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Freiburger Notizen - Katholische Hochschule Freiburg

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FREIBURGER NOTIZEN<br />

Geschichte der Sozialen<br />

Arbeit – aus persönlicher<br />

Erfahrung:<br />

Politische Bildung tut Not<br />

Sozialarbeit studieren<br />

Konrad Pflug<br />

Studienkurs 1968 - 1972<br />

Zu welchem Zweck studiert man eigentlich<br />

Sozialarbeit? Ich weiß nicht, ob es stichhaltige<br />

Untersuchungen über die Motive und Berufserwartungen<br />

von Abiturientinnen und Abiturienten<br />

gibt, die heute das Studium aufnehmen.<br />

Auch nicht darüber, ob und wie wir, die<br />

heute ins Rentenalter gekommenen ersten<br />

Fachhochschüler, nach rund vierzig Berufsjahren<br />

umgesetzt haben, was uns einst vorgeschwebt<br />

hat. Nun, mein Motiv war auf jeden<br />

Fall nicht Sozialarbeit, schon gar nicht Wohlfahrtspflege,<br />

wie es damals in <strong>Freiburg</strong> noch<br />

hieß.<br />

In meinem Fall war das Studium der Sozialarbeit<br />

eigentlich eine Verlegenheitslösung. Denn<br />

einen Studiengang für Jugend- oder gar Erwachsenbildung<br />

gab es nicht; zwar in den<br />

USA oder England, aber eben nicht hier. Und<br />

ich hatte mir in den Kopf gesetzt, so etwas zu<br />

lernen und meinen ursprünglichen Plan sausen<br />

lassen, nach dem Wehrdienst eine Restauratorenausbildung<br />

zu machen. Erwachsenenbildung<br />

zu studieren hing mit dem Wehrdienst<br />

zusammen. Die Idee war zwar richtig,<br />

„das Recht und die Freiheit des deutschen<br />

Volkes“ zu verteidigen, es aber von jungen<br />

Leuten zu verlangen, die kaum wussten, was<br />

dieses Recht denn sei? Hier gab es im Jahr 19<br />

der Bundesrepublik noch einiges zu leisten.<br />

(Im Interesse von Menschenwürde, Freiheit<br />

und Demokratie gibt es auf diesem Feld aber<br />

immer etwas zu tun.)<br />

Nach langer Erkundung hörte ich dann von<br />

einem „<strong><strong>Freiburg</strong>er</strong>“ – ohne noch zu wissen,<br />

was das bedeutet (Damals. Was bedeutet es<br />

heute?) – dass es an der dortigen Höheren<br />

Fachschule für Wohlfahrtspflege des Deutschen<br />

Caritasverbandes (DCV) eine Art Modellstudiengang<br />

dafür gebe. Tatsächlich bekam<br />

ich einen Platz.<br />

Das „Seminar“ war natürlich nicht losgelöst<br />

von den Ereignissen des Jahres 1968 ff., zumal<br />

die Universität <strong>Freiburg</strong> ein Zentrum der<br />

Diskussion war. Politische Debatten standen<br />

auf der Tagesordnung. Es gab ein allgemeines<br />

Interesse dafür, Bewusstseinsbildung und die<br />

Bereitschaft zum Engagement waren zentrale<br />

Begriffe. Die Ausbildung zur Sozialarbeit selbst<br />

war stark auf die individuelle, caritative Hilfe<br />

ausgerichtet. Systemische oder instrumentelle<br />

Ansätze waren kaum ausgeprägt. Da war es<br />

geradezu revolutionär, dass das Fach Gemeinwesenarbeit<br />

eingeführt wurde. Dozent<br />

war Jacques Boulez, ein Belgier. Er hatte weniger<br />

eine betreuende als eine aktivierende<br />

Sozialarbeit im Sinn. Das gab natürlich heftige<br />

Diskussionen. Nicht zuletzt, da damals nach<br />

der deutschen geschichtlichen Erfahrung, zunächst<br />

die stabilisierende, sichernde Funktion<br />

von Politik und keine dynamische im Vordergrund<br />

stand. Diese Grunderwartung scheint<br />

sich heute zu wandeln.<br />

Für jüngere Leser ist in Erinnerung zu rufen,<br />

dass in den 60er und 70ern noch vieles grundsätzlich<br />

zu gestalten, d.h. auch aktiv gestaltbar<br />

war: z. B. das Bafög, die Hochschulrahmengesetze,<br />

Gesetze für die Jugend- und Erwachsenenbildung,<br />

das Familienrecht und die Reform<br />

des Jugendwohlfahrtsrechts, die schlussendlich<br />

bis 1990 dauerte. Das sprach natürlich<br />

viele mehr an als Diskussionen um Durchführungsbestimmungen.<br />

Hinzu kam, dass die<br />

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