt: „Durch die<br />

Gnade Gottes hat das fleischgewordene Wort mein Haus betreten, und ich bin<br />

begünstigt, daß <strong>der</strong> im Menschen offenbarte Gott zu mir gekommen ist. Was soll ich<br />

nun tun? - Er hat mir eine Verbindung mit Gott im Innern gegeben. Mach nun weiter<br />

- kein Augenblick sollte verlorengehen, ohne bei dieser Kraft zu sein. Das Ergebnis ist,<br />

daß ich ruhig und friedvoll in dieser Seligkeit verweile. Das Gemüt hat nun keinen<br />

Platz in mir, um Wellen zu schlagen, es ist ruhig, still und heiter. O Gemüt, mache<br />

weiter mit dem, was du durch die Gnade Gottes bekommen hast, <strong>der</strong> im menschlichen<br />

Körper erschienen ist und dein Haus betreten hat. Seht ihr, so glücklich bin<br />

ich. <strong>Die</strong> Folge davon ist, daß ich jetzt dem Rad des Lebens - Geburt und Tod - ganz<br />

entronnen bin. Ich bin bei Gott zu Hause. Kabir sagt: O Gott, ich danke Dir.“<br />

161


„Der fleischgewordene Gott ist zu mir gekommen und hat mir eine Verbindung mit<br />

Ihm, <strong>der</strong> bereits in mir ist, gegeben. O Gemüt, mache jetzt weiter! Verliere keine Minute<br />

<strong>der</strong> Verbindung mit ihm.“ Das ist es, was uns die Hymne sagt.<br />

Wie viele unter Tausenden, Millionen und Milliarden von Menschen erhalten diese<br />

Verbindung? Sie sind hauptsächlich in äußere Arten <strong>der</strong> Verehrung vertieft - jene<br />

Methoden, die mit Hilfe <strong>der</strong> Hände o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sinne o<strong>der</strong> mit dem Verstand ausgeführt<br />

werden. Wer kann uns diese Verbindung geben, außer Gott im Menschen - Gott, <strong>der</strong><br />

sich im menschlichen Körper offenbart hat? „Welch großes Glück, o Gemüt, daß Gott<br />

im Menschen mein Haus betreten hat!“ <strong>Die</strong>ser menschliche Körper ist wirklich ein<br />

Haus, in dem wir leben - ein äußeres Haus.<br />

Ich erinnere mich, wie mein Meister einmal nach Lahore ging. Er saß in einem<br />

Zimmer und gab jemand Anweisungen. Als er wegging, schloß ich es. Niemand betrat<br />

es. Wann immer man diesen Raum betrat, war die liebliche Musik zu hören. So wird<br />

ein Ort durch solche Persönlichkeiten gesegnet. <strong>Die</strong> Atmosphäre ist geladen. Wir sind<br />

sehr begünstigt, daß eine solche Persönlichkeit unser Haus betreten hat. Nun ist es<br />

unsere Aufgabe, Gott zu danken; unserem Schicksal, unserem Gott und dem Gott im<br />

Menschen zu danken.<br />

Er sagt uns nun: „O Gemüt, geh niemals fort und verlasse diese Seligkeit, an <strong>der</strong> du<br />

nun teil hast.“ Laßt keinen Augenblick ohne dieses Gedenken, das beständige<br />

Gedenken, vergehen.<br />

Das nie<strong>der</strong>e Gemüt liebt es nicht, sich von Außen zurückzuziehen. Manchmal<br />

versuchen wir ein o<strong>der</strong> zwei Stunden lang, nach innen zu gehen, aber es bleibt nicht<br />

im Innern. Wenn wir aber einmal diese Seligkeit erhalten, diese Wonne im Innern,<br />

die stärker, anziehen<strong>der</strong> und berauschen<strong>der</strong> ist als alles an<strong>der</strong>e, werden wir es nie<br />

mehr wagen, die Verbindung mit dieser Kraft zu verlieren. <strong>Die</strong> äußeren Dinge wirken<br />

auf uns anziehend; aber sind sie wirklich so anziehend? Wir sind bewußte Wesen, ein<br />

Tropfen aus dem Meer des Allbewußtseins, das ein Meer <strong>der</strong> Berauschung ist. <strong>Die</strong><br />

äußeren Dinge sind materielle Dinge. Wenn ihr ganz in Anspruch genommen, von<br />

äußeren Dingen völlig erfüllt seid, dann erlebt ihr diese Wonne. Das ist eine kleine<br />

Verbindung mit eurer eigenen inneren Berauschung, so wie bei einem Hund, <strong>der</strong><br />

einen Knochen frißt. Es ist kein Geschmack im Knochen, aber sein eigenes Blut, das<br />

herausfließt und das er wie<strong>der</strong> zu sich nimmt, erzeugt diesen Geschmack. Wir sind<br />

also Wonne; wir sind ein Tropfen <strong>der</strong> Berauschung. Wenn man von irgend etwas<br />

erfüllt ist, empfindet man, solange man sich damit beschäftigt, Freude; aber in<br />

Wirklichkeit ist das keine Freude. Wenn unsere Seele, die ein Tropfen aus dem Meer<br />

des Bewußtseins ist, mit allem Bewußtsein in Verbindung kommt, wird sie eine<br />

größere Wonne, die höchste Wonne, erhalten. Wir sind wirklich vom selben Wesen<br />

wie Gott. Er ist ewig.<br />

Gott ist alle Weisheit, Er ist alle Seligkeit, Freude und Glück. Wir alle verlangen<br />

nach Glück. Es ist schade, daß wir es an <strong>der</strong> verkehrten Stelle suchen - es ist in<br />

unserem Innern, und wenn ihr mit dem höheren Bewußtsein in Verbindung kommt,<br />

werdet ihr glücklicher sein. Wir finden diese Wi<strong>der</strong>spiegelung unseres inneren<br />

Friedens und Glücks in den äußeren Dingen, wenn wir uns mit ihnen beschäftigen.<br />

Wir sind begünstigt, einen zu haben, <strong>der</strong> uns einen Hinweis darauf gibt - nein,<br />

keinen Hinweis, son<strong>der</strong>n für eine Weile einen Beweis davon. Das sollten wir von Tag<br />

zu Tag entwickeln.<br />

Dann werden wir wie Kabir sagen: "Ich bin wirklich sehr begünstigt, daß ich den<br />

Meister getroffen habe, <strong>der</strong> mein äußeres und auch mein inneres Haus betreten hat.<br />

O Gemüt, nun erfreue dich dieser Seligkeit. Verliere keinen Augenblick davon. Sei<br />

dankbar.“ Seht die Dinge aus <strong>der</strong> rechten Sicht, so wie sie wirklich sind.<br />

162


Nur durch Konzentration könnt ihr diese Wonne empfinden; kommt ihr mit dem<br />

höheren Bewußtsein in Verbindung, erhaltet ihr eine größere Wonne. Wenn ihr euch<br />

mit den äußeren Dingen beschäftigt, erlebt ihr auch ein Wonnegefühl: aber das ist<br />

nur vorübergehend, für eine Weile, nur ein Tropfen. Ist es nicht so? Sagt euch das<br />

nicht zu?<br />

Seht ihr, das verkünden <strong>der</strong> Welt alle Meister. Shamaz Tabrez, ein großer Heiliger<br />

aus Persien, sagte: „Schaut nicht auf meine äußere Kleidung. Es scheint, als ob ich in<br />

Lumpen lebe. Schaut in mich hinein und seht, wer ich bin.“ Wenn die Leute Shamaz<br />

Tabrez fragten: „Warum bist du hierhergekommen?“ antwortete er: „Ich konnte es<br />

nicht ablehnen. Ich wurde gesandt. Ich konnte mich nicht weigern. Schaut in mich<br />

hinein - ich bin <strong>der</strong> König <strong>der</strong> Könige." <strong>Die</strong>s sind seine Worte, die ich euch zitiere.<br />

„Was hast du uns gebracht?“ „Ich habe den sehr starken Whisky des Himmels gebracht,<br />

um ihn in <strong>der</strong> Welt zu verteilen; darum bin ich zu euch gekommen.“ Nun, alle<br />

Meister sagen das gleiche in ihrer eigenen Sprache. Sie bringen uns etwas.<br />

Was sagte Christus? „Ich bin das Brot des Lebens, vom Himmel gekommen. Wer<br />

von diesem Brot ißt, <strong>der</strong> wird leben in Ewigkeit.“ Beide drückten sich mit<br />

verschiedenen Worten aus, aber sie sagen das gleiche. Begünstigt sind jene, die eine<br />

Verbindung bekommen und wie Kabir sagen: "Seid Gott im Menschen dankbar."<br />

Wir vergeuden unser wertvolles Leben mit unbedeutenden Dingen. Unser Meister<br />

pflegte die Menschen, die Schüler einzustufen. Er sagte, daß alle hier Satsangis seien,<br />

aber es einige vertraute Satsangis gäbe - jene, die beim Meister daheim sind. <strong>Die</strong>se<br />

waren ihm teurer als sonst irgend jemand auf <strong>der</strong> Welt.<br />

Ihr erinnert euch, daß Christus einmal, als er mit einer Anzahl von Leuten<br />

zusammensaß und man ihm sagte, daß seine Mutter und seine Brü<strong>der</strong> gekommen<br />

seien, erwi<strong>der</strong>te: „Wer ist meine Mutter und meine Brü<strong>der</strong>? Wer Gottes Willen tut,<br />

<strong>der</strong> ist mein Bru<strong>der</strong> und meine Schwester und meine Mutter.“ <strong>Die</strong> Meister nehmen<br />

diesen Standpunkt ein. Alle vier Söhne des zehnten Gurus wurden gefoltert. Es saßen<br />

sehr viele Leute bei ihm. Da kam seine Frau und fragte ihn: „Wo sind meine Kin<strong>der</strong>?“<br />

„Ich habe sie für all meine Kin<strong>der</strong> geopfert.“ Ihr wißt nicht, wie teuer ihr dem Meister<br />

seid.<br />

Jene, die gehorsam sind und nach dem leben, was er sagt, vergessen alle<br />

Beziehungen. Denn Er verbindet uns in einer inneren Beziehung, die auch nach dem<br />

Tod niemals zerbrechen kann. Hier werden alle Dinge bezahlt - Geben und Nehmen -<br />

das ist alles. Je<strong>der</strong> muß seinen Weg gehen; aber die innere Verbindung kann niemals<br />

zerbrechen, nicht einmal nach dem Tod; nicht einmal nach dem Verlassen des<br />

Körpers. Unser Meister pflegte uns das Beispiel von Menschen zu geben, die einen<br />

Fluß überqueren. Der Schiffer bringt erst eine Ladung, dann die nächste Ladung,<br />

dann eine dritte hinüber. Jene, die von einem Meistern initiiert worden sind, werden<br />

nacheinan<strong>der</strong> hinüber gebracht. Alle werden gehen - einige früher, an<strong>der</strong>e später;<br />

doch auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> Welt werdet ihr alle wie<strong>der</strong> treffen.<br />

Stehen diese Dinge in den Büchern? <strong>Die</strong> Bücher können nicht alles erklären.<br />

Der Hirte sieht nach uns. <strong>Die</strong> Leute fragten Christus: „Warum bist du hierher<br />

gekommen?“ Er antwortete: „Ich habe meine Schafe verloren.“ Als ich mit dem<br />

Flugzeug in den Westen abreiste, versammelten sich die Menschen und fragten mich,<br />

warum ich nun gehe. „Ich gehe dorthin, um all meine Brü<strong>der</strong> dort zu finden.“<br />

Wir erkennen nicht, was für ein Segen uns zuteil wird - macht den besten Gebrauch<br />

davon. „Gott wurde Fleisch und ist gekommen - Er hat mein Haus betreten und mir<br />

eine Verbindung gegeben. O Gemüt, ruhe nicht für einen Augenblick.“ Und das ist <strong>der</strong><br />

Hauptzweck des menschlichen Lebens. Nur im menschlichen Körper und in keinem<br />

an<strong>der</strong>en könnt ihr in eure Heimat zurückkehren. Ihr seid so begünstigt, den<br />

menschlichen Körper zu haben! Was ihr hier in einer kurzen Zeit vermögt, könnt ihr<br />

163


in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Welt, auf den höheren Ebenen, nicht in <strong>der</strong> zehnfachen Zeit erreichen.<br />

Je<strong>der</strong> Tag, jede Stunde, jede Minute bringt uns dem Ende des menschlichen Körpers<br />

näher. Nun eilt! Vertraut Ihm - begebt euch in den Schoß <strong>der</strong> Mutter. Sonst braucht<br />

ihr nichts zu tun.<br />

Das ist das Ergebnis <strong>der</strong> Anstrengung; aber <strong>der</strong> mühelosen Anstrengung. Es gibt<br />

zwei Wahlsprüche in <strong>der</strong> Welt; <strong>der</strong> erste lautet: „Gott hilft denen, die sich selbst<br />

helfen“; aber auch: „Gott hilft denen, die sich nicht selbst helfen.“ Helft euch selbst so<br />

sehr, daß ihr euch bei dieser Anstrengung selbst vergeßt. Geht nun zurück, zieht euch<br />

zurück. Hört auf zu denken; wenn das Gemüt, die nach außen gehenden Kräfte und<br />

<strong>der</strong> Verstand beruhigt sind, verwandelt sich diese Stille in Licht und dann in den Ton.<br />

Das ist vergleichsweise leichter, wenn man ruhig sein kann und Vertrauen in die<br />

Mutter hat. Ihr könnt nicht ruhig sein, bis ihr <strong>der</strong> Mutter ganz vertraut. Ein Kind<br />

kann sich niemals vorstellen, daß ein Löwe kommen und es auffressen wird; es wird<br />

zur Mutter rennen, und die Mutter wird sich eher vom Löwen auffressen lassen,<br />

bevor dem Kind ein Leid geschähe; solch eine Liebe hat sie für das Kind. Erkennt ihr,<br />

wie begünstigt wir sind?<br />

Ich habe euch hier ein Geheimnis offenbart, es euch auf <strong>der</strong> Ebene des gesunden<br />

Menschenverstandes dargelegt. Was bleibt nun? Laßt euch durch euer tägliches Tun<br />

nicht forttragen. Das Leben besteht aus einer Reihe von Unterbrechungen; es ist eine<br />

Sache von Geben und Nehmen - Rückwirkungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit. Niemand<br />

kann auch nur davon träumen, daß alles nach seinem Willen und Wohlgefallen geht.<br />

Das ganze Geben und Nehmen gleicht vorübergehenden Phasen. Haltet an dem fest,<br />

was euch gegeben worden ist; es wird sich als Notanker erweisen. Bleibt unberührt,<br />

laßt euch von <strong>der</strong> äußeren Atmosphäre, von Hitze o<strong>der</strong> Kälte, Hurrikanen o<strong>der</strong> sonst<br />

etwas nicht beeinflussen.<br />

Wo ist das? [dieser Ruhepunkt] - er ist in euch selbst. Zieht euch also zurück; dann<br />

empfindet ihr es. Erlaubt nicht irgendwelchen Wogen, die von außen kommen, durch<br />

die Sinne einzudringen. Schließt euch ein in das Kämmerlein ein, wie Christus sagte:<br />

in das Kämmerlein eures Herzens.<br />

Was bedeutet Meditation? Wenn ihr ins Innere eintretet, erkennt ihr, daß Er dort<br />

ist, ganz losgelöst vom Äußeren. Das ist etwas, das euch praktisch gegeben wurde. Ihr<br />

müßt es durch regelmäßige Übung entwickeln, indem ihr alle äußeren Bindungen auf<br />

die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weise ausmerzt.<br />

Eine Mutter freut sich, wenn ihr Kind versucht, dahin und dorthin zu laufen, erst<br />

krabbelt das Kind, dann geht es, dann läuft es. Der Meister freut sich, wenn er sieht,<br />

daß seine Kin<strong>der</strong> gehen. Er vergleicht nicht den laufenden Mann mit dem<br />

krabbelnden Kind; er schätzt das Krabbeln ebenso. Ähnlich ist es bei <strong>der</strong> Mutter,<br />

nicht wahr? Das Kind ist <strong>der</strong> Mutter sehr teuer. Sowohl das laufende als auch das<br />

krabbelnde Kind.<br />

Laßt uns nun dankbar sein, das ist alles, was ich zu sagen vermag. Kabir hat eine<br />

gute Lektion für uns.<br />

The Light of Kirpal, Chapter 82: „God has entered my House”<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 3, 1973; englisch: 5, 1973<br />

<br />

164


SCHAUT NUR IN DIE AUGEN DES MEISTERS<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh vom 21. Oktober 1970<br />

im Sawan Ashram, Delhi<br />

Schüler: Wenn ich in Meditation sitze, erscheinen mir viele Gestalten.<br />

Meister: Gestalten ?<br />

Schüler: Ja, ich kann sie erkennen.<br />

Meister: Ja?<br />

Schüler: Aber sie erscheinen nicht im Licht.<br />

Meister: Übe deinen Simran und sie werden weggehen, das ist alles. Achte nicht auf<br />

die Szenerie im Innern noch auf irgend etwas an<strong>der</strong>es.<br />

Schüler: Sie gehen weg, sie verschwinden. Aber warum kommen sie überhaupt?<br />

Meister: Das ist die negative Kraft. Warum sie kommen? Sie erscheinen, um deine<br />

Aufmerksamkeit abzulenken. Da tauchen so viele Dinge auf. Wenn du dich in die<br />

Meditation vertiefst, dann achte nur auf den Meister, auf das Licht o<strong>der</strong> den Ton.<br />

Wenn <strong>der</strong> Ton stark ist, dann achte ganz auf ihn. Wenn das Licht stark ist, dann<br />

vertiefe dich ganz darin, und die Form des Meisters wird sichtbar werden. Auf diese<br />

drei allein solltest du achten.<br />

(Eine Schülerin stellt eine Frage in Hindi.)<br />

Meister: Sie fragte, welche Art von Liebe uns befähigt, Gott zu erreichen. Versteht<br />

Ihr? Das erste auf diesem Weg ist, das zu befolgen, was er euch sagt. Das ist das erste.<br />

Tut, was er von euch verlangt. Er sagt: „Nun gut, merzt alle Unvollkommenheiten aus.<br />

Denkt von keinem schlecht, wollt ihm nichts Übles, we<strong>der</strong> mit Gedanken, Worten<br />

o<strong>der</strong> Taten. Täuscht euch nicht selbst, indem ihr Lügen erzählt."<br />

Haßt an<strong>der</strong>e nicht, denn ihre Seele ist vom gleichen Wesen wie Gott. <strong>Die</strong> Seele ist<br />

Liebe. Wenn ihr das Schwert erhebt, wird es ein Ganzes in zwei Teile trennen. Doch<br />

wenn ihr das Schwert <strong>der</strong> Liebe erhebt, macht es aus Zweien eins, es vereint. <strong>Die</strong>se<br />

Einswerdung ist das Höchste Ziel <strong>der</strong> Liebe. Dann vergeßt ihr, ob Er es ist o<strong>der</strong> ihr es<br />

seid.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: werdet empfänglich. Vergeßt alles an<strong>der</strong>e, und dann vergeßt<br />

euch selbst. Das ist das erste. Dann seht ihr: „Nicht mehr ich bin es, son<strong>der</strong>n Christus<br />

lebt in mir" — das ist das höchste Ziel. Ich denke, solch ein Feuer verbrennt alles<br />

außer Gott o<strong>der</strong> dem Meister.<br />

Schüler: Ich überlege gerade, was wir tun sollen, wenn uns jemand auf irgendeine Art<br />

verletzen will o<strong>der</strong> falsche Dinge über uns verbreitet — sollen wir das einfach nicht<br />

beachten o<strong>der</strong> versuchen, uns zu verteidigen?<br />

165


Meister: Ergreift Maßnahme zu eurer Verteidigung, aber habt dabei nichts Böses im<br />

Sinn.<br />

Schüler: Ist unser Gemüt fähig, wirklich zu erkennen, was in Übereinstimmung mit<br />

dem Schöpfer von allem geschieht?<br />

Meister: Das Gemüt? - Nein! Wie definiert ihr das Gemüt? Im Osten betrachtet man<br />

das Gemüt als nicht bewußt; im Westen sieht man das Gemüt als etwas Bewußtes.<br />

Das ist ein großer Unterschied. Das Gemüt erhält seine Bewußtheit von <strong>der</strong> Seele.<br />

<strong>Die</strong> Seele ist es, die Gott erkennt, nicht das Gemüt. Wenn die nach außen gehenden<br />

Sinne beruhigt sind, das Gemüt innehält und auch <strong>der</strong> Verstand nicht mehr wirkt -<br />

dann kommt Er. Aber die Seele erkennt Gott, nicht das Gemüt. Versteht ihr? Gleiches<br />

erkennt das gleiche. Das Gemüt ist materiell. Es ist vom Wesen <strong>der</strong> negativen Kraft.<br />

Allein die Seele kann Gott erkennen. Darum heißt es: erkennt euch selbst - erkenne<br />

dich selbst. Das haben alle Meister gesagt. Ihr habt ein Gemüt, doch ihr seid nicht das<br />

Gemüt. Ihr seid die Seele. Ihr habt den Körper, die im äußeren wirkenden<br />

Sinneskräfte, ihr habt einen Verstand und das Gemüt. Doch nur ihr selbst, die<br />

bewußte Wesenheit, die ein Tropfen aus dem Meer <strong>der</strong> Allbewußtheit ist, vermag die<br />

Allbewußtheit zu erkennen. Nur Gleiches erkennt das gleiche.<br />

Was noch? Was möchtest du wissen?<br />

Schüler: Ich habe eine Frage über unsere Eltern und unsere Verantwortung für sie.<br />

Denn da gibt es oft einen Konflikt zwischen unserem Bemühen, dem Meister näher zu<br />

kommen und den Wünschen und Vorstellungen unserer Eltern, die oft weltliche<br />

Dinge für uns anstreben, wohingegen wir uns doch von diesen Dingen lösen möchten.<br />

Meister: Du wirfst so viele <strong>Fragen</strong> auf. Nun, eins nach dem an<strong>der</strong>en. Was ist die erste<br />

Frage?<br />

Schüler: Welche Verantwortung haben wir für unsere Eltern?<br />

Meister: Für eure Eltern? Sie haben euch ihre Fürsorge gegeben, als ihr ganz hilflos<br />

wart, noch nicht einmal laufen konntet, und alles dafür geopfert - Geld und Zeit. Eure<br />

erste Pflicht ist es nun, ihnen zu dienen.<br />

Schüler: Zu dienen?<br />

Meister: Denke daran, daß dich deine Mutter neun Monate in ihrem Leib getragen<br />

hat. Deine erste Pflicht ist, sie zu lieben und ihnen zu dienen. Wenn sich die Eltern<br />

über euch freuen, freut sich auch Gott über euch. Du magst dem Meister dienen, aber<br />

du mußt deinen Eltern helfen, wenn sie dich brauchen. Wenn sie dich wirklich<br />

brauchen, dann ist es deine Pflicht, erst ihnen zu dienen und dann dem Meister.<br />

Schüler: Was ist nun, wenn es meinen Eltern zum Beispiel gar nicht recht war, daß ich<br />

hierher gekommen bin?<br />

Meister: Du bist deinem Vater nicht ergeben, und darüber hinaus ist das die Folge<br />

eines Mißverständnisses, daß du geschaffen hast, indem du vielleicht geäußert hast,<br />

daß du für ihre Religion nichts übrig hast. Wenn du ihnen klargemacht hättest, daß<br />

diese Lehren die eigentliche Grundlage des Christentums sind, dann hätten sie nichts<br />

166


dagegen gehabt. Sie lieben dich. Sie haben Angst, daß du vom rechten Weg<br />

abkommst. Du bist erst Mensch, dann Christ. <strong>Die</strong> erste Pflicht gilt unserem Selbst;<br />

haltet euren Körper gesund; dann dient jenen, die euch aufgezogen haben, dann<br />

jenen, mit denen ihr durch die unsichtbare Hand Gottes als karmische Rückwirkung<br />

verbunden worden seid und dann …<br />

Schüler: Was ist also, wenn wir unsere Eltern verletzen, weil wir versuchen, mehr für<br />

den Weg zu Gott zu tun?<br />

Meister: Dann zeigt das, daß ihr eure Eltern nicht genug liebt - hast du wirklich<br />

verstanden, was ich eben gesagt habe?<br />

Schüler: Ja, daß ich meine Eltern mehr lieben sollte.<br />

Meister: Gewiß.<br />

Schüler: Und daß sie mich dann verstehen werden.<br />

Meister: Danken wir Gott, daß es im Westen den Muttertag und den Vatertag gibt. In<br />

Indien gibt es so etwas nicht. Was bedeuten diese Tage? Daß ihr zu Mutter und Vater<br />

geht und ihnen nach bestem Vermögen dient und ihnen Freude bereitet. Wenn wir<br />

den Vatertag und den Muttertag feiern, was wollen wir damit sagen? Zeigt das nicht,<br />

daß ihr eure Eltern liebt?<br />

Dankt eurem Vater und eurer Mutter. Obwohl euch die Eltern wirklich lieben, haben<br />

sie manchmal Angst, daß ihr in die Irre geht, vom rechten Weg abkommt, das ist das<br />

Problem; sie glauben das fälschlicherweise. Manchmal fragen sie: „Oh, was machst du<br />

denn da?" Sie sind eifersüchtig. Aber was ich euch heute wirklich nahelegen möchte,<br />

ist das eine: Verletzt ihre Gefühle nicht. Ihr müßt natürlich auch Gott lieben.<br />

Übermittelt ihnen das rechte Verstehen <strong>der</strong> Lehren, die ihr erhalten habt: Sie sind<br />

keine neue Religion. Ich möchte sagen, diese Lehren bilden den Kern <strong>der</strong> Lehren aller<br />

Meister, die in <strong>der</strong> Vergangenheit gekommen sind.<br />

Aber ich bin sehr dankbar, daß es Vatertag und Muttertag gibt. Und überlegt euch,<br />

wie es in dieser Hinsicht mit euch steht.<br />

Schüler: In <strong>der</strong> Beziehung zwischen Eltern und Kin<strong>der</strong>n, wo ist da die Grenze<br />

zwischen Gebundenheit und Liebe?<br />

Meister: Liebe bedeutet Nächstenliebe - nicht Begierde o<strong>der</strong> Gebundenheit. Versteht<br />

ihr mich? Liebe zu Gott, denn Gott wohnt in jedem Herzen. Liebe bedeutet Liebe für<br />

alle. Wenn sie erstarrt und sich nur auf eine Sache richtet - dann ist es Gebundenheit.<br />

Wenn sie sich auf die äußeren Sinnesfreuden richtet - dann ist es Begierde o<strong>der</strong> Lust.<br />

Das ist ganz klar. Das könnt ihr in den Büchern so nicht finden. Was noch, lieber<br />

Freund, was ist?<br />

Schüler: Meister, vor ein paar Tagen habt Ihr uns gesagt, wir sollen alle <strong>Fragen</strong><br />

nie<strong>der</strong>schreiben, die in uns auftauchen, und das tat ich auch. Ich habe alle <strong>Fragen</strong><br />

aufgeschrieben und mitgebracht.<br />

Meister: Und dann?<br />

167


Schüler: Und als Ihr dann danach gefragt habt, schämte ich mich und bekam Angst.<br />

Mit gefiel die Frage auf einmal nicht mehr. Ich dachte, sie … sie hätte mit mir in<br />

Wirklichkeit nichts zu tun.<br />

Meister: Schau her, schau’ doch her. Warum die Angst? Ich bin ein Mensch mit zwei<br />

Händen und zwei Augen. Ich bin kein Schreckgespenst. Und warum sich schämen?<br />

Kin<strong>der</strong> gehen zu einem Lehrer, um so vieles von ihm zu lernen. Da gibt es nichts,<br />

wofür man sich zu schämen braucht. Ich versichere euch, ihr könnt die schlimmste<br />

Frage stellen, die ihr in eurem Herzen habt. Ihr braucht keine Scham o<strong>der</strong><br />

Zurückhaltung empfinden. Bringt alle eure <strong>Fragen</strong> mit, schreibt sie auf, um einen<br />

Freund Freude zu machen. Bringt sie morgen mit - die schlimmsten <strong>Fragen</strong>, die nur<br />

möglich sind. Habt keine Angst. Habt keine Scheu. <strong>Die</strong>se Gedanken, die da in eurem<br />

Gemüt auftauchen, bringen euch nicht weiter.<br />

Schüler: Ihr erwähnt in den "Morgengesprächen", daß es nicht recht ist, an<strong>der</strong>e zu<br />

berühren, wenn wir keusch bleiben wollen. Aber in Amerika will dir je<strong>der</strong> die Hand<br />

geben. Was sollen wir also tun, wenn uns jemand die Hände entgegenstreckt?<br />

Meister: Schau. Kin<strong>der</strong> kommen mit ihren Müttern o<strong>der</strong> Schwestern und mit ihren<br />

Brü<strong>der</strong>n - o<strong>der</strong> Töchter kommen mit Vater und Mutter zusammen. Das ganze Gift<br />

liegt nur im Gemüt. Seht ihr, das Gemüt sollte rein sein. Wenn eine Tochter im Schoß<br />

<strong>der</strong> Mutter o<strong>der</strong> des Vaters liegt - wie rein sind sie dann! Es ist also das Gemüt; das<br />

Gift liegt im Gemüt. Auch in Indien, ich glaube vor vierzig Jahren, spielten<br />

Schwestern mit ihren Brü<strong>der</strong>n aus reiner Zuneigung heraus. Mütter, die ihre Kin<strong>der</strong><br />

küßten, dachten sich nichts dabei. Weil die sittlichen Werte verfallen, hat sich alles<br />

geän<strong>der</strong>t. Wenn nun ein Vater bei seiner Tochter sitzt, heißt es gleich: „Oh, was geht<br />

da vor sich?" Das Gemüt ist vergiftet. Ich habe gesehen, daß es im Westen Brauch ist,<br />

sich die Hand zu geben - das ist in Ordnung. Sich zu küssen ist auch ein Brauch. Aber<br />

dabei denkt sich niemand etwas Schlechtes. O<strong>der</strong> glaubst du etwa, wenn eine Tochter<br />

ihren Vater küßt, dann wollen sie etwas voneinan<strong>der</strong>?<br />

Schüler: Meister, ich bin sehr dankbar, daß Ihr diese Frage so zutreffend beantwortet<br />

habt - so wun<strong>der</strong>bar! Weil im Westen diese Dinge völlig auf den Kopf gestellt werden.<br />

Selbst die Eltern sind nichts mehr wert - die Kin<strong>der</strong> haben keine Achtung vor den<br />

Eltern. Das ist wirklich ganz schlimm. Sie beschmutzen die Hände, die sie aufgezogen<br />

und gefüttert haben - sie wenden sich gegen sie und verraten sie. Das ist schwierig,<br />

Meister. Und ich habe die verschiedensten jungen Leute getroffen, die ihren Eltern<br />

wirklich keinerlei Achtung mehr entgegenbringen.<br />

Meister: Darauf habe ich eben geantwortet.<br />

Schüler: Ja, dafür bin ich so dankbar, Meister. Das ist eine ganz augenfällige Sache in<br />

Amerika, dieser Mangel an Liebe für die Eltern. Das ist etwas ganz Seltsames - und<br />

man findet das überall.<br />

Meister: Siehst du, das ist <strong>der</strong> Unterschied zwischen dem Osten und dem Westen.<br />

Schüler: Da ist noch etwas, das ich Euch fragen möchte. Da kam ein junger Satsangi<br />

in unsere Gruppe mit ganz gebeugtem Haupt, <strong>der</strong> keinen ansah und auch keinem in<br />

die Augen blickte. Und ich sagte zu ihm: „Was ist mit dir, mein Sohn? Wie läufst du<br />

denn herum?" Denn ich konnte nicht begreifen, wie man mit dem Leben<br />

168


zurechtkommen will, wenn man dauernd nach unten schaut und so herumläuft. Und<br />

er antwortete: „Nun, <strong>der</strong> Meister sagte, ich solle niemanden in die Augen schauen."<br />

Meister: Das muß die Antwort auf seinen Brief gewesen sein.<br />

Schüler: Oh, tatsächlich ? Ich freue mich, das zu wissen, denn er war …<br />

Meister: Schau, die Menschen haben sehr unkeusche Gedanken. Wenn er jemanden<br />

ansieht, dann nimmt er unsaubere, lüsterne Gedanken auf. Nun, da sagte ich ihm:<br />

„Wenn du das nicht willst, dann schaue einfach nicht in die Augen an<strong>der</strong>er."<br />

Schüler: Ich war nur in Sorge, weil er sich seinen Lebensunterhalt verdienen muß.<br />

Meister: Ich sage dir, schaue einfach eine Weile, dann wirst du sehen, wie dich die<br />

Begierde durch die Augen ergreift und <strong>der</strong> Ärger durch die Ohren. Wenn du nicht in<br />

die Augen an<strong>der</strong>er schaust, wirst du nicht durch das beeinflußt, was sie sind. Wem<br />

könnt ihr in die Augen schauen? Einem wirklich reinen, spirituellen Menschen.<br />

Schüler: Oh, ich bin froh, daß Ihr das sagt, denn ich glaube, ich habe diesen Jungen<br />

verletzt, weil ich dachte …<br />

Meister: Das war nur die Antwort auf seinen Brief. Er schrieb: „Wie kann ich mich<br />

davor schützen?" Ich sagte ihm, er solle ein Tagebuch führen und sich selbst<br />

gegenüber so kritisch sein, wie wenn er jemand an<strong>der</strong>s kritisieren würde. Und er solle<br />

nicht in die Augen an<strong>der</strong>er schauen. Durch die Augen an<strong>der</strong>er wird man beeinflußt,<br />

nimmt ihre Ausstrahlung auf. Wenn ihr stärker seid, dann beeinflußt ihr die an<strong>der</strong>en;<br />

wenn nicht, dann beeinflussen sie euch.<br />

Schüler: Nun, dieser Junge tat mir leid, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie man<br />

so leben kann, wenn man so herumläuft.<br />

Meister: Man hätte es ihm besser erklären sollen, nachdem er meinen Brief erhalten<br />

hatte. „Nun, schaue nicht in die Augen an<strong>der</strong>er, bis du dem etwas entgegensetzen<br />

kannst. O<strong>der</strong> schaue in die Augen eines Menschen, <strong>der</strong> über dir steht."<br />

Schüler: Er schaut nicht einmal Satsangis an.<br />

Meister: Glaubst du, Satsangis sind Heilige? Sie sind keine Heiligen. Sie sind erst<br />

dabei, Heilige zu werden. Es ist sicherer, nicht in die Augen an<strong>der</strong>er zu schauen. In<br />

den alten Tagen schauten die Frauen in Indien niemals irgendeinen Mann außer<br />

ihrem Gatten an. Laxman, <strong>der</strong> jüngere Bru<strong>der</strong> von Rama, schaute nie in das Gesicht<br />

von Sita, <strong>der</strong> Frau seines Bru<strong>der</strong>s. Als Sita entführt wurde und man nach ihr suchte,<br />

konnte er sich nur an den Schmuck erinnern, den sie an den Füßen trug, nicht an den<br />

in ihrem Gesicht. Er hatte noch nie ihr Gesicht gesehen. Dem liegt eine tiefe Wahrheit<br />

zugrunde.<br />

Schüler: Ja, Meister, das weiß ich schon. Ich habe mir nur Gedanken gemacht, weil<br />

im Westen einer, <strong>der</strong> seinem Arbeitgeber nicht in die Augen blickt, für falsch gehalten<br />

wird. Man glaubt, er sei ein Verbrecher. Man glaubt, das tun nur Verbrecher. Ich<br />

hatte Angst, er verrennt sich da in irgend etwas, gerät in Schwierigkeiten.<br />

169


Meister: Wenn mir jemand eine Frage stellt, bekommt er nur eine Antwort auf diese<br />

Frage. Er schrieb mir: „Ist es recht, in die Augen an<strong>der</strong>er zu schauen? Bitte sagt mir,<br />

was ich tun soll."<br />

Schüler: Vielen Dank, Meister. Ich habe da selbst noch eine Frage. Ich würde gerne<br />

etwas über den Wert <strong>der</strong> Zeit auf dieser Ebene wissen. Letzte Nacht sagtet ihr, wenn<br />

wir nicht meditieren, müssen wir im Jenseits viel länger meditieren, für das, was wir<br />

hier mit weniger Zeit erreichen können. Wieviel ist die Zeit im Jenseits im Vergleich<br />

mit dem <strong>Die</strong>sseits wert?<br />

Meister: Wofür man hier einen Monat braucht, kann man dort erst nach Jahren<br />

erreichen.<br />

Schüler: Ein Monat hier und dort braucht man Jahre dafür?<br />

Meister: Jahre!<br />

Schüler: Ich habe die Satsangis darüber sprechen hören und entschloß mich, Euch<br />

selbst zu fragen und auf das zu hören, was Ihr sagt.<br />

Meister: <strong>Die</strong> Leute reden immerzu und tun nichts <strong>der</strong>gleichen. Eine Unze Praxis ist<br />

mehr wert als Tonnen von Theorien, die zwar je<strong>der</strong> versteht, doch nicht in die Praxis<br />

umsetzt. Selbst wenn du nur zehn <strong>Fragen</strong> in die Praxis umsetzt, wirst du dich<br />

bemerkenswert än<strong>der</strong>n. Ihr wißt so vieles. Alle wissen es. Wen gibt es, <strong>der</strong> es nicht<br />

weiß? Fast ein je<strong>der</strong>, dem ihr begegnet, kann aufstehen und eine wun<strong>der</strong>volle Rede<br />

halten. Aber das Entscheidende ist, ob wir danach leben o<strong>der</strong> nicht.<br />

Schüler: Ja, das ist ein großer Unterschied.<br />

Meister: Wir brauchen Reformer, die nicht an<strong>der</strong>e, son<strong>der</strong>n sich selbst verbessern.<br />

Und was bekommt ihr dafür? Gott selbst.<br />

Schüler: Ich habe eine Frage — ich empfinde, daß ich Geist bin, daß …<br />

Meister: Ja, du bist Geist.<br />

Schüler: Und daß Ihr in mir seid und ich in Euch bin; und wenn ich etwas tue, dann<br />

fühle ich, es ist Gott, <strong>der</strong> das tut.<br />

Meister: Fühlst du es o<strong>der</strong> siehst du es?<br />

Schüler: Ich glaube, ich sehe es.<br />

Meister: Wenn du es siehst, dann ist es gut.<br />

Schüler: Wie kann ich dann irgend etwas Falsches tun?<br />

Meister: Wenn du siehst, daß Gott durch dich wirkt, dann kannst du nichts Falsches<br />

tun. Das Entscheidende ist nun, ob du siehst o<strong>der</strong> nicht. Wenn du es wirklich siehst,<br />

hättest du diese Frage gar nicht gestellt.<br />

Schüler: Natürlich habe ich Schwierigkeiten mit dem Tagebuch.<br />

170


Meister: Was das angeht, kannst du vieles herausfinden. Achte darauf, dann wirst du<br />

es erkennen. Verschone dich nicht selbst — versuche es. Auch ich habe mein ganzes<br />

Leben Tagebuch geführt. Führe es ganz gewissenhaft, das wird alles in Ordnung<br />

bringen. Ich glaube, wenn ein Mensch sieht, wie ER wirkt, was braucht er dann noch<br />

mehr...<br />

Schüler: Das sagt einem <strong>der</strong> gesunde Menschenverstand.<br />

Meister: Gesun<strong>der</strong> Menschenverstand ist etwas an<strong>der</strong>es. Sprichst du über den<br />

gesunden Menschenverstand o<strong>der</strong> über Schlußfolgerungen o<strong>der</strong> vom direkten Sehen?<br />

Gefühle, Empfindungen und Schlußfolgerungen unterliegen alle dem Irrtum. Sehen<br />

steht über allem. Du empfindest das - aber wenn du es siehst, dann gibt es keinen<br />

Zweifel mehr. Ich meine, dann bleiben einfach keine Zweifel mehr übrig. Sehen steht<br />

über allem. Wenn einem bewußt wird, daß ER wirkt, wenn er sieht, daß ER alles<br />

bewirkt - dann? Wie kann er dann irgend etwas Falsches tun? Aber sieht er es wirklich?<br />

Das ist das Entscheidende. Gefühle bedeuten Gemütsbewegungen - ein<br />

gefühlvolles Leben. Wenn du den Meister liebst, dann befolge seine Gebote, auch<br />

wenn du sie nicht verstehst. Ich will euch ein Beispiel geben, hier aus dem Ashram in<br />

Delhi. Da gibt es eine alte Frau. Ich bat sie: „Schau doch, alle hier führen ein<br />

Tagebuch." Sie sagte: „Ich kann aber nicht schreiben." Aber ich sagte ihr: „Nun gut,<br />

führe es irgendwie." Sie führte das Tagebuch. Sie legte Blumen auf das Tagebuchblatt<br />

und verbrannte täglich etwas Weihrauch. <strong>Die</strong> Folge war, daß sich ihr <strong>der</strong> Meister die<br />

ganzen vierundzwanzig Stunden des Tages und <strong>der</strong> Nacht im Innern offenbarte. Sie<br />

hatte buchstäblich gehorcht.<br />

Wenn du das Tagebuch führst, legst du über jeden Augenblick Rechenschaft ab; du<br />

erinnerst dich an den Meister. Durch dieses ständige innere Gedenken gibt es dann<br />

auf einmal keinen Unterschied mehr zwischen dem Meister und dir - „ich lebe, doch<br />

nicht ich, son<strong>der</strong>n Christus lebet in mir." Im Fall <strong>der</strong> alten Frau war es nicht ganz so -<br />

aber das gehört nicht hierher. Das Tagebuch ist ein Segen. Es wird dich jeden<br />

Augenblick daran erinnern - ich muß mein Tagebuch führen. Ich denke immer daran.<br />

Und wenn du etwas falsch machst, ist es eine Art Beichte. Ich habe darüber ein<br />

Rundschreiben herausgegeben. Ich hoffe, du hast es gelesen.<br />

Schüler: Ja, ich habe es gelesen.<br />

Meister: Aber - Sehen steht über allem. Gefühle sind in Ordnung. Nichts gegen<br />

Empfindungen und Schlußfolgerungen - doch sie alle unterliegen dem Irrtum. Sehen<br />

steht über allem.<br />

Schüler: Ich sehe also nicht?<br />

Meister: Wie bitte?<br />

Schüler: Ich sehe nicht?<br />

Meister (er schmunzelt): Ich will dir nicht meine Meinung aufzwingen; ich erkläre dir<br />

die Dinge nur. Noch an<strong>der</strong>e <strong>Fragen</strong> ? Nun gut, es ist 9:45 Uhr. In Ordnung - genug für<br />

heute!<br />

Kirpal Sandesh, Heft 2, 1985; The Light of Kirpal, Chapter 19<br />

171


INNERE UND ÄUSSERE MUSIK<br />

<strong>Die</strong>ser Ausschnitt aus einem <strong>Gespr</strong>äch vom 11.12.1970, <strong>der</strong> sich mit <strong>der</strong><br />

Bedeutung <strong>der</strong> inneren und äußeren Musik befaßt, stammt aus dem Buch "Heart<br />

to heart talks" (<strong>Gespr</strong>äche von Herz zu Herz), I. Band, das <strong>Gespr</strong>äche des<br />

Meisters mit Schülern enthält. (Im Zusammenhang mit diesem Thema sei auch<br />

auf das entsprechende Kapitel über "<strong>Die</strong> melodische Musik im Äußeren" in dem<br />

Buch "Naam o<strong>der</strong> das Wort", Seite 186-193, hingewiesen.)<br />

Frage: Meister, manchmal, wenn ich laute Musik hörte, fand ich, daß <strong>der</strong> Tonstrom<br />

danach sehr laut war. Gibt es dafür irgendeinen Grund? Es war, nachdem ich Musik<br />

von einem Plattenspieler gehört hatte.<br />

Der Meister: Nun, meiden Sie das, so gut Sie können, würde ich sagen. Äußere<br />

Musik dient nur dazu, daß sich die Leute zusammenfinden, nichts weiter. Und die<br />

äußere Musik wird euch nur ans Ende <strong>der</strong> Materie bringen, nicht darüber hinaus. Ihr<br />

mögt für eine Weile Konzentration erlangen, aber keinen weiteren Weg aufwärts. <strong>Die</strong><br />

innere Musik beginnt, wenn ihr euch über die Materie erhebt - es besteht ein großer<br />

Unterschied zwischen den beiden. Gebt euch nicht <strong>der</strong> äußeren Musik hin. Menschen,<br />

die in äußere Musik vertieft sind, sollten ein sehr reines Leben führen. Materie wird<br />

euch nach außen bringen. Das Gemüt ist materiell. Was ist <strong>der</strong> Unterschied zwischen<br />

Osten und Westen? Der Osten glaubt, daß das Gemüt materiell ist und sein Leben von<br />

<strong>der</strong> Seele nimmt. Der Westen sagt, daß das Gemüt bewußt ist. Das ist <strong>der</strong><br />

Unterschied. So wird euch das Gemüt immer zur materiellen Seite ziehen. Wie ein<br />

Klumpen Erde, den ihr in die "Luft werft, zur Erde zurückfallen wird, ganz gleich, wie<br />

hoch ihr ihn werft, weil Mutter Erde dort unten ist. Wenn ihr eine Kerze anzündet,<br />

wird ihre Flamme nach oben streben; ihre Quelle ist die Sonne oben - selbst wenn ihr<br />

sie umdreht, wird die Flamme nach oben streben.<br />

Gleicherweise ist die Seele von Gott. Wenn immer man sie von außen zurückzieht,<br />

wird sie nach oben streben, das ist ihre natürliche Neigung. Bei den äußeren<br />

Angelegenheiten führen euch die materiellen Dinge nur zum Materiellen. <strong>Die</strong> Kraft ist<br />

da, sie wird euch eine gewisse Konzentration geben, aber euch nicht die Materie<br />

überschreiten lassen. Das ist ein sehr schwieriger Punkt, wißt ihr? <strong>Die</strong> Menschen<br />

achten sehr selten darauf. Das ist es, warum die Heiligen Musik verwendet haben,<br />

aber nur, um die Menschen zusammenzubringen. Nun haben sie in allen Religionen<br />

die innere Musik vergessen und geben sich in Ekstase und Gerührtheit <strong>der</strong> äußeren<br />

Musik hin. Das erhebt euch nicht über das Körperbewußtsein. Ihr mögt durch die<br />

Verzückung für eine Weile beruhigt sein, aber es wird euch nicht darüber hinaus<br />

gelangen lassen. Wenn Guru Nanak irgendwo war, sagte er: „Nun gut, hier ist Musik;<br />

Musiker, beginnt zu spielen!“ Wenn dann die Menschen kamen, begann er zu<br />

predigen. Das ist nur ein gutes Mittel, um die Leute zusammenzurufen. Wenn ich<br />

Musik hier hätte, denke ich, würden alle hierherkommen - zum Schaden jener, die<br />

tatsächlich nach <strong>der</strong> wahren Musik verlangen. In Kirchen und Tempeln wird Musik<br />

gespielt, man mißt dieser Sache die falsche Bedeutung bei - man kennt nicht ihren<br />

eigentlichen Zweck. <strong>Die</strong> äußere Musik führt euch zu den äußeren Dingen, das ist alles.<br />

Ihr mögt sie, wie ich euch gerade gesagt habe, dazu verwenden, um die Menschen<br />

zusammenzubringen, das ist in Ordnung; aber im allgemeinen werden wir von ihr<br />

fortgetragen. Wir müssen sehr vorsichtig sein. Hafiz sagte: "Wenn ich mich<br />

nie<strong>der</strong>setze, erklingt meine Musik ohne Bezahlung. Wenn ich sitze [in Meditation],<br />

kommen meine Musiker und spielen ohne irgendeinen Lohn." Wie<strong>der</strong>um sagt er:<br />

172


"Ein <strong>Die</strong>b kommt in <strong>der</strong> Dunkelheit mit einer Lampe in <strong>der</strong> Hand." <strong>Die</strong>s sind<br />

Hinweise auf die Meditation, seht ihr? So ist jeden Moment eine gewisse Führung<br />

notwendig. Das Gemüt ist geneigt, üble Dinge zu tun.<br />

Eine Stunde mit einem Heiligen gibt euch mehr als alle Bücher und Jahre des<br />

Studiums. Er gibt euch etwas von <strong>der</strong> Quelle, was euch Bücher nicht im einzelnen<br />

vermitteln können. Was für eine lange Geschichte würde das geben, wenn man das<br />

alles nie<strong>der</strong>schreiben würde! Das sind praktische Dinge.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 2, 1976; Heart-to-Heart-Talks, Band I, Seite 226 - 228<br />

<br />

DIE OJAS-KRAFT<br />

"Ojas" - die spirituelle Kraft, die Frucht <strong>der</strong> Keuschheit. Der Meister<br />

beantwortete diese <strong>Fragen</strong> seiner Schüler am Abend des 27. Januar 1971 in<br />

seinem Haus in <strong>der</strong> Rajpur-Road in Dehra Dun.<br />

Frage: Gestern fand ich beim Lesen eine kurze Stelle über die Ojas-Kraft, aber sie<br />

wurde nicht genauer erklärt.<br />

Der Meister: Ojas ist die Kraft, die dabei hilft, euch ins Jenseits zu erheben; sie wird<br />

Ojas genannt. Ihr werdet verstehen, wie notwendig ein keusches Leben ist. Je mehr<br />

ihr von dieser Kraft in euch habt, desto gesün<strong>der</strong> seid ihr; selbst wenn sie über das<br />

hinausgeht, was <strong>der</strong> Körper braucht, wird sie euch helfen, ins Jenseits zu gelangen.<br />

Seht, aus <strong>der</strong> festen und flüssigen Nahrung stellt <strong>der</strong> Körper ein milchähnliches<br />

Element her, den "Chylus" (Milchsaft); dieser wird dann zu Blut; aus dem Blut bildet<br />

sich das Fleisch; aus dem Fleisch entstehen die Knochen und dann das Knochenmark.<br />

Aus dem Knochenmark entwickelt sich diese Kraft. Menschen, die nicht keusch sind,<br />

son<strong>der</strong>n sich <strong>der</strong> Unkeuschheit hingeben, haben keine Hoffnung auf Spiritualität. So<br />

ist Ojas die Kraft, die euch hilft, ins Jenseits zu gelangen. Darum ist Enthaltsamkeit<br />

Leben und Sexualität <strong>der</strong> Tod. Wir gebrauchen manchmal Worte, aber kennen nicht<br />

ihre grundlegende Bedeutung. Alles, was das Maß überschreitet, bringt Ver<strong>der</strong>ben,<br />

versteht ihr? Daher heißt es: "Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden<br />

Gott schauen"; diese Kraft hilft uns. Wer sich ihrer beraubt, hat eine schlechte<br />

Gesundheit, keine Kraft zu denken, würde ich sagen, er ist zu keiner schweren Arbeit<br />

fähig und zu nichts imstande.<br />

Jene, die nicht verheiratet sind, sollten strenge Enthaltsamkeit beachten. <strong>Die</strong><br />

Verheirateten sollten sich nach den heiligen Schriften richten. Nach den Schriften<br />

bedeutet Heirat, einen Lebensgefährten zu erwählen, <strong>der</strong> während des irdischen<br />

Lebens Freude und Leid mit euch teilt - und beide sollten Gott finden. Sie sollten sich<br />

gegenseitig helfen. Es mag eine Pflicht sein, Kin<strong>der</strong> zu zeugen - eine! Nicht alle! Wir<br />

glauben vielleicht, daß das eine Sache zu unserem Vergnügen ist. Das ist falsch.<br />

173


Ich sage euch, Ojas wird nirgendwo genau erklärt. Durch Ojas erhaltet ihr jene<br />

Kraft, die euch hilft, ins Jenseits zu gelangen. Wie könnt ihr meditieren, wenn ihr von<br />

dieser kostbaren Flüssigkeit keinen Überschuß habt? Jetzt werdet ihr verstehen, wie<br />

wichtig Keuschheit ist. Das Wort "Keuschheit" wird für Leben gebraucht, und das<br />

Gegenteil davon ist <strong>der</strong> Tod, versteht ihr? <strong>Die</strong>se Dinge werden uns<br />

bedauerlicherweise nicht erklärt; von alleine verstehen wir das nicht. Ich möchte<br />

betonen, daß äußeres Gehabe und zu tun als ob nutzlos ist. Deshalb habe ich diesen<br />

Punkt in die Tagebuchblätter aufgenommen, auch in Gedanken und Worten. Selbst<br />

wenn ihr in Gedanken und Worten unkeusch seid, wird es euch beeinträchtigen.<br />

Wenn ihr eine sehr einfache Diät und Keuschheit beachtet, werdet ihr aufblühen.<br />

Eure ganzen Stärkungsmittel, das von außen mit <strong>der</strong> Nahrung zugeführte Eiweiß –<br />

das alles hilft euch nicht. Tun als ob und eine reichhaltige Nahrung bringt euch nichts<br />

ein - es hat nur eine vorübergehende Wirkung. Ich denke, wenn ihr euch in Positur<br />

stellt und etwas vorspielt, macht das den Eindruck, als ob ihr in Ordnung seid, mehr<br />

nicht.<br />

Im Westen ist es bei den Mädchen üblich, daß sie sich ihren Ehemann selbst<br />

suchen, und auch die Männer suchen sich ihren Ehepartner selbst. Es war einmal ein<br />

häßliches Mädchen, das keiner heiraten wollte. Sie war enttäuscht, verließ die Stadt<br />

und lebte an einem abgelegenen Ort. Wenn man enttäuscht ist, wendet man sich<br />

natürlich Gott zu. Sie verbrachte ihre Tage in liebevoller Erinnerung an Gott. Etwa<br />

nach einem Jahr kam jemand zu ihr und sagte: "Ich möchte dich heiraten." "Was,<br />

wovon sprichst du? Ich bin die häßlichste Frau <strong>der</strong> Welt." "Nein, nein, nein, du bist<br />

nicht häßlich." "Nein, nein, höre auf, mit mir zu spaßen!" Sie betrachtete sich in<br />

einem Spiegel - ihre Gesichtszüge hatten sich verän<strong>der</strong>t. Gedanken sind also sehr<br />

mächtig, seht ihr? Reines Denken ist ein Segen. Wie ich schon sagte, hilft euch die<br />

Ojas-Kraft, ins Jenseits zu gelangen.<br />

Frage: Hängt auch die Denkfähigkeit von Ojas ab? Beruht auch die Keuschheit <strong>der</strong><br />

Gedanken auf Ojas?<br />

Der Meister: Ihr vergeudet eure Kraft beim Denken. Gedanken werden zu Worten<br />

und Taten. <strong>Die</strong>s stört jene nicht, die keine Ahnung von Gott haben. Wenn ihr die<br />

Tagebücher mancher Initiierter anseht, entschuldigt bitte, sind sie voll von Verstößen<br />

gegen Keuschheit in Taten. Sie konsumieren es wie Nahrung. Das ist verkehrt. Ich<br />

muß ihnen sehr höflich die rechte Richtung weisen: "Achtet mehr darauf."<br />

Frage: Aber hilft Ojas auch, den Verstand zu entwickeln?<br />

Der Meister: Keuschheit hilft bei allem. Wenn das Öl aus einer brennenden Lampe<br />

läuft, wie lange kann sie euch dann noch Licht geben? <strong>Die</strong>s ist das Fundament, auf<br />

dem das Gebäude errichtet wird; euer physischer Körper, euer Verstand, einfach<br />

alles. Swami Ram Tirath war Direktor <strong>der</strong> Staatlichen Hochschule in Lahore. Er<br />

sagte, manchmal komme es vor, daß die besten Studenten beim Examen versagen.<br />

Als sie die Sache näher untersuchten, stellten sie fest, daß die Studenten in <strong>der</strong> Nacht<br />

zuvor Lebensflüßigkeit verloren hatten. Kabir sagt, wenn ein Hund das Maß in dieser<br />

Sache überschreitet, ist er einen Monat lang traurig - es beeinträchtigt ihn einen<br />

Monat. Was soll man von Männern sagen, die sich dem täglich hingeben! Ich brauche<br />

über diese Dinge nicht so offen zu sprechen, aber dies schneidet die Lebenswurzel ab.<br />

Ich glaube, ihr werdet kaum jemanden finden, <strong>der</strong> auch nur für einen Monat<br />

174


Keuschheit beachtet. Sie denken vielleicht, das sei ein Teil ihrer Nahrung; aber das ist<br />

falsch. So ist ein enthaltsames, normales Leben, wie es die Schriften vorschreiben,<br />

richtig. Darum betone ich, daß das Eheleben kein Hin<strong>der</strong>nis für die Spiritualität ist,<br />

wenn man es gemäß den Schriften führt. Wenn ich etwas schreibe, denke ich mir<br />

etwas dabei, versteht ihr? Wir lesen das nur, nicht mehr.<br />

Ihr habt eueren Plan - euren Bericht <strong>der</strong> Selbstprüfung - dabei, seht ihn euch an.<br />

Wenn die Gedanken in Ordnung sind, verliert ihr weniger. Angenommen, ihr verliert<br />

ein Gramm durch Gedanken, fünf Gramm durch Worte und ein halbes Pfund durch<br />

die Tat? Gedanken sind sehr mächtig, seht ihr? Ihr wollt noch in dieser Geburt nach<br />

Hause gehen; nun gut, tut es. Dann werdet ihr sicher gehen. Einerseits versucht ihr<br />

es, an<strong>der</strong>erseits beraubt ihr euch dessen wie<strong>der</strong>, was soll das? Ihr könnt nicht<br />

meditieren. Wenn einige sagen: "Wir können nicht sitzen, unser Gemüt erlaubt es<br />

nicht", ist das alles dem Versagen zuzuschreiben. In <strong>der</strong> großen Legende des<br />

"Ramayana" wollten Ramas Gegner ihn bekämpfen. Von <strong>der</strong>en Seite stellte sich einer<br />

zum Kampf, <strong>der</strong> zwölf Jahre strenge Enthaltsamkeit, ein keusches Leben, beachtet<br />

hatte. Aber von Ramas Seite wurde Laxman - <strong>der</strong> sein ganzes Leben keusch gewesen<br />

war - zum Kampf auserwählt. Ich habe die Lebensbeschreibung Napoleons gelesen.<br />

Wenn sein Name fiel, zitterte ganz Europa. Was geschah, als er in <strong>der</strong> Schlacht von<br />

Waterloo gefangen wurde? Es wird berichtet, daß er wegen dieses Fehlers, den er in<br />

<strong>der</strong> Nacht zuvor begangen hatte, gescheitert ist.<br />

Im Leben eines jeden werdet ihr finden, daß dies ein Hin<strong>der</strong>nis ist, das größte<br />

Hin<strong>der</strong>nis bei <strong>der</strong> Mehrzahl. Reden ist eine Sache, es zu leben eine an<strong>der</strong>e. Indien<br />

wurde von Westen her, von Persien aus, drei- o<strong>der</strong> viermal angegriffen. Prithvi Raj<br />

setzte sich gegen die Angreifer zur Wehr und schlug sie zurück. Aber schließlich<br />

wurde er gefangengenommen; es war aus demselben Grund. Am darauffolgenden Tag<br />

seid ihr nicht in guter Verfassung, versteht ihr?<br />

Ich glaube nicht, daß euch diese Sache jemals so anschaulich dargelegt wurde.<br />

Wenn ihr diese Tatsachen beachtet, werdet ihr aufblühen, eure ganze Kraft wird sich<br />

vermehren.<br />

Wenn ihr selbst kein Licht erhalten habt, wie könnt ihr dann verstehen, was das<br />

Licht ist? Es sich vorzustellen, hilft nichts. Und es wurden in <strong>der</strong> Welt Menschen von<br />

so vielen, vielen Meistern initiiert. Auch sie ermangeln <strong>der</strong> Keuschheit - selbst jene,<br />

die an <strong>der</strong> Spitze stehen. Sie haben keine Kontrolle über diesen Verlust. Und ich habe<br />

in meinem Leben nie davon geträumt. Es ist von großem Wert, versteht ihr, wenn ihr<br />

einen Vorrat in euch habt.<br />

<strong>Die</strong> Natur verschont keinen. "Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden<br />

Gott schauen." <strong>Die</strong>s sind sehr klare Worte. Wenn ihr die Kraft von Ojas nicht habt,<br />

wie könnt ihr da Gott schauen? Wie könnt ihr euch erheben? Sie ist dazu da, euch<br />

einen Auftrieb zu geben, damit ihr etwas erhaltet; dann müßt ihr es bewahren.<br />

Lebt auf normale Weise, gebt euch nicht allem hin. Der Gott <strong>der</strong> Nahrung<br />

beschwerte sich bei Lord Vishnu: "<strong>Die</strong> Menschen essen mich zuviel." Er erwi<strong>der</strong>te<br />

darauf: "<strong>Die</strong> mehr essen, als sie wirklich brauchen – die ißt du auf!" Was immer<br />

unverdaut bleibt, erzeugt Krankheit. Durch zuviel essen werdet ihr unfähig, irgend<br />

etwas zu verdauen. Jene, die sich allem zu sehr hingeben, sind schließlich unfähig,<br />

sich an irgend etwas zu erfreuen. <strong>Die</strong>se Dinge zehren sie auf. Darum ist, wie ihr wißt,<br />

175


die Selbstprüfung äußerst notwendig, um die wir uns wenig, sehr wenig kümmern.<br />

Verschont euch also nicht.<br />

Frage: Wenn jemand zuviel ißt, beeinflußt das keusche Gedanken?<br />

Der Meister: Wenn die Nahrung nicht verdaut ist, seid ihr nicht fähig zu meditieren.<br />

Ihr seid schläfrig. Solange es euer Magen verkraften kann, ist es gut - vielleicht für ein<br />

o<strong>der</strong> zwei Monate, ein Jahr o<strong>der</strong> so. Danach, wenn ihr euch weiterhin übereßt, seid<br />

ihr nicht mehr fähig, zu verdauen. Es bedeutet das gleiche, daß Speise und Trank<br />

euch aufzehren. Wenn ihr nicht verdauen könnt, verliert ihr Kraft und Stärke. Wie<br />

entstehen Krankheiten? Wenn Nahrung nicht verdaut wird, bringt sie Krankheiten<br />

hervor.<br />

Drei Dinge töten einen Menschen - Hetze, Sorge und Nahrung, die nicht verdaut<br />

wird. Versteht ihr, wie sehr wichtig das ist? Es ist sehr gut, daß Sie diese Frage über<br />

Ojas gestellt haben.<br />

Frage: Ist Samenverlust während <strong>der</strong> Nacht genau genommen eine Sache <strong>der</strong><br />

Gedanken, die wir tagsüber haben?<br />

Der Meister: Sicherlich. Wenn ihr in die Augen an<strong>der</strong>er schaut, beeinflussen sie<br />

euch. <strong>Die</strong> Augen sind die Fenster <strong>der</strong> Seele. Schaut nicht in die Augen an<strong>der</strong>er, gleich<br />

welchen Geschlechts sie sind. Wenn ihr euch unter Kontrolle habt und ihr an<strong>der</strong>e<br />

beeinflussen könnt, ist das etwas an<strong>der</strong>es.<br />

Während <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Schülerschaft müssen wir sehr achtsam sein. Wenn ihr<br />

herangewachsen seid und einen Notanker habt, können euch an<strong>der</strong>e nichts anhaben -<br />

ihr werdet an<strong>der</strong>en Leben geben. Manchmal sagen wir: "Nun, <strong>der</strong> Meister spricht zu<br />

jedem liebevoll." Er spricht liebevoll aus seiner Seele, nicht vom Körper aus, versteht<br />

ihr? An<strong>der</strong>e, die sehr liebevoll sprechen, sprechen von <strong>der</strong> Ebene des Körpers aus.<br />

Liebe, die im Körper entsteht und in ihm endet, ist keine Liebe. <strong>Die</strong> Liebe aber, die im<br />

Körper entsteht und in <strong>der</strong> Seele endet, das ist Liebe. Alle Liebe, die im Körper endet,<br />

wird Lust genannt. Was ist Lust? Lust ist Liebe - eine Liebe, die im Körper entsteht<br />

und im Körper endet. Indem ihr hier sitzt, erhaltet ihr durch die Ausstrahlung einen<br />

Auftrieb, um ins Jenseits zu gehen - das ist Liebe. Deshalb wird diese Liebe<br />

Nächstenliebe genannt.<br />

Frage: Wie streng sollten wir hinsichtlich unseres Umgangs mit an<strong>der</strong>en sein?<br />

Selbst mit Initiierten? Sollten wir keinen Unterschied machen?<br />

Der Meister: Kommt zusammen, soweit es notwendig ist. Wenn ihr euch beim<br />

Satsang trefft, solltet ihr alle an niemand an<strong>der</strong>en denken als an Gott. Satsang ist nur<br />

dann Satsang, wenn kein an<strong>der</strong>er Gedanke, außer <strong>der</strong> an Gott, in eurem Gemüt<br />

aufkommt. Wenn ihr dort seid und euch auf gesellschaftlicher Ebene begegnet - euch<br />

küßt - ist das kein Satsang.<br />

Es wurde mir berichtet, daß sie an einem Ort viel Aufhebens mit Kin<strong>der</strong>n gemacht<br />

haben, sie haben sie umarmt und ähnliches. Ich habe ihnen Einhalt geboten. Nun,<br />

diese Art von Liebe beeinträchtigt euer Leben, versteht ihr? Wenn man zwei Gläser<br />

zusammen packt, schlagen sie gegeneinan<strong>der</strong> und zerbrechen, nicht wahr? Wir sind<br />

noch nicht Herr unseres Körpers, versteht ihr? Wir werden hin- und hergerissen. So<br />

müßt ihr während <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Schülerschaft sehr vorsichtig sein. Auch danach<br />

176


können jene stürzen, die sich selbst noch nicht ganz unter Kontrolle haben. Wir<br />

müssen sehr vorsichtig sein. Als ich das Tagebuch vorschrieb, hatte das wirklich eine<br />

Bedeutung.<br />

Heute haben sich die Zeiten geän<strong>der</strong>t. Niemand kann mehr für lange Zeit bei einem<br />

Meister bleiben. Es muß ihnen etwas gegeben werden. Was euch gegeben wird, solltet<br />

ihr durch Selbstprüfung bewahren. Zur Zeit <strong>der</strong> Initiation werden euch Licht und Ton<br />

gegeben. Das bleibt so für ein paar Tage; wenn sich aber euer Leben verschlechtert,<br />

werden sie wie<strong>der</strong> weggehen.<br />

Gott ist Leben, Liebe und Licht. Ihr bekommt Leben, Keuschheit ist Leben. Wir<br />

lesen diese Dinge nur und gehen ihnen nicht auf den Grund. Gott ist Leben, Liebe und<br />

Licht. Woher kommt Leben? Von Keuschheit! <strong>Die</strong>se Dinge werden nicht gepredigt,<br />

das ist bedauerlich. Man sagt euch nur, geht und erfüllt diese Pflicht und dann jene.<br />

Wenn euer Leben wirklich rein ist, dann kann euch ein einziger Gedanke helfen.<br />

Dankt Gott, daß ihr trotzdem etwas erhalten habt; das ist die Gnade unseres Meisters.<br />

Aber wir müssen es bewahren. Ein normales Leben ist in Ordnung.<br />

Frage: Jemand hat einmal über das Denken gesagt: "Ich denke, also bin ich", aber<br />

das ist nicht wirklich wahr, denn selbst wenn ich nicht denke, bin ich. Ist das richtig?<br />

Der Meister: Sie sind ein bewußtes Wesen, und das Denken kommt aus dem<br />

Bewußtsein. Wie kann jemand, <strong>der</strong> nicht bewußt ist, denken? Wenn ihr deshalb sagt:<br />

"Ich denke", bedeutet dies, daß ihr bewußt seid. Wir gebrauchen gewöhnlich Worte<br />

und gehen ihrer Bedeutung nicht auf den Grund. Wir sind bewußte Wesen. Und<br />

dieses Bewußtsein wirkt mit Hilfe des Gehirns, durch den Verstand. Das Bewußtsein<br />

hilft euch zu denken. Deshalb wird gesagt: "Gott ist alle Intelligenz, alle Weisheit, alle<br />

Liebe und alles Leben."<br />

So wirkt Gott; Er ist alles Bewußtsein, und ihr seid ein Tropfen aus diesem Meer<br />

aller Bewußtheit. Ihr habt dieselbe Kraft erhalten, das gleiche ist in euch - Leben,<br />

Licht und Liebe. Als Präsident <strong>der</strong> Weltgemeinschaft <strong>der</strong> Religionen hielt ich einmal<br />

eine Ansprache über diesen beson<strong>der</strong>en Punkt: Leben, Licht und Liebe. <strong>Die</strong><br />

Menschen gebrauchen diese Worte, doch sie überlegen nicht, was sie tatsächlich<br />

bedeuten.<br />

Einer, <strong>der</strong> sich dem äußeren Verlust dieser ganzen Kraft hingibt, hat nie Geduld,<br />

sage ich euch. Das ist ein äußeres Zeichen. Er wird überschäumen wie kochende<br />

Milch und kann sich nicht beherrschen. Das ist das eine, das ihr erkennen könnt.<br />

Aber einer, <strong>der</strong> sehr stark ist, betrachtet alles mit innerer Ruhe. Das ist etwas, das sich<br />

daraus ergibt. Ihr könnt danach urteilen, versteht ihr? Wenn sich einer plötzlich<br />

erregt, sich selbst nicht beherrschen kann, ist dies ein sicheres Zeichen dafür, daß er<br />

nicht keusch ist. Er verliert die ganze Kraft. Für ein Gebäude, das auf einem<br />

schwachem Untergrund steht, braucht ihr ein starkes Fundament. Dann könnt ihr<br />

darauf viele Stockwerke errichten; wenn aber das Fundament schwach ist, was dann?<br />

Es wird einstürzen. <strong>Die</strong> Meister habe dieses Beispiel auf an<strong>der</strong>e Art erzählt. Sie sagen:<br />

"Wie lange halten Mauern, die aus Sand gebaut sind?"<br />

"Brahmacharya" ist ein Wort, das man für Keuschheit gebraucht. Brahmacharya ist<br />

die Lebensweise, um Gott zu finden. Brahmacharya bedeutet Selbstprüfung und ist<br />

ein Weg, <strong>der</strong> euch befähigt, Gott zu finden. Das an<strong>der</strong>e Wort ist "Sadachar", ethisches<br />

Leben. "Brahmacharya": "Brahm" heißt Gott, und "acharya" bedeutet die Lebens-<br />

177


weise. Das heißt nicht nur, den Samen in euch unter Kontrolle zu haben, son<strong>der</strong>n all<br />

eure nach außen gehenden Kräfte. Beherrscht eure Zunge, kontrolliert eure<br />

Gedanken, denkt von keinem an<strong>der</strong>en schlecht. Laßt euch nicht durch das<br />

beeinflussen, was ihr von an<strong>der</strong>en hört. Wenn an<strong>der</strong>e sagen: "Ich habe den und den<br />

gesehen, wie er das und das getan hat" - glaubt es nicht!<br />

Frage: Ist somit Keuschheit die wichtigste aller Tugenden?<br />

Der Meister: Sie ist das Fundament des physischen Körpers. Der Körper sollte wie<br />

ein Gebäude sein", das auf einem starken Fundament steht. Selbst die Gedanken beeinflussen<br />

schon das Kind im Mutterleib. Manche Kin<strong>der</strong> sind sehr lebhaft. Das ist<br />

auf ihre Eltern zurückzuführen. Während das Kind im Mutterleib ist, müssen wir<br />

ganz keusch, ruhig und liebevoll sein; dies wird das Kind im Mutterleib beeinflussen.<br />

Es wird so geboren. <strong>Die</strong> Probleme mancher Kin<strong>der</strong> sind Rückwirkungen <strong>der</strong><br />

Vergangenheit, und einige sind Auswirkungen <strong>der</strong> Gedanken ihrer Mütter. Das<br />

Thema ist sehr weitreichend, wie ihr seht.<br />

Ich will euch noch etwas mehr sagen, das euch von Hilfe sein wird. Es besteht ein<br />

großer Unterschied zwischen Tieren und Menschen. Wenn ein Tier trächtig ist, wird<br />

es kein männliches Tier berühren. Jedoch die Menschen - wir sind das Höchste in <strong>der</strong><br />

ganzen Schöpfung - was tun wir? Es ist beschämend! Nicht wahr? Ein Hinweis sollte<br />

genügen, ich brauche nicht weiter darauf einzugehen. Wir beachten das nicht.<br />

Jedes Thema kann man gründlich erörtern, um die Wahrheit von Grund auf<br />

verständlich zu machen, wie ihr seht.<br />

Frage: Ich bin sicher, daß außer mir viele Initiierte an <strong>der</strong> folgenden Frage<br />

interessiert sind: Wenn wir vor <strong>der</strong> Initiation unkeusch gelebt haben, wie lange<br />

dauert es dann, braucht es eine bestimmte Zeit, bis wir uns angepaßt haben?<br />

Der Meister: Wenn ihr Gift nehmt, schadet es euch. Nehmt also kein Gift mehr. In<br />

Sünde zu fallen ist menschlich, doch darin zu verbleiben teuflisch. Eine Ehebrecherin<br />

wurde zu Christus gebracht. Er sagte, nun gut, was sagen eure Schriften? - Sie<br />

schreiben vor, daß so jemand zu Tode gesteinigt werden sollte. Stellt sie dorthin und<br />

steinigt sie. Und wer soll sie steinigen? Wer sich im Innersten seines Herzens von<br />

dieser Schuld frei weiß. Niemand wagte es. Und er sagte: "Nun gut, gehe hin und<br />

sündige hinfort nicht mehr." Wenn jemand zur Zeit unseres Meisters Ehebruch<br />

beging, erhob er sich vor <strong>der</strong> ganzen Versammlung und sagte: "Meister, ich habe dies<br />

getan." Baba Sawan Singh erwi<strong>der</strong>te dann: "Nun, kann irgendeiner von euch die Last<br />

seiner Sünde tragen?" Wer würde es wagen, das zu sagen? Dann sprach er: "Nun gut,<br />

tue es nicht mehr", genau so.<br />

Wir sollten an irgendeinem Punkt aufhören. Das aufgenommene Gift kann nicht<br />

beseitigt werden. Doch wenn ihr aufhört, Gift zu essen, dann ist es in Ordnung. Somit<br />

gibt es für einen jeden Hoffnung.<br />

Frage: Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich die Verbindung mit meinen<br />

Wünschen verliere, weil ich alles gewohnheitsmäßig mache, und ich habe<br />

herausgefunden, daß es am besten ist, wenn ich jeden Augenblick zu denken<br />

versuche: "Was will ich?" - ich meine - "Was will meine Seele?" Auf diese Weise frage<br />

ich mich selbst, was ich will, und dann tue ich nichts, was mir schaden könnte. Wenn<br />

ich es aber aus Gewohnheit tue...<br />

178


Der Meister: Ich denke, daß meine Antwort sehr deutlich war und Sie sie nicht<br />

verstanden haben. Das zeigt ihre Frage ganz deutlich. Wenn ihr nicht nach dem leben<br />

könnt, was Er sagt, habt ihr keine Macht über euch selbst. Ihr verliert dabei, ihr seid<br />

sehr leichtfertig. <strong>Die</strong>se Dinge sollten keinem ins Gesicht gesagt werden. Das kommt<br />

durch die mangelhafte Führung des Tagebuches. Seid wie ein strenger Zuchtmeister,<br />

verschont euch nicht. Ihr solltet wissen, daß Er, <strong>der</strong> in euch ist, nicht einmal mich<br />

verschont. Gott segne euch. Das bedeutet, daß man sehr wachsam bleiben muß. Wie<br />

ich bereits sagte, ein Mensch scheitert, wenn er keinen Auftrieb hat, keinen Notanker<br />

in sich findet. Ich denke, ich sage euch hier etwas sehr Wahres, etwas sehr<br />

Grundlegendes, dem ihr wenig o<strong>der</strong> keine Aufmerksamkeit schenkt. Wir haben uns<br />

den sinnlichen Wünschen, den Sinnesfreuden, bereits auf die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weise<br />

hingegeben. Wie können wir uns über sie erheben, solange wir an sie gebunden sind?<br />

Wir sollten eine gewisse Disziplin haben. Wenn ein Arzt zu euch kommt, weil ihr<br />

Fieber habt, und er euch anweist, keine feste Nahrung zu euch zu nehmen, müßt ihr<br />

euch danach richten.<br />

<strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong> Pfad <strong>der</strong> Schülerschaft, den ich euch erkläre. Ihr müßt sehr vorsichtig<br />

sein. Wenn ihr aber für eine bestimmte Zeit genau danach lebt, wird euch das zur<br />

Gewohnheit. Und wenn ihr länger so lebt, wird es euch dadurch zur zweiten Natur.<br />

Ihr werdet nicht fähig sein, an<strong>der</strong>s zu handeln. Warum macht ihr also nicht den<br />

besten Gebrauch von dieser Gewohnheit des Gemüts? Tut eine Sache heute, morgen,<br />

etwa einen Monat lang, was dann? Dann wird euer Gemüt natürlich in diese Richtung<br />

gehen. Macht euch das Gemüt zum Freund, versteht ihr? "In Ordnung, laß uns das<br />

tun!" Wenn sich eine Gewohnheit gebildet hat, seid ihr gerettet. Das Gemüt hat die<br />

Neigung, euch zur Welt zurückzubringen. Das ist alles. Solange unsere Gedanken,<br />

unser Überlegen und unser Bewußtsein an die äußeren Fähigkeiten gebunden sind,<br />

können wir uns nicht erheben. Wenn wir einmal lernen, uns über sie zu erheben und<br />

diese höhere Neigung entwickeln, diese Glückseligkeit jeden Tag erfahren, werden<br />

wir natürlich nicht zurückkehren wollen. Das wird sich durch die Gewohnheit<br />

ergeben. Dafür müssen wir uns anstrengen. Ihr habt einen Auftrieb o<strong>der</strong> ein<br />

Anfangskapital erhalten, das ist ein großes Zugeständnis. Aber bewahrt es.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 5, 1976 ; engl. 11, 1974<br />

<br />

EMPFÄNGLICHKEIT<br />

Laßt euer Werkzeug von Unreinheiten frei sein<br />

Ein Darshan-<strong>Gespr</strong>äch vom 14. Februar 1971 in Dehra Dun, Indien<br />

Frage: Meister, wenn man den Ton von <strong>der</strong> Seite hört, ohne die Daumen in die<br />

Ohren zu stecken, sollten wir die Ohren dennoch mit den Daumen verschließen?<br />

Der Meister: Der Ton, den man hört, ohne die Ohren zu schließen, ist eine Gabe,<br />

einfach um eure Aufmerksamkeit durch das Hören zu beschäftigen, was keinen<br />

fremden Einflüssen erlaubt, in euch einzudringen. Wenn ihr aber eure Ohren nicht<br />

179


verschließt und euch zum Hören setzt, wird dieser Ton nicht von oben kommen und<br />

euch ins Jenseits ziehen. Das ist <strong>der</strong> Unterschied. Beides hat seinen eigenen Wert.<br />

Das erste [<strong>der</strong> Ton, <strong>der</strong> bei nicht verschlossenen Ohren erklingt] hält eure<br />

Aufmerksamkeit fest: "Eine Kraft wirkt über euch." Wenn ihr eure Aufmerksamkeit<br />

dem Ton zuwendet, werdet ihr all eure Arbeit tun und von äußeren Einflüssen<br />

unberührt sein. Er wird als Rettungsanker gegen negative Einflüsse dienen - ihr<br />

werdet abgeschirmt sein. Versteht ihr? Das wird die Wirkung des Tones sein, den<br />

man hört, ohne die Ohren zu schließen. Das wird zur gegebenen Zeit entwickeln.<br />

Auch wenn ihr arbeitet, ertönt er im Innern weiter. Das ist eine Art Schutz, <strong>der</strong> euch<br />

gewährt wird. Das ist die Gotteskraft. Aber wenn ihr euch nicht hierhin zurückzieht,<br />

indem ihr euch hinsetzt, wird dieser Ton nicht imstande sein, euch ins Jenseits zu<br />

ziehen. Das ist <strong>der</strong> Unterschied.<br />

Frage: Manchmal jedoch, wenn wir den Ton hören, ist er ohne die Daumen in die<br />

Ohren zu stecken viel stärker …<br />

Der Meister: <strong>Die</strong>s geschieht durch die Geladenheit <strong>der</strong> Atmosphäre, wo <strong>der</strong> Meister<br />

lebt. Ihr dürft diese Geladenheit nicht unterschätzen. Ihr erhaltet sie frei, ohne<br />

irgendeine Anstrengung, ohne irgendeine Art von Bezahlung. <strong>Die</strong> physische<br />

Gegenwart des Meisters darf man auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Seele nicht unterschätzen. Ihr<br />

könnt diese Geladenheit sogar aus <strong>der</strong> Entfernung erhalten, wenn ihr<br />

Empfänglichkeit entwickelt habt. Wenn ihr Empfänglichkeit entwickelt habt, wird es<br />

genauso sein, als ob ihr hier wäret. Wo jene sind, die Empfänglichkeit entwickelt<br />

haben, ist die Atmosphäre mit <strong>der</strong> liebevollen Erinnerung an den Meister geladen.<br />

Dort, "wo mehr als ein Mensch sitzt, ist Er da", und ihr könnt euch dessen aus <strong>der</strong><br />

Entfernung erfreuen. Wenn ihr Empfänglichkeit entwickelt habt, werdet ihr zum<br />

Sprachrohr des Meisters - ihr sprecht und die Geladenheit ist da, weil die Worte in<br />

<strong>der</strong> Atmosphäre unmittelbar gegenwärtig sind. <strong>Die</strong> Gedanken in <strong>der</strong> Atmosphäre<br />

werden euch einen Auftrieb geben. Nun, ihr seht mit eurem Fernsehen, ihr hört den<br />

Ton über Hun<strong>der</strong>te und Tausende von Kilometern hinweg. Der Ton ist bereits da,<br />

nicht wahr? Ihr fangt ihn einfach auf. Wenn ihr ihn ergreift, werdet ihr diesen<br />

Auftrieb durch die Empfänglichkeit erhalten. Alles ist bereits da, ihr braucht nur ein<br />

Werkzeug, um es von hier, dort, von überallher zu empfangen, nicht wahr? Wenn eine<br />

Gedankenwelle da ist, sich in <strong>der</strong> Atmosphäre befindet, könnt ihr sie auffangen. Aber<br />

wenn ihr dieses Instrument nicht entwickelt habt, ist es schwierig. Ihr könnt sie also<br />

wie ein Radiogerät in eurem Gebiet empfangen. <strong>Die</strong> Gedankenwelle ist schon da. Ihr<br />

schaltet einfach das Gerät ein und empfangt. Nun, wie wun<strong>der</strong>bar ist es,<br />

Empfänglichkeit zu entwickeln! Ihr werdet eins mit dem Meister, seht ihr? Ihr könnt<br />

dem Meister eine Frage stellen und einem, <strong>der</strong> empfänglich ist, die gleiche Frage<br />

vorlegen: sie werden mit den gleichen Worten antworten. Versteht ihr diese Theorie<br />

auf die rechte Weise? Ihr müßt Empfänglichkeit entwickeln, und die Empfänglichkeit<br />

entwickelt sich nur, wenn nichts zwischen euch und dem Meister steht - kein an<strong>der</strong>er<br />

Gedanke. Wenn Schmutz in eurem Empfänger ist, glaubt ihr, daß er dann die<br />

Botschaft empfangen wird? Trotzdem, auch bei Schwierigkeiten, wird die Botschaft<br />

weiter gesendet. Sie ist da! Der Meister sagt: "Setzt euch hin", und ihr werdet<br />

eingestimmt. Manchmal hören Menschen aufgrund von Rückwirkungen aus <strong>der</strong><br />

Vergangenheit den Ton und wissen nicht, was sie nun tun sollen. Sie glauben, ein<br />

Ohrenleiden zu haben und lassen es medizinisch behandeln.<br />

Es gibt also Botschaften auf verschiedenen Ebenen. Je intensiver ihr euch abstimmt<br />

- laßt es mich auf diese Weise ausdrücken - desto feinere Dinge könnt ihr empfangen.<br />

Der Meister spricht Botschaften vom Allerhöchsten aus. Gott spricht durch ihn. Aber<br />

180


da er sich auch <strong>der</strong> niedrigeren Ebene bewußt ist, kann er sie an<strong>der</strong>en auf ihrer Ebene<br />

erklären. Denkt ihr, daß diese Dinge in den Büchern stehen? Nein … Ich erkläre euch<br />

das nur vom Gesichtspunkt des gesunden Menschenverstandes. Ihr könnt<br />

Empfänglichkeit entwickeln - dann habt ihr die gleichen Gedanken, die auch <strong>der</strong><br />

Meister hat.<br />

Ich denke, ich habe es euch mit Gleichnissen erklärt und euch Beispiele gegeben,<br />

damit ihr die Dinge versteht. Da gab es ein paar Porträtmaler, die in ein fremdes Land<br />

reisten und den Herrscher um Erlaubnis baten, ein Wandgemälde zu malen. Man gab<br />

ihnen eine Wand in einer Halle für ihre Arbeit. Auch die Leute, die in diesem Land<br />

lebten, gingen zum König und baten ebenfalls um die Erlaubnis, ein Wandgemälde zu<br />

malen. Man zog als quer durch die große Halle einen langen Vorhang, damit keiner<br />

die Arbeit des an<strong>der</strong>en sehen konnte. <strong>Die</strong> auswärtigen Maler arbeiteten schwer an<br />

ihrem Gemälde. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en taten nichts. Als das Bild fertig war, zog man den<br />

Vorhang zur Seite, und zum großen Erstaunen des Herrschers war dasselbe, genau<br />

dasselbe Gemälde, das die Fremden angefertigt hatten, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Wand; sogar<br />

klarer, ohne jeden Makel. "Was habt ihr gemacht?" "Wir haben nichts getan, wir<br />

haben nur die Wand poliert, damit sie [das Bild] spiegeln kann." Wenn ihr also<br />

Empfänglichkeit entwickelt, spricht <strong>der</strong> Meister durch euch. Aber nur, wenn nichts<br />

mehr zwischen euch und ihm steht. Das bedeutet empfänglich sein. Genau wie ein<br />

Gerät, das von allem Schmutz frei und ganz sauber ist, empfangen wird … das ist<br />

Spiritualität. An<strong>der</strong>e zu beeinflussen, in sie einzudringen und die Gedanken an<strong>der</strong>er<br />

zu lesen ist keine Spiritualität. Empfänglichkeit entwickeln ist <strong>der</strong> erste Schritt.<br />

Macht weiter … lebt danach, überschreitet die drei Ebenen. Das wird nicht in einem<br />

Tag erreicht. Regelmäßigkeit macht sich bezahlt. Fahrt fort, damit ihr empfänglich<br />

werdet und nichts mehr - kein Geheimnis und keine Bedenken - zwischen euch und<br />

dem Meister verbleibt. Wenn ihr einen liebt, habt ihr dann noch irgendwelche<br />

Vorbehalte?<br />

Frage: Kann ich einen Brief, den ich habe, in dem die geladenen Namen stehen,<br />

irgend jemand zeigen?<br />

Der Meister: Sie können ihn den Initiierten zeigen. <strong>Die</strong> fünf Namen werden bei <strong>der</strong><br />

Initiation gegeben. Sie werden sehen, daß die an<strong>der</strong>en fragen werden: "Was hat es<br />

damit auf sich? Warum?" Auch wenn die Menschen die fünf Namen kennen - sie<br />

stehen in den Büchern - sind sie nicht geladen. Sie sind nicht geladen. <strong>Die</strong> Ladung<br />

hilft. Es gibt bereits eine geson<strong>der</strong>te Erläuterung <strong>der</strong> fünf Namen. <strong>Die</strong>se Erklärung<br />

<strong>der</strong> fünf Namen ist nur für jene, die initiiert sind, nicht für an<strong>der</strong>e. Gott wird auf<br />

wissenschaftliche Weise als die eine Kraft, die auf allen Ebenen wirkt und gemäß<br />

ihres Wirkens mit verschiedenen Namen benannt wird, erklärt. Genauso wie hier ein<br />

Kraftwerk arbeitet und die Fabrik dort drüben steht, so sind wir alle mit dem Einen<br />

verbunden. <strong>Die</strong> Gotteskraft ist eine und wird auf den verschiedenen Ebenen ihnen<br />

entsprechend mit verschiedenen Namen bezeichnet.<br />

<strong>Die</strong> Kraft, die auf <strong>der</strong> ersten Ebene, <strong>der</strong> höchsten Ebene wirkt, ist die Wahrheit, sie<br />

vergeht niemals und än<strong>der</strong>t sich durch die Auflösung o<strong>der</strong> die große Auflösung nicht.<br />

Sie wird Wahrheit genannt - "Sat". Sat bedeutet Wahrheit. <strong>Die</strong>selbe Kraft, die auf <strong>der</strong><br />

zweiten Ebene wirkt, ist frei von <strong>der</strong> physischen, kausalen und astralen Umhüllung.<br />

Ihm [dem Schüler] wird bewußt: "Er ist in mir, und ich bin in Ihm." Das ist die<br />

Bedeutung dieses Namens. Aber bloß auf diese Weise zu empfinden ist eine an<strong>der</strong>e<br />

Sache; reden ist eine an<strong>der</strong>e Sache. Gleicherweise steht <strong>der</strong> dritte [Name] über den<br />

physischen, astralen und kausalen Ebenen. An<strong>der</strong>e Ebenen werden bei <strong>der</strong> Auflösung<br />

181


und großen Auflösung vergehen. <strong>Die</strong>s ist eine Erklärung, aber trotzdem wird diese<br />

Ausführung keinem Außenstehenden helfen.<br />

Es wird euch nichts aufgezwungen, ich zeige euch einfach einen Weg des gesunden<br />

Menschenverstandes, damit je<strong>der</strong> zumindest etwas verstehen kann. Auch wenn ihr<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> fünf Namen kennt, was hilft euch das? Nur die Geladenheit wird<br />

euch helfen. <strong>Die</strong>s sind Worte, die geladen sind. Aber in <strong>der</strong> Natur geht nichts<br />

verloren. Jedes Wort, das uns <strong>der</strong> Meister gibt, hat natürlich seine Wirkung. Sie<br />

wirken als Schutz gegen irgendwelche negativen Einflüsse im Innern. Sie werden sie<br />

bezwingen. Ihr fragt: "Warum gebraucht Ihr diese und nicht an<strong>der</strong>e?" <strong>Die</strong> Ladung<br />

wird euch helfen.<br />

<strong>Die</strong>se Gaben kommen also von selbst, natürlich erst im Laufe <strong>der</strong> Zeit. <strong>Die</strong> Geburt<br />

im menschlichen Körper gibt euch das Erbrecht, die Gaben Gottes zu erhalten. Sie<br />

stehen euch alle zu. Wie ich euch also sagte, schwelgt ein starker Mensch in seiner<br />

Stärke, und ein schwächerer Mensch fragt sich, wie dieser sie erlangt hat. Hat er sie<br />

an einem Tag erworben? Nein. <strong>Die</strong> Übungen sollen euch allmählich auf diese Stufe<br />

erheben. Selbst wenn ihr verstandesmäßig alles wißt, was hilft es euch? Wenn ihr<br />

wißt, daß es im Hause eures Vaters große Vorräte von diesem und jenem gibt, daß<br />

alles in Ordnung ist und da so viele Arbeiter sind … aber trotz allem, was hilft es euch?<br />

<strong>Die</strong>se Erläuterungen sind nur für jene, die auf <strong>der</strong> Ebene des Verstandes sind, im<br />

übrigen müssen alle dieselbe Arbeit tun. Geht voran und seht selbst, ob es dort Licht<br />

gibt o<strong>der</strong> nicht, das ist in Ordnung. Am Anfang erhaltet ihr einen kleinen Auftrieb -<br />

das zieht euch an. Aber das ist nicht das letzte Ziel. Macht es zu einem Teil eures<br />

Lebens - versteht ihr? Das ist die wichtigste und ganz persönliche Arbeit, <strong>der</strong>en Wert<br />

wir nicht ermessen können. Ich will damit nicht sagen, daß ihr alle an<strong>der</strong>e Arbeit<br />

aufgeben sollt. Verdient euren Lebensunterhalt, begleicht euer Geben und Nehmen<br />

mit jenen, mit denen euch Gott verbunden hat, und arbeitet für euer Ziel. Setzt von<br />

den vierundzwanzig Stunden soviel Zeit ein, wie es nur geht - tut, was ihr könnt. Ihr<br />

habt euch geistig entwickelt, nicht wahr? Aber was ist mit eurer spirituellen<br />

Entwicklung? Ihr habt verstanden, wie notwendig sie ist. Wieviel Zeit setzt ihr dafür<br />

ein?<br />

Der Meister hat lange Entwicklungen verkürzt, würde ich sagen. Man mußte früher<br />

Hun<strong>der</strong>te von Jahren verbringen, um das Körperbewußtsein durch Kontrolle des<br />

Atems zu überschreiten, indem man sich von einem Chakra zum an<strong>der</strong>en erhob, um<br />

schließlich die Frucht dieses Bemühens zu erhalten. Nun bekommt ihr schon am<br />

allerersten Tag etwas vom Meister. Ist das nicht ein großes Zugeständnis? Er bittet<br />

euch, das durch Selbstprüfung zu bewahren. <strong>Die</strong> Meister gaben früher nur etwas,<br />

wenn das Gefäß bereit war; zuerst versuchten sie das Gefäß zu reinigen, was Jahre<br />

dauerte, und dann erst … Man hat euch also ein großes Zugeständnis gemacht, seht<br />

ihr? <strong>Die</strong> Sohnschaft besteht, und wir haben es vergessen, mehr kann ich dazu nicht<br />

sagen. Und wenn ihr euch dann zur Meditation setzt: seid heiter, frisch und munter.<br />

Grübelt nicht so traurig mit einem langen Gesicht, als ob man euch Lasten aufs Haupt<br />

gebürdet hätte. Er ist bereits in euch. Wendet ganz einfach eure Aufmerksamkeit vom<br />

Äußeren ab - das ist alles, nichts weiter. Ihr müßt nichts von außen in euch<br />

hineingeben - es ist schon da! Wieviel Liebe werdet ihr für einan<strong>der</strong> haben, wenn ihr<br />

die Liebe für das entwickelt, was bereits in euch ist.<br />

Betrachtet einfach alle Seiten - die physische, intellektuelle und spirituelle. Ich<br />

würde sagen, die spirituelle Seite wird nicht genügend berücksichtigt. Mit wenigen<br />

Worten: sie wird nicht genügend beachtet, so ernst genommen, wie es sein sollte.<br />

Wieviel Zeit setzt ihr für physische Dinge ein? Ihr habt die Kraft bekommen, euren<br />

Lebensunterhalt zu verdienen, und arbeitet viele Stunden hier, dort und überall. Mit<br />

dem Verstand habt ihr zu den Füßen von Lehrern Bücher studiert usw., und ihr habt<br />

182


wun<strong>der</strong>bare Erfindungen gemacht. Aber wieviel Zeit habt ihr [für die Meditation]<br />

eingesetzt? Wenn ihr eine Quelle erschließen wollt, müßt ihr graben und weiter<br />

graben. Wenn für euch Geld bei einer Bank hinterlegt ist, müßt ihr zum Schalter<br />

gehen. Ihr werdet mehr erhalten, wenn ihr euch täglich zurückzieht. Das muß man<br />

euch nur erklären. Zieht euch von außen zurück - schaut nach innen! Dazu braucht<br />

man keine Philosophie. Ihr müßt keine Schlußfolgerungen ziehen - seht! Zumindest<br />

seid ihr euch des einen sicher: da ist Licht.<br />

Ihr seht nun, daß das, was die Schriften sagen, richtig ist - dort ist Licht. Wenn ihr<br />

nur soviel glaubt - daß in euch Licht ist - dann denke ich, sollten wir auch das<br />

glauben, was sie [die Meister] uns sonst noch zu sagen haben. [Der Meister lacht in<br />

sich hinein]. Sehen bedeutet glauben. Glaubt nur das, was ihr seht. Wenn ihr mehr<br />

seht, dann glaubt ihr mehr. Hört einfach auf das, was er sagt. Wenn sich die erste<br />

Sache als wahr erweist, dann werden sich auch die an<strong>der</strong>en Dinge bewahrheiten. <strong>Die</strong>s<br />

wurde euch auf eine sehr wissenschaftliche Weise, ganz vom Gesichtspunkt des<br />

gesunden Menschenverstandes aus dargelegt. Ich denke, das wird zumindest jeden<br />

mit eurem Hintergrund ansprechen. Laßt euer Werkzeug ohne irgendeinen Schmutz,<br />

ohne irgendeinen fremden Schmutz sein, damit es empfangen kann. Das ist alles, was<br />

ich sagen möchte. Ihr seid nun hier - zieht kein langes Gesicht, seid heiter - versteht<br />

ihr? Heiter zu sein kostet euch nichts, nicht wahr? Sprecht mit freundlichen Worten,<br />

seid lebendig, frisch und aufgeschlossen. Nun gut, Gott segne euch alle.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 1, 1977; englisch: 2, 1976<br />

<br />

ÜBER DAS GEISTIGE HEILEN<br />

Morgendarshan am 20. Februar 1971 in Dehra Dun<br />

Frage: "Meister, können wir uns während <strong>der</strong> Gruppenmeditationen gegenseitig<br />

beeinflussen? Wenn wir ihnen zum Beispiel Gedanken <strong>der</strong> Liebe senden, beeinflußt<br />

das die an<strong>der</strong>en?"<br />

Meister: Habt ihr genug übrig, um es an an<strong>der</strong>e zu verteilen? Wenn ja, dann ist es in<br />

Ordnung. An<strong>der</strong>nfalls werdet ihr bankrott gehen; ihr habt dann we<strong>der</strong> Geld auf <strong>der</strong><br />

Bank noch in <strong>der</strong> Hand, und ihr stellt Schecks aus. Wenn ihr Gott liebt - die Seele ist<br />

vom selben Wesen wie Gott, und Er wohnt in jedem Herzen - werdet ihr natürlich für<br />

einen jeden Liebe empfinden. Wenn ihr sehr geladen seid, braucht ihr nicht einmal<br />

eure Aufmerksamkeit auf an<strong>der</strong>e lenken, sie werden es durch die Ausstrahlung<br />

erhalten. Wenn ihr euch anstrengt, fühlt ihr euch bankrott und völlig erschöpft.<br />

Daher sage ich immer, daß ich für das sogenannte geistige Heilen nichts übrig habe.<br />

<strong>Die</strong> Leute, die geistig heilen, strengen sich an. Sie senden Liebe, gute Gedanken,<br />

heilende Gedanken aus: auf diese Weise strengen sie sich an und richten sich<br />

zugrunde. Sie sind erschöpft und müssen sich dann erholen.<br />

<strong>Die</strong> höhere Art des Heilens ist immer gütig. Selbst jene, die nur an eine Meisterseele<br />

denken, können geheilt werden. Ihr erinnert euch, daß zur Lebenszeit Christi eine<br />

183


Frau den Saum seines Gewandes berührte und geheilt wurde. Er fühlte etwas und<br />

sagte: „Wer hat mich berührt?“ Wenn ihr Geld auf <strong>der</strong> Bank habt, gut und schön.<br />

Wenn ihr 1000 Dollar besitzt und Schecks über 2000 Dollar ausstellt, was wird<br />

geschehen? Versteht ihr mich? Es ist ein guter Gedanke, für alle Sympathie zu<br />

empfinden. Wenn ihr Gott liebt, weil Gott in ihnen wohnt, wird ihnen eure Liebe<br />

natürlich zufließen. O<strong>der</strong> sie werden durch die Ausstrahlung davon profitieren. Ihr<br />

könnt eines tun, ihr könnt beten: „O Gott, hilf an<strong>der</strong>en !“ Das ist etwas an<strong>der</strong>es.<br />

Wollt ihr das wenige Geld, das ihr besitzt, o<strong>der</strong> das wenige Wasser in eurem<br />

Kanister auf solche Weise verteilen? Versteht ihr, was ich sage? Es ist eine gute Idee,<br />

für an<strong>der</strong>e Sympathie, liebevolle Gedanken und Achtung zu empfinden; das ist in<br />

Ordnung. Aber verausgabt euch nicht. Ihr könnt allen gute Gedanken<br />

entgegenbringen. Ich erzählte euch gestern, daß ich zur Zeit meines Meisters kranke<br />

Leute zu besuchen pflegte. Jene, die nicht initiiert waren, haben um diese Menschen<br />

viel Aufhebens gemacht. ''Wenn er kommt, geht es den Kranken besser.“ Das kam<br />

auch vor; und die Leute beklagten sich bei meinem Meister, daß ich Wun<strong>der</strong><br />

vollbringe. Doch <strong>der</strong> Meister sagte: „Nein, er zeigt keine Wun<strong>der</strong>. Das geschieht durch<br />

die Ausstrahlung, die sie von ihm aufnehmen.“ Versteht ihr? Eine solche<br />

Ausstrahlung ist in Ordnung.<br />

Für einen jeden gute Gedanken zu hegen ist eine gute Idee. Betet zu Gott, daß er<br />

allen Frieden schenke, das ist etwas an<strong>der</strong>es. Und weiterhin betete Guru Nanak, <strong>der</strong><br />

als das fleischgewordene Wort angesehen wird: „Friede sei auf <strong>der</strong> ganzen Welt, nach<br />

Deinem Willen, o Gott. “ Er erschöpfte sich nicht. „Friede sei auf <strong>der</strong> ganzen Welt,<br />

nach Deinem Willen, o Gott.“ Wenn ihr zum Handelnden werdet, verausgabt ihr euch<br />

natürlich, indem ihr das verbraucht, was ihr habt. „Es geschehe nach Deinem Willen,<br />

o Gott“ - ist <strong>der</strong> beste Weg. Nun, wünscht allen Gutes; wir sind Brü<strong>der</strong> und<br />

Schwestern in Gott. Aber diese Kraft hilft durch die Ausstrahlung und läßt euch nicht<br />

bankrott gehen. Indem ihr euch anstrengt, könnt ihr natürlich an<strong>der</strong>en Gutes tun,<br />

aber danach fühlt ihr euch erschöpft. Wir brauchen eine höhere Art von Heilen.<br />

Durch die Ausstrahlung kann man allen helfen. Wenn ihr genug Parfüm in euch habt,<br />

wird es je<strong>der</strong> erhalten, ohne daß ihr es euch wünscht. Ich bin also nicht gegen gute<br />

Wünsche für alle, aber seid nicht <strong>der</strong> Handelnde, indem ihr eure Schultern überlastet,<br />

wo ihr selbst so wenig Wasser habt. Betet für sie, das ist in Ordnung.<br />

Schüler: "Manchmal sagt ein Heiler, daß er mit neuer Kraft erfüllt wird, wenn er erschöpft<br />

ist."<br />

Der Meister: "Nur wenn er sich bankrott fühlt. Erst fühlt er sich erschöpft, dann<br />

füllt er sich wie<strong>der</strong> auf, nicht eher. Und wenn er sich nicht wie<strong>der</strong> neu auffüllen kann,<br />

was dann? <strong>Die</strong> Meister heilen immer durch Ausstrahlung. Jene, die an sie dachten,<br />

wurden geheilt. Das ist <strong>der</strong> ungefährlichere Weg. Einmal schrieb mir jemand aus<br />

Frankreich: „Ich höre, daß es Euch gesundheitlich nicht gut geht. Ich werde Euch von<br />

hier aus heilen. “ Ich sagte ihm: „Das können Sie nicht.“ Und ich erklärte, warum: „Ihr<br />

könnt nur einen schwächeren Mensch beeinflussen, nicht ein stärkeren.“ Man kann<br />

keinen beeinflussen, <strong>der</strong> stärker ist als man selbst. Versteht ihr? Ihr mögt den<br />

Schwächeren beeinflussen; ihr mögt an<strong>der</strong>e heilen, <strong>der</strong>en Willen schwächer ist als <strong>der</strong><br />

eure. So schrieb ich ihm und sagte, daß er nicht in <strong>der</strong> Lage sei, das zu tun. Er<br />

versuchte es mit all seinen Kräften, konnte aber nichts ausrichten. Ihr könnt sagen:<br />

“O Meister, bitte helft ihr“, o<strong>der</strong> „O Gott …“ - das ist etwas an<strong>der</strong>es.<br />

Es geschah einmal, daß einige Leute - ich brauche nicht zu sagen, wer sie waren -<br />

bestimmte Menschen damit beauftragten, mir um Mitternacht auf einen Platz im<br />

Freien aufzulauern, um mir etwas Böses anzutun, nachdem sie ihnen soviel Geld<br />

184


gegeben hatten, wie sie verlangten. So etwas kann geschehen, aber ihre<br />

Anstrengungen hatten keinen Einfluß auf mich.<br />

Einmal reiste ich in einem Zug, als ein Mann kam, <strong>der</strong> die Gedanken <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Reisenden lesen konnte. Er las in den Gedanken von ein, zwei, drei o<strong>der</strong> vier Leuten.<br />

Ich saß im selben Abteil. Als ich an <strong>der</strong> Reihe war, for<strong>der</strong>te er mich auf, an etwas zu<br />

denken, und er würde es lesen. Ich erklärte ihm: „Das können Sie nicht.“ Das war<br />

lange, lange bevor ich meinen Meister traf. Aber er und auch die an<strong>der</strong>en bestanden<br />

darauf, daß ich an etwas dächte, damit er es lesen könne. Ich stimmte zu: „Nun gut -<br />

lesen Sie.“ Er versuchte es, aber er konnte es nicht. Er sagte: 'Heute habe ich versagt.'<br />

Der Stärkere kann also an<strong>der</strong>e beeinflussen, nicht <strong>der</strong> Schwächere. Den<br />

Schwächeren kann man beeinflussen. Wie dem auch sei, das ist keine Spiritualität.<br />

<strong>Die</strong>se übernatürlichen Kräfte entwickeln sich durch Konzentration, aber wenn ihr<br />

euch mit ihnen beschäftigt, wird eure höhere Kraft zum Stillstand gebracht. <strong>Die</strong>se<br />

übernatürlichen Kräfte sind die Sklaven von Konzentration und Meditation. Das ist<br />

nicht Spiritualität. Spiritualität ist nicht Spiritismus, nicht Spiritualismus, nicht<br />

Hypnose und nicht Mesmerismus. Sie ist einzig und allein eine Sache <strong>der</strong> Selbstanalyse,<br />

des Übersteigens des Körperbewußtseins, um sich selbst und Gott zu erkennen.<br />

Auf dem Weg werden viele Kräfte zum Vorschein kommen, aber sich in sie zu vertiefen,<br />

ist ein schändliches Verbrechen. Ihr werdet euren Portschritt verzögern.<br />

Überdies ist das karmische Gesetz unerbittlich. Ihr werdet eines Tages dafür leiden<br />

müssen.<br />

<strong>Die</strong> Leute machen alle möglichen Sachen. Da war ein Mann in London, <strong>der</strong> die<br />

Geister zu rufen pflegte und dann mit ihnen sprach. Fünf Pfund kostete die Eintrittskarte.<br />

Jemand sagte: „Gut, laßt uns hingehen und ihn uns ansehen, wir zahlen dafür“;<br />

und so gingen wir dorthin. Alle Lichter wurden ausgeschaltet. Es war ungefähr um<br />

neun o<strong>der</strong> zehn Uhr abends. Es war stockfinster. Er begann, sich anzustrengen, aber<br />

nichts geschah, er konnte nichts erreichen. Zuerst seufzte er, dann seufzte er wie<strong>der</strong>,<br />

und als nach etwa einer halben Stunde noch nichts geschah, sagte er: „<strong>Die</strong><br />

Atmosphäre ist nicht gut; es tut mir leid, daß es jetzt nicht möglich ist.“ Er verlangte<br />

keinen Eintritt von uns. So etwas kann vorkommen. Worin bestand <strong>der</strong> Trick? Nun,<br />

ich will es euch sagen. Er konnte wie ein Kind sprechen; also pflegte er selbst zu<br />

sprechen, und die Leute dachten, es sei ein Geist. Ich habe festgestellt, daß es einen<br />

äußeren Schwarzhandel gibt; aber in den sogenannten religiösen Zirkeln gibt einen<br />

noch viel größeren Schwarzmarkt. Da wird uns etwas vorgespielt.<br />

Während meiner ersten Reise kam ein Magier zu einer Morgenmeditation in<br />

Chikago. Er war ein erstklassiger Magier aus Europa, <strong>der</strong> extra nach Amerika<br />

eingeladen worden war, um mich zu schädigen. Er sagte: „Sie wollen eine<br />

Meditationssitzung abhalten, darf ich daran teilnehmen?“ „Ja, gerne.“ Ich gab eine<br />

Meditationssitzung. Er saß an <strong>der</strong> Seite und richtete seine ganze Kraft gegen mich.<br />

Nichts geschah, aber als Rückwirkung stürzte er kopfüber zu Boden und blieb<br />

bewußtlos liegen. Man mußte ihn in meinen Armen wie<strong>der</strong>beleben, ihn zu Bett<br />

bringen und ihn beruhigen. „Keine Angst, alles wird wie<strong>der</strong> gut. Sorgen Sie sich<br />

nicht“, sagte ich ihm. Das war die Rückwirkung. Wenn eine Welle gegen eine<br />

Steinmauer schlägt, wird sie zurückweichen. Wenn Sand da ist, wird sie ihn durchdringen.<br />

Als Reaktion auf seinen Angriff fiel er also bewußtlos nie<strong>der</strong>. Er war ein<br />

Anhänger <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gruppe und extra zu diesem Zweck engagiert. Ich behandelte<br />

ihn, dann ging er ins Badezimmer und fiel wie<strong>der</strong> um. Wie<strong>der</strong> behandelte ich ihn und<br />

gab ihm Medizin, damit es ihm besser ginge. Dann sagte er vor <strong>der</strong> ganzen<br />

Versammlung dort: „Ich habe zum ersten Mal die Liebe Christi gesehen. Was man<br />

mir gesagt hatte, ist alles falsch.“ Er ist gestorben. Seine Frau schreibt mir selbst jetzt<br />

noch Briefe.<br />

185


Spirituelle Menschen wollen mit diesen Dingen nichts zu tun haben. Was ist das für<br />

eine Freude, Gedanken zu lesen, dies und jenes zu wissen und an<strong>der</strong>e zu<br />

beeinflussen? Was gibt es dort? - einen Kontakt mit den nie<strong>der</strong>en herumziehenden<br />

Seelen, die den Körper verlassen haben und ein wenig Kontakt mit den höheren<br />

Seelen. Das ist nur eine Seite <strong>der</strong> Münze. Wenn ihr eure Aufmerksamkeit auf solche<br />

Dinge richtet, wird euer weiterer Fortschritt verzögert. Ich bin in Indien und im<br />

Ausland all diesen Dingen begegnet. Mir geschah nichts. Mein Meister war natürlich<br />

bei mir. <strong>Die</strong> Kraft, die Gotteskraft ist bei mir. Das ist Seine Gnade - wenn Er mich<br />

verläßt, bin ich nichts. Ich bin Herr „Null“. Ich tue nichts. Das ist <strong>der</strong> sicherste Weg.<br />

Einmal geschah es, daß Dr. Schmidt, ein homöopathischer Arzt aus <strong>der</strong> Schweiz, mit<br />

seiner Frau nach Indien kam. Er wurde von unserem Meister initiiert. Bei ihrem<br />

zweiten Besuch in Indien versuchten die Leute, seine Frau zu beeinflussen, sich<br />

initiieren zu lassen. Aber sie wollte nicht. Sie war Anhängerin eines Gurus in Europa.<br />

Dr. Schmidt bat mich, freundlicherweise etwas zu unternehmen, damit seine Frau<br />

auch initiiert würde. Mein Meister sagte mir, daß ich vier o<strong>der</strong> fünf Tage frei nehmen<br />

und mich um sie kümmern solle. Ich bat Dr. Schmidt, dabeizusein, wenn ich mit ihr<br />

spräche. <strong>Die</strong> allererste Frage, die sie stellte, lautete: „Was brachte Sie hierher zum<br />

Meister? “ So erklärte ich ihr ungefähr zehn Minuten lang, warum ich zu ihm gekommen<br />

bin. „Oh, das ist genau das, was ich will“, sagte sie. Dann fragte sie: „Warum<br />

wendet sich Ihr Meister nicht an mich?“ <strong>Die</strong>s war eine sehr direkte Frage. „Mein<br />

früherer Guru pflegte auf mich einzuwirken, und ich wurde von ihm beeinflußt“, fuhr<br />

sie fort. Ich sagte ihr, daß sie mich zwei o<strong>der</strong> drei Minuten lang ansehen solle und<br />

fragte sie dann, ob sie etwas an<strong>der</strong>es sagen könnte, als das, was ich wollte. „Nein“,<br />

antwortete sie. Ich sagte: „Aus diesem Grunde hat Ihr Guru Sie beeinflußt. Sie<br />

konnten nichts an<strong>der</strong>es sagen, als das, was er wollte. Mein Meister beeinflußt<br />

niemanden. Er überläßt es Ihrem guten Willen, Ihrem freien Willen und Ermessen,<br />

die Wahrheit herauszufinden.“<br />

Sie konnte kein Englisch; sie sprach französisch, und so sagte ich ihr: „In Ordnung,<br />

wenn Sie <strong>der</strong> Rede meines Meisters heute abend nicht folgen können, dann sehen Sie<br />

ihn einfach an, freundlich und aufmerksam; nichts weiter. Und dann lassen Sie mich<br />

wissen, was Sie finden.“ Sie wohnte <strong>der</strong> Rede bei, und danach fragte ich sie: „Nun, wie<br />

fanden Sie meinen Meister?“ „Oh, er war sehr anziehend, sehr schön. „ So etwas wird<br />

durch die Ausstrahlung bewirkt, nicht durch eine Beeinflussung des Willens. Ich<br />

sagte ihr, daß mein Meister sie deshalb nicht beeinflußt. Er überläßt es dem freien<br />

Willen und Ermessen eines jeden. Wenn ich euch Menschen hypnotisiere, werdet ihr<br />

gehen und euch zugrundegerichtet fühlen. Ihr mögt für wenige Minuten etwas haben,<br />

aber dann werdet ihr ruiniert sein. Und dann? Ich habe viele ähnliche Beispiele wie<br />

dieses erlebt. Daher sage ich, daß <strong>der</strong> innere Schwarzmarkt größer ist. Frau Schmidt<br />

wurde initiiert, und ich bekomme sogar heute noch Briefe von ihr.<br />

Ihr Mann ist auch initiiert. Ich begleitete ihn immer, wenn er zu meinem Meister<br />

ging. Aber später hat man ihn in die Irre geführt und er wollte nicht länger, daß mir<br />

seine Frau schreibt.<br />

Während meiner letzten [ersten] Weltreise [das geschah 1955] schrieb ich seiner<br />

Frau einen Brief und teilt ihr mit, daß ich bei ihr vorbei kommen würde [die<br />

Zwischenlandung war in Genf] und ob sie nicht Zeit hätte, mich zu begrüßen. Ihr<br />

Mann legte den Brief auf die Seite. Er gab ihn ihr erst kurz vor dem Abflug meines<br />

Flugzeugs. Aber das Flugzeug hatte eine Verspätung von etwa drei o<strong>der</strong> vier Stunden.<br />

Drei Stunden nach <strong>der</strong> angegebenen Abflugzeit gab sagte er zu ihr: „Hier ist ein Brief<br />

für Dich.“ Als sie den Brief sah: „Oh, das Flugzeug - er ist fort!“ Sie eilte trotzdem zum<br />

Flugplatz. Aber was geschah? Das Flugzeug hatte einen Defekt. Ich wurde in einem<br />

186


Hotel in <strong>der</strong> Nähe untergebracht, und um 23:00 nachts traf sie mich dort. Gott hilft<br />

uns also, wenn auch die ganze Welt gegen uns ist.<br />

Das Flugzeug wurde repariert, aber als wir Kairo erreichten, war es wie<strong>der</strong> nicht in<br />

Ordnung. Nach einer gewissen Zeit sagte man uns, daß es nun in Ordnung sei. Nun<br />

gut. Ich fragte den Piloten: „Seid Ihr sicher, daß alles in Ordnung ist?“ „Ja, jetzt ist<br />

alles in Ordnung.“ Nachdem wir Kairo verlassen hatten und etwa 200 - 300 Meilen<br />

geflogen waren, fiel ein Propeller aus. Wir waren in Gefahr! Wenn wir Kairo in 20<br />

Minuten erreichen könnten, wären wir gerettet! Das Flugzeug kehrte um, aber<br />

während des Rückfluges fiel auch <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Propeller aus und das Flugzeug stürzte<br />

plötzlich auf eine Höhe von 600 Metern ab. Man sagte uns, was für ein Glück wir<br />

hatten, daß wir sicher gelandet sind. 14<br />

Gott hilft uns also, wie ihr seht. Wenn ihr Sein Eigen geworden seid, muß er sich um<br />

euch kümmern. Ihr braucht euch Ihm nur zu übergeben, das ist alles. Hingabe kostet<br />

euch nichts. O<strong>der</strong>? Aber sie ist sehr schwierig. Geld zu spenden ist in Ordnung. All<br />

euren Besitz wegzugeben - Herd, Heim, alles - das ist in Ordnung. Wenn ihr euer<br />

Gemüt hergebt, verliert ihr nichts. Ihr seid nach meinem besten Wissen o<strong>der</strong> gemäß<br />

dem, was die heiligen Schriften sagen, auf den Weg gestellt worden. Ihr seid vom<br />

Glück begünstigt. Fahrt fort damit.<br />

<strong>Die</strong> Meisterkraft kümmert sich also um euch. Ihr habt alles, wendet euch nur nach<br />

innen. Mein älterer Sohn wurde krank. Der Arzt sagte mir, daß ich drei Tage frei<br />

nehmen solle, da er sicherlich sterben würde. Gut - ich nahm frei. Von meinem<br />

Meister war mir angewiesen worden, in diesen drei Tagen in Amritsar einen Vortrag<br />

zu halten. Und ich dachte: „Der Arzt sagte, daß er sterben wird, aber Leben und Tod<br />

liegen nicht in meinen Händen.“ So ging ich nach Amritsar und hielt einen Vortrag.<br />

Es war ungefähr zur Mittagszeit an einem Sommertag. Dann dachte ich, ich sollte<br />

meinen Meister besuchen, da Beas, wo er lebte, ganz in <strong>der</strong> Nähe lag. Also ging ich<br />

hin. Ich kam ungefähr um zwei Uhr dort an. Der Meister war im oberen Stockwerk. Er<br />

ließ mich zu sich kommen. „Komm her zu mir. Wie geht es deinem Kind?“ Ich hatte<br />

niemals etwas erwähnt. „Oh, er [mein Sohn] ist krank, <strong>der</strong> Arzt sagt, daß er sehr<br />

schwer erkrankt ist.“ Der Meister lag da. Er setzte sich auf. Ich sagte: 'Meister, wer<br />

immer an Euch denkt, ist von seiner Last befreit. Warum seid Ihr so traurig?“ 'Du<br />

hast soeben deine Last auf mich geworfen. Also nahm ich sie an.“ Mein Sohn starb<br />

nicht.<br />

Er wird sich um euch kümmern. Ihr braucht Ihn nicht zu bitten. Er weiß alles. <strong>Die</strong><br />

Meisterkraft ist also immer am Werk; das ist wun<strong>der</strong>voll. Der Meister ist nicht <strong>der</strong><br />

physische Körper, son<strong>der</strong>n Gott in ihm. Wie kann er etwas für sich in Anspruch<br />

nehmen, wenn er sieht, daß es Gott ist, <strong>der</strong> handelt? Fahrt also mit eurer Meditation<br />

regelmäßig fort und überlaßt alles Ihm. Lebt nur nach dem, was Er sagt, das ist alles.<br />

Ein Vater mag vier o<strong>der</strong> fünf Kin<strong>der</strong> haben; was tut <strong>der</strong> Vater, wenn eines einfach<br />

alles ihm überläßt, nichts von ihm erbittet, nichts von ihm verlangt, son<strong>der</strong>n alles<br />

seinem Willen überläßt? Er gibt ihm alle Schlüssel.<br />

The Light of Kirpal, Chapter 57: „Spiritual Healing and other psychic Powers“<br />

<br />

14 Ein Schüler, <strong>der</strong> dabei war, erzählte, daß sich <strong>der</strong> Meister kurz nach dem Abheben des Flugzeugs in<br />

einer geduckten Haltung hinsetzte, die Knie fest an die Brust gepreßt, und in tiefe Meditation versank.<br />

187


LIEBEVOLLES GEDENKEN<br />

Ein Darshan-<strong>Gespr</strong>äch vom 14. März 1971<br />

Frage: Meister, wie kann ich Liebe für Euch entwickeln?<br />

Der Meister: Liebe für mich o<strong>der</strong> für Gott in mir? Für wen möchten Sie Liebe<br />

entwickeln?<br />

Der Fragesteller: Für Gott in Euch.<br />

Der Meister: Das ist richtig. Das ist gut. Gott ist auch in euch. Je mehr ihr mit Ihm<br />

in Verbindung kommt, desto mehr wird die Liebe in euch überfließen. Seht ihr, die<br />

Liebe wird überfließen. Ständiges Denken o<strong>der</strong> liebevolle Erinnerung hilft ebenfalls.<br />

Der Gott in mir ist auch <strong>der</strong> Gott in euch. Nur hier ist er etwas mehr, sozusagen im<br />

Übermaß. Wendet einfach eure Aufmerksamkeit dorthin, ihr werdet Ihn finden. Je<br />

mehr ihr damit im Innern in Berührung kommt, um so mehr werdet ihr von Liebe<br />

überfließen, und äußerlich, denkt liebevoll an Ihn. Wenn ihr mit <strong>der</strong> sich zum<br />

Ausdruck bringenden Gotteskraft in euch in Verbindung bleibt, - mit <strong>der</strong> Kraft, die<br />

das fleischgewordene Wort ist - dann wird die Liebe natürlich fließen. Und äußerlich -<br />

erinnert euch Seiner liebevoll. Für diesen Zweck ist das Tagebuch. Da ist immer ein<br />

Bekenntnis, wenn immer ihr etwas tut - "Oh!" - erinnert ihr euch. So ist Er da: euer<br />

wahrer Freund, <strong>der</strong> euch niemals verläßt bis zum Ende <strong>der</strong> Welt. Es sollte einen<br />

Vorwand geben, sich zu erinnern, das ist alles, sei es auf irgendeine Art.<br />

Vielleicht erzählte ich euch vor kurzem, daß eine alte, nicht gebildete Frau, die im<br />

Ashram lebt, auch gebeten wurde, die Tagebuchblätter zu führen, und daß sie sich<br />

jeden Morgen vor ihnen verbeugte. Sie legte einfach Blumen auf das Tagebuchblatt<br />

und verbeugte sich. Nach sieben o<strong>der</strong> acht Tagen fragte ich sie: "Wie ist es denn<br />

damit?" Sie erwi<strong>der</strong>te: "Der Meister ist in mir, und er begleitet mich."<br />

So ist es (das Tagebuch) ein Vorwand für liebevolles Gedenken. Das kann irgend<br />

etwas sein.<br />

Es war einmal eine gewisse Radha, die sehr nach <strong>der</strong> Spiritualität verlangte; Radha<br />

liebte Lord Krishna, und Lord Krishna liebte sie ebenfalls. Einmal hinterließen<br />

Krishnas Nägel eine Kratzspur auf ihrer Hand. Nach einem Jahr hatte Radha sie<br />

immer noch; sie hatte ständig daran gekratzt, damit sie nicht heilen konnte, seht ihr?<br />

Wenn sie ein wenig zuheilte, kratzte sie die Wunde von neuem auf. Ein Jahr später<br />

fragte Krishna sie: "Was ist das?" "Oh, das ist die Erinnerung an euren Kratzer. Ich<br />

habe ihn immer offen gehalten." Ein Vorwand für die Erinnerung. Nach einem Jahr -<br />

eine kleine Kratzwunde -, etwas ganz Alltägliches. Das war also ein Vorwand zur<br />

Erinnerung. Photographien sind nur für die Erinnerung.<br />

Wenn sich ein Schüler mit einem an<strong>der</strong>en trifft, hat dieses Erinnern einen Auftrieb<br />

zur Folge. Ist es nicht so? Wenn sich ein Schüler mit einem an<strong>der</strong>en trifft, dann<br />

entwickelt sich seine Gurbhakti-Ergebenheit zum Meister, da beide die gleichen<br />

Gedanken haben, sie erinnern sich an dieselbe Sache. Wenn sie zusammen sind, was<br />

dann? Sie erinnern sich an etwas. Wenn zwei verheiratete Frauen, die sich des<br />

weltlichen Lebens erfreuen, zusammensitzen, sprechen sie davon mit heiteren,<br />

schönen Worten, nicht wahr? Das ist dem gleich; natürlich ist das ein schlechtes<br />

Beispiel, aber dennoch... Wenn sie in liebevollem Gedenken an den Meister<br />

zusammensitzen, sprechen sie von ihrer Liebe zu ihm, über dieses und jenes... <strong>Die</strong><br />

Liebe fließt über. Versteht ihr?<br />

188


Das ist eine Sache des Herzens, nicht des Verstandes, bedenkt das. So geht die<br />

Spiritualität nicht vom Kopf aus, nicht vom Verstand, obwohl <strong>der</strong> Verstand in <strong>der</strong><br />

Lage ist, viele Dinge zu erklären.<br />

Vor vielen Jahren las ich diese Begebenheit aus Lord Krishnas Leben, die ich eben<br />

darlegte. <strong>Die</strong>ser Kratzer war ein Vorwand für liebevolles Gedenken. Mein Meister gab<br />

mir einen Umhang aus Kaschmir, <strong>der</strong> sehr wertvoll war. Er gab mir auch ein sehr<br />

gutes Bettzeug, das beson<strong>der</strong>s schön verziert war. Einmal sandte er nach mir und ließ<br />

mich in sein Zimmer kommen. Als ich dort war, trug er zunächst den Umhang selbst,<br />

dann nahm er ihn ab und gab ihn mir. <strong>Die</strong>sen Umhang habe ich immer noch. Ein<br />

an<strong>der</strong>mal gab er mir ein sehr gutes Bettzeug, das mit vielen Ornamenten versehen<br />

war. Aber bevor er es mir gab, hielt er es über seinen Kopf. <strong>Die</strong>s sind Zeichen <strong>der</strong><br />

Liebe, versteht ihr? Liebe kennt kein Gesetz.<br />

Gandhi wurde zu seiner Zeit von den Menschen geliebt. Einmal hatte er ein<br />

Taschentuch, ein ganz gewöhnliches Taschentuch, Er sagte: "Gut, wer möchte es<br />

haben?" Es gab eine Auktion und das kleine Taschentuch wurde für 5000 Rupien<br />

versteigert. Auf diese Weise wurde es ein sehr kostbares Taschentuch. Ein Zeichen<br />

<strong>der</strong> Liebe.<br />

Sat Sandesh deutsch: Heft 4, 1976; englisch: 2, 1976<br />

<br />

HALTET AN EUREN GRUNDSÄTZEN FEST<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Schülern beim morgendlichen Darshan<br />

am 21. März 1971 in Dehra Dun, Indien<br />

Schüler: Ist es nicht unsere Pflicht, einen Bestechungsversuch zurückzuweisen -<br />

standhaft zu bleiben und die Bestechung abzulehnen?<br />

Meister: Eine Sünde bleibt immer eine Sünde, auch wenn es einen kleinen<br />

Unterschied in <strong>der</strong> Schwere geben mag. Ihr seid zuerst für euch selbst verantwortlich.<br />

Schüler: Was ich sagte, habe ich auf mich selbst bezogen - daß man Bestechungen<br />

ablehnen soll, ungeachtet <strong>der</strong> Folgen.<br />

Meister: Ja, das ist richtig - aber mit liebevollen Worten!<br />

Schüler: Ja, ja.<br />

Meister: Sonst bringt es dir Ärger ein. Tue es mit liebevollen Worten.<br />

Schüler: Zum Beispiel?<br />

Meister: Du kannst es zum Beispiel auf zweierlei Art sagen: "Schon gut, ich habe<br />

nicht vor, das zu kaufen." O<strong>der</strong> du sagst: "Nun, mein lieber Freund, ich hoffe, es<br />

macht dir nichts aus, aber ich kann das nicht kaufen." Liebevoll - das ist die<br />

Hauptsache!<br />

189


Schüler: Gestern habe ich folgendes erlebt: Ich wurde zum Abendessen eingeladen,<br />

und ich sagte: "Nein. Ich habe keine Zeit, obwohl ich gerne bei euch sein würde. Aber<br />

ich will versuchen zu kommen, wenn es irgendwie geht." Ich besuchte diese Leute.<br />

Und auf dem Heimweg nahmen sie mich mit in eine Bar.<br />

Meister: Wie bitte?<br />

Schüler: In ein Lokal, wo Bier verkauft wird. Und ich sagte, das sei gegen meine<br />

Grundsätze - ich meine, daß ich nichts trinke. Aber ich glaube, die Ausstrahlung, Eure<br />

Ausstrahlung verging. Man verlangte zehn Rupien von mir.<br />

Meister: Das ist in Ordnung.<br />

Schüler: Aber als sie "Kirpal Singh" hörten, verlangten sie nichts mehr. Sie sagten:<br />

"Nein, das kostet nichts."<br />

Meister: Habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt euch nicht mit an<strong>der</strong>en einlassen?<br />

Fragt einfach, was das für Leute sind, was sie im Sinn haben. Ihr seid in einem<br />

fremden Land, wo ihr die Menschen nicht so gut beurteilen könnt. Sie mögen gut sein<br />

- es gibt auch gute Menschen. Doch es gibt auch an<strong>der</strong>e Menschen, die - wie soll ich<br />

sagen? - einen sehr "weltlichen Eindruck" machen, ihr versteht? Aber... bleibt euren<br />

Grundsätzen ohne schroffe Worte treu. Sprecht liebevoll, das ist alles. Ich sage euch,<br />

manchmal kann sich ein Mensch zu etwas drängen lassen; das hängt davon ab, ob er<br />

an Gott glaubt o<strong>der</strong> nicht. Wenn er daran glaubt, daß alles hier bereits vorbestimmt<br />

ist, dann wird er entsprechend handeln, wenn nicht, dann läßt er sich zu etwas<br />

verleiten: "Mir geschieht schon nichts, wenn ich das tue."<br />

Schaut, vor vielen Jahren lebte in Lahore ein Heiliger. Obwohl ich sein Beispiel<br />

nicht befürworten will, gibt es doch einen Sinn: Nehmt an, ihr wartet in einer<br />

Schlange im Bahnhof, um eine Fahrkarte zu kaufen. Und es dauert noch lange, bis ihr<br />

in den Zug steigen könnt. Nicht alle Menschen sind wirklich ehrlich; und wenn ihr<br />

also einen Polizisten am Bahnhof bestecht, wird er euch vorlassen, euch ganz<br />

vornehin stellen. Ihr habt es sehr eilig, <strong>der</strong> Zug fährt gleich ab. <strong>Die</strong> Sünde beging <strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> um das Bestechungsgeld bat. Er ließ sich dazu drängen. Nehmt das aber nicht als<br />

Beispiel, das für jeden gilt, versteht ihr? Haltet an euren Grundsätzen liebevoll fest.<br />

Freundliche Worte kosten nichts.<br />

Schüler: Nein, ich glaube, sie haben mir nur Gutes gebracht.<br />

Meister: Das ist gut. Ich habe euch nur gezeigt, was geschieht, wenn ein Mensch<br />

zum Äußersten getrieben wird und gleichzeitig keinen Glauben hat. Es wäre gut,<br />

wenn wir Heilige wären.<br />

Da gab es einen Mann in Delhi, einen Polizeibeamten, <strong>der</strong> ehrlich war. Er war<br />

initiiert. Als man ihn von seiner Abteilung versetzte und ihm das Kommando über<br />

eine Polizeistation gab, wurden dort keine <strong>Die</strong>bstähle begangen, so lange er dort war.<br />

Daran war nichts falsch. Vor seiner Ernennung hörte man es manchmal auf <strong>der</strong> einen<br />

Straßenseite pfeifen, und auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite tauchte ein <strong>Die</strong>b auf. Ein paar Polizisten<br />

hatten es sich Gewohnheit gemacht, Bestechungsgel<strong>der</strong> anzunehmen.<br />

Deswegen wurde er versetzt. Seht ihr, man mochte ihn nicht - er stand ihrem Verdienst<br />

im Weg. So versetzte man ihn in den Punjab, nach Amritsar und dann<br />

wie<strong>der</strong>um hierher nach Delhi, nun in einer höheren Stellung. Alle Fälle, die seiner<br />

190


Abteilung unterstanden, wurden ehrlich bearbeitet. Wenn ihr also euren Grundsätzen<br />

ehrlich und liebevoll treu bleibt, wird euch all diese Ehre von selbst zufallen. "Bitte<br />

betraut einen an<strong>der</strong>en damit - erwartet keine Unehrlichkeit von mir." Das gibt eine<br />

Rückwirkung. Viele dachten: "Glaube mir, er wird gehen müssen." Man betraute ihn<br />

mit einigen sehr verwickelten Fällen. Er sagte, überall fände man Betrügereien - in<br />

ganz Indien. Und seht ihr, er war in jedem Fall ehrlich. Er war initiiert. Bleibt also<br />

euren Grundsätzen liebevoll ergeben, das ist alles. Täuscht euch nicht selbst, das<br />

genügt. Gott ist in euch, die Meisterkraft ist in euch.<br />

Schüler: Mit an<strong>der</strong>en Worten: wenn man bestimmte Grundsätze hat, muß man<br />

ihnen treu bleiben; und bei einer bestimmten Gelegenheit kommt dann die Zeit <strong>der</strong><br />

Prüfung.<br />

Meister: Sicher. Bleibt ihnen treu - aber nicht mit Härte.<br />

Schüler: Nein, nicht mit Härte. Dann kann man als Freunde auseinan<strong>der</strong>gehen.<br />

Meister: Richtig. Ich habe euch mit diesem Fall ein konkretes Beispiel gegeben. Ihm<br />

unterstehen nun alle Polizeistationen. Und deshalb sandte man ihn mit beson<strong>der</strong>en<br />

Aufträgen nach Bengalen und an an<strong>der</strong>e solche Orte.<br />

Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit werden belohnt. Rechtschaffenheit besteht aus<br />

freundlichen Gedanken, freundlichen Worten und gütigen Taten. Nun, täuscht euch<br />

nicht selbst. Das ist es, was ich immer sage: Seid wahr zu euch selbst.<br />

Schüler: Ich fühle, wenn es etwas recht o<strong>der</strong> falsch ist, ob es nun mein Sohn o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> eines an<strong>der</strong>en ist - ich empfinde das Gleiche.<br />

Meister: Gift bleibt Gift, ob man es nun dem Sohn, <strong>der</strong> Tochter o<strong>der</strong> dem Bru<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> irgend jemand sonst gibt. Sünde bleibt Sünde. Wenn du so etwas erfährst, dann<br />

sprich mit dem Betreffenden höflich: "Das ist <strong>der</strong> rechte Weg." Ich will euch nun<br />

einen Fall aus meiner Familie schil<strong>der</strong>n.<br />

Mein Sohn, <strong>der</strong> noch immer lebt, wurde nach Bombay gesandt, um gewisse Aufträge<br />

zu prüfen. Man sandte dafür drei Leute, und er war einer davon. Ich glaube, sie<br />

sollten all diese Dinge in einem Monat klären. Seht ihr, er verdiente sein Geld nicht<br />

auf unehrliche Art. Man nannte ihn "Verbindungsassistent". Er schrieb mir einen<br />

Brief: "Nun bin ich als einer dieser drei Leute hierher gekommen. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en haben<br />

Tausende von Rupien erworben und ich keine einzige." Nun, er hatte immer gesagt:<br />

"Mein Vater hat mir noch nie gesagt, daß er in äußerer Hinsicht mit mir zufrieden<br />

ist." Dann schrieb ich ihm: "Nun schreibe ich dir zum ersten Mal, daß ich mit dir zufrieden<br />

bin." Versteht ihr? Es ist gut, wenn jemand nach den Grundsätzen lebt, ob es<br />

euer Sohn o<strong>der</strong> sonst jemand ist. Schaut, ihr könnt euren Sohn nicht verschonen.<br />

Gesetz ist Gesetz. Unkenntnis des Gesetzes ist keine Ausrede. Ich schrieb ihm das.<br />

"Nun, du hast mir bis jetzt keinen Grund gegeben, daß ich dir das sagen konnte, aber<br />

nun sage ich, daß ich mich über das freue, was du getan hast." Wie kann ich mit euch<br />

zufrieden sein, wenn ihr nicht nach dem lebt, was ich sage, wenn ihr keine Zeit für<br />

eure Meditationen einsetzt, um damit Erfolg zu haben? Ich werde mich freuen,<br />

überglücklich sein, wenn ihr euch erhebt und nach innen geht. Versteht ihr? Es ist<br />

also das Beste, nach den Geboten zu leben, das ist <strong>der</strong> erste Schritt - alles an<strong>der</strong>e folgt<br />

von selbst.<br />

All diese Verwandten wie Söhne, Töchter, Frauen o<strong>der</strong> Ehemänner und auch die<br />

Freunde und Feinde sind nur bei euch, um alles Geben und Nehmen zu beenden.<br />

191


Begleicht es ganz. Beschreitet den Weg zurück zu Gott. Der Vater ist nur zufrieden,<br />

wenn die Kin<strong>der</strong> seinen Geboten gehorchen. Lebt nach ihnen, ohne es zur Schau zu<br />

stellen. Sonst schafft ihr euch nur ein erneutes Geben und Nehmen. Ihr habt also das<br />

Heilmittel für alles Leid des Lebens bekommen - es ist in euch! Wenn ihr euch daran<br />

haltet, wird eure Seele stark werden, versteht ihr? Äußere Nahrung gibt eurem Körper<br />

Kraft. Lesen und Schreiben und manches an<strong>der</strong>e ist Nahrung für euren Verstand.<br />

Und dies wird eurer Seele Kraft geben, sie so stark machen, daß sie allem wi<strong>der</strong>stehen<br />

kann - ihr müßt euch nur dieser Kraft im Innern bewußt werden. Wenn wir uns ihrer<br />

bewußt sind, dann gibt es keine Sorgen mehr - alles geschieht zu gegebener Zeit. Doch<br />

ihr braucht einen, <strong>der</strong> euch führt, nicht nur, um euch die Richtung zu weisen, son<strong>der</strong>n<br />

auch, um euch dort zu führen, um euch eine innere Verbindung zu geben. Nun ist es<br />

genug. Gott segne euch.<br />

Kirpal Sandesh, Heft 1, 1987/88<br />

<br />

LEBT IN DER GEGENWART<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh vom 23. 3. 1971<br />

Schüler: Ich fühle mich in Eurer Gegenwart nicht immer völlig unbeschwert, ganz<br />

zu Hause. Ich fühle mich manchmal fremd, isoliert, versteht Ihr, nicht so ganz<br />

unbeschwert, wie ich glaube, daß ich mich fühlen sollte - und das beunruhigt mich<br />

wirklich.<br />

Meister: Was geht in deinem Gemüt vor sich? Sprich es unbesorgt aus.<br />

Schüler: Manchmal lehnt sich etwas in mir auf.<br />

Meister: Was geht in deinem Gemüt vor? Da muß etwas sein, das diesen Aufruhr<br />

hervorruft. Das Gemüt revoltiert, nicht wahr? Aber aus welchem Grund? Sage es frei<br />

heraus. Du brauchst keine Angst zu haben, siehst du; es mag gut o<strong>der</strong> schlecht sein.<br />

Ein ernster Gedanke, ein negativer Gedanke, belastet dein Gemüt.<br />

Schüler: Ich kann es nicht immer zu einem bestimmten Gedanken<br />

zusammenfassen. Aber es ist da.<br />

Meister: Wir müssen uns darin üben, eine Sache zu einer Zeit zu tun. Ihr müßt diese<br />

Gewohnheit entwickeln, eine Sache zu einer Zeit zu tun. Wie ich euch schon so oft<br />

gesagt habe: wenn ihr eßt, dann konzentriert euch ganz darauf - dankt Gott! Wenn ihr<br />

eine Arbeit tut, dann seid ganz bei <strong>der</strong> Sache. Eine Sache zu einer Zeit. Erinnert ihr<br />

euch? - Ich gab euch Beispiele aus dem Leben Napoleons. In <strong>der</strong> Nacht vor <strong>der</strong><br />

Schlacht von Waterloo schrieb er die Richtlinien für eine Volksschule nie<strong>der</strong>. Das war<br />

um ein Uhr nachts. <strong>Die</strong> Schlacht sollte um neun Uhr morgens beginnen. Am selben<br />

Tag um acht Uhr ging er im Garten spazieren. Und seine Minister liefen aufgeregt<br />

umher: "Was ist los? Was wollt ihr?" fragte er. "<strong>Die</strong> Schlacht wird in einer Stunde<br />

beginnen!" "Oh, das ist um neun Uhr - jetzt ist es erst acht." Seht ihr? Das war seine<br />

Antwort. Wenn immer wir durch die Geladenheit <strong>der</strong> Atmosphäre um uns zu etwas<br />

192


gedrängt werden, ist das nur möglich, weil eure Aufmerksamkeit nicht gänzlich auf<br />

eine Sache zu einer Zeit gerichtet ist. Das ist ein hilfreicher Faktor.<br />

Kabir sagte: "Laßt uns die Sache von einem weltlichen Standpunkt betrachten. Es<br />

waren einmal zwei Freunde. Einer ging sehr gern in die Kirche, und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sagte,<br />

daß es Zeit für ein Fußballspiel sei. Beide waren auf ihre Weise stark. Einer ging zur<br />

Kirche und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e zum Fußballplatz. Nun dachte <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Kirche: 'Mein Freund<br />

spielt nun sicher Fußball’, und <strong>der</strong> auf dem Spielfeld dachte: ‚Mein Freund betet<br />

gerade zu Gott.’“ Welcher von beiden ist <strong>der</strong> bessere? Versteht ihr? Das kann man nur<br />

beseitigen, wenn man die Gewohnheit entwickelt, eine Sache zu einer Zeit zu tun.<br />

Nehmt an, ich komme, um mit euch zu sprechen, aber ihr denkt an die eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Sache - an Bombay, Kalkutta o<strong>der</strong> Kalifornien. Euer Körper ist natürlich hier,<br />

aber ihr seid nicht da, versteht ihr? <strong>Die</strong> Gegenwart unserer Gedanken ist also<br />

notwendig. Seid dort, wo ihr seid, dann werdet ihr den vollen Nutzen aus <strong>der</strong><br />

Geladenheit <strong>der</strong> Atmosphäre ziehen. Das muß man durch regelmäßige Übung<br />

entwickeln. Erfüllt all eure Pflichten. Ihr müßt eure Zeit entsprechend einteilen. Auch<br />

wenn ihr einem sehr beschäftigten Mann etwas zu tun gebt, wird er es tun, weil er<br />

seine Zeit einteilen kann. Er wird die Zeit dafür erübrigen. Aber wenn ihr einen<br />

Müßiggänger damit beauftragt, dann wird er wahrscheinlich sagen: "Ich werde es<br />

morgen tun - im Moment habe ich keine Zeit." Erwartet nie, daß er es tut.<br />

Versucht, täglich eine Arbeit zu beenden. Vielleicht kennt ihr den Namen von John<br />

Bunyan, <strong>der</strong> "<strong>Die</strong> Pilgerreise" schrieb. Sein Motto war, täglich etwas zu schreiben.<br />

Und es lebte ein gewisser Stanley, dessen Motto es war, täglich etwas zu Ende zu<br />

bringen. So lernte ich von Stanley, täglich etwas zu Ende zu bringen. Macht es fertig.<br />

Schiebt nichts auf Morgen auf, was ihr heute tun könnt - diese Gewohnheit müßt ihr<br />

entwickeln. Und wenn das Gemüt einmal darin geübt ist, wird es natürlich die<br />

Neigung haben, auf diese Weise zu handeln. Wenn ihr jeden Tag dieselbe Zeit für die<br />

Meditation einsetzt und das fortwährend tut, werdet ihr euch nach einer Weile<br />

unruhig fühlen, wenn diese Zeit kommt und ihr nicht meditiert. Wenn ihr täglich<br />

einen bestimmten Ort aufsucht, werdet ihr sehen, daß nach zwei, drei, vier o<strong>der</strong> fünf<br />

Monaten eure Beine zu <strong>der</strong> Zeit ganz von selbst diesen Weg einschlagen werden. Das<br />

muß man entwickeln, seht ihr? Vergeßt daher alles, die Vergangenheit und die<br />

Zukunft. Lebt nur in <strong>der</strong> Gegenwart - jede Minute ist Ewigkeit.<br />

Tolstoi, <strong>der</strong> russische Schriftsteller, war ein großer Mann. Ehe ihn jemand besuchen<br />

durfte, wollte er zuerst sein Photo sehen. Das Gesicht ist <strong>der</strong> Spiegel des Menschen.<br />

Alle eure Gedanken, jede Art von Gedanken bringt Runzeln und Falten mit sich. Ihr<br />

werdet finden, daß Kopf, Stirn und Augen von Menschen desselben Berufes sich<br />

gleichen. Gedanken sind sehr mächtig, überaus mächtig. Sie bringen sich offen zum<br />

Ausdruck. Wenn man keine Falten hat, hier o<strong>der</strong> da einige Runzeln o<strong>der</strong> tiefe Falten -<br />

das alles ist eine Auswirkung <strong>der</strong> gedanklichen Tätigkeit. Daher for<strong>der</strong>te Tolstoi<br />

immer zuerst ein Photo an. Einmal wies er einen Mann zurück. Und <strong>der</strong> Mann<br />

schrieb ihm: "Ich bin nicht, was Sie sehen." Menschen können sich zum Besseren<br />

verän<strong>der</strong>n, nicht wahr? Deshalb heißt es, daß ihr <strong>der</strong> Schöpfer eures Schicksals seid.<br />

Sogar ein Räuber kann ein Heiliger werden. Es gibt entsprechende Beispiele. Wißt<br />

ihr, welche beson<strong>der</strong>e Eigenschaft ein Räuber hat? Wenn sich ein Räuber für etwas<br />

entscheidet, dann tut er es unter Einsatz seines Lebens. Er wird es um jeden Preis<br />

tun. Wenn ein Pferd sehr ungebärdig ist, braucht ihr es nur mit den Zügeln zu lenken,<br />

das ist alles. Was kann ein krankes Pferd tun? Es kann kaum gehen. Auch wenn man<br />

es auf den Weg bringen will, wird es sich sehr plagen und stöhnen. Wir brauchen also<br />

wahrhaft starke Pferde. Ihr müßt etwas in euch haben. Ihr müßt mit den Zügeln nur<br />

den rechten Weg bestimmen. Ein Student, <strong>der</strong> vor einigen Jahren sein Examen<br />

abgelegt hat, machte sich auf, die vielen Heiligen in Indien anzuhören. Er<br />

193


ombardierte sie mit <strong>Fragen</strong>. Und sie waren nicht in <strong>der</strong> Lage, ihm zu antworten - sie<br />

sagten: "Du bist noch nicht reif!" Sein Vater kam zu mir. Er sagte: "Es gibt so viele wie<br />

ihn." "Gut, das macht nichts, schicke ihn zu mir." Als er kam, sagte ich zu ihm; "Nun,<br />

schau her, schreibe all deine Zweifel, all deine <strong>Fragen</strong> nie<strong>der</strong> - und dann setze dich<br />

mit mir in diesen Raum und verschließe die Tür. Nimm den Schlüssel und öffne nicht,<br />

bis du zufriedengestellt bist." Er fragte mich zwei Stunden lang aus. Dann bat er um<br />

die Initiation und erhielt sie.<br />

Du bist groß, verstehst du, nicht wahr?<br />

Schüler: Was bin ich, Meister?<br />

Meister: Du bist groß, in dir ist ein großer Mensch. Du kannst das tun, was du sagst.<br />

Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Sei keine Marionette, verstehst du? Bilde einfach diese<br />

Gewohnheit. Der menschliche Körper wird beeinflußt, verän<strong>der</strong>t. Ihr könnt zu Gott<br />

zurückkehren, wenn ihr euren Willen lenkt, kann man sagen. All diese<br />

Schwierigkeiten dienen nur dazu, eines zu zeigen: Fühlt euch nicht als Marionette. Ihr<br />

könnt es tun. Entwickelt diese Gewohnheit einfach durch Regelmäßigkeit. Tut eine<br />

Sache zu einer Zeit.<br />

Ja?<br />

Schüler: Ist es eine Sache <strong>der</strong> Reinheit, etwas zu einer Zeit zu tun, und Unreinheit,<br />

wenn man mehrere Dinge gleichzeitig tut?<br />

Meister: Ihr erdet elektrische Geräte, indem ihr sie mit einem Fremdkörper<br />

verbindet. Wenn ihr euch entwickelt und sie dann verliert - was nützt dann die<br />

Reinheit? Es ist eine sehr machtvolle Sache, einen Gedanken zu einer Zeit zu haben -<br />

den Gedanken an Gott und nichts an<strong>der</strong>es. Ist das nicht <strong>der</strong> springende Punkt <strong>der</strong><br />

Reinheit? Ein Heiliger betete: „O Gott, komme in meine Kammer. Niemand ist dort<br />

außer Dir. Du hast dort freien Zugang. Niemand sonst wohnt dort. Niemand wagt es,<br />

dort einzutreten.“ Könnt ihr das sagen? Ja, ihr könnt. Aber entwickelt das. Macht es<br />

euch zu eigen.<br />

Was hat Christus zu Satan gesagt: "Warte einen Moment." Sagt eurem Gemüt: "Du<br />

willst essen? Gut, ich werde dir etwas zu essen geben; aber warte, laß uns dies (die<br />

Meditation) zuerst tun." Das Leben einer Heiligen gibt uns ein Beispiel davon. Das ist<br />

natürlich eine lange Geschichte. Als sie jung war, reiste sie mit ihrem Vater<br />

irgendwohin, und auf dem Weg plün<strong>der</strong>ten ihn Räuber und <strong>Die</strong>be völlig aus und<br />

nahmen auch sie mit. Sie verkauften sie an eine Dirne. Sie hatte nicht im Traum an<br />

ein solches Leben gedacht. Als sie herangewachsen war, sollte sie auch diesen Beruf<br />

ergreifen. Als sie verkauft wurde, konnte sie sich nicht weigern. Am ersten Tag schon<br />

wurde sie dazu gezwungen. Wenn man keine Sünde begangen hat, kann man diese<br />

Einhalt gebietende Mauer nicht überschreiten. Ihr werdet schau<strong>der</strong>n, werdet euch<br />

fürchten. Wenn aber diese Einhalt gebietende Mauer einmal zerbrochen wird, ist <strong>der</strong><br />

Weg frei. Der Mann, <strong>der</strong> am ersten Tag zu ihr kam, sagte: "Du solltest glücklich und<br />

fröhlich sein und mein Herz gewinnen." Aber sie war sehr traurig, sehr nachdenklich.<br />

Ihre Augen zeigten Furcht. "Was ist mit dir?", fragte er. <strong>Die</strong> Nacht kam und sie sagte:<br />

"Gut, wir haben noch viel Zeit, bis die Nacht kommt - die ganze Nacht liegt vor uns.<br />

Laß uns eine Weile beten." Seht ihr, sie war es gewohnt, zu beten. Der Mann sagte:<br />

"Gut, laß uns beten." Nach einiger Zeit sagte sie wie<strong>der</strong> zu dem Mann: "Laß uns beten,<br />

die Nacht liegt noch immer vor uns." Seht ihr? Das Beten beeinflußte ihn, und er ging<br />

fort. Er begann diese Heilige zu verehren.<br />

194


Biographien können sehr große Lehren, sehr praktische Lehren vermitteln. Wenn<br />

ihr spürt, daß euch etwas nach unten zieht, wenn eure Freunde beeinflußt werden,<br />

dann könnt ihr euch hinsetzen und beten. Ein Mensch kann sich än<strong>der</strong>n, seht ihr?<br />

Wir bekommen eine starke Arznei nur, weil wir schwach sind.<br />

<strong>Die</strong>se Heilige hatte ein sehr seltsames Leben. Sie wurde an das Haus einer<br />

Prostituierten verkauft. Aber als sie dort war, fing sie an, die Leute zu verän<strong>der</strong>n. Wer<br />

immer zu ihr kam, ging nie wie<strong>der</strong> in das Freudenhaus. Und die Eigentümer<br />

begannen sich zu fragen, was da nicht in Ordnung ist. Sie fingen an, sie des Nachts<br />

heimlich zu beobachten. Sie saß da und betete. Dann wies sie den Mann an, seine<br />

Hände zu waschen und sich auch zur Meditation nie<strong>der</strong>zusetzen. <strong>Die</strong>s geschah immer<br />

wie<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Eigentümer sagten: "Nun, sie ruiniert unseren Beruf, verdirbt das<br />

Geschäft." Seht ihr, sie ließen sie also frei, diese mohammedanische Heilige.<br />

So habe ich gelernt, daß wir uns selbst über die schlimmsten Umstände erheben<br />

können. Nun wißt ihr, was Christus meinte, als er zu Satan sagte, er solle warten. Ihr<br />

könnt sehen, welche Größe ihr Leben zeigt. Auch im Westen gibt es Beispiele solcher<br />

Menschen. Daher zahlt sich das Lesen von Biographien sehr aus. Ihr lernt praktische<br />

Dinge und wie man sie tut.<br />

Als ich nach Österreich reiste, befand sich das Land in einem Konflikt mit Italien.<br />

Sie bereiteten sich gerade auf einen Krieg vor. Jeden Augenblick hätte <strong>der</strong> Krieg<br />

ausbrechen können. So sagte <strong>der</strong> Präsident natürlich: "Ich bin in einer schwierigen<br />

Lage. Mein Land bereitet sich auf den Krieg vor. Er kann jeden Augenblick<br />

ausbrechen. Was soll ich tun?" Ich sagte ihm: "Tun Sie das, was gut ist, sofort, und<br />

versuchen Sie alles Ungute auf an<strong>der</strong>e Weise zu schlichten." Und die Folge war, daß<br />

es nicht zum Krieg kam. Letzten Monat erhielt ich eine Nachricht des Präsidenten:<br />

"Ich warte auf Sie. Wann kommen Sie wie<strong>der</strong>?" Seht ihr, eine sehr einfache Sache.<br />

Was gut ist, das tut gleich, und was nicht gut ist, das zögert hinaus. Versucht einfach,<br />

eure Aufmerksamkeit in eine an<strong>der</strong>e Richtung zu lenken. Sagt zu Satan: "Warte<br />

bitte!" Christus hat uns ein gutes Beispiel gegeben, nicht wahr? Er sagte einfach:<br />

"Warte, warte." Warum könnt ihr nicht sagen: "Warte."?<br />

Welcher Initiierte ist dem Meister am liebsten? Einer, <strong>der</strong> einfach die Fähigkeiten<br />

entwickelt, die er [<strong>der</strong> Meister] hat. <strong>Die</strong>se Fähigkeiten werden ihm gefallen. Gott zu<br />

finden ist nicht schwer - es ist schwer, ein Mensch zu werden. Gott müht sich,<br />

Menschen zu finden, die so sind. Wenn ein Mann Kin<strong>der</strong> hat, sorgt er sich um das<br />

beste Kind. Nicht wahr? Kabir sagt: "Ich bin in meinem Herzen nun so rein, daß Gott<br />

mir dauernd nachläuft und ruft: ‚O Kabir, Kabir, warte, warte!’“ Seht ihr? Erinnert ihr<br />

euch an die Geschichte von Moses, <strong>der</strong> in die Berge ging, um Gott zu finden? Und wie<br />

ein Dichter gesagt hat: "Wußte er nicht, daß Gott auf <strong>der</strong> Suche nach einem Menschen<br />

ist? Warum bist du in die Berge gegangen, um Ihn zu finden?" Verdaut also das, was<br />

ihr lest. Ich habe euch so viele Dinge aus dem Leben großer Menschen dargelegt.<br />

Wenn wir einfach lesen, daß jener Mann da geboren und dort gestorben ist und<br />

bestimmte Orte besucht hat, so ist das nicht die wahre Bedeutung eines Lebens. "Er<br />

baute dort ein Haus o<strong>der</strong> einen Speicher" - nein, das nicht. Gehen wir nur zu einem<br />

Meister, um zu sehen, was er ißt, wo er sitzt, welche Kleidung er trägt, ob er ein<br />

Reitpferd hat usw.? Das kann je<strong>der</strong> haben, Euer Leben sollte Einfachheit und hohes<br />

Denken wi<strong>der</strong>spiegeln, und die äußeren Gebäude, die ihr errichtet habt, sollten in<br />

ihm nichts bedeuten. Ich sprach mit dem Führer einer Gemeinschaft hier, <strong>der</strong> jetzt<br />

Präsident all <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gemeinschaft hier ist. Ich fragte ihn: "Hast du einen<br />

zum Menschen gemacht?" Tempel zu bauen ist leichter. Einen zum Menschen zu<br />

machen ist schwer. "Wie viele hast du zu Menschen gemacht?" Es gibt einen sehr<br />

großen Unterschied des Blickwinkels. <strong>Die</strong> Menschen sehen die Dinge meist nur aus<br />

an<strong>der</strong>er Sicht. Ein Lehrer ist sehr glücklich, wenn er sieht, daß all seine Schüler ihre<br />

195


Prüfungen als Beste bestanden haben o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Universität an erster Stelle stehen.<br />

Ist er nicht stolz darauf?<br />

Wie könnt ihr sein Wohlgefallen erwerben? Richtet euch einfach bedingungslos<br />

nach dem, was er wünscht - folgt nicht den Worten, son<strong>der</strong>n ihrer Bedeutung. Er<br />

braucht nicht zu sagen; "Tu dies o<strong>der</strong> das." Seht, was er tut und tut es auch. Wie ich<br />

als Schüler in die neunte Klasse ging, war <strong>der</strong> Lehrer so zufrieden mit mir, daß er mir<br />

sogar die Klasse überließ, und ich unterrichtete in seiner Abwesenheit - eben jene<br />

Klasse, in <strong>der</strong> ich Schüler war. Harte Arbeit ist also eine an<strong>der</strong>e Bezeichnung für<br />

Genie, bedenkt das! Englische Geschichte ist eines <strong>der</strong> gewöhnlichen<br />

Unterrichtsfächer in den Schulen. Der Lehrer pflegte uns den Stoff zu diktieren. Und<br />

wir mußten eine Arbeit schreiben. Zu jener Zeit waren etwa 55 Punkte die<br />

Höchstzahl, die man für eine Arbeit bekam. Einer <strong>der</strong> Schüler schrieb all das nie<strong>der</strong>,<br />

was <strong>der</strong> Lehrer diktiert hatte, und er gab ihm 34 von 55 Punkten. Ich hielt mich nie an<br />

diese Aufzeichnungen, son<strong>der</strong>n gab meine <strong>Antworten</strong> aus zwei o<strong>der</strong> drei englischen<br />

Geschichtsbüchern wie<strong>der</strong>, die ich gelesen hatte. Er gab mir 54 von 55 Punkten.<br />

Natürlich beklagte sich <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Schüler: "Herr Lehrer, ich habe genau und<br />

wörtlich das geschrieben, was Sie diktiert haben. Warum geben Sie mir 34 und ihm<br />

54 Punkte?" Das war eine ganz natürliche Frage. „Nun, er hat dargelegt, was alle<br />

Historiker sagen, aber ich konnte ihm nicht 55 Punkte geben und zog daher einen<br />

Punkt ab.“ So kann euer Meister, euer Lehrer stolz auf euch sein. Auf wen? Auf einen,<br />

<strong>der</strong> wie er ist.<br />

Mein Meister sandte mir öfters schwierig zu behandelnde Führer religiöser Sekten,<br />

die zu ihm zu kommen pflegten. Er sandte sie zu mir, damit sie etwa eine Woche bei<br />

mir in Lahore lebten. Zu jedem Gelehrten, <strong>der</strong> zu ihm kam, sagte er dann: „Gut, geh’<br />

zu ihm. Er wird das Gewehr in all seine Teile zerlegen und es dann wie<strong>der</strong><br />

zusammensetzen und dir alles erklären.“ Er war stolz auf mich, und wir sind stolz<br />

darauf, solche Heilige zu haben, versteht ihr? Aber er sollte auch auf uns stolz sein.<br />

Aber wie? Indem wir jene Eigenschaften entwickeln, die er besitzt. Mein Meister<br />

sagte immer: "Nun, in meinem ganzen Leben habe ich nur einen Menschen gefunden.<br />

Ich wünsche mir, daß viele von euch so werden wie er." Für diesen Weg habt ihr am<br />

ersten Tag <strong>der</strong> Initiation eine Erfahrung erhalten. Manche schreiten fort, sind noch<br />

nicht vollkommen, manche machen gut weiter und an<strong>der</strong>e schleppen sich nur dahin -<br />

kriechen wie Schnecken. Nun, was ein Mensch getan hat, kann auch ein an<strong>der</strong>er tun,<br />

mit geeigneter Führung und Hilfe, - nicht wahr? Dann...? Wenn ihr hun<strong>der</strong>tprozentig<br />

nach dem lebt, was er sagt, seid ihr vollkommen. Aber selbst wenn ihr vollkommen<br />

werdet, sollt ihr dann auf euch stolz sein? Nein. Warum? Ein Schnei<strong>der</strong>meister<br />

machte einen sehr guten Anzug, <strong>der</strong> ausgezeichnet paßte. Der Kunde brüstete sich<br />

einfach damit: "Oh! Wie gut er paßt! Wie gut ich aussehe!" <strong>Die</strong> Ehre sollte dem<br />

Schnei<strong>der</strong>meister zukommen, nicht euch. So gebührt all diese Ehre dem Meister o<strong>der</strong><br />

dem Lehrer o<strong>der</strong> dem Gott in ihm, seht ihr? Das ist die Hauptsache.<br />

Das ist eine gute Frage, die du gestellt hast. Sie hat sehr viel aufgezeigt. Versucht<br />

einfach, danach zu leben. Nichts ist unmöglich. Napoleon sagte: "Das Wort<br />

'unmöglich' steht im Wörterbuch <strong>der</strong> Narren." Alles ist möglich, wenn ein Mensch<br />

Gott ergreifen kann - mit Seiner Gnade natürlich. Was bleibt dann noch? So wünsche<br />

ich jedem von euch, daß er ein Botschafter wird. Ich werde stolz auf euch sein. Und<br />

ich glaube, was immer ihr tut, wird mir bei meiner Arbeit helfen. Man wird euch rühmen<br />

und auch ich werde zufrieden sein. Unser Meister sagte immer: "Nun, schaut -<br />

seid nicht ungehorsam - legt euch nicht hin wie Tote, so daß euch an<strong>der</strong>e wegschaffen<br />

müssen. Steht auf eigenen Füßen - helft an<strong>der</strong>en!" Das sagte er. Derselbe Gott ist in<br />

euch. Warum fühlt ihr euch wie Marionetten? Der Mensch ist schließlich groß.<br />

Welcher Mensch? Der physische Körper? Nein. Der Mensch, <strong>der</strong> im Körper wirkt.<br />

196


Und er ist ein Mikrogott, nicht wahr? Nur mit Schmutz bedeckt, weil er mit den<br />

Kin<strong>der</strong>n im Staub spielt, das ist alles. Gut, Gott segne euch!<br />

The Light of Kirpal, Chapter 83 “Wait, Satan, Wait”<br />

<br />

DIE GESCHICHTE EINES KAMELS<br />

Aus einem Darshan-<strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh<br />

Frage: Ich denke, nach meiner Überzeugung besteht die beste Art, das Leben zu<br />

meistern, in dem Bemühen, für den Meister und Naam empfänglich zu werden. Aber<br />

in meinem Gemüt - wie soll ich sagen? - schwirren noch so viele Eindrücke herum<br />

und beherrschen mich. <strong>Die</strong>se Eindrücke bedrängen mich noch sehr stark, obwohl ich<br />

verstandesmäßig überzeugt bin, daß ich davon frei werden sollte.<br />

Der Meister: Es lebte einst ein gewisser Majnu, <strong>der</strong> Laila, eine Prinzessin, sehr<br />

liebte. Einmal verließ er sein Haus auf einem weiblichen Kamel, um sie zu treffen.<br />

<strong>Die</strong>ses weibliche Kamel hatte ihr Junges zurückgelassen. Majnu war in Gedanken an<br />

Laila versunken, als er auf dem Kamel ritt, und so ließ er die Zügel locker hängen. Das<br />

Kamel kehrte nach Hause zurück, da es mit seinem Jungen verbunden war, nicht<br />

wahr? Wie<strong>der</strong> ritt er los... man sagt, daß er sechs Monate brauchte, bis er Laila erreichte.<br />

Warum? Das ist eine Antwort auf Ihre Frage.<br />

Der Schüler: Er ließ die Zügel hängen.<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> Anstrengung wird natürlich zur Natur. Obwohl wir dies<br />

verstandesmäßig wissen, setzen wir uns weiterhin mit dem Körper gleich und werden<br />

auf diese Weise beeinflußt. Durch Schlußfolgerungen wissen wir, daß wir nicht <strong>der</strong><br />

Körper sind. Nur wenn ihr euch täglich aus freien Stücken über den Körper erhebt,<br />

könnt ihr erkennen, daß ihr nicht <strong>der</strong> Körper seid.<br />

Gegenwärtig braucht ihr sechs Monate o<strong>der</strong> sechs Jahre, um das Ziel zu erreichen.<br />

Versteht ihr? So ist die Natur. Wenn ihr irgend etwas tut, vielleicht ein paar Monate<br />

lang täglich wie<strong>der</strong>holt - wenn ihr zum Beispiel täglich irgendwo hingeht und dann<br />

nach fünf o<strong>der</strong> sechs Monaten einen an<strong>der</strong>en Weg nehmt - fühlt ihr euch zu <strong>der</strong><br />

gewohnten Stelle hingezogen und eure Füße bewegen sich automatisch in die<br />

gewohnte Richtung. Das entwickelt sich durch Gewohnheit.<br />

Frage: Mit <strong>der</strong> Zeit kommen wir also über diese vielen Eindrücke hinweg? Durch<br />

Meditation und die Lebensweise löschen wir sie einfach aus?<br />

Der Meister: Ja. Was ist das, durch dessen Erkenntnis nichts mehr bleibt, das<br />

erkannt werden muß? Durch das, wenn man es kostet, nichts mehr zu kosten<br />

verbleibt? Durch die Kenntnis dieses Glücks gibt es kein an<strong>der</strong>es Glück mehr, das sich<br />

mit ihm messen kann. Das ist in euch. Wie wichtig ist es doch, zu meditieren! Man<br />

braucht fünf, sechs Stunden in <strong>der</strong> Schule, dann zwei o<strong>der</strong> drei Stunden für die<br />

Hausaufgaben - ein ganzes Jahr täglich acht Stunden Arbeit läßt euch eine Stufe o<strong>der</strong><br />

ein Stück weiterkommen. Wieviel Zeit setzt ihr nun ein? Glücklicherweise seid ihr<br />

hier, also setzt ihr vier o<strong>der</strong> fünf Stunden ein. Aber selbst das ist nicht die tatsächliche<br />

Zeit, die ihr einsetzt. Euer physischer Körper sitzt wohl, aber nur die Zeit zählt, in <strong>der</strong><br />

197


die Aufmerksamkeit nicht nachläßt, nicht abschweift - ununterbrochen auf einen<br />

Punkt gerichtet ist. Denkt nur an die Geschichte von dem Kamel (<strong>der</strong> Meister lacht in<br />

sich hinein) - die Gewohnheit ist ihm zur Natur geworden, seht ihr? Damit müssen<br />

wir uns auseinan<strong>der</strong>setzen.<br />

Nun wünsche ich euch allen eine gute Nacht.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 6, 1976; englisch: Heft 1, 1976<br />

<br />

FRAGEN UND ANTWORTEN IN ZÜRICH<br />

Auf seiner dritten Weltreise, am zweiten Tag seines Aufenthaltes in Zürich<br />

beantwortete Meister Kirpal Singh am 4. September 1972<br />

<strong>Fragen</strong> von Suchern über den heiligen Pfad.<br />

Der Meister: Bevor wir beginnen, möchte ich euch an eine Begebenheit in einem<br />

kleinen Dorf erinnern, das ein heiliger Mann besuchte. Er rief alle Dorfbewohner<br />

zusammen, um ihnen zu sagen, daß morgen ein Sturm kommen würde. Er sagte, daß<br />

sich keiner dem Sturm aussetzen und sie in ihren Häusern bleiben sollten. Sonst<br />

würde je<strong>der</strong> verrückt werden, den <strong>der</strong> Sturm berührte.<br />

Ein paar glaubten ihm und verbargen sich zur angegebenen Zeit in ihren Häusern.<br />

Aber die meisten blieben draußen und waren dem Sturm ausgesetzt. Und sie alle<br />

wurden verrückt.<br />

Als jene, die sich in ihren Zimmern verborgen hatten, wie<strong>der</strong> herauskamen, sahen<br />

sie, daß die armen Menschen alle verrückt geworden waren. Und alle, die verrückt<br />

geworden waren, sagten: "<strong>Die</strong> paar Leute, die uns trösten wollten, sind verrückt<br />

geworden."<br />

Warum erzähle ich euch diese Geschichte? Wißt ihr, was ich damit sagen will? Ich<br />

spreche mit euch über den verborgenen Weg, auf den in den heiligen Schriften<br />

hingewiesen wird. <strong>Die</strong>se Hinweise sind für jene, die bereit sind. <strong>Die</strong>ser Weg ist kein<br />

Kin<strong>der</strong>spiel. Jene Menschen, die mit dem Weg nicht vertraut o<strong>der</strong> keine wirklichen<br />

Wahrheitssucher sind, werden einfach sagen: "Ihr seid alle verrückt geworden!"<br />

Versteht ihr? (Der Meister schmunzelt.)<br />

Sprecht nur mit Suchern über die Erfahrungen o<strong>der</strong> Lehren, die euch gegeben<br />

wurden. Sonst wird euer Schicksal genau wie das <strong>der</strong> Leute in dieser Geschichte sein.<br />

Welche innere Erfahrung ihr auch erhalten habt, dankt Gott dafür! Aber erwähnt<br />

den Weg nicht o<strong>der</strong> sprecht über ihn nur mit wirklichen Suchern und nicht mit jenen,<br />

die am Weg nicht interessiert sind. Darum sagte Christus: "Werft keine Perlen vor die<br />

Säue." (Matth. 7,6)<br />

Versteht ihr mich nun? Manchmal machen wir den Weg zu einer Sache alltäglichen<br />

Geredes - nun, das wird sich auf euch so wie in <strong>der</strong> Geschichte auswirken, die ich<br />

gerade erzählt habe. Ihr seid auf dem Weg. Bewahrt den Weg für euch selbst. Doch<br />

einem, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Suche ist, könnt ihr einen Hinweis geben.<br />

198


Wir brauchen keine äußeren, gesellschaftlichen Formen zu än<strong>der</strong>n, noch bestimmte<br />

Regeln und Vorschriften festzulegen, an die wir uns halten sollen. <strong>Die</strong>s sind nur die<br />

Grundlehren aller heiligen Schriften, die von den Meistern geschrieben und<br />

verkündet wurden, als sie zu uns kamen. Sie sahen die Wahrheit und haben davon<br />

Zeugnis gegeben. Christus sagte: "Ich sage euch die Wahrheit: wir sagen, was wir<br />

wissen, und wir bezeugen das, was wir gesehen haben." (Johannes 3,11) Seht ihr?<br />

Versteht ihr nun, was ich wirklich meine?<br />

<strong>Die</strong>ser Weg, über den wir sprechen, ist ein verborgener Weg - für jene, die wirklich<br />

bereit sind. Macht den Weg nicht zu etwas, über das man beim Essen o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong><br />

Straße spricht. Wenn in den alten Tagen jene, die auf den Weg gestellt worden waren,<br />

über bestimmte innere Dinge mit jedem x-beliebigen sprachen, dann machten ihnen<br />

die Leute, die dafür nicht bereit waren, alle nur erdenklichen Schwierigkeiten.<br />

Manchmal hat man sie sogar lebendig verbrannt.<br />

Das ist also nichts, wovor wir uns fürchten müssen, aber es ist nur für jene<br />

bestimmt, die wirklich danach verlangen. Gebt ihnen einen Hinweis. Wenn sie dann<br />

mehr wissen wollen, dann fahrt mit <strong>der</strong> Theorie fort. Wenn nicht, dann seid still.<br />

Ich glaube, nun ist es Zeit für die <strong>Fragen</strong>, die ihr habt - natürlich, soweit sie den Pfad<br />

betreffen. (Der Meister schmunzelt.)<br />

Der Übersetzer: Meister, Ich habe hier ein paar Zettel mit <strong>Fragen</strong>. <strong>Die</strong> erste Frage<br />

lautet: "Ich sehe und höre relativ leicht, also sollte ich mich freuen. Aber im täglichen<br />

Leben bin ich nicht sehr freundlich, nicht sehr liebevoll, nicht sehr barmherzig. So<br />

kann ich kaum glauben, was ich sehe und höre, da mein menschlicher Zustand so<br />

ungenügend ist. Manche meiner Gefährten sind in ihrem täglichen Leben<br />

beispielhaft; aber sie stellen fest, daß sie nichts Sehen, da ist kein Ton, alles ist<br />

dunkel. Wie kann das sein, da ich weiß, daß diese Menschen gläubig meditieren?"<br />

Der Meister: Der Mensch muß sich allseitig entwickeln: physisch, intellektuell und<br />

spirituell. Der Mensch ist dreifach gesegnet. Das heißt nicht, daß ihr weiter auf<br />

Kosten <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seiten nur einen Aspekt des Lebens entwickeln sollt. Ihr solltet<br />

euch allseitig entwickeln. Physisch gesehen sollt ihr auf euren eigenen Beinen stehen -<br />

ihr sollt euer Geld auf ehrliche Weise verdienen. Ihr müßt etwas für "Regentage" und<br />

für eure Kin<strong>der</strong> beiseitelegen und auch, um an<strong>der</strong>en zu helfen.<br />

<strong>Die</strong> Tatsache bleibt, daß wir alle vom gleichen Wesen wie Gott sind, Tropfen aus<br />

dem Meer <strong>der</strong> Allbewußtheit. Wir sind alle Brü<strong>der</strong> und Schwestern in Gott, und Gott<br />

wohnt in jedem Herzen.<br />

Wir alle sind gesegnet - von göttlicher Natur. Wenn ihr also glaubt, daß ihr Gott<br />

liebt und Er in jedem Herzen wohnt, dann müßt ihr zu allen freundlich sein. Und da<br />

wir also, als Brü<strong>der</strong> und Schwestern in Gott, einan<strong>der</strong> gleich sind, müssen wir höflich<br />

und taktvoll sein, wenn wir an<strong>der</strong>en etwas beibringen. Wenn wir zu an<strong>der</strong>en<br />

unfreundlich sind, heißt das, daß wir den Weg verlieren - und wenn ihr Ihn treffen<br />

wollt, <strong>der</strong> in jedem Herzen wohnt, wie könnt ihr Ihm dann begegnen? Das sind<br />

unverän<strong>der</strong>liche Tatsachen.<br />

Tut nur eine Sache zu einer Zeit. Ihr habt einen Tisch mit so vielen Schubladen.<br />

Öffnet eine Schublade und wendet euch ihr ganz zu, denn Arbeit ist Anbetung. Dann<br />

schließt diese Schublade und öffnet eine an<strong>der</strong>e und wendet euch ihr genauso<br />

uneingeschränkt zu. Der springende Punkt ist, daß wir nicht im Gleichgewicht sind<br />

und nichts mit Entschiedenheit tun. Auf <strong>der</strong> einen Seite sind wir unfreundlich. Und<br />

wenn ihr aber seht, daß Gott in jedem Herzen wohnt, dann müßt ihr alle achten. Aber<br />

wir tun es nicht - und gleichzeitig wollen wir fortschreiten... auf dem Weg. Wie könnt<br />

ihr das?<br />

199


Das haben alle Meister gesagt: "Wenn du Gott begegnen willst, dann quäle keinen."<br />

Es gibt Sünden, Sünden und Sünden - verschiedenen Grades. Alkohol zu trinken ist<br />

natürlich eine Sünde. Es ist die Mutter allen Übels. Aber es gibt eine größere Sünde:<br />

alle heiligen Schriften zu verbrennen. Das ist eine größere Sünde. Doch es gibt eine<br />

noch größere Sünde als das: all die heiligen Orte in Brand zu stecken, die<br />

Wallfahrtsorte und die Orte, an denen die Heiligen geboren sind. Aber es gibt noch<br />

eine größere, eine schwerere Sünde: "Jemand zu peinigen." Wenn ihr Gott begegnen<br />

wollt - und gleichzeitig seid ihr unfreundlich zu Ihm - wie könnt ihr Ihn dann finden?<br />

Ein hungriger Mensch ist Gott, <strong>der</strong> hungrig auf Erden wandelt. Wenn Er euch um<br />

Essen bittet und ihr es Ihm verweigert und euer Essen nicht mit Ihm teilt, wie kann<br />

sich dann Gott über euch freuen?<br />

(Hier ist eine Unterbrechung im Tonband.)<br />

Wenn ihr Unfreundlichkeit nicht mit Unfreundlichkeit erwi<strong>der</strong>t, dann ist die Sache<br />

erledigt. Versteht ihr, was ich damit sagen will? Das ist die Antwort auf diese Frage.<br />

Ich möchte euch empfehlen, die Biographien großer Menschen zu lesen. Dabei<br />

werdet ihr auf anschauliche Weise viel darüber lernen, wie sie sich entwickelt haben.<br />

Ich habe die Lebensgeschichte von Napoleon Bonaparte gelesen. Er war ein äußerst<br />

selbstbeherrschter Mann. Er tat nur eine Arbeit zu einer Zeit, wie ich euch schon<br />

sagte. Um Mitternacht, in <strong>der</strong> Nacht vor <strong>der</strong> Schlacht von Waterloo, schrieb er von<br />

Mitternacht bis ein Uhr die Regeln für eine Grundschule nie<strong>der</strong>. Versteht ihr? Am<br />

nächsten Morgen, <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> Schlacht war auf neun Uhr festgelegt, ging sein<br />

Minister um acht Uhr unruhig umher, und er sah Napoleon im Garten<br />

Spazierengehen. Napoleon fragte seinen Minister: "Was möchten Sie?" Der Minister<br />

sagte: "<strong>Die</strong> Schlacht beginnt in einer Stunde." Napoleon antwortete: "Das ist um neun<br />

Uhr, jetzt ist es erst acht Uhr." <strong>Die</strong>se Dinge könnt ihr nur aus Biographien lernen.<br />

Jemand kam zu Lord Buddha und beschimpfte ihn. Und er fuhr wie ein Verrückter<br />

vom Morgen bis zum Abend damit fort. Es wurde dunkel und Lord Buddha hörte ihm<br />

noch immer geduldig zu. Als es Nacht geworden war, wollte <strong>der</strong> Mann wie<strong>der</strong> nach<br />

Hause gehen. Da sagte Lord Buddha zu ihm: "Warte, mein Freund, überlege bitte!<br />

Wenn du mir ein Geschenk bringst und ich nehme es nicht an, bei wem bleibt es<br />

dann?" Der Schimpfende antwortete: "Bei dem, <strong>der</strong> es gebracht hat." Lord Buddha<br />

erklärte ihm dann: "Nun, das Geschenk, das du mir gebracht hast, nehme ich nicht<br />

an." Das sind Dinge, die ihr aus Biographien lernt.<br />

Entschuldigt bitte, wenn ich euch sage, daß ich mehr als dreihun<strong>der</strong>t Biographien<br />

gelesen habe. Man kann aus diesen Lebensgeschichten - tatsächlichen Lebensläufen -<br />

vieles lernen, was man nicht aus Büchern lernen kann. Es ist also besser, ein Beispiel<br />

zu geben, als nur etwas zu erzählen.<br />

Ich sage euch, wir machen aus all dem nur ein Durcheinan<strong>der</strong>. Beginnt bei euch zu<br />

Hause: macht aus eurer Wohnung ein liebevolles, ein glückliches Heim. Gott hat euch<br />

verbunden. Laßt euch nur von Gott wie<strong>der</strong> trennen. Wenn einer von euch eine an<strong>der</strong>e<br />

Meinung hat, nun, dann benehmt euch kultiviert: zwingt keinem eure Meinung auf.<br />

Zerbrecht nicht diese liebevollen Bande, in denen euch Gott vereint hat, son<strong>der</strong>n<br />

schafft euch ein liebevolles Heim.<br />

Jemand unterbricht euch und sagt seine Meinung - wir aber sollten versuchen, ein<br />

kultiviertes Benehmen zu entwickeln. Versteht und bringt an<strong>der</strong>e zum Verstehen.<br />

Wenn ihr Kin<strong>der</strong> habt, dann gebt ihnen durch euer Verhalten ein Beispiel - ich meine<br />

durch Selbstdisziplin. Wenn ihr miteinan<strong>der</strong> streitet, dann leiden auch eure Kin<strong>der</strong><br />

darunter.<br />

<strong>Die</strong> Meister wollen nicht, daß ihr die Welt verlaßt und in den Dschungel geht,<br />

son<strong>der</strong>n an<strong>der</strong>en ein lebendiges Beispiel gebt. Bewältigt euer Leben und gebt den<br />

Kin<strong>der</strong>n, die die Hoffnung <strong>der</strong> kommenden Generation sind, ein Beispiel.<br />

200


Alles Wissen bedeutet also "<strong>Die</strong>nst". Alles zu wissen o<strong>der</strong> zu verstehen heißt in<br />

Harmonie mit an<strong>der</strong>en zu leben. Alles Wissen bedeutet Kultiviertheit. Und wenn ihr<br />

all dieses Wissen schließlich erlangt, dann seid ihr demütig. Das ist das Beispiel, das<br />

ihr <strong>der</strong> Welt geben müßt - alle zu achten, die über euch stehen, alle jene, die um euch<br />

sind, und alle zu achten, die unter euch stehen. - Hat noch jemand eine Frage?<br />

Der Übersetzer (liest die Frage vor): Manchmal kann ich kaum glauben, daß man in<br />

jedem Fall einen lebenden Meister braucht. All die Jahrhun<strong>der</strong>te hat es heilige<br />

Männer gegeben, die die Stimme Gottes hörten - und keinen lebenden Meister hatten<br />

- einfach durch ihre intensive Sehnsucht und Hingabe an den unsichtbaren Christus.<br />

Der Meister: Auf allen Lebensstufen brauchen wir einen, <strong>der</strong> uns etwas lehrt. Wenn<br />

wir geboren sind, als Kin<strong>der</strong>, brauchen wir Mutter und Vater, Brü<strong>der</strong> und<br />

Schwestern. Wenn wir heranwachsen, in <strong>der</strong> Ausbildung, brauchen wir Lehrer. Auch<br />

auf dem Weg <strong>der</strong> höchsten Bildung brauchen wir einen Lehrer, <strong>der</strong> ein Adept auf dem<br />

Pfad ist.<br />

Wenn wir ein Ringer werden wollen, reicht natürlich bloßes Buchwissen nicht aus.<br />

Wir müssen die Gemeinschaft mit Ringern suchen und nach dem leben, was sie uns<br />

sagen. Auf welche Weise immer ihr euch also entwickeln wollt, ihr braucht einen<br />

Fachmann auf diesem Gebiet.<br />

Nehmt an, ihr wollt ein Arzt werden. Was müßt ihr dann tun? Ihr müßt auf eine<br />

medizinische Hochschule gehen, wo es Leute gibt, die diesen physischen Körper<br />

zerlegt haben, die wissen, wie er arbeitet, wie er geschädigt wird und wie<strong>der</strong> in einen<br />

normalen Zustand gebracht werden kann. Dort gibt man euch Bücher, aus denen ihr<br />

lernen sollt - die von früheren Ärzten geschrieben worden sind. Aber das<br />

Entscheidende ist, daß das allein nicht genügt - wer selbst einem dieser früheren<br />

Chirurgen begegnete, wer diese früheren Ärzte selbst traf, dem haben sie gezeigt, wie<br />

man diese Operationen durchführt.<br />

Aber auch heute braucht ihr - neben all den Büchern und heiligen Schriften - einen,<br />

<strong>der</strong> euch erfahren lassen kann, wie man sich über das Körperbewußtsein erhebt.<br />

Nennt ihn, wie es euch gefällt.<br />

Ihr wißt, daß Gott <strong>der</strong> ganzen Schöpfung innewohnt. Und er ist auch die<br />

beherrschende Kraft in eurem Körper. Wenn Er sieht, daß dieses Kind nach Mir<br />

verlangt, trifft Er für jene, die ein intensives Verlangen nach Gott haben,<br />

Vorbereitungen, um sie mit einem in Verbindung zu bringen, <strong>der</strong> sie auf den Weg<br />

stellen kann. Das haben Christus und alle Meister gesagt.<br />

Christus sagte zu seinen Jüngern: "Ich habe euch gegeben, was ich euch<br />

versprochen hatte; aber <strong>der</strong> Tröster wird kommen, <strong>der</strong> euch mehr und immer mehr<br />

geben wird (siehe Joh. 14,26; 15,26). Das ist genau das, wovon ich spreche.<br />

Nun, auf welche Weise o<strong>der</strong> in welche Richtung ihr euch entwickeln wollt, ihr<br />

braucht einen, <strong>der</strong> ein Experte auf diesem Gebiet ist. Selbst jene, die einen gewissen<br />

Hintergrund haben - denn <strong>der</strong> Mensch ist im Werden - die zum Beispiel etwas Licht<br />

sehen, auf spirituelle Weise, o<strong>der</strong> eine Stimme hören - ich habe gesehen, wie solche<br />

Menschen wegen ihrer Augen und Ohren zum Arzt gehen, um sich behandeln zu<br />

lassen - auch sie brauchen also einen, <strong>der</strong> sie weiter führen kann. Ihr könnt ihn<br />

nennen, wie ihr wollt.<br />

Wenn ihr zu einem geht, <strong>der</strong> Diamanten verkauft, zu einem Juwelier, und ihr bittet<br />

ihn um eiserne Töpfe, wird er sie euch dann geben können? Wir brauchen also in<br />

jedem Lebensbereich etwas passendes, nennt es, wie ihr wollt. Und selbst wenn ihr<br />

den entsprechenden Hintergrund habt, selbst dann braucht ihr einen, <strong>der</strong> euch auf<br />

dem Weg weiterführt.<br />

201


Mein Meister sagte mir, sagte uns immer: "Nun, einen Gottmenschen erkennen, das<br />

könnt ihr nur, wenn ihr euch auf die Ebene des Gottmenschen erhebt. Nur wenn sich<br />

die Taube in die Luft erhebt, kann sie erkennen, was dort fliegt. Aber nehmt mich bis<br />

dahin als Freund, als älteren Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> als Vater an." Beginnt mit den Lehren, und<br />

wenn er fähig ist, euch eine Erfahrung des Erhebens über das Körperbewußtsein zu<br />

geben und ihr ein Kapital habt, mit dem ihr beginnen könnt: das Licht in euch, dann<br />

werdet ihr sagen: "Er ist ein besserer Mensch." Nicht wahr? Und wenn ihr dann<br />

erkennt, daß er euch bei all euren Angelegenheiten hilft, in <strong>der</strong> inneren Welt und auch<br />

in <strong>der</strong> äußeren Welt, dann könnt ihr sagen: "Er ist noch viel mehr als das."<br />

Als ich zu meinem Meister ging, fragte mich jemand: "Wie groß ist dein Meister?"<br />

Ich sagte ihm: "Ich weiß, daß er groß genug ist und weit mehr, als ich erfassen kann."<br />

Ihr seht nun, wie weit ich gekommen bin. Wenn ihr euch also erhebt, könnt ihr<br />

Schritt für Schritt erkennen, wie groß er ist.<br />

Ein Gelehrter vermag die Größe eines an<strong>der</strong>en Gelehrten zu bezeugen. Ein<br />

wirklicher Arzt wird an<strong>der</strong>e Chirurgen und Ärzte, die wirklich kompetent sind, mit<br />

höchstem Respekt behandeln. Vögel des gleichen Schwarmes fliegen zusammen.<br />

Nun, beginnt bis dahin mit dem ABC, versteht ihr? Wenn das, was er sagt, den<br />

heiligen Schriften entspricht und er euch eine Erfahrung vom Überschreiten des<br />

Körperbewußtseins gibt und das innere Auge öffnet, damit ihr etwas habt, mit dem<br />

ihr beginnen könnt, dann könnt ihr annehmen, daß er euch noch weiter führen kann.<br />

Aber ihr könnt ihn nicht sofort als das fleischgewordene Wort erkennen. <strong>Die</strong>se<br />

Erkenntnis wird im Lauf <strong>der</strong> Zeit mit eurem Fortschritt kommen.<br />

Der Übersetzer (liest die Frage vor): Sind nicht auch die Bücher <strong>der</strong> Heiligen mit<br />

Kraft geladen, so daß sie die Menschen zu Gott zurückführen können, wenn man nach<br />

dem lebt, was sie vorschreiben?<br />

Der Meister: Was sind die heiligen Schriften? Sie enthalten das, was die Meister auf<br />

ihrem Weg zurück zu Gott auf den inneren Ebenen erfahren haben und was nur von<br />

einem erklärt werden kann, <strong>der</strong> selbst diesen Pfad gegangen ist. Auf <strong>der</strong><br />

intellektuellen Ebene werden die Schriften von manchen Menschen auf diese und von<br />

an<strong>der</strong>en wie<strong>der</strong> auf jene Weise interpretiert.<br />

Was nun die Geladenheit betrifft: jene, die diesen Meistern im physischen Körper<br />

begegnet sind - ein spricht Mensch natürlich aus <strong>der</strong> Fülle seines Herzens - erlebten,<br />

daß diese Worte, die <strong>der</strong> Meister spricht, spirituell geladen sind. Ihre Geladenheit gibt<br />

euch in diesem Augenblick einen Auftrieb. Und wenn er euch ein Beispiel gibt, einen<br />

inneren Beweis, dann wirkt das Wun<strong>der</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Worte in den heiligen Schriften sind keine unmittelbaren <strong>Gespr</strong>äche mit euch.<br />

Dort in den heiligen Schriften sind die unverän<strong>der</strong>lichen Tatsachen nie<strong>der</strong>legt, das,<br />

was ihr tun sollt und was ihr nicht tun sollt.<br />

Wir dürfen also die physische Gegenwart eines lebenden Meisters nicht<br />

unterschätzen, <strong>der</strong> auf uns ausstrahlt, <strong>der</strong> über die Lehren spricht - wir nehmen ein<br />

Drittel durch gesprochene Worte und zwei Drittel durch Ausstrahlung auf, durch<br />

Empfänglichkeit.<br />

Nun, das ist eine Antwort, die ich euch nach meinem besten Wissen gebe. (Der<br />

Meister lacht in sich hinein.)<br />

Der Übersetzer (liest die Frage): Der Meister sagt, daß <strong>der</strong> Tod etwas sehr<br />

Schmerzhaftes ist. Man sieht jedoch auch Menschen sehr leicht sterben, und die<br />

Verwandten um den Sterbenden erleben einen friedvollen Abschied ohne jedes<br />

Zeichen von Schmerz.<br />

202


Der Meister: Das ist richtig. Was ich euch gestern sagte, ist das, was in den heiligen<br />

Schriften steht; und das ist das Schicksal vieler Sterben<strong>der</strong>. Es gibt ein paar<br />

Ausnahmen. Ein friedvoller Tod mag durch einen entsprechenden Hintergrund o<strong>der</strong><br />

ein höheres inneres Leben bedingt sein.<br />

Im allgemeinen ist es so, wie es in den Schriften steht. Was ist nun das allgemeine<br />

Schicksal <strong>der</strong> Menschen zur Zeit des Todes? Sie erleben eine schreckliche Agonie. Das<br />

ist eine allgemeine Feststellung. Versteht ihr? Es gibt Ausnahmen für jene mit einem<br />

entsprechenden Hintergrund. Wir sind nicht das, was wir äußerlich sein mögen.<br />

Wenn ein Mensch ein reines inneres Leben, ein einfaches Leben führt und wahr zu<br />

Gott ist, dann stirbt er voller Frieden.<br />

Jene, die aus freiem Willen und Freude zu sterben lernen, sich über das<br />

Körperbewußtsein erheben, sie sind es gewohnt, sich täglich darüber zu erheben. Für<br />

sie hat <strong>der</strong> Tod keinen Stachel. (1. Korinther 15,32 u. 55) Versteht ihr?<br />

Was die an<strong>der</strong>e Sache betrifft, die ich erwähnte: je<strong>der</strong> Mensch hat seinen<br />

Hintergrund, und manche führen ein friedvolles Leben. Aber das sind nur wenige,<br />

nicht alle.<br />

Der Übersetzer (liest die Frage): Lieber Meister, da Ihr den größten Teil Eurer Zeit<br />

<strong>der</strong> Errichtung des "Manav Kendra" in Dehra Dun widmet und das bald auch in<br />

Bombay tun wollt, wie wir gehört haben, was bedeutet das nun für uns und für die<br />

Zukunft <strong>der</strong> Menschheit?<br />

Der Meister: Das ist das gleiche, was wir jetzt anstreben. Seht ihr, die ganze<br />

Menschheit ist eins. Jene, die die Etiketten <strong>der</strong> verschiedenen Religionen tragen,<br />

versuchen, ihre eigenen Religionen, die sie vertreten, zu för<strong>der</strong>n. Wohingegen Gott<br />

den menschlichen Körper mit den gleichen Rechten für alle geschaffen und<br />

gekennzeichnet hat. <strong>Die</strong>ses Projekt ist eine Rückkehr zur Natur allein im spirituellen<br />

Sinn durch ein Zentrum für die Menschheit. Wir berühren die gesellschaftlichen<br />

Zugehörigkeiten nicht. Je<strong>der</strong> Mensch ist ein soziales Wesen; und er braucht eine<br />

Gemeinschaft, in <strong>der</strong> er lebt. Wenn ihr ein soziales System zerstört, dann müßt ihr<br />

dafür ein an<strong>der</strong>es schaffen. Es gibt bereits mehr als siebenhun<strong>der</strong>t (religiöse)<br />

Gemeinschaften. Ich habe diese Dinge also nicht berührt. Ich habe mich dem<br />

Menschen direkt zugewandt. Der Mensch ist in diesem Augenblick in seinem Selbst<br />

vollkommen und in sich vollständig. Beginnt also dort und erforscht den Menschen.<br />

Er ist eine bewußte Wesenheit und er ist <strong>der</strong> Sohn Gottes - wir sind alle Kin<strong>der</strong><br />

Gottes. Versteht ihr, was ich sagen will? <strong>Die</strong>se Menschwerdung liegt also vor uns.<br />

Im Zentrum für die Menschen habe ich zwei Dinge zusammengefaßt: <strong>Die</strong>nst am<br />

Menschen und Landarbeit, damit sie sich selbst ernähren können. Um den Menschen<br />

zu dienen, habe ich ein Krankenhaus für die Armen und Bedürftigen eröffnet, die<br />

nicht in <strong>der</strong> Lage sind, etwas zu bezahlen. Jene, die es sich leisten können, werden<br />

immer eine gute Behandlung bekommen; aber die ganz Armen haben kaum genug<br />

zum Leben. Für sie muß es kostenlose Hospitäler geben. Das ist <strong>Die</strong>nst am Menschen.<br />

Darüber hinaus gibt es für jene, die alt und bedürftig sind und niemand haben, <strong>der</strong><br />

sich um sie kümmert, ein freundliches Heim, in dem sie die letzten Tage ihres Lebens<br />

in Frieden verbringen können.<br />

Und das dritte ist die Erziehung, von <strong>der</strong> heute je<strong>der</strong> sagt, daß sie mangelhaft ist. In<br />

alten Tagen hat jedes Kind seine Eltern geachtet und die Schüler waren vorbildliche<br />

Schüler. Der ganze Kummer mit den Schülern ist heutzutage <strong>der</strong>, daß sie ihren Eltern<br />

nicht gehorchen. Sie haben also keine Moral. Also habe ich die Schule im Manav<br />

203


Kendra mit neuen Richtlinien begonnen, einfach um für die Kin<strong>der</strong> zu sorgen, die die<br />

Hoffnung <strong>der</strong> nächsten Generation sind.<br />

Dem allen habe ich die Arbeit am Land hinzugefügt. Einen Grashalm wachsen zu<br />

lassen ist besser als Buchgelehrtheit. <strong>Die</strong>se Arbeit am Land umfaßt auch die Aufzucht<br />

von Milchtieren. Und dafür braucht man natürlich eine Landwirtschaft.<br />

Das sind zwei Dinge, die bei <strong>der</strong> Heranbildung zum Menschen helfen. <strong>Die</strong><br />

Heranbildung zum Menschen bleibt also, wie sie jetzt schon ist; dort im Manav<br />

Kendra wurde nur etwas hinzugefügt, um den Menschen zu helfen. Dort im Manav<br />

Kendra habe ich auch ein ovales Bassin bauen lassen, 120 Meter lang und 70 Meter<br />

breit, umgeben von einem Platz für die Meditation. Mutter Erde hat uns eine Quelle<br />

gegeben - eine starke, mächtige Quelle, die dieses Bassin füllt. Und an einer Seite<br />

fließt das Wasser in ein Badebecken über. Das geschieht alles, um den Menschen zu<br />

helfen. Aber gleichzeitig dient es <strong>der</strong> Heranbildung zum Menschen mit <strong>Die</strong>nst am<br />

Menschen und Arbeit am Land. Mit <strong>der</strong> Heranbildung zum Menschen haben wir<br />

bereits begonnen.<br />

Ich habe mich nun diesem Zentrum für den Menschen zugewandt, weil die<br />

Etiketten, die wir tragen, für die Hervorbringung vollkommener Menschen gedacht<br />

waren. Warum nicht direkt beim Menschen beginnen? Seht ihr, Gott hat den<br />

Menschen ohne Etiketten an seinem Körper geschaffen. All diese Bezeichnungen<br />

wurden nur angenommen, um uns die Vervollkommnung zu ermöglichen. Ich achte<br />

also alle Religionen, seht ihr. (Der Meister schmunzelt.)<br />

Seit 1957 bis heute bin ich Präsident <strong>der</strong> Weltgemeinschaft <strong>der</strong> Religionen. Sie hat<br />

eine sehr gute Arbeit geleistet. Engstirnigkeit und sehr viel Fanatismus wurden<br />

verringert. Aber trotzdem ist eine Gefahr entstanden, weil man Blöcke zu bilden<br />

versucht: man will, daß sich alle Christen, alle Mohammedaner, alle Sikhs, alle<br />

Jainas, alle Buddhisten usw. zusammenschließen und zusammenarbeiten. Aber wie<br />

kann es bei solchen Blöcken eine wirkliche Integrierung geben?<br />

Alle Heiligen, Meister o<strong>der</strong> Rishis <strong>der</strong> alten Zeit haben auf <strong>der</strong> Ebene des Menschen<br />

begonnen. Also bin ich einfach zur Natur zurückgekehrt. Das ist also nichts Neues.<br />

Unser Hauptzweck ist somit die Heranbildung zum Menschen. Alles an<strong>der</strong>e ist nur zu<br />

eurer Hilfe. Ich habe dort im Manav Kendra keinen Tempel errichtet. <strong>Die</strong> Erde unter<br />

uns und <strong>der</strong> Himmel über uns sind <strong>der</strong> größte Tempel Gottes. Und im kleinen<br />

Maßstab ist <strong>der</strong> menschliche Körper ein Tempel Gottes, dessen Abbild die äußeren<br />

Tempel und Kirchen sind.<br />

Ein Mensch ist einer, <strong>der</strong> auch an<strong>der</strong>en hilft. Tiere können nur den eigenen Kin<strong>der</strong>n<br />

und ihren Artgenossen helfen. Auch ein Mensch sollte seinen Angehörigen und<br />

Verwandten helfen, aber auch allen, mit denen er nicht verwandt ist - auf <strong>der</strong> ganzen<br />

Welt, denn alle sind Kin<strong>der</strong> Gottes. Aus diesem Grund, seht ihr, habe ich dort im<br />

Manav Kendra keinen Tempel und keine Kirche, nur eine Bibliothek, die alle heiligen<br />

Schriften <strong>der</strong> Welt enthält und das Land unten und den Himmel oben als den größten<br />

Tempel. Und diese allgemeinen Dinge: Arbeit am Land und <strong>Die</strong>nst am Menschen<br />

sind dort genauso nötig wie hier, und ich betone beides, aber das Wichtigste ist, unser<br />

Selbst zu erkennen und Gott zu erkennen. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en Dinge sind nur zweitrangig,<br />

sie sollen euch helfen, auf dem Weg auf bessere Weise zu leben. Das ist alles.<br />

So wurde also im Manav Kendra mit keiner neuen Gemeinschaft o<strong>der</strong> Religion<br />

begonnen; nur mit <strong>der</strong> Religion des Menschen, seht ihr? (Der Meister schmunzelt.)<br />

Das ist alles. Sie besteht bereits - wir haben sie nur vergessen. Der Manav Kendra ist<br />

das gleiche wie nun <strong>der</strong> Ruhani Satsang. Es wurden nur bestimmte Dinge<br />

hinzugefügt, um bei <strong>der</strong> Menschwerdung zu helfen, für jene, die bedürftig sind.<br />

Ich habe ein Büchlein in englischer Sprache mit dem Titel "Was ist Manav Kendra?"<br />

geschrieben. Ihr könnt ein Exemplar davon haben und lesen, was dort erklärt wird.<br />

204


Das ist also nichts Neues, es wurden nur ein paar Dinge hinzugefügt, um den<br />

Bedürftigen zu helfen, um ihnen physische Hilfe zu geben und jene zu leiten, die<br />

intellektuelle Hilfe brauchen. Aber das Hauptziel des Manav Kendra ist die spirituelle<br />

Entwicklung, sich selbst zu erkennen und dann Gott zu erkennen.<br />

Der Übersetzer (liest eine Frage): Ist es nicht notwendig, daß das Mysterium des<br />

Lebens dem Menschen zuerst auf wissenschaftliche Weise o<strong>der</strong> in esoterischen<br />

Begriffen nahegebracht o<strong>der</strong> dargelegt wird, bevor wir nach diesbezüglichen<br />

Experimenten verlangen o<strong>der</strong> die Suche nach Gott beginnen? Ist <strong>der</strong> Surat Shabd<br />

Yoga nicht für jene bestimmt, die sich ihren Glauben an Gott bewahrt haben? Und für<br />

die Menschen in Indien o<strong>der</strong> die esoterisch Interessierten?<br />

Der Meister: Ich sage euch, diese Frage ist für alle von gleicher Bedeutung, ob sie an<br />

Gott glauben o<strong>der</strong> Atheisten sind. Das ist ein Rätsel des menschlichen Körpers - das<br />

je<strong>der</strong> lösen muß! Danach erhebt sich die Frage des Erkennens des höheren Selbst, das<br />

diesen menschlichen Körper kontrolliert, das uns im Körper beherrscht. Ich erkläre<br />

euch das auf wissenschaftliche Art.<br />

Ihr seid <strong>der</strong> Bewohner des menschlichen Körpers, den ihr eines Tages verlassen<br />

müßt. Ihr braucht einen Beweis, wie man sich über das Körperbewußtsein erhebt. Ihr<br />

selbst belebt den ganzen menschlichen Körper. Wenn ihr euch vom Körper<br />

zurückzieht, dann bleibt nur tote Materie zurück. Ist das nicht wissenschaftlich? Es<br />

sollte einen geben, <strong>der</strong> euch eine Erfahrung eures Selbst - das diesen ganzen<br />

menschlichen Körper antreibt - geben kann. Ich habe auch das alles auf eine ganz<br />

natürliche und vernünftige Art erklärt.<br />

Ob es die Wissenschaftler nun beweisen können o<strong>der</strong> nicht, sie kommen uns näher.<br />

<strong>Die</strong> Wissenschaft bestätigt immer mehr die Wahrheit <strong>der</strong> Religion. Sie hat bis jetzt<br />

noch nicht alle Wahrheiten <strong>der</strong> Religion entdeckt, aber sie kommt ihnen näher.<br />

Nun, das ist ein sehr praktischer Beweis vor euch. Ihr mögt einen toten Körper vor<br />

euch haben. Davor ging er umher und sprach, tat dies und jenes. Und wir haben<br />

gerade jetzt diesen menschlichen Körper, durch den wir wirken. Wer sind wir? Was<br />

sind wir? Wie können wir unser eigenes Selbst erkennen? - Erkennt euch selbst!<br />

Das eigene Selbst auf <strong>der</strong> Ebene von Empfindungen o<strong>der</strong> Gefühlen o<strong>der</strong><br />

Schlußfolgerungen zu erkennen - all dies ist dem Irrtum unterworfen. Sehen steht<br />

über allem. Wenn ihr selbst seht, dann erhebt ihr euch für eine Weile über das<br />

Körperbewußtsein. Und dann könnt ihr euch durch tägliche, regelmäßige Übung über<br />

den Körper erheben und ins Jenseits gehen. Das ist das Tor zur an<strong>der</strong>en Welt, gerade<br />

so wie die Sonne an dem einen Ort untergeht und dafür an einem an<strong>der</strong>en aufgeht.<br />

Das ist alles.<br />

Das ist also eine sehr praktische Frage, seht ihr. Wenn es die Wissenschaft<br />

bestätigen kann, was ich glaube, dann ist das in Ordnung. Aber ich bringe es euch auf<br />

eine praktische Weise näher - da gibt es keine Täuschung, nur das eigene Sehen. Das<br />

ist doch eine sehr gute Idee, versteht ihr?<br />

Nun, Plutarch sagte: "Jene, die in die Mysterien des Jenseits eingeweiht wurden,<br />

haben die gleiche Erfahrung vom Verlassen des Körpers gemacht, wie sie die Seele<br />

zur Zeit des Todes erlebt." Sich über den Körper zu erheben ist eine Sache <strong>der</strong> Praxis -<br />

versteht ihr? Und ich sage euch, ihr erlebt es durch eine wirkliche Erfahrung.<br />

Nehmt zum Beispiel euch selbst. Wenn ihr eine Injektion braucht, dann sagt ihr: "In<br />

Ordnung, spritzen Sie jetzt bitte!" Wenn ihr eure Aufmerksamkeit vom Körper<br />

zurückzieht, dann empfindet ihr viel weniger Schmerz. Sonst fühlt ihr den Schmerz<br />

stärker. Ihr seid es also, die die äußeren Sinne beleben, ihnen Kraft zum Wirken<br />

geben. Wenn ihr euch also völlig vom Körper zurückziehen könnt - überlegt<br />

205


vernünftig - dann fühlt ihr überhaupt keinen Schmerz mehr. Ihr seid dann wie in<br />

einem klimatisierten Raum, we<strong>der</strong> Hitze noch Kälte berühren euch. Ist das nicht<br />

wissenschaftlich?<br />

Wenn ihr also eure Aufmerksamkeit von außen zurückzieht und in euch sammelt -<br />

das ist <strong>der</strong> wissenschaftliche Weg. Ihr tretet dann in einen klimatisierten Raum ein.<br />

<strong>Die</strong> Welt ist voller Dornen. Ihr könnt nicht alle Dornen aus dem Weg räumen, aber<br />

ihr könnt feste Schuhe anziehen, damit euch die Dornen nicht stechen.<br />

Nun, ich glaube, das ist wissenschaftlich, so gut ich es weiß. Wenn es jemand<br />

nachprüfen will, kann er das gern tun; das ist eine Sache <strong>der</strong> Wissenschaftler. Ich<br />

werde sie es gerne nachprüfen lassen. Wie ich bereits sagte, ist die Wissenschaft<br />

dabei, einige <strong>der</strong> Wahrheiten zu beweisen, die <strong>der</strong> spirituelle Weg bereits kennt - aber<br />

nicht alle. Sie kommen <strong>der</strong> Spiritualität näher. <strong>Die</strong> Arbeit von Wissenschaft und<br />

Religion schreitet Seite an Seite fort. <strong>Die</strong> Wissenschaft ist dabei, <strong>der</strong> Welt durch<br />

äußere Mittel Frieden zu bringen, und die wahre Religion gibt euch Frieden durch<br />

den inneren Weg.<br />

<strong>Die</strong> Wissenschaft ist also dabei, manche dieser Wahrheiten zu bestätigen, wie ich<br />

euch bereits sagte. <strong>Die</strong> Materie besteht aus Elementen. Und die Elemente sind aus<br />

Atomen zusammengesetzt. Und die Atome wie<strong>der</strong>um bestehen aus subatomaren<br />

Teilchen und so fort. Wenn ihr ein Atom ausdehnt, wird es den ganzen Raum<br />

umfassen und wie ein Lichtpunkt leuchten: das hat die Wissenschaft bestätigt. Seht<br />

ihr, das hat die Wissenschaft erreicht, soweit ich informiert bin. Es gibt also ein Licht<br />

in eurem Innern.<br />

Es ist ganz wissenschaftlich, euch einen Beweis dieses Lichts aus erster Hand zu<br />

geben, mit dem ihr beginnen könnt. Und wenn wir uns immer genauer mit den Teilen<br />

eines Atoms und mit den subatomaren Teilchen befassen, dann finden wir dort dieses<br />

Licht. Ich habe Bücher darüber gelesen.<br />

Ihr habt also einen klimatisierten Raum, <strong>der</strong> euch vor <strong>der</strong> Hitze und Kälte draußen<br />

beschützt. Das wird euch auf wissenschaftliche Weise gezeigt. Wenn ihr eure<br />

Aufmerksamkeit von außen in euer Selbst zurückzieht, dann wird euch keine Hitze<br />

o<strong>der</strong> Kälte mehr berühren. Das ist <strong>der</strong> natürliche Weg. Das ist auch ein praktischer<br />

Weg, seht ihr - ihr könnt es selbst erfahren. Ihr werdet in einem gewissen Ausmaß<br />

zufriedengestellt, wenn nicht noch mehr.<br />

Noch irgendwelche <strong>Fragen</strong>? Es ist schon zehn Uhr vorbei. Noch eine Frage?<br />

Der Übersetzer: Welche Frage?<br />

Der Meister: Nimm irgendeine. Seht ihr, wenn ihr auf dem Weg fortschreitet, dann<br />

gibt es keine <strong>Fragen</strong> mehr. <strong>Die</strong> Upanischaden sagen uns: "Was ist das, durch dessen<br />

Erkenntnis nichts an<strong>der</strong>es mehr erkannt werden braucht?" Das ist die Verbindung<br />

mit <strong>der</strong> offenbarten Kraft Gottes in euch. Dadurch werden alle <strong>Fragen</strong> beantwortet.<br />

Nun seid ihr auf <strong>der</strong> Ebene des Verstandes. Und das Gemüt wirft hier und dort<br />

<strong>Fragen</strong> auf; und ich habe den Eindruck, daß nur ganz wenige dieser <strong>Fragen</strong> von<br />

wirklicher Hilfe für uns sind. <strong>Die</strong>se <strong>Fragen</strong> werden oft nur aus Neugierde gestellt. Ich<br />

sage euch - was ich schon einmal erwähnt habe - von 1924 bis 1948 saß ich zu den<br />

Füßen meines Meisters, das sind 24 Jahre; und ich habe ihm während dieser ganzen<br />

Zeit meines Lebens nur drei <strong>Fragen</strong> gestellt. Ich habe alles durch Ausstrahlung<br />

gelernt, durch <strong>Gespr</strong>äche von Herz zu Herz. Alles wird beantwortet, wenn ihr die<br />

innere Verbindung erlangt, wirklich alles. Ihr werdet zur Verkörperung aller<br />

Tugenden. All eure <strong>Fragen</strong> werden zufriedengestellt, dann gibt es keine mehr.<br />

206


Nun, eilt auf dem Weg! Und wenn ihr wesentliche <strong>Fragen</strong> habt, dann legt sie mir<br />

vor. Das schadet nichts. Aber es sollten wirklich nur <strong>Fragen</strong> von grundlegen<strong>der</strong><br />

Bedeutung sein, auf die ihr eine zufriedenstellende Antwort möchtet. Ja?<br />

Der Übersetzer (liest die Frage vor): Der Meister sagt, daß man Gotterkenntnis nur<br />

im menschlichen Körper erfahren kann. Aber an<strong>der</strong>erseits müssen wir uns zum<br />

Erreichen dieses Zieles über diesen Körper erheben. Warum ist es dann notwendig,<br />

einen menschlichen Körper zu haben, wenn wir ihn doch überschreiten müssen?<br />

Der Meister: Ja … ihr möchtet durch geistiges Ringen zu einem Ergebnis kommen.<br />

(Der Meister schmunzelt und die Zuhörer stimmen zu.) Nun gut.<br />

Das Entscheidende ist, daß <strong>der</strong> menschliche Körper als <strong>der</strong> höchste in <strong>der</strong><br />

Schöpfung angesehen wird. In ihm sind wir in gewissem Ausmaß gebunden und in<br />

bestimmten Grenzen frei. Außer dem menschlichen Körper sind alle an<strong>der</strong>en Körper,<br />

die <strong>der</strong> Tiere, Vögel und Reptilien an ein Leben ohne jede Freiheit gebunden. Ihr<br />

dagegen könnt all eure Handlungen und Rückwirkungen begleichen und in eurem<br />

Leben den Weg zurück zu Gott beschreiten - das ist ein Vorrecht, das allein <strong>der</strong><br />

Menschen besitzt.<br />

Warum? Sogar den Engeln wurde geboten, sich vor dem menschlichen Körper zu<br />

verneigen. Sogar die Rishis <strong>der</strong> alten Zeit akzeptierten es, wie<strong>der</strong> in den menschlichen<br />

Körper einzutreten, wenn sie von den höheren Ebenen zurückkehrten. Der<br />

menschliche Körper wird also als Gott am nächsten betrachtet. Im menschlichen<br />

Körper sind wir innerhalb gewisser Grenzen frei; und <strong>der</strong> verborgene Weg beginnt,<br />

wenn ihr euch über das Körperbewußtsein erhebt. <strong>Die</strong>se Möglichkeit ist euch we<strong>der</strong><br />

im Tierreich noch in irgendeiner an<strong>der</strong>en physischen Form gegeben. Darum wird <strong>der</strong><br />

menschliche Körper als die höchste physische Form angesehen.<br />

Nun, wenn die Meister kommen, dann kommen sie, um die ganze Welt zu erheben,<br />

ob es nun Menschen, Tiere, Vögel o<strong>der</strong> Reptilien sind. Aber sie kommen, um zu den<br />

Menschen zu sprechen! Versteht ihr? "Kehrt nun in die wahre Heimat eures Vaters<br />

zurück." Das ist es, was sie den Menschen verkünden. Und daß es da einen Weg im<br />

Inneren gibt. Sie zeigen uns den Weg, geben uns einen Auftrieb, führen uns einen<br />

Schritt ins Innere. Und sie selbst gehen dort weiter und führen auch uns dorthin. Sie<br />

sagen uns: "Wir wissen, wovon wir sprechen und legen Zeugnis davon ab, daß auch<br />

ihr - wenn ihr den Anweisungen folgt - die gleiche Erfahrung macht."<br />

Aber <strong>der</strong> wahre Prüfstein eines Heiligen ist die Fähigkeit, euch etwas zu geben, - sei<br />

es ein wenig o<strong>der</strong> auch viel mehr - mit dem ihr beginnen könnt, indem er euch über<br />

das Körperbewußtsein erhebt und noch weiter führt. - Noch irgendwelche <strong>Fragen</strong>?<br />

Der Übersetzer: Keine Frage, son<strong>der</strong>n eine Bemerkung, die man anfügen könnte:<br />

"Ich habe nur den Wunsch, dem Meister zu danken..."<br />

Der Meister: Wofür? Das ist meine Pflicht. (Der Meister schmunzelt.)<br />

Der Übersetzer: "... ihm aus <strong>der</strong> Tiefe meines Herzens für seine Liebe zu danken,<br />

aber auch für die Last, die er täglich auf seine Schultern nimmt."<br />

Der Meister: <strong>Die</strong>s alles bewirkt allein Gott. Er schickt jeden Suchenden. Er gibt dies<br />

(den inneren Weg) auch jedem, <strong>der</strong> danach verlangt. Er wohnt in jedem Herzen.<br />

Durch seine Gnade wurde mir die Gelegenheit gegeben, zu euch zu kommen, unter<br />

euch sein zu dürfen und euch zu sagen, was ich auf dem Weg gelernt habe, praktisch<br />

und theoretisch. Das ist keine Dankesschuld. (Der Meister schmunzelt.) Das hat Gott<br />

207


so bestimmt. Ich habe schon zwei Weltreisen gemacht, und das ist die dritte. Gott<br />

weiß, ob es die letzte ist, vielleicht folgt noch eine. Aber Er allein bestimmt, was wir<br />

für Ihn tun.<br />

Das ist ein ganz einfacher Weg - soweit ich ihn kenne. Er wurde euch in einer ganz<br />

einfachen Sprache erklärt, ohne schwülstige Worte o<strong>der</strong> eine beson<strong>der</strong>e<br />

Terminologie. Ich hoffe, Ihr nehmt dieses <strong>Gespr</strong>äch in eure Herzen auf.<br />

Der Übersetzer: Es wurde um ein paar Minuten <strong>der</strong> Stille gebeten.<br />

Der Meister: Gut, wenn ihr es wollt. Schweigen spricht mehr als Worte, wenn wir<br />

empfänglich sind.<br />

- ES FOLGT EINE ZEIT DER STILLE. -<br />

Nun, sind wir nicht alle eins? Und wir sind alle Brü<strong>der</strong> und Schwestern in Gott.<br />

Kirpal Sandesh, Heft 1, 1990<br />

<br />

KLEINE, KLEINE DINGE<br />

<strong>Die</strong>se bemerkenswerte Ansprache, in <strong>der</strong> er sowohl die Hin<strong>der</strong>nisse wie auch die<br />

hilfreichen Faktoren auf dem Weg erklärt, hielt Meister Kirpal Singh am 1.<br />

November 1972 im Belmont Hotel in Chikago.<br />

Liebe Brü<strong>der</strong> und Schwestern!<br />

Ihr seid begünstigt, weil ihr den Menschenkörper erhalten habt, den höchsten in <strong>der</strong><br />

ganzen Schöpfung, <strong>der</strong> Gott am nächsten ist. Das höchste Ziel im menschlichen<br />

Körper ist, sich selbst und Gott zu erkennen. Das letzte Ziel allen Wissens ist das<br />

Wissen vom Selbst. <strong>Die</strong> Upanischaden fragen uns: "Was ist das, wodurch wir alles<br />

an<strong>der</strong>e zu erkennen vermögen?" Gott trifft Vorbereitungen, um jene, die wirklich<br />

danach Verlangen, dieses Ideal zu verwirklichen, irgendwo in Verbindung [mit Ihm]<br />

zu bringen, wodurch sie auf den Weg zurück zu Gott, <strong>der</strong> in euch ist, gestellt werden<br />

können.<br />

Der Körper ist also <strong>der</strong> wahre Tempel Gottes. Aber wir stellen fest, daß es für einen<br />

Menschen, <strong>der</strong> auf den Weg gestellt wurde, das Beste ist, die Gebote buchstäblich zu<br />

befolgen. Doch wie ihr wißt, ist es das Gemüt, das alles vereitelt. Auch wenn wir für<br />

die Meditation Zeit einsetzen, finden wir es schwierig, so daß wir damit nicht<br />

weiterkommen. Und es gibt einige Dinge, die Hin<strong>der</strong>nisse auf dem Weg sind, auf dem<br />

spirituellen Weg. Das wissen wir, je<strong>der</strong> weiß es - aber ich will sie nun zum Thema<br />

dieser Ansprache machen und sie aufzählen.<br />

Zuallererst sollten wir auf eigenen Beinen stehen - versteht ihr? - von niemandem<br />

abhängig sein. Ein Heiliger betet: „O Gott, hilf mir, auf eigenen Beinen zu stehen.“<br />

Wenn ich von an<strong>der</strong>en abhängig sein muß, so nimm besser meine Seele aus diesem<br />

Körper.“ Von an<strong>der</strong>en abhängig zu sein ist ein arges Verbrechen, alles Übel findet<br />

Einlaß. Wir müssen also einen ehrlichen Verdienst haben. Alle Meister haben sich<br />

208


darauf bezogen. Guru Nanak sagte: „Nur ein Mensch, <strong>der</strong> sein Geld ehrlich verdient<br />

und es mit an<strong>der</strong>en teilt, kann Gott erkennen.“ Alles Geld, das wir auf unehrliche<br />

Weise verdienen, bewirkt natürlich, daß sich Unehrlichkeit in uns einschleicht. Wenn<br />

ihr euer Geld auf ehrliche Weise verdient, dann werdet ihr eine gewisse Ruhe - einen<br />

gewissen Frieden finden.<br />

Außerdem hat alles, was wir essen und trinken, eine eigene Wirkung. Wenn ein<br />

Hund vegetarisch ernährt wird, ist er sehr gutmütig. Wenn er Fleisch usw. erhält,<br />

wird er heulen und knurren. Wir müssen also eine "Satvik-Nahrung" [streng<br />

vegetarisch] zu uns nehmen.<br />

Und selbst wenn wir diese Nahrung zu uns nehmen, müssen wir auf die Hände<br />

achten, durch die das Essen geht: von wem es gekocht und durch wen es serviert wird.<br />

<strong>Die</strong> Nahrung trägt auch die Auswirkung <strong>der</strong> Hände in sich, die sie zubereiten und auf<br />

den Tisch bringen. All diese Dinge beeinflussen den Menschen, <strong>der</strong> sie ißt. Wenn die<br />

Speise auf ehrliche Weise verdient wird und jene, die sie zubereiten, in liebevoller<br />

Erinnerung an Gott verweilen, mit reinen Gedanken - dann seht ihr, daß euch dieses<br />

Essen eine innere Ruhe verleiht.<br />

Und ein weiterer Punkt: Wenn eine solche Nahrung auf diese Weise zubereitet wird,<br />

hat das seine Wirkung; aber was geschieht, wenn ihr zuviel eßt, mehr als ihr braucht?<br />

Nur die verdaute Nahrung wird euch stärken - und jene Nahrung, die nicht verdaut<br />

wird? <strong>Die</strong> Nahrung hat also eine große Wirkung, seht ihr? Eßt einen Bissen weniger<br />

als ihr braucht. Es geschah, daß jemand einen Arzt zum Propheten Mohammed<br />

schickte, <strong>der</strong> zu <strong>der</strong> Zeit vierzig Ergebene bei sich hatte, um die Kranken an Ort und<br />

Stelle zu behandeln. Der Arzt blieb sechs Monate bei den Leuten, aber keiner wurde<br />

krank. Er ging zum Propheten Mohammed und sagte: "Jetzt bin ich sechs Monate<br />

hier - niemand ist krank geworden, es besteht also keine Notwendigkeit für meine<br />

Anwesenheit." Der Prophet sprach: "Ja, solange sie nach meinen Weisungen handeln:<br />

'Habt einen guten Charakter, reine Gedanken und arbeitet hart' - und sie einen Bissen<br />

weniger essen, als sie wirklich brauchen, kann niemand krank werden. Du gehst<br />

besser wie<strong>der</strong> fort."<br />

Unser Verdienst sollte also ehrlich sein, das ist <strong>der</strong> erste Schritt. Er sollte nicht auf<br />

Kosten an<strong>der</strong>er zustande kommen. Was euer ist, gehört euch, was an<strong>der</strong>en gehört, ist<br />

ihr Eigentum. Verletzt nicht die Rechte an<strong>der</strong>er, das ist das erste Erfor<strong>der</strong>nis.<br />

An<strong>der</strong>nfalls werden viele üble Gedanken in euch aufkommen.<br />

Es gab einen Maharishi namens Shivbrat Lal. Ein Mann kam zu ihm und sagte:<br />

"Mein Kopf schmerzt, ich kann nicht lange in Meditation sitzen." Er antwortete:<br />

"Achte auf deinen Magen." Dann kam am selben Tag ein an<strong>der</strong>er Mann und sagte:<br />

"Mein Gemüt wan<strong>der</strong>t umher." - "Nun, achte auf deinen Magen." Und noch ein<br />

an<strong>der</strong>er sagte: "Ich kann nicht in Meditation sitzen, mein Gemüt rebelliert." Er<br />

sprach: "Achte auf deinen Magen." Das ist also das erste Hin<strong>der</strong>nis auf dem Weg, auf<br />

den ihr gestellt worden seid.<br />

Zweitens: Gott hat jedem Rechte - gleiche Rechte - gegeben. Wir sind auf dieselbe<br />

Weise geboren, <strong>der</strong> äußere und innere Aufbau ist gleich. Und wir sind beseelte Körper.<br />

<strong>Die</strong> Seele ist vom selben Wesen wie Gott, und Gott wohnt gleichfalls in einem<br />

jedem. Wir sollten niemand hassen. Einer mag am Tisch stehen und bedienen, <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e sitzt auf dem Stuhl. Das liegt daran, daß "wir ernten müssen, was wir gesät<br />

haben." Eine höhere o<strong>der</strong> niedrigere Stellung, Reichtum o<strong>der</strong> Armut - all diese Dinge<br />

hängen davon ab. Manchmal denken wir: "Ich habe Macht" o<strong>der</strong>: "Ich bin sehr<br />

gebildet." Aus folgenden Gründen haßt ihr an<strong>der</strong>e: weil ihr sehr reich seid, weil ihr<br />

sehr gebildet seid o<strong>der</strong> weil ihr eine hohe Stellung innehabt. Demut ist das einzige<br />

Heilmittel dafür - wir sind alle gleich. Wenn ihr sie haßt, wie soll euch Gott, <strong>der</strong> in<br />

allen ist, dann empfangen - was meint ihr? Wir sind also alle gleich. Wir sind alle<br />

209


Brü<strong>der</strong> und Schwestern in Gott. Im allgemeinen denken wir: "Oh, ich weiß das viel<br />

besser." Es sind diese kleinen, kleinen Dinge, die den Speicher unseres unterbewußten<br />

Gemüts vergiften. Und sie haben eine Rückwirkung.<br />

Das dritte ist: vergebt und vergeßt. Ich weise euch auf Schwierigkeiten im täglichen<br />

Leben hin: wenn euch jemand irgendwie unrecht getan hat, so sagt ihr: "Schon gut, es<br />

ist vergeben", aber im Herzen habt ihr nicht verziehen. Ihr lauert - "Wann kann ich es<br />

ihm vergelten?" Vergebt und vergeßt. Wenn ihr an jemanden denkt, <strong>der</strong> dies o<strong>der</strong><br />

jenes Unrecht begangen hat, wird dieses Denken an Vergeltung natürlich auch nicht<br />

schwinden. Wenn ein Kind etwas Falsches gemacht hat, vergebt ihr ihm dann nicht?<br />

Und noch eines: je<strong>der</strong> muß von seiner eigenen Stufe aus wirken. Nehmt einmal an,<br />

daß da ein Mensch mit Grundschulausbildung und ein Akademiker sind. Könnt ihr<br />

erwarten, daß <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Grundschulausbildung sich auf <strong>der</strong> Stufe des Akademikers<br />

unterhalten kann? Macht Zugeständnisse, versucht zu verstehen, was <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

sagt.<br />

Wie ich euch also sagte, ist das eine ein ehrenhafter Verdienst - und reine Nahrung,<br />

die durch Hände von Menschen guten Charakters, die in liebevolles Denken an Gott<br />

vertieft sind, zubereitet und serviert wird. Früher ließ eine Mutter niemand in die<br />

Küche, wenn sie das Essen zubereitete - niemand hatte dort Zugang. Ich glaube, ich<br />

erwähnte schon, daß mir zu <strong>der</strong> Zeit, als ich Zahlmeister bei einem Feldregiment war,<br />

ein Bursche zugeteilt wurde, um mein Essen zu kochen. So sagte ich zu ihm: "Nun,<br />

höre zu! Solange du in <strong>der</strong> Küche bist, sollst du aus einer heiligen Schrift rezitieren<br />

o<strong>der</strong> in die liebevolle Erinnerung an Gott vertieft sein. Kein an<strong>der</strong>er Gedanke sollte in<br />

deinem Gemüt aufkommen." Er antwortete: "In Ordnung." Nun, drei Tage lang<br />

gehorchte er. Am vierten Tag saß ich ungefähr um zwölf o<strong>der</strong> ein Uhr nachts in<br />

Meditation - etwas stimmte nicht mit meinem Gemüt. Ich rief diesen Mann - um ein<br />

Uhr nachts zu mir: "Nun, sprich, wer war heute in deiner Küche?" Er antwortete:<br />

"Nein, Herr, es war niemand da." "Lüge nicht!" Dann sagte er: "Ja, es stimmt, wir<br />

sprachen über dies und das." "Warum bemerken wir diese Dinge nicht? Weil wir<br />

schon so schmutzig sind; wenn ein Gramm hinzugefügt wird, empfinden wir das<br />

nicht. Aber jene, die ohne Schmutz sind, werden von kleinen Dingen beeinflußt - ein<br />

Gramm wirkt auf sie ein. Das ist also das erste; prüft, wie weit wir ihr euch entwickelt<br />

habt.<br />

Das zweite war, wie ich euch sagte, daß wir wegen unseres Reichtums o<strong>der</strong> unserer<br />

Gelehrtheit o<strong>der</strong> weil wir eine bestimmte Stellung innehaben o<strong>der</strong> viel besitzen<br />

an<strong>der</strong>e hassen. Wir meinen, daß sie nicht unseresgleichen sind, daß sie nicht in<br />

unsere Gesellschaft passen. <strong>Die</strong>ser Haß in unserem Herzen beeinträchtigt das Gemüt.<br />

Das dritte war: vergebt und vergeßt. Schließlich sind die Menschen nicht von<br />

gleicher Beschaffenheit - je<strong>der</strong> wirkt gemäß seiner eigenen Denkweise o<strong>der</strong><br />

Entwicklung. Versucht, euch ihm höflich verständlich zu machen, aber wenn dies<br />

einmal geschehen ist, dann - vergeßt, vergeßt alles. Wenn ihr nicht vergeßt, kommt<br />

immer und immer wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gedanke hoch: "Er hat das getan, er hat jenes getan" -<br />

auch das vergiftet das Gemüt und beeinträchtigt euch.<br />

Das vierte ist Keuschheit in Gedanken, Worten und Taten. Selbst wenn euch<br />

lediglich unkeusche Gedanken in den Sinn kommen und ihr ihnen nachhängt, wird<br />

euer ganzer Körper von Kopf bis Fuß vergiftet. An<strong>der</strong>e wissen das nicht, aber ihr wißt<br />

es. Manchmal sagen die Leute: "Wir tun gar nichts, wir genießen nur" - sie sprechen<br />

von solchen Dingen, haben unkeusche Gedanken. Aber genau diese Dinge<br />

beeinflussen euch. Wie ich euch neulich erklärte, hat je<strong>der</strong> Gedanke seine Wirkung.<br />

Wie ihr sät, so werdet ihr ernten - auch wenn es auf leichtfertige Weise, um des<br />

Vergnügens willen getan wird, beeinträchtigt euch das.<br />

210


Es gibt die Reinheit <strong>der</strong> Augen: schaut an<strong>der</strong>e nicht mit begehrlichen Gedanken an<br />

o<strong>der</strong> mit Groll, <strong>der</strong> in euch nagt, o<strong>der</strong> mit Feindseligkeit o<strong>der</strong> mit dem Gedanken, daß<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mensch nicht gut sei. Und was die Ohren angeht: hört euch nichts<br />

Schlechtes über an<strong>der</strong>e an - denn wenn ein kleiner Gedanke in euch aufsteigt, erweckt<br />

dies Bedenken, und wir beginnen an dem Menschen zu zweifeln, über den wir etwas<br />

gehört haben. Aber er mag ganz in Ordnung sein. Glaubt also aus diesem Grunde<br />

nichts, was euch irgend jemand erzählt - "ich habe das gehört" o<strong>der</strong> "ich habe dies<br />

gesehen" - wenn ihr es nicht mit euren eigenen Ohren hört und mit euren eigenen<br />

Augen seht.<br />

Dann kommt die Reinheit <strong>der</strong> Zunge: ihr werdet nach allem verlangen, was nicht<br />

Satvik-Charakter hat. Wenn ihr denkt: "Das schmeckt sehr gut", wird das eurem Magen<br />

schaden. Also ist Reinheit einer jeden Art erfor<strong>der</strong>lich - die <strong>der</strong> Augen, Ohren, <strong>der</strong><br />

Zunge - und auch <strong>der</strong> Haut. Durch diese kleinen, kleinen Dinge werden wir von<br />

an<strong>der</strong>en infiziert. Das ist das Entscheidende.<br />

Keuschheit an sich ist ein Segen. Wie ich euch sagte, ist ein Eheleben, das in<br />

Übereinstimmung mit den heiligen Schriften geführt wird, kein Hin<strong>der</strong>nis für die<br />

Spiritualität. <strong>Die</strong> Ehe ist eine Gemeinschaft, ein Sakrament, kein Vertrag.<br />

Gott hat euch einen Gefährten gegeben, damit ihr während eures irdischen<br />

Aufenthalts in Freude und Leid füreinan<strong>der</strong> sorgt und euch dabei helft, Gott zu<br />

erkennen. Und dann, um Kin<strong>der</strong> zu bekommen, wenn ihr sie euch wünscht. Ein<br />

Leben <strong>der</strong> Selbstbeherrschung ist somit ein Segen, wie ihr seht. Jene, die sich daran<br />

halten, werden in ihrem Körper Glück empfinden. Und diese Keuschheit strahlt ihre<br />

eigenen Gedanken aus. Ich sage euch: je<strong>der</strong> Gedanke hat seine eigene Farbe und<br />

einen ihm eigenen Duft; seht euch also vor! Gedanken sind sehr mächtig. Das ist das<br />

vierte: wenn ihr keusch lebt, werden alle Tugenden in euch Wohnung nehmen, euer<br />

Gemüt wird ruhig sein - wenn immer ihr zur Meditation sitzt, werdet ihr auf<br />

wun<strong>der</strong>volle Weise fortschreiten.<br />

Und das fünfte ist: arbeitet nicht als unbezahlte Lehrlinge <strong>der</strong> Kriminalpolizei<br />

Gottes. "Er ist so - jener ist so - und <strong>der</strong> ist so" - ihr achtet immer darauf. Gott ist auch<br />

da, Er wird sich darum kümmern. Wenn ihr einen Freund habt, <strong>der</strong> offensichtlich<br />

etwas Falsches tut, könnt ihr ihm unter vier Augen höflich sagen: "Das ist nicht<br />

richtig, richte dich nicht zugrunde. Ich empfinde Liebe für dich." Aber verbreitet es<br />

nicht wie eine verseuchte Ratte, die überall umhergeht.<br />

Manchmal sagen wir: "Wißt ihr, wie wun<strong>der</strong>voll ich bin?" Wenn ihr das hören wollt,<br />

dann laßt an<strong>der</strong>e sagen, daß ihr wun<strong>der</strong>voll seid. <strong>Die</strong>se Dinge entstehen durch das,<br />

was in den Tiefen eures Herzens liegt. "Wem das Herz voll ist, dem geht <strong>der</strong> Mund<br />

über."<br />

Denkt daher über keinen schlecht, denn "wie ihr denkt, so werdet ihr." Wenn ihr<br />

immer denkt: "Er ist schlecht, er ist schlecht", werdet ihr davon angesteckt. Als ich<br />

zur Schule ging, las ich einmal ein Buch, das von einigen <strong>Mission</strong>aren berichtete, die<br />

nach Japan reisten und ein Gebot von Moses predigten: "Schlagt eure Frauen nicht."<br />

<strong>Die</strong> Menschen dort führten ein ganz unschuldiges Leben. Sie fragten: "Schlägt man<br />

denn in eurem Land die Frauen?" Das Ergebnis war, daß sie nach einem Jahr des<br />

Predigens begannen, ihre Frauen zu schlagen. Ich habe Männer gesehen, führende<br />

Persönlichkeiten <strong>der</strong> Gesellschaft, die predigten: "Trinkt nicht, trinkt nicht", aber<br />

insgeheim tranken sie selbst. Ich sage euch, ich habe es selbst gesehen. "Trinkt nicht,<br />

trinkt nicht", und die ganze Zeit über denken sie ans Trinken - o<strong>der</strong> nicht? Mag sein,<br />

daß sie die Worte "tut es nicht" verwenden, aber auch vom "Trinken" wird<br />

gesprochen. Dann sagt ihr: "Nun gut, laßt uns sehen, was es damit auf sich hat." Wie<br />

ihr denkt, so werdet ihr.<br />

211


Und weiterhin: wir kritisieren an<strong>der</strong>e. Wir sollten uns selbst so kritisieren, wie wir<br />

an<strong>der</strong>e kritisieren. Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Wenn ihr einen<br />

Freund habt, den ihr liebt, dann sagt ihm persönlich: "Bitte tu’ das nicht." Was könnt<br />

ihr mehr tun? Wenn ein Mensch nicht im Innersten seines Herzens fühlt, daß er<br />

falsch gehandelt hat, wird er sich nicht nach euch richten. Der Mensch folgt dem<br />

Diktat seines Gemüts. Wenn er davon überzeugt ist, daß das, was er tut, wirklich<br />

falsch ist, nur dann wird er auf euch hören, sonst nicht. Also: "Reformer werden<br />

gesucht - aber nicht solche, die an<strong>der</strong>e, son<strong>der</strong>n sich selbst umgestalten." Verbessert<br />

euch selbst, dann werdet ihr viele Menschen um euch herum verbessern. <strong>Die</strong> Leute<br />

urteilen nach dem, was sie sehen, nicht nach den Worten, die ihr von euch gebt o<strong>der</strong><br />

predigt. Ein Beispiel ist besser als eine Vorschrift. Ihr wißt, daß euch dazu ein<br />

Tagebuch gegeben wurde. Kritisiert euch selbst so, wie ihr an<strong>der</strong>e kritisiert. Legt eure<br />

Fehler nie<strong>der</strong> und merzt sie aus. Sagt nicht einfach: "Ich bin ein Sün<strong>der</strong>, ich bin ein<br />

Sün<strong>der</strong>" - ihr werdet, weiß Gott, ein Sün<strong>der</strong> werden. Wenn ihr die Fehler ausmerzt,<br />

dann ist es in Ordnung. Und dazu müßt ihr ein Tagebuch führen.<br />

Das sind die sechs Dinge, die unserem Fortschritt auf dem spirituellen Weg<br />

behin<strong>der</strong>n. Und dann gibt es noch einige vorteilhafte Dinge, die uns auf dem Weg<br />

helfen. Beides sollte man wissen. Ihr wißt, das Gemüt beschmutzt alles. Ein Gedanke<br />

<strong>der</strong> Lust verunreinigt den ganzen Körper von Kopf bis Fuß. Ein guter Gedanke, ein<br />

Gedanke <strong>der</strong> Liebe, durchdringt euren ganzen Körper. So laßt euer Gemüt nicht leer<br />

sein. "Ein leeres Gemüt ist die Wohnstatt des Teufels. Haltet es entwe<strong>der</strong> mit Arbeit<br />

o<strong>der</strong> mit dem liebevollen Denken an Gott beschäftigt. Eines hilft uns dabei: Tut eine<br />

Sache zu einer Zeit, und das voll und ganz. Wenn da ein Tisch mit vielen Schubladen<br />

ist, dann öffnet eine davon und beschäftigt euch nur damit, dann schließt diese<br />

Schublade wie<strong>der</strong>. Dann öffnet die nächste und beschäftigt euch nur mit ihr - und<br />

dann öffnet die dritte. Dann werden euch nicht zwei o<strong>der</strong> drei Dinge im Kopf<br />

herumgehen.<br />

Wenn ihr die Biographien großer Menschen lest, könnt ihr viele Dinge lernen.<br />

Napoleon Bonaparte schrieb zum Beispiel in <strong>der</strong> Nacht vor <strong>der</strong> Schlacht bei Waterloo<br />

um 1 Uhr die Vorschriften für eine Grundschule nie<strong>der</strong>. Seht ihr, wie selbstbeherrscht<br />

er war? In manchen Menschen ist etwas, das sie groß macht. Um acht Uhr morgens<br />

vor <strong>der</strong> Schlacht bei Waterloo ging er in seinem Lager umher. Ein Minister, <strong>der</strong> auch<br />

dort war, eilte hin und her. "Was suchst du?" "Herr, die Schlacht soll um neun Uhr<br />

stattfinden." "Das ist erst um neun - jetzt ist es acht Uhr."<br />

Tut also eine Sache zu einer Zeit, voll und ganz, einzig und allein, und ihr werdet<br />

sehen, daß ihr euch viele Sorgen erspart. Wenn ein Mensch kommt, um mit euch zu<br />

sprechen, und ihr euch nur kurz mit ihm befaßt und ihn unbefriedigt stehen laßt;<br />

wenn noch einer kommt und ihr beschäftigt euch auch nur kurz mit ihm, und dann<br />

ein dritter, ein vierter, und ihr verhaltet euch immer gleich, dann wird das zur Folge<br />

haben, daß sie sich in eurer Nähe herumtreiben und nicht eher gehen werden, bis ihr<br />

sie zufriedenstellt. Welcher Gedanke euch also beschäftigt, gebt euch dem ganz hin:<br />

entscheidet euch endgültig für die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Richtung. Wieviel Probleme habt<br />

ihr jeden Tag? Ich glaube nicht, daß es nur eins o<strong>der</strong> zwei sind! Es sammeln sich so<br />

viele Probleme an. Manchmal denkt ihr an dies, dann wie<strong>der</strong> an jenes - sie bedrängen<br />

euch. Das könnt ihr also aus dem Leben von Bonaparte lernen, seht ihr? - tut nur eine<br />

Sache zu einer Zeit.<br />

John Bunyan schrieb: "<strong>Die</strong> Pilger-Reise" - vielleicht kennt ihr dieses Buch. Sein<br />

Motto war: "Schreibe täglich etwas." Und so schrieb er "<strong>Die</strong> Pilger-Reise". Es gab<br />

einen an<strong>der</strong>en Mann namens Stanley, sein Motto war: "Beende täglich etwas." -<br />

Danach richtete ich mich - "Beende täglich etwas." Was ihr auch in Angriff nehmt,<br />

führt es zu Ende. Es mag eine Stunde, zwei Stunden o<strong>der</strong> drei Stunden dauern. Dann<br />

212


werdet ihr ganz heiter und frisch zu Bett gehen und genauso wie<strong>der</strong> erwachen.<br />

An<strong>der</strong>nfalls wird euch die unvollendete Arbeit die ganze Nacht über im Kopf<br />

herumgehen. Dann sorgt ihr euch: "Ich muß mich noch mit diesem und jenem<br />

befassen" - versteht ihr? <strong>Die</strong>s sind sehr kleine Dinge, die uns helfen.<br />

Haltet euer Gemüt immer beschäftigt. Wenn ihr bei <strong>der</strong> Arbeit seid, widmet euch<br />

ganz <strong>der</strong> Arbeit: "Arbeit ist Gottesdienst." Wenn ihr eßt, seid ganz beim Essen, denn<br />

es ist eine Gabe Gottes. Dankt Gott. Wenn eure Aufmerksamkeit beim Essen ist, wird<br />

euch dieses Essen guttun. Bisweilen führt ihr einen Bissen zum Mund, aber eure<br />

Gedanken sind woan<strong>der</strong>s - ihr wißt nicht, wieviel ihr gegessen habt. Wenn ihr also<br />

eure Übungen macht - seid voll und ganz bei <strong>der</strong> Sache. <strong>Die</strong>s sind die Dinge, die uns<br />

beeinträchtigen. Ich erkläre euch, welche positiven Dinge uns helfen.<br />

Nun, noch ein weiterer Punkt: <strong>der</strong> Mensch ist das Höchste in <strong>der</strong> ganzen Schöpfung.<br />

<strong>Die</strong> ganze Schöpfung wurde euch Untertan gemacht. Alle sind niedriger als ihr -<br />

Tiere, Vögel, Reptilien. Ihr beherrscht die Naturgesetze. Der Mensch ist Gott am<br />

nächsten. Achtet also alle. Gott wohnt in jedem Körper, ob hoch o<strong>der</strong> niedrig. Achtet<br />

alle, die über euch sind, höher stehen als ihr. Respektiert alle, die um euch herum<br />

sind, und habt für alle Achtung, die niedriger sind als ihr, die unter euch stehen.<br />

Wenn ihr Abteilungsleiter seid, dann liebt eure Untergebenen. Als ich noch arbeitete,<br />

war ich leiten<strong>der</strong> Beamter. Vorgesetzte sind nur zufrieden, wenn mehr Arbeit geleistet<br />

wird - auch wenn jene, die euch untergeben sind, darunter zu leiden haben; sie halten<br />

sich an die Untergebenen. In meinem Fall waren sowohl die Untergebenen wie auch<br />

die Vorgesetzten zufrieden. Warum? Ich behandelte sie gleicherweise als Brü<strong>der</strong> - ich<br />

achtete sie alle. Und sie leisteten doppelt soviel Arbeit wie an<strong>der</strong>e - und zwar ruhig<br />

und freundlich. Das sind die praktischen Dinge, die uns helfen.<br />

Ihr seid also das Höchste <strong>der</strong> ganzen Schöpfung, entschuldigt, ihr seid Gott am<br />

nächsten. Der Mensch ist groß. Und ihr müßt für alle Achtung haben. Alle sind unsere<br />

Brü<strong>der</strong>, unsere jüngeren Brü<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Familie Gottes, ob sie um euch herum sind<br />

o<strong>der</strong> über euch o<strong>der</strong> unter euch stehen.<br />

Und noch eines: Seid ehrlich zu euch selbst. Wir täuschen zuerst uns selbst und<br />

dann an<strong>der</strong>e: wir lügen und mißachten die Rechte an<strong>der</strong>er. Dann sagen wir etwas,<br />

meinen aber etwas an<strong>der</strong>es. Was euer Herz meint, das sollte euer Gehirn denken und<br />

euer Mund aussprechen. Wenn diese drei übereinstimmen, dann ist es wahr.<br />

Wie ich euch also sagte: "Reformer werden gesucht - nicht für an<strong>der</strong>e, son<strong>der</strong>n für<br />

sich selbst." Gott ist in euch, die Meisterkraft ist in euch. Wenn Baba Jaimal Singh<br />

jemanden initiierte, pflegte er zu sagen: „Siehe, ich wohne nun in dir. Hab acht, ich<br />

achte jetzt auf dich.“ Denken wir so? Wenn ihr daran denkt, daß euch jemand beobachtet,<br />

könnt ihr dann etwas Falsches tun? Nein. Seid wahr zu euch selbst, dann<br />

braucht ihr euch in <strong>der</strong> Welt nicht zu fürchten.<br />

Wer nicht wahr zu sich selbst ist, wird lügen müssen, es tut mir leid, das zu sagen,<br />

aber warum? Weil er fürchtet, daß das sein Geheimnis herauskommen wird. Er wird<br />

mit einem Menschen ein paar Worte wechseln und dann zum nächsten etwas an<strong>der</strong>es<br />

sagen, weil er im Innersten seines Herzens voller Furcht ist. Dann werdet ihr<br />

feststellen, daß sich seine ganze Darstellung nach ein o<strong>der</strong> zwei Monaten än<strong>der</strong>t. Wer<br />

sich selbst betrügt, <strong>der</strong> ist nicht wahr zu sich und muß hun<strong>der</strong>tmal lügen. Aber ein<br />

Geheimnis bleibt nie ein Geheimnis! <strong>Die</strong> Katze wird aus dem Sack kommen. Wenn ihr<br />

nicht darauf achtet, sehen es an<strong>der</strong>e. Seid also wahr zu euch selbst. Das sind einfache<br />

Worte, aber von großer Bedeutung - sie verleihen euch Geistesgröße, würde ich sagen.<br />

Und schließlich lernt ihr Demut.<br />

Was bedeutet also Wissen? Wissen bedeutet "<strong>Die</strong>nen". Gott wohnt in jedem Herzen,<br />

und wer ein Mensch ist, <strong>der</strong> sorgt auch für an<strong>der</strong>e, nicht nur für sich selbst. Und was<br />

bedeutet Wissen weiter? Kameradschaft. Wir sind alle Brü<strong>der</strong> und Schwestern in<br />

213


Gott. Wir gehen alle den gleichen Weg. Wir gehen alle in eine Schulklasse, um<br />

dieselbe Prüfung zu bestehen, nämlich unser Gemüt zu beherrschen, unser höheres<br />

Selbst zu erkennen und Gott zu erkennen. Das sind also die Dinge, die uns helfen.<br />

Zuletzt gibt es noch zwei o<strong>der</strong> drei weitere hilfreiche Dinge, die ich herausgefunden<br />

habe und euch nennen will. Eines ist: "Reinheit ist <strong>der</strong> Frömmigkeit am nächsten."<br />

Der Körper ist <strong>der</strong> Tempel Gottes - haltet ihn rein und sauber. Das heißt nicht, daß ihr<br />

kostbare Kleidung, wertvolle seidene Gewän<strong>der</strong> tragen sollt - aber haltet ihn sauber.<br />

Das wird auch eurer Gesundheit zuträglich sein. Und wenn ihr euch zur Meditation<br />

setzt, werdet ihr hellwach sein. Bei <strong>der</strong> Meditation o<strong>der</strong> je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Arbeit werdet<br />

ihr frisch und munter sein.<br />

Und nicht nur äußere Sauberkeit, son<strong>der</strong>n auch die innere [ist wichtig]. <strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong><br />

Tempel Gottes. Äußere Tempel, die Ebenbil<strong>der</strong> des menschlichen Körpers sind,<br />

halten wir rein und sauber. Aber äußerlich sind sie reiner als innen, sage ich euch,<br />

denn diesen Körper - den halten wir ihn äußerlich sauber, aber nicht im Inneren, das<br />

ist das Traurige. Wir geben Tausende von Dollars für die äußere Reinheit, die äußere<br />

Schönheit aus - aber was ist mit dem Inneren? Es ist das Gemüt, das alles<br />

verunreinigt, wie ich euch vorhin sagte. Je<strong>der</strong> Gedanke, <strong>der</strong> in uns aufkommt, hat<br />

seine eigene Farbe, seinen ihm eigenen Geruch. Und durch Ausstrahlung beeinflußt<br />

das an<strong>der</strong>e. Wenn ein schmutziger Lappen, <strong>der</strong> schlecht riecht, in einem Zimmer<br />

liegt, ist <strong>der</strong> ganze Raum voll von diesem Geruch. Wenn man Blumen in ein Zimmer<br />

stellt, dann ist es von ihrem Duft erfüllt, o<strong>der</strong> nicht? Warum bemerken wir das nicht?<br />

Weil wir bereits voller Lügen und Unrat sind. Wenn dann ein o<strong>der</strong> zwei Pfund<br />

hinzugefügt werden, was für einen Unterschied macht das noch aus? Aber jene, die<br />

reinen Herzens sind, werden natürlich von kleinen, kleinen Dingen berührt.<br />

Überwacht eure nach außen strömenden Kräfte. Sehen ist nicht schlecht, aber etwas<br />

Schlechtes zu sehen ist schlecht. <strong>Die</strong> Augen sind die Fenster <strong>der</strong> Seele. Wenn ihr eine<br />

getönte Brille tragt, werdet ihr die ganze Welt in dieser Farbe sehen. Lächelt, und die<br />

ganze Welt wird mit euch lächeln. Wenn ihr an<strong>der</strong>e quält, werdet ihr gequält. Wenn<br />

ihr schlecht von an<strong>der</strong>en denkt, werden die an<strong>der</strong>en schlecht von euch denken.<br />

Gedanken sind sehr mächtig.<br />

Denkt zweimal nach, bevor ihr sprecht. Denkt zweimal nach! Was müßt ihr<br />

bedenken? Zuerst: ist es überhaupt nötig, etwas zu sagen? Zweitens: wie wird es auf<br />

an<strong>der</strong>e wirken? Ist es in ihrem Interesse o<strong>der</strong> wird es ihnen schaden? Ist es gut?<br />

Ist es notwendig, etwas zu sagen? Wenn nicht, dann schweigt. Kümmert euch um<br />

eure eigenen Angelegenheiten. Und welche Wirkung werden eure Worte haben? <strong>Die</strong>s<br />

sind die beiden Dinge. Denkt ihr daran, entsprechend zu handeln?<br />

Seid sehr wachsam - wacht über eure Augen, wacht über eure Ohren, wacht über<br />

eure Zunge. Das Hilfsmittel für diese Dinge sind gewöhnlich freundliche Worte voller<br />

Demut. Das kostet euch nichts. Freundliche, von Demut erfüllte Worte. Manchmal<br />

werden wir zu Bossen; wir sprechen ganz so, wie es uns paßt. Aber auch ein ganz<br />

nichtiger Gedanke hat seine Wirkung. Das Karma ist, wie ihr seht, maßlos: "Wie ihr<br />

denkt, so werdet ihr."<br />

Und noch eines: "Vergeßt die Vergangenheit und vergeßt die Zukunft." Was schon<br />

geschehen ist, können wir nicht ungeschehen machen. Ihr mögt eine Lehre daraus<br />

ziehen, das ist alles. Vergeßt die Zukunft - "wir werden dies, wir werden jenes<br />

machen". Das sind die zwei Dornen, die sich in unsere Lebensa<strong>der</strong>n hineinbohren.<br />

"Lebt in <strong>der</strong> lebendigen Gegenwart. Dann habt ihr keine Sorgen, euer Herz wird frei<br />

sein. Jetzt ist unser Gemüt mit Gedanken an die Vergangenheit und an die Zukunft -<br />

was wir tun wollen - überladen. Dankt Gott für das, was ihr habt. Wir haben es<br />

verdient, weil wir die Saat dafür gelegt haben - und wir ernten immer noch. Ganz<br />

gleich, ob ihr mit dem, was auf euch zukommt, zufrieden seid o<strong>der</strong> nicht, beendet es.<br />

214


<strong>Die</strong>se Saat wurde von euch selbst in <strong>der</strong> Vergangenheit gesät, worüber ihr nichts wißt.<br />

Tut also euer Bestes und überlaßt das Übrige Gott oben.<br />

Und noch etwas möchte ich euch sagen: Wenn ihr eine Uhr habt, dann zieht ihr sie<br />

jeden Morgen auf, nicht wahr? Dann geht sie 24 Stunden lang - immer weiter, immer<br />

weiter - ohne Unterbrechung. Zieht also die Uhr eures Geistes jeden Morgen auf.<br />

Setzt euch hin und setzt für eure Übungen Zeit ein. Kommt mit dem Licht und dem<br />

Ton im Innern in Verbindung. Dann werdet ihr mit Kraft erfüllt, denn das ist das Brot<br />

des Lebens und das Wasser des Lebens. Das wird euch Frische, Kraft und Stärke<br />

geben, die den ganzen Tag anhält. Ihr werdet ganz frisch und munter sein. Und auch<br />

wenn ihr abends Schlafen geht - zieht die Uhr auf. Das sind die nützlichen Dinge, die<br />

euch helfen. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en, die Hin<strong>der</strong>nisse auf dem Weg bilden, habe ich euch auch<br />

genannt. Aber diese Dinge, von denen ich gesprochen habe, sind nichts Neues.<br />

Nun, liebe Freunde, findet das, was ich euch darlegte, Anklang bei euch? Wollt ihr<br />

frisch und munter sein und nicht über irgend etwas nachgrübeln? Dann zieht eure<br />

Uhr jeden Morgen auf. Ihr werdet stark sein. Das Wasser des Lebens und das Brot des<br />

Lebens wird eurer Seele Kraft geben. Und wenn die Seele stark ist, gewinnen alle<br />

an<strong>der</strong>en Dinge an Kraft: euer Gemüt, eure nach außen fließenden Energien und auch<br />

euer Körper. Ihr könnt sehen, daß Ringkämpfer, wenn sie üben, die ganze<br />

Aufmerksamkeit auf ihren Körper richten. <strong>Die</strong>se Aufmerksamkeit gibt ihnen Kraft.<br />

Ich möchte euch ein Beispiel geben - vielleicht habt ihr das selbst schon erlebt: wenn<br />

ihr sehr müde und hungrig seid und ihr einen Bissen eßt und Wasser trinkt, erhaltet<br />

ihr Kraft. Woher kommt diese Kraft? Man erlangt diese Kraft erst, nachdem die<br />

Nahrung verdaut ist, nicht sofort. Das bewirkt eure Seele - euer Selbst. <strong>Die</strong> Seele hat<br />

eine große Heilkraft. "Ihr seid die Seele." Ihr seid Söhne Gottes. Groß ist <strong>der</strong> Mensch.<br />

<strong>Die</strong>s sind kleine, kleine Dinge, über die wir nie nachgedacht haben. Aber mit ihnen<br />

können wir unser Leben erhaben machen. Doch wir sollten ein Ideal vor uns haben.<br />

Wir sind vom Weg abgekommen - wir treiben ziellos dahin - das ist bedauerlich. Wir<br />

graben hier, dort, überall Gruben - einige eineinhalb und an<strong>der</strong>e zwei Meter tief, und<br />

nirgends finden wir Wasser. So sage ich jedem von euch, daß ihr euch für ein Ziel<br />

entscheiden müßt. Ihr mögt dazu einen Tag, drei Tage, sieben Tage brauchen - das<br />

macht nichts. Habt ihr euch einmal entschieden, dann geht ihr Schritt für Schritt auf<br />

das Ziel zu. Einige gehen einen Schritt vor, dann zurück, dann vorwärts und dann<br />

wie<strong>der</strong> zurück, das nimmt natürlich Zeit in Anspruch. Als ich ins Leben trat, hatte ich<br />

auch großen Ehrgeiz: den Ehrgeiz, im Leben etwas zu erreichen usw. Aber ich mußte<br />

mich entscheiden, und mit <strong>der</strong> Gnade Gottes faßte ich den Entschluß: "Erst Gott,<br />

dann die Welt." Dann ergibt sich alles auf positive Weise, um euch zu helfen.<br />

Wir treiben also ziellos dahin; das sind die Dinge, die wir nicht beachten. Wir<br />

handeln mit geschlossenen Augen, würde ich sagen, unbesonnen, ohne uns um das<br />

Ergebnis zu kümmern. Ein Mensch kann sich än<strong>der</strong>n, nicht wahr? Das ist euer<br />

Vorrecht als Menschen, da ihr die Unterscheidungskraft erhalten habt. <strong>Die</strong> Tiere<br />

nicht. Auch Tiere können sehr nützlich sein, wenn ihr sie abrichtet, aber ein Mensch<br />

ist innerhalb gewisser Grenzen frei, seht ihr?<br />

Wie ich sagte, sollt ihr eure Uhr täglich in Ruhe aufziehen. Ihr werdet jeden Tag<br />

frisch sein. Ihr mögt viel zu tun haben, aber wenn ihr euch danach hinsetzt, seid ihr<br />

frisch.<br />

<strong>Die</strong>s sind also einige Hin<strong>der</strong>nisse auf dem Weg und einige nützliche Dinge, die euch<br />

helfen - in allen Angelegenheiten des Lebens, äußerlich und auch innerlich -<br />

gleicherweise auf dem spirituellen Weg. Was erhaltet ihr, wenn ihr euch selbst<br />

umgestaltet? <strong>Die</strong> "Gottheit" - die euer Geburtsrecht ist.<br />

<strong>Die</strong>se kleinen, kleinen Dinge machen den Menschen groß. Schließlich liegt Größe in<br />

dem, was euch gegeben wurde. Ihr seid sehr begünstigt, daß ihr auf den Weg gestellt<br />

215


worden seid und euch etwas gegeben wurde, mit dem ihr beginnen könnt. Warum<br />

erhebt ihr euch nicht täglich? Kommt damit in Verbindung - das ist das Brot des<br />

Lebens und das Wasser des Lebens, das euch glücklicherweise gegeben wurde. Ihr<br />

seid mehr begünstigt - jene, die auf den Weg gestellt wurden - als alle an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong><br />

Welt. Christus sagte: "Jene, die meinen Worten folgen, sind meine Jünger; jene, die<br />

ihr Kreuz täglich auf sich nehmen, sind meine Jünger." "Das Kreuz auf sich zu<br />

nehmen bedeutet, sich über das Körperbewußtsein zu erheben. Zieht also jeden<br />

Morgen eure Uhr auf.<br />

Das sind die hilfreichen Faktoren und die Hin<strong>der</strong>nisse auf dem Weg. Daher heißt es:<br />

"<strong>Die</strong> Wahrheit steht über allem, aber eine wahre Lebensweise steht noch über <strong>der</strong><br />

Wahrheit." Wir kümmern uns wenig um das wahre Leben; auch wenn wir etwas tun,<br />

bringt uns das nicht die volle Frucht.<br />

Tut das bitte - ihr seid mit <strong>der</strong> Gnade Gottes auf den Weg gestellt - durch die Größe<br />

unseres Meisters Baba Sawan Singh. Es ist seine Gnade, die wirkt. Ihr wißt, daß es<br />

draußen regnet. Seitdem ich hier bin, regnet es. Das Wort "Sawan" bezeichnet den<br />

Regenmonat. Im Monat Sawan regnet es immer - und wohin ich auch gehe, regnet es<br />

im meistens zuerst. Das ist seine Gnade, die wirkt - alle Ehre gebührt ihm. Das<br />

Wenige, was ich verstanden habe, habe ich euch in ein paar Worten dargelegt.<br />

Gebt also eurem Körper keine Nahrung, bevor ihr nicht eurer Seele Nahrung<br />

gegeben habt - das ist das erste; macht es euch zur Regel. Und damit ihr auf dem Weg<br />

fortschreiten könnt, müßt ihr euch nach diesen Dingen richten. "<strong>Die</strong> wahre<br />

Lebensweise steht über <strong>der</strong> Wahrheit."<br />

Morgen werde ich euch physisch verlassen, denn ich gehe umher, wie es mein<br />

Meister wünscht - Gott in ihm. Physisch werde ich nicht bei euch sein, aber meine<br />

Gedanken sind bei euch. <strong>Die</strong> Christuskraft o<strong>der</strong> Gotteskraft ist immer in euch und<br />

wirkt immer zu eurem Besten. Sie gewährt alle mögliche Hilfe, Beistand und Schutz.<br />

So bleibt in Verbindung. Richtet euch nach dem, was ich euch mit diesen wenigen<br />

Worten gesagt habe. Gott wird euch alle segnen. Das ist alles, was ich sagen kann.<br />

Bleibt in Verbindung - laßt euch nicht durch das abbringen, was ihr draußen hört, es<br />

sei denn, ihr hört es selbst o<strong>der</strong> seht es mit euren eigenen Augen.<br />

Ihr seid alle Kin<strong>der</strong> Gottes. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> sind dem Vater immer lieb und teuer. Ihr alle<br />

seid Gott, <strong>der</strong> auch in uns wohnt, teuer. Auch mir seid ihr teuer. Und ihr solltet von<br />

Tag zu Tag fortschreiten. Ich möchte, daß ihr alle Botschafter werdet - bessere als ich<br />

es bin, möchte ich sagen. Je<strong>der</strong> Vater will, daß seine Kin<strong>der</strong> mehr können als er<br />

selbst.<br />

Das habe ich euch nun mit ein paar Worten gesagt. Morgen werde ich nur physisch<br />

gehen. <strong>Die</strong> Kraft in euch wird euch helfen und allen Schutz gewähren. Bleibt in<br />

Verbindung. Das ist alles, was mir nun zu sagen bleibt.<br />

Ihr hattet das Glück, mich zu sehen, doch ich bin glücklicher als ihr. Denn ihr seht<br />

nur einen, aber ich sehe euch alle. Habe ich nicht mehr Glück? So verschönt die Liebe<br />

alles. Und dankt auch jenen, die mich begleiten und diese Botschaft so vielen Menschen<br />

überbringen. Es ist Sein Werk - <strong>der</strong> Dank gebührt Gott und unserem Meister.<br />

Sat Sandesh deutsch: Heft 2, 1977; englisch: 2, 1973<br />

<br />

216


DIE UNIVERSALE SPRACHE<br />

Aus einer Frage- und Antwortstunde, die Meister Kirpal Singh Ji in <strong>der</strong><br />

Windsor-Halle in Montreal am 24. Oktober 1972 hielt. Zu einer Frage betreffs<br />

Übersetzungen sagte <strong>der</strong> Meister:<br />

Ich sitze vor euch, vor Franzosen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, das ist für mich kein Unterschied.<br />

Ob wir Deutsche, Franzosen o<strong>der</strong> sonst jemand sind, wir sind im menschlichen<br />

Körper, Erdenbürger, verbannt von Gott, von unserer Heimat. Und wir möchten so<br />

bald wie möglich zurückkehren. So bin ich nun hier; das ist nicht Frankreich, ihr<br />

sprecht nur die französische Sprache, nicht wahr? Ihr gehört zu Frankreich und<br />

sprecht hier französisch. Das sollte euch daran erinnern, daß eure Heimat in<br />

Frankreich liegt, denkt daran. Ihr seid Freunde Gottes. Ihr seid nun hier, fern von<br />

Gott, und jene Sprache solltet ihr sprechen. Und was ist das für eine Sprache? Wißt<br />

ihr es? <strong>Die</strong> <strong>der</strong> Liebe. Liebt einan<strong>der</strong>. Wenn ihr diese Sprache sprecht und benutzt.<br />

werdet ihr alle zurück zu Gott gelangen, in eure Heimat, die die Heimat eures Vaters<br />

ist. Ich habe euch ein Beispiel gegeben: da ihr Französisch sprecht, erinnert es euch<br />

an Frankreich, nicht wahr? Eure Heimat ist Frankreich. Gleicherweise sind wir hier<br />

auf Erden von unserer wahren Heimat verbannt.<br />

Es gibt eine Sprache im Haus unseres Vaters, das ist die Sprache <strong>der</strong> Liebe. Sprecht<br />

mit Liebe, nehmt alles mit Liebe hin, merzt alles Ungute mit Liebe aus. Das ist <strong>der</strong><br />

Weg zurück zu Gott, und auf diese Weise werdet ihr bald in eure wahre Heimat<br />

zurückkehren. Das ist <strong>der</strong> Weg für alle Menschen. Das einzige, was wir stets bedenken<br />

müssen, ist, daß hier nicht unsere Heimat ist, das ist alles. Und außerdem, daß uns<br />

<strong>der</strong> menschliche Körper nicht für ewig gegeben wurde, son<strong>der</strong>n nur eine Zeitlang.<br />

Alle, die das Kleid des menschlichen Körpers angezogen haben, mußten es wie<strong>der</strong><br />

ablegen, ob sie nun Professoren o<strong>der</strong> Arme, Könige o<strong>der</strong> Heilige waren - alle haben<br />

den Körper verlassen. Und auch wir müssen einmal scheiden. So ist dies eine goldene<br />

Gelegenheit, die uns Gott gegeben hat, um den Weg zurück in unsere Heimat zu<br />

finden. Wir leben vergeßlich, wir haben unsere Heimat vergessen.<br />

Es sollte jemand da sein, <strong>der</strong> uns nach Hause geleiten kann. Betet zu Gott: „O Gott,<br />

sende uns einen Menschen, <strong>der</strong> uns in die Heimat zurückbringen kann.“ Der erste<br />

Punkt ist, daß wir erkennen, daß wir im menschlichen Körper gefangen sind. Sich<br />

über den menschlichen Körper zu erheben ist also <strong>der</strong> erste Schritt. Wo die<br />

Philosophien <strong>der</strong> Welt enden, da beginnt die wahre Religion. Betet zu Gott: "Sende<br />

uns solche Menschen, die uns aus dem Gefängnis des menschlichen Körpers befreien<br />

können und uns eine Starthilfe geben und auch weitere Hilfe vermitteln können, die<br />

uns hier und im Jenseits ein Führer sein können, <strong>der</strong> uns nicht verläßt, bis wir die<br />

wahre Heimat erreicht haben."<br />

Ich freue mich, daß ihr Liebe für euer Frankreich, für eure französische Sprache<br />

habt. Ich bitte euch aber, Liebe für eure Heimat zu haben, <strong>der</strong>en Sprache die Liebe ist.<br />

Gott ist Liebe. <strong>Die</strong> Liebe ist unserer Seele angeboren, da wir vom gleichen Wesen wie<br />

Gott sind, und <strong>der</strong> Weg zurück zu Gott führt ebenfalls über die Liebe - versteht ihr<br />

mich?<br />

Also sprecht mit Liebe, denkt voll Liebe, laßt all euer Tun von Liebe durchtränkt<br />

sein. Ihr werdet zurück in eure Heimat gehen. Ihr werdet ein glückliches Leben hier<br />

und im Jenseits führen. <strong>Die</strong>s ist die Botschaft, die ich euch, die ihr die französische<br />

Sprache so liebt, übermitteln möchte und auch jenen, die an<strong>der</strong>e Sprachen<br />

bevorzugen. Gebraucht statt dessen die Sprache eurer wahren Heimat, und das ist die<br />

Liebe.<br />

217


Sprachen wurden von Menschen erschaffen. Sprecht in je<strong>der</strong> beliebigen Sprache,<br />

aber sprecht mit Liebe. Hafiz sagt: "Es ist eine Sache <strong>der</strong> Liebe. Sprich in je<strong>der</strong><br />

Sprache, die du kennst, aber sprich mit Liebe." Keine Sprache ist heilig, keine Sprache<br />

ist nicht heilig. Alle Sprachen sind heilig, in denen ihr mit Liebe sprecht.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 1, 1974<br />

<br />

DER MEISTER IN SANT BANI<br />

Nach seinem Vortrag (<strong>Die</strong>se Welt ist nicht eure Heimat) in Sant Bani, USA, am<br />

16.10.1972 hat <strong>der</strong> Meister noch <strong>Fragen</strong> <strong>der</strong> Schüler beantwortet.<br />

Macht also bitte den besten Gebrauch von <strong>der</strong> Zeit, die euch hier gegeben wurde.<br />

Das ist meine erste Rede hier (im Sant Bani Ashram). Ich denke, daß ich euch alles<br />

gesagt habe, was ihr tun müßt. Wir können uns über dieses Thema auf die eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Art noch später unterhalten. Wir müssen heimkehren und uns also darauf<br />

vorbereiten.<br />

Ja? Habt ihr noch <strong>Fragen</strong>?<br />

Frage: Möchtet Ihr <strong>Fragen</strong> beantworten, Meister?<br />

Der Meister: Wenn ihr welche habt. Ich will keine (Lachen); ich freue mich nur<br />

darüber. Ich freue mich, so viele von euch zu sehen; Gott hat euch zu mir gesandt.<br />

Und Er hat mich hierher geschickt. Und wenn ihr irgendwelche <strong>Fragen</strong> habt, werde<br />

ich sie beantworten, so gut ich kann.<br />

Frage: Ihr sagt, daß das Ganze von <strong>der</strong> festen Überzeugung des Todes abhängt; aber<br />

für so viele <strong>der</strong> jungen Leute ist <strong>der</strong> Tod, obwohl wir verstehen, was er ist, wie etwas<br />

ganz Entferntes und etwas, das uns nicht berührt, weil wir jung sind.<br />

Der Meister: Das ist richtig. Schaut, Jung o<strong>der</strong> Alt, je<strong>der</strong> muß den Körper verlassen.<br />

„<strong>Die</strong>s ist unsere ewige Heimat" - das glauben wir in unserem Herzen, und doch ist es<br />

nicht so. Wir müssen unsere Einstellung än<strong>der</strong>n. Wißt ihr also, was unsere Pflicht ist,<br />

solange wir hier sind? Wir müssen an<strong>der</strong>en von Hilfe sein. Ein Mensch wird nicht für<br />

sich selbst geboren. Tiere kommen nur für sich selbst und ihre Kin<strong>der</strong> zur Welt. Aber<br />

ein Mensch ist, wer für sich selbst und auch für an<strong>der</strong>e lebt. Ein Mensch ist kein<br />

Mensch, wenn er nicht für an<strong>der</strong>e lebt. Er muß sich als Mensch erweisen, indem er<br />

an<strong>der</strong>en hilft. In <strong>der</strong> begrenzten Zeit, die uns zur Verfügung steht, sollten wir hart<br />

arbeiten, um an<strong>der</strong>en von größerem Nutzen zu sein. Alles an<strong>der</strong>e wird sich daraus<br />

ergeben. Ihr Leute habt unseren Platz einzunehmen. Entwickelt euch!<br />

Bemerkung: Wenn ich Euch sehe, sehe ich, wie in einer großen Aura Licht aus<br />

Eurem Mund, euren Augen, Armen und überall herausströmt.<br />

Der Meister: Das ist recht. Das erblickt dein Yogi-Auge, das ist die Ausstrahlung;<br />

das ist in Ordnung.<br />

Frage: Ist es richtig, an<strong>der</strong>en Leuten beim Satsang davon zu erzählen?<br />

218


Der Meister: Warum willst du es ihnen sagen? Kümmere dich um deine eigenen<br />

Angelegenheiten. Sie werden es dir nicht glauben, sie werden sagen, daß du dafür bezahlt<br />

wirst (Lachen). Es ist eine Tatsache; durch die Ausstrahlung sieht man die<br />

persönliche Aura eines jeden; sie geht von einem aus. Wer das Yogi-Auge entwickelt<br />

hat, kann das sehen. Unser Meister sagte immer, wenn ein Mann zu ihnen kommt,<br />

können sie (die Meister) sehen, was in ihm ist, wie in einem Einmachglas; ob Süßes<br />

o<strong>der</strong> Saures.<br />

Frage: Meister, warum haben wir Gott je verlassen?<br />

Der Meister: Ich denke, <strong>der</strong> beste Weg, um das herauszufinden, ist, zu Ihm zu gehen<br />

und Ihn zu fragen. Er weiß am besten, warum er uns hierher gesandt hat. Darf ich<br />

dich etwas fragen? Warum hast du Kin<strong>der</strong>? Weil du sie wolltest, nicht wahr? Es ist<br />

Sein Wille. Aber Er kann die beste Antwort darauf geben.<br />

(Der Meister wendet sich an jemanden neben ihm:) Draußen in <strong>der</strong> Kälte stehen so<br />

viele Leute - kann man sie nicht hereinbringen?<br />

(Obwohl <strong>der</strong> Saal so voll zu sein schien, daß niemand mehr hineinging, wurde nun<br />

durch Gottes Gnade irgendwie Platz geschaffen, und fast alle Leute, die draußen gestanden<br />

hatten, konnten untergebracht werden.)<br />

Frage: Ich habe kein Verlangen, heimzukehren. Ich habe den Pfad aufgenommen,<br />

weil ich ein besserer Mensch werden wollte und ich wußte, daß Ihr mir dabei helfen<br />

könnt. Ich habe immer noch nicht die Sehnsucht, heimzukehren; ich will einfach ein<br />

besserer Mensch werden. Wie kann ich diese Sehnsucht am besten entwickeln?<br />

Der Meister: Das ist in Ordnung. Wie ich bereits erklärte, ist <strong>der</strong> ein Mensch, <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en von Hilfe ist. Du gehorchst also Gottes Anweisung: „Wer Meiner Menschheit<br />

dient, <strong>der</strong> dient auch Mir.“ Das ist <strong>der</strong> erste Schritt; das ist ein guter Gedanke.<br />

Seht ihr, in den Upanischaden gibt es ein Gleichnis, das von einem Mann berichtet,<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en sehr gerne half - <strong>der</strong> selbstlos diente. Er half an<strong>der</strong>en so gerne, weil er im<br />

menschlichen Körper die sich zum Ausdruck bringende Gotteskraft sah. Christus<br />

sagte, wenn wir nicht unseren Bru<strong>der</strong> lieben, den wir sehen, wie können wir dann Ihn<br />

lieben, den wir nicht sehen? Der menschliche Körper ist also eine Offenbarung dieser<br />

Gotteskraft. Er wohnt auch im menschlichen Körper; und jene, <strong>der</strong>en Yogi-Auge<br />

entwickelt ist, können Gott im menschlichen Körper sehen. Äußere Tempel sind nach<br />

dem Bild des Menschen erbaut und man hat sie mit Symbolen von Licht und Ton<br />

versehen. In Kirchen, Tempeln und Moscheen befinden sich die gleichen Symbole.<br />

Was ist <strong>der</strong> beste Tempel? Der menschliche Körper, in dem sich diese Symbole<br />

offenbaren, ist <strong>der</strong> beste Tempel von allen.<br />

So wird nur jener <strong>der</strong> Menschheit dienen, <strong>der</strong> Gott in allen sieht. Je ergebener er ist,<br />

desto mehr wird er an<strong>der</strong>en dienen. Das Gleichnis besagt, daß dieser Mann, <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en so gerne diente, natürlich ein Mensch war - denn er wurde als einer<br />

angesehen, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en von Hilfe ist. Liebe ist mit <strong>Die</strong>nen und Opfern vertraut,<br />

versteht ihr? Und er betete zu Gott, und Gott war sehr zufrieden mit ihm und fragte<br />

ihn: „Möchtest du nicht heimkehren?" (Ich beantworte jetzt deine Frage.) Er<br />

entgegnete: „Herr, ich möchte an<strong>der</strong>en dienen; wenn ich zu Dir käme, würde ich Dir<br />

nichts hinzufügen - ich bin nur ein Tropfen vom Meer Deiner Bewußtheit. So gib mir<br />

mehr Zeit, an<strong>der</strong>en zu dienen.“ Das ist in Ordnung. Das ist ein guter Gedanke.<br />

219


Frage: Was haben wir getan, daß wir herabkommen und als Mensch leiden müssen?<br />

Der Meister: Das ist die Evolution. Der Mensch entwickelt sich, versteht ihr? Der<br />

Mensch ist unglücklich, er wird von allen Seiten bedrängt. So wendet er sich natürlich<br />

etwas Höherem zu, das er nicht gesehen hat. Es gab einen Mann, <strong>der</strong> Kommunist war<br />

und nicht an Gott glaubte; er glaubte nur an Atome. Er war im Begriff zu sterben; und<br />

zur Zeit seines Todes sprach er: „O mächtiges Atom! “ (Lachen.) Das ist ganz natürlich.<br />

Das ist ein natürlicher Instinkt in jedem Menschen, <strong>der</strong> uns sagt, daß es eine Kraft<br />

gibt - ob wir sie gesehen haben o<strong>der</strong> nicht.<br />

Frage: Was war unsere erste Sünde? Was haben wir getan, um das zu verdienen?<br />

Der Meister: Wir sind hier, soviel wißt ihr. Es hat nichts zu sagen, ob es Gott gibt<br />

o<strong>der</strong> nicht. Ihr wollt glücklich sein - o<strong>der</strong> nicht? (Ja!) Ihr wollt glücklich sein? Wann<br />

erlangt man also ewiges Glück? Solange ihr an diese Welt gebunden seid, die nur ein<br />

vorüberziehendes Panorama ist, ein sich verän<strong>der</strong>ndes Panorama des Lebens - wenn<br />

ihr gebunden seid, seid ihr glücklich, wenn ihr getrennt werdet, fühlt ihr euch<br />

unglücklich. Warum bindet ihr euch nicht an eine Kraft, die ewig bei euch bleibt, sich<br />

nie von euch zurückzieht und von <strong>der</strong> ihr nicht getrennt werden könnt? Ihr werdet<br />

ewigen Frieden haben.<br />

Frage: Wenn wir in <strong>der</strong> Welt sind, sollten wir versuchen, die ganze Zeit Simran zu<br />

üben, um unsere Aufmerksamkeit auf Gott gerichtet zu halten?<br />

Der Meister: Um liebevoll an Gott zu denken, während wir in <strong>der</strong> Welt sind: wenn<br />

wir mit an<strong>der</strong>en Pflichten beschäftigt sind, und unsere Hände arbeiten, sollten sich<br />

unsere Gedanken <strong>der</strong> liebevollen Erinnerung Gottes zuwenden. Wir müssen das<br />

durch liebevolles Gedenken entwickeln. Wo Liebe ist, da ist auch fortwährende Erinnerung.<br />

Wir haben also auch unsere weltlichen Pflichten zu erfüllen - alle Schulden<br />

zu begleichen - auch das ist Verehrung. Arbeit ist Gottesdienst. Tut diese Arbeit und<br />

auch jene. Wenn ihr mit dem Verstand arbeiten müßt, müßt ihr es anfangs für eine<br />

Weile getrennt davon tun. Aber jene, die bereits in Verbindung damit sind, fahren<br />

immer damit fort, selbst wenn sie denken. Das ist ein Gemütszustand, <strong>der</strong> sich<br />

entwickelt.<br />

(An alle gewandt:) Wäre es nicht besser, sich zur Meditation zu setzen? Warum<br />

sollten wir nicht den besten Gebrauch von unserer Zeit machen? Habt ihr irgend<br />

etwas zu tun? Irgendeine Arbeit? Es ist besser, die Zeit für Meditation zu nutzen.<br />

Wie ich euch heute morgen gesagt habe: Macht den besten Gebrauch von eurer Zeit,<br />

solange ihr hier seid.<br />

Das ist eine Arbeit, die wir tun müssen - niemand sonst wird diese Arbeit für uns<br />

tun. Äußere Rituale usw. könnt ihr von an<strong>der</strong>en gegen Bezahlung durchführen lassen;<br />

aber dies könnt nur ihr selbst tun.<br />

Sat Sandesh (deutsch) Heft 6, 1978; (englisch) Heft 1, 1974<br />

<br />

220


FRAGEN UND ANTWORTEN IN SAN JOSE<br />

San Jose, 16. November 1972<br />

Frage: Könntet Ihr bitte die Redewendung erklären: „Wir sind in <strong>der</strong> Probezeit, bis<br />

wir die Gestalt des Meisters im Innern sehen"?<br />

Meister Kirpal Singh: <strong>Die</strong> Gestalt des Meisters erscheint, wenn man nach innen<br />

geht. Bis dahin braucht man die äußere Führung des "fleischgewordenen Wortes".<br />

Wenn man nach innen gelangt, bekommt man eine direkte Verbindung und direkte<br />

Anweisungen. Das heißt, dann werden wir auf dem weiteren Weg von <strong>der</strong><br />

Meister-Kraft im Innern geführt... natürlich in <strong>der</strong> gleichen Form. Das habe ich<br />

gestern schon erklärt.<br />

„In <strong>der</strong> Probezeit" bedeutet einfach, daß ihr in Seinen Händen seid, Seine Gebote<br />

und Seine weitere rechte Führung braucht. Er wird euch in dieser äußeren physischen<br />

Form begleiten. <strong>Die</strong>se Kraft wirkt auch in <strong>der</strong> physischen Form. Aber <strong>der</strong> physische<br />

Körper ist für die physische Welt da. Er gibt euch einen Anreiz, ins Jenseits zu gehen,<br />

bis er dann kommt, um euch dort zu führen.<br />

Frage: Warum tragt Ihr einen weißen Turban?<br />

Meister: Nun, die weiße Farbe umschließt alle an<strong>der</strong>en. Gleicherweise vereinen sich<br />

alle Klassen <strong>der</strong> ganzen Welt in diesem Weiß. Natürlich ist es auch eine Vorliebe.<br />

Spirituell gesinnte Menschen lieben Weiß, weiße Farben, höchstens noch Gelb, doch<br />

nur ganz leicht getönt, nicht mehr. Das ist die Farbe <strong>der</strong> Ausstrahlung eines<br />

spirituellen Menschen. Also aus zwei Gründen.<br />

Frage: Ist es gut, mit dem Gesicht zur Sonne zu meditieren?<br />

Meister: Das ist die Art <strong>der</strong> Yogis, versteht ihr? Gott ist überall - er durchdringt<br />

alles. Ganz gleich, wohin ihr euer Gesicht auch wendet. Das haben alle Meister und<br />

selbst <strong>der</strong> Koran gesagt.<br />

Auch die Mohammedaner wenden ihr Gesicht gern <strong>der</strong> Sonne zu, wie es die Yogis<br />

tun. Sie denken vielleicht, die äußere Sonne ist die Quelle unserer Kraft - die Kraft <strong>der</strong><br />

Sterne. Nun, damit haben wir nichts zu tun.<br />

Frage: Was das Spielen von Musikinstrumenten betrifft - von unseren spirituellen<br />

Übungen getrennt - behin<strong>der</strong>t das nicht unseren Fortschritt auf dem Pfad?<br />

Meister: Gewiß. <strong>Die</strong> äußere Musik, wie ich gestern und gestern Abend in meiner<br />

Ansprache erklärt habe, führt uns bis zum Ende <strong>der</strong> materiellen Welt, doch nicht<br />

darüber hinaus.<br />

Wenn ihr <strong>der</strong> Musik verfallen seid - entschuldigt, daß ich das Wort "verfallen"<br />

gebrauche, doch ich gebrauche es, weil ihr immer an äußeren Tönen hängt. Der<br />

innere Ton in euch wird hörbar, wenn ihr euch über den physischen Körper erhebt.<br />

Er wird euch dorthin bringen, wo er seinen Ursprung hat. Und darüber hinaus, wie<br />

ich es gestern erklärt habe, müßt ihr sehr auf euren Charakter achten, wenn ihr <strong>der</strong><br />

äußeren Musik ergeben seid. Jene Menschen fallen im allgemeinen. Das hat mir<br />

meine Erfahrung gezeigt.<br />

221


Manche Meister haben sie benützt, um zu beginnen. Nun, da gab es einmal einen<br />

großen Prediger. Draußen vor den Stadtmauern fing er zu rufen an und schlug auf<br />

seine Brust. <strong>Die</strong> Leute strömten zusammen und er begann zu sprechen. Er gab zu, daß<br />

er das tat, um die Menschen anzuziehen. Das haben auch an<strong>der</strong>e getan, wie ich schon<br />

sagte, um die Menschen zusammenzubringen. Doch das Wichtigste ist die Tatsache,<br />

daß euch äußere Töne nur zum Ende <strong>der</strong> materiellen Welt und nicht darüber hinaus<br />

bringen können. Der Ton, mit dem ihr verbunden worden seid, beginnt erst, wenn ihr<br />

euch über den physischen Körper erhebt.<br />

Frage: Was ist die "Große Auflösung", auf die in vielen Schriften des Meisters<br />

hingewiesen wird?<br />

Meister: Wie ihr wißt, wird euch zur Zeit <strong>der</strong> Initiation erklärt, was man unter<br />

"Auflösung" und "Großer Auflösung" versteht. Bis zur dritten Ebene unterliegt die<br />

Welt <strong>der</strong> "Auflösung"; bis zur vierten, <strong>der</strong> "Großen Auflösung" - die Welt, versteht<br />

ihr? Dann beginnt Gott, die Welt von neuem zu gestalten.<br />

Frage: Meister, wenn sich uns zukünftige Ereignisse in Visionen offenbaren, können<br />

wir dieses Wissen dann mit an<strong>der</strong>en teilen?<br />

Meister: Wenn diese Visionen falsch sind, was dann? Wie willst du nachweisen, ob<br />

sie richtig sind? Du brauchst die Bestätigung von einem, <strong>der</strong> inneren Zugang hat.<br />

<strong>Die</strong> Leute schrieben mir manchmal: „<strong>Die</strong> Vereinigten Staaten werden bald im Meer<br />

versinken", und sie kauften Boote, um die Bergspitzen zu erreichen. Ich schrieb<br />

ihnen: „Wenn die Zeit kommt, wird es sich zeigen." Ich bekam keine Antwort. Im<br />

allgemeinen könnt ihr sehen, daß solche Angaben falsch und nur ein<br />

Phantasieprodukt sind.<br />

So etwas geschah auch einmal in Indien bei <strong>der</strong> Namdhari-Sekte. Ihr Führer sagte:<br />

„Das Ende <strong>der</strong> Welt steht bevor. Eilt zu einem bestimmten Platz." All seine Anhänger<br />

gingen dorthin. Ein paar Leute fragten meinen Meister: „Sie laufen alle dorthin. Nun,<br />

was sollen wir tun?" Er sagte: „Wenn es soweit ist, werden wir sehen, was geschieht."<br />

Es wird sich selbst bestätigen. Doch nichts geschah.<br />

Wenn das geschieht, haben wir alle das gleiche Schicksal. Warum sorgt ihr euch um<br />

euch selbst, wenn das Ende <strong>der</strong> Welt naht? Wenn das Ende <strong>der</strong> Welt naht, nun, dann<br />

kehrt nach Hause zurück. Jene, die initiiert worden sind, brauchen keine Angst zu<br />

haben; sie sind unter dem Schutz einer Kraft. An<strong>der</strong>e mögen sich furchten.<br />

Frage: Bitte sagt uns etwas über das Manav Kendra und welche Rolle, wenn<br />

überhaupt, eine weibliche Initiierte aus diesem Land dort übernehmen kann.<br />

Meister: Ich denke, ich habe euch dieser Tage schon einmal erklärt, daß <strong>der</strong> Manav<br />

Kendra so ist, wie wir nun sind: wir müssen den <strong>Die</strong>nst für die Menschen und für das<br />

Land [die Landwirtschaft] hinzufügen, um ihn zu einem Ganzen zu machen. Das<br />

beeinträchtigt nicht die spirituelle Seite - sie ist das Wichtigste. Ich habe dort keinen<br />

äußeren Tempel errichtet - dort ist nur die Erde unten und <strong>der</strong> Himmel über uns. Der<br />

menschliche Körper ist <strong>der</strong> wahre Tempel Gottes - und nicht ein äußeres Abbild von<br />

Menschenhand gemacht.<br />

Wir geben einfach jenen, die in Not sind, es sich nicht leisten können, kostenlose<br />

medizinische Betreuung. <strong>Die</strong> Reichen können sich alles leisten, die Armen nicht. Aus<br />

diesem Grund gibt es das Manav Kendra; und es ist für die Alten da, die nichts<br />

222


esitzen, die niemand haben, <strong>der</strong> für sie sorgt, damit sie die letzten Tage ihres Lebens<br />

in Frieden verbringen können. Das ist <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nst für den Menschen.<br />

Und <strong>Die</strong>nst für das Land 15 [Landwirtschaft] bedeutet, daß wir jene, für die wir<br />

sorgen, auch ernähren müssen. Versteht ihr?<br />

Ob nun im Westen o<strong>der</strong> im Osten, das macht keinen Unterschied. Wer es sich gut<br />

leisten kann, mit all dem fertig zu werden, <strong>der</strong> kann das schriftlich festhalten.<br />

Frage: Manchmal erscheint mir in <strong>der</strong> Meditation Sawan Singh, bevor Ihr erscheint,<br />

Meister. Ist das in Ordnung?<br />

Meister: Schau, es heißt: „Ich und <strong>der</strong> Vater sind eins". „Ich lebe; doch nun nicht<br />

ich, son<strong>der</strong>n Christus lebt in mir." Er wirkt - diese Kraft wirkt - die gleiche Kraft ist<br />

am Werk. Wenn dich ein Freund in an<strong>der</strong>en Klei<strong>der</strong>n besucht, glaubst du, daß du ihn<br />

dann nicht wie<strong>der</strong>erkennst?<br />

Ein Schüler: Wenn ein Freund in an<strong>der</strong>en Klei<strong>der</strong>n zu dir kommt, wirst du ihn<br />

bestimmt wie<strong>der</strong>erkennen. Es ist die gleiche Kraft.<br />

Frage: Hier in den USA macht man sich viele Gedanken über Katastrophen, die es in<br />

den nächsten Jahren geben soll - Erdbeben, Kriege, totaler wirtschaftlicher<br />

Zusammenbruch.<br />

Meister: Oh ja, das ist eine Tradition, die überall gepflegt wird. <strong>Die</strong> letzten vierzig<br />

Jahre habe ich gehört, daß das Ende <strong>der</strong> Welt gekommen ist: „Es ist soweit!" „Macht<br />

euch bereit!" Nun gut, wenn es kommt, dann trifft es uns alle, nicht nur einen<br />

einzelnen.<br />

Wie ich euch gerade sagte, wird für jene gesorgt, die initiiert sind. Habt keine Angst.<br />

Frage: Meister, was geschieht mit <strong>der</strong> Seele eines Menschen, <strong>der</strong> Selbstmord<br />

begeht?<br />

Meister: Das ist eine schreckliche Sünde. <strong>Die</strong> Theosophie sagt, daß jene, die<br />

Selbstmord begehen, hun<strong>der</strong>t Leben lang fortfahren, Selbstmord zu verüben. Denkt<br />

nicht an so etwas! Ihr könnt den Rückwirkungen nicht entgehen. Es ist das größte<br />

Opfer. Ihr könnt das nicht, versteht ihr? Ihr könnt alles opfern, doch nicht euch<br />

selbst. Das ist also eine schreckliche Sünde.<br />

Was die Initiierten betrifft: Einmal fragte ich meinen Meister über einen Mann, <strong>der</strong><br />

Selbstmord beging und von ihm initiiert war: „Was wird sein Schicksal sein?" Er<br />

sagte: „<strong>Die</strong> Rückwirkungen sind sehr stark; dennoch wird ihm ein Zugeständnis<br />

gemacht."<br />

Warum sich töten? Selbstmord ist kein Heilmittel. Wenn ihr das tut, setzen<br />

Rückwirkungen ein. Seht ihr, wenn ihr euch aus einem bestimmten Grund umbringt,<br />

wegen irgend jemand o<strong>der</strong> weil etwas nicht so verläuft, wie ihr es euch wünscht, dann<br />

entsteht eine Kette von Rückwirkungen zwischen den beiden - sie setzt sich über viele<br />

Geburten hin fort. Denkt also nicht an so etwas! Das ist kein Heilmittel für irgend<br />

etwas.<br />

15 <strong>Die</strong> korrekte Übersetzung für „land service“ ist „Landwirtschaft. „Man service“ bedeutet, den<br />

Menschen zu dienen. Das ist also ein Wortspiel, das man nicht korrekt wie<strong>der</strong>geben kann.<br />

223


Frage: Als ich zuerst auf die Lehren des Meisters stieß, wurde ich ganz berauscht.<br />

Wenn ich mich nie<strong>der</strong>lege, durchzieht meinen Körper oft ein Summen, wie das einer<br />

Fliege. Was ist das - dieses Summen wie von einer Fliege?<br />

Meister: Was empfindest du? Du wirst das nur erleben, wenn du an den Körper<br />

denkst.<br />

Frage: Nein, Meister, ich habe meinen Körper nicht beachtet. Es war wie ein<br />

elektrischer Strom und auf einmal summte es in meinem Hinterkopf.<br />

Meister: Du hörtest diesen Ton, natürlich. Hast du schon irgendwelche Yogawege<br />

verfolgt?<br />

Frage: Nein.<br />

Meister: Nun, dann ist es eine Rückwirkung aus deiner Vergangenheit. Bitte denke<br />

nicht an den Körper. Darum überschreitet ihn <strong>der</strong> Surat-Shabd-Yoga.<br />

Frage: Lieber Meister, was ist das Fegfeuer? Und was hat es mit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>verkörperung und Sach Khand zu tun?<br />

Meister: Wer auf den Weg gestellt und initiiert worden ist, braucht sich davor nicht<br />

zu fürchten. Es gibt Höllen - Fegfeuer bedeutet Höllen. <strong>Die</strong> Menschen bringen ihr<br />

eigenes Leid dorthin, und es wirkt dort auf sie zurück Das ist alles.<br />

Lord Vishnu wurde einmal gefragt: „Ihr müßt umfangreiche Vorbereitungen<br />

getroffen haben, um jene Menschen dort zu bestrafen" - das "Fegfeuer" bedeutet<br />

einen Ort, wo die Menschen gereinigt, von allen Taten geläutert werden - „und für<br />

manche habt ihr wohl auch den Himmel bereitet?" Er antwortete: „Ich tue gar nichts.<br />

<strong>Die</strong> Menschen bringen ihr eigenes Feuer mit sich, das sie hier verbrennt; und auch<br />

ihre eigenen guten Gedanken, die sich hier auswirken. Das ist alles." Er sagte: „Ich tue<br />

nichts. <strong>Die</strong> Menschen bringen alles mit - aus eigenem Antrieb."<br />

Das Fegfeuer ist nicht für jene, die auf dem Weg sind. Sie sind unter <strong>der</strong> Obhut eines<br />

Meisters.<br />

Frage: Der <strong>Fragen</strong>de möchte wissen, auf welche Form des Meisters Ihr Euch<br />

bezieht, wenn Ihr die "Gestalt des Meisters" in <strong>der</strong> Meditation erwähnt. Er hat<br />

verschiedene gesehen, und er möchte gern wissen, ob es die goldene Form ist, auf die<br />

Ihr Euch bezieht o<strong>der</strong> ob alle Formen damit gemeint sind.<br />

Meister: Wie<strong>der</strong>hole die fünf Namen; und die Form, die bleibt, ist die wahre. Das ist<br />

alles. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en werden verschwinden. Wenn jemand vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong><br />

fünf Namen besteht und bleibt, gehört er ganz sicher zu unserer "Abteilung". (<strong>Die</strong><br />

Zuhörer lachen.)<br />

Frage: Was ist mit dem Geben und Nehmen von zwei Menschen, wenn ihre Augen<br />

sich treffen?<br />

Meister: Was soll das heißen? Wenn sich ihre Augen treffen, wird <strong>der</strong> aggressive die<br />

Oberhand gewinnen. Darum heißt es: „Schaut nicht in die Augen an<strong>der</strong>er" - wenn ihr<br />

nicht innerlich erfüllt, wenn ihr nicht stärker seid, werdet ihr beeinflußt.<br />

224


Nun, 80 Prozent aller Eindrücke nehmen wir durch die Augen auf. Wenn <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

berauscht ist, werdet ihr genau diesen Eindruck aufnehmen. Wenn er - wie soll ich<br />

sagen - von Kopf bis Fuß von Begierde erfüllt ist, dann wird euch Begierde<br />

überwältigen.<br />

Unsere einzige Rettung liegt darin, die Wasserfluten aufzuhalten - wir müssen<br />

sehen, von welcher Seite die Wellen kommen und dann ans sichere Ufer des Flusses<br />

gehen. Wenn dort Felsen sind, wird das Wasser dagegen- schlagen und<br />

zurückströmen. Wenn dort Sand ist, wird das Wasser im Sand versickern. Wenn ihr<br />

also stark seid - wenn ihr ganz in euch ruht - dann wird euch nichts beeinflussen.<br />

Wenn nicht, dann werdet ihr beeinflußt. Geht also ans sichere Ufer.<br />

Frage: Wenn wir die Vergangenheit auch hinter uns lassen, wenn wir initiiert<br />

werden, ist es dann möglich, daß Leute, die in <strong>der</strong> Vergangenheit verheiratet waren,<br />

in <strong>der</strong> Zukunft wie<strong>der</strong> heiraten werden, obwohl sie schon lange vor <strong>der</strong> Initiation<br />

geschieden waren?<br />

Meister: Nun, ich glaube, ihr könnt nur einen Menschen lieben - jene Liebe, die sich<br />

wandelt, ist keine Liebe. Ich denke, ich habe ein o<strong>der</strong> zwei Fälle erlebt, wo sich<br />

geschiedene Paare wie<strong>der</strong> zusammenfanden. Das ist nur eine Uneinigkeit: <strong>der</strong> eine<br />

will das, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e will jenes. Seht ihr, in diesem Sinne müssen sie wie<strong>der</strong><br />

zusammenfinden. Eheliches Leben bedeutet, einen Lebenskameraden zu erwählen,<br />

als Rückwirkung <strong>der</strong> Vergangenheit, um einan<strong>der</strong> in Wohl und Weh beizustehen und<br />

zu helfen, Gott zu erkennen - und all eure Schulden zu begleichen. Sät keine neuen<br />

Saaten. Das ist alles.<br />

Frage: Ist das "Einzelauge" wirklich zwischen den Augenbrauen o<strong>der</strong> ein wenig über<br />

und zwischen den Augenbrauen? Bitte zeigt uns …<br />

Meister: Zeigen! Wie soll ich das!<br />

Frage: … in welchen Teil <strong>der</strong> Stirne es liegt.<br />

Meister: Nein, nein - wenn wir an das Fleisch und die Knochen <strong>der</strong> Stirne denken,<br />

versteht ihr, dann werden wir es nirgends finden. Der "Sitz <strong>der</strong> Seele" ist im Innern,<br />

hinter den Augen. Wenn ihr einen Nagel etwa drei Zentimeter tief und etwas nach<br />

rechts einschlagt, findet ihr den Sitz <strong>der</strong> Seele. Aber wie soll ich Ihnen das zeigen?<br />

Durch eine Operation? Dann werden Sie sterben - und zwar bald! (Der Meister<br />

schmunzelt.)<br />

Frage: Wie können wir die Allgegenwärtigkeit von Schmerz und Leid, Unwissenheit<br />

und Verlangen mit Gottes liebenden Wesen in Einklang bringen?<br />

Meister: <strong>Die</strong> Seele ist ein Kind Gottes. Sie wird vom Gemüt, von Satan vom rechten<br />

Weg abgebracht - das Gemüt ist Satan, versteht ihr - es ist sein Kind, und seine<br />

Aufgabe besteht immer darin, uns von Gott wegzuführen - in die offenbarte Welt.<br />

Nun, Gott sendet Menschen, um euch von <strong>der</strong> Herrschaft des Gemüts zu befreien.<br />

Doch das Negative will das nicht, es wird sein Bestes tun, um euch niemals gehen zu<br />

lassen.<br />

Doch Soamiji sagt: „Wenn <strong>der</strong> Meister eine Seele wegführt, die unter <strong>der</strong> Herrschaft<br />

des Gemüts stand, beginnt sich die Negative Kraft auf die Brust zu schlagen und zu<br />

rufen: 'Oh, ein Mensch ist meiner Herrschaft entronnen!'" Es ist also die Kraft Gottes,<br />

225


die in den Heiligen wirkt. Jene, die unter <strong>der</strong> Herrschaft des Gemüts stehen, möchte<br />

Er davon befreien und dann in die Heimat zurückbringen, wenn sie Seine Gebote<br />

halten. Im allgemeinen folgen die Initiierten den Geboten des Gemüts. Dann hören<br />

wir natürlich nicht auf den Meister.<br />

Schüler: Als ich heute meine Augen zur Meditation schloß, habe ich, statt wie<br />

gewöhnlich die Namen zu wie<strong>der</strong>holen, um aufkommende Gedanken abzuwehren,<br />

mein Gemüt treiben lassen und schaute ohne jede Anspannung in die Mitte <strong>der</strong><br />

Dunkelheit. Es war ein belebendes Gefühl, die Namen nicht wie<strong>der</strong>holen zu müssen,<br />

wenn nicht etwas Negatives auftaucht. Ist das falsch? O<strong>der</strong> muß ich mit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Namen fortfahren, wenn mir die Meditation auch so gefällt?<br />

Ich habe auch bemerkt, daß bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Namen die Aufmerksamkeit<br />

die Kehle hinabsinkt. Das geschah nicht, wenn ich mich bei <strong>der</strong> Meditation einfach<br />

treiben ließ.<br />

Meister: Was dann? Hast du dich gut gefühlt? - Dann kannst du so weitermachen!<br />

(Er schmunzelt.)<br />

Warum wurden euch diese Dinge zur Zeit <strong>der</strong> Initiation so genau erklärt? Ihr sollt<br />

die Namen nicht wie<strong>der</strong>holen, indem ihr über die Bedeutung <strong>der</strong> Worte nachdenkt,<br />

son<strong>der</strong>n es sollte automatisch geschehen. Nur die Geladenheit <strong>der</strong> Worte hilft euch<br />

bei <strong>der</strong> Konzentration eures Blicks. Wenn du dich so konzentrierst, wie du es sagst,<br />

wird es sich dann nicht störend auswirken?<br />

<strong>Die</strong> Wie<strong>der</strong>holung geschieht mental, mit Zwischenpausen und ganz automatisch.<br />

<strong>Die</strong> ganze Aufmerksamkeit ist auf das Sehen o<strong>der</strong> Hören gerichtet. Beim Hören<br />

sollten die Worte nicht wie<strong>der</strong>holt werden, nur beim Sehen. Was du da machst, ist<br />

also nicht richtig.<br />

Schüler: <strong>Die</strong>ses Gedicht ist eine verspätete Erntedank-Botschaft an Meister Kirpal<br />

Singh:<br />

Du hast mir so viel gegeben, doch gib’ mir bitte eines noch:<br />

ein Herz voll Dankbarkeit, das nicht nur in <strong>der</strong> Freude dankt,<br />

da nicht alle Tage gleich gesegnet sind, son<strong>der</strong>n ein Herz,<br />

das dich mit jedem Schlage preist.<br />

Meister: Wenn dein Gebet aufrichtig ist, wirst du das bekommen. (Der Meister<br />

lacht.) Das ist alles.<br />

Schüler: Sollten wir in unseren Tagebüchern Fehler vermerken, die wir nachts im<br />

Traum begehen?<br />

Meister: Ich denke, das habe ich gestern beantwortet. Das sind Rückwirkungen <strong>der</strong><br />

Gedanken, die du tagsüber hattest. Sie sollten vermerkt werden.<br />

Schüler: Wie lange soll man im Westen keusch bleiben? Im Osten sagt man 25<br />

Jahre.<br />

Meister: Seht, das galt nur in alter Zeit. Damals wurde das Leben in vier Abschnitte<br />

geteilt: zuerst kamen 25 Jahre des Lernens, dann 25 Jahre als Familienvater, dann 25<br />

Jahre, um das, was man gelesen hatte, selbst zu erfahren. Und wenn man das erlangt<br />

226


hatte, galt es, umherzuwan<strong>der</strong>n, um es den an<strong>der</strong>en zu verkünden, ihnen einen<br />

Beweis zu geben. Doch heute leben wir nicht mehr so lange.<br />

<strong>Die</strong> Keuschheit ist die Tugend, die euch retten wird. Je mehr ihr diese Kraft in euch<br />

bewahrt, desto stärker werdet ihr physisch und geistig sein. Wenn davon mehr als<br />

genug in eurem Körper ist, verwandelt sich dieses Lebenselement in eine Kraft, die<br />

"Ojas" genannt wird und euch hilft, ins Jenseits hinüberzugehen.<br />

Ihr seht, es ist gut, das ganze Leben lang keusch zu sein, sich selbst zu beherrschen.<br />

Auch Verheiratete müssen eine bestimmte Zeit ihres Lebens bewahren, um sich für<br />

den Weg bereitzumachen. Frauen und Männer werden als Rückwirkung aus <strong>der</strong><br />

Vergangenheit miteinan<strong>der</strong> verbunden, um ihre Schulden zu begleichen und<br />

einan<strong>der</strong> zu helfen, Gott zu erkennen.<br />

Und wo steht ihr, wenn ihr ans Ende eures Lebens gekommen seid und nichts für<br />

euer Selbst getan habt? Schließlich müßt ihr die Welt einmal verlassen. Ihr müßt<br />

gehen.<br />

In den alten Zeiten war eine Periode von 25 Jahren dafür reserviert - aber nicht nur<br />

das. Auch die Meister hatten Kin<strong>der</strong>, aber wenn sie ihre Aufgabe übernahmen, lebten<br />

sie keusch. Doch selbst wenn sie als Familienväter lebten, gaben sie sich niemals einem<br />

sinnlichen Leben hin. Sie waren selbstbeherrschte Menschen.<br />

Mein Meister wies mich einmal in einem <strong>Gespr</strong>äch darauf hin. Er sagte: „Ich traf<br />

einmal einen Mann, <strong>der</strong> sagte: „Ich hatte fünf Verbindungen weltlicher Art; daraus<br />

gingen fünf Söhne hervor; und danach hatte ich nie mehr eine Verbindung dieser<br />

Art.“ Ist das nicht etwas Wünschenswertes?"<br />

In <strong>der</strong> alten Zeit gab es keine Bücher. Man lernte alles auswendig. Heute müßt ihr<br />

euch alles aufschreiben. Wozu all diese <strong>Fragen</strong>? Weil das Öl aus <strong>der</strong> Lampe läuft.<br />

Gandhi sagte: „Als mir bewußt wurde, von welchem Wert diese Flüssigkeit ist,<br />

bewahrte ich sie - und so wurde ich zu dem, was ihr vor euch seht. Hätte ich das früher<br />

erkannt und beachtet, wäre aus mir - Gott allein weiß was - etwas Höheres<br />

geworden."<br />

Schüler: Er sagte, er hatte vor einigen Monaten einen Traum: ein Guru berührte ihn<br />

an <strong>der</strong> Stirn - am Augenzentrum. Und er fragt sich nun, ob das <strong>der</strong> Guru war, <strong>der</strong> ihn<br />

einmal initiieren wird?<br />

Meister: Seht ihr, manchmal haben wir eine Vorahnung künftiger Geschehnisse -<br />

jene von uns, die wirklich aufrichtig und ernst sind und auch ein gutes Leben führen.<br />

Ich sage es euch - so etwas geschieht! Aber diese Kraft wirkt auf verschiedenen<br />

Ebenen durch verschiedene Körper. Wenn sich diese Kraft offenbart - ob sie nun in<br />

diesem o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Klei<strong>der</strong>n kommt - dann kann er initiiert werden.<br />

Schüler: Können wir im Satsang Artikel aus dem "Sat Sandesh" lesen, auch wenn sie<br />

nicht von Meister Kirpal Singh geschrieben sind? Sollte <strong>der</strong>, <strong>der</strong> das Treffen leitet,<br />

eigene Bemerkungen von seiner Ebene aus machen? Kann man ein Bild von Meister<br />

Kirpal Singh aufstellen?<br />

Meister: <strong>Die</strong> Artikel im Sat Sandesh werden vor ihrem Erscheinen von mir<br />

durchgesehen. Was Bemerkungen angeht: wenn sie das Gesagte ehrlich verschönen,<br />

dann ist es etwas an<strong>der</strong>es; doch wenn sie die Dinge nur schlechter machen, dann<br />

sollte man es mir berichten, damit ich das, was auch immer gesagt wurde, erklären<br />

kann. Seht ihr, jene, die verantwortlich sind, stehen nicht über dem Meister.<br />

Schüler: Was ist mit einem Bild? Sie möchten ein Bild aufstellen.<br />

227


Meister: Nun, hat hier irgend jemand ein Bild dabei? Denkt einmal nach.<br />

Wenn ihr irgendwelche Zweifel habt, dann wendet euch an mich. Wenn <strong>der</strong><br />

verantwortliche Gruppenbeauftragte etwas getan hat, sollte er sich an mich wenden.<br />

Wenn er Zweifel hat, dann kann er zu mir kommen. Darüber habe ich ein<br />

Rundschreiben (vom 13. Juni 1969) herausgegeben. Ich glaube, ihr habt es gelesen.<br />

<strong>Die</strong> Korrespondenz könnte auf ein Zehntel verringert werden, wenn danach<br />

gehandelt würde. <strong>Die</strong> meisten <strong>Fragen</strong> - 90 Prozent! - sind weltlicher Art. Ihr könnt<br />

euren verantwortlichen Gruppenbeauftragten um Rat fragen. Wenn auch er nicht<br />

helfen kann, dann geht zum Repräsentanten. Wenn auch sie sich nicht ganz sicher<br />

sind, dann könnt ihr euch an mich wenden. <strong>Die</strong> Post, die ich jetzt erhalte, könnte auf<br />

ein Zehntel reduziert werden.<br />

Schüler: Ich möchte etwas wie<strong>der</strong>holen, das Meister Kirpal Singh sagte: „<strong>Die</strong><br />

Gruppenbeauftragten stehen nicht über dem Meister.“ Sie sollten sich nicht in die<br />

Beziehung <strong>der</strong> Satsangis zu ihrem Meister einmischen.<br />

Meister: Nein, nein; weltliche Führung können sie geben - doch nicht in spiritueller<br />

Hinsicht. Wenn sie sich hun<strong>der</strong>tprozentig sicher sind, dann ist es etwas an<strong>der</strong>es;<br />

wenn sie in Verbindung mit dem Meister stehen und genau wissen, was <strong>der</strong> Meister<br />

dazu gesagt hat, dann ist es etwas an<strong>der</strong>es. „Ich habe den Meister gefragt und er hat<br />

eben das gesagt..." Wenn sie sich nicht ganz sicher sind, dann sollten sie mir<br />

schreiben. Mehr kann ich nicht sagen. Statt einen Mißklang zu erzeugen, ist es besser,<br />

sich an mich zu wenden.<br />

Schüler: Könnt Ihr einen nützlichen Vorschlag machen, wie man es vermeidet, sich<br />

zu überessen?<br />

Meister: Hört auf zu essen, wenn ihr noch hungrig seid: eßt einen Bissen weniger.<br />

Der Prophet Mohammed hatte vierzig Schüler. Jemand schickte ihm einen Arzt, um<br />

ihnen zu helfen, wenn jemand krank würde. Der Arzt blieb sechs Monate, doch keiner<br />

wurde krank. So ging er zum Propheten Mohammed: „Ich bin nun seit sechs Monaten<br />

hier, und niemand ist erkrankt - kann ich nun gehen? Denn mein Bleiben hat keinen<br />

Sinn." Er antwortete: „Ja, so lange sie meine Gebote beachten - und was besagen<br />

meine Gebote? Hört zu essen auf, eßt einen Bissen weniger, als euer Hunger verlangt.<br />

Steht vom Tisch auf, wenn ihr noch hungrig seid. Wenn ihr das tut, wird sich<br />

niemand über euch beklagen. Ich bitte sie auch, körperlich hart zu arbeiten. Und ich<br />

bitte sie auch, zu meditieren. Solche Schüler brauchen keinen Arzt."<br />

Wenn euch etwas fehlt, dann geht zum Arzt. Doch Überessen könnt ihr vermeiden:<br />

das ist nur eine Gewohnheit. Ihr könnt euren Hunger mehr und mehr bezwingen - bis<br />

er durch ein bloßes Körnchen Reis gestillt wird. <strong>Die</strong> Yogis können das. Ihr könnt euch<br />

beherrschen - das ist nur eine Gewohnheit.<br />

Aber ihr müßt etwas essen - um euren Körper zu erhalten; denn er bietet euch eine<br />

einzigartige Gelegenheit. Das Pferd sollte kräftig genug sein, um den Reiter zu tragen.<br />

Schüler: Wenn ich beim Bhajan sitze und meine Fesseln taub werden, neige ich<br />

dazu, vornüber zu fallen. Warum?<br />

Meister: Warum? Der Körper ist leblos - versteht ihr, - wenn sich die Seele<br />

zurückgezogen hat. Darum werdet ihr gebeten, aufrecht zu sitzen. „Aufrecht" meint<br />

228


im rechten Winkel. Dann stürzt ihr nicht, auch wenn ihr euch zurückzieht. Wenn ihr<br />

euch nicht gerade hinsetzt, dann stürzt ihr dabei. Schließlich sind wir ein Klumpen<br />

Erde. Versucht also, in einer Ecke zu sitzen, wo zwei Wände zusammentreffen. Das ist<br />

alles. (Der Meister schmunzelt.) (<strong>Die</strong> Zuhörer lachen.) Nein, nein, das ist nichts zum<br />

Lachen, versteht doch! Ihr lächelt über diese Dinge. Doch genau diese Dinge können<br />

euch helfen.<br />

Warum ich diese <strong>Fragen</strong> so offen beantworte? - Weil euch diese Dinge später führen<br />

werden. Ihr könnt diese Dinge ohne Sorge immer wie<strong>der</strong> fragen. <strong>Die</strong>s wird euch<br />

ermutigen, ohne daß ihr irgendwelche <strong>Fragen</strong> stellen müßt.<br />

Frage: Mein Sohn schrieb und berichtete mir, daß er von Meister Kirpal Singh in die<br />

Lehren des Surat-Shabd-Yoga initiiert wurde. Was bedeutet das? Er ist katholisch.<br />

Än<strong>der</strong>t das seine Religion?<br />

Meister: Der Surat-Shabd-Yoga bildet die grundlegende Lehre aller Religionen.<br />

Haben Sie das Buch "Naam o<strong>der</strong> das Wort" gelesen? Dort finden Sie Zitate aus den<br />

Schriften <strong>der</strong> Christen, Juden, Buddhisten, Sikhs, Mohammedaner und aus allen<br />

an<strong>der</strong>en. Das verän<strong>der</strong>t also nicht die äußere Form <strong>der</strong> Religion, die eine soziale Gemeinschaft<br />

bildet, in <strong>der</strong> ihr lebt. Bleibt in ihr. Wenn ihr sie verlaßt, dann müßt ihr<br />

eine neue Gemeinschaft bilden. Als mich ein Mann fragte: „Wir feiern gerade<br />

Hochzeit - bitte vollzieht die Trauung", habe ich darum geantwortet: „Nein, ich habe<br />

keine Glaubensgemeinschaft gegründet." Weil die Gemeinschaften für solche Dinge<br />

da sind.<br />

<strong>Die</strong>s sind die Grundlehren aller Meister, von Christus und allen an<strong>der</strong>en. Sie än<strong>der</strong>n<br />

nicht eure äußere Erscheinung, eure Rituale o<strong>der</strong> Gemeinschaftszugehörigkeiten.<br />

Mein Meister wurde gebeten, eine neue Religion zu gründen. Darauf sagte er: „Es gibt<br />

schon so viele Brunnen. Warum holt ihr das Wasser nicht dort? Was für einen Sinn<br />

hat es, einen Brunnen zu graben, wenn schon einer da ist?" <strong>Die</strong> Grundlehren aller<br />

Meister sind genau die, in die ihr initiiert worden seid. Das führt manchmal zu einem<br />

Wi<strong>der</strong>spruch. Einer, <strong>der</strong> auf den Weg gestellt wurde, glaubt, er sei nun etwas an<strong>der</strong>es<br />

geworden. Und die Leute daheim sagen: „Oh! Er geht in die Irre!" Sie mögen euch<br />

gern, glaubt mir! Versteht ihr? (Er schmunzelt.) Damit ihr nicht auf einen falschen<br />

Weg geratet. Aber wenn ihr euch den Heiligen Schriften zuwendet - denen ihr<br />

vertraut -, dann könnt ihr ihnen sagen: „Hier steht es! Das sagen auch unsere<br />

Schriften!" Das ist <strong>der</strong> Grund, warum jene, die auf den Weg gestellt wurden,<br />

manchmal in einen Wi<strong>der</strong>spruch geraten - sie glauben, daß sie vielleicht Mitglied<br />

einer an<strong>der</strong>en Religion geworden sind. Nein, nein, das seid ihr nicht geworden. <strong>Die</strong><br />

Glaubensgemeinschaft bleibt davon unberührt.<br />

In einer Glaubensgemeinschaft zu bleiben, ist natürlich ein Segen, wenn ihr euch<br />

nach den Geboten dieser Gemeinschaft richtet. In allen Gemeinschaften müßt ihr<br />

ehrlich und wahrhaftig sein und einen guten Charakter haben. Ist es nicht so? Wir<br />

müssen an<strong>der</strong>en helfen. Gibt es irgendeine Religion o<strong>der</strong> Gemeinschaft, die das nicht<br />

verlangt? Und alle sagen: „Verbindet euch mit Gott." Auch im Äußeren. Seht ihr, nur<br />

diese Mißverständnisse führen manchmal zu einem Konflikt. Seid euch also alle ganz<br />

gewiß, daß ihr keiner neuen Religion angehört. Euch wurde <strong>der</strong> innere Weg gewiesen,<br />

<strong>der</strong> für die ganze Menschheit einer ist.<br />

Schüler: Im letzten Monat haben sich meine Meditationen gebessert. Jedoch fällt es<br />

mir noch immer schwer, zwischen dem zu unterscheiden, was meine Augäpfel sehen<br />

und was das Dritte Auge sieht. Könnt ihr mir helfen, das schneller zu überwinden?<br />

229


Meister: Ich denke, wenn ihr Leute auf das geachtet hättet, was euch zur Zeit <strong>der</strong><br />

Initiation gesagt worden ist, dann hätte sich diese Frage erübrigt. Ich sagte euch:<br />

„Wenn ihr die Augen schließt, dann wirken diese Augen aus Fleisch und Blut nicht<br />

mehr! Da ist dann etwas an<strong>der</strong>es, das ihnen nicht gleicht, das die Dunkelheit sieht."<br />

Nicht wahr? Habt ihr das nicht schon so oft gehört? <strong>Die</strong> Augen aus Fleisch und Blut<br />

sehen die Dunkelheit nicht - wenn ihr sie schließt, hören sie zu arbeiten auf. Das<br />

Einzelauge o<strong>der</strong> das Dritte Auge in euch sieht die Dunkelheit. Und wenn ihr eure<br />

ganze Aufmerksamkeit sammelt, dann öffnet es sich.<br />

Schüler: Ist es in Ordnung, wenn die Initiierten an Feiertagen für ausgedehnte<br />

Gruppenmeditationen zusammenkommen, vielleicht für ein paar Tage?<br />

Meister: Ja, das ist in Ordnung. Aber werdet nicht zu „Meistern“. Der springende<br />

Punkt dabei ist: ihr beginnt damit, und dann geht einer umher und verlangt die<br />

Achtung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en - sie sollen ihm glauben. Und so steht er zwischen dem Meister<br />

und den Menschen.<br />

Wenn es nur dazu dient, in liebevoller Erinnerung an den Meister zusammenzukommen<br />

und miteinan<strong>der</strong> zu meditieren, dann ist es gut. Darüber habe ich<br />

ein Rundschreiben gesandt. Vielleicht erinnert ihr euch: „Soweit es die spirituellen<br />

Dinge betrifft, sollte niemand zwischen dem Meister und dem Initiierten stehen."<br />

Manchmal mögt ihr recht handeln und manchmal erhebt das nie<strong>der</strong>e Ich sein Haupt -<br />

dann steht ihr nirgendwo und jene, die euch folgen, stehen auch nirgendwo. Das<br />

geschieht oft. Um das zu vermeiden, schrieb ich euch: Wendet euch mit allen<br />

spirituellen Dingen direkt an den Meister.<br />

Das heißt nicht, daß ich euch dieses Recht beschneiden will. Doch ihr müßt<br />

verstehen, daß da etwas gesagt werden mag, das falsch ist - dann bringt es euch vom<br />

rechten Weg ab. Und für den, dem ihr folgt, wird es zur Last - er verliert sein Kapital,<br />

es geht ihm schlecht und auch euch wird es nicht besser gehen. In dieser Hinsicht<br />

müßt ihr sehr vorsichtig sein.<br />

Wenn ihr ganz, ganz sicher seid, daß euch <strong>der</strong> Meister eine bestimmte Frage<br />

eindeutig beantwortet hat, dann könnt ihr sagen: „Ich habe den Meister gefragt - und<br />

das hat er gesagt." Das ist etwas an<strong>der</strong>es. Aber im allgemeinen befehlen wir, beginnen<br />

wir die an<strong>der</strong>en zu beherrschen; wir werden zum „Chef“ - das ist ein Problem, das<br />

durch die Initiierten geschaffen wird.<br />

Schüler: Verstößt es gegen die Interessen eines spirituellen Aspiranten, <strong>der</strong> vom<br />

Meister initiiert worden ist, wenn er sich von einem an<strong>der</strong>en Yoga-Lehrer<br />

unterweisen läßt?<br />

Meister: Nun, ich denke, <strong>der</strong> gesunde Menschenverstand gibt uns die Antwort<br />

darauf. Der Weg des Yoga ist an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong>, den uns <strong>der</strong> Meister weist. Das ist <strong>der</strong><br />

Weg des Surat Shabd - <strong>der</strong> Yoga geht den Weg <strong>der</strong> Pranas. Wenn du ihm folgen<br />

willst, dann ist das etwas an<strong>der</strong>es. Wenn du, statt im Flugzeug zu fliegen, weiter mit<br />

einem Karren fahren willst, dann mach' das nur. Mehr kann ich dazu nicht sagen.<br />

Schüler: Wie beurteilt Ihr die Geburtenkontrolle o<strong>der</strong> Abtreibung?<br />

Meister: Persönlich bin ich dagegen. Warum? Wenn früher jemand unkeusch lebte,<br />

wollte er nicht, daß das bekannt wurde. Er wählte einen verborgenen Weg, den selbst<br />

die Ärzte lieber vermieden. <strong>Die</strong> Menschen hatten Angst.<br />

230


Nun ist die Tür geöffnet. Man hat sich die Erlaubnis Gottes und <strong>der</strong> Familie geholt.<br />

Es gibt die Geburtenkontrolle - geht zum Arzt o<strong>der</strong> auch zur Behörde. Ab und zu geht<br />

man da hin. Aber das ist keine reine Lebensweise. Nur eine Frau für einen Mann -<br />

seht ihr, das ist das Ideal, wenn ihr den Weg gehen wollt. <strong>Die</strong>se an<strong>der</strong>en Dinge waren<br />

eine Krankheit des Westens, die nun auch den Osten ergreift.<br />

Schüler: Wenn <strong>der</strong> Meister beim Darshan seine Kin<strong>der</strong> mit Gnade überschüttet,<br />

empfangen jene seinen Segen, die empfänglich sind. Sieht <strong>der</strong> Meister irgendeinen<br />

Wandel in ihrer Aura? Wie erkennt <strong>der</strong> Hirte seine Schafe?<br />

Meister: Werde selbst zum Hirten, dann weißt du es. Schau, es gibt das „Yogische<br />

Auge“, das dies erkennt. Unser Meister sagte immer: „Seht ihr, wenn jemand kommt,<br />

dann ist das, wie wenn man ein Einmachglas vor sich hat - ist etwas Saures o<strong>der</strong><br />

etwas Süßes drin?" Wenn ihr dieses yogische Auge habt o<strong>der</strong> entwickelt, dann könnt<br />

ihr es auch sehen.<br />

Je<strong>der</strong> Mensch hat seine persönliche Aura - eine Ausstrahlung - die von jedem<br />

ausgeht. Selbst <strong>der</strong> Schlechteste hat eine Ausstrahlung. Und diese Ausstrahlung hat<br />

verschiedene Farben und Gerüche. Jene, die dieses Auge haben, können sie sehen.<br />

Wenn ihr das prüfen wollt, dann möchte ich folgendes raten: setzt euch in die Sonne<br />

und wendet euren Rücken <strong>der</strong> Sonne zu. Ihr werdet euren Schatten sehen; und achtet<br />

dabei ganz genau auf eure Schultern. Nach einer kleinen Weile werdet ihr dort einen<br />

Dunst herauskommen sehen, dessen Farbe euren innersten Gedanken entspricht.<br />

Aber wir müssen dieses yogische Auge entwickeln. Das ist alles.<br />

Schüler: Sollen wir zurückkehren, um alte Schulden zu begleichen? O<strong>der</strong> uns gleich<br />

von hier aus zu Gott aufmachen?<br />

Meister: Alle Schulden müssen zurückgezahlt werden. Wenn es etwas zu begleichen<br />

gilt und wir unter dem Schutz eines kompetenten Meisters stehen, kann er all das<br />

ordnen, was jene betrifft, die initiiert worden sind.<br />

Schüler: Was meinte Jesus, als er sagte: „Ich bin <strong>der</strong> einzige Weg" und „Hütet euch<br />

vor den falschen Propheten"?<br />

Meister: Ja, er sagte natürlich: „Ich bin <strong>der</strong> einzige Weg" - doch lies weiter! Ich<br />

denke, das wird diese Frage klären. Er sagte: „Ich bin <strong>der</strong> Weg. Ich bin die Wahrheit.<br />

Ich bin das Leben." Dann sagte er: „Ich wirke, solange es Tag ist. Wenn die Nacht<br />

kommt, kann keiner mehr wirken." Er sagte weiter: „Ich bin das Licht <strong>der</strong> Welt,<br />

dieweil ich bin in <strong>der</strong> Welt."<br />

Was die „falschen Propheten“ betrifft - jene, die nur so tun, als ob - sie können euer<br />

„Einzelauge“ nicht öffnen, um euch sehen zu lassen, - das sind die „falschen<br />

Propheten“.<br />

Schüler: Warum war Jesus berühmter als an<strong>der</strong>e Lehrer?<br />

Meister: Nein, im Osten gab es auch an<strong>der</strong>e, die berühmt waren. Im Westen hatten<br />

wir natürlich die griechischen Philosophen. Doch was den Westen betrifft, ist das<br />

natürlich richtig. Doch er (Jesus) war einer aus dem Osten, bedenkt das! Er war<br />

Orientale! In einer Ansprache habe ich einmal gesagt, daß man die Lehren Christi<br />

nicht verstehen kann, bis man sie nicht durch die Augen eines Orientalen sieht. Und<br />

<strong>der</strong> Fragesteller sagte: „Wieso?" Und ich erklärte ihm: „Weil er ein Mann des Ostens<br />

231


war." Seine Lehren sind mit denen des Ostens verwandt - sie sind sich gleich. <strong>Die</strong><br />

Grundlehren aller Meister sind gleich. Lest das Buch „Naam o<strong>der</strong> das Wort“ - dort<br />

könnt ihr das alles lesen.<br />

Schüler: Sind sich die Meister von Geburt an bewußt, daß sie Meister sind? O<strong>der</strong><br />

beginnen sie ihr Leben wie an<strong>der</strong>e Menschen?<br />

Meister: Ja, sie haben ihren Hintergrund, die Erfahrung früherer Leben. Was wollt<br />

ihr mehr? Wenn ich sage: „Ich bin Gott", wollt ihr dann, daß ich das sage? Nein, denn<br />

niemand kann Gott sein. Einer kann Gottes Sohn sein - das ist in Ordnung.<br />

Zwischenbemerkung: Nicht Gott, aber ein Gottmensch!<br />

Meister: Wenn überhaupt, dann Gottes Sohn... wenn überhaupt!<br />

Schüler: Könnt ihr über Liebe sprechen und wie man sie entwickelt?<br />

Meister: Du hast sie in <strong>der</strong> Welt erlebt - o<strong>der</strong> nicht? Du hast in dieser Welt erfahren,<br />

wie du jemand zu lieben beginnst. Als erstes siehst du ihn und kommst mit ihm in<br />

Verbindung. Dann folgt die beständige Erinnerung an die äußere Gestalt.<br />

Auch beim Meister sind diese zwei Punkte wesentlich - sie sind <strong>der</strong> erste Schritt.<br />

Und <strong>der</strong> dritte Punkt folgt, wenn ihr mit dem Licht- und Tonprinzip in euch in<br />

Berührung kommt. Gott ist alle Liebe, und wenn ihr mit Gott in Berührung kommt,<br />

dann fließt ihr von Liebe über. <strong>Die</strong> Liebe ist unseren Seelen bereits angeboren.<br />

Wenn ihr einen berührt, euch mit einem verbindet, <strong>der</strong> ein Gottlieben<strong>der</strong> ist, wird<br />

diese Liebe natürlich in euch überfließen. Das ist das eine. Das an<strong>der</strong>e ist die<br />

beständige Erinnerung. Der dritte Punkt ist, einfach mit dem Licht- und Tonprinzip<br />

in euch in Verbindung zu kommen. Je mehr ihr euch damit verbindet, um so mehr<br />

Liebe wird in euch überfließen.<br />

Das sind also drei Dinge: Gemeinschaft, ständige Erinnerung und die Verbindung<br />

mit Gott in euch, <strong>der</strong> alle Liebe ist - das Licht und Tonprinzip.<br />

Schüler: Warum bittet ihr die Leute, ihre Hand zu heben, damit sie zeigen, was sie<br />

während <strong>der</strong> Meditation gesehen haben?<br />

Meister: Damit sie erkennen, daß sie wirklich auf dem Weg sind und nicht träge und<br />

schläfrig dasitzen. Versteht ihr? Damit sie wirklich meditieren. Nur darum möchte<br />

ich es wissen. Und auch an<strong>der</strong>e Leute - versteht ihr? - werden dadurch größeres<br />

Interesse daran haben, nach innen zu gehen. Nun, Christus sagte: „Ihr seht, was die<br />

Propheten nicht sehen konnten; ihr hört, was die Propheten nicht hören konnten."<br />

Das ist ein Geschenk von Gott.<br />

Schüler: Er sagt, daß er während <strong>der</strong> Meditation eine Offenbarung des Kosmos o<strong>der</strong><br />

Makrokosmos erlebt. Doch wenn er zum weltlichen Bewußtsein zurückkehrt, zum<br />

mentalen Bewußtsein, ist er nicht in <strong>der</strong> Lage, sich mehr als ein wenig daran zu<br />

erinnern. Wird diese Erinnerung deutlicher werden? O<strong>der</strong> ist das normal?<br />

Meister: Dafür ist das Tagebuch gedacht - für diesen Zweck. Dafür ist es bestimmt.<br />

Laßt euer Gemüt nicht leer sein - haltet es immer beschäftigt. Ein leeres Gemüt ist die<br />

Wohnstatt des Teufels. Und durch die Gemeinschaft mit weltlichen Menschen werdet<br />

232


ihr natürlich beeinflußt. Dann schiebt ihr das, was ihr heute tun könnt, ständig bis<br />

morgen auf.<br />

Nehmt an, ihr müßt eine Prüfung ablegen - sagen wir, am 1. Dezember. Glaubt ihr,<br />

daß jene, die nichts dafür tun, die Prüfung erfolgreich bestehen? Je näher <strong>der</strong> Tag<br />

kommt, desto mehr Zeit sollten wir dafür einsetzen - mit voller Hingabe - vergeßt<br />

alles an<strong>der</strong>e! Dann werdet ihr das Ziel erreichen. Wenn ihr es früher erreichen wollt,<br />

dann könnt ihr auch das.<br />

Wenn ein Kind beginnt, auf die Mutter o<strong>der</strong> den Vater zu schauen, kann es nicht<br />

an<strong>der</strong>s, als sich zu erheben. Und die Mutter eilt zu ihm und hebt es auf. Bitte achtet<br />

auf euer Gemüt! Das müssen wir, wenn wir nach Gott verlangen. Dann wird Gott ganz<br />

gewiß zu uns kommen. Denn Er hat dieses Verlangen in uns erweckt, den Hunger,<br />

und Er gibt uns auch die Nahrung. So eßt nun!<br />

Kirpal Sandesh, Heft 4 und 6, 1979-80<br />

<br />

Mit Meister Kirpal Singh in Kaschmir<br />

Ein Reisebericht aus dem Jahr 1973<br />

von Katie McCluney<br />

Wir waren schon etwa einen Monat in Indien, als <strong>der</strong> Meister eines Abends<br />

unbemerkt fortging und uns zurückließ, um Satsang in Delhi zu halten. Wie<br />

sehnsüchtig warteten wir auf seine Rückkehr und saßen in seinem Haus und<br />

versuchten zu meditieren, obwohl wir in Wirklichkeit nur danach verlangten, Ihn zu<br />

sehen. Als er nach Hause zurückkam, saßen wir ganz still in einer Ecke seines<br />

Wohnzimmers und beobachteten eine <strong>der</strong> liebevollsten Szenen, die man sich<br />

vorstellen kann. Er unterhielt sich mit soviel Liebe und Lachen mit seinem Sohn<br />

Darshan. Er war sein Vater und gleichzeitig auch unser Vater, und wir waren auch ein<br />

Teil seiner Familie. Sie sprachen meist auf Hindi; ab und zu vernahmen wir die Worte<br />

„Abrechnung“ und „Einkommensteuer“ und sehr oft hörten wir Hinweise auf<br />

Kaschmir. Später erklärte uns jemand, daß <strong>der</strong> Meister im Sommer eine Reise nach<br />

Kaschmir plane. Wir dachten nicht im Traum daran, daß wir an dieser zeitlosen Reise<br />

teilnehmen sollten. Damals waren etwa fünfundzwanzig Westler im Ashram, und wir<br />

hatten noch nie gehört, daß <strong>der</strong> Meister so viele auf die Reise mitgenommen hätte.<br />

Aber nacheinan<strong>der</strong> gingen die Leute in den Westen zurück; und am ersten Juni waren<br />

nur noch zehn von uns da. Der Meister begann davon zu sprechen, daß er uns nach<br />

Kaschmir mitnehmen wolle; er neckte uns und machte uns die Sache schmackhaft,<br />

sagte aber nicht, wie das geschehen sollte, doch daß es so kommen würde.<br />

Am siebten Juni kannte unsere Freude keine Grenzen, als <strong>der</strong> Meister sagte, daß er<br />

zwei Autos für uns besorgt habe und wir am nächsten Morgen um 4 Uhr aufbrechen<br />

würden. Wir standen auf und brachten unsere Reisetaschen mit, um festzustellen,<br />

daß wir die einzigen waren, die bereitstanden. Voller Ungewißheit und Erwartung<br />

sahen wir die Sonne langsam über den Gebäuden das Ashrams aufgehen. Wir sahen<br />

den Meister auf <strong>der</strong> Dachterrasse, wo er sich ausgeruht hatte. Wir sahen, wie er sich<br />

aufsetzte und sein Haar kämmte, bevor er den Turban aufsetzte; dann trank er Tee.<br />

<strong>Die</strong> Klimaanlage im Wagen des Meisters funktionierte nicht; also hatte man den<br />

Wagen zur Werkstatt gebracht. So warteten wir im Haus des Meisters und sahen ihm<br />

233


eim Warten zu. Der Strom fiel aus und die Hitze war schon jetzt bedrückend. Um<br />

10:00 brachte man seinen Wagen zurück. Da es eine Woche dauern würde, um die<br />

Teile für die Reparatur <strong>der</strong> Klimaanlage zu bekommen, wollte er nun ohne Reparatur<br />

losfahren. Wir erfuhren gerade, daß unser Wagen zwei kaputte Reifen hatte und<br />

wegen irgend etwas an<strong>der</strong>em zur Werkstatt gebracht werden müsse, sobald die<br />

Reifen geflickt seien. Wir waren völlig entmutigt. Es schien, als ob wir mit Zug fahren<br />

müßten, wobei wir den Meister erst in Srinagar treffen würden, wo er in drei Tagen<br />

ankommen würde. Aber er hatte Mitleid mit uns, und mittags kam unser Wagen<br />

zurück und wir fuhren los.<br />

Und die Hitze war wirklich unglaublich! Der Meister hatte einem älteren Mann<br />

gesagt, daß er nach Srinagar fliegen müsse, da ihn die Hitze auf <strong>der</strong> Reise töten<br />

würde. Wir fanden heraus, daß er das wörtlich gemeint hatte. <strong>Die</strong> Luft verbrannte<br />

unsere Nasen beim Atmen; wir konnten die Fenster nicht öffnen, weil die Luft wie ein<br />

Feuersturm hereinwehte. Wenn wir eine Trinkpause einlegten, durchtränkten wir<br />

uns mit Wasser und machten auch die Kleidung naß. Es war vielleicht mehr als 60<br />

Grad heiß, zu heiß, um es sich vorstellen zu können o<strong>der</strong> um sich wirklich daran zu<br />

erinnern.<br />

Als wir um 1:00 nachts in dem kleinen Ashram in Pathankot ankamen, wartete <strong>der</strong><br />

Meister auf uns. Obwohl er dort unter dem Licht <strong>der</strong> Sterne lag, ließ er uns sofort zu<br />

sich kommen, als man ihm sagte, daß wir eingetroffen seien. Wir setzen uns um seine<br />

Liege, und er fragte jeden einzelnen: „Seid ihr noch lebendig, seid ihr nicht<br />

gestorben?“ Und er überreichte jedem eine Flasche Cola. Ohne seinen Turban und<br />

ohne Jacke sah er so unglaublich schön aus, er strahlte noch mehr seines Wesen aus<br />

und erfrischte uns zutiefst. Wir hatten uns so müde und abgezehrt gefühlt und waren<br />

nun auf wun<strong>der</strong>volle Weise regeneriert. Er sagte, daß wir nun zu Abend essen sollten<br />

(es war nun 2:00 morgens) und wir ihn morgen früh sehen würden. Ein paar Häuser<br />

weiter nahmen wir das Essen zu uns, weil er es gesagt hatte, und es war das<br />

köstlichste Essen aller Zeiten. Wir schliefen auf Feldbetten unter den Sternen und<br />

wurden um 4:30 aufgeweckt, um wie<strong>der</strong> aufzubrechen. Wir sahen den Meister um<br />

5:30, wie er den Menschen im Ort den liebevollsten Darshan gab; und kurz danach<br />

waren wir wie<strong>der</strong> im Wagen und fuhren hinter dem Meister her.<br />

<strong>Die</strong> zwei Autos mit den Westlern mußten in Jammu zum Zoll, und <strong>der</strong> Meister fuhr<br />

voraus. <strong>Die</strong>ser Tag war auch sehr heiß, aber nicht ganz so heiß wie <strong>der</strong> Tag vorher,<br />

und die Landschaft war unglaublich schön. <strong>Die</strong> Berge des Himalayas zwangen unsere<br />

alten Wagen zu einem Schneckentempo. Doch die Berge, die frisch ergrünten<br />

Reisfel<strong>der</strong>, die schönen Menschen und ihre hübschen Bergdörfer, all die Herden von<br />

Kühen, Ziegen, Pferden und Schafen – das war eine ganz neue Welt für uns. Ganga<br />

Ram trieb uns auf einmal zur Eile an. Es schien, als ob wir einen Einbahn-Tunnel<br />

durchqueren mußten, <strong>der</strong> die erste Hälfte des Tages in die eine Richtung und die<br />

an<strong>der</strong>e Hälfte in die an<strong>der</strong>e Richtung geöffnet sei. Das war die einzige Straße und wir<br />

waren spät dran. Es sah aus, als ob wir die Nacht auf dieser Seite des Tunnels<br />

verbringen müßten. Der Meister befand sich etwa eine Stunde vor uns; doch als wir<br />

am Tunneleingang ankamen (dort war eine Paßkontrolle) wartete er dort auf uns! Er<br />

hatte die Offiziere gebeten, den Tunnel für uns offenzuhalten – ein weiteres Beispiel<br />

seiner beständigen Fürsorge.<br />

Endlich kamen wir in Srinagar an, um den Meister im Erdgeschoß des Hauses von<br />

Jaswant Singh (er ist <strong>der</strong> Bräutigam in dem Film von Hazoor, <strong>der</strong> in den 40igern<br />

gedreht wurde) zu treffen. Er wartete in einem kleinen, sonnigen Raum auf uns, ganz<br />

entspannt, erholt und erfrischt und schaute uns ganz liebevoll an. Danach fielen wir<br />

in unsere Betten, ganz berauscht von <strong>der</strong> Vorstellung, unter demselben Dach wie<br />

unser Vater zu sein. Am nächsten Morgen gab er uns seinen Darshan in einem<br />

234


hübschen Raum mit großen Glasfenstern im ersten Stock; er gab uns das Gefühl, in<br />

den Baumkronen zu sein. Der Meister war so fröhlich und strahlend; wir waren<br />

glücklich jenseits aller Beschreibung. Er schickte uns zur Meditation zurück in unsere<br />

Zimmer; und er schickte uns Ganga Ram mit dem Essen. Ganga Ram sagte, daß <strong>der</strong><br />

Meister draußen sei; aber wir wollten ihn nicht stören – wir dachten, daß er vielleicht<br />

mit Schülern aus Kaschmir allein sein wollte. So gingen wir ganz langsam einen Weg<br />

hinab, <strong>der</strong> zu dem Garten führte, wo er saß, und dachten, wir könnten uns ganz<br />

unauffällig in einer Entfernung nie<strong>der</strong>setzen. Doch als <strong>der</strong> erste von uns den Garten<br />

betrat, schaute ihn <strong>der</strong> Meister lächelnd an. „Hallo“, sagte er, „wie geht’s? Du bist<br />

noch lebendig – nicht tot?“ Und er grüßte jeden einzelnen, als wir in den Garten<br />

kamen, und bat uns, nahe bei ihm zu sitzen. Er freute sich sehr, uns zu sehen; und er<br />

sah so bezaubernd schön aus, wie er da unter den Bäumen im Garten saß. Es wurden<br />

<strong>Fragen</strong> gestellt und <strong>Antworten</strong> gegeben; doch je<strong>der</strong> war ganz allein mit dem Meister.<br />

Am Abend saßen wir mit ihm unter den Bäumen in einer zeitlosen Seligkeit, als er<br />

uns fragte, ob wir die Stadt sehen wollten: „Sie ist sehr berühmt, die Menschen<br />

kommen von überall. Und sie ist auch von historischer Bedeutung – die alten<br />

Mogul-Herrscher waren hier.“ Wir dachten: „O nein! Bitte schick uns nicht fort!“<br />

Aber er ließ die Fahrer kommen und bat uns zu gehen. Welche eine Qual, diese<br />

Prüfung des Gehorsams! Wir besuchten liebliche Rosengärten und versuchten,<br />

fröhlich zu sein, aber wir fühlten uns wie bei einer Theatervorführung, nachdem wir<br />

gehörten hatten, daß unser Kind gestorben sei. Mit seiner Gegenwart kann man<br />

nichts vergleichen! Und als wir zurückkehrten, war er in seiner Barmherzigkeit sehr<br />

liebevoll zu uns.<br />

Am nächsten Morgen brachen wir um 6:00 Uhr zum Erholungsort Phalgham auf,<br />

etwa 3000 m hoch im Himalaya. Der Meister hielt in <strong>der</strong> ersten Ortschaft an und<br />

brachte uns köstliches Gebäck; er sagte, daß es eine Spezialität dieses Ortes sei und<br />

wir es essen sollten. Nach einer Stunde <strong>der</strong> Reise nach Phalgham brach unser Wagen<br />

plötzlich zusammen. (Er war schon dauernd am zusammenbrechen. Teile des<br />

Vergasers lagen die ganze Zeit im Handschuhfach. Es war Hayat Singhs Aufgabe, ab<br />

und zu auszusteigen und auf die Maschine einzuhämmern.) Als wir schließlich doch<br />

in Phalgham ankamen, trafen wir den Meister, als er auf einem Balkon vor seinem<br />

Zimmer im Naturaj Inn saß. Er war unbeschreiblich schön.<br />

Und <strong>der</strong> Abenddarshan war keinem an<strong>der</strong>en gleich. Er sprach ganz deutlich von<br />

sehr, sehr subtilen Dingen, und wir empfanden zutiefst, daß wir uns in <strong>der</strong> Gegenwart<br />

Gottes befanden, völlig frei vom Einfluß des Gemüts. Er beschrieb unsere Illusionen<br />

auf dieselbe Weise, wie es Plato vor 2500 Jahren ausdrückte, als ob wir in einer Höhle<br />

leben und nur Schatten <strong>der</strong> Wirklichkeit erblicken. Jemand bemerkte, daß er den<br />

Meister immer sehen wollte, wann das möglich sei, daß er aber nicht in das<br />

Privatleben des Meisters eindringen wollte. Der Meister sagte schroff: „<strong>Die</strong> Meister<br />

haben kein Privatleben. <strong>Die</strong> Menschen haben eine Privatsphäre – die Meister haben<br />

keine. Aber Respekt bedeutet, Anstandsregeln zu beachten. Ich will euch ein Beispiel<br />

geben. (Er machte eine Pause und dachte lange nach.) Nehmt an, ihr seid hierher<br />

gekommen, um ein paar nette Leute zu treffen. Doch wenn ihr dann immer aus dem<br />

Fenster schaut, beachtet ihr die Etikette, die Anstandsregeln nicht. (Er hielt inne.)<br />

Also schrieb ich meinem Meister und bat ihn um respektvolle Liebe. Ein<br />

intellektueller Mensch kann kommen und sich erfreuen. Er kommt zur rechten Zeit,<br />

er setzt sich nie<strong>der</strong> und ist ganz aufmerksam, er geht nach Hause und übt seine<br />

Meditation. Wohingegen einer, <strong>der</strong> vor Liebe verrückt ist, keine Gesetze kennt. <strong>Die</strong><br />

Welt kann nicht verstehen, warum er nicht richtig funktioniert – und er kann nicht<br />

ordentlich funktionieren. In dieser Tollheit kann er Ihn nicht verlassen, er möchte,<br />

daß <strong>der</strong> Meister nur ihn ansieht. Der intellektuelle Mensch erfreut sich ganz, er ist<br />

235


wirklich gehorsam. Aber einer, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Tollheit <strong>der</strong> Liebe verliert... ich möchte<br />

nicht sagen, daß <strong>der</strong> eine höher ist als <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ... ich spreche einfach über<br />

Etikette.“<br />

Jemand fragte ihn über das Trinken aus einem Becher, den ein an<strong>der</strong>er gerade<br />

benutzt hat. Wir sind uns solcher subtilen Dinge nicht so bewußt, aber beim Reisen<br />

mit unseren indischen Brü<strong>der</strong>n bemerkten wir, daß sie das sehr sorgfältig beachten.<br />

Der Meister sagte: „Wenn jemand an einer Seuche leidet, werdet ihr dann aus seinem<br />

Becher trinken? Ich denke nicht!“ (Der Meister sagte das mit großem Nachdruck.)<br />

“Ihr werdet die Ausstrahlung seiner Gedanken aufnehmen. Selbst wenn ihr nur an<br />

dem Ort sitzt, wo ein Mensch voller Begierden saß, werden genau diese Gedanken in<br />

euch aufkommen. Das sind ganz feine Punkte, die ich euch nun erkläre. Jeden Tag<br />

erhaltet ihr etwas Neues. Wenn sich eure Aufmerksamkeit auf die äußeren Dinge<br />

richtet, bekommt ihr diese Ausstrahlung. Aber ihr könnt an<strong>der</strong>e durch die<br />

Achtsamkeit eurer Seele beeinflussen, wenn ihr euer Selbst auf das Licht und den Ton<br />

einstimmt.“<br />

„Hier ist es sehr schön. <strong>Die</strong> Natur ist sehr inspirierend. Jemand sagte: ‚Wer keine<br />

Zeitung liest, ist gesegnet, denn er sieht die Natur und durch die Natur sieht er Gott.’<br />

So nahe bei Gott sollten wir uns dieses Anblicks erfreuen. Das Wasser strömt hier<br />

vom Berg herab. Daheim fließt es tief im Boden und wir müssen danach graben.“ Und<br />

<strong>der</strong> Meister war unser Berg.<br />

Der Sonntag des 10 Juni war ein Tag im Himmel. Zum Morgendarshan sprach <strong>der</strong><br />

Meister ganz wun<strong>der</strong>bar über Hingabe. Beim Abenddarshan brachte uns <strong>der</strong> Meister<br />

wie<strong>der</strong> mit seiner Schönheit zum Staunen. Jemand sang einen Bhajan, und <strong>der</strong><br />

Meister freute sich, klopfte auf die Füße o<strong>der</strong> nickte bei bestimmten Stellen.<br />

Manchmal rollten seine Augen nach oben, und er ging ein wenig nach innen. Nach<br />

dem Bhajan waren wir alle still und hatten keine <strong>Fragen</strong> mehr. So schaute uns <strong>der</strong><br />

Meister ganz lange an und begann dann mit einem ganz allgemeinen Vortrag: Über<br />

die Bedeutung des menschlichen Körpers und Selbsterkenntnis; die wahre Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Religion, daß die Aufmerksamkeit ein Ausdruck <strong>der</strong> Seele ist usw. Aber das spielte<br />

sich wie ein lebendiges Schauspiel vor unseren Augen ab. Wir waren nur dreißig, aber<br />

er zog uns zu sich und hielt uns dort fest.<br />

Der Montag war ein weiterer unglaublicher Tag. Der Meister hielt einen<br />

wun<strong>der</strong>baren Vortrag darüber, daß wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten<br />

kümmern sollten. Jemand stellte eine lange Frage auf Hindi, und <strong>der</strong> Meister<br />

antwortete: „Das habe ich nie gesagt. Ich habe gesagt, daß schwere Zeiten kommen<br />

werden, aber ich habe nie von Auflösung gesprochen. Ich weiß, daß das an<strong>der</strong>e gesagt<br />

haben, aber ich habe das bis jetzt nicht gesagt.“<br />

Beim Morgendarshan am <strong>Die</strong>nstag hielt er einen sehr intensiven Vortrag über die<br />

Macht <strong>der</strong> Gedanken. Und am Nachmittag fand ein unbeschreibliches Picknick statt;<br />

wir nannten es „Hazurs Picknick.“ Um die Mittagszeit folgte dem Meister eine<br />

Karawane von Autos eine gewundene Straße hinab, die einem rauschenden Fluß<br />

folgte. Wir verließen den Wagen an einer hochgelegenen Wiese bei einem großen<br />

Baum, an dessen Fuß <strong>der</strong> Meister saß. Er sah unbeschreiblich aus. Wir aßen zu Mittag<br />

und dann schickte uns <strong>der</strong> Meister fort, um zu meditieren und uns an <strong>der</strong> Natur zu<br />

erfreuen und um 16:00 zum Tee zurückzukommen. Als wir zurückkehrten (wir<br />

konnten nur bis 15:00 warten), sahen wir ihn, wie er durch einen Feldstecher blickte.<br />

Er schaute auf einen bergigen Platz unter Pinien hoch drüben auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Straßenseite. Später wurde uns gesagt, daß das genau <strong>der</strong> Platz war, wo <strong>der</strong> Meister<br />

vor fünfunddreißig Jahren mit seinem Sohn Darshan und Hazoor bei einem Picknick<br />

saß. Sie waren auf Pferden unterwegs, Hazoor war damals 80 Jahre alt. Es war eine<br />

ganz beson<strong>der</strong>e Schwingung in <strong>der</strong> Luft. So wun<strong>der</strong>bar, daß man es gar nicht<br />

236


eschreiben kann, obwohl wir erst später die ganze Geschichte herausfanden. Viele<br />

Bhajans wurden gesungen, und <strong>der</strong> Meister fragte uns: „Könnt ihr nicht auch etwas<br />

singen?“ Jemand sang ein Gedicht, daß <strong>der</strong> Meister 1927 geschrieben hatte, als er die<br />

Vision von Hazurs Tod erlebte. Darshan übersetzte es für uns. Es war sehr bewegend<br />

– wir weinten alle, manche schluchzten, und auch <strong>der</strong> Meister hatte Tränen in den<br />

Augen.<br />

Am Mittwoch fuhren wir nach Srinagar zurück und hielten in einem alten<br />

Mogul-Garten für ein Picknick-Mittagessen. Nach dem Essen for<strong>der</strong>te uns <strong>der</strong><br />

Meister auf, die Natur zu genießen; und obwohl wir viel lieber bei ihm geblieben<br />

wären, mußten wir gehorchen. So wandelten wir lustlos im Garten umher und<br />

vermißten ihn. Doch plötzlich sahen wir, daß er auch gekommen war und direkt vor<br />

uns stand! Er ging über eine kleine Brücke, die einen Bach überspannte und stand da<br />

lächelnd im Sonnenlicht – was für eine unglaubliche Pracht! Zu Jaswant Singhs Haus<br />

zurückgekehrt wohnten wir im zweiten Stock; direkt unter uns im ersten Stock war<br />

<strong>der</strong> Meister. Es war wie im Paradies – wenn wir die Treppe hinuntergingen, sahen wir<br />

den Meister, wie er auf seinem Bett saß. O<strong>der</strong> wenn wir in dem verglasten Raum<br />

meditierten, <strong>der</strong> an seine Räume grenzte, dann kam er herein und fragte, wie es uns<br />

ging.<br />

Man sagte uns, daß ein Teil <strong>der</strong> <strong>Mission</strong> des Meisters in Kaschmir die Aufgabe war,<br />

die Vertreter <strong>der</strong> Bezirksregierung mit dem Manav Kendra vertraut zu machen. Und<br />

wir begleiteten ihn zu einer Anzahl von Terminen, wo er vom Manav Kendra und<br />

natürlich auch über den Pfad <strong>der</strong> Meister sprach. Zweimal wurden wir zu schönen<br />

Teepartys im Freien eingeladen. Nach dem Tee sollte <strong>der</strong> Meister sprechen und sich<br />

dann mit Regierungsvertretern zu privaten <strong>Gespr</strong>ächen treffen. Wir konnten den<br />

Meister gut beobachten, wie er kam und ging, da uns <strong>der</strong> Tee im Garten serviert<br />

wurde. Am Samstagabend war ein öffentlicher Satsang in Srinagar. Wir waren so<br />

lange physisch ganz nahe beim Meister gewesen, daß es nun eine ganz neue<br />

Erfahrung war, ihn fünfzehn Meter weit weg auf <strong>der</strong> Bühne zu erleben. Das Auge<br />

konnte ihn so ganz erfassen, und er war so schön, so wun<strong>der</strong>schön. Seine Hände<br />

schufen das Universum und zogen es wie<strong>der</strong> zurück, nahmen es von Gott und gaben<br />

es uns, wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong> und erneut. Er saß in einem großen Ohrensessel gleich<br />

neben einem Raja; und <strong>der</strong> Unterschied zwischen dem Herrn des Universums und<br />

dem irdischen König war unermeßlich.<br />

Am Sonntagmorgen wurde in dem Raum, in dem wir immer den Darshan<br />

bekommen hatten, eine Initiation gegeben. Also setzte uns <strong>der</strong> Meister draußen in<br />

Meditation. Der Meister war so entspannt und fröhlich; im Licht <strong>der</strong> Sonne sah er<br />

immer so beson<strong>der</strong>s liebenswert aus. Er gab die Meditationsanweisungen auf Hindi;<br />

er neckte uns, indem er uns einen Satz sagte und dann pausierte, um zu schauen, ob<br />

wir ihn verstanden hatten. Er war so liebevoll.<br />

Am Montag sagte man uns, daß wir nun nach Delhi aufbrechen sollten, um den<br />

Meister dort in drei bis fünf Tagen zu erwarten. Was für ein schreckliches Schicksal!<br />

Aber in seiner unendlichen Gnade ließ uns <strong>der</strong> Meister nach Gulmarg kommen,<br />

wohin er mit einer kleinen Gruppe gereist war, um sich des abgelegenen Fleckens zu<br />

erfreuen. Als wir dort am <strong>Die</strong>nstagmorgen ankamen, gingen wir gleich ins Zimmer<br />

des Meisters, wo er auf einem Bett saß, in eine Decke gehüllt. Er schaute sehr ernst<br />

und majestätisch aus – und verteilte Blumen. Wir fanden Platz zu seinen Füßen vor<br />

dem Bett und wagten kaum zu hoffen, daß er uns welche geben würde. Doch er tat es<br />

– aus einem lieblichen Strauß Wildblumen bekam je<strong>der</strong> von uns eine Blume.<br />

Nachdem je<strong>der</strong> die seine erhalten hatte, blieb dem Meister eine rein weiße Lilie, die er<br />

ganz intensiv anschaute und dann seinem Sohn Darshan reichte. Solch ein stiller und<br />

bewegen<strong>der</strong> Augenblick! Er verbrachte den ganzen Tag draußen unter den Bäumen.<br />

237


Dort war in einem klaren Bach eine kleine Insel voller Blumen, wo ein paar von uns<br />

meditierten.<br />

Wir verließen Srinagar ganz früh am 20. Juni. Das Wetter war kühl und die Fahrt<br />

war angenehm bis auf eine Sache: unser Wagen, <strong>der</strong> alte Kombi aus dem Manav<br />

Kendra, hatte ein großes Loch zum Motorraum, aus dem Rauchschwaden in den<br />

Innenraum drangen. Wir konnten uns kaum ausruhen, da wir oft die Plätze wechseln<br />

mußten. Der Wagen des Meisters war neuer und schneller und fuhr so immer ein<br />

ganzes Stück voraus. Als wir endlich ein kleines Restaurant zum Mittagessen<br />

erreichten, empfanden wir große Freude und Dankbarkeit, als wir sahen, daß <strong>der</strong><br />

Meister schon da war. Wie erhaben und majestätisch sah er aus, als er unseren<br />

Wagen ganz ernst musterte – erst inspizierte er die Vor<strong>der</strong>sitze, dann die Rücksitze<br />

und dann ging er langsam um den Wagen herum. Danach hatten wir zwei ganz Tage<br />

lang völlige Ruhe vor diesem Rauch, <strong>der</strong> uns so zugesetzt hatte.<br />

In dieser Nacht erlebten wir einen wun<strong>der</strong>baren Satsang in Jammu. Danach wurden<br />

uns das Abendessen im Freien gereicht und zuletzt rief man uns zum Meister. Wir<br />

dankten ihm, daß er uns nach Kaschmir mitgenommen hatte, und er sagte ganz ernst:<br />

„Ganz ehrlich gesagt, war es nicht sehr bequem; aber Liebe kennt keine Last.“ O<br />

Meister, wie können wir Dir jemals danken, daß Du all diese Last auf dich genommen<br />

hast?<br />

Ruhani Newsletter, Volume 1, No 2, 1975, Kirpal Sandesh 2009<br />

<br />

GESPRÄCH DES MEISTERS IN KASCHMIR<br />

Phalgham, 11. Juni 1973<br />

Ein Langstreckenrennen ist in Gang. Je<strong>der</strong> läuft, um das Ziel zu erreichen. Was sollen<br />

wir tun? Wir sollten unser Bestes tun, um das Ziel zu erreichen und wenn möglich,<br />

<strong>der</strong> Erste sein, <strong>der</strong> es erreicht, um den ersten Preis zu gewinnen. Wenn ihr einmal auf<br />

den Weg gestellt worden seid - hört alle zu, macht eure Ohren auf! - dann schaut nicht<br />

mehr nach links o<strong>der</strong> rechts, achtet nicht auf jene, die von hinten herankommen,<br />

vergleicht euch nicht einmal mit einem, <strong>der</strong> vor euch läuft. Tut euer Bestes, um das<br />

Ziel zu erreichen. Wenn ihr jenen helft, die zurückliegen, dann werdet ihr<br />

aufgehalten. Kümmert euch nicht darum, wer mit euch läuft - lauft einfach vorwärts,<br />

schaut nicht nach links o<strong>der</strong> rechts. Versteht ihr? Das ist ein Beispiel, um euch zu<br />

zeigen, was ihr tun sollt. Wenn ihr einmal auf den Weg gestellt worden seid, dann<br />

kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten! Ich gebrauche strenge Worte:<br />

kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Wünscht allen Menschen Gutes,<br />

das ist in Ordnung, aber kümmert euch nur um euren eigenen Fortschritt.<br />

Darum schreibe ich allen: "Bezüglich <strong>der</strong> spirituellen Dinge seid ihr direkt mit mir<br />

verbunden." Keiner sollte zwischen dem Initiierten und dem Meister stehen, soweit<br />

es spirituelle Dinge betrifft. Wir versuchen an<strong>der</strong>en unter eigenen Opfern zu helfen.<br />

Versucht das Ziel zu erreichen; und wenn euch dann diese Arbeit gegeben wird, dann<br />

macht weiter und tut sie. Manche Menschen beginnen an<strong>der</strong>en zu helfen - das ist eine<br />

gute Sache - aber es hat zur Folge, daß sich ihr Fortschritt verzögert und sie bankrott<br />

gehen. Kümmert euch also um eure eigenen Angelegenheiten. Wenn ihr seht, das<br />

238


einer vorankommt, nun gut, dann geht eben auch ihr vorwärts! Der Eine, <strong>der</strong> für die<br />

Initiation verantwortlich ist, dessen Aufgabe ist es, allen zu helfen. Wenn ihr einmal<br />

das Ziel erreicht habt, dann mag euch diese Aufgabe übertragen werden, wenn ihr<br />

dazu als fähig erachtet werdet, aber sonst nicht. Versteht ihr, was ich damit sagen<br />

will?<br />

Wenn einer, <strong>der</strong> selbst gerade in einem Brunnen ertrinkt, an<strong>der</strong>en erzählt: "Ihr<br />

könnt da herauskommen, wenn ihr erst diesen und dann jenen Weg geht"; wie sieht<br />

das denn aus? Wenn ihr auf die gleiche Weise im Brunnen <strong>der</strong> Welt ertrinkt und<br />

an<strong>der</strong>e führt, die in <strong>der</strong> gleichen Notlage sind, wie steht ihr dann da? Wir ertrinken<br />

im Brunnen des Körpers. Und auch wenn wir aus ihm herauskommen, sollten wir<br />

weitergehen und das Ziel erreichen. Versteht ihr? Denkt daran, das ist eure ganz<br />

persönliche Aufgabe. Manchmal zögern wir auf dem Weg ein wenig, und das Ergebnis<br />

ist ein langsamer Fortschritt. Selbst jene, die fortschreiten, können ihren zukünftigen<br />

Fortschritt verzögern. Natürlich können sie an<strong>der</strong>e eine Weile führen, aber das ist<br />

keine vollkommene Führung. Das ist die Aufgabe des Meisters. Wenn er sagt, daß ihr<br />

an<strong>der</strong>en helfen sollt, dann ist es in Ordnung, dann tut es. Aber wenn er es euch nicht<br />

sagt, dann tut es auch nicht. Ihr alle, die ihr auf dem Weg seid, versucht bitte zu<br />

verstehen, was ich sage - das ist ein sehr wichtiger Punkt, den ich da nun berühre. Das<br />

ist etwas, das im allgemeinen unserem Fortschritt im Weg steht. Ihr müßt erst diese<br />

Stufe erreichen. Erreicht zuerst diese Stufe, dann mögt ihr dazu bestimmt werden,<br />

an<strong>der</strong>e zu lehren. Wir beginnen auf eigene Faust, an<strong>der</strong>en zu helfen, aber diese<br />

Führung ist unvollkommen, und auch unsere Zukunft verschlechtert sich.<br />

Frage: Könntet Ihr erklären, was gemeint ist, wenn Ihr sagt, wir sollen an<strong>der</strong>en<br />

nicht helfen?<br />

Der Meister: Versucht den Sinn von dem zu verstehen, was ich euch sage. Ich sage<br />

nie, daß ihr an<strong>der</strong>en nicht helfen sollt. Es gibt so viele an<strong>der</strong>e Wege, zu helfen, aber<br />

auf spirituelle Weise könnt ihr es nicht. Ihr ertrinkt bereits im Brunnen, wie könnt ihr<br />

da an<strong>der</strong>e führen?<br />

Frage: Was meint Ihr mit "auf spirituelle Weise"? Wenn wir sagen, was man in <strong>der</strong><br />

Meditation tun soll?<br />

Der Meister: Wenn ihr die Initiation einmal erhalten habt, dann geht zum Meister!<br />

Ihr habt meine <strong>Gespr</strong>äche, ihr habt meine Tonbän<strong>der</strong> - wendet euch ihnen zu. Aber<br />

wenn ihr <strong>der</strong> Handelnde seid, dann ist eure Aufmerksamkeit dabei, ihr werdet <strong>der</strong><br />

Lehrer, euer kleines Ich beschmutzt sich und euer Fortschritt verzögert sich. Werdet<br />

also nicht zum Lehrer. Wenn <strong>der</strong> Meister etwas sagt, dann könnt ihr es wie<strong>der</strong>holen.<br />

Es gibt einen großen Unterschied zwischen diesen beiden Handlungsweisen. Ihr<br />

könnt sagen: "Der Meister hat die Frage wie folgt beantwortet." Das bewirkt, daß viele<br />

das Ziel erreichen. Der Hase rennt schnell; <strong>der</strong> erste, <strong>der</strong> zweite und <strong>der</strong> dritte<br />

erhalten einen Preis.<br />

Darum sagte Lord Krishna: "Von Tausenden kommt einer zu mir; einer wird auf<br />

den Weg gestellt." An<strong>der</strong>en Gutes zu wünschen hat damit nichts zu tun. <strong>Die</strong> Bücher<br />

sind voll mit den Lehren, da seid ihr nicht <strong>der</strong> Handelnde. Aber das Gemüt ist ein<br />

trügerischer Freund. Wenn ihr für jemanden etwas tut und euch glücklich dabei fühlt<br />

- "Ich habe ihm etwas beigebracht!" - wird euer Handeln dadurch beschmutzt.<br />

Versucht also zu verstehen, was ich sagen will: vergleicht euch nicht, kümmert euch<br />

um eure eigenen Angelegenheiten. Wenn nicht, dann beschmutzt ihr alles. Manchmal<br />

denkt ihr vielleicht, daß euch einer überlegen ist, er über euch steht. Warum? Warum<br />

239


sollten jene, die auf dem Weg sind, vergleichen, wer vor ihnen ist o<strong>der</strong> zurückliegt?<br />

Geht einfach vorwärts! Durch Vergleiche entsteht manchmal Schlechtes. Wir setzen<br />

an<strong>der</strong>e herab und müssen dafür bezahlen. Wenn ihr in einem Rennen mitmacht,<br />

dann lauft los - lauft, lauft und lauft! Erreicht das Ziel. Von einem, <strong>der</strong> das Ziel<br />

erreicht, <strong>der</strong> zum Höchsten gelangt, von dem sagt je<strong>der</strong>: "Oh, er hat gewonnen!" <strong>Die</strong><br />

Worte des Meisters sind knapp, aber voller Bedeutung.<br />

In meinem Leben habe ich zwei Menschen in Indien und zwei außerhalb Indiens<br />

gesehen, die ein wenig fortgeschritten waren und sich aber damit hervortaten. Und<br />

<strong>der</strong> Meister schickte sie fort. Jeden Tag kommt einer und sagt: "Nun, ich weiß ein<br />

wenig mehr... ihr solltet also das und das tun." Seht ihr? Versteht ihr, was ich sagen<br />

will? Das heißt, er wird ein Lehrer und das bringt euch eine Weile von eurem eigenen<br />

Meister ab. Manchmal sagen die Leute sogar: "Der und <strong>der</strong> ist sehr fortgeschritten."<br />

Darum sage ich immer, vergleicht nicht. Geht vorwärts. Fliegt mit eurem eigenen<br />

Flugzeug. Versucht es und schaut, daß euer Flugzeug als erstes ankommt.<br />

Frage: Manchmal machen bestimmte Menschen einen Fortschritt...<br />

Der Meister: Das ist genau das, was ich euch gerade erklären will: je<strong>der</strong> Vergleich<br />

steht euch im Weg. Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Wenn <strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

die Lampe trägt, an<strong>der</strong>en Licht gibt, aber selbst in <strong>der</strong> Dunkelheit steht, was dann?<br />

Du hast deinen Ehemann. Gott hat ihn dir gegeben. Wenn ein an<strong>der</strong>er auftaucht, <strong>der</strong><br />

deinem Ehemann gleicht, was dann? Habt Achtung für alle, das ist in Ordnung, aber<br />

hört auf das, was euer Meister sagt. Das ist unser Fehler. Wir verkaufen an<strong>der</strong>en das,<br />

was süß ist, und was bleibt uns selbst zum Trinken übrig? Bitterkeit. Warum essen<br />

wir die Süßigkeiten nicht selbst? Ob einer besser, gut o<strong>der</strong> schlecht ist, ER ist da, um<br />

auf ihn zu achten. Was auch immer ein Mensch sät, das muß er auch ernten. Keiner<br />

entkommt, auch die Inkarnationen und Heiligen sind nicht frei davon.<br />

Ich erkläre es euch wie eine Wissenschaft, warum ihr diese Fehler nicht machen<br />

sollt. Versteht, das ist das Wichtigste. Darum gibt euch das Sitzen bei einem Meister<br />

mehr, als ihr in Hun<strong>der</strong>ten von Jahren lernen könnt. Das sind ganz einfache Dinge,<br />

die ich euch da erkläre. Wenn euer Haus brennt, was ist dann eure Pflicht? Zu fragen,<br />

warum das Haus brennt o<strong>der</strong> wer es angezündet hat? Geht erst hinaus! Lauft, lauft,<br />

lauft! Das ist alles. Aber wißt ihr, was wir tun? Wir wollen an<strong>der</strong>e fuhren. Ein<br />

Intellektueller kann uns nur soweit fuhren, wie sein Wissen reicht. Aber als erstes<br />

sollten wir aus diesem Gefängnis des Körpers hinausgelangen. Dort beginnt dann das<br />

ABC. Das Reich Gottes wird nicht durch äußeres Handeln erlangt, das Reich Gottes<br />

ist in euch.<br />

Das ABC beginnt, wenn ihr euch über das Körperbewußtsein erhebt. Lernt zu<br />

sterben, damit ihr zu leben beginnt. Erhebt euch, überschreitet den Körper. Jene, die<br />

nicht hier sind (<strong>der</strong> Meister zeigt auf den Punkt zwischen den Augenbrauen), dich<br />

nicht hierher gelangen, verbrennen dort drunten, von den äußeren <strong>Die</strong>ben gefangen.<br />

Erhebt euch dahin, wo die Religionen beginnen, wo das ABC <strong>der</strong> Religionen seinen<br />

Anfang nimmt. Einer hat sich nicht erhoben, nun gut, er hat es eben nicht getan.<br />

Schön und gut! Habt ihr euch erhoben? Ein an<strong>der</strong>er fällt, er lügt, er tut dies und jenes.<br />

Was ist mit euch? Wer einen Menschen unter seine Obhut genommen hat, <strong>der</strong> ist<br />

verantwortlich; er sorgt für ihn. Wenn ihr einmal in die Obhut des Meisters gelangt<br />

seid, dann ist er verantwortlich.<br />

Bevor ich hierherkam, habe ich einen Brief beantwortet: jemand behauptet, er habe<br />

das Ziel erreicht und Anweisungen bekommen. Ich sagte ihm: "Das entzieht sich<br />

meiner Kenntnis - aber wenn du das tun willst, dann tue es. Das mußt du selbst<br />

verantworten." Ich wünsche euch allen Fortschritt. <strong>Die</strong> Aufgabe des Meisters ist sehr<br />

240


schwierig. Er ist in diesem Leben und auch in dem an<strong>der</strong>en für euch verantwortlich.<br />

Das hat nichts mit Buchwissen o<strong>der</strong> intellektuellem Ringen zu tun. Wissen ist gut. Es<br />

gibt ein Wissen von <strong>der</strong> Welt, ein Wissen über den Körper, ein Wissen von den<br />

Krankheiten, ein Wissen über so viele Dinge. Aber von allem Wissen ist das Wissen<br />

über unser Selbst das Höchste. Mit dem Wissen vom Selbst könnt ihr in je<strong>der</strong><br />

Wissenschaft, <strong>der</strong> ihr euch zuwendet, Erfolg haben. Denkt also gut über das nach, was<br />

ich euch sage.<br />

Frage: Darf ich eine Frage stellen?<br />

Der Meister: Nicht eine - Hun<strong>der</strong>tundeine! Ich will sie nach meinem besten Wissen<br />

beantworten. Ja, bitte.<br />

Frage: Angenommen, jemand kommt zu mir und ich erkenne, er ist gottberauscht.<br />

Wenn ich das klar erkenne und erhoben werde, ohne daß er ein Wort sagt, habe ich<br />

dann das Recht, ihn zu fragen: "Bru<strong>der</strong>, willst du mich ein wenig führen, damit ich dir<br />

ähnlicher werden kann?"<br />

Der Meister: Das bedeutet, daß du zu deinem Meister kein Vertrauen hast und<br />

nichts gewinnen wirst!<br />

Frage: Oh! Dann sollte ich ihn das also nicht fragen?<br />

Der Meister: Warum fragst du nicht deinen Meister? Wofür ist er denn da? Heißt<br />

das, daß dein Meister nicht fähig ist, dir etwas zu geben? Ist er, <strong>der</strong> dir bisher soviel<br />

auf dem Weg gegeben hat, nicht kompetent, dir mehr zu geben?<br />

Frage: Aber wenn wir das alle täten, hättet ihr keine Zeit mehr, auch nur einen<br />

Atemzug zu tun.<br />

Der Meister: Angenommen, ich nehme dich als meinen Meister an. Ich würde nur<br />

dann einen an<strong>der</strong>en um Hilfe bitten, wenn ich glaube, daß du unfähig bist. Soami<br />

Shiv Dayal Singh saß einmal bei Ergebenen. Da kam ein Mann, <strong>der</strong> auf einer<br />

Pilgerfahrt war. Einer <strong>der</strong> Ergebenen packte den Mann am Kragen und sagte: "Schau,<br />

beuge dich hier vor dem Meister nie<strong>der</strong>. Hier ist <strong>der</strong> wahre Meister, das ist die wahre<br />

Pilgerfahrt."<br />

Aber Soamiji sagte, daß dies falsch sei; und er gab ihnen das Beispiel eines Mannes,<br />

<strong>der</strong> seinem Meister ganz ergeben war und gerade in einem Fluß am Ertrinken war. Es<br />

gab keine Hilfe. Da tauchte plötzlich eine Hand zu seiner Hilfe auf: "Komm, ich helfe<br />

dir." Der Ertrinkende fragte: "Wer bist du?" "Ich bin Gott." "Ich will von niemandem<br />

Hilfe, es sei denn von meinem Meister." Dann er schien eine an<strong>der</strong>e Hand: "Komm,<br />

ich will dir helfen." "Wer bist du?" "Ich bin <strong>der</strong> Prophet Mohammed." "Ich will deine<br />

Hilfe nicht. Ich will nur meinen Meister." Erst dann erschien mein Meister und<br />

rettete ihn.<br />

Der Grund, warum wir auf an<strong>der</strong>e schauen, ist ein Mangel an Liebe für unseren<br />

Meister. Ob es dem Meister an etwas ermangelt, das ist eine an<strong>der</strong>e Frage. Aber <strong>der</strong><br />

Meister ist ein Meister. Wenn <strong>der</strong> Meister nur die erste Klasse erreicht hat, kann er<br />

euch nur bis dahin führen. Wenn er das Abitur hat, kann er euch bis zu dieser Stufe<br />

führen. Ein Mensch kann an<strong>der</strong>en nur in dem Maße helfen, wie er sich selbst<br />

entwickelt hat. Es gibt also die Frage nach Meistern und "Meistern". Nicht alle<br />

sogenannten Meister sind wirklich Meister. Nicht alle Gurus sind Gurus.<br />

241


Sie haben sich nach ihrem Vermögen erhoben. Darum wurde euch das Kriterium<br />

<strong>der</strong> fünf Namen als Test gegeben. Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> im Innern vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung dieser<br />

Namen besteht, erhebt sich zum Höchsten. Nur die Geladenen Namen können vor<br />

negativen Einflüssen im Innern bewahren. Im Inneren gibt es mehr Täuschung als im<br />

Äußeren. Maulana Rumi leitet uns: "Geht den Weg nicht ohne Führer." Er birgt viele<br />

Gefahren und Nie<strong>der</strong>lagen.<br />

Wir haben eine Regierung im Äußeren, aber es gibt sie auch auf einer höheren<br />

Ebene. Alle Meister, die die irdische Bühne verlassen haben, helfen ihren Anhängern<br />

durch den einen Pol, <strong>der</strong> auf Erden wirkt.<br />

Lord Krishna erschien so vielen. Als ich in Lahore war, kam ein Mann zu mir, und<br />

nachdem er meine Rede gehört hatte, sagte er, daß er Lord Krishna im Innern<br />

gesehen habe. Ich sagte zu ihm: "Nun gut, wenn du Lord Krishna wie<strong>der</strong> triffst, dann<br />

frage ihn, was du nun tun sollst." Lord Krishna war auch ein Ergebener des Shabda<br />

Yoga. Seine Aufgabe war eine an<strong>der</strong>e - das ist in Ordnung, aber wir achten ihn. Später<br />

berichtete mir dieser Mann, daß er Lord Krishna im Innern gesehen hatte und er ihm<br />

gesagt habe: "Wenn du schon zu ihm gegangen wärest, hätte ich nicht zu dir kommen<br />

brauchen." Dort herrscht eine ordnungsgemäße Regierung. <strong>Die</strong> Leute denken, daß es<br />

wie die Wahl eines Präsidenten o<strong>der</strong> Premierministers ist - das wird nicht durch eine<br />

Wahl entschieden. Schlauheit hilft euch da nicht.<br />

Versteht ihr, was ich heute sagen will? Der Mann im Brunnen kann nicht an<strong>der</strong>e<br />

führen. Er kann nur sagen, versucht dies und jenes, aber er wird nicht in <strong>der</strong> Lage<br />

sein, euch wirkliche Führung zu geben. Wenn sein eigenes Haus brennt, wie kann er<br />

da irgendeinem an<strong>der</strong>en helfen, aus einem brennendem Haus herauszukommen?<br />

Kümmert euch also um eure eigenen Angelegenheiten. Welche Wahrheit verbirgt sich<br />

dahinter? Mit ganz einfachen Worten gesagt: habt Achtung für alle. Wenn die<br />

an<strong>der</strong>en nicht gut sind, ich meine die sogenannten Meister, nun gut, das ist dann ihr<br />

Schicksal - betet für sie, das ist alles. Vergleicht nicht. Jene, die das Recht dazu haben;<br />

jene, die am höchsten stehen, sie mögen dieses Recht haben - aber sie bitten uns,<br />

nichts zu sprechen, das gegen jemand gerichtet ist, noch die Achtung für jemand zu<br />

verlieren. Das ist sehr notwendig. Wenn wir den Respekt verlieren, sind wir die<br />

Verlierer. Das ist ein sehr schwieriger Punkt.<br />

Ich wäre glücklich, wenn mehr Gebende da wären. Meine Aufgabe würde leichter<br />

sein. Doch wer kann geben? Als sich Guru Nanak anschickte, die irdische Ebene zu<br />

verlassen, fragten ihn die Menschen: "Wie können wir dich wie<strong>der</strong>finden?" Er gab ein<br />

sehr gutes Beispiel: "Euer Freund ist immer da. Würdet ihr ihn nicht achten, wenn er<br />

in an<strong>der</strong>en Klei<strong>der</strong>n kommt?" Es gibt da ein sehr strenges Gesetz. Als mich mein<br />

Meister beauftragte, zu den Menschen zu sprechen, da bat ich ihn: "Gebt mir diese<br />

Aufgabe nicht. Gebt mir irgendeine an<strong>der</strong>e Arbeit. Das ist sehr freundlich von Euch,<br />

aber gebt mir bitte eine an<strong>der</strong>e Arbeit." Er fragte mich: "Warum?" Ich antwortete:<br />

"Weil es den, <strong>der</strong> voller Achtung zu Euch aufschaut, belastet. Und wieviel habe ich<br />

schon bekommen?" Dann sagte er: "Wenn ich meine Hand über dich halte", und er<br />

streckte seine Hand aus, "warum hast du dann Angst?" Wenn ihr an den Meister<br />

denkt und alles im Namen des Meisters tut und ihr nicht <strong>der</strong> Handelnde seid, dann<br />

seid ihr gerettet. Ein unbedeuten<strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> beginnt, Reden zu halten, denkt im<br />

Innersten seines Herzens, daß er <strong>der</strong> Meister ist. Er sagt, er sei sehr demütig, aber in<br />

seinem Herzen empfindet er sich als etwas Beson<strong>der</strong>es. Wenn er auf diese Weise zu<br />

denken beginnt, belastet die ganze Schuldschrift sein Bankkonto.<br />

Liebe Freunde, versteht ihr das heutige <strong>Gespr</strong>äch? Rettet euch selbst. Kümmert<br />

euch um eure eigenen Angelegenheiten. Gott wird euch segnen. Ihr nehmt an dem<br />

Rennen teil. Kommt als erste an. Schaut nicht nach links o<strong>der</strong> rechts, wer schneller ist<br />

o<strong>der</strong> zurückfällt. Wünscht allen Menschen Gutes. Betet zu Gott: "Friede sei auf <strong>der</strong><br />

242


ganzen Welt, nach Deinem Willen, o Gott." Nach Deinem Willen. Das ist Gurus<br />

Nanaks Gebet: "Laß alle zu Dir gelangen, o Gott, hilf allen, Dich zu finden." Tausende<br />

betreten den Weg. <strong>Die</strong> meisten fallen auf dem Weg. <strong>Die</strong> meisten - nicht nur ein paar,<br />

die meisten. Von diesen Tausenden erreicht einer das Ziel, die an<strong>der</strong>en kommen zu<br />

spät. Ihr solltet also nur dann etwas tun, wenn Er es möchte und niemals selbst etwas<br />

dafür beanspruchen. Wenn ihr einen Meister habt, dann tut, was er sagt. Liebt alle -<br />

sie sind auf dem Weg, sie laufen auch. Wenn Gott will, daß sie die ersten sind, dann<br />

werden sie es sein. Seid nicht <strong>der</strong> Handelnde.<br />

Ihr müßt den Inhalt dieser Worte durchdenken. Darum betone ich, daß ich kein<br />

Redner bin, aber wenn eine Frage auftaucht, wird sie gründlich erörtert. Dankt Gott.<br />

Versteht ihr? Dann kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Macht mit<br />

euren Meditationen weiter, je<strong>der</strong> auf seine eigene Weise. Ihr mögt für an<strong>der</strong>e beten,<br />

das ist in Ordnung. Er wird einem jedem helfen. Aber betet zu Ihm, <strong>der</strong> allen etwas<br />

geben kann. Und versichert euch, daß nicht ihr die Gebenden seid.<br />

Kirpal Sandesh 1,1990<br />

<br />

HABT IHR ZUGEHÖRT?<br />

Das ist eines <strong>der</strong> Darshan-<strong>Gespr</strong>äche, die <strong>der</strong> Meister während <strong>der</strong><br />

Vormittagsstunden in den Tagen vor <strong>der</strong> Unity-of-Man-Konferenz Ende Januar,<br />

Anfang Februar 1974 gegeben hat. Sie fanden im Sawan Ashram in einem Raum<br />

gegenüber dem Haus des Meisters statt. Der Meister ging auf alle <strong>Fragen</strong> <strong>der</strong><br />

Schüler aus dem Westen ein und bat sie dann, bis Mittag zu meditieren. Nach<br />

dem Ende dieser <strong>Gespr</strong>äche, die etwa von 9:00 bis 10:00 dauerten, hielt <strong>der</strong><br />

Meister Satsang für die indischen Schüler, die sich inzwischen vor seinem Haus<br />

versammelt hatten.<br />

Frage (von einem Deutschen schriftlich gestellt): Da ich nicht Englisch spreche,<br />

wäre es dann nicht besser, ich würde in meinem Zimmer bleiben und meditieren,<br />

statt für den Darshan hierherzukommen?<br />

Der Meister: Wenn Sie am Feuer in <strong>der</strong> Form eines geladenen Körpers sitzen, ist das<br />

nicht wirksamer, als zu überlegen, wie man ein Feuer entzündet und unterhält und<br />

wie ein Körper durch Elektrizität aufgeladen werden kann? Zum Beispiel sehe ich<br />

euch o<strong>der</strong> ihr seht mich. Ich schaue hierhin und dorthin, überallhin, aber wenn einer<br />

aufmerksam und empfänglich ist, erhält er mehr. Wenn ihr jemanden voller<br />

Empfänglichkeit anseht und euch dabei selbst vergeßt - das ist Darshan. Ein solcher<br />

Darshan ist wirksamer, gibt euch mehr Geladenheit als Hun<strong>der</strong>te von Meditationen.<br />

In Punjabi gibt es zwei Worte: das eine bedeutet, den Darshan zu erhalten, das an<strong>der</strong>e<br />

besagt, in den Darshan vertieft zu sein - Pershan. Werdet also empfänglich, und wenn<br />

ihr schaut, werdet ihr alle äußeren Formen vergessen. Auge spricht zu Auge. Das<br />

bedeutet, daß <strong>der</strong> beseelte Blick eines gottberauschten Menschen eine tiefere<br />

Wirkung als Hun<strong>der</strong>te von Meditationen auf euch hat.<br />

<strong>Die</strong> Menschen haben Heilige und Meister gesehen. Ich denke, ihr erinnert euch, daß<br />

Judas Ischariot Jesus erblickte - aber auch Simon sah Jesus. Beide hatten seinen<br />

243


Darshan - doch mit einem gewaltigen Unterschied in <strong>der</strong> Empfänglichkeit; nicht<br />

wahr? Judas Ischariot war es, <strong>der</strong> ihn verriet. Es gibt einen Unterschied zwischen<br />

Darshan und Pershan, seht ihr? Versteht ihr mich jetzt? Täglich pflegte er einem jeden<br />

seinen Darshan zu geben, er aß auch mit ihnen.<br />

Wenn ihr empfänglich werdet, seid ihr aufgeladen. Wenn euch ein geladener Körper<br />

berührt, werdet auch ihr geladen, nicht wahr? O<strong>der</strong> wenn ihr nahe an einem<br />

Menschen vorbeigeht, <strong>der</strong> parfümiert ist, nehmt ihr dann nicht den Duft des Parfüms<br />

wahr? Das ist es, was man mit Darshan meint. Wie Maulana Rumi gesagt hat: „Es ist,<br />

als ob ihr euch zur Meditation hinsetzt und euer Körper sitzt da, aber ihr habt euch<br />

noch nicht ganz ins Jenseits erhoben. Das braucht Zeit.“ Nehmt ein an<strong>der</strong>es Beispiel:<br />

wenn ihr ein Dutzend Zündholzschachteln in den Ofen steckt, geben sie euch dann<br />

Wärme? Wenn ihr aber ein brennendes Streichholz an sie hält, entzünden sich alle<br />

Streichhölzer. <strong>Die</strong> atmosphärische Auswirkung, versteht ihr? <strong>Die</strong> physische<br />

Anwesenheit o<strong>der</strong> Gegenwart des Meisters darf man nicht unterschätzten. Aber ihr<br />

könnt dieselbe Wirkung über Hun<strong>der</strong>te von Meilen hinweg spüren, wenn ihr<br />

empfänglich werdet, ganz empfänglich, nicht eher.<br />

Das ist eine Sache, nun etwas an<strong>der</strong>es: Ihr seid dort drüben zuhause und habt viele<br />

Tausende von Rupien ausgegeben, um hierher zu kommen. Was ihr in diesen<br />

Morgen- und Abendgesprächen bekommt, können euch das die Bücher vermitteln?<br />

Obwohl ihr es in den Büchern lesen könnt. Ihr bekommt noch etwas mehr. Wenn ihr<br />

in <strong>der</strong> geladenen Atmosphäre des Meisters sitzt, beginnt diese hochgeladene<br />

Atmosphäre zu erklingen. Habt ihr das nicht auch hier im Raum wahrgenommen?<br />

Das könnt ihr nicht durch das Lesen von Büchern erfahren. Versteht ihr mich?<br />

Frage: Ist es in Ordnung, während <strong>der</strong> Meditation neben <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung des<br />

Simran an den Meister zu denken?<br />

Der Meister: Können Sie zwei Dinge zur gleichen Zeit tun? Nein! Bevor Sie sich zur<br />

Meditation setzen, können Sie beten o<strong>der</strong> eine Hymne singen, vielleicht von <strong>der</strong> Liebe<br />

zum Meister o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Trennung o<strong>der</strong> Sehnsucht. Das wird eine Atmosphäre<br />

schaffen, die Ihnen bei <strong>der</strong> Meditation hilft. Sitzen Sie nicht wie ein Ringkämpfer da,<br />

um Ihn zu finden o<strong>der</strong> Ihn zu ergreifen. Sitzt mit einer respektvollen Haltung, mit<br />

einer demütigen Bitte. <strong>Die</strong>s erzeugt eine Atmosphäre, in <strong>der</strong> ihr bessere Ergebnisse<br />

haben könnt. Noch etwas: Wenn ihr an irgendeinen Menschen auf eurer eigenen o<strong>der</strong><br />

auf einer niedrigeren Stufe denkt o<strong>der</strong> ihn euch vorstellt, werdet ihr fähig sein, ihn<br />

euch sofort vorzustellen. Aber ihr könnt euch den einen, <strong>der</strong> höher ist als ihr, nicht<br />

völlig vergegenwärtigen. Ihr mögt an den Turban o<strong>der</strong> die Gestalt denken, die<br />

vorbeigeht, und euer Gemüt wan<strong>der</strong>t von einem Ort zum an<strong>der</strong>en, wo ihr den Meister<br />

gesehen habt. Versteht ihr diesen Punkt?<br />

Etwa einen Monat, nachdem ich initiiert war, stellte ich meinem Meister die Frage:<br />

"Wenn sich jemand von außen zurückzieht und die Form des Meisters im Innern<br />

nicht gefunden hat, was soll er dann tun?" Der Meister erwi<strong>der</strong>te: "Schau, du denkst<br />

an Tiere, an deine Freunde, an deine Mutter o<strong>der</strong> an Verwandte. Ist ein Heiliger nicht<br />

mehr als sie? Du kannst auch an ihn denken." <strong>Die</strong>s war eine allgemeine Frage. Später<br />

sagte er mir dann: „Schau, wenn irgend jemand in deinem Zimmer sitzt und du von<br />

draußen hereinkommst, findest du ihn dort, wenn du eintrittst, ob du ihn dir nun<br />

vorstellst o<strong>der</strong> nicht." Wenn <strong>der</strong> Meister also initiiert, wohnt seine astrale Form von<br />

diesem Augenblick an im Initiierten. Tretet ins Innere ein, findet ihn. Er wartet auf<br />

euch. Versucht nach innen zu gehen, das ist alles. Er wartet sehnlich auf euch, aber<br />

das Kind spielt im Äußeren. Zieht euch einfach ins Innere zurück; ihr werdet ihn<br />

finden.<br />

244


Ihr werdet dies zur Zeit <strong>der</strong> Initiation bestätigt finden, ob sie nun hier o<strong>der</strong><br />

irgendwo sonst gegeben wird. Wie ihr wißt, haben dieses Mal von 630 Menschen<br />

ungefähr 250 den Meister im Innern gesehen. Manchmal sehen ihn einige auch im<br />

Äußeren. So wohnt er zur Zeit <strong>der</strong> Initiation in euch.<br />

Wenn Baba Jaimal Singh, <strong>der</strong> Meister unseres Meisters, jemanden initiierte, pflegte<br />

er ihm zu sagen: "Bedenke, daß ich jetzt in dir wohne. Tue nichts Unrechtes - ich sehe<br />

es." Wenn ihr einmal initiiert seid, sieht Er jede eurer Handlungen.<br />

Frage: Soll ein Satsangi in <strong>der</strong> Wahl eines Platzes für die Meditation vorsichtig sein,<br />

bezüglich <strong>der</strong> Leute, die dort vorher gewohnt haben? Werden ihre Schwingungen eine<br />

Nachwirkung zurücklassen?<br />

Der Meister: Je<strong>der</strong> Ort ist immer mit <strong>der</strong> Atmosphäre <strong>der</strong> Menschen geladen, die<br />

sich dort aufhalten. Ihr sitzt nun hier. Manchmal nehmt ihr hier ein Erklingen - eine<br />

Geladenheit wahr. Ich erinnere mich, wenn unser Meister nach Lahore reiste, gab es<br />

da einen Raum, in dem er saß und sprach. Ich verschloß diesen Raum. Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> ihn<br />

betrat, hörte die Atmosphäre erklingen. Ich betrat ihn oft. So ist je<strong>der</strong> Ort durch den<br />

geladen, <strong>der</strong> dort lebt. Alle atmosphärischen Auswirkungen, die zurückbleiben - ob<br />

gut o<strong>der</strong> schlecht - beeinflussen euch. An manchen Orten fühlt ihr euch sehr<br />

unbehaglich. Ihr fühlt euch wie ausgebrannt. <strong>Die</strong> Atmosphäre ist geladen. Manchmal<br />

empfindet ihr: „Ich möchte etwas Unrechtes tun.“ <strong>Die</strong> Atmosphäre dort ist<br />

entsprechend geladen. Was tun? Das ist nun die Frage. Nehmen wir zum Beispiel an,<br />

daß in irgendeinem Haus eine Prostituierte gelebt hat; zieht nicht dort ein, falls es frei<br />

wird. O<strong>der</strong> wenn ein Metzger, <strong>der</strong> Tiere schlachtet, an einem Ort wohnt, dann meidet<br />

diesen Ort. Das Bedauerliche ist, daß wir uns nicht bewußt sind, daß je<strong>der</strong> Mensch<br />

seine eigene Atmosphäre - Geladenheit - hat. In welchem Haus ihr auch immer seid -<br />

setzt euch hin und betet. Das ist die allgemeine Methode. Beginnt mit irgendeinem<br />

eurer Rituale. Singt eine Hymne aus den heiligen Schriften, sprecht das eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Gebet, o<strong>der</strong> singt ein Loblied, um eine gute Atmosphäre zu schaffen. Das ist<br />

ein Vorschlag, und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Vorschlag ist, daß ihr, wo immer ihr wohnt, euch einen<br />

Raum o<strong>der</strong> den Teil eines Raumes für die Meditation reserviert. Laßt niemanden<br />

diesen Raum mit einem an<strong>der</strong>en Gedanken als den <strong>der</strong> Liebe zu Gott o<strong>der</strong> zum Meister<br />

betreten. Der Ort wird geladen sein, und wann immer ihr ihn betretet, werdet ihr<br />

ein Erklingen vernehmen. Wenn ihr euch durch diese höhere Ladung entwickelt habt,<br />

dann ist es, wie Hafiz sagt: "Wenn die Nacht kommt, erscheint mein Spielmann und<br />

spielt ohne Bezahlung Musik.“<br />

Frage: Ich esse sehr gerne … (alle lachen, aber <strong>der</strong> Meister gebietet ihnen Einhalt<br />

und sagt: „Nein, nein. <strong>Die</strong>se Frage geht uns alle an. Nicht nur einer - alle - die meisten<br />

von uns tun das.“) … aber ich möchte nicht so oft ans Essen denken. Da ich jedoch<br />

eine vegetarische Küche leite, zieht es mein Gemüt durch meinen Beruf dorthin.<br />

Würde mir eine an<strong>der</strong>e Beschäftigung helfen, dieses Problem zu lösen?<br />

Der Meister: Ich denke, ich habe euch so oft gesagt: tut eine Sache zu einer Zeit, voll<br />

und ganz. Wenn Sie in <strong>der</strong> Küche sind, tun Sie dort Ihre Arbeit. Nehmen Sie nur<br />

Nahrung zu sich, die Ihnen bekommt, und nur so viel, wie Sie brauchen. Füllen Sie<br />

die Hälfte Ihres Magens mit Nahrung; ein Viertel mit Wasser, und lassen Sie ein<br />

Viertel leer. Das Beste ist, vom Tisch aufzustehen, wenn Sie noch hungrig sind. Essen<br />

Sie ein bißchen weniger, als Sie brauchen. Kontrollieren Sie sich diesbezüglich. Es ist<br />

nicht nötig, den Beruf zu wechseln. Das wird in Ordnung kommen, wenn Sie sich so<br />

verhalten [wie eben erklärt].<br />

245


Frage: Wenn neue Satsangis Eure Schriften lesen, wollen sie auf einmal<br />

vollkommen werden; sie merzen aber ihre Unvollkommenheiten nicht aus, sie<br />

unterdrücken sie nur.<br />

Der Meister: Seht, Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Ein Ringer kann nicht an<br />

einem Tag zum Ringer werden. Das braucht Zeit.<br />

Frage: Aber wir vergessen das oft.<br />

Der Meister: Zu diesem Zweck müßt ihr euer Tagebuch führen. Das bedeutet, daß<br />

ihr euch jeden Augenblick wie ein strenger Zuchtmeister überwacht. Ich glaube, ich<br />

habe euch erzählt, wie ich in die dritte Grundschulklasse ging, hörte ich, wie jemand<br />

eine fließende Rede hielt. Ich sah in seinen Mund: "Wo liest er das nur ab?" So<br />

unwissend war ich. Ich wun<strong>der</strong>te mich, wie er sprach, wo er das ablas; und heute<br />

finde ich das nicht mehr schwierig. Das braucht alles seine Zeit. Er hat das auch nicht<br />

an einem Tag gelernt. Nahrung die nicht verdaut ist, gibt uns keine Kraft. Bloßes<br />

Nachdenken über Bücher bringt uns nicht weiter. Lest, verarbeitet es und lebt<br />

danach. Lest, prüft, schaut, was ihr mitbekommen und verstanden habt. Auch das<br />

wird euch nicht helfen, bis ihr nach dem lebt, was ihr gelesen und verstanden habt.<br />

Ihr könnt nicht am allerersten Tag ein Meister werden. Je<strong>der</strong> Heilige hat seine<br />

Vergangenheit und je<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> eine Zukunft. Es gibt für jeden eine Hoffnung.<br />

Ich pflegte die Heiligen Schriften - die heiligen Bücher <strong>der</strong> Sikhs - zu lesen. Aber ich<br />

las nur eine Hymne - nicht eine o<strong>der</strong> zweihun<strong>der</strong>t Seiten o<strong>der</strong> zehn Hymnen, nur<br />

eine; und ich schrieb sie nie<strong>der</strong> - "Das ist meine heutige Lektion" - und <strong>der</strong> ganze Tag<br />

war ihr gewidmet. Nur dann könnt ihr ihre Bedeutung verstehen. Aber selbst das wird<br />

nicht helfen, wenn ihr nicht danach lebt. Lord Krishna gab die gesamten Lehren <strong>der</strong><br />

Gita an Arjuna weiter, und er zeigte ihm sogar seine astrale Form. Trotz allem fragte<br />

er schließlich: "Nun, Arjuna, hast du zugehört?" Es gibt einen Unterschied zwischen<br />

Zuhören und dem Zuhören mit ganzer Aufmerksamkeit. „Wenn ja, wie viele deiner<br />

Zweifel sind nun behoben?" Lord Krishna übermittelte seine Lehren in <strong>der</strong> Gita, die<br />

achtzehn Kapitel hat. Das sind sehr lange <strong>Gespr</strong>äche über jedes Thema. Trotzdem<br />

fragte er Arjuna zuletzt: "Hast du gehört, was ich gesagt habe, hörst du mir zu?" Es<br />

gibt einen Unterschied zwischen dem Zuhören mit Aufmerksamkeit und dem ohne<br />

Aufmerksamkeit. Ohne Aufmerksamkeit erinnert ihr euch nicht an das, was ich gesagt<br />

habe. "Hast du zugehört?" fragte er Arjuna. Wir erinnern uns nicht mehr an das,<br />

was wir nur überfliegen. Verstehen Sie nun, was ich Ihnen zu <strong>der</strong> Frage, die Sie<br />

gestellt haben, gesagt habe? Haben Sie zugehört?<br />

Der Schüler: Ja.<br />

Der Meister: Dann leben Sie danach. Stellen Sie in Zukunft keine solchen <strong>Fragen</strong><br />

mehr. Lebt, lebt nach dem, was euch gesagt wird. <strong>Die</strong> Nahrung, die verdaut ist,<br />

verleiht Stärke; und was nicht verdaut wird, ruft Übelkeit, Durchfall und<br />

Leibschmerzen hervor. Ein verdorbener Magen bereitet Leid.<br />

Frage: Manchmal unterdrücken wir etwas. Das ist so, als ob sich jemand anstrengt,<br />

von seinen Unzulänglichkeiten frei zu werden, aber er dadurch nicht wirklich von<br />

seinen Fehlern los kommt. Es macht ihn nicht rein.<br />

246


Der Meister: Warum anstrengen; wozu? Das ist keine Frage des Anstrengens.<br />

Erkennt wenigstens die Fehler, die ihr habt. Dann versucht sie auszumerzen. Dazu<br />

müßt ihr beständig und aufmerksam auf alle eure Gedanken achten. Wenn ihr heute<br />

fünfmal fehlt, dann versucht, morgen nicht öfter als zweimal zu fehlen. Beseitigt<br />

einen Fehler nach dem an<strong>der</strong>en. Das wird durch Wachsamkeit erreicht.<br />

Darüber hinaus sollt ihr nicht auf negative Weise denken: „Ich bin ein Sün<strong>der</strong>, ich<br />

bin ein Sün<strong>der</strong>; ich habe dies und das getan. “ Das genügt nicht. Ihr müßt versuchen,<br />

die Fehler zu verringern. "Ich bin ein Sün<strong>der</strong> - nun gut, ich will kein Sün<strong>der</strong> mehr<br />

sein." Was sagte Christus zu <strong>der</strong> Frau, die Ehebruch beging? Er fragte die Leute, was<br />

für eine Bestrafung ihr Gesetz dafür vorsieht. Sie sagten, sie solle zu Tode gesteinigt<br />

werden. "Gut, wenn es einen gibt, <strong>der</strong> keine Sünde begangen hat, <strong>der</strong> soll einen Stein<br />

auf sie werfen." Wer würde das wagen? Keiner. Dann sagte er zu ihr: "Nun gut,<br />

sündige nicht mehr." Daran fehlt es uns. Immer nur zu brüten: "Ich bin ein Sün<strong>der</strong>,<br />

ich bin ein Sün<strong>der</strong>", das än<strong>der</strong>t nichts. Ihr seid keine Sün<strong>der</strong>; ihr habt eine Sünde<br />

begangen. Ihr habt euch beschmutzt. Wascht den Schmutz ab. Ihr seid Gol<strong>der</strong>z, das<br />

aus <strong>der</strong> Mine kommt. Es wird zu purem Gold, wenn ihr es reinigt.<br />

Wie ich euch sagte: Gott plus Wünsche ist Mensch. Mensch minus Wünsche ist<br />

Gott. Wenn ihr auf diese Weise eine Zeitlang auf euch achtet, wird euch das zur<br />

Gewohnheit, und diese Gewohnheit wird zur Wesensart. Ihr werdet nicht wagen, zu<br />

lügen o<strong>der</strong> ähnliche Dinge zu tun.<br />

Frage: Ihr sagt, wir sollten uns unserer Gedanken bewußt werden. Wenn in <strong>der</strong><br />

Meditation einige Gedanken auftauchen …<br />

Der Meister: Warum taucht etwas auf? Weil eure Aufmerksamkeit nachgelassen<br />

hat. Ich glaube, daß diese Gedanken nicht aufkommen, wenn eure Aufmerksamkeit<br />

nicht nachläßt. Das unterbewußte Reservoir unseres Gemüts fließt von all diesen<br />

Gedanken über. Tut eine Sache voll und ganz. Darum sage ich: „Seid ohne jede<br />

Unterbrechung ganz vertieft. Schaut ganz genau, um zu sehen, was dort ist." Während<br />

dieser Zeit wird kein an<strong>der</strong>er Gedanke entstehen. Nur, wenn ihr nicht genau schaut,<br />

werden Gedanken aufkommen. Gleichzeitig bitte ich euch, nicht negativ zu sprechen<br />

o<strong>der</strong> zu denken, son<strong>der</strong>n immer positiv.<br />

Ihr seid Seelen, ihr seid Kin<strong>der</strong> Gottes. Ihr seid Mikro-Götter. Ihr seid vom selben<br />

Wesen wie Gott, nur beschmutzt. Wascht den Schmutz ab. Was ihr heute getan habt,<br />

das tut morgen nicht mehr. Ihr müßt sehr wachsam sein. Das ist die einzige<br />

Bedeutung des Tagebuches. Versteht das ein für allemal. Und auch das wird nichts<br />

nützen, wenn ihr nicht danach lebt.<br />

Ihr sagt: „Gift ist Gift, es wird mich töten. “ Das wird euren Magen und euer ganzes<br />

Blut vergiften. „Gift - ich esse Gift.“ Nun gut, hört auf, noch mehr Gift einzunehmen.<br />

Was immer ihr an Gift bereits eingenommen habt, das kann weggewaschen werden.<br />

Hört auf damit. Wenn jemand zu unserem Meister kam und sagte: „Meister, ich habe<br />

gesündigt, könnt Ihr mir vergeben?", sagte er stets: "Gibt es hier einen, <strong>der</strong> ihm seine<br />

Sündenlast abnehmen kann? Wen? Niemanden? Dann sündigt nicht mehr. Hört auf<br />

damit. Übt Bhajan." Tut also bitte nichts Unrechtes mehr - das ist alles, was ich sagen<br />

kann.<br />

Deutsches Sat Sandesh, Heft 3, 1976; The Light of Kirpal, Seite 267, „Have you<br />

heard me?“; Seite 271, „Keep a vigilant watch“<br />

<br />

247


LIEBEVOLLE ERINNERUNG<br />

Sawan Ashram, 14. Januar 1974<br />

Meister: Was möchtet ihr jetzt? Habt ihr <strong>Fragen</strong>? O<strong>der</strong> ...<br />

Schüler: Meister, könntet Ihr bitte über liebevolle Erinnerung sprechen?<br />

Meister: Liebevolle Erinnerung? Ich denke, das weiß auch ein Kind. Was bedeutet<br />

liebevolles Erinnern? Das Wort „Erinnerung“ – kennt ihr die Bedeutung des Wortes<br />

Erinnerung? Und auch das Wort „liebevoll“? Wißt ihr, was das bedeutet o<strong>der</strong> kommt<br />

euch das alles spanisch vor?<br />

Schüler: Ja.<br />

Meister: Dann erklärt es mir. Ihr sprecht besser Englisch als ich.<br />

Schüler: Nein! (Lachen)<br />

Meister: Liebevoll [wörtlich: sweet = süß] bedeutet liebevoll. Dafür gibt es kein<br />

an<strong>der</strong>es Wort im Englischen. Ihr könnt es schmecken. Welche Worte würdet ihr sonst<br />

dafür verwenden – liebevolle Worte. Liebevolle Erinnerung an die Vergangenheit.<br />

Wie kann man es sonst erklären? Eine Erinnerung, die euer Herz mit Liebe erfüllt,<br />

mit einer köstlich schmeckenden Süße. Ich weiß nicht, was für Worte man dafür sonst<br />

nehmen soll. Bei <strong>der</strong> Erinnerung an ihn seid ihr voll Frieden, fühlt ihr euch zu ihm<br />

hingezogen, strömt eure Liebe über. Mit solchen Worten denkt ihr an ihn. Wenn ihr<br />

jemand wirklich liebt, wenn ihr ihn wirklich liebt, könnt ihr ihn nennen, wie ihr wollt.<br />

Wenn ein Kind zuweilen sehr ungezogen ist, sagen wir liebevoll: „Du Taugenichts!“<br />

Aber wenn wir das sagen, ist es trotzdem liebevoll, versteht ihr? Wenn ihr so an<br />

jemand denkt, dann fühlt ihr Freude, Glück, Ruhe, Friede. Liebevolles Gedenken<br />

entwickelt sich nur, wenn ihr alle negativen Gedanken über den betreffenden<br />

Menschen aufgebt. Wenn ihr dann an ihn denkt, steht nichts mehr zwischen euch und<br />

ihm. Ihr könnt besser Englisch als ich. An wen denkt ihr liebevoll?<br />

Schüler: An Gott, an den Meister.<br />

Meister: An den Meister, das ist recht. Wenn ihr an ihn denkt, fühlt ihr Frieden,<br />

empfindet ihr Freude und Glück - ihr fühlt euch zu ihm hingezogen, und euer Herz<br />

ruht wirklich ganz in ihm. Das vermitteln keine gesprochene Worte, son<strong>der</strong>n nur die<br />

Sprache des Herzens. Was kann man mehr sagen? <strong>Die</strong> Sprache eines liebevollen<br />

Herzens ist immer voller Liebreiz, nicht wahr? Wenn nichts mehr zwischen ihm und<br />

euch steht, dann zieht es euch mit aller Kraft zu ihm hin, wenn ihr an ihn denkt – alle<br />

fremden Gedanken vergehen. Auf wie viele Arten kann man das erklären! Versteht ihr<br />

nun, was liebevolle Erinnerung ist?<br />

Schüler: Ich denke schon.<br />

Meister: Das ist gut. Ich danke dir. Liebevolle Erinnerung entwickelt sich nur, wenn<br />

du ihn wirklich liebst. Wenn du liebevoll an jemand denkst, dann freut es dich. Das<br />

erfor<strong>der</strong>t keine Gegengabe, es ist selbstlos, die Anziehung des Herzens. Nun könnt ihr<br />

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verstehen, was ich erklärt habe, was liebevoll bedeutet. Wenn ihr in liebevoller<br />

Erinnerung sitzt, vergeßt ihr alles außer ihn – nichts tritt dazwischen. Liebe braucht<br />

keine Ausschmückung mit Worten, die wir sprechen. Hafiz sagt: „Sprecht in <strong>der</strong><br />

Sprache, die euch immer gefällt, liebevoll von Gott. Sprecht über die Liebe zu Gott.<br />

Sprecht in <strong>der</strong> Sprache, die ihr kennt – aber sprecht liebevoll über Gott.“ Das sind<br />

seine Worte.<br />

Schüler: Meister, gestern abend habt Ihr gesagt: „Um in <strong>der</strong> Liebe zum Meister zu<br />

wachsen, braucht ihr zweierlei: Liebevolles Gedenken und eine Verbindung mit <strong>der</strong><br />

offenbarten Gotteskraft.“<br />

Meister: Ja. Wie entwickelt sich nun das liebevolle Gedenken? Nehmen wir ein<br />

Beispiel, um uns näher damit zu befassen. Wenn ihr eine sehr süße Mango eßt, habt<br />

ihr von dieser Süße gekostet. Wenn ihr dann später an eine Mango denkt, erinnert ihr<br />

euch an die Süße, weil ihr diese Mango gekostet habt. Genauso ist es, wenn ihr<br />

jemand gern habt, ihr habt ihn getroffen – ihr seid in seiner Ausstrahlung – ihr habt<br />

euch an seiner Seligkeit erfreut. Wenn immer ihr nun an ihn denkt und an das, was<br />

ihr mit ihm erlebt habt, erlebt ihr diese liebevolle Erinnerung. Versteht ihr nun diese<br />

zwei Worte: Liebevolle Erinnerung? Wenn ihr jemand nicht gesehen habt und ihr<br />

euch nicht in seinem Ausstrahlungsbereich mit ihm verbinden könnt – was dann?<br />

Wenn ihr die Freude <strong>der</strong> physischen Gegenwart des Meisters erfahren habt, dann<br />

könnt ihr diese auch über Tausende von Meilen hinweg erfahren, wenn ihr<br />

Empfänglichkeit entwickelt habt. Wenn immer ihr in <strong>der</strong> Gegenwart des Meisters<br />

sitzt, wird eurer Gemüt durch die Ausstrahlung ruhig, unwirksam. Er beherrscht<br />

seine Aufmerksamkeit. Wenn ihr in seinem Wirkungsbereich, in seiner Ausstrahlung<br />

sitzt, kommt natürlich auch euer Gemüt zur Ruhe. Für eine Weile steht nichts mehr<br />

zwischen euch und ihm. Unsere Aufmerksamkeit kann also zu den Füßen o<strong>der</strong> im<br />

Wirkungsbereich o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Ausstrahlung von einem, dessen Aufmerksamkeit<br />

wohlkontrolliert ist, zu Ruhe kommen. Da er das ausstrahlt, können auch an<strong>der</strong>e ihre<br />

Aufmerksamkeit eine Zeitlang kontrollieren. Also ist das Gemüt das erste, was<br />

zwischen uns und Gott steht. Der Meister sagt: „Ich sehe wahrlich Gott in diesem<br />

Menschenkörper.“ Wir sagen: „Warum sehen wir ihn nicht?“ Er antwortet: „Weil das<br />

Gemüt zwischen euch und ihm steht.“ Wir müssen also das Gemüt beruhigen, das ist<br />

<strong>der</strong> erste Schritt, um den Weg zu Gott erfolgreich zu beschreiten. Es gibt zwei Mittel,<br />

um das Gemüt zu beruhigen. Das eine ist <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Yogis. Dabei beherrscht man<br />

den Atem, man übt Kumbhak. Durch die Beherrschung des Atems bezwingt man die<br />

innere Unruhe. Das Gemüt kommt einen Augenblick zur Ruhe, solange man sich in<br />

diesem Zustand befindet. Wenn man ihn verläßt, handelt das Gemüt wie<strong>der</strong> auf die<br />

alte Weise. Und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weg besteht darin, unsere Aufmerksamkeit zu<br />

kontrollieren; sammelt einfach eure ganze Aufmerksamkeit - doch worauf sollen wir<br />

sie richten? Wenn ihr eure ganze Aufmerksamkeit auf den einen richtet, <strong>der</strong> die<br />

Allbewußtheit o<strong>der</strong> die höhere Aufmerksamkeit hat, zieht es euch dorthin. Das Gemüt<br />

wird dann hilflos, es kommt in diesem Augenblick zur Ruhe. Das eine ist <strong>der</strong> äußere<br />

Weg, das an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> innere Weg. Das Gemüt bekommt keine Nahrung mehr, versteht<br />

ihr? Das Gemüt wirkt nur, wenn ihr ihm eure Aufmerksamkeit zuwendet.<br />

Der Weg, auf den ihr gestellt worden seid, ist ein sehr wirksamer. Euch wurde eine<br />

Verbindung mit <strong>der</strong> sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft gegeben, <strong>der</strong>en zwei<br />

Aspekte Licht und Ton sind. Das ist die Allbewußtheit. Wir sind ein Tropfen aus dem<br />

Meer <strong>der</strong> Allbewußtheit. Mit unserem Bewußtsein treiben wir die Maschinerie des<br />

Körpers an; all die äußeren Kräfte können wir nur gebrauchen, wenn wir ihnen<br />

unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Wenn wir ganz beherrscht dasitzen und jede<br />

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Verbindung mit den nach außen gehenden Kräften gelöst haben, wirken sie nicht<br />

mehr. Wenn ihr in <strong>der</strong> Gegenwart eines solchen Meisters sitzt, fühlt ihr natürlich, daß<br />

das Gemüt eine Zeitlang verschwunden ist – wo ist es? Wenn ihr empfänglich werdet<br />

– die Augen sind die Fenster <strong>der</strong> Seele – dann lernt ihr mehr, dann werdet ihr mit <strong>der</strong><br />

Ausstrahlung gesättigt, die ihr durch seine Augen aufnehmt, seid ihr von <strong>der</strong> Seligkeit<br />

erfüllt, <strong>der</strong>en er sich erfreut. Darum hat Maulana Rumi gesagt: „Wenn ihr eine<br />

Stunde in <strong>der</strong> Gegenwart eines Heiligen verbringt, habt ihr davon mehr Gewinn, als<br />

wenn ihr euch hun<strong>der</strong>t Jahre mit Bußübungen, äußeren Bräuchen und Ritualen<br />

abgebt.“ Wenn ihr zehn Liter Milch habt und ein wenig Yoghurt hineingebt,<br />

verwandelt sich die ganze Milch in Yoghurt. Genau das gibt euch <strong>der</strong> Meister mit<br />

einem Augenblick seiner Aufmerksamkeit; es ist wie mit Milch, die sich ganz in<br />

Yoghurt verwandeln kann, versteht ihr?<br />

Darum hat man schon immer gesagt, daß es ein großer Segen ist, einen lebenden<br />

Meister zu haben. Aufgestiegene Meister können euch kaum helfen. Verzeiht mir,<br />

obwohl ein paar wenige ganz selten noch wirken, können sie uns nur helfen, wenn<br />

man sich über das Körperbewußtsein erheben und ihnen dort begegnen kann – nur<br />

dann und nicht vorher. Selbst wenn sie in Visionen erscheinen, werden sie euch zu<br />

dem schicken, <strong>der</strong> auf Erden wirkt, mehr nicht. Durch die Worte „liebevolle<br />

Erinnerung“ sind wir zu diesem Punkt gekommen. Versteht ihr mich jetzt? Ihr könnt<br />

nun vieles deutlich erkennen.<br />

Schüler: Ihr habt gesagt, wir sollten unseren Nächsten eher liebevoll behandeln …<br />

Meister: Ja.<br />

Schüler: ... als mit Gerechtigkeit.<br />

Meister: Mit Gerechtigkeit? Nun gut – was heißt das?<br />

Schüler: Unser Gemüt möchte eher Recht ausüben als mit Liebe handeln. Wie<br />

können wir das überwinden?<br />

Meister: Gerechtigkeit und Vergebung. Liebe bedeutet Vergebung, das steht im<br />

Gegensatz zu dem Wort Gerechtigkeit. Liebe kennt keine Last. Liebe bedeutet <strong>Die</strong>nen<br />

und Opfern – wen ihr liebt, dem vergebt ihr, nicht wahr? Es gibt also zwei Gesetze –<br />

diese Gesetze wirken! Das eine ist das Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit, das an<strong>der</strong>e ist das<br />

Gesetz <strong>der</strong> Vergebung o<strong>der</strong> Liebe. Liebe verschönt alles; Liebe vergibt alles. Es gibt<br />

also diese zwei Gesetze, versteht ihr? Gerechtigkeit befriedigt euch nicht, bedenkt<br />

das! Wir handeln und säen Saaten. Gerechtigkeit ist nicht genug – ihr wollt noch<br />

immer etwas; die Saat hat noch nicht volle Frucht getragen. Liebe o<strong>der</strong> Vergebung ist<br />

also größer als Gerechtigkeit. Es gibt diese zwei Gesetze. In einer Lampe leuchtet<br />

unten das Licht und darüber ist die Dunkelheit. Und in <strong>der</strong> Glühbirne ist oben Licht<br />

und die Dunkelheit darunter. Bei dem einen ist das Licht oben und beim an<strong>der</strong>en<br />

unten. Aber das Säen <strong>der</strong> Saaten wird nur enden, wenn ihr Vergebung übt, nicht<br />

durch Gerechtigkeit. Wißt ihr, was Christus gesagt hat? „Richtet nicht an<strong>der</strong>e, auf daß<br />

ihr nicht gerichtet werdet.“ Ich erzähle euch, daß ich einmal als Schöffe zum Gericht<br />

geladen wurde. Als Geschworene werden nur ehrbare Menschen gewählt. Da gab es<br />

den Fall eines Mannes, den man ermordet hatte. Der Angeklagte war da, man hatte<br />

ein Schwert und all das, blutbefleckt. <strong>Die</strong> Geschworenen hatten sich versammelt und<br />

<strong>der</strong> Vorsitzende Richter saß auf seinem Platz. Genau diese Worte von Christus kamen<br />

mir in den Sinn: „Richtet nicht an<strong>der</strong>e, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.“ Ich fragte<br />

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den Richter: „Nun, ich hoffe, Sie verzeihen mir, wenn ich gehe. Haben Sie etwas<br />

dagegen?“ „Nun gut, wenn Sie wollen.“ Genau diese Worte retteten mich davor, über<br />

an<strong>der</strong>e zu richten. Wenn ihr Vergebung möchtet, aber an<strong>der</strong>en nicht vergeben könnt,<br />

wie kann dann euch vergeben werden? Das gleiche Gesetz wird wirken. Vergebt ihr<br />

einem jeden, was immer er euch angetan hat? Nein, niemals! Das bedeutet nicht<br />

Liebe. Liebe o<strong>der</strong> Vergebung und Gerechtigkeit haben also beide ihren eigenen Wert,<br />

versteht ihr? Durch Vergebung könnt ihr von allem Kommen und Gehen erlöst<br />

werden, aber nicht durch Gerechtigkeit. Das ist <strong>der</strong> Unterschied.<br />

Vergebung ist ein großer Segen. Ein Guru kann vergeben. Ich habe fast alle<br />

religiösen Oberhäupter getroffen. Sie können nicht vergeben. Sie sagen: „Oh, wir<br />

haben vergeben – alles ist vorbei“ – aber im Verborgenen habe sie an<strong>der</strong>e vernichtet.<br />

Ihre Worte klingen süß, aber ihre Taten sind bitter. Wer alles vergeben kann, <strong>der</strong> ist<br />

Gott; Gott ist in ihm. Urteilt nun für euch selbst – könnt ihr jemandem vergeben?<br />

Glaubt mir, religiöse Leidenschaft ist voller Vergeltung.<br />

Seht ihr, ich wurde in <strong>der</strong> Sikh-Religion geboren. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en Sikhs dachten, ich sei<br />

ein Ketzer, weil ich mich zu einem universalen Standpunkt erhoben hatte, zu <strong>der</strong><br />

grundlegenden Lehre aller Religionen. Sie schworen, mich vor Sonnenaufgang zu<br />

töten. Sie beriefen ein Treffen ein. Ich ging in dem Bewußtsein dorthin, daß mich<br />

außer Gott niemand töten kann. Der Mann, <strong>der</strong> den Schwur abgelegt hatte, konnte<br />

mich nicht töten. Ein paar Jahre später kam er nach Lahore, wo ich damals lebte. Ich<br />

traf ihn unterwegs. Ich lud ihn ein und nahm ihn mit in meine Wohnung und gab ihm<br />

etwas zu essen. Er weinte: „Ich bin <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> geschworen hatte, dich zu töten –<br />

und du behandelst mich so freundlich!“ Das ist Vergebung. Vergleicht Vergebung und<br />

Gerechtigkeit. Das sind zwei Worte, wie ihr seht – doch welch ein großer Unterschied!<br />

Uns gefällt die Gerechtigkeit; ich bete um Vergebung.<br />

Guru Nanak betete an einem Ort: „O Gott, die ganze Welt steht in Flammen. Das<br />

Geschehen ist unseren Händen entglitten. Errette sie nach Deinem Wohlgefallen.<br />

Habe Mitleid mit ihnen.“ All unsere Handlungen rufen eine Rückwirkung hervor.<br />

Manche Handlungen sind persönlicher Art – an<strong>der</strong>e geschehen im Namen des<br />

Volkes, versteht ihr? Das sind alles Rückwirkungen. „Errette sie mit je<strong>der</strong><br />

Rechtfertigung, die Dir gefällt, aus Deiner Gnade heraus.“<br />

Nun, ich glaube, daß Vergebung etwas Göttliches und Gerechtigkeit etwas<br />

Menschliches ist. Wenn ihr ein Mensch sein wollt, dann werdet ihr immer wie<strong>der</strong> in<br />

die Welt zurückkommen werden, dorthin, wo ihr gebunden seid. <strong>Die</strong>se Unterschiede<br />

werden in den Büchern kaum erklärt. Sie werden beschrieben, doch nicht so genau<br />

erklärt. Nun, was zieht ihr vor – Gerechtigkeit o<strong>der</strong> Vergebung? Ihr möchtet, daß<br />

euch vergeben wird, nicht wahr? Warum geht ihr zur Beichte in die Kirche? Damit<br />

euch vergeben wird? O<strong>der</strong> für die Gerechtigkeit? Sagt es mir!<br />

Schüler: Um Vergebung.<br />

Meister: Genau diese Gesetze wirken seit Beginn <strong>der</strong> Welt. Und das [die Vergebung]<br />

ist das Gesetz <strong>der</strong> göttlichen Menschen.<br />

Es gibt ein Gebet <strong>der</strong> Sikhs: „O Gott, vergib uns um <strong>der</strong> Menschen willen, die<br />

unsere Sünden sehen und uns behandeln, als ob sie sie niemals wahrgenommen<br />

hätten.“ – wie viele von ihnen gibt es? „<strong>Die</strong>se Menschen sehen uns sündigen und<br />

trotzdem behandeln sie uns, als ob sie nie etwas gesehen hätten.“ Könnt ihr das?<br />

<strong>Die</strong>se Dinge stehen in unseren Heiligen Schriften – in allen göttlichen Menschen<br />

findet ihr diese Eigenschaften. Sie behandeln alle Menschen gleich. Als <strong>der</strong> Prophet<br />

Mohammed einen Platz gefunden hatte, um darauf eine Moschee zu errichten, kamen<br />

ein paar Christen zu ihm: „Wir möchten auch einen Ort, um Gott zu verehren; wir<br />

251


haben keinen Ort dafür. Wir sind hilflos, was sollen wir tun?“ Und <strong>der</strong> Prophet<br />

Mohammed gebot, den Christen den halben Platz für ihre Kirche zu geben. Beide sind<br />

gleich – eine Kirche und eine Moschee sind nichts Verschiedenes. Doch würden wir<br />

das erlauben? Wir sind so an die Religionen gebunden. Solche göttlichen Menschen<br />

sind nur scheinbar an eine äußere Form, an eine Religion gebunden – sie sind frei<br />

davon und üben keine Vergeltung. Alles ist die Verehrung Gottes. Wir beide verehren<br />

Gott, ob wir es nun auf diese o<strong>der</strong> jene Weise tun. Das ist die Sichtweise <strong>der</strong> göttlichen<br />

Menschen. Aber ich glaube, ein Christ o<strong>der</strong> irgend jemand, <strong>der</strong> sehr gebunden ist,<br />

wird sagen: „O Gott, das ist mein Land – das kann niemand haben! Das ist für die<br />

Kirche, für den Tempel bestimmt, wir können es nicht hergeben!“ Nun, wir verehren<br />

den gleichen Gott! Ist das nicht lächerlich? Wenn wir uns erheben, sehen wir alles in<br />

<strong>der</strong> rechten Sicht. Bleibt also, wo ihr seid und erhebt euch darüber. Das ist das<br />

Königreich Gottes, könnte man sagen – dazu müßt ihr lernen, mit <strong>der</strong> Natur in<br />

Verbindung zu kommen. Ich glaube, daß die liebevolle Erinnerung mit dem<br />

liebevollen Gedenken beginnt. Liebevolles Gedenken ist wie ein Buch, ein ganz dickes<br />

Buch. Es gibt Predigten in Steinen und Bücher in Bächen. Nun gut, laßt euch jetzt das<br />

Frühstück schmecken.<br />

Ruhani Newsletter, Volume 1, No. 2, 1975<br />

<br />

ER IST ES, DER SENDET; ER IST ES, DER GIBT<br />

Ein Abenddarshan mit dem Meister am 21. Juli 1974 im Sawan Ashram<br />

Der Meister: Hmm? <strong>Die</strong> Zeit wird kommen - versuchen Sie zuerst die Theorie völlig<br />

zu verstehen. Ich weiß, Sie sind ein strenger Vegetarier und meiden alle Rauschmittel.<br />

Sie sind ein... Sie sind ein Swami, das wissen wir natürlich. Lesen Sie gerade das Buch<br />

["<strong>Die</strong> Krone des Lebens"]?<br />

Der Swami: O ja!<br />

Der Meister: Versuchen Sie zuerst, die Theorie ganz zu verstehen. Dann wird sich<br />

alles finden. Habt ihr noch weitere <strong>Fragen</strong>, irgendeiner von euch? Sitzt nicht so<br />

stumm und schweigend da. Sagt etwas. Ja bitte, sprechen Sie!<br />

Frage: Ich habe eine Frage, die schon gestern gestellt wurde, aber ich konnte die<br />

Antwort nicht verstehen. Es ging darum, ob die Strahlende Form des Meisters immer<br />

leuchtend erscheint.<br />

Der Meister: Wie Sie sich erinnern, sprach ich gestern über diese Frage. Vor allem<br />

sollten Sie sich nichts vorstellen. Gott kommt von selbst. Zweitens mögen sehr<br />

gefühlsbetonte Menschen manchmal die Erscheinung einer Form haben, die nicht<br />

sehr leuchtend sein mag. Es gibt aber ein Kriterium, um die Echtheit <strong>der</strong> Form zu<br />

prüfen, indem Sie die geladenen Namen benutzen, die Sie erhalten haben. Wenn Sie<br />

diese Namen wie<strong>der</strong>holen und die Form vor Ihnen stehen bleibt, dann ist sie in Ord-<br />

252


nung. Wenn Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf sie richten, wird diese Form<br />

leuchtend. Ist es nun klar? Noch weitere <strong>Fragen</strong>? … Ja, bitte!<br />

Frage: Meister, wie kann Gehorsam größer sein als Liebe?<br />

Der Meister: Eine Form des Gehorsams ist die des Zwanges; wenn man gezwungen<br />

wird, etwas zu tun. Wenn man es nicht tut, kann dies als Strafe den Tod nach sich<br />

ziehen. Bei <strong>der</strong> zweiten Art macht ihr aus Liebe - ohne Zwang - unaufgefor<strong>der</strong>t,<br />

liebevoll weiter. Gehorsam kann sich auf zweierlei Weise ergeben: Erstens durch<br />

Zwang - ihr müßt es tun. Ihr fürchtet, daß es eine Bestrafung nach sich zieht, wenn ihr<br />

es nicht tut. Es ist also keine Leistung, etwas zu tun, wozu man verpflichtet ist, nicht<br />

wahr? Es ist keine Leistung. Ihr müßt es tun. Ich will euch etwas über einen<br />

Universitätsprofessor, den ich 1912 kennenlernte, erzählen. Er wohnte ganz allein in<br />

einem Haus, das niemand ohne seine Erlaubnis betreten durfte. Aber ich hatte das<br />

Recht, ihn je<strong>der</strong>zeit zu besuchen. Er hatte mich sehr gern. Er war Mohammedaner.<br />

Als ich kam, sah ich, wie er betete. Bei ihren Gebeten verneigen sich die<br />

Mohammedaner vier- o<strong>der</strong> fünfmal, stehen dann auf und verbeugen sich wie<strong>der</strong>.<br />

Aber er betete stundenlang. Eines Tages fragte ich ihn: "Nun, lieber Freund, in <strong>der</strong><br />

Regel erfor<strong>der</strong>n die Gebete vier o<strong>der</strong> fünf Verbeugungen, ihr aber macht stundenlang<br />

weiter!" "Nun, zwei Stunden - vier- o<strong>der</strong> fünfmal sind vorgeschrieben, ich tue mehr,<br />

um Seine Liebe zu gewinnen." Seht ihr? Das Übrige folgt von selbst. Verpflichtet zu<br />

sein heißt ... verpflichtet zu sein. Das Wort "Pflicht" bedeutet auch Bindung. Aus<br />

Liebe.<br />

Wenn Meister die physische Ebene verlassen, prüfen sie uns. Sie tun es auf eine<br />

unergründliche Weise. Je<strong>der</strong> Meister auf seine eigene. Der dritte Guru <strong>der</strong> Sikhs,<br />

Guru Amar Das, gab den Befehl, Terrassen zu errichten. Bringt von irgendwoher Erde<br />

und baut Terrassen. <strong>Die</strong> Anordnungen des Meisters wurden natürlich von allen<br />

befolgt, und sie begannen die Terrassen zu errichten. Nach etlicher Zeit waren sie<br />

fertig. Der Meister sagte: "Oh, sie sind nicht gut, zerstört sie." Sie errichteten die<br />

Terrassen von neuem, und <strong>der</strong> Meister sagte: "<strong>Die</strong>se Erde ist nicht gut, bringt Erde<br />

von dort." Sie zerstörten sie, brachten Erde von dort und errichteten die Terrassen<br />

aufs neue. So ging es mehrere Tage. Dann sagte er: "<strong>Die</strong>ser Platz ist nicht gut, laßt uns<br />

zu einem an<strong>der</strong>en Ort gehen." Versteht ihr? Wißt ihr, wie viele <strong>der</strong> Schüler<br />

pflichtgetreu blieben? Einer, zwei, drei, vier, fünf, zehn. Es wurden immer weniger.<br />

Auch dort (an dem an<strong>der</strong>en Ort) begann er wie<strong>der</strong> auf dieselbe Weise: "<strong>Die</strong>ser Ort ist<br />

nicht gut; laßt uns in die Berge gehen." Alle gaben mit <strong>der</strong> Zeit auf, bis auf einen. Und<br />

dieser wurde Guru Ramdas genannt. Guru Amar Das war mehr als hun<strong>der</strong>t Jahre alt.<br />

<strong>Die</strong> Leute sagten zu Ramdas: "Schau her, er ist ein alter Mann. Was hat es für einen<br />

Sinn, ohne jeden Grund immer wie<strong>der</strong> Terrassen zu errichten und zu zerstören?"<br />

Ramdas weinte, er vergoß Tränen. "Der Meister weiß alles. Und wenn er mir befehlen<br />

würde, mein ganzes Leben damit fortzufahren, was wollte ich mehr? Ich habe sein<br />

Wohlgefallen zu gewinnen." Und er wurde sein Nachfolger. Je<strong>der</strong> Mensch hat seine<br />

eigene, unergründbare Art. - <strong>Die</strong>s war seine Art. - Weisungen sind Weisungen. Ihr<br />

sagt mir nicht, daß ich das tun soll; es ist meine Buße, es ist mein <strong>Die</strong>nst, es ist mein<br />

Einundalles, es ist Gottesdienst.<br />

Jedem wurde dasselbe gegeben, um damit zu beginnen. Der einzige Unterschied<br />

liegt in <strong>der</strong> Fähigkeit zur Hingabe. Auch durch gesprochene Worte können wir, wie<br />

ich euch sagte, nur ein Drittel <strong>der</strong> Lehren aufnehmen. Durch Hingabe zwei Drittel<br />

mehr. Es geschieht durch Ausstrahlung. Ihr braucht euch nicht anzustrengen. Doch<br />

das Kennzeichen eines solchen Menschen ist, daß er niemals den Glauben an den<br />

Meister verliert - ob er schläft o<strong>der</strong> irgend etwas an<strong>der</strong>es tut o<strong>der</strong> selbst tot ist, wird er<br />

253


nichts Unmoralisches o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen tun. Aber was immer er sagt, ist gut.<br />

Zerstören und aufzubauen … So ist es die Hingabe, die für Gott den Unterschied<br />

ausmacht. Aus Tausenden wählt Er einen aus, seht ihr? Er gab uns etwas sehr<br />

zuverlässiges: das Gesetz. Er empfindet selbst für jene, die ihn töten wollen, kein<br />

Übelwollen in seinem Innern. <strong>Die</strong>selbe Lektion wird den Schülern im Unterricht<br />

gegeben. Einige kommen glänzend voran, an<strong>der</strong>e erzielen keinen Fortschritt und<br />

lassen sich in <strong>der</strong> Klasse überflügeln, seht ihr? Zu meiner Schulzeit geschah eines<br />

Tages ... die Schüler wurden gebeten, sich für den nächsten Tag vorzubereiten,<br />

beson<strong>der</strong>s auf die schwierigen Aufgaben. Einer <strong>der</strong> Schüler, <strong>der</strong> mit mir immer<br />

wetteiferte, bereitete eines Tages seine Aufgaben nicht vor, und <strong>der</strong> Professor begann<br />

ihn zu tadeln. Darauf <strong>der</strong> Schüler: "Wie kommt es - es ist schon recht merkwürdig -<br />

daß hier ein Schüler (Kirpal Singh) ist, <strong>der</strong> keine Schreibunterlagen hat und nie eine<br />

Aufgabe vorbereitet, aber Sie nie etwas zu ihm sagen? Es ist heute das erste Mal, daß<br />

ich mich nicht vorbereitet habe, und Sie tadeln mich." Der Professor erwi<strong>der</strong>te: "Nun,<br />

schau einmal - er weiß viel mehr, als du in den Büchern gelesen hast." Das ist eine<br />

Sache <strong>der</strong> Kompetenz. Manchmal überließ mir <strong>der</strong> Professor die Klasse. "Mache<br />

weiter, kümmere dich um sie." Er überließ mir eben die Klasse, in die ich selbst ging.<br />

Das ist Hingabe, seht ihr?<br />

Wenn ihr zum Meister kommt und schaut, wo er sitzt, wo er ißt, wo er hinsieht,<br />

warum er sich hier kratzt, und ihr erzählt es weiter, kommt das aufgrund eurer<br />

rauchgeschwärzten Gläser. Er steht jedoch darüber. Seht ihr, es gibt wenige, die ... ich<br />

kann euch das Beispiel eines ungebildeten Mannes geben, <strong>der</strong> über dreißig Jahre<br />

beim Meister war. Er lebte in seinem Haus, diente ihm und wußte nicht, was wo lag.<br />

Er kam jeden Tag zu ihm, wußte aber nicht, wo sich welche Dinge im Haus befanden.<br />

Einmal bat ihn <strong>der</strong> Meister, etwas zu holen, ihm einen Gegenstand, <strong>der</strong> irgendwo in<br />

einer Nische lag, zu bringen. Er wußte nicht, wo diese Nische war, obwohl er dort<br />

wohnte. Versteht ihr? Jene, die so kommen, kommen um des Meisters willen und<br />

leben für den Meister - sterben für den Meister. <strong>Die</strong>s ist Hingabe. Spiritualität ist also<br />

eine sehr wichtige Sache, die nicht jedem beliebigen Menschen gegeben werden kann.<br />

Ihr seid alle hier. Je<strong>der</strong> hat seine eigene Ergebenheit. Dementsprechend wird er<br />

vorankommen. Er gibt allen das gleiche. Es liegt an jedem von uns, zu verstehen und<br />

sich gemäß <strong>der</strong> Empfänglichkeit daran zu erfreuen - versteht ihr? Das Wort "chela"<br />

bedeutet: Ergebener des Vaters. Der, dem die Klei<strong>der</strong> des Meisters passen, seht ihr?<br />

Es ist keine Sache des Redens, Bekennens o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zurschaustellung, nein - es ist<br />

etwas, das gelebt werden muß.<br />

Manchmal sah man Ramakrishna, wie er in liebevoller Erinnerung an Vivekanada<br />

Tränen vergoß. Warum? Als ich noch im <strong>Die</strong>nst war, pflegte ich ihn (Sawan Singh)<br />

zweimal in <strong>der</strong> Woche zu besuchen. Immer wenn ich etwa eine Woche lang nicht<br />

erschien, fragte er einen jeden: "Wo ist er?" Dann nahm er den Wagen und fuhr zu<br />

meiner <strong>Die</strong>nststelle, die ungefähr vierzig Meilen entfernt war. Seht ihr? Das ist Liebe -<br />

Herz spricht zum Herzen. Auf diese Weise entfaltet sie sich. Das erfor<strong>der</strong>t keine<br />

Zurschaustellung. Einen solchen Menschen nennt man Gurmukh. Er wird zum<br />

Sprachrohr Gottes. Stellt ihm und dem Meister dieselbe Frage und sie geben die<br />

gleiche Antwort. Viele Menschen kommen zum Meister. Ihre Entwicklung hängt von<br />

<strong>der</strong> Hingabe ab, von <strong>der</strong> Hingabe des einzelnen. Wenn ihr für jemanden auf weltliche<br />

Weise Liebe empfindet, dann denkt ihr an ihn - des Nachts, tagsüber, immer. Es ist<br />

<strong>der</strong>selbe Schmerz in unserem Herzen, seht ihr? Wo ist dann eure Aufmerksamkeit,<br />

wenn ihr unter Hun<strong>der</strong>ten sitzt? Ihr seid ganz allein. Wenn Emerson ganz allein sein<br />

wollte, ging er in ein Gasthaus, seht ihr? Dort kümmert sich niemand um euch, und<br />

auch ihr kümmert euch dort um niemanden. Wenn ihr Kontrolle über euch selbst<br />

erlangt, könnt ihr Wun<strong>der</strong> vollbringen. Archimedes fand das Zentrum <strong>der</strong><br />

254


Schwerkraft. Der arme Mann wollte den Mittelpunkt <strong>der</strong> Welt finden, damit er sie<br />

bewegen konnte. Es war ihm jedoch nicht möglich, dieses Zentrum, das in euch liegt,<br />

zu finden. Da die Meister den Brennpunkt im Innern gefunden haben, können sie<br />

Hun<strong>der</strong>ten einen Auftrieb geben, und dann erhalten Tausende etwas durch die<br />

Ausstrahlung. Das einzige, was man benötigt, ist das, was eine Redewendung, die ich<br />

immer gebrauche, beschreibt - "Seid wahr zu euch selbst"; das ist alles.<br />

Während <strong>der</strong> Lebenszeit meines Meisters wünschten viele, nach ihm die<br />

Meisterschaft zu erlangen - ihr versteht? Einer nötigte ihn sogar dazu, ein<br />

Schriftstück folgenden Inhalts zu unterzeichnen: "<strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong> Nachfolger" - seht ihr?<br />

Sie bereiteten das Ganze vor. Er war ein Anwalt ... er starb. Es gibt noch so viele<br />

an<strong>der</strong>e. Der Meister verwies die Leute immer an mich. Sie wun<strong>der</strong>ten sich: "Wieso?<br />

Wie kann das sein?" Eines Tages rief er mich und sagte: "Mit Ausnahme <strong>der</strong> Initiation<br />

habe ich alle meine Aufgaben verteilt. Damit betraue ich nun dich." Kein Sohn<br />

möchte seinen Vater leiden sehen. Ich vergoß Tränen. Es ist Berufung, keine Wahl.<br />

Keine äußeren Qualifikationen können jemand geeignet machen. Es ist die<br />

Lebensweise und die Hingabe. Er hat unergründbare Wege, um zu prüfen, versteht<br />

ihr? Je<strong>der</strong> Meister hat seine eigene Art. So wird alles durch Seine Gnade bewirkt.<br />

Eines Tages versammelten sich Leute und sagten zu mir ... "Gut, ich kann gehen." Ich<br />

habe keinen Besitz im Satsang. Seht ihr? Ich kann gehen. Jeden Augenblick mag er es<br />

euch übertragen, ihr mögt fortfahren; geeignete Vorbereitungen dafür treffen.<br />

Während <strong>der</strong> Meister also ein Mensch ist wie ihr, ist er im Innersten nicht gebunden.<br />

Kabir gibt uns den Maßstab, um zu prüfen, ob ihr den Meister wirklich gefunden<br />

habt. Ihr verliert alle Bindung. Alle Gebundenheit an eure Frau, an die Kin<strong>der</strong>, an alle<br />

an<strong>der</strong>en. Pflicht - das ist etwas an<strong>der</strong>es. Je<strong>der</strong> hat seine Schulden zu begleichen, als<br />

eine Rückwirkung <strong>der</strong> Vergangenheit. Ihr müßt auch jede Bindung an den Körper<br />

aufgeben. Alles Haften an Name und Ruhm. "Gut, Meister, ich bin zu Deinen Füßen<br />

gekommen, es ist nun Deine Sache. Was die an<strong>der</strong>en Leute über mich sagen, sei es<br />

richtig o<strong>der</strong> falsch, spielt keine Rolle, ich bin nichts." Das ist das erste. Könnt ihr euch<br />

entscheiden - euch täglich über das Körperbewußtsein erheben? Nehmt das Kreuz<br />

täglich auf euch, seht ihr? Nur dann wird es euch möglich sein, sonst nicht. Bloßes<br />

Hörensagen, äußere Dinge tun es nicht. Könnt ihr euren Sohn, <strong>der</strong> sterbend zu Hause<br />

liegt, verlassen, um die Aufgaben des Meisters zu erfüllen - könnt ihr das? Nein. <strong>Die</strong>s<br />

ist ein Kennzeichen. Das an<strong>der</strong>e ist, daß das ganze physische Gemüt, die Einwände<br />

des Gemüts, irgendein unerwartetes Ereignis ihn nicht berühren; er wird durch<br />

nichts beeinflußt. Wenn Bomben fallen - "Nun gut, laßt uns gehen; es ist Sein Werk."<br />

Er weiß, wie man den Körper täglich verläßt. Er wird durch niemanden beeinflußt.<br />

Keine Eingebungen des Gemüts lauern ihm auf. Er wird von den nach außen fließenden<br />

Energien nicht umhergezerrt. Er kann alle nach außen gehenden Energien<br />

nach seinem eigenen Willen und Wohlgefallen gebrauchen. Ich sage euch, es ist ein<br />

sehr einfacher Weg. Wenn ihr diese drei Dinge in einem Menschen seht, wißt ihr, daß<br />

er Gott gefunden hat. Christus sagte: "Wer sein Kreuz nicht täglich auf sich nimmt, ist<br />

nicht mein Jünger." "Ich bin gekommen, um die Töchter von den Müttern zu<br />

trennen." Lest die Bibel. "Ich bin mit dem Schwert gekommen." Seht ihr?<br />

Durchtrennt also alle inneren Bindungen. Auf sehr bedachte Weise, nicht gewaltsam.<br />

So wie man manchmal einen Baum sieht, dessen Stamm äußerlich unversehrt<br />

scheint, aber im Innern von Ameisen zerfressen ist. Äußerlich scheint er in Ordnung<br />

zu sein, aber im Innern ist er hohl. Eure inneren Bindungen sind durchtrennt.<br />

Seit 1948 bis heute, selbst davor, gehörte mir nichts im Satsang. Das alles gehört<br />

mir nicht, seht ihr? Versteht ihr, was Schülerschaft bedeutet? Alle haben dieselben<br />

fünf geladenen Namen, dieselbe Aufmerksamkeit. Der Unterschied besteht nur im<br />

Innern, in <strong>der</strong> inneren Schau. Wer das Zentrum in sich selbst erreicht hat, bewegt die<br />

255


Welt entsprechend <strong>der</strong> Kraft <strong>der</strong> Ausstrahlung ... Hat jemand eine Frage? Bitte<br />

sprecht. Ja, bitte?<br />

Der Swami: Ich möchte sagen, daß ich nach den fünfundzwanzig Jahren, die ich<br />

Yoga und Philosophie studiere, das erste Mal Spiritualität und Yoga zu verstehen<br />

beginne.<br />

Der Meister: Das kommt durch Ihren klaren Verstand. Das ist alles, was ich dazu<br />

sagen kann.<br />

Der Swami: Ich möchte Euch fragen, ob ich initiiert werden kann?<br />

Der Meister: Nun, schauen Sie. Ein Vater will, daß alle seine Kin<strong>der</strong> zu ihm<br />

kommen. Er ist es, <strong>der</strong> sendet, Er ist es, <strong>der</strong> gibt. Wir brauchen uns nicht zu sorgen.<br />

Er trifft alle Vorkehrungen. Sie kamen erst kürzlich zu mir, ganz neu und zum ersten<br />

Mal. Wir hatten noch nie von Ihnen gehört. "Ich möchte gerne bleiben." "In Ordnung,<br />

Sie können bleiben." So ist es Er, <strong>der</strong> sendet, und Er ist es, <strong>der</strong> gibt. Er ist in uns. Es ist<br />

alles Sein Werk, sehen Sie? Es hängt einzig von Ihrem inneren Verlangen ab. Es<br />

kommt alles durch Seine Gnade, würde ich sagen, und auch durch Ihren klaren<br />

Verstand. Ich sah meinen Meister sieben Jahre vorher. Zu jener Zeit war in<br />

Mesopotamien Krieg. Ich reiste mit Ihm im Innern zu verschiedenen Orten. Der<br />

Meister o<strong>der</strong> das fleischgewordene Wort führt euch als Mensch. Er ist auch ein<br />

Mensch. Spiritualität kann nicht durch eine Abstimmung festgelegt werden; es ist<br />

Seine Wahl, sie wird durch Ihn bestimmt. Er ist ein sehr guter Beobachter. Er ist<br />

immer bei uns und achtet auch auf die Richtung unseres Gemüts - in welche Richtung<br />

es sich wendet. <strong>Die</strong> Meister vergleichen das Beschreiten des Pfades <strong>der</strong> Schülerschaft<br />

mit dem Gehen auf <strong>der</strong> scharfen Schneide eines Rasiermessers. Es ist sehr mühsam;<br />

es ist sehr schwierig.<br />

Es geschah, daß Bulleh Shah, <strong>der</strong> ein Sayyid war, ein Angehöriger einer hohen<br />

Kaste, den Brahmanen <strong>der</strong> Hindus gleich, durch seinen Guru Shah Inayat initiiert<br />

wurde. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en Schüler freuten sich: "Oh, er ist Brahmane und nun unser<br />

Bru<strong>der</strong>." Bulleh Shah jedoch, da er einer hohen Kaste angehörte, fürchtete, ein<br />

Schüler von Shah Inayat genannt zu werden. Also wies <strong>der</strong> Meister eines Tages die<br />

an<strong>der</strong>en Schüler an: "Nun, geht zu ihm und tanzt und ruft: 'Bulleh Shah ist unser<br />

Freund und Bru<strong>der</strong> und wir sind seine Mitschüler, seine Brü<strong>der</strong>.'" Doch er versteckte<br />

sich in seinem Haus. Und sie gingen zu seinem Haus und riefen laut: "Unser Bru<strong>der</strong>!<br />

Unser Bru<strong>der</strong> ist dort drinnen!" Dort drinnen verbarg sich also ein Sayyid, ein<br />

Angehöriger einer hohen Kaste <strong>Die</strong> Leute fragten ihn: "Sind das deine Brü<strong>der</strong>?" Er<br />

antwortete: "Nein, das sind nicht meine Brü<strong>der</strong>." Und sie gingen wie<strong>der</strong>. Der Meister<br />

fragte: "Was geschah, als ihr zu ihm gingt?" "Er sagte, er sei nicht unser Bru<strong>der</strong>."<br />

"Nun gut, dann werde ich sein Feld nicht mehr bewässern." Seht ihr? <strong>Die</strong> Saat, alles,<br />

was er hatte, verlor er zur Gänze. Das ist Seine Gabe, seht ihr? Was tun? Wenn <strong>der</strong><br />

Meister einmal seine Augen vom Schüler abwendet, kann ihm Gott noch helfen, seht<br />

ihr? Der Meister pflegte sich Lie<strong>der</strong>, Hymnen anzuhören. Da war eine Dirne, die<br />

jeden Freitag zu ihm kam, um zu tanzen und Hymnen zu singen. Was tun? Wie ihn<br />

erfreuen? Wie sein Wohlgefallen gewinnen? Niemand würde es wagen, beim Meister<br />

für ihn vorzusprechen. So verließ er Haus und Heim und wurde ein <strong>Die</strong>ner im Haus<br />

<strong>der</strong> Dirne. Er diente ihr auf jede erdenkliche Weise und lernte Singen und Tanzen.<br />

Wißt ihr, wie viele Jahre er dazu gebraucht haben muß? Als er darin geübt war, bat er<br />

sie eines Freitags: "Würdest du mir bitte deine Klei<strong>der</strong> geben? Ich möchte sie anziehen<br />

und an deiner Stelle gehen." "Ja, gut!" Shah Inayat war da, und Bulleh Shah trug<br />

256


die Klei<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sängerin. Wie ihr wißt, ist die Ausgelassenheit eines Liebenden von<br />

beson<strong>der</strong>er Art - je<strong>der</strong> Blick, jede Bewegung, jede Geste, alles war berauscht. Inayat<br />

Shah erhob sich und umarmte ihn. [Der Meister ahmt die Anhänger von Inayat Shah<br />

nach und flüstert:] "Was ist das? Habt ihr den Meister gesehen? <strong>Die</strong> Katze ist aus dem<br />

Sack!" Er sagte: "Nun, Bulleh Shah, leg deine Verkleidung ab." "Ich bin nicht Bulleh<br />

Shah. Ich bin einer, <strong>der</strong> Dich vergessen hat. Ich bitte um Vergebung." Inayat Shah<br />

war erfreut, seht ihr? Das ist sehr mühsam, sehr schwierig. Wer opfert alles für den<br />

Meister, selbst im Innersten seines Herzens - alles, was sein ist, Name und Ruhm,<br />

alles …?<br />

Seht ihr, in meinem Dorf war ich <strong>der</strong> einzige, <strong>der</strong> ein Schüler des Meisters war. Das<br />

ganze Dorf war gegen mich und hinter mir her; aber sie konnten mich nicht<br />

überzeugen. Manchmal befragten mich bis zu zwei-, dreitausend Menschen über<br />

diese Dinge. Ich sagte ihnen: "Gut, ihr wollt über diese Dinge sprechen, so wählt<br />

einen aus eurer Mitte, einen Wortführer. Zwei, vier, sechs o<strong>der</strong> mehr gebildete Leute,<br />

und wir sprechen darüber und kommen zu einer Entscheidung." Sie stimmten zu und<br />

legten eine Zeit am späten Abend fest. Um zehn Uhr abends war es stockdunkel. Wie<br />

ihr wißt, ist es in den Dörfern sehr dunkel, sie sind ohne Beleuchtung. Ein Mann<br />

schwor: "Ich werde ihn noch heute nacht töten." Ich ging durch diesen dunklen Ort<br />

und niemand tötete mich, obwohl er einen Versuch unternahm. Ich ging zu <strong>der</strong><br />

Versammlung, und wir sprachen miteinan<strong>der</strong>. Als ich mit einem <strong>der</strong> Wortführer<br />

sprach, überzeugte ihn das, und die Leute waren dann auch hinter ihm her. Als jener<br />

Mann nach Lahore kam und mir auf <strong>der</strong> Straße begegnete, grüßte ich ihn und lud ihn<br />

in mein Haus ein. Ich gab ihm zu essen, und er weinte: "Ich bin <strong>der</strong>, <strong>der</strong> geschworen<br />

hatte, Sie zu töten." <strong>Die</strong> Leute waren gegen ihn. Um das zu verstehen ist keine<br />

Theorie, sind keine weiteren Erklärungen nötig. In <strong>der</strong> Regel ist es am Anfang sehr<br />

schwierig, über den inneren Weg zu sprechen, seht ihr? Nun haben die Menschen<br />

natürlich zu verstehen begonnen. Aber da war überall eine sehr große Opposition.<br />

Der Pfad des Schülers ist also sehr schwierig. Gott segne euch alle, das ist alles, was<br />

ich sagen kann. Man mag euch töten; und für euch ist es ohne Bedeutung, daß ihr<br />

getötet werdet. Ihm nachzufolgen, steht über allem an<strong>der</strong>en. Über allem.<br />

[Nach einer langen Pause:] O mein Gott... das ist eine völlig neue Welt, seht ihr? Ihr<br />

könnt nicht einmal davon träumen. Wie könntet ihr davon träumen? Jemand will<br />

euch töten, und ihr seid bereit, ihn wie<strong>der</strong>zusehen? Christus sprach sehr klar über all<br />

diese Dinge: "Ich bin mit dem Schwert gekommen." Ich glaube, wir achten nie auf<br />

diese Worte von ihm, o<strong>der</strong>? Er sagte auch: "Wer seine Brü<strong>der</strong> und an<strong>der</strong>e mehr liebt<br />

als mich, <strong>der</strong> ist nicht mein Jünger." Ich zitiere seine Worte. Einmal schaute ich die<br />

Bibel durch und merkte mir einige Worte, weil genau diese Dinge einen jeden<br />

angehen. Er möchte, daß wir nur an Ihn, an Ihn gebunden sind - im Innern, über<br />

allem … [Es folgt eine lange Pause.]<br />

Ich hätte mir niemals träumen lassen, daß mir diese Aufgabe übertragen würde.<br />

Hätte es nie für möglich gehalten. Aber er führt die Arbeit für mich fort. Ich bin nur<br />

ein Sündenbock, würde ich sagen. [Der Meister lacht.] Ein Sündenbock. Das ist eine<br />

sehr große Verantwortung. In <strong>der</strong> Regel sage ich: "O Gott, bewahre die Menschen vor<br />

dieser äußerst schweren Aufgabe." Wir beschreiten also diesen Pfad <strong>der</strong><br />

Schülerschaft, wie ihr seht. Wir erblicken Licht, Schimmer des Lichts. Darüber<br />

können an<strong>der</strong>e nicht urteilen. Ihr könnt es selbst beurteilen. Wenn ihr denkt, daß ihr<br />

es richtig macht, daß ihr fortschreitet, steht euch selbst das im Weg. Alles kommt<br />

durch Seine Gnade, es ist Sein Verdienst; alle Ehre gebührt Ihm. Bei <strong>der</strong> Feier des<br />

Diamantenen Jubiläums, die hier stattfand, waren hohe und niedrige Regierungsbeamte<br />

und alle Oberhäupter <strong>der</strong> Religionen anwesend. Es kam einer nach dem<br />

an<strong>der</strong>en, und sie sprachen soviel Anerkennung aus. Ich hörte längere Zeit zu, dann<br />

257


mußte ich sprechen. Ich sagte zu ihnen: "Ich habe diese Worte, die meine Freunde<br />

über mich gesagt haben, voller Aufmerksamkeit vernommen. Um ehrlich zu sein, ich<br />

habe all diese Worte an Ihn, dem all die Ehre gebührt, weitergegeben." Es ist also Sein<br />

Werk, seht ihr...?<br />

Sonst noch etwas? Irgendeine Frage? Ja, bitte, sprechen Sie!<br />

Frage: Wird letztlich je<strong>der</strong> einen vollendeten Meister finden und wie<strong>der</strong> zu Gott<br />

zurückkehren?<br />

Der Meister: Gewiß. Wenn das Kind im Mutterleib ist, trifft <strong>der</strong> Meister<br />

Vorkehrungen. Gott sorgt für die Muttermilch. Alle Kin<strong>der</strong>, die vor ein paar Jahren,<br />

vor Hun<strong>der</strong>ten und Tausenden von Jahren o<strong>der</strong> jetzt geboren und alle die noch<br />

geboren werden - denkt ihr, Gott würde die Mutter nicht für das Kind bereit machen,<br />

daß sie erwartet? Er ist im Embryo. Er kümmert sich um jeden. Wir können uns die<br />

Verantwortung wirklich nicht vorstellen, versteht ihr? Mit unseren äußeren<br />

intellektuellen Fähigkeiten vergleichen wir Ihn einfach mit diesem und jenem, mit all<br />

den äußeren Dingen … Das Unendliche wirkt zu unserem Besten. Strebt danach. Wir<br />

müssen es erlangen. Wir sollten uns allseitig entwickeln, physisch, intellektuell und<br />

spirituell. Aber intellektuelle Fähigkeiten allein werden euch zu nichts bringen. <strong>Die</strong><br />

Meister sagen, daß jene, die glauben gebildet zu sein, vor Ihm wie unwissende Kin<strong>der</strong><br />

sind. Es ist eine Sache des Sehens und des Hörens, nicht eine von Schlußfolgerungen.<br />

Gut, Swami, was für ein Ziel haben Sie? Was haben Sie nun vor?<br />

Der Swami: Ich glaube, ich möchte bei Ihnen sein und...<br />

Der Meister: Wir sprechen hier - wir sprechen von Herz zu Herz. Sie wissen so viel.<br />

Sie sind ein Swami. Sie haben sich viele Jahre mit verschiedenen Yoga-Arten befaßt.<br />

<strong>Die</strong>s ist die höchste Frucht allen Wissens - auch des äußeren Wissens.<br />

Der Swami: Das Ziel eines jeden Menschen ist, zu erkennen, was er ist.<br />

Der Meister: Ja, ja. Das kann man nur im menschlichen Körper.<br />

Der Swami: Wenn jemand ein starkes Verlangen hat, wird Gott ihn zu dem rechten<br />

Menschen führen.<br />

Der Meister: Gewiß, gewiß, das ist richtig. Selbst wenn nur ein Mensch lebte, würde<br />

Er ihn zum Vater führen. Darum sage ich, es ist Er, <strong>der</strong> sendet, und Er ist es, <strong>der</strong> gibt.<br />

Es ist Einer, <strong>der</strong> sendet, und Er ist es auch, <strong>der</strong> uns ihn, den Er sendet, gibt.<br />

Der Swami: Ja.<br />

[Beide lachen.]<br />

Der Meister: Christus sagte, er habe noch viele Schafe, nach denen er sehen müsse.<br />

Als ich 1955 das erstemal Indien verließ, versammelten sich alle. Ich sagte: "Ich muß<br />

gehen." Einige schrieen, an<strong>der</strong>e weinten, und manche flehten. Ich sagte zu ihnen:<br />

"Ich muß gehen, ich habe so viele Dinge zu tun." Ein Mann rief: "Gut, wenn Ihr nicht<br />

bleiben könnt, dann geht!" [Der Meister lacht.] Und er vergoß Tränen. Während<br />

meiner ersten Weltreise wurde mir vor meiner Rückkehr ein Kuvert mit<br />

258


Dollarscheinen angeboten. Ich nahm es nicht an. Er sagte: "Lieber Freund, es wäre<br />

bei weitem besser gewesen, wenn Ihr das Geld genommen hättet, doch Ihr nehmt<br />

unsere Herzen mit Euch." Gott segne euch. Und seid guten Mutes!<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 3, 1978; englisch: 12, 1975<br />

<br />

DER SCHMERZ UND DIE FREUDE<br />

Darshan am 1. August 1974<br />

Frage: Warum möchte Gott, daß die Seele heimkehrt?<br />

Der Meister: Haben Sie Kin<strong>der</strong>? Würden Sie nicht wünschen, daß Ihre Kin<strong>der</strong> nach<br />

Hause zurückkommen? <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> sind dem Vater immer teuer.<br />

Frage: Warum sind wir auserwählt? Warum sind wir unter jenen, denen die Gabe<br />

von Naam gewährt wurde, damit sie heimkehren können? Warum wir?<br />

Der Meister: Nur jenen, die bereit sind, die genug von <strong>der</strong> Welt haben und<br />

zurückkehren wollen - nur ihnen wird ein Visum zur Rückkehr gegeben. Das ist<br />

etwas, was man würdigen muß - ein Einreisevisum. Man wird nur zugelassen, wenn<br />

man ein Visum hat. Wenn einem also Naam gewährt wird, bedeutet dies, daß einem<br />

ein Visum zur Rückkehr gegeben wurde. Aber wenn man dem im Wege steht? - Gott<br />

ist Liebe, und <strong>der</strong> Weg zurück zu Gott ist auch Liebe.<br />

Einreisevisum - es wird euch nur erlaubt, einzureisen, wenn ihr dieses Visum habt.<br />

Euch Naam zu geben bedeutet also, daß euch ein Visum zur Heimreise ausgehändigt<br />

wird; daß allen Kin<strong>der</strong>n erlaubt wird, zu Ihm zurückzukehren. Zau<strong>der</strong>t jetzt nicht!<br />

Jede Mutter, je<strong>der</strong> Vater wünscht, daß alle Kin<strong>der</strong> nach Hause zurückkommen.<br />

Frage: Im Jap Ji sagt Guru Nanak, daß alles nur durch die Gnade Gottes möglich ist.<br />

Geschah es durch die Gnade Gottes, daß wir aus dem Himmelreich heruntergekommen<br />

sind?<br />

Der Meister: Wenn ihr Kin<strong>der</strong> habt, möchtet ihr, daß sie dorthin gehen, wo sie leben<br />

können - um zu sehen, wie <strong>der</strong> Lauf <strong>der</strong> Welt ist, ob sie euch vergessen o<strong>der</strong> nicht.<br />

Aber im allgemeinen versagen wir; wir vergessen. Warum macht ihr euch über all dies<br />

Gedanken? Wir sind hier. Warum er uns sandte und aus welchem Beweggrund - es ist<br />

Seine Sache, das zu beantworten, nicht meine. Laßt uns erst zu Ihm kommen; dann<br />

kann Er es erklären. <strong>Die</strong>se <strong>Fragen</strong> helfen uns nicht. Wenn das Haus in Flammen steht<br />

und auch wir brennen, sollten wir aus dem Haus herausgehen, das ist alles. Wenn ihr<br />

herausgekommen seid, dann findet heraus, wer das Feuer entfacht hat. Alle Meister<br />

sagen dasselbe auf ihre eigene Weise und in ihrer eigenen Sprache. Sie sagen immer:<br />

"Geht zurück." Sie kommen, um eure alten Bindungen zu lösen - um euch von den<br />

Feinden in <strong>der</strong> Gestalt von Freunden zu trennen. Sie kommen mit einem Schwert.<br />

Frage: Wie können wir ein vorherrschendes Verlangen nach Gott entwickeln?<br />

259


Der Meister: Wie entwickelt man ein vorherrschendes Verlangen, jemandem zu<br />

begegnen?<br />

Fragesteller: Indem man an ihn denkt?<br />

Der Meister: Natürlich. Wenn ihr jemandem begegnet, den ihr liebt, sprecht ihr von<br />

ihm. Ihr habt es gern, wenn jemand über ihn spricht. Ihr lest gerne etwas über ihn.<br />

Wenn ihr jemanden liebt und euch jemand etwas über ihn erzählt, dann liebt ihr ihn<br />

natürlich noch mehr … "Wer zu mir über Gott spricht, <strong>der</strong> ist mein wahrer Freund."<br />

Das wird mehr Zuneigung in euch entwickeln, die wachsen und stark werden wird.<br />

Das erste ist also liebevolles Gedenken, das von Tag zu Tag stärker wird, bis ihr<br />

keinen Augenblick mehr ohne Ihn leben könnt. Dann kommt Er. Wenn ein Kind<br />

weint, kommt seine Mutter, gibt ihm etwas zu spielen und geht dann weg. Wie<strong>der</strong><br />

weint das Kind, und sie kommt, um ihm etwas zu essen zu geben und geht wie<strong>der</strong><br />

weg. Wie<strong>der</strong> weint es, bis es nichts mehr zufriedenstellt, bis es die Mutter in ihre<br />

Arme nimmt. Wenn ihr nichts an<strong>der</strong>es als Ihn wollt, kommt Er.<br />

Frage: Ist es nicht unsere Pflicht, fortwährend an Ihn zu denken, wenn wir wissen,<br />

daß <strong>der</strong> Simran die Namen Gottes sind? Ist das nicht ein fortwährendes Denken an<br />

den Herrn, wenn wir mit unserer Arbeit beschäftigt sind und zwischendurch Simran<br />

wie<strong>der</strong>holen?<br />

Der Meister: Nehmt an, ihr habt eine Wunde in <strong>der</strong> Brust - die ganze Zeit, während<br />

ihr sprecht, spürt ihr diesen Schmerz in euch. Der Zustand eines solchen Menschen,<br />

<strong>der</strong> im Herzen verwundet ist, kann nur von einem erkannt werden, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong><br />

gleichen Lage befindet; kein an<strong>der</strong>er weiß, was er verbirgt. Solch ein Mensch kann<br />

nicht schlafen - er ist ruhelos. Wie kann man in so einem Zustand seine Tage<br />

verbringen? So eine Liebe kann man in <strong>der</strong> Gemeinschaft solcher Menschen durch<br />

ihre Ausstrahlung entwickeln. Guru Amardas sagte: "Wenn ihr den menschlichen<br />

Körper besitzt und keine Liebe zu Gott entwickelt habt, dann ist solch ein Leben<br />

hun<strong>der</strong>tmal, tausendmal verwünscht." Wie ist das zu erhalten? - Nur in <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft von einem, <strong>der</strong> Liebe ausstrahlt, <strong>der</strong> alle Liebe ist.<br />

Frage: Sind die fünf Schlüssel zum Himmelreich die fünf heiligen Shabds?<br />

Der Meister: Sie werden euch eine Ladung, einen Aufschwung geben. Sie werden<br />

euch sowohl einen Aufschwung geben als auch als Notanker gegen irgendwelche<br />

negativen Auswirkungen dienen.<br />

Frage: Haben alle Sikh-Gurus bis zurück zu Guru Nanak dieselben Worte gegeben?<br />

Der Meister: Ja. Es gibt Tausende von Namen. <strong>Die</strong>s sind die von den Heiligen<br />

gewählten Namen, weil sie sich direkt auf die Ebenen beziehen und mit ihnen<br />

zusammenhängen - sie repräsentieren in gewisser Weise diese Ebenen - sind ihnen<br />

ganz nahe. Alle an<strong>der</strong>en Namen bezeichnen Eigenschaften. <strong>Die</strong>se nicht. Sie sind ein<br />

Schlüssel zu den Ebenen. <strong>Die</strong>se Namen stehen auch in den Büchern, aber sie sind<br />

nicht geladen. Wenn sie geladen sind, wird alles, was folgt, auch geladen sein.<br />

Frage: Was sollte ein gewöhnlicher Mensch tun, um sich glücklich zu machen?<br />

260


Der Meister: Tut alles gemäß Seinen Wünschen. Ein Mensch ist nur unglücklich,<br />

wenn er nicht bekommt, was er möchte. Ein Leben <strong>der</strong> Sinne, Befriedigung des<br />

sinnlichen Lebens kann die Seele nicht zufriedenstellen. Wir sind Seelen, bewußte<br />

Wesen. "Unser Glück wird kommen, wenn wir das Licht erreichen. Er ist eins mit<br />

unserem Schöpfer - wir sind eins mit Ihm." <strong>Die</strong>se äußeren Dinge sind nur<br />

vorübergehend. Wir wollen sie immer bei uns haben, wollen, daß sie uns niemals<br />

verlassen. Hättet ihr nicht gerne so einen Freund, <strong>der</strong> euch niemals verläßt? Weltliche<br />

Dinge kommen und gehen, kommen und gehen. Zur Zeit <strong>der</strong> Geburt ist eben dieser<br />

Körper unser erster Begleiter, aber wenn wir den Körper verlassen, kann er nicht<br />

mitkommen. Wie können dann an<strong>der</strong>e Dinge, die mit dem Körper kommen, mit uns<br />

gehen?<br />

Ihr seid also bewußte Wesen und hättet gern etwas Beständiges, das den Körper<br />

nicht verläßt. Wir empfinden Freude, solange wir verhaftet sind, solange wir mit uns<br />

mit etwas identifizieren, solange unsere Aufmerksamkeit sich in etwas vertieft.<br />

Während dieser Zeit empfinden wir Freude. Wenn das fortgenommen wird o<strong>der</strong> ihr<br />

davon zurückgezogen - getrennt - werdet, seid ihr unglücklich. Nehmen wir einmal<br />

an, daß ein Hund - das ist natürlich ein schlechtes Beispiel - einen Knochen frißt. Der<br />

Knochen hat keinen Geschmack, aber er frißt das Blut, das aus seinem verletzten<br />

Maul kommt und empfindet Freude. Er frißt sein eigenes Blut. Doch allein in <strong>der</strong><br />

Aufmerksamkeit liegt aller Friede, alle Freude und alle Ewigkeit. Wenn wir uns mit<br />

etwas Vergänglichem identifizierten, empfinden wir kurzzeitig Glück; doch wenn das<br />

zurückgezogen wird o<strong>der</strong> wir davon zurückgezogen werden...<br />

"Wir haben etwas, das uns bis ans Ende <strong>der</strong> Welt nicht verläßt. Das ist Gott." <strong>Die</strong>se<br />

Bewußtheit ist das Brot und Wasser des Lebens. Das Brot des Körpers ist also<br />

Nahrung und Wasser, das Brot des Intellekts ist <strong>der</strong> Gedanke; aber das Brot unserer<br />

Seele ist die Verbindung mit allem Bewußtsein. Wenn ihr diese bekommt, seid ihr<br />

erfüllt.<br />

Nun gut. Gott segne euch.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 2, 1975; englisch: 10, 1974<br />

<br />

IHR HANDELT MIT DIAMANTEN<br />

Ein Darshan-<strong>Gespr</strong>äch von Meister Kirpal Singh vom 8. August 1974<br />

Der Meister: Ja, bitte?<br />

Frage: Kann ich Eure Heiligkeit heute abend nach dem Darshan für etwa drei<br />

Minuten persönlich sprechen?<br />

Der Meister: Solange <strong>der</strong> Atem weitergeht - warum nicht? Sie sind willkommen. Ich<br />

fürchte, Sie reisen bald von hier ab?<br />

Antwort: Morgen nacht - um Mitternacht.<br />

Der Meister [zu einem an<strong>der</strong>en Schüler]: Fahren Sie auch mit <strong>der</strong>selben Gruppe?<br />

261


Antwort: Ja.<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> Zeit und die Flut warten auf niemand - sie verrinnen wie nur<br />

etwas. Durch Seine Gnade ist hier fünfzehn Minuten eine lange Zeit. Welche <strong>der</strong><br />

beiden Zeiten ist besser?<br />

Frage: Wie bitte?<br />

Der Meister: Welche <strong>der</strong> beiden Zeiten ist besser? <strong>Die</strong> Zeit des Wartens o<strong>der</strong> die Zeit<br />

des Scheidens?<br />

Der Schüler: <strong>Die</strong> Zeit des Wartens.<br />

Der Meister: Ja, es mag eine gewisse Aussicht bestehen... wenn Gott will, natürlich.<br />

Frage: Aussicht auf was?<br />

Der Meister: Auf eine Begegnung.<br />

Frage: Wie<strong>der</strong>?<br />

Der Meister: Ja, es kann sein. Wenn es Gottes Wille ist.<br />

Der Schüler: Ich freue mich, darauf zu warten.<br />

Der Meister: An<strong>der</strong>erseits bin ich am Abend meines Lebens angelangt - <strong>der</strong> Tag ist<br />

vorbei. Seine Gnade wacht über uns.<br />

Der Schüler: Das könnte für uns beide zutreffen.<br />

Der Meister: Vielleicht. [Er lacht.] Gut, noch weitere <strong>Fragen</strong>?<br />

Der Schüler: Ich habe keine <strong>Fragen</strong>.<br />

Der Meister: Ich denke, Sie erinnern sich an die Geschichte von Birbal, dem<br />

Minister?<br />

Der Schüler: Ja, Herr.<br />

Der Meister: Wißt ihr, warum ich darauf eingehe?<br />

Frage: Nicht schlecht von an<strong>der</strong>en zu denken?<br />

Der Meister: Es geschah, daß sich die an<strong>der</strong>en Minister über Birbal beschwerten...<br />

Birbal war einer <strong>der</strong> Minister von Akbar dem Großen; er war sehr heiter und<br />

pflichtbewußt. Eines Tages klagten alle an<strong>der</strong>en Minister: "Birbal ist von nie<strong>der</strong>er Art.<br />

Er scheint aus einer Familie mit geringer Bildung zu stammen. Trotzdem erweist Ihr<br />

ihm hier am Hof so viel Ehre. Wenn Ihr das selbst beurteilen wollt, könnt ihr<br />

hingehen und seinen Vater selbst sehen." Er sagte: "Ja, gut." Birbal ging am Abend zu<br />

seinem Vater und sagte ihm: "Der König wird kommen, um dich zu sehen. Er wird<br />

262


dich herausfor<strong>der</strong>n, aber wir erweisen ihm Ehrerbietung und Achtung. Du kannst<br />

ihm einige <strong>Fragen</strong> stellen, über dies und jenes, aber danach bleib’ still. Was immer er<br />

dich dann fragt, antworte nicht." Als <strong>der</strong> König kam, handelte Birbals Vater, wie ihm<br />

gesagt wurde. Später fragte <strong>der</strong> König Birbal: "Birbal, wenn wir einem törichten<br />

Menschen begegnen, was sollen wir dann tun?" Birbal antwortete: "Wir sollten<br />

schweigen."<br />

Seht ihr, er war nicht gebildet, ein ganz gewöhnlicher Mensch. Was sollte er tun?<br />

Bei einem gewissen Punkt - schweigen. Nun sagt mir eure Meinung? [Alle lachen.] Ist<br />

es nicht so? Ja, fahrt fort - sprecht. Ihr seid willkommen.<br />

Frage: Entschuldigt, Eure Heiligkeit. Ist es manchmal besser, sich ganz in die Augen<br />

des Meisters und in sein Antlitz zu vertiefen und die Verwandlung seines Gesichts zu<br />

sehen, als darauf zu hören, was er sagt? Wenn <strong>der</strong> Meister während des Darshans<br />

spricht, vertieft man sich manchmal in Eure Augen, so daß man alles vergißt und<br />

nicht einmal hört, was Eure Heiligkeit sagt. Und niemand sonst scheint da zu sein.<br />

Der Meister: Was Schweigen ausdrückt, kann nicht durch Worte vermittelt werden,<br />

seht ihr?<br />

Der Schüler: Danke.<br />

Der Meister: Schweigen ist immer Gold. Nun, die Augen sind die Fenster <strong>der</strong> Seele.<br />

<strong>Die</strong> Augen sind die Fenster <strong>der</strong> Seele. Dringt tief in sie ein. Das ist, was wir nötig<br />

haben. Einmal erklärte Christus geradewegs, daß er das fleischgewordene Wort sei.<br />

Später sagte er: "Nun eßt mich und trinkt mich." Sie wun<strong>der</strong>ten sich, wie er zu essen<br />

und zu trinken sei, wobei sie vergaßen, daß er gesagt hatte, er sei das<br />

fleischgewordene Wort. <strong>Die</strong> Augen sind also die Fenster <strong>der</strong> Seele. Wenn ihr darin<br />

vertieft seid, dann ist es gut. Guru Nanak hieß die Schüler einmal einen toten Körper,<br />

<strong>der</strong> mit einem Tuch bedeckt dalag, zu essen. "Eßt den toten Körper!" [Der Meister<br />

verzieht das Gesicht und ahmt Guru Nanaks Schüler mit einem ablehnenden<br />

Unterton nach: "Einen toten Körper essen?"] Als sich dann <strong>der</strong> zweite Guru<br />

anschickte zu gehorchen und das Tuch beiseite zog, waren dort Süßigkeiten. <strong>Die</strong>s ist<br />

bildlich gemeint. <strong>Die</strong> Augen befinden sich an <strong>der</strong> höchsten Stelle. Sie tun die<br />

wichtigste Arbeit. Sie können eine Botschaft ohne Worte übermitteln. Das Gemüt<br />

verbindet sich mit dem Herzen. Durch die Augen versteht ihr mehr, als wenn jemand<br />

zu euch spricht. <strong>Die</strong>se Wissenschaft ist also sehr genau. Sich auf die Strahlung <strong>der</strong><br />

Augen zu konzentrieren ist das Sprungbrett zu einer höheren Ebene. Noch besser ist<br />

es, hinaufzugehen. Vergeßt die Augen, wenn ihr einmal Bescheid wißt.<br />

In den alten Tagen gab es verschiedene Wege, um Botschaften zu übermitteln. Für<br />

die Schüler gab es vier Stufen: die Grundstufe, die Mittelstufe - den ganzen Weg<br />

hinauf. <strong>Die</strong>s ist etwas für die Oberstufe. Das Antlitz des Meisters ist eine neue Art des<br />

Vertieftseins. Durch die Augen zu essen und zu trinken ist höhere Unterweisung.<br />

Ich erinnere mich, wie unser Meister einmal dasaß. Gerade als ich hereinkam, sagte<br />

er: "Setz dich neben mich und sprich etwas." Ich erzählte ihm immer, was mir im<br />

Sinn lag, und die Leute hörten alles. Einmal sagte ich: "Während <strong>der</strong> Lebenszeit von<br />

Soami Ji richtete man sich nach den Sikh-Bräuchen. <strong>Die</strong> Meister pflegten vorne zu<br />

sitzen. Man konnte schauen - Auge in Auge - und alles vergessen." Später, wenn sie<br />

dem Meister zu begegnen pflegten, baten sie auf diese Weise [<strong>der</strong> Meister macht mit<br />

den Händen eine Geste unterhalb <strong>der</strong> Augen] und schauten ihn an, seht ihr?<br />

Manchmal beugten sie sich zu den Füßen des Meisters nie<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sagte: "Ich bin hier,<br />

263


laßt es gut sein! Ich bin hier. Schaut hier herauf!" Dann begannen die alten Leute dort<br />

zu jammern: "Warum gebt Ihr es uns jetzt nicht?"<br />

Ich denke, das ist etwas von einer höheren Art - die Augen. Das ist für jene, die sich<br />

über das Körperbewußtsein erheben. Aber wir halten fest am Körperlichen. <strong>Die</strong> Liebe<br />

o<strong>der</strong> Gebundenheit, die im Fleisch beginnt und im Fleisch endet ist Lust - sie beginnt<br />

ganz im Körper. Der Geist ist nicht im Körper, son<strong>der</strong>n in den Augen. <strong>Die</strong> Leute<br />

kamen jammernd zu ihm: "Warum gebt Ihr es 16 uns nicht auf diese Weise?"<br />

Verwirklicht es. Aber jene, die keine Hingabe entwickelt haben, wenden sich ab.<br />

Unser Meister pflegte zu sagen, daß das hungrige Kalb zur Kuh geht und ihm die<br />

Mutter Milch gibt, damit es genug trinken kann. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en sind wie Zecken auf<br />

dem Euter, die das Blut saugen. Solange man im Körper ist, sind die Augen ein<br />

Schrittstein für unsere Schulung. <strong>Die</strong> gelehrten Leute raten, sich die Form des<br />

Meisters vorzustellen. Ich habe das niemals getan.<br />

Frage: Würdet Ihr das bitte noch einmal wie<strong>der</strong>holen?<br />

Der Meister: Ja. Fast alle Meister raten, wenn sie initiieren, euch lediglich die Form<br />

des Meisters vorzustellen. Ich habe das nie getan, seht ihr? Und etwa zwanzig, vierzig,<br />

fünfzig o<strong>der</strong> sechzig Prozent sehen etwas. Warum raten sie dies? Erstens gibt euch<br />

das für eine Zeit Ruhe. Doch wenn ihr an jemanden denkt, könnt ihr euch einen<br />

Menschen, <strong>der</strong> sich auf eurer Ebene o<strong>der</strong> darunter befindet, vorstellen. Aber ihr<br />

könnt euch nicht jene vergegenwärtigen, die über dieser Ebene sind, das ist alles. Sie<br />

erfahren ein wenig Ruhe, das ist in Ordnung. Aber das ist nicht alles. Gott ist also<br />

jemand, <strong>der</strong> von oben kommt. Wenn ihr einen Raum betretet, in dem jemand sitzt,<br />

werdet ihr ihn dort finden, ob ihr ihn euch beim Eintreten vorstellt o<strong>der</strong> nicht. Bei <strong>der</strong><br />

Initiation nimmt er Wohnstatt in euch. Sich etwas vorzustellen ist sehr gefährlich.<br />

Wenn ihr euch jemand vorstellt, werdet ihr, was er ist. Niemand führt o<strong>der</strong> begegnet<br />

uns. Darum betone ich, sich nichts vorzustellen. Ich sage nicht, stellt euch mich vor.<br />

An<strong>der</strong>e tun das, denke ich. Sie stellen sich die Form vor, die sie auf Porträts sehen. Es<br />

gibt viele Dinge, die man lernen muß. Selbstverständliche Wahrheiten. Sie wan<strong>der</strong>n<br />

alle umher und klagen: "Warum, warum, warum finden wir keinen Frieden?"<br />

Warum? - Stellt euch nichts vor. Darum finden wir so viele, die nicht fortschreiten.<br />

Anstatt höher hinaufzugehen, stecken sie fest. <strong>Die</strong>se Dinge werden nicht in den<br />

Büchern erwähnt. Nicht auf dieselbe Weise. Das ist eine wirkliche Gabe - Augen<br />

sprechen durch die Augen zu euch - im Innern, wo ihr sitzt - nicht wahr? Nur dann<br />

werdet ihr verstehen. Durch die physische Gegenwart o<strong>der</strong> durch das Entwickeln <strong>der</strong><br />

Empfänglichkeit werdet ihr die beständige Gemeinschaft des Meisters haben. Wenn<br />

nichts mehr zwischen euch und ihm steht, seid ihr empfänglich. Dann und nur dann<br />

könnt ihr euch <strong>der</strong> dauernden Gemeinschaft des Meisters erfreuen. Wenn ihr euch<br />

aber den Meister nur als physischen Menschen vorstellt und nur an den physischen<br />

Körper und an an<strong>der</strong>e Dinge gebunden seid, ist dies falsch!<br />

Frage: Angenommen, einige Leute sind in einem Wagen. Sie stellen sich vor, daß Ihr<br />

auch mitfahrt und sie sprechen laut. Hat das irgendeinem Sinn? Wenn man sich<br />

vorstellt...<br />

16<br />

„es“ ist das, was uns <strong>der</strong> Meister gibt; das kann die Ausstrahlung sein, die man erhält, wenn<br />

man die Füße eines Meisters berührt, wonach die Schüler von Soamiji hier verlangten. Aber<br />

durch seine Augen kann man weit mehr bekommen: Berauschung; Licht, Erhebung. Wir<br />

müssen diesen Impuls verwirklichen, indem wir uns ganz in das vertiefen, was er uns gibt<br />

(Naam, das innere Licht und den Ton) und dadurch den Körper überschreiten.<br />

264


Der Meister: Es kommt von selbst. Das kommt von selbst.<br />

Frage: Aber sie stellen es sich vor.<br />

Der Meister: Was von selbst kommt, hat Leben.<br />

Frage: Ich verstehe nicht …?<br />

Der Meister: Manchmal sehen es 17 die Leute deutlich, manchmal fühlen sie es nur.<br />

Frage: Wenn es Gefühle sind, obschon...<br />

Der Meister: Wenn ihr es fühlt, dann ist es natürlich besser, sich höher zu<br />

entwickeln. Gefühle gibt es immerhin nur auf <strong>der</strong> physischen Ebene. Kabir sagt, wenn<br />

ihr ihn nur als Menschen betrachtet, werdet ihr immer wie<strong>der</strong> zur Hölle hinabsteigen,<br />

seht ihr?<br />

Jene, die nicht mit den Lehren vertraut sind, können sie nicht erklären, da sie euch<br />

an sich binden, und dadurch wird euer Verstand beeinträchtigt. Sie können euch<br />

nicht helfen. Außerdem handelt ihr mit Diamanten; wenn ihr eure Aufmerksamkeit<br />

darauf richtet, bekommt ihr mehr. Wenn ihr täglich Zeit einsetzt, werdet ihr mehr<br />

erhalten. Wenn ihr täglich Zeit einsetzt, werdet ihr euch höher entwickeln und nach<br />

innen gehen. Nun, ihr werdet wirklich ein Initiierter, wenn ihr dem Meister innen<br />

begegnet und mit ihm nach Belieben sprecht.<br />

Frage: Könntet Ihr bitte die letzte Feststellung wie<strong>der</strong>holen?<br />

Der Meister: Wenn ihr mit ihm ein <strong>Gespr</strong>äch von Herz zu Herz führt, wann immer<br />

ihr es wollt. Schließt eure Augen. Das wird kommen. Es ist wie Fernsehen, das ist<br />

alles. Das braucht Übung.<br />

Frage: Aber keine Einbildungskraft?<br />

Der Meister: Nein, nein, nein. Wenn ihr euch etwas vorstellt, ist das euer eigenes<br />

Machwerk. Darum sage ich euch, stellt euch nichts vor, nehmt nichts vorweg. Manche<br />

Leute beginnen zu initiieren.<br />

Frage: Wie bitte?<br />

Der Meister: Manche beginnen zu initiieren, und die Leute sagen, daß er ein Guru<br />

ist.<br />

Der Schüler: Ich habe davon gehört.<br />

Der Meister: Durch Hörensagen?<br />

Frage: Manche Leute sagen, daß sie den Meister lebend vor sich sahen.<br />

Der Meister: Ja, das kann sein.<br />

17<br />

Mit „es“ ist die Gegenwart des Meisters zu verstehen, die man empfinden o<strong>der</strong> direkt<br />

wahrnehmen kann.<br />

265


Frage: Das kann es auch geben?<br />

Der Meister: Warum soll Er es nicht können? Durch ein Mikroskop sehen wir, daß<br />

selbst die Atmosphäre voller Mikroben ist. Mikroben gibt es überall.<br />

Frage: Geliebter, ich hörte eine Erzählung, daß Eure Heiligkeit 1955 in Amerika war<br />

und dort und zur gleichen Zeit hier in Indien Satsang hielt - Tausende von Menschen<br />

sahen Euch.<br />

Der Meister: Ja.<br />

Frage: Nun, sie wollen wissen, ob sie Euch im Äußeren sehen können und ob Ihr an<br />

mehr als einem Ort sein könnt<br />

.<br />

Der Meister: Das Wort ist <strong>der</strong> Guru!<br />

Der Schüler: Ja.<br />

Der Meister: Das Wort wurde Fleisch. Das habe ich euch schon erklärt, das ist alles.<br />

Sie haben mich im Astralen gesehen.<br />

Frage: Dann die Geschichte von meinem Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> kein praktizieren<strong>der</strong> Satsangi<br />

ist. Er trat aus einem Cafe, und aus einem Lokal kam ein Mann, <strong>der</strong> betrunken war<br />

und mit seinem Wagen rücksichtslos drauflos fuhr. Und dann sagte mein Bru<strong>der</strong>: "Ist<br />

es möglich, daß ich den Meister vor mir sehen kann?" Und ich antwortete: "Ja,<br />

warum nicht?" Er sagte: "Ich meine, so wie dieses Bild hier?" Ich erwi<strong>der</strong>te: "Ja,<br />

warum nicht?" "Ja, und genau das ereignete sich." Er sagte: "Der Meister wurde vor<br />

mir sichtbar, und beide Wagen hielten an."<br />

Der Meister: Das rettete ihn.<br />

Der Schüler: Darin liegt also <strong>der</strong> Beweis. Das ist er!<br />

Der Meister: <strong>Die</strong> Gnade kann gewährt werden. Manchmal überschlägt sich ein<br />

Wagen und niemand wird verletzt, wie bei dieser Geschichte.<br />

<strong>Die</strong>se Kraft achtet immer auf uns. Wir haben kein Vertrauen zum Meister, so wie es<br />

ein Kind zu seiner Mutter hat.<br />

Der Schüler: Vater, heute mußten wir weggehen, um Besorgungen zu machen. Ganz<br />

plötzlich ereignete sich ein schrecklicher Unfall. Ein Wagen prallte gegen einen<br />

an<strong>der</strong>en und überschlug sich. Ich sagte sofort mit voller Kraft die geladenen Namen.<br />

Unser Fahrer ging hinüber, um zu sehen, was geschehen war. Er kam zurück und<br />

sagte: "Es ist nicht viel passiert. Er hat lediglich einen Schlag hierher [er zeigt auf die<br />

Schulter] abbekommen." Er wurde aus dem Wagen geschleu<strong>der</strong>t. Der Wagen<br />

überschlug sich. Und die Kraft, mit <strong>der</strong> die Worte durch Euch geladen sind, das weiß<br />

ich, hat da eine Menge Unheil verhütet.<br />

Der Meister: An<strong>der</strong>e mögen es dir glauben o<strong>der</strong> nicht, aber es ist eine Tatsache.<br />

Der Schüler: Es ist eine Tatsache. Ja, danke, Satguru.<br />

266


Der Meister: Durch die Spiritualität beginnt ihr alles auf ganz natürliche Weise<br />

durch diese <strong>Gespr</strong>äche von Herz zu Herz zu verstehen. Unser Meister pflegte mit<br />

großer Achtung für alle ganz einfach zu sprechen.<br />

Ich habe während des Satsangs immer im Hintergrund gesessen. Im allgemeinen<br />

saßen die reichen Leute vorne, ganz vorne. Eines Tages kam ein Rechtsanwalt, um<br />

mit mir zu sprechen; er kam herein und saß bei mir. Ich sagte ihm: "Ihr Platz ist<br />

vorne!' "Sehen Sie", antwortete er, "ich sehe den Meister von hier aus. <strong>Die</strong> Augen des<br />

Meisters schauen immer auf mich." Je empfänglicher wir sind, desto mehr erhalten<br />

wir. Je<strong>der</strong> bekommt es.<br />

Der Schüler: Viele haben gesehen, wie sich <strong>der</strong> Meister in Guru Nanak, und an<strong>der</strong>e<br />

haben gesehen, wie er sich in unseren Großvater Hazoor verwandelt hat. Der Meister:<br />

<strong>Die</strong>selbe Kraft wirkt durch verschiedene menschliche Körper. Als Guru Nanak einst<br />

den Körper verließ, blühte er auf. Als sie weinten, sagte er einfach: "Seht her, wenn<br />

euch ein Freund heute verläßt, kommt er eines Tages in einem an<strong>der</strong>en Gewand<br />

zurück. Welchen Unterschied macht das?" <strong>Die</strong> Kleidung mag sich än<strong>der</strong>n, aber diese<br />

Kraft nicht. Das sind schwierige Dinge. <strong>Die</strong> Menschen haben davon eine praktische<br />

Erfahrung bekommen. Wie ich euch sagte - die Spiritualität beginnt erst mit den ABC.<br />

Frage: Meister, gibt es irgend etwas, das wir bewußt tun können, um die Wirkung<br />

<strong>der</strong> Ausstrahlung, die wir in <strong>der</strong> physischen Gegenwart des Meisters erhalten, zu verlängern?<br />

Der Meister: Durch Empfänglichkeit erhaltet ihr sie zu je<strong>der</strong> Zeit. Nicht nur für<br />

einen längeren Zeitraum, son<strong>der</strong>n ständig.<br />

Frage: Wir sollten das uns nicht entgehen lassen.<br />

Der Meister: Ja, achtet genau darauf. Laßt euch nicht durch äußere<br />

Zurschaustellung in die Irre führen. Unser Meister pflegte ein sehr gutes Beispiel zu<br />

geben - das eines sehr gut gemalten Gemäldes, das eine Landschaft, Vögel und<br />

an<strong>der</strong>es zeigte; aber wenn man die Rückseite anschaut, ist da nichts - es scheint<br />

nichts dort zu sein. Auf <strong>der</strong> Rückseite ist nichts. Wenn ihr aber ein Mikroskop habt,<br />

sieht das ganz an<strong>der</strong>s aus.<br />

Nur ein solcher Mensch kann euch retten - niemand sonst. Wenn er euch erhebt,<br />

seid ihr zufriedengestellt. [Er wendet sich einem zu, <strong>der</strong> am nächsten Tag abreist:]<br />

Wenn Sie <strong>Fragen</strong> haben, bitte fragen Sie zu Ihrer Zufriedenheit.<br />

Der Schüler: Gut, danke, Meister.<br />

Der Meister: Wenn ein Kind in die Schule kommt, ist das eine Übungsstätte. Man<br />

bringt ihm das ABC bei, und dann lernt es schreiben. Auf ähnliche Weise könnt ihr<br />

diesen Zustand empfinden werden, wenn ihr euch erhebt. Deshalb braucht ihr<br />

weitere Führung. Ihr seid sehr begünstigt, an<strong>der</strong>e sind es nicht. In diesen <strong>Gespr</strong>ächen<br />

von Herz zu Herz erfahrt ihr viele Dinge, die Er uns allen sagt, die aber nicht in den<br />

Büchern stehen. Aber das ist nicht alles. Darüber hinaus gibt es noch mehr...<br />

Frage: Satguru, wenn man sich Eurer Heiligkeit, Eurer Gegenwart stets bewußt ist<br />

und nicht die Qualen <strong>der</strong> Trennung fühlt, son<strong>der</strong>n Eure kraftvolle Anwesenheit<br />

allezeit empfindet ...?<br />

267


Der Meister: Das ist eine Beziehung zwischen dir und Ihm. Das ist nicht für jeden.<br />

Der Schüler: Gut.<br />

Der Meister: Ich sage euch warum, es ist eine Gabe. Ihr würdet nicht wollen, daß<br />

je<strong>der</strong> alles über eure weltliche Liebe weiß. Warum sagt ihr ihnen, laßt ihr an<strong>der</strong>e<br />

wissen, daß Gott <strong>der</strong> Guru ist? Entschuldigt, wenn ich das so sage. In <strong>der</strong> Anfangszeit,<br />

als ich zu meinem Meister ging, fragten mich die Leute: wie groß ist Dein Guru? Ich<br />

antwortete: "Soweit ich weiß, ist Er weit, weit mehr als das, was ich brauche: dessen<br />

kann ich sicher sein. Wenn er über Gott spricht, muß er <strong>der</strong> Guru sein. Etwas in ihm<br />

weiß von Gott." Und die Leute trafen mit Seiner Gnade ihre Entscheidung. Ich hoffe,<br />

ihr erinnert euch an seinen Ratschlag. Laßt sie es deshalb selbst herausfinden.<br />

Der Schüler: Ja, Meister.<br />

Der Meister: Es ist falsch, Lügen als Beweis für die Größe des Meisters zu erzählen.<br />

Wenn es die Leute selbst erkennen, ist es in Ordnung. Sagt nur so viel, wie ihr wißt.<br />

Der Schüler: Lügen sind Lügen.<br />

Der Meister: Ja. Sie täuschen an<strong>der</strong>e wahrlich an ihrer Lebensquelle. Ich habe diese<br />

Dinge nicht in den Büchern geschrieben. Je<strong>der</strong> kann das erlangen. Es ist nicht für<br />

irgendeine bevorzugte Gemeinschaft. <strong>Die</strong> Tür steht jedem offen. Einmal befand sich<br />

unser Meister an einer Bahnstation, und da war ein Christ, <strong>der</strong> ihn auf dem Weg<br />

aufhielt. "Sagt, ist Christus größer o<strong>der</strong> euer Guru? Wer ist größer?" "Ich habe<br />

Christus nicht physisch gesehen, aber meinen Guru. Wenn du beide<br />

zusammenbringst, kann ich es dir sagen." Sie sind eins in zweien und zwei in einem.<br />

Jene, die sie erkannt haben, sagen es auf diese Weise. Das sind Vergleiche. Laßt<br />

an<strong>der</strong>e urteilen, wer größer ist. <strong>Die</strong>s ist für jene, die aufmerksam sind, würde ich<br />

sagen. Sie werden es erhalten.<br />

Zuerst hatte ich mit früheren Konferenzen und bei <strong>der</strong> Entwicklung des Zentrums<br />

für den Menschen Schwierigkeiten. Aber nun kommen sie alle in <strong>der</strong> Liebe Gottes<br />

zusammen. Das ist Sein Werk. Das ist also das einzige Heilmittel für alle Übel unserer<br />

Zeit. Gut, nun ist Essenszeit, geht essen - Gott segne euch!<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 4/1977; englisch: 4/76<br />

<br />

268


MACHT WEITER<br />

Ein offenes <strong>Gespr</strong>äch mit Meister Kirpal Singh im<br />

Sawan Ashram am 11. August 1974, zehn Tage<br />

vor seinem physischen Weggang<br />

Frage: Manchmal begegnen wir Schülern von an<strong>der</strong>en, sogenannten Meistern.<br />

Wieviel sollen wir sagen, wenn überhaupt etwas? Sie sagen, daß sie in Licht und Ton<br />

eingeweiht wurden. Sollen wir dies in Frage stellen? Beson<strong>der</strong>s dann, wenn es ein<br />

an<strong>der</strong>er Guru ist, von dem wir wissen, daß es kein echter ist. O<strong>der</strong> sollten wir ihnen<br />

nur Literatur vom Meister geben und gar nichts sagen?<br />

Der Meister: Wenn jemand zu euch kommt, <strong>der</strong> bereits irgendwo an<strong>der</strong>s initiiert<br />

wurden, ist er gekommen, um von euch Information zu erhalten. Sagt ihm, was er<br />

wissen will. Sagt nicht: "Dein Meister ist nicht echt.“ Gebt ihm das Kennzeichen eines<br />

Meisters; was von einem Meister erwartet wird. Laßt ihn selbst urteilen. Versucht ihm<br />

zu erklären, wie man ihn äußerlich beurteilen kann.<br />

Frage: Geliebter, sie hat diese Frage aus dem einfachen Grund gestellt, weil zwei von<br />

hier dem Schüler eines an<strong>der</strong>en Meisters begegnet sind, <strong>der</strong> behauptet, daß Baba<br />

Sawan Singh ihm den Auftrag gab, in den Süden Indiens zu gehen, und daß er das<br />

Licht- und Tonprinzip übermitteln kann. Ist dies so?<br />

Der Meister: Ich weiß es nicht.<br />

Frage: Der Name ist …, aus Bombay.<br />

Der Meister: Der Meister ermächtigte ihn zu gehen, und sagte ihm: „Gut, du kannst<br />

Satsang halten und über Spiritualität sprechen. “ Dann: „Ich erkläre euch, wie man<br />

meditiert.“ Selbst Gruppenbeauftragte setzen an<strong>der</strong>e in Meditation, und sie sehen ein<br />

Licht. Werden deshalb alle Gruppenbeauftragten zu Meistern? (Lachen) …Warum<br />

beschäftigt ihr euch damit? Mögen jene, die damit zufrieden sind, fortfahren. <strong>Die</strong><br />

Verbindung mit Licht und Ton ist nicht das einzige Merkmal. Es gibt noch an<strong>der</strong>e:<br />

Schutz, Hilfe.<br />

Frage: Es ist eine Sache, von etwas zu sprechen, jedoch eine an<strong>der</strong>e, es zu tun.<br />

Der Meister: Wenn ihr selbst an eurem eigenen Meister zweifelt, ist es in Ordnung.<br />

Wenn nicht, macht weiter. Hier in Indien sah ich zwei Männer (sogenannte Meister)<br />

sterben. Sie baten Ihn um Vergebung ihrer Sünden. Im Westen ebenfalls. Wenn ihr<br />

auf den Weg gestellt seid, urteilt nicht über an<strong>der</strong>e. Arbeitet und dann seht. Als ich<br />

meinem Meister begegnete, schrieb ich meinem älteren Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> nicht initiiert<br />

war: "Ich kam mit einem Meister in Verbindung, <strong>der</strong> sich wie Guru Nanak in aller<br />

Demut auf Erden bewegt, aber warte.“ … Wenn ihr schwankt, schadet ihr dem Namen<br />

des Satsang. Warum macht ihr es nicht und seht dann? Wenn jemand mit seinem<br />

Weg zufrieden ist - nun gut! Es ist Gott, <strong>der</strong> gibt, es ist allein Gott. Wie ich euch vor<br />

einigen Tagen sagte, hat man die Leute früher, als sie initiiert wurden, gebeten, zu<br />

schweigen und zwei Jahre lang nicht darüber zu sprechen. Macht weiter so, macht<br />

weiter so, macht weiter so … Wir sind nicht vollkommen empfänglich. Wenn ihr es<br />

bekommen habt, tut es und seht, und dann legt Zeugnis ab. Wir werden zuerst<br />

„Meister “ und dann Initiierte, versteht ihr? (Lachen) … Ich habe ein Rundschreiben<br />

269


herausgegeben: Ich hoffe, daß niemand zwischen dem Initiierten und dem Meister<br />

steht. Kennt ihr dieses Rundschreiben?<br />

Schüler: Ja.<br />

Der Meister: Je<strong>der</strong> von euch?<br />

Frage: Niemand soll zwischen dem Initiierten und seinem Meister stehen.<br />

Der Meister: Beide Lichter leuchten. Seid sehr vorsichtig! Er ist nicht einer mit<br />

vollem Licht.<br />

Frage: Begegnet <strong>der</strong> Meister jedem Initiierten zur Zeit des physischen Todes?<br />

Der Meister: Jene, die darauf abgestimmt sind, werden es vorher wissen. Jene, die<br />

nie meditieren, erfahren es am selben Tag. Er wird euch wenigstens führen, den Weg<br />

zeigen. Aber für einen, <strong>der</strong> den Körper überschreitet, ist dort das Sprungbrett. Sie<br />

wissen: "Gut, ich gehe." Meine Frau sagte: „Ich gehe morgen.“ Ich erwi<strong>der</strong>te: "Sage<br />

dem Meister, dich nicht morgen zu holen, bitte ihn darum. Morgen werden Tausende<br />

von Menschen zu einem großen Satsang kommen." Als dies vorüber war, ging ich zu<br />

ihr: "Bist du bereit?" "Ja." "Geh nach innen." Sie ging heiter. <strong>Die</strong>s ist das Schicksal<br />

von jedem. Es wird kein Zugeständnis gemacht, dies gilt für jeden, <strong>der</strong> initiiert ist.<br />

Aber wir sind nicht aufrichtig, das ist bedauerlich. Wir sind unseren Freunden und<br />

Verwandten gegenüber aufrichtig. Nun, ich frage jeden Tag, wie viele die Form des<br />

Meisters gesehen haben, versteht ihr? Zur Zeit <strong>der</strong> Initiation ist es eine Saat. Sie sollte<br />

entwickelt werden. Ihr solltet den Meister im Innern sehen und mit ihm sprechen.<br />

Dann werdet ihr wirklich umgeformt, würde ich sagen. Nicht früher. Ihr seid alle auf<br />

Probe, bis ihr ihn innen erreicht. Wenn ihr euch drei Monate aufrichtig bemüht,<br />

werdet ihr wun<strong>der</strong>bar fortschreiten. Für drei Monate lacht, redet, schlaft ihr, putzt<br />

euch heraus - "dies ist mein Gesicht". Sind all diese Dinge das übliche o<strong>der</strong> das letzte<br />

Ziel? Das eine o<strong>der</strong> das an<strong>der</strong>e. Achtet auf eurem Vorteil. Ihr seid es, die gehen müßt.<br />

Kein an<strong>der</strong>er verläßt für euch den Körper. Ihr habt kein Vertrauen. Noch jemand?<br />

(Der Meister ist lange Zeit still. Er lehnt sich zurück und schließt die Augen. Als er<br />

sie wie<strong>der</strong> öffnet, schaut er lange und durchdringend auf uns.)<br />

Frage: Sind sich die sogenannten Meister nicht <strong>der</strong> Folgen bewußt, wenn sie diese<br />

Dinge tun und die Menschen auf diese Weise täuschen?<br />

Der Meister: Gott hat mich nicht zum Richter gemacht. Er steht darüber. Er sieht<br />

alles. Das ist Seine Sache. Heute morgen sprach ich über Lord Krishna, den Avatar.<br />

Es gibt beides, Avatare und Heilige, aber die Avatare halten die Welt bevölkert, halten<br />

sie in Gang. Aber gewöhnlich sind die Meister mit ihm, er ist sehr gerecht. Warum,<br />

warum sollten wir uns darum kümmern?<br />

Gott sagt: „Richtet nicht über an<strong>der</strong>e, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.“ Wie ich<br />

euch neulich gesagt habe, wurde ich einmal zum Geschworenen gewählt. Ich wurde<br />

geladen, um <strong>der</strong> Geschworenenpflicht nachzukommen. Sie trafen die Leute, um ihre<br />

Ansicht im voraus zu hören. Ich war auch einer von ihnen. Es waren etwa vierzehn<br />

Leute dort. Der Richter kam und sah sich die Leute an. Mir kam in den Sinn: "Richtet<br />

nicht über an<strong>der</strong>e, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.“ Das ist alles.<br />

Frage: Habt Ihr das gesagt, haben Eure Heiligkeit dies dem Richter gesagt?<br />

270


Der Meister: Es ist leicht, über an<strong>der</strong>e zu urteilen. Es ist sehr leicht. Ihr mögt<br />

unrecht haben.<br />

Bemerkung: Das scheint des Menschen zweite Natur zu sein.<br />

Der Meister: Christus sagte: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie<br />

tun. “ Einige baten, ihn nicht an das Kreuz zu schlagen. Sie versuchten ihn zu retten.<br />

Christus segnete sie. Was war mit jenen, die ihn ans Kreuz haben wollten? .Sie<br />

erhielten ebenso die vollen Segnungen. Zu vergeben ist die Tat eines sehr tapferen<br />

Menschen. Vergebt und dann vergeßt.<br />

Sprecht, noch einer. <strong>Die</strong> Zeit vergeht. Fahrt fort mit dem … was euch gegeben<br />

worden ist. Seht, was ihr tun könnt. Er sieht immer zu.<br />

Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Versucht den ersten Preis zu<br />

gewinnen. Ein Wettlauf hat begonnen. Schaut nicht nach rechts o<strong>der</strong> links. Geht als<br />

erster durchs Ziel und gewinnt das Rennen. Tut euer Bestes. <strong>Die</strong>s zieht auch die<br />

Aufmerksamkeit des Meisters an. Wenn irgend jemand fortschreitet, so nehmt euch<br />

das zum Vorbild. Nun, kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Euer Vater<br />

war groß, wie steht es mit euch? Entwickelt euch auf diese Weise. Begleicht eure<br />

Rechnungen. Er kommt, um euch durch euren Vater - das ist <strong>der</strong> Meister - strahlend<br />

zu machen. Schaut auf euch selbst. Wenn ihr euch in diesem menschlichen Körper<br />

nicht än<strong>der</strong>t, dann bleibt ihr in dieser Form und kommt immer wie<strong>der</strong>. Habt gute<br />

Meditationsergebnisse, das wird euch helfen. Geht jetzt frohen Herzens. Es ist<br />

Essenszeit. Eines nach dem an<strong>der</strong>en.<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 1, 1976; engl. 9, 1975<br />

<br />

ICH BIN IN EUCH - KOMMT!<br />

Ein <strong>Gespr</strong>äch von Herz zu Herz, das <strong>der</strong> Meister<br />

am 14. August1974 im Sawan Ashram hielt<br />

Frage: Meister, Ihr überschüttet uns jeden Tag mit so viel Gnade. Täglich gewährt<br />

Ihr uns so viel Gnade. Wie können wir für das, was Ihr uns gebt, mehr Liebe, Hingabe<br />

und Dankbarkeit entwickeln?<br />

Der Meister: Ich werde grauhaarig und ihr seid noch jung an Jahren. Denkt jedoch<br />

daran, daß die Christuskraft nicht jung o<strong>der</strong> alt ist. Sie ist immer jung und lebendig<br />

und wirkt zur gegebenen Zeit. Sie ist nie alt. Ist diese Saat einmal gesät, hat keine<br />

Macht <strong>der</strong> Erde die Kraft, sie zu zerstören. Seid versichert, Er wird euch niemals<br />

verlassen. Was sonst noch?<br />

Frage: Einmal las ich, daß Euer Meister Sawan Singh in einer früheren Inkarnation<br />

Kabir gewesen sei, und ich frage mich, ob dies richtig ist?<br />

271


Der Meister: Was wird es Ihnen helfen?<br />

Schüler: Es ist nur etwas, das mir hin und wie<strong>der</strong> in den Sinn kommt.<br />

Der Meister: In allen, in Kabir und an<strong>der</strong>en, wirkt die gleiche Kraft. Sie sind das<br />

fleischgewordene Wort. Das Wort offenbart sich einmal als Kabir, manchmal als dieser,<br />

manchmal als jener. Das Wort än<strong>der</strong>t sich niemals. Wenn euer Freund heute in<br />

einem weißen Gewand, morgen in einem gelben Kleid und am dritten Tag in einem<br />

braunen erscheint, würdet ihr ihn dann nicht wie<strong>der</strong>erkennen? Ich hoffe, ihr erkennt<br />

ihn und sagt euch nicht los von ihm (er lacht in sich hinein). Das ist alles, was ich<br />

sagen kann. Ja, sonst noch jemand? Ja, bitte, sprechen Sie! Was gibt es noch?<br />

Schüler: Wie können wir uns im Leben besser verhalten?<br />

Der Meister: Lest die „Sieben Wege“. Lest die sieben Wege, um etwas Positives für<br />

Euer Leben zu tun, und eure Lebensweise wird sich än<strong>der</strong>n. Zuallererst sollten wir<br />

unser Gemüt von allen fremden Gedanken, die auftauchen, reinigen. Das sagte er,<br />

und alle Gottmenschen sagen: "Jene, die ihre Kin<strong>der</strong>, ihre Eltern und ihre an<strong>der</strong>en<br />

Bindungen mehr lieben denn mich, sind nicht meine Jünger.“ Für die vorherrschende<br />

Neigung zum Gott im Menschen haben sie alle an<strong>der</strong>en Bindungen geopfert.<br />

Schüler: Gestern, als Ihr nicht hier wart …<br />

Der Meister: Ich war nicht da.<br />

Schüler: Wir fühlten uns alle im Stich gelassen.<br />

Der Meister: Was geschah mit Ihnen?<br />

Schüler: Wir werden von Euch abhängig, Meister.<br />

Der Meister: Es ist besser, von dem abhängig zu sein, <strong>der</strong> in euch ist, nicht außen. Er<br />

ist immer bei euch. Wenn ihr denkt, daß er fort ist, dann wird er fort sein. Er wird Zeit<br />

brauchen, um zu kommen. Wenn ihr denkt, daß er schon da ist, wird er<br />

augenblicklich da sein. Ihr werdet das Geheimnis von Koro lösen. Ihr müßt davon im<br />

Mahabharata-Epos gehört haben. Draupadi wurde von den Koros besiegt. Sie wurde<br />

entführt, und <strong>der</strong> Entführer begann ihren Sari aufzuwickeln - das Tuch, das sie über<br />

ihrem Kopf trug. Heutzutage ist es ein Zeichen <strong>der</strong> Mode o<strong>der</strong> des Respekts, mit<br />

entblößtem Haupt zu sitzen. In den alten Tagen aber war es eine Geste des Respekts,<br />

mit bedecktem Haupt zu sitzen - mit entblößtem Haupt zu sitzen war eine Geste<br />

großer Nichtachtung. Sie rief: „O Lord Krishna, kommt, errettet mich, ich werde<br />

entehrt!" In <strong>der</strong> Zwischenzeit zerrte er den Sari von ihrem Kopf. Dann erschien Lord<br />

Krishna und erklärte, daß das Tuch, das sie trug, nicht abgewickelt werden könne. Sie<br />

fragte Lord Krishna: "Was hat es für einen Sinn, hierherzukommen, wenn das Tuch<br />

bereits von meinem Kopf genommen wurde? Nun, Krishna, Ihr kamt spät. Ihr seid<br />

natürlich gekommen, aber Ihr kamt spät.“ Dann fragte er: „Zu wem hast du um Hilfe<br />

gerufen? “ „Ich rief nach Krishna von Brindaban, mich zu erretten.“ Er sagte: "Ich<br />

mußte von Brindaban kommen, das benötigte seine Zeit.“ Ich bin fürwahr das Leben<br />

deines Lebens. Hättest du dort gerufen, hätte ich dich auf <strong>der</strong> Stelle gerettet.“ Ist es<br />

nicht so? Seid darum nie von an<strong>der</strong>en abhängig. Hilfe wird allen gegeben, ihr seid<br />

272


niemals ohne Ihn. So verspricht Er: „Ich werde euch nicht verlassen noch versäumen<br />

bis zum Ende <strong>der</strong> Welt. “ Wie könnte ich dies jemals tun? Ist das biblische Wahrheit,<br />

ist das die Wahrheit o<strong>der</strong> nicht? Er sagte: „Ich werde euch nicht verlassen bis zum<br />

Ende <strong>der</strong> Welt.“ Was ist dann wahr – das, was ihr sagt o<strong>der</strong> was Er sagt?<br />

Schüler: Zuallererst einmal möchte ich Euch danken. Ich freue mich, daß ich hier<br />

sein darf. Und zweitens bin ich auch ein Student eines Programms, das von <strong>der</strong><br />

Regierung geför<strong>der</strong>t wird, und da gibt es verschiedenartige kulturelle<br />

Veranstaltungen, die die Programmleiter uns bitten o<strong>der</strong> empfehlen, zu besuchen.<br />

Und ich fragte mich, ob Ihr dazu etwas sagen könnt, wie man den besten Nutzen aus<br />

solchen Gelegenheiten, die sich bieten, zieht. Zum Beispiel ist morgen <strong>der</strong> 15. August.<br />

Der Meister: Ja.<br />

Schüler: Der indische Unabhängigkeitstag, nicht wahr?<br />

Der Meister: Ja. Ich wünsche euch, unabhängig zu sein.<br />

Schüler: Was?<br />

Der Meister: Ich wünsche euch allen, unabhängig zu sein - unabhängig von eurem<br />

Körper, unabhängig von euren nach außen fließenden Energien, unabhängig von<br />

eurem Gemüt, unabhängig von eurem Intellekt. Abhängigkeit ist ein schweres<br />

Verbrechen. Seid niemals von jemandem abhängig. Äußere Hilfe mag kommen, um<br />

euch zu helfen. Er sagt: „Ich bin in euch, kommt.“ Wie werden Sie morgen den<br />

Unabhängigkeitstag begehen?<br />

Schüler: Nun, ich dachte daran, mir die Rede von Frau Gandhi am Roten Fort<br />

anzuhören, wenn ich Eure Erlaubnis hätte.<br />

Der Meister: Nun, Sie können gehen. Gehen Sie, das ist in Ordnung. Aber es wird<br />

Sie nicht unabhängig machen; Ansprachen werden Sie weiterhin abhängig machen.<br />

Der beste Unabhängigkeitstag ist also, sich von allem Äußeren zurückzuziehen. Ihr<br />

kommt aus dieser engen, dunklen Höhle eures Körpers heraus und erhebt euch ins<br />

Jenseits. <strong>Die</strong>s führt euch zur Ungebundenheit. Kommt mit dieser Kraft in<br />

Verbindung, die Gott ist. Selbst wenn ihr unabhängig seid, seid ihr immer noch<br />

gebunden. Offen gesagt, ihr seid nicht unabhängig. Je<strong>der</strong> ist auf seine Art und Weise<br />

gebunden. Wenn ihr unabhängig seid, fühlt ihr Wonne, strahlt Frieden aus.<br />

Schüler: Strahlt Frieden aus?<br />

Der Meister: Ja. Auf <strong>der</strong> Veranstaltung morgen werden Tausende<br />

zusammenkommen, um die Rede <strong>der</strong> Premierministerin zu hören. Sie gehen, um ihr<br />

zu huldigen. Hätten Sie es mir gesagt, würde ich für Ihre Karten gesorgt haben.<br />

Schüler: Oh!<br />

Der Meister: Hätten Sie es mir früher, heute morgen, gesagt, hätte ich einen<br />

Sitzplatz für Sie besorgen können. Nun werden Sie stehen müssen.<br />

273


Schüler: Oh!<br />

Der Meister: Sie können es im Fernsehen sehen. Da wird kein Menschengedränge<br />

sein.<br />

Schüler: Werdet Ihr selbst es auch ansehen?<br />

Der Meister: Ich brauche das nicht. Ich kann es tun o<strong>der</strong> lassen. Ich bin nicht<br />

gebunden. Ich bin Ihnen sehr dankbar - Sie haben uns an den morgigen<br />

Unabhängigkeitstag erinnert. Laßt uns morgen alle frei sein, das ist <strong>der</strong><br />

Unabhängigkeitstag. Der ganze äußere Betrug und alle Fesseln sollten abgelegt<br />

werden.<br />

Schüler: Morgen ist auch Guru-Tag, Meister.<br />

Der Meister: Der Guru-Tag ist heute o<strong>der</strong> morgen?<br />

Schüler: Ja, Guruwar - das ist morgen.<br />

Der Meister: Auch heute ist Guruwar. Der Guru ist nicht an Guruwar gebunden. Er<br />

ist frei. Er kommt, um euch freizumachen. Er gibt euch einen Kontakt mit <strong>der</strong><br />

Wahrheit, die euch von allen äußeren Verwicklungen befreit. Deshalb sagte Christus:<br />

"Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, <strong>der</strong> kann nicht mein Jünger sein.“<br />

Nehmt morgen das Kreuz auf euch. Warum nicht eilen? Nehmt das Kreuz. Um das<br />

Kreuz zu nehmen, müßt ihr hier oben sein (in <strong>der</strong> Stirn). <strong>Die</strong>s ist das Kreuz (<strong>der</strong><br />

Meister breitet die Arme aus und stellt mit seinem Körper ein Kreuz dar). Es wäre mir<br />

nicht möglich, euch hier zu finden, wenn ihr alle frei wäret. Der Unabhängigkeitstag<br />

liegt nicht in Reichweite äußerlicher Menschen. Das also ist wirkliche Freiheit. Auch<br />

äußere Freiheit kommt nur, wenn kein Verlangen nach Bedürfnissen militärischer<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Art besteht. Wenn je<strong>der</strong> ohne jede Anstrengung seinen Anteil <strong>der</strong><br />

Freiheit erlangt, wird das Reich Gottes kommen, nicht wahr? Der Meister kommt, um<br />

euch von allen Verwicklungen, physisch o<strong>der</strong> astral, freizumachen und sagt euch, wie<br />

das zu tun ist. Seid nicht an diesen Raum gebunden. Wenn ihr euch erhebt, habt ihr<br />

freien Raum. Wenn ihr euch über den physischen Körper erhebt, ist alles frei. Würdet<br />

ihr, wenn ihr gezwungen wäret, in einem ungelüfteten Haus ohne Fenster zu leben,<br />

wo es ganz stockdunkel ist, ohne frische Luft, das nicht leid sein? Würdet ihr nicht<br />

lieber in einen besser belüfteten Raum des Gebäudes gehen, wo alles frei erhältlich<br />

ist, wie Luft, Sonne und Wasser? Wenn ihr von allen Wünschen frei seid, werdet ihr<br />

wirklich frei sein. Seid wunschlos. Alle Meister sagen dies. Auch <strong>der</strong> zehnte Guru<br />

sagte: „Kama nahin. “ Jede Arbeit also, die ohne Lohn ausgeführt wird, ist recht; wenn<br />

ihr direkte o<strong>der</strong> indirekte Entschädigung erwartet, seid ihr natürlich gebunden.<br />

Frage: Wie kann man diesen Zustand, wunschlos zu sein, erreichen?<br />

Der Meister: Wo man keinen Wunsch hat? Lies die „Sieben Wege.“ <strong>Die</strong> Wahrheit<br />

macht frei. Wenn ihr in Verbindung mit <strong>der</strong> Wahrheit kommt, seid ihr frei. Alles<br />

Dunkel ist beseitigt. Ihr gelangt aus dem Pindi-Haus heraus, in dem sie euch keine<br />

Luft zum Atmen geben. <strong>Die</strong> Atmosphäre ist sehr stickig. Erhebt euch zu höherer<br />

Freude. Möchtet ihr nicht aus diesem engen Gebäude heraus? Wie, das sagen euch<br />

die Meister am ersten Tag. Jene, die nach eigenem Willen und Wohlgefallen gehen<br />

274


können, kommen und gehen, kommen und gehen, sind frei. Ja, sonst noch jemand?<br />

Ich hoffe, ihr erfreut euch morgen <strong>der</strong> Unabhängigkeit. Wenn sich alle von euch <strong>der</strong><br />

Unabhängigkeit erfreuten, wäre es mir nicht möglich, alle diese Gesichter zu sehen.<br />

Frage: Ihr gewährt uns so viel Gnade und so viel Güte. Wie können wir das<br />

vergelten?<br />

Der Meister: Indem ihr zuerst seine Gebote haltet. Tut, was er sagt, ohne zu klagen<br />

o<strong>der</strong> zu murren. Was immer er gibt, sollte mit Freuden angenommen werden. Im<br />

allgemeinen beginnen wir nur mit Klagen.<br />

Schüler: Ja, wenn man eine Sache, die man gerne möchte, nicht erhält, fängt man zu<br />

murren an.<br />

Der Meister: Je mehr das Schaf blökt, desto mehr Bissen fallen ihm aus dem Maul.<br />

Ich bitte euch, eure Meditationen genau durchzuführen. Setzt mehr Zeit dafür ein,<br />

nehmt das Kreuz täglich auf euch. <strong>Die</strong>s wird euch mehr Segen einbringen. Zuerst<br />

solltet ihr die Gebote hun<strong>der</strong>tprozentig befolgen; dann entwickelt die Gewohnheiten<br />

und die Art des Meisters. <strong>Die</strong>s ist durch die Empfänglichkeit möglich. Ihr werdet<br />

dadurch zwei Drittel mehr gewinnen. Wann beginnt euer Unabhängigkeitstag?<br />

Wann?<br />

Schüler: Je eher, desto besser, denke ich (<strong>der</strong> Meister lacht) …<br />

Der Meister: Ich möchte, daß ihr geht und bereit seid, den Unabhängigkeitstag zu<br />

begehen. Paraden und Reden werden euch binden, nicht unabhängig machen. Sie<br />

sind weitere Fesseln. Erhebt euch darüber.<br />

Frage: Meister, wenn man wahr zu sich selbst ist, mit Gedanken, Worten und Taten,<br />

ist das genug?<br />

Der Meister: Nicht nur das, etwas mehr, noch mehr. Wenn ihr liebevolles Gedenken<br />

an den Lehrer in Gott bewahrt, werdet ihr empfänglich. (<strong>Die</strong> Lichter gehen aus.)<br />

Schüler: Der Meister verschönt die Dunkelheit.<br />

Der Meister: In nur drei Minuten Schweigen könnt ihr euch die Unabhängigkeit<br />

wünschen, innerhalb von drei Minuten Schweigen, nicht wahr?<br />

Frage: Geliebter, wie ist es, wenn man einen großen Wunsch hat, und zwar, nur bei<br />

Euch zu sein? Man sich um nichts an<strong>der</strong>es sorgt, nur wünscht, bei Euch zu sein?<br />

Der Meister: Wenn er [<strong>der</strong> Wunsch] aufrichtig ist, werdet ihr das bekommen. Doch<br />

Er ist schon da, nur erkennt ihr es nicht. Ihr seid niemals allein. (Der Meister läßt<br />

einen Kieselstein in dem dunklen Raum fallen und erklärt, daß die Leute<br />

hinausgehen, um dort danach zu suchen, da sie in dem dunklen Raum nichts sehen<br />

können.) Ich sage euch, sie denken, daß dort mehr Licht ist und daß sie ihn draußen<br />

finden können, weil es dort mehr Licht gibt. Nun ist es gut, Gott segne euch. Nun<br />

geht. [Sat Sandesh deutsch, Heft 1, 1976; englisch: 10, 1975]<br />

275


DER LETZTE SATSANG DES MEISTERS<br />

AM 15. AUGUST 1974<br />

SAWAN ASHRAM, INDIEN<br />

Der Meister spricht über Unabhängigkeit<br />

Heute ist für unser Land <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Unabhängigkeit. <strong>Die</strong>se Unabhängigkeit wurde<br />

nach einhun<strong>der</strong>t Jahren erlangt. Das ist gut; die Menschen versuchen die Unabhängigkeit<br />

zu erreichen - einige sind dafür, an<strong>der</strong>e sind dagegen. Aber wir sind nicht zu<br />

sehr an diesen Dingen interessiert. Wir sind hauptsächlich mit unserer eigenen<br />

Unabhängigkeit beschäftigt; und wir sind - nach Äonen von Jahren, seitdem die Welt<br />

begann, immer noch aus unserer Heimat verbannt, vom Heimatland vertrieben, nicht<br />

wahr? Wir befinden uns noch in <strong>der</strong> Knechtschaft. <strong>Die</strong> goldene Gelegenheit wird uns<br />

von Zeit zu Zeit gewährt, um diese Unabhängigkeit wie<strong>der</strong>zugewinnen, aber unglücklicherweise<br />

haben wir aus dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Grund nicht den vollen Nutzen<br />

aus unserem Menschenkörper gezogen. Laßt die Vergangenheit ihre Toten begraben:<br />

wie<strong>der</strong> hat euch Gott die goldene Gelegenheit des menschlichen Körpers gegeben, so<br />

daß ihr eure Unabhängigkeit zurückgewinnen könnt. Jetzt müssen wir sehen,<br />

inwieweit wir unsere Unabhängigkeit erworben haben.<br />

Ich habe gerade gesagt, daß diese Knechtschaft vor Äonen begann, als wir in die<br />

Welt geschickt worden sind. <strong>Die</strong> erste Knechtschaft war die des Gemüts. Wir sind<br />

dem Gemüt Untertan. Das Gemüt steht unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> nach außen<br />

gehenden Kräfte: Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Berühren. Durch diese<br />

feinstofflichen Organe [Indriyas] sind wir an die neun Öffnungen des menschlichen<br />

Körpers gefesselt; wir können uns selbst nicht befreien.<br />

Wir haben uns so sehr mit dem Körper und <strong>der</strong> äußeren Welt identifiziert, daß wir<br />

uns nicht selbst davon lösen können. Glücklicherweise gibt es einen Weg heraus! Und<br />

dieser liegt in uns. Neun Tore sind geöffnet: zwei Augen, zwei Ohren, zwei<br />

Nasenlöcher, <strong>der</strong> Mund und zwei unten - neun Tore. Es gibt eine zehnte Tür. Sie ist in<br />

euch, in euch verborgen, und sie geht auf, wenn ihr tief in die Dunkelheit eures<br />

Körpers vordringt: wenn ihr das Schützenloch eures Kopfes betretet, versteht ihr? Wo<br />

beginnt dies? Genau wie zur Zeit des Todes wird unsere Seele von außen<br />

zurückgezogen, dann werden die nach außen fließenden Kräfte von den neun Toren<br />

zurückgezogen, herausgezogen. <strong>Die</strong>se physischen, nach außen gehenden Kräfte<br />

verlassen uns. Sie gelangen hinter die Augen, und dort beginnt <strong>der</strong> Weg zum<br />

Schützenloch des Kopfes o<strong>der</strong> zum zehnten Tor. <strong>Die</strong>s ist das Tor, an dem ihr<br />

anklopfen müßt und das sich euch öffnen wird. Es ist natürlich dort auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite, wo die Meisterkraft auf euch wartet. Wozu? Um das Abendmahl mit euch [im<br />

Inneren] zu feiern. Und ihr seid außen!<br />

Er beginnt hinter den Augen - alles ist stockdunkel - das ist <strong>der</strong> Weg zum<br />

Schützenloch des Kopfes. Das ist die einzige Möglichkeit, eure Unabhängigkeit zu<br />

erlangen: erst vom physischen Körper und den physischen, nach außen gehenden<br />

Kräften, dann vom astralen Körper und den astralen, nach außen gehenden Kräften,<br />

und dann vom kausalen Körper und den kausalen, nach außen gehenden Kräften. So<br />

sind dies die drei Hüllen, durch die wir gebunden sind. Wenn ihr euch über diese drei<br />

erheben könntet, würdet ihr eure Unabhängigkeit gewinnen. Deshalb müssen wir uns<br />

über die neun Tore des Körpers erheben. Der Weg liegt in euch.<br />

Ihr seid Menschen, geboren als Menschen mit denselben Vorrechten von Gott.<br />

Keiner ist hoch, keiner niedrig; es gibt keinen Osten und keinen Westen. Ihr seid<br />

276


ewußte Wesenheiten, die von Gemüt und Materie und den nach außen gehenden<br />

Kräften umgeben sind; und ihr habt euch mit <strong>der</strong> Materie so sehr identifiziert, daß ihr<br />

euch selbst nicht erkennen könnt. Wenn ihr euren Arm drückt, spürt ihr das. So müßt<br />

ihr eure Aufmerksamkeit vom Körper, von den außen gehenden Kräften, den neun<br />

Toren, zurückziehen. Wie? Wenn ihr nach innen seht, dann schaut in euch hinein in<br />

die Mitte <strong>der</strong> Dunkelheit, die vor euch liegt. Dort wird sich, wenn diese physischen<br />

Augen geschlossen sind, das innere Auge, Einzelauge o<strong>der</strong> dritte Auge öffnen, um das<br />

Licht im Innern zu sehen. Ihr könnt innen sehen. <strong>Die</strong> undurchdringliche Dunkelheit<br />

des Körpers ist dann abgeworfen. Wenn ihr davon ablaßt, das Äußere zu hören, beginnt<br />

ihr im Innern, in euch zu hören. „Der Spielmann, unser gepriesener Gott, läßt<br />

immerzu Musik erklingen.“ Dafür ist nichts zu zahlen, kein Geld wird verlangt. Er<br />

wartet immer auf euch, damit ihr die Musik hört, die in euch erklingt. Wenn man<br />

außen nichts mehr riecht, wird man innen einen jasminartigen Duft wahrnehmen.“<br />

Ihr werdet dies nur erfahren, wenn ihr euch über den physischen Körper erhebt, nicht<br />

eher. Wenn ihr euch von den Geschmackswahrnehmungen im Äußeren zurückzieht,<br />

dann versucht im Innern das Elixier von Naam zu kosten, das Brot und Wasser des<br />

Lebens. Wenn ihr mit <strong>der</strong> tönenden Strahlung innen in Verbindung kommt (dort wo<br />

euch Gott berührt), werdet ihr von <strong>der</strong> physischen Knechtschaft befreit. Aber das ist<br />

noch nicht völlige Unabhängigkeit; es ist <strong>der</strong> erste Teil <strong>der</strong> Unabhängigkeit. Der<br />

zweite Teil wird beginnen, wenn ihr euch über den astralen Körper und die astralen<br />

nach außen gehenden Kräfte erhebt. Danach kommt <strong>der</strong> dritte Teil, wenn ihr euch<br />

wie<strong>der</strong>um über den kausalen Körper erhebt. Übersteigt ihn, dann werdet ihr die<br />

wirkliche Unabhängigkeit erlangen. Jetzt seid ihr alle in Knechtschaft.<br />

<strong>Die</strong> einzige Schwierigkeit bereitet uns das, was in uns liegt, denn zuerst ist das Licht<br />

dunkel - stockdunkel. Wenn ihr die physischen Augen schließt, funktionieren sie<br />

nicht mehr. Aus diesem Grund muß das innere Auge geöffnet werden. Das Einzelauge<br />

wird von jemandem geöffnet, dessen inneres Auge schon geöffnet ist. Wie? Richtet<br />

eure Aufmerksamkeit auf die Dunkelheit in euch, in die Mitte davon. Schaut mit<br />

voller Aufmerksamkeit, ganz genau, durchdringend, um herauszufinden, was dort ist.<br />

Licht wird hervorbrechen; euer Auge ist geöffnet: "Wenn dein Auge einfältig ist, wird<br />

dein ganzer Leib licht sein." Das ist <strong>der</strong> erste Teil. Der zweite Teil wird durch Seine<br />

Gegenwart 18 verwirklicht; und danach im dritten Teil habt ihr die vollständige<br />

Unabhängigkeit erlangt. So ist heute auch für dieses Land <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong><br />

Unabhängigkeit, aber für uns war es ein Tag <strong>der</strong> Unabhängigkeit im menschlichen<br />

Körper.<br />

Eine unserer Schwierigkeiten ist, daß wir unsere Aufmerksamkeit nicht ganz von<br />

außen zurückziehen können. Wir haben unsere Aufmerksamkeit so sehr mit <strong>der</strong> Welt<br />

identifiziert, daß wir unser eigenes Selbst vergessen haben. Es sollte einer da sein, <strong>der</strong><br />

uns einen Auftrieb gibt, <strong>der</strong> uns emporhebt. Hun<strong>der</strong>te mögen zur Meditation sitzen<br />

und sich von außen zurückziehen. <strong>Die</strong>ser Arbeit wird vom Meister getan. Das ist <strong>der</strong><br />

erste Schritt. Im menschlichen Körper mögt ihr je<strong>der</strong> beliebigen Gemeinschaft<br />

angehören; aber auf diesem Gebiet braucht ihr jemand, <strong>der</strong> euch einen Beweis geben<br />

kann, wie ihr eure Aufmerksamkeit von allem Äußeren zurückziehen und eure nach<br />

außen gehenden Kräfte nach eurem Willen und Wohlgefallen lenken könnt. Wir werden<br />

so sehr nach außen gezogen - nun, das ist keine Unabhängigkeit.<br />

Das ist die Hilfe, die uns Gott gibt, <strong>der</strong> über uns wirkt. Er wohnt in jedem Herzen. Er<br />

offenbart sich hier und dort: solche Seelen werden gesandt, um die Menschenkin<strong>der</strong><br />

18 Wenn das innere Auge geöffnet ist, beschleunigt die Gegenwart des Meisters den Vorgang des<br />

Zurückziehens. Das ist auch die Bedeutung des Satsang, in dem <strong>der</strong> Meister stets gegenwärtig ist.<br />

277


zu Gott zurückzuführen. Das ist die Gnade Gottes. Er gibt uns vollkommene<br />

Unabhängigkeit. Unglückseligerweise wurde euch zwar <strong>der</strong> erste Schritt gegeben,<br />

aber ihr seid nicht weitergekommen. Ist es euch gelungen? Beeinflussen euch jetzt die<br />

nach außen gehenden Kräfte? Ja o<strong>der</strong> Nein? Zieht euch von außen zurück, dann ist es<br />

gut. Gegenwärtig vermögen euch die äußeren Dinge anzuziehen. Nur wenn ihre eure<br />

Aufmerksamkeit von allem Äußeren zurückzieht und euch selbst vergeßt, ziehen euch<br />

die äußeren Dinge nicht mehr an. Der Körper ist dann bis hierher (zum<br />

Augenbrennpunkt) leblos - alle nach außen gehenden Kräfte gehen bis hierher,<br />

Augen, Ohren usw. Solange man sich in diesem verwirrenden Bereich befindet, wird<br />

man immer nach außen gezogen. Es gibt einen Weg: das zehnte Tor in euch. Dazu<br />

braucht ihr einen, <strong>der</strong> euch einen Auftrieb geben kann. Durch regelmäßige Übung<br />

werdet ihr darin bewan<strong>der</strong>t. Den Beweis davon bekommt ihr vom Meister, dann<br />

könnt ihr euch nach eurem Willen und Wohlgefallen erheben. Eure Augen mögen<br />

offen sein, aber ihr seht dann nichts. Ihr mögt so völlig vertieft sein, daß ihr, selbst<br />

wenn euch jemand ruft, es nicht hört. Wenn ihr diese Art von Unabhängigkeit nach<br />

eurem Willen und Wohlgefallen erreicht habt, werdet ihr ein Gurmukh genannt. Das<br />

wird euer erster Schritt in die Unabhängigkeit sein.<br />

Wir haben noch nicht die volle Unabhängigkeit erworben. Ihr selbst müßt diese<br />

Unabhängigkeit erreichen: nicht euer Körper, nicht eure nach außen gehenden<br />

Kräfte. Darum sagen die Meister: „Mensch, erkenne dich selbst.“ Ihr müßt diese<br />

Unabhängigkeit erlangen. Und durch den Meister erhaltet ihr die weitere Führung in<br />

eurem Innern. Er leitet euch außen; er führt euch auch innen. Ihr seid nie allein.<br />

Wenn er euch in dieses Mysterium einführt, wohnt er ein für allemal in euch - er<br />

verläßt euch nie mehr, bis zum Ende <strong>der</strong> Welt. Keine noch so starke Macht kann euch<br />

von ihm wegbringen. Und darüber hinaus ist euch das von Geburt an bestimmt.<br />

Durch ein gutes Geschick aus <strong>der</strong> Vergangenheit habt ihr das wirklich verdient. Wenn<br />

ihr euch vollkommen zurückgezogen habt, könnt ihr auch im Innern unter <strong>der</strong><br />

direkten Führung des Meisters fortschreiten. Aber ihr könnt das nicht, wenn ihr euch<br />

nicht zuerst zurückzieht - das müßt ihr zuerst erreichen.<br />

Para Vidya ist somit <strong>der</strong> Weg zur völligen Unabhängigkeit … Ich bin <strong>der</strong> Herr<br />

meines ganzen Körpers. Wie viele <strong>Die</strong>ner habt ihr erhalten? Zehn <strong>Die</strong>ner, die euch<br />

gehorchen sollen. Sie richten sich nicht nach meinen Weisungen; gegenwärtig werdet<br />

ihr durch diese <strong>Die</strong>ner umhergezerrt. Entschließt euch zu Füßen des Meisters zur<br />

Unabhängigkeit. Zieht eure Aufmerksamkeit von außen zurück, dann öffnen sich euer<br />

inneres Auge und euer inneres Ohr. Jetzt sind nur die nach außen gehenden Kräfte<br />

offen [für den Einfluß von außen].<br />

Wie viele hier wurden auf den Weg gestellt? Hat jemand von euch schon eine Stufe<br />

überschritten - einen <strong>der</strong> Schätze <strong>der</strong> Unabhängigkeit erreicht? Nein? Seid heiter,<br />

freut euch. Wann? Wenn ihr wenigstens einen Teil <strong>der</strong> Unabhängigkeit erreicht habt;<br />

dann den zweiten; dann den dritten. Wenn ihr die vollständige Unabhängigkeit<br />

erlangt, wird die ganze Welt mit euch tanzen, versteht ihr? Lernt zu sterben, damit ihr<br />

zu leben beginnen könnt. Das ist mit "zweimal geboren werden“ gemeint. Ihr müßt<br />

wie<strong>der</strong>geboren werden im Namen Gottes, <strong>der</strong> in euch ist. <strong>Die</strong>ser Beweis,<br />

wie<strong>der</strong>geboren zu werden, wird von einer kompetenten Person gegeben. Nehmt das<br />

Kreuz Christi täglich auf euch, versteht ihr? Christus sagte: "Und wer nicht sein Kreuz<br />

auf sich nimmt und mir nachfolgt, <strong>der</strong> kann nicht mein Jünger sein." Wie weit seid<br />

ihr gekommen?<br />

Heute ist <strong>der</strong> 15. August. In <strong>der</strong> Stadt wurden die Feierlichkeiten zum<br />

Unabhängigkeitstag begangen. Ihr werdet im Fernsehen die große Menge erlebt<br />

haben, als die Ansprache gehalten wurde. <strong>Die</strong>s hier ist <strong>der</strong> Satsang. Hier vermeide ich<br />

die Feierlichkeiten und sage euch, wo eure wahre Heimat liegt. Erreicht wenigstens<br />

278


den ersten Teil; dann erklärt eure Unabhängigkeit. Wie viele gibt es, die den zweiten<br />

Teil <strong>der</strong> Unabhängigkeit bewältigt haben? Hände hoch, bitte! Es sind sehr wenige.<br />

Wo ein Wille ist, gibt es einen Weg.<br />

Erlangt die vollständige Unabhängigkeit. Um damit zu beginnen, müßt ihr den<br />

ersten Teil <strong>der</strong> Unabhängigkeit erringen. Und dies bedeutet das Übersteigen des<br />

Körperbewußtseins. Wir sollten das äußerste versuchen, diesen spirituellen Weg<br />

wie<strong>der</strong>zugewinnen, während wir in diesem irdischen Körper wohnen. Das ist die<br />

goldene Gelegenheit. <strong>Die</strong> Zeit und die Flut warten auf keinen. Jene, die nach<br />

vollständiger Unabhängigkeit verlangen, mögen die Hände heben. - Da gibt es<br />

keinen, <strong>der</strong> sie nicht will. [Der Meister schmunzelt.] Durch Verzögern vergeuden wir<br />

dann Zeit. Das sagen die Veden. Verzögerung heißt, etwas auf morgen verschieben,<br />

das man heute tun kann. Das steht uns im Weg. Beginnt eure Reise von zuhause aus,<br />

geht nach draußen und erreicht das Ziel. Sterbt auf dem Weg - nicht an eurer Tür! -<br />

o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Tür, die ihr erreichen müßt.<br />

Wenn ihr den ersten Teil <strong>der</strong> Unabhängigkeit erlangt habt, werden die Menschen zu<br />

euch kommen. Wenn ihr den dritten Teil <strong>der</strong> Unabhängigkeit erringt, wird die ganze<br />

Welt hinter euch her sein, versteht ihr? Sagt euch das zu? Was hin<strong>der</strong>t euch? So legt<br />

eure Gewohnheit des Aufschiebens ab. Es tut mir leid, daß ihr diesen Morgen warten<br />

mußtet; aber dankt Gott, es ist in euch. Gerade in diesem Augenblick wurde euch <strong>der</strong><br />

Weg erklärt. Versucht ihn also zu verstehen und erlangt diese Unabhängigkeit, die<br />

euch im menschlichen Körper erwartet. Nun gut - Gott segne euch alle!<br />

Sat Sandesh deutsch, Heft 2, 1976; englisch: 8, 197<br />

<br />

279


280


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Datum Seite<br />

Vorwort 1<br />

Der Blüte folgt die Frucht unbekannt 2<br />

<strong>Gespr</strong>äche im Jahr 1955 7.6.1955 5<br />

<strong>Fragen</strong> und <strong>Antworten</strong> in Cincinatti 1955 16<br />

<strong>Die</strong> wahre Lebensweise steht noch über <strong>der</strong> Wahrheit 9.1955 23<br />

Harmonie 2.2.1963 39<br />

Ein Radio-Interview 30.9.1963 45<br />

Das Gesetz <strong>der</strong> Gerechtigkeit und das Gesetz <strong>der</strong> Gnade 12.10.1963 59<br />

Sehen steht über allem 24.10.1963 63<br />

Was ist ein wahrer Satsangi? 11.11.1963 76<br />

Initiation, Karma und das Wesen <strong>der</strong> Sünde 1.1.1964 91<br />

Weitere Gesichtspunkte des Karmas 8.12.1963 106<br />

<strong>Die</strong> drei Gunas 18.1.1964 107<br />

Lebt danach 25.1.1964 123<br />

Liebe und Berauschung 26.1.1964 129<br />

Selbstloser <strong>Die</strong>nst 27.1.1964 134<br />

Über Lust und Ärger 28.1.1964 139<br />

Über die Ehe 147<br />

<strong>Die</strong> Hochzeitshymne von Guru Ramdas 148<br />

Innere und äußere Ehe 27.1.1964 150<br />

Hochzeit zu Füßen des Meisters 155<br />

<strong>Die</strong> Hochzeitsansprache des Meisters 4.3.1969 155<br />

Lebt wohl 29.1.1964 158<br />

Gott hat mein Haus betreten 22.3.1970 159<br />

Schaut nur in die Augen des Meisters 21.10.1970 162<br />

Innere und äußere Musik 11.12.1970 170<br />

<strong>Die</strong> Ojas-Kraft 27.1.1971 171<br />

Über das geistige Heilen 20.2.1971 181<br />

Liebevolles Gedenken 14.3.1971 185<br />

Haltet an euren Grundsätzen fest 21.3.1971 187<br />

Lebt in <strong>der</strong> Gegenwart 23.3.1971 190<br />

<strong>Die</strong> Geschichte eines Kamels 195<br />

<strong>Fragen</strong> und <strong>Antworten</strong> in Zürich 4.9.1972 196<br />

Kleine, kleine Dinge 1.11.1972 206<br />

<strong>Die</strong> universale Sprache 24.10.1972 215<br />

Der Meister in Sant Bani 16.10.1972 216<br />

<strong>Fragen</strong> und <strong>Antworten</strong> in San Jose 16.11.1972 219<br />

Mit Meister Kirpal Singh in Kaschmir Juni 1973 231<br />

<strong>Gespr</strong>äch des Meisters in Kaschmir 11.6.1973 236<br />

Habt ihr zugehört? Januar 1974 241<br />

Liebevolle Erinnerung 14.1.1974 246<br />

Er ist es, <strong>der</strong> sendet; Er ist es, <strong>der</strong> gibt 21.7.1974 250<br />

Der Schmerz und die Freude 1.8.1974 257<br />

Ihr handelt mit Diamanten 8.8.1974 259<br />

Macht weiter 11.8.1974 267<br />

Ich bin in euch - kommt! 14.8.1974 269<br />

Der letzte Satsang des Meisters 15.8.1974 274<br />

281

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