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Freiburger Notizen - Katholische Hochschule Freiburg

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FREIBURGER NOTIZEN<br />

matisch ist – dass sie von Migrierten intendiert<br />

und von der Mehrheitsgesellschaft verweigert<br />

wird (Forutan 2010). Daher erscheint es mir in<br />

der aktuellen Situation als sehr wichtig, Inklusion<br />

unter dem Aspekt der Zugehörigkeit zu<br />

verstehen. Denn können Menschen mit Migrationshintergrund,<br />

vor allem wenn sie schon in<br />

der zweiten oder dritten Generation in<br />

Deutschland leben, an die „Normalität“ der<br />

Mehrheitsgesellschaft angepasst werden?<br />

Werden sie so nicht wieder ausgegrenzt?<br />

Muss nicht eher die Normalität der Gesellschaft<br />

anders betrachtet werden?<br />

Inklusion unter der Perspektive der Zugehörigkeit<br />

verstanden, beinhaltet, dass alle Einwanderergenerationen<br />

nicht als außerhalb der<br />

Gesellschaft stehend verstanden werden können,<br />

sondern als Bestandteil der Gesellschaft.<br />

Dies impliziert die Anerkennung, dass sie Teil<br />

des „Wir“ sind (und nicht extra in dieses integriert<br />

werden müssen). Inklusion als Zugehörigkeit<br />

beinhaltet auch die Anerkennung ihrer<br />

Integrationsleistungen und zielt zugleich auf<br />

eine gleichberechtigte Teilhabe unabhängig<br />

davon, wie man (frau) ist. Dies impliziert unter<br />

anderem auch eine Wertschätzung unterschiedlicher<br />

Lebensrealitäten, eine Anerkennung<br />

von Unterschieden unter Menschen und<br />

nicht ihre Hierarchisierung. Daraus folgt auch<br />

ein Recht aller auf Selbstbestimmung<br />

Inklusion als Zugehörigkeit würde eine gleichberechtigte<br />

Teilhabe von MigrantInnen ohne<br />

Assimilationsdruck implizieren. Dies bedeutet<br />

auch eine Veränderung der Einwanderungsgesellschaft.<br />

Inklusion zielt so auf gleiche<br />

Rechte, gleiche Chancen und ebenso umfassende<br />

soziale Partizipation. Migration wird<br />

zum Normalfall (Bade 2005). Subjekte unterscheiden<br />

sich in individuellen biografischen<br />

Perspektiven. Dieser Blick hat, zusammen mit<br />

dem Abbau von Benachteiligungen, auch den<br />

Abbau von Fremdheitskonstruktionen zur Folge<br />

und betrachtet Migrationshintergrund als<br />

eine Differenz unter vielen Differenzen. Dies<br />

impliziert die Änderung von Normalitätsvorstellungen,<br />

wie sie in folgender Episode zum Ausdruck<br />

kommt. So sprach meine 6-jährige Tochter,<br />

nach einer Woche Besuch ihrer Kita in der<br />

Frankfurter Innenstadt, nicht von einer „Problem<br />

Kita mit 20 Nationen“, sondern davon,<br />

dass “alle Kinder hier eine zweite Sprache<br />

sprechen, nur ein paar (deutsche) nicht“.<br />

Den Standpunkt hat Cem Özdemir in der online<br />

Zeitschrift Migazin so beschrieben: „Wir<br />

brauchen vielmehr eine klare Sicht darauf, was<br />

diejenigen, die unter sozialer Ausgrenzung<br />

leiden (ob nun Dimitri, Dilan oder Diana), verbindet<br />

– anstatt künstlich immer davon auszugehen,<br />

was sie angeblich alles unterscheidet.“<br />

(Özdemir 2011)<br />

In dem von Hilal Sezgin herausgegebenen<br />

Manifest der Vielen schreibt Ferdos Forudastan,<br />

dass sich die nachfolgenden Generationen<br />

der ArbeitsmigrantInnen oder Flüchtlinge<br />

in der oft üblichen Aufteilung unserer Gesellschaft<br />

in ein „Wir“ und „Ihr“ eben nicht wiederfinden.<br />

Naika Foroutan hält es auch für<br />

angebracht, mit Blick auf die hier lebenden<br />

Menschen mit Migrationshintergrund zu fragen,<br />

ob es nicht an der Zeit ist, diese im Sinne<br />

einer fraglosen Zugehörigkeit als deutsche<br />

Bürger anzusehen, etwa als „Neue Deutsche“?<br />

(Fourutan 2010)<br />

Inklusion in diesem Sinne hinterfragt die fixen<br />

Vorstellungen von IHR und WIR als Konstruktionen<br />

und zielt auf eine Überwindung des<br />

Unterscheidens von WIR und den ANDEREN.<br />

Das Konzept begreift Migration als normal<br />

und Vielfalt als eine wichtige Ressource für die<br />

Gesellschaft. Ein derart inklusiv verstandenes<br />

Konzept von Migration kommt auf einigen engagierten<br />

websiten zum Ausdruck (vgl. Özdemir<br />

2011). Beispielsweise heißt es bei<br />

www.deutsch-plus.de: „Wir wollen die Diskussion<br />

in Deutschland um Vielfalt, Migration und<br />

Integration weg von einem defizitorientierten<br />

hin zu einem chancenbasierten Diskurs befördern.“<br />

Oder die website „Typisch Deutsch“<br />

stellt sich so vor: „Unsere Eltern sind aus<br />

Ghana, Türkei, Iran, Korea, Syrien, Libanon,<br />

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