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Freiburger Notizen - Katholische Hochschule Freiburg

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FREIBURGER NOTIZEN<br />

Parteien mit einem fast heilsgeschichtlich anmutenden<br />

Gültigkeitsanspruch ihrer Ideenwelt<br />

daherkamen. Heute ist dieser Anspruch, im<br />

Zuge normal gewordener, vom Wähler herbeigeführter<br />

Machtwechsel, völlig erodiert.<br />

Politische Bildung<br />

Wozu dann also noch politische Bildung? In<br />

der Tat, ihre Funktion hat sich geändert. Es<br />

geht heute weit weniger darum, jedermann<br />

bewusst zu machen, dass man das Grundgesetz<br />

zwar nicht „unterm Arm herumtragen“<br />

muss (wie einmal ein Innenminister meinte),<br />

sondern es sind dessen Grundwerte, -rechte<br />

und –pflichten bewusst zu machen und vor<br />

allem im alltäglichen Handeln zu bestätigen.<br />

Dies gilt natürlich für soziale Berufe ganz besonders,<br />

wirken sie doch nolens volens auf<br />

das Leben und die Privatsphäre ihrer Klienten<br />

ein.<br />

Politische Bildung für die Soziale<br />

Arbeit<br />

34<br />

Braucht Sozialarbeit also politische Bildung?<br />

Ich denke ja, vor allem wenn man sie nicht nur<br />

als politikwissenschaftlich eingekleideten Kanon<br />

von Fakten- und (System-)Theoriewissen<br />

versteht. Es geht um die Befähigung, die von<br />

der Politik her - also durch Gesetze, Ausführungsbestimmungen,<br />

Planungen oder auch<br />

z.B. Kirchen- oder Gemeinderatsbeschlüsse -<br />

geschaffenen Rahmenbedingungen des beruflichen<br />

(wie natürlich auch des privaten) Umfeldes<br />

erkennen und bewerten zu können. Denn<br />

es kann nicht darum gehen, Menschen nur<br />

Hilfe zur persönlichen Verhaltensänderung zu<br />

geben ohne die veränderbaren „gesellschaftlichen“<br />

Rahmenbedingungen anzugehen. Dabei<br />

handelt es sich auf dieser Ebene meist um<br />

kleine Schritte. Aber wenn man sie nicht geht,<br />

geht gar nichts an Hilfe und Problemlösung. –<br />

Schon im Studium der Sozialen Arbeit sollten<br />

Studierende das auch konkret erfahren können.<br />

Es könnte helfen, manchen Praxisschock<br />

zu dämpfen.<br />

Dazu braucht es auch kein allgemeines „Bewusstsein“,<br />

schon gar kein „richtiges“, das nur<br />

zu einer selbstverschuldeten Beeinträchtigung<br />

der eigenen Erkenntnisfähigkeit führt. Es bedarf<br />

vielmehr einer aufgeschlossenen und aufgeklärten<br />

Bewusstheit der einwirkenden Bedingungen<br />

und der Vielfalt an Lösungsmöglichkeiten.<br />

„In der Politik geht es nicht um<br />

falsch oder richtig, sondern um das relativ<br />

Bessere“, sagte Bundespräsident Heinemann<br />

1980 in die aufgeregte Szene hinein. Fragt<br />

man hinzu: „Für wen oder was?“ und verweist<br />

darauf, dass man jeden Euro nur einmal ausgeben<br />

kann, und dass es jemanden braucht,<br />

der diese Euros aufbringt („Sozialstaat ist<br />

Steuerstaat“, so Alfred Marciniak, FHS <strong>Freiburg</strong>),<br />

dann hat man das Feld schon umschrieben.<br />

Hinzu muss das Wissen kommen,<br />

dass Sozialarbeit im Sinne der Verbesserung<br />

von Lebensumständen immer Investitionen in<br />

die Zukunft hinein sind, deren „Sozialdividende“<br />

allenfalls viel später eintritt, von einem<br />

„Sich überflüssig machen“ ganz abgesehen.<br />

Politische Bildung ist auch Kenntnis der Institutionen.<br />

Der „Marsch“ durch sie wird sonst zum<br />

Irrweg. Kenntnisse in Theorie und Praxis sind<br />

nötig. Letztere kann von Ort zu Ort sehr unterschiedlich<br />

sein. Man muss analysieren lernen,<br />

wie politische Initiativen anzulegen sind, wenn<br />

sie erfolgreich sein sollen. Das ist heute anspruchsvoller<br />

als die weitgehend verschwundene<br />

„Resolutionskultur“ der 1970/80er, die<br />

jedem die Gewissheit gab, „irgendwie Irgendetwas<br />

für Irgendjemand getan“ zu haben; Resolutionen,<br />

die jedoch in Wirklichkeit meist<br />

direkt ad acta landeten.<br />

Man sollte auch wissen und sich damit abfinden<br />

(aber nicht verzagen), dass formale politische<br />

Prozesse hierzulande prinzipiell sehr<br />

langsam vorangehen. Das liegt einerseits an<br />

den vorgeschriebenen Konsultations- und Beteiligungsebenen,<br />

weitgehend aber auch an<br />

den sich in ständiger Veränderung befindlichen<br />

föderalen, regionalen, kommunalen poli-

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