Zweiter Saechsischer Landespsychiatrieplan
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<strong>Landespsychiatrieplan</strong><br />
Einleitung<br />
1.2 Entstehung und Verlauf psychischer Störungen<br />
Für die meisten psychischen Störungen wird derzeit davon ausgegangen, dass deren<br />
Entwicklung das Ergebnis komplexer Interaktionen zwischen biologischen,<br />
psychologischen und sozialen Variablen ist, deren Bedeutung in der Auslösung und<br />
Aufrechterhaltung psychischer Störungen ganz unterschiedlich, bidirektional sowie<br />
kontextabhängig sein kann. Man arbeitet gegenwärtig theoretisch im Allgemeinen mit dem<br />
so genannten Vulnerabilitäts-Stress-Modell psychischer Störungen, das als<br />
schulenübergreifendes integratives Modell verstanden werden kann. Nach diesem Modell<br />
führt Vulnerabilität (=Verletzbarkeit), die sowohl biologischer Art (z. B. in Form von<br />
genetischen Belastungsdispositionen) als auch sozialer Art (z. B. in Form von nachteiligen<br />
Lebens- und Entwicklungsbedingungen) sein kann, für sich genommen nicht zur Störung.<br />
Es ist vielmehr erforderlich, dass Stress hinzukommt, das heißt, dass Anpassungen an<br />
Anforderungssituationen erforderlich sind, die etwa in Form von kritischen<br />
Lebensereignissen oder Belastungssituationen auftreten können. Dabei ist die Bedeutung<br />
bestimmter Stressfaktoren oder das Ausmaß der Stressbelastungen von vielen Faktoren<br />
abhängig, so zum Beispiel von entwicklungsbezogenen Faktoren wie Bindung und<br />
Leistungskompetenz oder auch von psychologischen Faktoren wie dysfunktionalen<br />
Kognitionen oder dem Ausmaß erlebter sozialer Unterstützung.<br />
Das Wissen um die Faktoren, die den weiteren Störungsverlauf und damit auch dessen<br />
akute Folgen (z. B. Arbeitsunfähigkeit, Hilflosigkeit) und langfristige Folgen (z. B.<br />
Minderung der Erwerbsfähigkeit, seelische Behinderung) bestimmen, ist noch immer sehr<br />
gering. Es wird auch hier davon ausgegangen, dass die Interaktion von biologischen,<br />
psychologischen und sozialen Variablen von entscheidender Bedeutung ist.<br />
Für die im <strong>Landespsychiatrieplan</strong> skizzierten Aufgaben ergibt sich daraus die Forderung<br />
nach einem umfassenden multimodalen und multimethodalen interdisziplinären Ansatz.<br />
Die Kooperation von psychiatrisch-psychotherapeutischem Versorgungssystem und<br />
sozialen Hilfesystemen im Rahmen der Versorgung psychisch erkrankter Menschen ist<br />
ebenso von großer Bedeutung wie die Implementierung von Maßnahmen zur Förderung<br />
psychischer Gesundheit sowie zur Prävention psychischer Störungen.<br />
1.3 Häufigkeit psychischer Störungen im Freistaat Sachsen<br />
Untersuchungen zur Häufigkeit psychischer Störungen im Freistaat Sachsen liegen nicht<br />
vor. Es scheint aber zulässig, die entsprechenden Schätzungen aus Studien zur Häufigkeit<br />
psychischer Störungen in Deutschland abzuleiten; hierauf weisen zumindest Studien hin,<br />
die einen Vergleich zwischen den östlichen und den westlichen Bundesländern<br />
vornehmen 1 I .<br />
Für die Population der 18- bis 65-Jährigen wurden auf der Basis der im<br />
I Die arabischen Ziffern verweisen auf das Literaturverzeichnis<br />
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