Zweiter Saechsischer Landespsychiatrieplan

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20.03.2014 Aufrufe

Landespsychiatrieplan Grundversorgung Problem stellen Klienten dar, die fremdaggressives Verhalten und wenig Krankheitseinsicht zeigen; schwierig gestaltet sich zudem die Betreuung von Bewohnern mit Substanzstörungen und Mehrfachdiagnosen. Ziele • Der Bedarf an stationären Wohnstättenplätzen muss kontinuierlich und regional bestimmt, die Versorgungsstrukturen müssen entsprechend angepasst werden. Ein weiterer Ausbau darf nicht im Widerspruch zu dem geltenden Grundsatz „ambulant vor stationär“ erfolgen; ambulanten Wohnformen ist der Vorrang einzuräumen. Dies bedeutet auch, dass die Betreuungsstrukturen sowie die Finanzierungsmodalitäten – bspw. durch Nutzung des Persönlichen Budgets – und Fördermöglichkeiten möglichst flexibel zu handhaben sind. • Ein Angebot an Plätzen zu einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung gemäß § 1906 Bürgerliches Gesetzbuch ist regional in ausreichender Anzahl vorzuhalten. Richtlinien und Entscheidungshilfen für den Umgang mit diesem Personenkreis sind auszuarbeiten und deren Umsetzung zu kontrollieren. • Die Außenorientierung der Einrichtungen ist weiter voranzutreiben; Maßnahmen zur besseren sozialen Integration der Bewohner sind zu entwickeln und zu implementieren. Anstrengungen, die Bewohner zu einem Leben in einer offeneren Wohnform zu ermutigen und zu befähigen, sind zu intensivieren. • Die Vernetzung mit ambulanten, stationären und anderen komplementären Angeboten ist als wichtiges Element zur Verbesserung der Versorgung und der Behandlungskontinuität zu gewährleisten. Vor allem die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Fachärzten ist eng und kontinuierlich anzulegen. • Für den Umgang mit Menschen mit Substanzstörungen und Doppeldiagnosen soll das Fachwissen der Suchtkrankenhilfe durch Schulungen und fachlichen Austausch intensiver einbezogen werden. • Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind zu definieren und finanziell adäquat zu untersetzen; die Einhaltung entsprechender Leitlinien ist kontinuierlich zu überprüfen. • In den Wohnstätten soll das Wohnen in Einzelzimmern regelhaft gewährleistet werden. 4.6.2 Sozialtherapeutische Außenwohngruppen Außenwohngruppen sind in der Regel ausgelagerte Wohngruppen der Sozialtherapeutischen Wohnstätten. Sie sollen als räumlich und inhaltlich vom Wohnstättenbereich getrennte, diesem jedoch zugehörige Teile in der Nähe des Kernwohnheims gelegen sein, so dass die Bewohner dessen Angebotsstruktur nutzen können; eine organisatorische Anbindung an andere teilstationäre bzw. ambulante Angebote ist ebenfalls möglich. Außenwohngruppen ermöglichen stärker als Wohnstätten Autonomie und Selbstbestimmung für die Bewohner, sie stellen an deren Eigenständigkeit 54

Landespsychiatrieplan Grundversorgung höhere Anforderungen und gelten als erster Schritt in Richtung eines angestrebten selbstständigen Wohnens. Nachdem Außenwohngruppen im Ersten Sächsischen Landespsychiatrieplan explizit noch nicht vorgesehen waren, ist deren Platzzahl in den Jahren nach 1994 stetig gewachsen. Das Angebot ist als Bindeglied zwischen stationärer Wohnstättenversorgung und ambulanter Betreuung ein wichtiges Versorgungselement, das der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung chronisch psychisch erkrankter Menschen Rechnung trägt. Aufgrund einer Flexibilisierung der Zugangsvoraussetzungen stehen Außenwohngruppen chronisch psychisch erkrankten Menschen mit unterschiedlichen Hilfebedarfen offen und damit zum Beispiel auch Klienten, die nicht in einer tagesstrukturierenden Einrichtung (z. B. einer WfbM) betreut werden. In diesen Fällen sollen zur Tagesstrukturierung die in den Wohnheimen oder anderweitig vor Ort existierenden Möglichkeiten genutzt werden. Ziele • Der Platzbedarf an Außenwohngruppen ist regional zu prüfen. Die Erweiterung der Platzkapazität und die Flexibilisierung der Zugangsvoraussetzungen können dazu beitragen, dass eine Erweiterung der Wohnheimkapazitäten nicht erforderlich wird. • Der Betreuungsbedarf muss vor allem vor dem Hintergrund der erfolgten Flexibilisierung der Zugangsvoraussetzungen am individuellen Hilfebedarf der Bewohner orientiert sein. Außenwohngruppen sollten jedoch den Charakter einer Zwischenform zwischen Wohnstätten und ambulant betreutem Wohnen behalten, so dass die Bewohner auch weiterhin über ein höheres Maß an Selbstständigkeit und sozialer Kompetenz verfügen. • Außenwohngruppen sollten mit anderen Angeboten zur Tagesstrukturierung, zum Beispiel Tagesstätten, kooperieren können. 4.6.3 Ambulant betreutes Wohnen Das ambulant betreute Wohnen bietet Hilfen für chronisch psychisch erkrankte Menschen, die infolge ihrer Erkrankung nicht (mehr) ohne Betreuung in eigenem Wohnraum leben können und alternativ in eine stationäre Wohnform aufgenommen werden müssten, einer stationären Betreuung nicht (mehr) bedürfen und bei einer regelmäßigen sozialpädagogischen Betreuung ihren Lebensbereich weitgehend selbst gestalten können. Ambulant betreutes Wohnen erlaubt damit psychisch erkrankten Menschen in einer weitgehend von Hilfen unabhängigen Wohnform zu leben - in der Regel in den eigenen Räumlichkeiten. Ziel ist es, die Fähigkeiten und die Bereitschaft zu größtmöglicher Selbstständigkeit und Selbstbestimmung aufzubauen, zu erhalten und weiterzuentwickeln, um die Klienten zu befähigen, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Zu den Hilfen zählen zum Beispiel Beratung, Begleitung, Anleitung und Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen; falls erforderlich, werden Tätigkeiten übernommen, die zur Bewältigung der Anforderungen im Lebensbereich Wohnen notwendig sind. Die Hilfen werden aufsuchend und durchschnittlich in ein bis drei einstündigen Betreuungskontakten 55

<strong>Landespsychiatrieplan</strong><br />

Grundversorgung<br />

Problem stellen Klienten dar, die fremdaggressives Verhalten und wenig Krankheitseinsicht<br />

zeigen; schwierig gestaltet sich zudem die Betreuung von Bewohnern mit<br />

Substanzstörungen und Mehrfachdiagnosen.<br />

Ziele<br />

• Der Bedarf an stationären Wohnstättenplätzen muss kontinuierlich und regional<br />

bestimmt, die Versorgungsstrukturen müssen entsprechend angepasst werden. Ein<br />

weiterer Ausbau darf nicht im Widerspruch zu dem geltenden Grundsatz „ambulant vor<br />

stationär“ erfolgen; ambulanten Wohnformen ist der Vorrang einzuräumen. Dies<br />

bedeutet auch, dass die Betreuungsstrukturen sowie die Finanzierungsmodalitäten –<br />

bspw. durch Nutzung des Persönlichen Budgets – und Fördermöglichkeiten möglichst<br />

flexibel zu handhaben sind.<br />

• Ein Angebot an Plätzen zu einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung<br />

gemäß § 1906 Bürgerliches Gesetzbuch ist regional in ausreichender Anzahl<br />

vorzuhalten. Richtlinien und Entscheidungshilfen für den Umgang mit diesem<br />

Personenkreis sind auszuarbeiten und deren Umsetzung zu kontrollieren.<br />

• Die Außenorientierung der Einrichtungen ist weiter voranzutreiben; Maßnahmen zur<br />

besseren sozialen Integration der Bewohner sind zu entwickeln und zu<br />

implementieren. Anstrengungen, die Bewohner zu einem Leben in einer offeneren<br />

Wohnform zu ermutigen und zu befähigen, sind zu intensivieren.<br />

• Die Vernetzung mit ambulanten, stationären und anderen komplementären Angeboten<br />

ist als wichtiges Element zur Verbesserung der Versorgung und der<br />

Behandlungskontinuität zu gewährleisten. Vor allem die Zusammenarbeit mit<br />

niedergelassenen Fachärzten ist eng und kontinuierlich anzulegen.<br />

• Für den Umgang mit Menschen mit Substanzstörungen und Doppeldiagnosen soll das<br />

Fachwissen der Suchtkrankenhilfe durch Schulungen und fachlichen Austausch<br />

intensiver einbezogen werden.<br />

• Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind zu definieren und finanziell<br />

adäquat zu untersetzen; die Einhaltung entsprechender Leitlinien ist kontinuierlich zu<br />

überprüfen.<br />

• In den Wohnstätten soll das Wohnen in Einzelzimmern regelhaft gewährleistet werden.<br />

4.6.2 Sozialtherapeutische Außenwohngruppen<br />

Außenwohngruppen sind in der Regel ausgelagerte Wohngruppen der<br />

Sozialtherapeutischen Wohnstätten. Sie sollen als räumlich und inhaltlich vom<br />

Wohnstättenbereich getrennte, diesem jedoch zugehörige Teile in der Nähe des<br />

Kernwohnheims gelegen sein, so dass die Bewohner dessen Angebotsstruktur nutzen<br />

können; eine organisatorische Anbindung an andere teilstationäre bzw. ambulante<br />

Angebote ist ebenfalls möglich. Außenwohngruppen ermöglichen stärker als Wohnstätten<br />

Autonomie und Selbstbestimmung für die Bewohner, sie stellen an deren Eigenständigkeit<br />

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