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Zweiter Saechsischer Landespsychiatrieplan

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<strong>Landespsychiatrieplan</strong><br />

Versorgung von Menschen mit Intelligenzminderung<br />

10 Versorgung psychisch erkrankter Menschen mit<br />

Intelligenzminderung<br />

Es hat sich international durchgesetzt, die Intelligenzminderung V (IM) nach ihrem<br />

Schweregrad in vier Stufen einzuteilen, wobei zwischen leichter IM (Intelligenzquotient 69 -<br />

50), mittelgradiger IM (IQ 49 - 35), schwerer IM (IQ 34 - 20) und schwerster IM (IQ 19 - 0)<br />

unterschieden wird. Die Prävalenz der Intelligenzminderung liegt zwischen 0,6 und 1,3 %,<br />

so dass in der Bundesrepublik etwa 0,5 bis 1,0 Mio., im Freistaat Sachsen zwischen<br />

24.000 und 52.000 Menschen mit einer Intelligenzminderung leben. VI<br />

Die Prävalenz psychischer Störungen bei Menschen mit Intelligenzminderung ist nach<br />

übereinstimmender Auffassung aller Experten gegenüber der Normalbevölkerung deutlich<br />

erhöht. Die Angaben zur Lebenszeitprävalenz schwanken allerdings zwischen 15 % und<br />

70 %, was zum Ausdruck bringt, dass die Diagnostik psychischer Erkrankungen bei<br />

Menschen mit Intelligenzminderung mit methodischen Schwierigkeiten verbunden ist und<br />

deshalb von zielgruppenspezifischen Erfahrungen erheblich beeinflusst wird. Dies trifft vor<br />

allem auf die Diagnostik psychischer Störungen und deren Differentialdiagnostik<br />

gegenüber bestimmten Formen von Problemverhalten bei Menschen mit schwerer oder<br />

schwerster Intelligenzminderung zu.<br />

Das Vorliegen einer geistigen Behinderung darf nicht zu unzulänglicher Versorgung oder<br />

gar zum Ausschluss aus einer adäquaten Versorgung führen. Psychisch erkrankte<br />

Menschen mit Intelligenzminderung haben einen Anspruch auf eine bedarfsgerechte<br />

gesundheitliche Versorgung unabhängig von den leistungsrechtlichen Konstellationen des<br />

Einzelfalls. Sie setzt besondere fachliche, kommunikative und organisatorische Kompetenz<br />

voraus. Differentialdiagnostisches und therapeutisches Vorgehen ist häufig durch<br />

Besonderheiten und Beeinträchtigungen der Kommunikation erschwert und erfordert bei<br />

ganzheitlich geprägtem Arbeiten z. T. erheblich vermehrten organisatorischen und<br />

zeitlichen Aufwand. Die Versorgungssituation von psychisch erkrankten Menschen mit<br />

Intelligenzminderung wird in Deutschland insgesamt als defizitär eingeschätzt. Dies betrifft<br />

vor allem die Qualität und Differenziertheit der Versorgung. Menschen mit<br />

Intelligenzminderung gehören zu den Patientengruppen, die besonders häufig und über<br />

einen besonders langen Zeitraum Psychopharmaka erhalten; nicht selten ist die Indikation<br />

nicht gesichert.<br />

Diese Klientel stellt in den Einrichtungen der psychiatrischen und psychotherapeutischen<br />

Grundversorgung ein immer größeres Patientenkollektiv dar. Das Angebot an<br />

allgemeinpsychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung gilt aber als nur selten<br />

V<br />

VI<br />

Der Begriff der Intelligenzminderung wird in der deutschen Übersetzung der ICD-10 verwendet. Er ist<br />

weitestgehend gleichbedeutend mit dem Begriff der „geistigen Behinderung“, der in der Sozialgesetzgebung<br />

überwiegend verwendet wird.<br />

Es gibt in Deutschland auch aus Gründen der historischen Belastung durch die nationalsozialistischen<br />

Verbrechen an behinderten und psychisch erkrankten Menschen kein Register, das die Zahl exakt erfasst.<br />

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