Zweiter Saechsischer Landespsychiatrieplan

Zweiter Saechsischer Landespsychiatrieplan Zweiter Saechsischer Landespsychiatrieplan

20.03.2014 Aufrufe

Landespsychiatrieplan Grundprinzipien sorgungsangebot weitergereicht werden. Es muss daher ein langfristiges Ziel sein, dass sich die Hilfen dem individuell wechselnden Bedarf der Patienten anpassen. Dieses Ziel ist von besonderer Relevanz für diejenigen psychisch erkrankten Menschen, die einen komplexen Hilfebedarf aufweisen und Hilfen nicht selbst aktiv in Anspruch nehmen und koordinieren können. Hilfeplankonferenzen, an denen sowohl Leistungserbringer als auch Leistungsträger teilnehmen und in denen die am individuellen Hilfebedarf ausgerichteten Hilfen gesteuert werden, können für diesen Personenkreis als Kernstück der praktischen Umsetzung hin zu einer personenzentrierten Versorgung gesehen werden. Der Umbau der Versorgungslandschaft von einem einrichtungszentrierten zu einem bedarfs- und personenzentrierten System wird daher weiter unterstützt. Die einzelnen Einrichtungsträger werden ermutigt, ihr gemeindenahes Angebot auszuweiten, um ein Komplexangebot mit möglichst vielen Leistungsarten vorzuhalten; zugleich werden die verschiedenen Einrichtungsträger aufgefordert, ihr Leistungsangebot verbindlich aufeinander abzustimmen und sich vertraglich oder mittels einer Grundsatzerklärung zu einem regionalen Verbund zusammenzuschließen. Zur Etablierung von Hilfeplankonferenzen und der Anwendung standardisierter Verfahren zur Hilfebedarfserfassung wird aufgefordert. Die Grundlage hierfür bildet die von der WHO entwickelte ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) als professionsübergreifendes Instrument, welches u.a. die Möglichkeit eröffnet, die Ressourcen und Bedarfe der Klienten im Zusammenhang mit der unmittelbaren Umwelt zu betrachten. Die Kooperation zwischen verschiedenen Bereichen der Versorgung und Unterstützung psychisch erkrankter Menschen muss gefördert werden Die Häufigkeit psychischer Störungen, die Multifaktorialität der Ursachen und die Komplexität der Problematik, die sich vor allem bei schwerer und chronisch psychisch erkrankten Menschen zeigt, bedingen, dass die Versorgung nicht ausschließlich in spezialisierten Einrichtungen und Diensten erfolgen kann, sondern die Kooperation mit nichtpsychiatrischen Einrichtungen und Diensten sowie mit verschiedenen Professionen erfordert. Dies erfordert die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bereichen der Versorgung und der sozialen Unterstützung. Die Staatsregierung wird Maßnahmen, die diesem Ziel dienen, im Rahmen vorhandener Möglichkeiten unterstützen. Die Kontinuität der Behandlung soll gefördert werden Kontinuität psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung gilt als wichtiger Prädiktor für deren Erfolg; sie scheint vor allem das Funktionsniveau und die Lebensqualität chronisch psychisch erkrankter Menschen positiv zu beeinflussen. Dabei scheint neben der informationellen und besonders der personellen Kontinuität vor allem die Kontinuität der von unterschiedlichen Institutionen erbrachten Leistungen von Bedeutung. 22

Landespsychiatrieplan Grundprinzipien Maßnahmen zur Sicherung der Behandlungskontinuität werden daher von der Staatsregierung besonders positiv bewertet. Psychisch erkrankte Menschen werden in ihrer Selbstbestimmung gestärkt („Empowerment“) In der Versorgung von psychisch erkrankten Menschen sind Bedingungen bereitzustellen, die es vor allem auch chronisch Erkrankten ermöglichen, sich ihrer ungenutzten Ressourcen und Kompetenzen bewusst zu werden, sie zu erhalten und zu erweitern, um ihr Leben so weit wie möglich selbst zu bestimmen („Empowerment“-Unterstützung). Die Staatsregierung ermutigt daher zu emanzipatorischen und partizipativen Ansätzen in der psychiatrischen Versorgung und beteiligt sich aktiv am partnerschaftlichen Austausch von psychisch Erkrankten, Angehörigen, Fachpersonen sowie Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung. Maßnahmen wie der Abschluss von Behandlungsvereinbarungen und die Inanspruchnahme eines persönlichen Budgets werden unterstützt. Das Hilfepotential der Angehörigen wird anerkannt und gefördert Das Hilfepotential der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen kann für den Krankheitsverlauf ihrer Familienmitglieder von großer Bedeutung sein und schließt gleichzeitig das Potential zu Kostenentlastungen ein. Die Staatsregierung anerkennt dies und fördert daher die Einbeziehung der Angehörigen auf verschiedensten Ebenen der Planung und Ausgestaltung der psychiatrischen Versorgung. Die Staatsregierung ist sich aber auch bewusst, dass die Verantwortung der Angehörigen im Rahmen der Reformierung der psychiatrischen Versorgung immer mehr gewachsen ist. Die betroffenen Familien sind häufig einem erheblichem Ausmaß an objektiven und subjektiven Belastungen ausgesetzt, die letztlich auch zu Beeinträchtigungen der Gesundheit der Angehörigen führen können. Die Belastung von Kindern, deren Eltern oder Geschwister psychisch erkrankt sind, wird besonders anerkannt. Vor diesem Hintergrund unterstützt die Staatsregierung die Implementierung von professionell geleiteten Angehörigengruppen ebenso wie den Austausch in Angehörigenselbsthilfegruppen. Ein hoher Standard der vorsorgenden, begleitenden und nachsorgenden Hilfen wird gewährleistet Es ist selbstverständlich, dass ein möglichst hoher Standard der psychiatrischen Hilfen zu gewährleisten ist. Um diesen sicherzustellen, sind Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu definieren, deren Einhaltung ständig zu überprüfen ist. Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind allerdings nicht statisch, sondern bedürfen der ständigen Anpassung. Die Staatsregierung unterstützt vor diesem Hintergrund die Implementierung neuer Erfolg versprechender Maßnahmen und Angebotsstrukturen. 23

<strong>Landespsychiatrieplan</strong><br />

Grundprinzipien<br />

sorgungsangebot weitergereicht werden. Es muss daher ein langfristiges Ziel sein, dass<br />

sich die Hilfen dem individuell wechselnden Bedarf der Patienten anpassen.<br />

Dieses Ziel ist von besonderer Relevanz für diejenigen psychisch erkrankten Menschen,<br />

die einen komplexen Hilfebedarf aufweisen und Hilfen nicht selbst aktiv in Anspruch<br />

nehmen und koordinieren können. Hilfeplankonferenzen, an denen sowohl Leistungserbringer<br />

als auch Leistungsträger teilnehmen und in denen die am individuellen Hilfebedarf<br />

ausgerichteten Hilfen gesteuert werden, können für diesen Personenkreis als Kernstück<br />

der praktischen Umsetzung hin zu einer personenzentrierten Versorgung gesehen<br />

werden.<br />

Der Umbau der Versorgungslandschaft von einem einrichtungszentrierten zu einem<br />

bedarfs- und personenzentrierten System wird daher weiter unterstützt. Die einzelnen<br />

Einrichtungsträger werden ermutigt, ihr gemeindenahes Angebot auszuweiten, um ein<br />

Komplexangebot mit möglichst vielen Leistungsarten vorzuhalten; zugleich werden die<br />

verschiedenen Einrichtungsträger aufgefordert, ihr Leistungsangebot verbindlich<br />

aufeinander abzustimmen und sich vertraglich oder mittels einer Grundsatzerklärung zu<br />

einem regionalen Verbund zusammenzuschließen. Zur Etablierung von<br />

Hilfeplankonferenzen und der Anwendung standardisierter Verfahren zur<br />

Hilfebedarfserfassung wird aufgefordert. Die Grundlage hierfür bildet die von der WHO<br />

entwickelte ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und<br />

Gesundheit) als professionsübergreifendes Instrument, welches u.a. die Möglichkeit<br />

eröffnet, die Ressourcen und Bedarfe der Klienten im Zusammenhang mit der<br />

unmittelbaren Umwelt zu betrachten.<br />

Die Kooperation zwischen verschiedenen Bereichen der Versorgung und<br />

Unterstützung psychisch erkrankter Menschen muss gefördert werden<br />

Die Häufigkeit psychischer Störungen, die Multifaktorialität der Ursachen und die<br />

Komplexität der Problematik, die sich vor allem bei schwerer und chronisch psychisch<br />

erkrankten Menschen zeigt, bedingen, dass die Versorgung nicht ausschließlich in<br />

spezialisierten Einrichtungen und Diensten erfolgen kann, sondern die Kooperation mit<br />

nichtpsychiatrischen Einrichtungen und Diensten sowie mit verschiedenen Professionen<br />

erfordert. Dies erfordert die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bereichen der<br />

Versorgung und der sozialen Unterstützung.<br />

Die Staatsregierung wird Maßnahmen, die diesem Ziel dienen, im Rahmen vorhandener<br />

Möglichkeiten unterstützen.<br />

Die Kontinuität der Behandlung soll gefördert werden<br />

Kontinuität psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung gilt als wichtiger Prädiktor für<br />

deren Erfolg; sie scheint vor allem das Funktionsniveau und die Lebensqualität chronisch<br />

psychisch erkrankter Menschen positiv zu beeinflussen. Dabei scheint neben der<br />

informationellen und besonders der personellen Kontinuität vor allem die Kontinuität der<br />

von unterschiedlichen Institutionen erbrachten Leistungen von Bedeutung.<br />

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