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Standard zur Durchführung von Kipptischuntersuchungen bei ...

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<strong>Standard</strong> <strong>zur</strong> Durchführung <strong>von</strong> <strong>Kipptischuntersuchungen</strong><br />

<strong>bei</strong> Kindern und Jugendlichen<br />

Indikation <strong>zur</strong> Kipptischuntersuchung<br />

Synkopen im Kindes- und Jugendalter sind ein häufiges Problem. Die überwiegende Mehrzahl der<br />

Synkopen sind benigne und neurogen vermittelt. Die Diagnose der neurogen vermittelten Synkope (=<br />

neurokardiogene Synkope) und die Abgrenzung zu anderen potentiell maligneren Ursachen einer<br />

Synkope erfolgt primär durch Anamnese, EKG und Echokardiographie.<br />

Die Kipptischuntersuchung hat die Entität der neurogen vermittelten Synkope klinischen<br />

Untersuchungen zugänglich gemacht und wertvolle Informationen <strong>zur</strong> Pathophysiologie der neurogen<br />

vermittelten Synkope geliefert. Es hat sich gezeigt, dass die Kipptischuntersuchung in der täglichen<br />

klinischen Praxis wegen des hohen apparativen und personellen Aufwandes immer weniger <strong>bei</strong><br />

Kindern und Jugendlichen mit Synkopen eingesetzt wird. Außerdem fehlt noch immer eine<br />

<strong>Standard</strong>isierung der Kipptischprotokolle für den pädiatrischen Bereich, so dass nur größere Studien<br />

den Wert der Kipptischuntersuchung für eine Subgruppe <strong>von</strong> Patienten mit neurogen vermittelten<br />

Synkope identifizieren könnten.<br />

Zusammenfassend wird die Kipptischuntersuchung in der klinischen Routine nicht gebraucht, wenn<br />

sich die Diagnose einer neurogen vermittelten Synkope nach sorgfältiger Suche nach anderen<br />

Ursachen (Anamnese, Familienanamnese, körperliche Untersuchung, EKG, Echokardiographie)<br />

stellen lässt.<br />

Die Kipptischuntersuchung sollte ausgewählten Fällen vorbehalten sein z.B.<br />

- Patienten mit rezidivierenden neurogen vermittelten Synkopen <strong>zur</strong> Bestätigung der Diagnose und<br />

Rückversicherung des Patienten und der Familie<br />

- Synkopen unklarer Genese mit V.a. neurogen vermittelte Synkopen in potentiell gefährlicher<br />

Situation (Verletzung, Straßenverkehr)<br />

Kontraindikationen<br />

Bedeutsame Stenose des linksventrikulären Ausflusstraktes, hypertrophe obstruktive<br />

Kardiomyopathie, Mitralstenose, manifeste Herzrhythmusstörungen unter insuffizienter Therapie,<br />

höhergradige proximale Koronarstenose, höhergradige cerebrovaskuläre Stenose, Schwangerschaft,<br />

Menstruation, akuter Infekt, Dehydratation.<br />

Voraussetzungen<br />

• Ruhiger, abdunkelbarer Untersuchungsraum<br />

• Mit Motor aufkippbare Liege auf 70° bis Kopftieflage, rasche Lagewechsel (aus 70° bis <strong>zur</strong><br />

Horizontalen in ca. 10 Sekunden), Fußbrett, Haltegurte, kontinuierliche EKG-Aufzeichnung,<br />

mindestens 3 Ableitungen<br />

• Nicht invasives kontinuierliches Blutdruckmonitoring (Fingerplethysmographie), dieses ist der<br />

alternativen oszillometrischen Messung im 1-min-Intervall vorzuziehen<br />

• Dauernde Anwesenheit <strong>von</strong> eingewiesenem medizinischen Personal, Arzt sofort verfügbar<br />

• Nur <strong>bei</strong> geplanter medikamentöser Provokation: Intravenöser Zugang, Reanimationsmöglichkeit<br />

und dokumentierte Einwilligung


Test-Protokoll<br />

Beginn 2-3 Stunden nach letzter Mahlzeit<br />

Ruhephase: 10 min<br />

Tilt-Phase: Maximal 45 min<br />

Tilt-Winkel: 70°<br />

Wenn die Kipptisch-Untersuchung negativ ausfiel und weiterhin der dringende Verdacht auf eine<br />

neurogen vermittelte Synkope besteht, kann eine erneute Untersuchung mit 20 Minuten Tilt-Phase und<br />

anschließender pharmakologischer Provokation erfolgen.<br />

Tilt-Abbruch<br />

- <strong>bei</strong> Auftreten einer Synkope oder deutlichen Präsynkope, die weitere Orthostase nicht erlaubt<br />

- mit Erreichen der maximalen Tiltprotokolldauer<br />

- auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten<br />

Klassifikation <strong>von</strong> Tilt-Reaktionen <strong>bei</strong> Kindern und Jugendlichen<br />

Cardioinhibitorisch (ca. 5%): Herzfrequenzabfall um mehr als 30% im Vergleich zum<br />

vorausgehenden Niveau der Tiltphase mit präsynkopaler/synkopaler Symptomatik ohne Hypotension<br />

Vasodepressiv (ca. 10%): Systolischer Blutdruck fällt um mehr als 40 mmHg <strong>bei</strong> Herzfrequenzabfall<br />

um maximal 30% im Vergleich zum vorausgehenden Niveau der Tiltphase <strong>bei</strong><br />

präsynkopaler/synkopaler Symptomatik<br />

Gemischter Typ (ca. 85%): Kombination aus Hypotension und Frequenzabfall<br />

Abzugrenzen sind:<br />

Exzessiver Herzfrequenzanstieg (= posturales Tachykardiesyndrom „POTS“): Relativ abrupter<br />

Herzfrequenzanstieg innerhalb der ersten 10 Minuten um mehr als 30 Schläge/min gegenüber der<br />

Ruheherzfrequenz bzw. über 130/min; keine Hypotonie, häufig keine Synkope, sondern präsynkopale<br />

Beschwerden.<br />

Orthostatische Hypotension: Direkt (d.h. innerhalb der ersten 3 Minuten) nach Aufrichten über<br />

mindestens 2 min anhaltender systolischer Blutdruckabfall <strong>von</strong> mehr als 30 mmHg und begleitender<br />

präsynkopaler/synkopaler Symptomatik<br />

Erstellt 2005 Laser, Boysen; überar<strong>bei</strong>tet 2011 Hessling, Lewin

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