Zweiter Saechsischer Landespsychiatrieplan
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<strong>Landespsychiatrieplan</strong><br />
Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund<br />
11 Versorgung psychisch erkrankter Menschen mit<br />
Migrationshintergrund<br />
Fragen der Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund, das heißt von in den<br />
letzten Jahrzehnten zugewanderten Menschen und deren Nachkommen, gewinnen<br />
zunehmend an Bedeutung. Dies gilt zukünftig auch für den Freistaat Sachsen, wo der<br />
Anteil von Personen mit Migrationshintergrund zurzeit 4,8 % beträgt.<br />
In der Prävalenz psychischer Erkrankungen unterscheiden sich Menschen mit<br />
Migrationshintergrund nach Expertenmeinung nicht wesentlich von der übrigen<br />
Bevölkerung. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass sie ein erhöhtes Risiko für die<br />
Entwicklung somatoformer Störungen und posttraumatischer Belastungsstörungen oder<br />
auch Anpassungsstörungen tragen; je nach Alter und Herkunft gilt auch die<br />
Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Suchterkrankung als erhöht (vgl. hierzu auch<br />
die Ausführungen im Landessuchthilfeplan).<br />
Menschen mit Migrationshintergrund sind dennoch in den meisten offenen stationären und<br />
teilstationären psychiatrischen Bereichen sowie ganz besonders in der ambulanten<br />
psychotherapeutischen Versorgung unterrepräsentiert, in den geschlossenen Bereichen<br />
und der Forensik dagegen überrepräsentiert. Die Versorgungspraxis psychisch erkrankter<br />
Migranten unterscheidet sich demnach von der der übrigen Bevölkerung.<br />
Zum einen sind hierfür Zugangsbarrieren verantwortlich, die mit den soziokulturellen<br />
Einstellungen der Migranten und zum Beispiel mit deren Angst vor Stigmatisierung<br />
zusammenhängen. Vor allem bei weniger schweren psychischen Erkrankungen führt dies<br />
dazu, dass Versorgungsleistungen erst relativ spät nach Erkrankungsbeginn in Anspruch<br />
genommen werden. Andererseits ist das Versorgungsangebot für Migranten häufig nicht<br />
niederschwellig angelegt, zum Beispiel aufgrund sprachlicher Barrieren. Zudem besteht<br />
häufig ein erhebliches Informationsdefizit, sowohl über das Angebot als auch über den<br />
Zugang in die Versorgung. Ein besonderes Problem resultiert aus kulturell begründeten<br />
Kommunikationsschwierigkeiten, die häufig zu Unmut bei den Betroffenen und zu Defiziten<br />
in der Versorgung führen.<br />
Die Versorgung psychisch erkrankter Menschen mit Migrationshintergrund, für die<br />
gleichermaßen die eingangs definierten Grundprinzipien gelten, erfordert im Freistaat<br />
Sachsen trotz dieser spezifischen Besonderheiten kein gesondertes Versorgungssystem<br />
mit spezialisierten Einrichtungen. Die notwendigen Hilfen sind vielmehr im Rahmen der<br />
bestehenden Versorgungsstrukturen zu leisten, die in bestimmten Aspekten den<br />
spezifischen Anforderungen anzupassen sind.<br />
Ziele<br />
• Die Zugangsbarrieren in die Versorgung sollen abgebaut werden, wobei hier vor allem<br />
die Verbesserung der Information über das Versorgungsangebot und die<br />
Zugangsmöglichkeiten von Bedeutung sind.<br />
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