Krankenhauslandschaft im Umbruch 2010 - Ernst & Young
Krankenhauslandschaft im Umbruch 2010 - Ernst & Young
Krankenhauslandschaft im Umbruch 2010 - Ernst & Young
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<strong>Krankenhauslandschaft</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong><br />
Wirtschaftskrise, Wettbewerb<br />
und neue Kundenwünsche
Design der Studie<br />
Autoren<br />
Telefonische Befragung<br />
durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut<br />
(Valid Research, Bielefeld) März <strong>2010</strong><br />
Repräsentative Befragung von 1.500 (volljährigen)<br />
Verbrauchern in Deutschland (Männer: 46%/Frauen: 54%).<br />
Repräsentative Befragung von 150 Klinikmanagern<br />
(Geschäftsführung) in Deutschland.<br />
Anzahl der befragten Krankenhäuser nach Träger:<br />
• Öffentlich: 51<br />
• Freigemeinnützig: 52<br />
• Privat: 47<br />
Stefan Viering<br />
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater<br />
Partner<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> GmbH<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Mittlerer Pfad 15<br />
70499 Stuttgart<br />
Telefon +49 711 9881 19124<br />
E-Mail stefan.viering@de.ey.com<br />
Nils Söhnle<br />
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater<br />
Partner<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> GmbH<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Mittlerer Pfad 15<br />
70499 Stuttgart<br />
Telefon +49 711 9881 15140<br />
E-Mail nils.soehnle@de.ey.com
Inhalt<br />
Design der Studie<br />
Autoren<br />
1. Ausgangslage: Knappe Kassen<br />
2. Der Kostendruck n<strong>im</strong>mt zu<br />
3. Die Wirtschaftskrise verschärft die Situation<br />
4. Der Wettbewerbsdruck steigt – Patienten sehen Verbesserungspotenzial<br />
5. Strategien, um <strong>im</strong> Wettbewerb zu bestehen<br />
5.1 Kosten senken<br />
5.2 Qualität steigern<br />
5.3 Angebot erweitern<br />
6. Ausblick: Marktkonsolidierung hält an<br />
Impressum<br />
2<br />
2<br />
5<br />
9<br />
13<br />
15<br />
18<br />
19<br />
21<br />
26<br />
36<br />
39<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 3
1. Ausgangslage: Knappe Kassen<br />
Der Mehrheit der deutschen Krankenhäuser<br />
geht es nicht sonderlich gut. Etwa<br />
jede dritte Klinik befindet sich nach eigener<br />
Aussage in einer schwierigen Finanzlage,<br />
wie die Befragung von Krankenhausmanagern<br />
ergab. Zwar sieht eine<br />
Mehrheit ihre finanzielle Situation noch in<br />
günstigem Licht. Aber nur jedes zehnte<br />
Krankenhaus bezeichnet sich als finanziell<br />
uneingeschränkt gesund. Überdurchschnittlich<br />
gut ist die Lage bei den Krankenhäusern<br />
privater Betreiber – hier<br />
liegt der Anteil der positiven Bewertungen<br />
bei 74 Prozent. Dagegen klagen<br />
Kliniken in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft<br />
relativ häufig über Finanzprobleme:<br />
37 Prozent von ihnen berichten von<br />
einer schlechten finanziellen Situation.<br />
Diese Selbsteinschätzung dürfte allerdings<br />
nach unserer Meinung eher etwas<br />
zu opt<strong>im</strong>istisch ausgefallen sein. Dass sich<br />
insgesamt 69 Prozent der Krankenhäuser<br />
zufrieden mit ihrer finanziellen Situation<br />
äußern, erscheint angesichts der langjährigen<br />
Entwicklung und der Aussagen<br />
von Verbänden und Branchenvertretern<br />
als nicht durchweg realistisch. Tatsächlich<br />
scheint ein großer Teil der Krankenhausmanager<br />
lediglich die Deckung der<br />
laufenden Betriebskosten, nicht aber die<br />
Investitionsfähigkeit des eigenen Hauses<br />
<strong>im</strong> Auge zu haben. Doch gerade um<br />
sie ist es vor allem <strong>im</strong> öffentlich-rechtlichen<br />
Bereich und in einem wachsenden<br />
Teil der freigemeinnützigen Krankenhausbetriebe<br />
oftmals nicht gut bestellt.<br />
Die über viele Jahre sinkende öffentliche<br />
Finanzierung der Krankenhausinvestitionen<br />
hat deutliche Spuren hinterlassen.<br />
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />
schätzte den Investitionsstau, der durch<br />
die klammen Kassen der öffentlichen Hand<br />
in den vergangenen Jahren bewirkt wurde,<br />
<strong>im</strong> vergangenen Jahr auf rund 50 Milliarden<br />
Euro. Und das Bundesministerium für<br />
Gesundheit hat einen jährlichen Neubedarf<br />
an Investitionsmitteln von fünf Milliarden<br />
Euro festgestellt. Die Neufassung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes<br />
vom März<br />
2009 zielte zwar – wie so viele Gesetze<br />
in der Vergangenheit – darauf, die wirtschaftliche<br />
Situation der deutschen Krankenhäuser<br />
zu verbessern, verspricht aber<br />
<strong>im</strong>mer noch keine grundsätzliche Heilung.<br />
Jedes dritte Krankenhaus mit Finanzproblemen<br />
Vor allem Kliniken in öffentlicher Trägerschaft betroffen<br />
„Wie beurteilen Sie die derzeitige finanzielle Situation Ihres Krankenhauses?“<br />
30 %<br />
1 %<br />
10 %<br />
■ Sehr gut<br />
■ Mittel/Eher gut<br />
■ Eher schlecht<br />
■ Sehr schlecht<br />
Privat<br />
Freigemeinnützig<br />
6 %<br />
18 %<br />
65 %<br />
56 %<br />
Öffentlich<br />
8 %<br />
55 %<br />
59 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
■ Sehr gut<br />
■ Mittel/Eher gut<br />
Abbildung 1<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 5
Ausgangslage: Knappe Kassen<br />
Die Wurzeln der Misere liegen <strong>im</strong> System:<br />
Deutsche Krankenhäuser, soweit sie <strong>im</strong><br />
Krankenhausplan ihrer jeweiligen Bundesländer<br />
enthalten sind, erhalten ihre Mittel<br />
nach dem Prinzip der dualen Finanzierung.<br />
Grundsätzlich werden die laufenden<br />
Betriebskosten dabei von den Krankenkassen<br />
getragen, die Investitionen<br />
aber von den Bundesländern finanziert.<br />
Angesichts leerer Länderkassen sind<br />
jedoch schon seit Jahren Wartezeiten<br />
von bis zu zehn Jahren gang und gäbe,<br />
ehe eine Investition genehmigt wird.<br />
Die Folge: Wichtige Geräteanschaffungen<br />
und Baumaßnahmen werden vielfach<br />
von den Krankenhausträgern selbst<br />
finanziert – soweit sie sich diese Investitionen<br />
überhaupt noch leisten können.<br />
Dabei befinden sich viele Klinikmanager<br />
in einer Zwickmühle: Ihre schmalen Investitionsbudgets<br />
sind meist durch die dringend<br />
notwendigen Verbesserungen der<br />
Leistungsqualität erschöpft. Auf dem<br />
Weg zu rationelleren, kostengünstigeren<br />
Arbeitsabläufen ist es aber mit organisatorischen<br />
Veränderungen allein in<br />
der Regel nicht getan – ohne Investitionen<br />
in bauliche und technische Strukturen<br />
lassen sich die Betriebskosten meist<br />
nicht <strong>im</strong> erforderlichen Ausmaß senken.<br />
Weniger Krankenhäuser, weniger Betten, sinkende Auslastung<br />
100 %<br />
95 %<br />
90 %<br />
85 %<br />
80 %<br />
Bettenauslastung<br />
Krankenhausbetten<br />
Zahl der Krankenhäuser<br />
Jahr Zahl der Krankenhäuser Krankenhausbetten Bettenauslastung<br />
1998 2.263 571.629 82,3 %<br />
1999 2.252 565.268 82,2 %<br />
2000 2.242 559.651 81,9 %<br />
2001 2.240 552.680 81,1 %<br />
2002 2.221 547.284 80,1 %<br />
2003 2.197 541.901 77,6 %<br />
2004 2.166 531.333 75,5 %<br />
2005 2.139 523.824 75,6 %<br />
2006 2.104 510.767 76,3 %<br />
2007 2.087 506.954 77,2 %<br />
2008 2.083 503.360 77,4 %<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Abbildung 2 (Quelle: gbe-bund.de)<br />
6 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
Erschwert wird diese Aufgabe dadurch,<br />
dass viele der etablierten (also vor allem<br />
der öffentlich-rechtlichen und der freigemeinnützigen)<br />
Kliniken in der Vergangenheit<br />
nicht rasch genug auf strukturelle<br />
Veränderungen <strong>im</strong> betrieblichen<br />
Bereich reagierten. Während die Fallzahlen<br />
mehr oder minder stagnierten, ließen<br />
neue Operationsmethoden und neue<br />
Ansätze der postoperativen Mobilisierung<br />
von Patienten die Verweildauer <strong>im</strong><br />
Krankenhaus und damit die Bettenauslastung<br />
binnen eines Jahrzehnts um rund<br />
ein Fünftel zurückgehen. Obwohl zahlreiche<br />
Krankenhäuser geschlossen wurden<br />
und die Bettenzahl deutlich sank, verringerte<br />
sich dadurch auch die Bettenauslastung<br />
zwischenzeitlich erheblich.<br />
Die Umstellung von der Bezahlung der<br />
Krankenhausleistungen nach Tagessätzen<br />
unabhängig von der tatsächlich erbrachten<br />
Leistung (mit der sich manche Klinik<br />
noch über die Runden retten konnte) auf<br />
Fallpauschalen (leistungstypische Durchschnittswerte)<br />
tat ein Übriges: Die Kalkulation<br />
vieler Krankenhäuser geriet aus<br />
den Fugen. Zwar hat die Mehrheit von<br />
ihnen den Wandel inzwischen weitgehend<br />
bewältigt – schließlich verfügen selbstverständlich<br />
auch die öffentlichen und freigemeinnützigen<br />
Häuser über ein professionelles<br />
Management –, doch <strong>im</strong>mer noch<br />
sind zahlreiche Kommunen und Kreise<br />
gefordert, die Betriebsverluste ihrer Kliniken<br />
auszugleichen – was angesichts der<br />
desaströsen Haushaltslage vieler Kommunen<br />
<strong>im</strong>mer schwieriger wird (vgl. Kapitel 2<br />
„Die Wirtschaftskrise verschärft die Situation“).<br />
Und es ist zu befürchten, dass die<br />
Zahl der Kliniken, die rote Zahlen schreiben,<br />
künftig wieder wächst. Denn die<br />
Schere zwischen Kosten und Einnahmen<br />
droht sich weiter zu öffnen. Während die<br />
Umstellung auf Fallpauschalen der Umsatzentwicklung<br />
aufgrund der Budgetierung<br />
derzeit noch Grenzen setzt, zeigen die<br />
Kostenkurven durchweg deutlich aufwärts.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 7
2. Der Kostendruck n<strong>im</strong>mt zu<br />
Die Kosten <strong>im</strong> deutschen Krankenhaussektor<br />
steigen seit Jahren kontinuierlich<br />
– <strong>im</strong> Durchschnitt der vergangenen<br />
zehn Jahre um etwa drei Prozent,<br />
zwischen 2000 und 2008 lag der Anstieg<br />
bei insgesamt 21 Prozent. Derzeit liegen<br />
die Kosten bei 62 Milliarden Euro. Den<br />
größten Anteil an den Gesamtkosten<br />
haben die Personalkosten, die durchschnittlich<br />
etwa 60 Prozent ausmachen.<br />
Kostenentwicklung <strong>im</strong> Krankenhaussektor<br />
Angaben (in Millionen Euro)<br />
70.000 35.000<br />
Kosten der Krankenhäuser<br />
Sachkosten<br />
60.000 30.000<br />
50.000 25.000<br />
51.603<br />
52.940<br />
54.715<br />
55.665<br />
56.126<br />
40.000 20.000<br />
30.000 15.000<br />
20.000 10.000<br />
56.732<br />
58.081<br />
59.810<br />
62.268<br />
17.414<br />
18.075<br />
20.415<br />
20.720<br />
21.526<br />
22.621<br />
23.965<br />
25.721<br />
27.329<br />
10.000 5.000<br />
0 0<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
50.000 25.000<br />
Personalkosten<br />
40.000 20.000<br />
35.168<br />
35.861<br />
39.542<br />
40.361<br />
40.859<br />
30.000 15.000<br />
20.000 10.000<br />
10.000 5.000<br />
40.958<br />
41.218<br />
41.930<br />
43.365<br />
Personalkosten: Ärztlicher vs. Pflegedienst<br />
0 0<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
13.792<br />
7.700<br />
13.998<br />
8.012<br />
14.313<br />
9.153<br />
14.447<br />
9.514<br />
14.209<br />
9.969<br />
14.005<br />
10.392<br />
13.886<br />
10.705<br />
13.916<br />
11.400<br />
14.232<br />
12.117<br />
■ Pflegedienst<br />
■ Ärztlicher Dienst<br />
Abbildung 3 (Quelle: gbe-bund.de)<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 9
Der Kostendruck n<strong>im</strong>mt zu<br />
Im Verlauf der vergangenen Jahre haben<br />
sich die einzelnen Kostenblöcke sehr<br />
unterschiedlich entwickelt. So wuchsen<br />
die Personalkosten zwischen 2000 und<br />
2008 mit 23 Prozent deutlich langsamer<br />
als die Sachkosten (plus 57 Prozent).<br />
Der Anstieg der Personalkosten<br />
wiederum ist in erster Linie auf eine<br />
deutliche Zunahme <strong>im</strong> Bereich der ärztlichen<br />
Dienste zurückzuführen (plus<br />
57 Prozent), während die Kosten <strong>im</strong><br />
Pflegedienst mit plus drei Prozent<br />
nur sehr moderat gewachsen sind.<br />
Die unterschiedliche Entwicklung der<br />
beiden wichtigsten Kostenblöcke – Pflegedienst<br />
und ärztlicher Dienst – <strong>im</strong> Bereich<br />
der Personalkosten ist vor allem auf die<br />
gegenläufige Entwicklung der Beschäftigtenzahlen<br />
in diesen Bereichen zurückzuführen.<br />
Während das Personal <strong>im</strong><br />
ärztlichen Dienst kontinuierlich aufgestockt<br />
wird – zwischen 2000 und 2008<br />
stieg die Zahl der Ärzte (Vollzeit) um<br />
18 Prozent auf 128.117 –, gehen die<br />
Beschäftigtenzahlen <strong>im</strong> Pflegedienst<br />
seit Jahren zurück. Be<strong>im</strong> nichtärztlichen<br />
Personal war ein Rückgang um acht<br />
Prozent auf 669.437 zu verzeichnen.
Auch in den kommenden Jahren werden<br />
die Kosten steigen – sowohl Personal- als<br />
auch Sachkosten: 87 Prozent der befragten<br />
Krankenhausmanager erwarten<br />
einen Anstieg der Personalkosten in den<br />
kommenden zwei Jahren – 19 Prozent<br />
sogar einen starken Anstieg um mehr als<br />
drei Prozent. Nur ein Prozent prognostiziert<br />
sinkende Ausgaben für Löhne und<br />
Gehälter. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei<br />
den Sachkosten: 85 Prozent der Befragten<br />
sehen für die kommenden zwei Jahre einen<br />
Anstieg der Sachkosten voraus, nur zwei<br />
Prozent erwarten einen Kostenrückgang.<br />
Personal- und Sachkosten steigen<br />
„Welche Entwicklung erwarten Sie in den kommenden 2 Jahren bei den Personal- bzw. Sachkosten?“<br />
Personalkosten<br />
Sachkosten<br />
12 %<br />
1 % 2 %<br />
■ Starker Anstieg (mehr als 3%)<br />
■ Leichter Anstieg (um bis zu 3%)<br />
13 %<br />
19 % ■ Gleichbleibend<br />
■ Si n ke n d<br />
18 %<br />
■ Starker Anstieg (mehr als 3%)<br />
■ Leichter Anstieg (um bis zu 3%)<br />
■ Gleichbleibend<br />
■ Si n ke n d<br />
68 %<br />
67 %<br />
Abbildung 4<br />
Damit dürfte sich die finanzielle<br />
Situation der Krankenhäuser in den<br />
kommenden Jahren kaum entspannen –<br />
<strong>im</strong> Gegenteil, zumal die Wirtschaftskrise<br />
für zusätzlichen Druck sorgt.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 11
3. Die Wirtschaftskrise verschärft die Situation<br />
Die unmittelbaren Auswirkungen der<br />
Wirtschaftskrise auf die Krankenhäuser<br />
sind zwar eher gering – die Zahl der<br />
Kranken, die klinischer Behandlung bedürfen,<br />
dürfte vorerst einigermaßen<br />
konstant bleiben, langfristig aufgrund<br />
der demografischen Entwicklung sogar<br />
steigen. Doch die mittelbaren Auswirkungen<br />
sind von erheblicher Tragweite.<br />
Zum einen ist „weniger Geld <strong>im</strong> System“.<br />
Die Ausfälle an Krankenkassenbeiträgen<br />
durch die gestiegene Arbeitslosigkeit<br />
und die hohe Inanspruchnahme der<br />
Kurzarbeit dürften erheblich zu den rund<br />
sieben Milliarden Euro Defizit beitragen,<br />
mit denen die gesetzlichen Krankenkassen<br />
in diesem Jahr rechnen.<br />
Hinzu kommen die Steuerausfälle bei<br />
den Bundesländern und Kommunen. Da<br />
die Bundesländer für die Krankenhausinvestitionen<br />
verantwortlich zeichnen, könnten<br />
fehlende Einnahmen zu einem weiteren<br />
Rückgang der Investitionsbudgets<br />
führen. Noch leerer als in der Vergangenheit<br />
sind aber auch die Kassen der Kreise<br />
und Kommunen, die als Krankenhausträger<br />
häufig für die Investitionsaufgaben<br />
ihrer Länder in die Bresche sprangen<br />
und überdies laufende Verluste ihrer Krankenhäuser<br />
ausglichen. In beiden Funktionen<br />
dürften sie auf mittlere Sicht erhebliche<br />
Probleme bekommen und zum Teil<br />
sogar weitgehend ausfallen. Die Auswirkungen<br />
der Wirtschaftskrise werden also<br />
insbesondere Krankenhäuser der öffentlichen<br />
Hand treffen. Geringere Kirchensteuereinnahmen,<br />
verminderte Spendenaufkommen<br />
und ähnliche Begleiteffekte<br />
der Krise werden aber auch die finanzielle<br />
Leistungsfähigkeit der freigemeinnützigen<br />
Träger beeinträchtigen.<br />
Steuereinnahmen von Ländern und Gemeinden<br />
Angaben in Mrd. €/Steuerschätzung Mai <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong>: Schätzung)<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
150<br />
100<br />
221,9<br />
77<br />
2008<br />
207,1<br />
68,4<br />
2009<br />
Abbildung 5 (Quelle: Bundesfinanzministerium)<br />
202,5<br />
<strong>2010</strong><br />
Die privaten Krankenhauskonzerne erkennen<br />
in dieser Situation eher Chancen.<br />
Die finanzielle Enge der anderen Träger<br />
eröffnet ihnen neue Möglichkeiten der<br />
Expansion: Die Geldnot, deren Ende nicht<br />
abzusehen ist, lässt manchen Bürgermeister<br />
und Landrat wieder ernsthaft<br />
über einen Verkauf seiner Kliniken an<br />
andere Träger nachdenken. Diese Entwicklung<br />
könnte sich in der Krise beschleunigen,<br />
ist aber keineswegs neu. Denn<br />
schon in den Neunzigerjahren trennten<br />
sich zunächst in den neuen, von 1998<br />
an auch in den alten Bundesländern etliche<br />
Kreise und Städte von ihren kostspieligen<br />
Krankenhäusern. Seither haben die<br />
anderen beiden Trägergruppen kontinuierlich<br />
Terrain hinzugewonnen.<br />
Als Bieter sind heute wie damals die Privaten<br />
und die leistungsfähigeren der freigemeinnützigen<br />
Trägergesellschaften <strong>im</strong><br />
Spiel. Weil ihr Geschäft vom konjunkturellen<br />
Geschehen weitgehend unabhängig<br />
ist, sind sie geschätzte Kreditnehmer<br />
und erfreuen sich auch am Kapitalmarkt<br />
beachtlicher Beliebtheit – selbst<br />
in der Krise. Einer der großen deutschen<br />
Krankenhauskonzerne, die Rhön-Klinikum<br />
AG, hatte keine Schwierigkeiten, <strong>im</strong><br />
65,5<br />
■ Gemeinden<br />
■ Länder<br />
August 2009 eine Kapitalerhöhung von<br />
fast einer halben Milliarde Euro und <strong>im</strong><br />
März <strong>2010</strong> eine Anleihe von 400 Millionen<br />
Euro am Markt unterzubringen.<br />
Weiterhin konnte die Sana Kliniken AG<br />
<strong>im</strong> April <strong>2010</strong> ein Schuldscheindarlehen<br />
über 200 Millionen Euro platzieren.<br />
Das ist also die Situation: Die Kosten <strong>im</strong><br />
Krankenhaussektor sind in den vergangenen<br />
Jahren gestiegen und werden höchstwahrscheinlich<br />
wegen der älter werdenden<br />
Bevölkerung und aufgrund neuer diagnostischer<br />
und therapeutischer Verfahren<br />
auch in den kommenden Jahren steigen –<br />
trotz aller Bemühungen um Kostensenkungen.<br />
Gleichzeitig sinken die Mittel, die den<br />
Krankenhäusern zur Verfügung stehen,<br />
sowohl aus eigenen Erlösen als auch aus<br />
externen Quellen. Ein großer Teil der Kliniken<br />
steckt also in einem Dilemma: Steigenden<br />
Ausgaben und sinkenden Einnahmen<br />
steht die unverändert anspruchsvolle<br />
Aufgabe gegenüber, die Bevölkerung mit<br />
medizinischen Leistungen auf hohem<br />
Niveau zu versorgen. Dieses Dilemma<br />
könnte sich vor allem für solche Häuser als<br />
unauflösbar erweisen, die in den vergangenen<br />
Jahren bereits Verluste gemacht oder<br />
nur knapp profitabel gearbeitet haben.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 13
4. Der Wettbewerbsdruck steigt –<br />
Patienten sehen Verbesserungspotenzial<br />
Infolge der Wirtschaftskrise wird sich<br />
die Lage noch verschärfen, wenn auch in<br />
unterschiedlichem Ausmaß für die einzelnen<br />
Häuser – einige werden stark betroffen<br />
sein, andere kaum oder gar nicht.<br />
Sicher ist aber: Der Konkurrenzdruck<br />
auf die Krankenhäuser wird generell noch<br />
zunehmen. Die befragten Krankenhausmanager<br />
bekommen diese Entwicklung<br />
bereits voll zu spüren: 81 Prozent von<br />
ihnen bezeichnen den aktuellen Wettbewerbsdruck<br />
als hoch (28 Prozent<br />
sogar als sehr hoch). Und 77 Prozent<br />
erwarten eine weitere Verschärfung.<br />
Wettbewerb <strong>im</strong> Krankenhaussektor n<strong>im</strong>mt zu<br />
„Wie beurteilen Sie den aktuellen Wettbewerbsdruck,<br />
dem Ihr Krankenhaus ausgesetzt ist?“<br />
„Erwarten Sie, dass der Wettbewerbsdruck in<br />
den kommenden 5 Jahren steigen wird?“<br />
Hoher Wettbewerbsdruck: 81% Wettbewerbsdruck steigt weiter: 77%<br />
18 %<br />
1 % 1 %<br />
■ Sehr hoch<br />
■ Eher hoch<br />
■ Eher niedrig<br />
22 %<br />
28 %<br />
■ Sehr niedrig<br />
40 %<br />
■ Ja, stark<br />
■ Ja, leicht<br />
■ Bleibt gleich<br />
■ Wird eher sinken<br />
53 %<br />
37 %<br />
Abbildung 6<br />
Es steht außer Frage: Der Krankenhaussektor<br />
entwickelt sich zunehmend zu<br />
einem Markt <strong>im</strong> eigentlichen Sinne. Denn<br />
anders als in früheren Jahren bewegen<br />
sich die Gesundheitsdienstleister heute<br />
<strong>im</strong>mer mehr in einer echten Wettbewerbssituation:<br />
Kritische Patienten informieren<br />
sich, vergleichen Leistungen und st<strong>im</strong>men<br />
mit den Füßen ab – Kliniken mit unzulänglichem<br />
Renommee rutschen rasch in<br />
die Existenzgefährdung ab. Wichtigster<br />
Maßstab ist die Qualität der Leistungen.<br />
Insbesondere seit dem verstärkten Auftreten<br />
privater Anbieter in den Neunzigerjahren<br />
hat sich die Branche erheblich gewandelt.<br />
Merkmal ihres Marktes ist ein<br />
stetig zunehmender, teils regionaler,<br />
teils sogar internationaler Wettbewerb<br />
zwischen den Krankenhäusern. Angeheizt<br />
wird er vor allem von Häusern, die<br />
versuchen, sich über Spezialisierungen,<br />
ein besseres Ambiente, das Anwerben<br />
hervorragender Ärzte usw. einen guten<br />
Ruf aufzubauen. Indiz des funktionierenden<br />
Marktes ist auch, dass Kliniken,<br />
die sich nicht <strong>im</strong> Markt behaupten<br />
können und in eine wirtschaftliche<br />
Schieflage geraten, die Insolvenz, der<br />
Verkauf oder die Schließung drohen.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 15
Der Wettbewerbsdruck steigt –<br />
Patienten sehen Verbesserungspotenzial<br />
Immer wichtiger wird es daher für die<br />
einzelnen Krankenhäuser, wie sie sich<br />
am Markt positionieren, wie sie von ihren<br />
„Kunden“ wahrgenommen werden. In<br />
dieser Hinsicht erkennen erstaunlicherweise<br />
zumindest die Krankenhausmanager<br />
selbst <strong>im</strong> eigenen Aktionsbereich<br />
kaum Defizite. So beurteilt eine klare<br />
Mehrheit der Befragten (69 Prozent) die<br />
Qualität der ärztlichen Behandlung <strong>im</strong><br />
eigenen Haus (<strong>im</strong> Vergleich zum Wettbewerb)<br />
als sehr gut. Auf einer Skala von 1<br />
(= sehr schlecht) bis 4 (= sehr gut) erreicht<br />
dieser Faktor einen Wert von 3,69. Kaum<br />
schlechter fällt die Selbstbenotung in<br />
puncto Beratung und Freundlichkeit (3,61),<br />
Pflege (3,59), Diagnostik (3,58), technische<br />
Ausstattung (3,44) und sogar Küche<br />
(3,38) und Unterkunft (3,34) aus. Lediglich<br />
bei den Wartezeiten klingt mit einer<br />
Note nur knapp über 3 leichte Selbstkritik<br />
durch. Insgesamt bewerten die Krankenhausmanager<br />
also die Stellung des eigenen<br />
Hauses <strong>im</strong> Wettbewerb überaus positiv.<br />
Die Patienten dagegen sehen „ihr“ Krankenhaus<br />
nicht ganz so rosig. Zwar überwiegen<br />
in allen abgefragten Bereichen die<br />
positiven Bewertungen (mit einem Mittelwert<br />
über 2,5). Doch wie viel nüchterner<br />
die Patienten den Klinikbetrieb beurteilen,<br />
zeigt sich deutlich am Anteil der<br />
Bewertungen mit „sehr gut“. Dass dieser<br />
be<strong>im</strong> Kriterium „Qualität der ärztlichen<br />
Behandlung“ nur 21 Prozent beträgt,<br />
während 69 Prozent der Klinikmanager<br />
ihren Ärzten die Bestnote geben, sollte zu<br />
denken geben. Auch bei den meisten anderen<br />
Merkmalen zeigt sich eine erhebliche<br />
Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung.<br />
Lediglich in zwei Punkten sind<br />
sich Manager und Patienten noch relativ<br />
einig: bei der (positiven) Bewertung der<br />
technischen Ausstattung und dem (relativ<br />
kritischen) Urteil über die Wartezeiten.<br />
Festzuhalten bleibt, dass die Patienten<br />
die Krankenhäuser in ihrer Region<br />
zwar überwiegend positiv beurteilen – ihr<br />
Urteil ist aber deutlich kritischer als das<br />
der Krankenhausmanager. Diese Ergebnisse<br />
zeigen: Die meisten Patienten sehen<br />
bei den Kliniken in ihrem Umfeld durchaus<br />
Verbesserungspotenzial und auch<br />
-bedarf. Hier scheinen die Krankenhausmanager<br />
zumindest zum Teil die Zeichen<br />
der Zeit noch nicht erkannt zu haben.<br />
Interessant ist nun, mit welchen Strategien<br />
die deutschen Krankenhäuser dem<br />
steigenden Wettbewerbsdruck und dem<br />
ebenfalls zunehmenden Kostendruck<br />
begegnen wollen.<br />
16 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
Krankenhäuser: Sehr positive Selbsteinschätzung, die von den Patienten nicht ganz geteilt wird<br />
Klinikmanager: „Wie bewerten Sie Ihr eigenes Krankenhaus (<strong>im</strong> Vergleich zum Wettbewerb) hinsichtlich: …“<br />
Patienten: „Wie bewerten Sie die (bzw. das) Krankenhäuser (bzw. Krankenhaus) in Ihrer Nähe hinsichtlich: …“<br />
Kliniken<br />
Patienten<br />
Qualität der ärztlichen Behandlung<br />
21 %<br />
69 %<br />
3,69 3,09<br />
Beratung, Freundlichkeit<br />
26 %<br />
61 %<br />
3,61 3,14<br />
Pflege<br />
22 %<br />
60 %<br />
3,59 3,05<br />
Diagnostik<br />
21 %<br />
58 %<br />
3,58 3,06<br />
technische Ausstattung<br />
27 %<br />
48 %<br />
3,44 3,19<br />
Küche/Verpflegung<br />
15 %<br />
47 %<br />
3,38 2,93<br />
Unterkunft<br />
17 %<br />
44 %<br />
3,34 3,02<br />
Wartezeit<br />
11 %<br />
22 %<br />
3,07 2,66<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
Mittelwerte (Skala: 1-4)<br />
■ Klinikmanager Anteil „sehr gut“<br />
■ Patienten Anteil „sehr gut“<br />
Abbildung 7<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 17
Strategien, um <strong>im</strong> Wettbewerb<br />
zu bestehen
5.1 Kosten senken<br />
Wir haben die schwierige Ausgangssituation<br />
bereits skizziert: Die Kosten der<br />
Krankenhäuser steigen stetig, die Einnahmen<br />
sind durch staatliche Preisfixierung<br />
und häufig begrenzte Kapazitäten in<br />
ihrer Dynamik l<strong>im</strong>itiert. Nur wer zusätzliche<br />
Marktanteile erobert, kann seine<br />
Erlöse noch steigern. So ist es verständlich,<br />
dass Maßnahmen zur Kostensenkung<br />
bei den deutschen Krankenhäusern<br />
ganz oben auf der Tagesordnung stehen.<br />
Immerhin messen sechs von sieben Managern<br />
dieser Strategie große oder sehr<br />
große Bedeutung bei.<br />
Krankenhäuser wollen Kosten senken<br />
„Welche Bedeutung haben derzeit Kostensenkungsmaßnamen für Ihr Krankenhaus?<br />
In welchen Bereichen planen Sie Kostensenkungsmaßnahmen?“<br />
Bedeutung von Kostensenkungsmaßnahmen<br />
Material/Medizinische Verbrauchsgüter<br />
65 %<br />
Bauliche Instandhaltung<br />
49 %<br />
2 %<br />
Personal: Pflegedienst<br />
39 %<br />
14 %<br />
Personal: Verwaltung<br />
Reinigung/Entsorgung<br />
38 %<br />
37 %<br />
43 %<br />
Medizinische Geräte<br />
35 %<br />
41 %<br />
Personal: Ärztlicher Dienst<br />
Interne Prozesse, Organisation opt<strong>im</strong>ieren<br />
4 %<br />
21 %<br />
Keine Maßnahmen geplant<br />
4 %<br />
Kostensenkungen in weiteren Abteilungen<br />
3 %<br />
■ Sehr große Bedeutung<br />
■ Eher große Bedeutung<br />
■ Eher geringe Bedeutung<br />
■ Ke i n e Bedeutung<br />
Kosten der Energieversorgung senken<br />
3 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
■ Sehr große Bedeutung<br />
Abbildung 8<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 19
Als ersten Ansatzpunkt der Sparmaßnahmen<br />
haben zwei Drittel der Krankenhäuser<br />
die Materialkosten <strong>im</strong> Visier, also<br />
die Ausgaben für Arzne<strong>im</strong>ittel, Verbandsmaterial,<br />
Implantate, Instrumente oder<br />
Laborbedarf, in jeder Klinik ein erheblicher<br />
Kostenblock und damit gewiss<br />
Erfolg versprechend. Das gilt umso<br />
mehr, als speziell die öffentlichen Krankenhäuser<br />
oftmals erst in Ansätzen den<br />
„Konzernvorteil“ nutzen, gemeinsam<br />
einzukaufen und damit Mengenrabatte<br />
zu erzielen. Hier besteht teilweise noch<br />
Nachholbedarf gegenüber den privaten<br />
Konzernen und den freigemeinnützigen<br />
Gruppierungen, die ihre Nachfragemacht<br />
schon länger ausschöpfen.<br />
Bedenklich erscheint es, dass fast<br />
50 Prozent der Kliniken an der baulichen<br />
Instandhaltung sparen wollen. Denn<br />
hier geht es um den wichtigen Wettbewerbsfaktor<br />
Ambiente – der Patient<br />
ist keineswegs <strong>im</strong>mun gegen den<br />
Eindruck einer allmählich herunterkommenden<br />
Umgebung – und um die Opt<strong>im</strong>ierung<br />
von Betriebsabläufen. Ebenfalls<br />
Fragezeichen sind hinter die Pläne<br />
von rund einem Drittel der Krankenhäuser<br />
zu setzen, Personal (bei 21 Prozent<br />
der Häuser sogar ärztliches Personal)<br />
abzubauen. Denn <strong>im</strong> Krankenhaus gilt,<br />
dass Versorgungsqualität und Personalausstattung<br />
in einem engen Verhältnis<br />
zueinander stehen. Und bei wachsender<br />
Markttransparenz wird Qualität <strong>im</strong>mer<br />
mehr zum wichtigen Wettbewerbsfaktor.<br />
Freilich stehen die Produktivitätskennzahlen<br />
vieler nicht privater Kliniken noch<br />
hinter denen der privaten zurück. Umso<br />
erstaunlicher ist es, dass nur vier Prozent<br />
der Befragten die internen Prozesse<br />
und die Organisation ihrer Häuser opt<strong>im</strong>ieren<br />
wollen. Es ist kaum anzunehmen,<br />
dass hier alle Hausaufgaben schon<br />
gemacht oder auch nur die wesentlichsten<br />
Potenziale ausgereizt sind. Aber<br />
nur in Verbindung mit einer konsequenten<br />
Opt<strong>im</strong>ierung des Workflows ist auch<br />
ein gewisser Personalabbau plausibel,<br />
weil ohne Leistungsverlust möglich.<br />
20 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
5.2 Qualität steigern<br />
Nicht nur an der Kostenschraube wollen<br />
die Krankenhäuser drehen, auch Investitionen<br />
in eine höhere Qualität spielen<br />
aus Sicht der befragten Manager eine<br />
große Rolle. Immerhin sind 61 Prozent der<br />
Befragten der Meinung, dass es für ein<br />
erfolgreiches Bestehen am Markt von sehr<br />
großer Bedeutung sei, best<strong>im</strong>mte Fachbereiche<br />
zu stärken und die Spezialisierung<br />
voranzutreiben. In diesem Zusammenhang<br />
geht es auch um die Zusammenarbeit<br />
mit anderen Kliniken – die Arbeitsteilung<br />
zwischen benachbarten Häusern<br />
hat sich bereits an einigen Orten bewährt.<br />
So erstaunt es nicht, dass ebenfalls<br />
61 Prozent der Manager der Kooperation<br />
eine sehr große Bedeutung be<strong>im</strong>essen.<br />
Zwischen einem verbesserten Patientenkomfort,<br />
der baulichen Modernisierung<br />
und – wenigstens teilweise – der Modernisierung<br />
der technischen Ausstattung<br />
besteht ein enger Zusammenhang. Immer<br />
geht es darum, dem Patienten mit einer<br />
vertrauenerweckenden Oberfläche entgegenzukommen.<br />
Dass die Klinikmanager<br />
diese Vorhaben sehr ähnlich mit 50 bis<br />
54 Prozent als sehr bedeutend eingestuft<br />
haben, deutet an, dass auch sie in diesem<br />
Kontext denken. Immerhin messen<br />
41 Prozent von ihnen zusätzlichen Ärzten<br />
und 33 Prozent zusätzlichen Pflegekräften<br />
ebenfalls sehr große Bedeutung bei.<br />
Und eine Mehrheit von 53 Prozent erkennt<br />
einen weiteren Knackpunkt der erfolgreichen<br />
Klinikorganisation: die verbesserte<br />
Ausbildung des Pflegepersonals.<br />
Investitionen in Qualität von hoher Bedeutung<br />
„Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht in den kommenden Jahren die folgende<br />
Maßnahme für Krankenhäuser, um wettbewerbsfähig zu bleiben?“<br />
Anhebung des Komforts für die Patienten<br />
(Essen, TV, Telefon, Betten etc.)<br />
Zusammenarbeit mit anderen Kliniken<br />
54 % 39 %<br />
61 % 29 %<br />
Verbesserung der Ausbildung des Pflegepersonals<br />
53 % 36 %<br />
Stärkung best<strong>im</strong>mter Fachbereiche/Spezialisierung<br />
61 % 26 %<br />
Modernisierung des Baus<br />
Anschaffung neuer, zusätzlicher Geräte<br />
(über Ersatz hinaus)<br />
Modernisierung der technischen Ausstattung<br />
50 % 35 %<br />
36 % 47 %<br />
51 % 31 %<br />
Zusätzliche Ärzte<br />
41 % 34 %<br />
Zusätzliches Pflegepersonal<br />
33 % 32 %<br />
Zusätzliches Sonstiges Personal<br />
17 % 33 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %<br />
■ Sehr große Bedeutung<br />
■ Eher große Bedeutung<br />
Abbildung 9<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 21
Strategien, um <strong>im</strong> Wettbewerb zu bestehen:<br />
Qualität steigern<br />
Wie sieht es nun mit der konkreten Umsetzung<br />
dieser grundsätzlich für wichtig<br />
befundenen Maßnahmen aus? Die Ergebnisse<br />
dazu sind durchaus aufschlussreich:<br />
Besonders häufig sollen Maßnahmen<br />
umgesetzt werden, die keine oder<br />
geringe zusätzliche Kosten verursachen.<br />
So eröffnet die Zusammenarbeit mit anderen<br />
Kliniken sogar die Möglichkeit, Kosten<br />
einzusparen. Und eine zunehmende Spezialisierung<br />
lässt sich dann kostenneutral<br />
realisieren, wenn Angebote außerhalb<br />
des Fokus reduziert oder gestrichen<br />
werden können, was allerdings aufgrund<br />
der Krankenhausplanung der Länder<br />
häufig nur schwer zu realisieren ist. Dagegen<br />
kommt es zu Kosten in erheblichem<br />
Umfang, wenn Baumaßnahmen durchgeführt<br />
werden oder die technische Ausstattung<br />
modernisiert wird. Nur wenn das<br />
jeweilige Bundesland diese Investitionen<br />
trägt, sind sie leicht zu realisieren.<br />
Maßnahmen, deren Kosten vom Krankenhaus<br />
selbst zu tragen sind, – insbesondere<br />
die Einstellung zusätzlichen Personals –<br />
stehen also ganz unten auf der Umsetzungsliste:<br />
Zusätzliche Ärzte wollen<br />
27 Prozent der Kliniken einstellen, zusätzliches<br />
Pflegepersonal sogar nur 20 Prozent.<br />
Von den Krankenhausmanagern, die die<br />
Aufstockung des Personals als grundsätzlich<br />
wichtige Maßnahme ansehen, plant<br />
ebenfalls nur eine Minderheit die tatsächliche<br />
Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter.<br />
Diese Ergebnisse zeigen: Die Kliniken<br />
planen durchaus, die Qualität ihrer<br />
Dienstleistungen weiter zu erhöhen. Vor<br />
einem Personalaufbau allerdings, der die<br />
laufenden Kosten weiter in die Höhe treiben<br />
würde, schrecken viele – aus nachvollziehbaren<br />
Gründen – zurück.<br />
Konkret geplant: Kooperationen, Stärkung von Fachbereichen und Modernisierungen<br />
„Wird Ihr Krankenhaus aus Ihrer Sicht die genannten Maßnahme <strong>im</strong> erforderlichen<br />
Umfang voraussichtlich umsetzen?“<br />
Zusammenarbeit mit anderen Kliniken<br />
66 %<br />
Stärkung best<strong>im</strong>mter Fachbereiche /Spezialisierung<br />
62 %<br />
Modernisierung des Baus<br />
61 %<br />
Verbesserung der Ausbildung des Pflegepersonals<br />
59 %<br />
Modernisierung der technischen Ausstattung<br />
56 %<br />
Anhebung des Komforts für die Patienten<br />
(Essen, TV, Telefon, Betten etc.)<br />
Anschaffung neuer, zusätzlicher Geräte<br />
(über Ersatz hinaus)<br />
51 %<br />
49 %<br />
Zusätzliche Ärzte<br />
27 %<br />
Zusätzliches Pflegepersonal<br />
20 %<br />
Zusätzliches sonstiges Personal<br />
12 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
■ Sehr wahrscheinlich<br />
Abbildung 10<br />
22 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
Investitionen in Qualität: Hohe Umsetzungswahrscheinlichkeit<br />
Der Wert gibt an: Von den Krankenhäusern, die eine Maßnahme für wichtig oder sehr wichtig halten,<br />
planen x Prozent die konkrete Umsetzung der Maßnahme<br />
Zusammenarbeit mit anderen Kliniken<br />
73 %<br />
Stärkung best<strong>im</strong>mter Fachbereiche /Spezialisierung<br />
71 %<br />
Modernisierung des Baus<br />
68 %<br />
Verbesserung der Ausbildung des Pflegepersonals<br />
64 %<br />
Modernisierung der technischen Ausstattung<br />
Anhebung des Komforts für die Patienten<br />
(Essen, TV, Telefon, Betten etc.)<br />
Anschaffung neuer, zusätzlicher Geräte<br />
(über Ersatz hinaus)<br />
61 %<br />
60 %<br />
58 %<br />
Zusätzliche Ärzte<br />
36 %<br />
Zusätzliches Pflegepersonal<br />
29 %<br />
Zusätzliches sonstiges Personal<br />
19 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
Abbildung 11<br />
Hier ist allerdings anzumerken, dass<br />
sich ein angestrebter Personalaufbau<br />
<strong>im</strong> ärztlichen Dienst gerade <strong>im</strong> ländlichen<br />
Raum sehr schwierig gestalten<br />
kann, da geeignete Bewerber fehlen.<br />
Als Ausweg bleiben dann vielfach nur<br />
teure „Notlösungen“(„Rent a doc“).<br />
Differenziert man die Investitionspläne<br />
der Krankenhäuser nach Trägerschaften,<br />
zeigt sich, dass private Krankenhäuser<br />
insgesamt mit Abstand am stärksten<br />
investieren wollen. In sechs von zehn<br />
Aktionsfeldern sind sie die offensivste<br />
Gruppe, in neun von zehn Feldern liegen<br />
sie <strong>im</strong> Spitzenbereich. Lediglich bei der<br />
Anhebung des Patientenkomforts sind sie<br />
das Schlusslicht – möglicherweise, weil<br />
sie bereits einen vergleichsweise hohen<br />
Standard bieten. Dass fast zwei Drittel<br />
der öffentlichen Krankenhäuser gerade<br />
hier großen Handlungsbedarf verspüren,<br />
dürfte ebenfalls mit dem aktuellen<br />
Stand ihres Angebots zusammenhängen.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 23
Strategien, um <strong>im</strong> Wettbewerb zu bestehen:<br />
Qualität steigern<br />
Investitionen in Qualität: Private Krankenhäuser wollen am stärksten investieren<br />
„Wird Ihr Krankenhaus aus Ihrer Sicht die genannten Maßnahme <strong>im</strong> erforderlichen Umfang voraussichtlich umsetzen?“<br />
Anteil „sehr wahrscheinlich“ (höchster Wert: gelb; unmittelbar darunter liegender Wert: hell gelb)“<br />
Öffentlich Freigemeinnützig Privat<br />
Zusammenarbeit mit anderen Kliniken 67 % 62 % 70 %<br />
Stärkung best<strong>im</strong>mter Fachbereiche/Spezialisierung 61 % 61 % 64 %<br />
Modernisierung des Baus 59 % 63 % 62 %<br />
Anhebung des Komforts für die Patienten 63 % 56 % 49 %<br />
Verbesserung der Ausbildung des Pflegepersonals 43 % 53 % 63 %<br />
Modernisierung der technischen Ausstattung 50 % 49 % 55 %<br />
Anschaffung neuer, zusätzlicher Geräte (über Ersatz hinaus) 51 % 46 % 50 %<br />
Zusätzliche Ärzte 27 % 28 % 26 %<br />
Zusätzliches Pflegepersonal 14 % 18 % 28 %<br />
Zusätzliches sonstiges Personal 8 % 12 % 17 %<br />
Abbildung 12<br />
Ebenfalls mit dem jeweiligen Status<br />
hat wahrscheinlich die unterschiedliche<br />
Neigung zu tun, neues Pflegepersonal<br />
einzustellen. Bei den öffentlichen<br />
Häusern, deren Personalkennzahlen<br />
<strong>im</strong>mer noch leicht über dem Branchendurchschnitt<br />
liegen, ist sie gering, bei den<br />
privaten Kliniken, die ihre Pflegepersonaldecke<br />
teilweise schon sehr stark verkürzt<br />
haben, ist sie doppelt so hoch. Die Freigemeinnützigen<br />
liegen – wie bei vielen<br />
betriebswirtschaftlichen Vergleichen –<br />
dazwischen. Erstaunlich gleich verteilt ist<br />
das Bedürfnis, zusätzliche Ärzte einzustellen.<br />
Hier dürften allerdings – neben<br />
dem Ziel, die Versorgungsqualität zu<br />
verbessern – neue Arbeitszeitregelungen<br />
und die veränderten Lebensvorstellungen<br />
junger (und stark umworbener)<br />
Mediziner eine Rolle spielen, die alle<br />
Kliniktypen gleichermaßen betreffen.<br />
Dass gerade die privaten Kliniken, die<br />
überwiegend schon in Konzernverbünden<br />
arbeiten und – wenigstens in großstädtischen<br />
Umgebungen – oft eine<br />
gewisse Spezialisierung entwickelt haben,<br />
besonders stark in die Kooperation mit<br />
anderen Kliniken und in die Stärkung<br />
best<strong>im</strong>mter Fachbereiche investieren<br />
wollen, mag auf den ersten Blick erstaunen.<br />
Es zeigt aber, dass sie in arbeitsteiligen<br />
Konzepten die Chance sehen,<br />
besondere (Qualitäts-)Profile herauszuarbeiten,<br />
und auch hier Spitzenreiterpositionen<br />
erobern wollen. Ähnliches gilt<br />
für die Modernisierung der technischen<br />
Ausstattung. Auch hier liegen die privaten<br />
Allgemeinversorger dank ihrer Investitionsstärke<br />
<strong>im</strong> Großen und Ganzen bereits<br />
vorne. Aber der Imageeffekt einer modernen<br />
Ausstattung, etwa mit einem neuen<br />
Kernspintomografen, hilft <strong>im</strong> Konkurrenzkampf<br />
– von den oft verkürzten und<br />
vereinfachten betrieblichen Abläufen und<br />
ihren Kosteneffekten einmal abgesehen.<br />
Als Zwischenbilanz bleibt festzuhalten:<br />
Investitionen, mit denen die Qualität<br />
erhöht werden soll, haben für die<br />
deutschen Krankenhäuser grundsätzlich<br />
eine hohe Bedeutung. Viele der als wichtig<br />
erachteten Maßnahmen sollen auch<br />
tatsächlich umgesetzt werden – zusätzliches<br />
Personal soll allerdings kaum eingestellt<br />
werden. Um die Qualität zu steigern,<br />
setzen die Krankenhäuser vor<br />
24 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
allem auf die Zusammenarbeit mit anderen<br />
Kliniken und die Spezialisierung auf<br />
best<strong>im</strong>mte Fachbereiche – beides Maßnahmen,<br />
die sich kostenneutral umsetzen<br />
lassen. Generell best<strong>im</strong>men die l<strong>im</strong>itierten<br />
Budgets das Handeln, wenn es um die<br />
konkrete Umsetzung geht. Als besonders<br />
aktiv erweisen sich die privaten Kliniken,<br />
die großenteils in Konzerne eingebunden<br />
sind. Mit ihrer relativen Finanzstärke<br />
haben sie einen klaren Wettbewerbsvorteil.<br />
Die Schere zwischen den privaten<br />
und öffentlichen sowie einem Teil<br />
der freigemeinnützigen Krankenhäuser<br />
droht also weiter auseinanderzugehen.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 25
5.3 Angebot erweitern<br />
Zu den angesprochenen Strategien, mit<br />
denen sich die Krankenhäuser für den<br />
Wettbewerb fit machen wollen – Kostensenkungen<br />
und Investitionen in Qualität<br />
– gesellt sich ein weiteres Maßnahmenbündel:<br />
die Erweiterung des Angebots.<br />
Aus Sicht der Krankenhausmanager steht<br />
dabei die Einrichtung einer Privatstation –<br />
mancherorts ist auch von einer „Komfortstation“<br />
oder „Komfortz<strong>im</strong>mern“ die Rede<br />
– an erster Stelle. Diese Maßnahme halten<br />
29 Prozent der Befragten für sehr wichtig,<br />
weitere 29 Prozent für eher wichtig.<br />
Zusätzliche medizinische Angebote stellen<br />
aus Sicht von gut jedem zweiten Manager<br />
(53 Prozent) wichtige Maßnahmen dar.<br />
Zu realisieren sind sie etwa durch die lokale<br />
Kooperation mit niedergelassenen Spezialisten<br />
(beliebt sind beispielsweise Neurologen,<br />
Radiologen, Kardiologen und spezialisierte<br />
Chirurgen), aber auch durch<br />
Einrichtung neuer Stationen wie beispielsweise<br />
einer Stroke Unit.<br />
Interessant erscheinen auch die Hotelleistungen<br />
für Besucher und Angehörige.<br />
Vor allem in der Pädiatrie – sowohl <strong>im</strong><br />
Neugeborenenbereich als auch in der<br />
Versorgung schwerstkranker Kinder – gibt<br />
es mancherorts bereits Angebote, Eltern<br />
oder Betreuer gemeinsam mit den Patienten<br />
unterzubringen. Erst wenige Kliniken<br />
bieten hotelähnliche Möglichkeiten auf<br />
dem eigenen Gelände oder in der nahen<br />
Nachbarschaft, die es Angehörigen auch<br />
in anderen Therapiebereichen ermöglichen,<br />
sich über längere Zeit einigermaßen<br />
kostengünstig in der Nähe des Patienten<br />
aufzuhalten. Solche Einrichtungen erhöhen<br />
die Attraktivität von Kliniken erheblich<br />
und sollten sich zumindest selbst tragen.<br />
Das gilt grosso modo auch für erweiterte<br />
Einkaufsmöglichkeiten, Fitnesscenter<br />
und Wellnessbereiche.<br />
Investitionen in zusätzliche Angebote haben geringere Bedeutung<br />
„Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht in den kommenden Jahren die folgende Maßnahme<br />
für Krankenhäuser, um wettbewerbsfähig zu bleiben?“<br />
Privatstation/Privatklinik<br />
29 % 29 %<br />
Zusätzliche Medizin-Angebote<br />
14 %<br />
39 %<br />
Hotelleistungen für Besucher/Angehörige<br />
16 %<br />
26 %<br />
Einkaufsmöglichkeiten/Einkaufspassage<br />
11 %<br />
23 %<br />
Alternative Medizin-Angebote<br />
12 %<br />
20 %<br />
Fitness-Center<br />
13 %<br />
17 %<br />
Wellness/Schw<strong>im</strong>mbad/Sauna-Bereich<br />
(auch für Nicht-Patienten)<br />
8 %<br />
15 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
■ Sehr große Bedeutung<br />
■ Eher große Bedeutung<br />
Abbildung 13<br />
26 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
Insgesamt fällt aber auf: Die Erweiterung<br />
des Angebots – vor allem um Felder, die<br />
nicht unmittelbar zum Kerngeschäft der<br />
Krankenhäuser gehören – spielt eine deutlich<br />
geringere Rolle als die Investitionen<br />
in Qualitätssteigerung.<br />
Auch in der konkreten Planung liegt<br />
die Privatstation vorne, aus verständlichen<br />
Gründen: Jedes dritte Krankenhaus<br />
will diese Möglichkeit nutzen, um seine<br />
Ertragssituation zu verbessern. Ähnliche<br />
Überlegungen dürften hinter den<br />
Plänen von 22 Prozent der Klinikmanager<br />
stehen, Hotelleistungen anzubieten. Hier<br />
sollten die Risiken allerdings nicht übersehen<br />
werden. Verwunderlich ist indessen,<br />
dass die Ausweitung des medizinischen<br />
Angebots, die für 53 Prozent der Manager<br />
große Bedeutung hat, mit 18 Prozent<br />
der konkreteren Pläne erst an dritter Stelle<br />
folgt. Denn hier bestehen Chancen, das<br />
eigene Marktgewicht <strong>im</strong> regionalen Umfeld<br />
zu erhöhen, ohne in jedem Fall mit größeren<br />
Investitionen in Vorlage zu gehen.<br />
Ob das mit dem Fitnesscenter (ebenfalls<br />
18 Prozent) in ähnlicher Weise gelingen<br />
kann, hängt von vielen Faktoren ab<br />
und muss jeweils <strong>im</strong> Einzelfall entschieden<br />
werden. Insgesamt erwägt ohnehin nur<br />
eine absolute Minderheit, die ausgetretenen<br />
Pfade zu verlassen und Dienstleistungen<br />
anzubieten, die nicht unmittelbar<br />
zum Kerngeschäft gehören.<br />
Wenn überhaupt, dann sind es wiederum<br />
die privaten Krankenhäuser, die in innovative<br />
Angebote investieren. Durchschnittlich<br />
jedes fünfte private Krankenhaus plant<br />
die Einrichtung einer Einkaufspassage<br />
oder das Angebot alternativer Heilmethoden.<br />
Entsprechende Planungen finden sich<br />
hingegen nur bei jedem zehnten öffentlichen<br />
Krankenhaus und bei jedem elften<br />
freigemeinnützigen Krankenhaus.<br />
Investitionen in zusätzliche Angebote: Jede dritte Klinik plant Privatstation<br />
„Wird Ihr Krankenhaus aus Ihrer Sicht die genannten Maßnahme <strong>im</strong> erforderlichen<br />
Umfang voraussichtlich umsetzen?“<br />
Privatstation/Privatklinik<br />
33 %<br />
Hotelleistungen für Besucher/Angehörige<br />
22 %<br />
Zusätzliche Medizin-Angebote<br />
18 %<br />
Fitness-Center<br />
18 %<br />
Alternative Medizin-Angebote<br />
12 %<br />
Einkaufsmöglichkeiten/Einkaufspassage<br />
Wellness/Schw<strong>im</strong>mbad/Sauna-Bereich<br />
(auch für Nicht-Patienten)<br />
12 %<br />
10 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
■ Sehr wahrscheinlich<br />
Abbildung 14<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 27
Strategien, um <strong>im</strong> Wettbewerb zu bestehen:<br />
Angebot erweitern<br />
Investitionen in zusätzliche Angebote: Private Krankenhäuser wollen am stärksten investieren<br />
„Wird Ihr Krankenhaus aus Ihrer Sicht die genannten Maßnahme <strong>im</strong> erforderlichen Umfang voraussichtlich umsetzen?“<br />
Anteil „sehr wahrscheinlich“ (höchster Wert: gelb; unmittelbar darunter liegender Wert: hell gelb)<br />
Öffentlich Freigemeinnützig Privat<br />
Privatstation/Privatklinik 25 % 31 % 45 %<br />
Hotelleistungen für Besucher/Angehörige 18 % 21 % 28 %<br />
Zusätzliche Medizin-Angebote 20 % 14 % 21 %<br />
Fitness-Center 12 % 23 % 19 %<br />
Einkaufsmöglichkeiten/Einkaufspassage 10 % 8 % 19 %<br />
Alternative Medizin-Angebote 10 % 8 % 19 %<br />
Wellness/Schw<strong>im</strong>mbad/Sauna-Bereich 4 % 8 % 19 %<br />
Abbildung 15<br />
28 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
Selbst wenn ein Klinikmanager die Erweiterung<br />
des Angebots um unkonventionelle<br />
Dienstleistungen grundsätzlich befürwortet:<br />
Die Umsetzungswahrscheinlichkeit<br />
ist – <strong>im</strong> Vergleich zu den qualitätssteigernden<br />
Maßnahmen – eher gering. Von den<br />
Krankenhausmanagern, die beispielsweise<br />
die Einrichtung umfangreicherer Einkaufsmöglichkeiten<br />
befürworten, berichten nur<br />
36 Prozent von entsprechenden konkreten<br />
Planungen. Dagegen kommt das Fitnesscenter<br />
auf eine beeindruckende Realisierungsquote<br />
von 59 Prozent und auch den<br />
Wellness-Schw<strong>im</strong>mbad-Sauna-Bereich<br />
wollen <strong>im</strong>mer noch 43 Prozent seiner<br />
Befürworter in die Klinik einbauen. Mit der<br />
alternativen Medizin tun sich die Manager<br />
erheblich schwerer: Nur 32 Prozent ihrer<br />
Fürsprecher denken ernsthaft daran,<br />
sie einzuführen.<br />
Investitionen in zusätzliche Angebote: Umsetzungswahrscheinlichkeit eher gering<br />
Der Wert gibt an: Von den Krankenhäusern, die eine Maßnahme für wichtig oder sehr wichtig halten,<br />
planen x Prozent die konkrete Umsetzung der Maßnahme<br />
Fitness-Center<br />
59 %<br />
Privatstation/Privatklinik<br />
55 %<br />
Hotelleistungen für Besucher/Angehörige<br />
51 %<br />
Wellness/Schw<strong>im</strong>mbad/Sauna-Bereich<br />
(auch für nicht-Patienten)<br />
43 %<br />
Einkaufsmöglichkeiten/Einkaufspassage<br />
36 %<br />
Zusätzliche Medizin-Angebote<br />
33 %<br />
Alternative Medizin-Angebote<br />
32 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
Abbildung 16<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 29
Strategien, um <strong>im</strong> Wettbewerb zu bestehen:<br />
Angebot erweitern<br />
Möglicherweise ist die Zurückhaltung<br />
auf dem einen oder anderen Gebiet darauf<br />
zurückzuführen, dass nach Einschätzung<br />
der Klinikmanager gar kein Markt für<br />
das jeweilige Angebot existiert. Dass es<br />
sich dabei auch um Fehleinschätzungen<br />
handeln kann, zeigt die Befragung<br />
der Verbraucherseite.<br />
Wie weit die Kundenwünsche und die<br />
Krankenhausplanungen auseinanderlaufen<br />
können, wird gerade am Beispiel der alternativen<br />
Medizin sehr deutlich. Während nur<br />
zwölf Prozent der Manager ernsthaft erwägen,<br />
sie einzuführen, sehen fast zwei<br />
Drittel der Verbraucher einen Bedarf.<br />
Ähnlich groß ist die Diskrepanz <strong>im</strong> Wellnessbereich<br />
und bei der Verbesserung der<br />
Einkaufsmöglichkeiten. Bei den Themen<br />
„Privatstation“ und „Hotelleistungen“<br />
liegen Absichten und Erwartungen deutlich<br />
näher beieinander.<br />
Wie lässt sich also die auffallende Zurückhaltung<br />
der Krankenhäuser erklären, wenn<br />
es darum geht, das Dienstleistungsspektrum<br />
zu erweitern? Denkbare Gründe wären:<br />
• Die Klinikmanager unterschätzen ganz<br />
einfach die Marktpotenziale.<br />
• Es fehlt an Bereitschaft, Flexibilität<br />
und Anreizen, sich auf neues Terrain<br />
zu wagen und sich auf innovative<br />
Geschäftsstrategien einzulassen.<br />
Konkrete Planungen der Krankenhäuser treffen nicht <strong>im</strong>mer Kundenwünsche<br />
Alternative Medizin-Angebote<br />
12 %<br />
13 % 51 %<br />
Wellness/Schw<strong>im</strong>mbad/Sauna-Bereich<br />
10 %<br />
24 % 38 %<br />
Fitness-Center<br />
18 %<br />
18 % 40 %<br />
Einkaufsmöglichkeiten/Einkaufspassage<br />
12 %<br />
12 % 36 %<br />
Privatstation/Privatklinik<br />
33 %<br />
12 % 29 %<br />
Hotelleistungen<br />
22 %<br />
7 % 29 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
■ Kliniken: „Umsetzung sehr wahrscheinlich”<br />
■ Verbraucher: „Nutzung sehr wahrscheinlich“<br />
■ Verbraucher: „Nutzung eher wahrscheinlich“<br />
Abbildung 17<br />
30 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
• Die Manager erkennen keinen unmittelbaren<br />
Nutzen, sehen kein zusätzliches<br />
Ertragspotenzial. In den Fällen der<br />
Einkaufspassage und möglicherweise<br />
des Wellnessbereichs sowie der Hotelleistungen<br />
ginge es wahrscheinlich<br />
um Investitionen in Bausubstanz, die<br />
anschließend zu verpachten wäre, also<br />
artfremdes Geschäft.<br />
• Im „Unternehmen Krankenhaus“ haben<br />
auch die leitenden Ärzte ein gewichtiges<br />
Wort mitzureden, wenn es um die<br />
Aufteilung der Investitionsmittel geht.<br />
Verständlicherweise ist ihnen ein neuer<br />
Computertomograf allemal lieber als<br />
ein Schw<strong>im</strong>mbecken <strong>im</strong> Haus. Zudem<br />
verhindert ihre überwiegend noch schulmedizinische<br />
Ausrichtung möglicherweise,<br />
dass neue Markttrends wie alternative<br />
Heilmethoden den Weg in das<br />
eigene Dienstleistungsangebot finden.<br />
• Verwaltungstechnische Hindernisse wie<br />
das Kassieren von Eintrittsgeldern von<br />
Nichtpatienten (etwa für die Schw<strong>im</strong>mbad-<br />
und Saunabenutzung) schrecken<br />
von einem solchen Engagement ab.<br />
Aus unserer Sicht bietet aber – neben der<br />
Einrichtung von Privatstationen – vor allem<br />
die Etablierung von Wellness- und Fitnesscentern<br />
je nach Rahmenbedingungen<br />
durchaus Potenzial. Sie können sich sowohl<br />
wirtschaftlich als auch <strong>im</strong> Hinblick auf die<br />
Reputation lohnen, wenn es den Krankenhäusern<br />
gelingt, sie mit ihrem Alleinstellungsmerkmal<br />
glaubwürdig zu verknüpfen:<br />
der besonderen ärztlichen Kompetenz.<br />
Ein Fitnessstudio unter kompetenter medizinischer<br />
Aufsicht und Anleitung dürfte<br />
seine Wirkung kaum verfehlen. Allerdings<br />
muss die Klinik dabei sowohl die Belastung<br />
der eigenen Mediziner als auch eventuelle<br />
Konflikte mit niedergelassenen Ärzten<br />
<strong>im</strong> Umfeld (die als Einweiser eine wichtige<br />
Rolle spielen) berücksichtigen.<br />
Und: Nahezu jede Maßnahme zur Erweiterung<br />
des Dienstleistungsportfolios,<br />
zur Qualitätssteigerung kostet zunächst<br />
einmal Geld. Selbst die sinnvolle (!) Kostensenkung<br />
ist keineswegs <strong>im</strong>mer zum Nulltarif<br />
zu haben. Verbesserte Prozesse setzen<br />
häufig Investitionen voraus – in moderneres<br />
Gerät, in bauliche Veränderungen, in<br />
das Know-how der Mitarbeiter. Um ihre<br />
Wettbewerbsfähigkeit (wieder)herzustellen,<br />
muss die Mehrheit der Krankenhäuser<br />
heute um jeden Euro kämpfen. Und<br />
oft auch um jede Veränderung: Alte Denkmuster<br />
sind aufzubrechen und, vor allem<br />
<strong>im</strong> öffentlichen Bereich, politische Widerstände<br />
zu überwinden. Gerade kleinere<br />
Häuser, häufig in der Position lokaler oder<br />
regionaler Rundumversorger, stehen vor<br />
großen Herausforderungen. Im Alleingang<br />
fällt es ihnen oft schwer, Kostensenkungen<br />
umzusetzen oder sich sinnvoll zu spezialisieren.<br />
Unter anderem leiden sie unter<br />
überproportional hohen Verwaltungskosten<br />
– die Verwaltung einer kleinen Klinik ist<br />
kaum billiger als die einer großen.<br />
Auch das wollten wir in unserer Umfrage<br />
ergründen: wie hoch die Hürden auf dem<br />
Weg zur soliden Marktposition sind (oder<br />
empfunden werden) und welcher Natur sie<br />
sind. Geradezu überraschend erscheint,<br />
dass <strong>im</strong>merhin jedes elfte Krankenhaus<br />
keinerlei Behinderung sieht. Nahezu zwei<br />
Drittel machen aber Hemmnisse <strong>im</strong> politischen<br />
Raum aus – verständlich, wenn<br />
<strong>im</strong> öffentlichen Krankenhaus ein kleiner<br />
Umbau oder die Anschaffung eines neuen<br />
Röntgengeräts vom Stadt- oder Kreisparlament<br />
zu genehmigen sind. Mit politischen<br />
Hindernissen haben aber auch die freigemeinnützigen<br />
und die privaten Häuser<br />
zu kämpfen, vor allem wenn sie expandieren<br />
wollen. Finanzielle Hürden führen<br />
55 Prozent der Klinikmanager ins Feld. Und<br />
in seiner zu geringen Größe sieht jedes<br />
vierte Haus ein Handicap. Dass nur jeder<br />
sechste Manager sich von den Entscheidungsstrukturen<br />
seines Trägers gebremst<br />
fühlt, dürfte möglicherweise mehr der<br />
Rücksichtnahme manches Befragten auf<br />
seine Vorgesetzten geschuldet sein. Zu<br />
denken gibt schließlich, dass 18 Prozent<br />
in der Qualifikation der Ärzte und zwölf<br />
Prozent in der Qualifikation des Pflegepersonals<br />
Wettbewerbsnachteile sehen.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 31
Strategien, um <strong>im</strong> Wettbewerb zu bestehen:<br />
Angebot erweitern<br />
Zudem: Politische und finanzielle Hürden verhindern erfolgreiche Positionierung<br />
„Was steht aus Ihrer Sicht evtl. einer erfolgreichen Positionierung und einem<br />
erfolgreichen Bestehen Ihres Krankenhauses <strong>im</strong> Weg?“<br />
Politische Hindernisse<br />
63 %<br />
Finanzielle Gründe<br />
55 %<br />
Zu geringe Größe<br />
27 %<br />
Qualifikation der Ärzte<br />
18 %<br />
Enscheidungsstrukturen bei Träger<br />
16 %<br />
Qualifikation des Pflegepersonals<br />
12 %<br />
Qualifikation des sonstigen Personals<br />
11 %<br />
Sonstige Gründe<br />
3 %<br />
Wettbewerbsdruck durch weitere Krankenhäuser<br />
3 %<br />
Schwierige Personalanwerbung, -kosten<br />
2 %<br />
Gar Nichts<br />
9 %<br />
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %<br />
Abbildung 18<br />
Die Durchschnittswerte relativieren sich<br />
ein wenig, wenn sie auf die unterschiedlichen<br />
Trägergruppen heruntergebrochen<br />
werden. Zwar klagen private und freigemeinnützige<br />
Anbieter mehr als ihre öffentlichen<br />
Konkurrenten über politische Behinderungen.<br />
Doch bei den Finanzen und<br />
den Entscheidungsstrukturen ihrer<br />
Träger sind vor allem die Privaten klar<br />
<strong>im</strong> Vorteil. Vor allem ihr finanzieller, aber<br />
auch ihr technisch-organisatorischer<br />
Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern<br />
dürfte sich in der Wirtschaftskrise tendenziell<br />
noch vergrößern.<br />
32 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
Im Detail: Private Krankenhäuser sehen weniger Hindernisse<br />
„Was steht aus Ihrer Sicht evtl. einer erfolgreichen Positionierung und einem<br />
erfolgreichen Bestehen Ihres Krankenhauses <strong>im</strong> Weg?“<br />
Politische Hindernisse Finanzielle Gründe Entscheidungsstrukturen bei Träger<br />
Freigemeinnützig<br />
75 % Freigemeinnützig<br />
65 % Öffentlich 30 %<br />
Privat<br />
67 % Öffentlich<br />
62 %<br />
Freigemeinnützig<br />
14 %<br />
Öffentlich<br />
48 % Privat 36 %<br />
Privat<br />
4 %<br />
Durchschnitt 63 % Durchschnitt 55 %<br />
Durchschnitt<br />
16 %<br />
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 %<br />
Abbildung 19<br />
Krankenhausmanager stehen vor <strong>im</strong>mer schwierigeren Aufgaben.<br />
Unter dem Druck der aufgrund der Wirtschaftskrise voraussichtlich<br />
sinkenden oder bestenfalls stagnierenden Einnahmen und angesichts<br />
steigender Kosten und eines <strong>im</strong>mer schärferen Wettbewerbs müssen<br />
sie Strategien entwickeln, um die Existenz ihrer Häuser langfristig<br />
zu sichern. Dabei sollen sie einerseits die Kosten senken, andererseits<br />
die Versorgungsqualität nach außen sichtbar verbessern und die Angebote<br />
ihrer Kliniken dem schwierigeren Markt anpassen, teils durch<br />
Spezialisierung, teils durch Ausweitung, fast <strong>im</strong>mer aber durch Maßnahmen,<br />
die zunächst einmal Geld kosten. Doch die Finanzierung von Ausgaben<br />
wird vor allem für Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher und teilweise<br />
auch in freigemeinnütziger Trägerschaft zu einem wachsenden<br />
Problem. Denn ihre Träger leiden schon seit Jahren – und aktuell noch<br />
verschärft durch die Wirtschaftskrise – unter akuter Ebbe in den Kassen.<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 33
6. Ausblick: Marktkonsolidierung hält an<br />
Die Wirtschaftskrise begünstigt eindeutig<br />
die privaten Klinikkonzerne. Deren<br />
Vorteile – die Finanzierung aus eigener<br />
Kraft und am Markt sowie die Geschwindigkeit<br />
der Entscheidungen – kommen gerade<br />
in dieser Phase voll zum Tragen. Das heißt,<br />
dass sich die bisherige Entwicklung mit<br />
großer Wahrscheinlichkeit noch beschleunigen<br />
wird: Das Krankenhaussterben und<br />
der Vormarsch privater Anbieter werden<br />
sich fortsetzen und temporär noch an<br />
Intensität zunehmen. Der Trend ist vorgezeichnet.<br />
Denn überall da, wo die Nottransportdienste<br />
vom Rettungswagen bis zum<br />
Hubschrauber funktionieren, werden die<br />
kleinen, nur bedingt effizienten Krankenhäuser<br />
vor Ort zunehmend überflüssig.<br />
Lediglich <strong>im</strong> Verbund größerer Klinikgruppen<br />
oder freiwilliger Zusammenschlüsse<br />
können einige von ihnen ihre<br />
Existenzberechtigung wahren – mithilfe<br />
moderner Kommunikationstechnik,<br />
die ihren Ärzten <strong>im</strong> akuten Fall ermöglicht,<br />
Spezialistenwissen in Echtzeit in die<br />
Provinz zu holen.<br />
Kliniksterben in Deutschland hält an<br />
2.600<br />
Anzahl Krankenhäuser in Deutschland<br />
2.400<br />
2.200<br />
2.000<br />
1.800<br />
2.381<br />
2.337<br />
2.269<br />
2.263<br />
2.242<br />
2.221<br />
2.166<br />
2.104<br />
2.083<br />
1.600<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
2008<br />
Abbildung 20 (Quelle: gbe-bund.de)<br />
36 <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong>
Unter diesen Prämissen erscheint es<br />
unausweichlich, dass die privaten Klinikdienstleister<br />
an Boden gewinnen werden.<br />
Der Riss, der schon heute durch die deutsche<br />
<strong>Krankenhauslandschaft</strong> geht, wird<br />
wachsen: auf der einen Seite die Kliniken<br />
in privater Trägerschaft, die ihre Expansion<br />
und ihre Investitionen aus eigener<br />
Kraft und über den Kapitalmarkt finanzieren<br />
können und die mit neuen Angeboten<br />
ihre Attraktivität weiter steigern können,<br />
auf der anderen Seite die öffentlich-rechtlichen<br />
Krankenhäuser, zumeist getragen<br />
von Kommunen und Kreisen, deren Finanzen<br />
unter den Lasten des Sozialsystems<br />
vielfach dahinschmelzen und kaum mehr<br />
Spielräume für die Krankenhausentwicklung<br />
lassen. Dazwischen bewegen sich<br />
die freigemeinnützigen Träger (Kirchen,<br />
Sozialverbände, Stiftungen usw.), deren<br />
finanzielle Bewegungsfreiheit häufig ebenfalls<br />
zunehmend eingeengt wird. Nur die<br />
Universitätskliniken, von den Ländern oft<br />
als Prestigeobjekte geführt und gefördert,<br />
bleiben von dieser Entwicklung wohl weitgehend<br />
unberührt. Eine erste Bresche<br />
haben die Privaten aber auch hier schon<br />
geschlagen – in Hessen mit den Uni-Kliniken<br />
Gießen und Marburg.<br />
Marktanteil Privater Anbieter wird weiter steigen<br />
2.400<br />
2.200<br />
Entwicklung: Anzahl Private vs. Öffentliche & Freigemeinnützige Krankenhäuser<br />
2.000<br />
1.800<br />
1.600<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
1.800<br />
1.600<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.062 950<br />
369<br />
987 949<br />
401<br />
933 929<br />
407<br />
890 920<br />
453<br />
844 912<br />
486<br />
817 877<br />
527<br />
780 831<br />
555<br />
717 803<br />
584<br />
665 781<br />
637<br />
1.400<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
2008<br />
■ Privat ■ Freigemeinnützig ■ Öffentlich<br />
Abbildung 21 (Quelle: gbe-bund.de)<br />
<strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong> <strong>Krankenhauslandschaft</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> 37
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