tu - Technik im Unterricht Messschieber selbst hergestellt (Vorschau)
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E 3915<br />
151<br />
Neckar-Verlag 1. Quartal 2014<br />
ZEITSCHRIFT FÜR TECHNIK IM UNTERRICHT<br />
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Impressum<br />
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Zeitschrift für<br />
<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong><br />
– 39. Jahrgang –<br />
<strong>tu</strong>: „<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong>“ erscheint vierteljährlich.<br />
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Wilhelm Dold, E-Mail: wdold1@t-online.de<br />
Hans-Jürgen Fockel –<br />
E-Mail: HansJuergen.Fockel@lanos.de<br />
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Harald Hölz, Schorndorf, E-Mail: haraldhoelz@arcor.de<br />
Ingelore Mammes, Prof. für Schulforschung mit<br />
Schwerpunkt Technische Bildung,<br />
Universität Duisburg-Essen,<br />
E-Mail: Ingelore.mammes@uni-due.de<br />
Ravensberger Erfinderwerkstatt.<br />
Kontakt über Kirsten Biedermann,<br />
E-Mail: kirsten.biedermann@uni-bielefeld.de<br />
Prof. Dr. Winfried Schmayl,<br />
E-Mail: schmayl@ph-karlsruhe.de<br />
Jari Tlatlik, E-Mail: Ja.Tlatlik@gmx.de<br />
Lars Wortmeier, E-Mail: Lars.Wortmeier@gmx.de<br />
Titelseite: Abbildungen aus den Beiträgen von<br />
M. Binder, W. Dold und D. Fockel et al<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
<strong>tu</strong>: Inhalt<br />
Inhalt<br />
Ingelore Mammes<br />
Zum Einfluss früher technischer Bildung<br />
auf die Identitätsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
Gabriele Graube<br />
Spielen, Lernen und <strong>Technik</strong> –<br />
Das Konstruktionsspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Martin Binder<br />
Warentest: Schüler testen Laubsäge . . . . . . . . . . . . 17<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Wilhelm Dold<br />
<strong>Messschieber</strong> – <strong>selbst</strong> <strong>hergestellt</strong> . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Dominik Fockel, Jari tLAtlik,<br />
Lars Wortmeier, Kirsten Biedermann<br />
Opt<strong>im</strong>ierte Fahrs<strong>tu</strong>hlsteuerung mit der<br />
Kleinsteuerung „Nanoline“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
<strong>tu</strong>: Veranstal<strong>tu</strong>ngen / Tagungen<br />
Ankündigung der<br />
DGTB-Jahrestagung 2014 zum Thema<br />
Technische Bildung und MINT –<br />
Chance oder Risiko? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
<strong>tu</strong>: Werkstoffe<br />
Harald Hölz<br />
Verbundwerkstoffe – Teil 1 –<br />
Grundlagen und Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
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<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
3
<strong>tu</strong><br />
Das Eßbesteck – ein Schnittbereich von <strong>Technik</strong> und Kunst<br />
Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände<br />
wurden seit jeher nicht nur auf ihren<br />
Verwendungszweck hin gestaltet.<br />
Sie sollten <strong>im</strong>mer auch gefällig sein<br />
und durch eine elegante Form, eine<br />
ansprechende Farbgebung oder auch<br />
durch Verzierungen dem menschlichen<br />
Schönheitssinn entgegenkommen.<br />
Zwischen <strong>Technik</strong> und Kunst gibt<br />
es insofern eine genuine Verwandtschaft,<br />
als beide Ausdruck gestalterischen<br />
Könnens sind, wobei dieses<br />
Können jeweils anders gerichtet ist.<br />
Be<strong>im</strong> Eßbesteck, wie es sich in Europa<br />
seit Beginn der Neuzeit entwickelt<br />
hat, ist die Verbindung von <strong>Technik</strong> und<br />
Kunst augenfällig.<br />
Bevor die drei Hauptbestandteile eines<br />
Bestecks aufeinander abgest<strong>im</strong>mt<br />
und zu einem „Werkzeugensemble“<br />
für kultiviertes Essen vereint wurden,<br />
haben sie lange ein getrenntes Dasein<br />
geführt: Das Messer war allgemeines<br />
Schneidwerkzeug und diente bloß nebenher<br />
als Eßwerkzeug. Gabeln gab<br />
es anfangs nur als langstielige Gebilde,<br />
um gekochtes Fleisch aus dem<br />
Kessel zu heben. Lediglich der Löffel<br />
war angestammtes Eßgerät zum Verzehr<br />
von Brei und Suppe. Alles andere<br />
wurde mit der Hand gegessen.<br />
In die Gestal<strong>tu</strong>ng eines Eßbestecks<br />
spielen technische und künstlerische<br />
Momente hinein. Als Gebrauchsobjekt<br />
muß es zweckdienlich sein. Deshalb<br />
ist die technische Funktionalität<br />
unbedingt zu erfüllende Anforderung.<br />
Eine gute ästhetische Gestal<strong>tu</strong>ng<br />
vervollständigt seinen Wert. Entsprechend<br />
dieser Rangfolge war das Eßbesteck<br />
gegen Ende des 18. Jhs. zu<br />
einer Grundform gereift, die bis heute<br />
Bestand hat. Dazu gehören die abgerundete<br />
Klinge des Messers, die langgestreckte<br />
ovale Laffe des Löffels, die<br />
drei- bis vierzinkige Gabel mit Schiff<br />
und die abgeflachten Stiele bei Löffel<br />
und Gabel.<br />
Die vor 200 Jahren erreichte Grundform<br />
läßt ausreichend Spielraum, um<br />
<strong>im</strong> Strom der Geschichte dem herrschenden<br />
Zeitgeschmack angepaßt zu<br />
werden. So haben die einzelnen Epochen<br />
Bestecke nach ihren Kunststilen<br />
hervorgebracht, wie die Bei spiele zeigen:<br />
Die beiden Messer links mit den bauchigen<br />
Klingen stammen noch aus<br />
der Zeit vor der Entwicklung zum Eßbesteck<br />
(13.–15. Jh.). Auch sie lassen<br />
das Bemühen um harmonische Proportionen<br />
erkennen und besitzen ein<br />
sparsames Dekor. Das Besteck in der<br />
Mitte zeigt typische Stilelemente des<br />
Rokoko (um 1750). Die Griffe bestehen<br />
aus dem damals neuen und kostbaren<br />
Porzellan. Sie sind mit Blütenmustern<br />
bemalt und werden durch eine mit Rocaillen<br />
verzierte Haube abgeschlossen.<br />
Rechts ist ein Jugendstilbesteck<br />
abgebildet (um 1900). Es ist zurückhaltend<br />
mit einem Strahlenmuster und<br />
einer stilisierten Girlande verziert.<br />
Litera<strong>tu</strong>r: Benke, Gertrud: Alte Bestecke.<br />
München 1978<br />
Bildquelle: Marquardt, Klaus: Europäisches<br />
Eßbesteck aus acht Jahrhunderten.<br />
S<strong>tu</strong>ttgart 1997 (S. 22, 137, 183)<br />
Winfried Schmayl<br />
4<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Frühe Technische Bildung<br />
Zum Einfluss früher<br />
technischer Bildung auf die<br />
Identitätsentwicklung<br />
Von Ingelore Mammes<br />
Zur Notwendigkeit<br />
technischer Bildung<br />
Die zunehmende Technisierung der Lebenswelt<br />
erfordert für ihre Bewältigung<br />
nicht nur die Qualifizierung von Nachwuchs<br />
durch berufliche Fachbildung,<br />
sondern auch eine technische Bildung<br />
für alle zur Entwicklung einer technikmündigen<br />
Gesellschaft (vgl. VDI<br />
2012, S. 2; Mammes & Tuncsoy 2013).<br />
Denn mangelnde <strong>Technik</strong>sozialisation<br />
kann nicht nur zu einem „technischen<br />
Analphabetismus“ (Sachs 1987, S. 9)<br />
führen und so die verantwor<strong>tu</strong>ngsvolle<br />
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben<br />
erschweren, sondern beeinflusst darüber<br />
hinaus auch die Identitätsentwicklung<br />
(vgl. Mammes 2011; 2013).<br />
Denn <strong>im</strong> handelnden Umgang mit<br />
<strong>Technik</strong> entwickelt der Mensch grundlegende<br />
Einstellungen zur <strong>Technik</strong> und<br />
Überzeugungen seiner eigenen Wirksamkeit,<br />
die ein enttäuschungsfestes<br />
Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten<br />
ausbilden können (Baumert & Geiser<br />
1996; Angele 1976). Mangelnde Erfahrungen<br />
können dagegen die Vorstellung<br />
entwickeln, geringe Fähigkeiten<br />
und unpassende Eigenschaften <strong>im</strong><br />
Umgang mit <strong>Technik</strong> zu besitzen. Folglich<br />
werden Auseinandersetzungen<br />
mit <strong>Technik</strong> vermieden und schließen<br />
so vielfältige Lebensperspektiven, wie<br />
z. B. die Wahlmöglichkeiten technisch<br />
geprägter S<strong>tu</strong>diengänge und Berufe,<br />
aus (vgl. acatech & VDI 2009; Mammes<br />
2001).<br />
Ak<strong>tu</strong>elle<br />
<strong>Technik</strong>sozialisation<br />
Wenn die Ausbildung solcher Kognitionen<br />
über <strong>Technik</strong> davon abhängt, inwieweit<br />
<strong>Technik</strong> Gegenstand unserer<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Lebenswelt ist, muss eine „<strong>Technik</strong>sozialisation“<br />
(acatech & VDI 2009, S.<br />
25) den Menschen von früher Kindheit,<br />
über die Jugend bis hin zu einer möglichen<br />
Berufsorientierung durch den<br />
Umgang mit <strong>Technik</strong> mit ihr vertraut<br />
machen.<br />
Die außerschulische <strong>Technik</strong>sozialisation<br />
hat sich unlängst durch Computerisierung<br />
verändert. Dabei gehen<br />
Einblicke in technische Artefakte und<br />
Prozesse sowie traditionelle Spielmöglichkeiten<br />
weitgehend verloren<br />
(vgl. acatech & VDI 2009; Ziefle & Jacob<br />
o.J.). Technische Artefakte sind<br />
heute zwar in umfassenderer Weise<br />
<strong>im</strong> Beruf und Alltag allgegenwärtig,<br />
jedoch bleiben ihre Funktionsweisen<br />
meist verborgen. Verschweißte Plastikgehäuse,<br />
modularisierte Bauweisen,<br />
ebenso wie elektrische Bauteile<br />
erschweren das Einsehen. Ein Nachvollziehen<br />
ihrer Wirkzusammenhänge<br />
ist daher kaum mehr möglich (vgl. Tully<br />
2003). Die Herstellung von Produkten<br />
ist durch die Komplexität weitgehend<br />
automatisierter Produktionsprozesse<br />
nicht mehr einseh- und damit nachvollziehbar.<br />
Durch diese Reduzierung der<br />
Wahrnehmung kann ein Bild der Realität<br />
entstehen, welches ein Überangebot<br />
günstig zu erstehender Produkte<br />
zeichnet, ohne die Entstehungsbedingungen<br />
und die damit verbundenen<br />
<strong>Technik</strong>folgen abschätzen zu können<br />
(vgl. Mammes 1997). Auch Spielzeuge<br />
haben sich dieser Entwicklung angepasst.<br />
Ein aktiv-handelnder Umgang<br />
mit <strong>Technik</strong> durch eigene Konstruktion<br />
von Maschinen und Vorrich<strong>tu</strong>ngen<br />
mit Hilfe von Konstruktionsbaukästen<br />
erfolgt in Kinderz<strong>im</strong>mern nur noch<br />
selten. Dagegen halten dort moderne<br />
Kommunikationsmedien wie Computerspiele<br />
und Computeranwendungen<br />
Einzug und prägen einen eher durch<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
S<strong>im</strong>ulationen gekennzeichneten Umgang<br />
(acatech & VDI 2009; Renn &<br />
Pfennig 2010; Ziefle & Jacob o. J.).<br />
Eltern sprechen sich daher für eine<br />
bewusste Auseinandersetzung mit<br />
<strong>Technik</strong> aus (Bertram 2012). Diese<br />
„<strong>Technik</strong>erziehung“ (Ziefle & Jacob<br />
o. J., S. 74) umfasst alle Formen des<br />
beabsichtigten, planvollen Einwirkens<br />
auf die Persönlichkeit des Kindes und<br />
verfolgt das Ziel, Kindern Wissen und<br />
Fähigkeiten für die Entwicklung und<br />
Anwendung von <strong>Technik</strong> wie auch Interesse<br />
an <strong>Technik</strong> zu vermitteln. Viele<br />
Eltern stoßen aufgrund ihrer oft geringen<br />
eigenen technischen Fähig- und<br />
Fertigkeiten ebenso wie Kenntnissen<br />
über <strong>Technik</strong> in solchen Erziehungsprozessen<br />
an ihre Grenzen. Daher<br />
bleibt es zumeist be<strong>im</strong> gemeinsamen<br />
Aufbauen und Installieren technischer<br />
Geräte sowie der gemeinsamen Nutzung<br />
von <strong>Technik</strong> (Ziefle & Jacob o. J.).<br />
Heutige Erfahrungen <strong>im</strong> Umgang mit<br />
<strong>Technik</strong> scheinen also eher passivkonsumtiver<br />
Art und sind seltener<br />
aktiv-handelnd (acatech & VDI 2009).<br />
Sie beeinflussen menschliche Kognitionen,<br />
die die Identitätsentwicklung des<br />
Individuums und seine Gegenstandsauseinandersetzungen<br />
mitbest<strong>im</strong>men.<br />
Selbstbezogene<br />
Kognitionen und<br />
technische Bildung<br />
Diese menschlichen Kognitionen werden<br />
<strong>im</strong> Folgenden als Selbstkonzept<br />
bezeichnet. Es beeinflusst das Handeln<br />
<strong>im</strong> Umgang mit <strong>Technik</strong> und ist ein<br />
entscheidender Faktor für die Berufswahl<br />
und der erfolgreichen Berufsausübung<br />
(vgl. Moschner & Dickhäuser<br />
2006; Martschinke 2005; Janneck et<br />
al. 2012; Mummendey 1995).<br />
Begriff<br />
In der Litera<strong>tu</strong>r werden für den Selbstkonzeptbegriff<br />
synonym Begriffe wie<br />
Selbstbild, Selbstmodell, Selbst-Schema,<br />
Selbst-Theorie, Selbstwahrnehmung,<br />
Selbstvertrauen usw. verwendet<br />
(Moschner & Dickhäuser 2006). Einige<br />
Autoren trennen dabei zwischen<br />
5
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Frühe Technische Bildung<br />
Selbstbeschreibung (deklaratives<br />
Konzept) und Selbstbewer<strong>tu</strong>ng (affektiv-evaluatives<br />
Konzept) (Pior 1998).<br />
Allen Ansätzen ist gemeinsam, dass<br />
sie Selbstkonzepte als vielfältig struk<strong>tu</strong>rierte<br />
kognitive Systeme auffassen,<br />
die erheblich an der Steuerung des<br />
Handelns beteiligt sind (Mummendey<br />
1995). Da aber davon auszugehen ist,<br />
dass best<strong>im</strong>mte Vorstellungen über<br />
sich <strong>selbst</strong> best<strong>im</strong>mte Wer<strong>tu</strong>ngen nach<br />
sich ziehen, soll unter Selbstkonzept<br />
nachfolgend das Denken einer Person<br />
über sich <strong>selbst</strong>, über ihre Fähig- und<br />
Fertigkeiten sowie Eigenschaften und<br />
Merkmale und auch wie sie diese bewertet<br />
verstanden werden (Hellmich &<br />
Günther 2011; Laskowski 2000).<br />
Menschen mit einem positiven Selbstkonzept<br />
werden Vorhaben zielgerichteter<br />
angehen, weil Versagensängste<br />
bei ihnen eine untergeordnete Rolle<br />
spielen, während Menschen mit einem<br />
negativem Selbstkonzept sich von vorneherein<br />
nicht viel zutrauen.<br />
Be<strong>im</strong> Selbstkonzept handelt es sich<br />
um eine multid<strong>im</strong>ensionale Gedächtnisstruk<strong>tu</strong>r,<br />
deren Annahmen über<br />
z. B. best<strong>im</strong>mte Fähigkeiten sich aus<br />
der Auseinandersetzung mit der Umwelt<br />
generieren (Hellmich & Günther<br />
2011). Shavelson et al. (1976) entwickelten<br />
ein Modell, gemäß dem sich<br />
das Selbstkonzept als mehrd<strong>im</strong>ensionales,<br />
hierarchisch gegliedertes<br />
Konstrukt mit Teilkonzepten abbilden<br />
lässt. Dabei werden Resultate aus<br />
spezifischen Handlungs- und Verfahrensweisen<br />
vom Individuum erkannt,<br />
gedeutet und entsprechend in einem<br />
spezifischen Teil<strong>selbst</strong>konzept verarbeitet.<br />
Eine Generalisierung kann dann<br />
über die Entwicklung entsprechender<br />
Teilkonzepte erfolgen. Teilkonzepte<br />
können aber auch bereichsspezifisch<br />
unterschiedlich (positiv, neutral, negativ)<br />
geprägt sein (Laskowski 2000).<br />
Shavelson et al. (1976) unterscheiden<br />
ein akademisches Selbstkonzept von<br />
einem sozialen, emotionalen und körperlichen.<br />
Der Begriff des akademischen Selbstkonzepts<br />
wird nicht selten mit dem<br />
schulischen Selbstkonzept gleichgesetzt.<br />
Shavelson et al. (1976) verstehen<br />
darunter Schul- und Bildungsbereiche<br />
wie z. B. Englisch, Geschichte<br />
und Mathematik (vgl. Mummendey<br />
1989). Damit beschränken sie erworbene<br />
Kognitionen nicht auf insti<strong>tu</strong>tionalisierte<br />
Erfahrungsräume, sondern<br />
schließen außerschulische Lebenswelt<br />
mit ein. Das schulische Selbstkonzept<br />
fokussiert dagegen die durch<br />
schulische Auseinandersetzungen<br />
erworbenen Fertigkeiten und Einstellungen.<br />
Mathematisches, sprachliches<br />
und na<strong>tu</strong>rwissenschaftliches Selbstkonzept<br />
sind dann Teilkonzepte, die<br />
sich damit <strong>im</strong> Wesentlichen auf die<br />
einzelnen <strong>Unterricht</strong>sfächer beziehen<br />
(Hellmich 2010). Dabei existieren<br />
das generelle mathematische und<br />
generelle sprachliche Selbstkonzept<br />
weitgehend nebeneinander (keine<br />
Korrelationen), obwohl Leis<strong>tu</strong>ngen <strong>im</strong><br />
Mathematischen und Sprachlichen<br />
durchaus positiv korrelieren, ebenso<br />
wie Leis<strong>tu</strong>ngen und Selbstkonzepte in<br />
einem <strong>Unterricht</strong>sfach (Lüdtke et al.<br />
2002; Helmke 1992). Helmke (1997)<br />
konstatiert, dass sich bereits gegen<br />
Mitte der zweiten Klassens<strong>tu</strong>fe Korrelationen<br />
zwischen Selbstkonzepten<br />
und Schulleis<strong>tu</strong>ngen finden lassen,<br />
die in der vierten Klassens<strong>tu</strong>fe noch<br />
einmal ansteigen.<br />
Das „technische Selbstkonzept“ (acatech<br />
& VDI 2009, S. 45; vgl. Baumert<br />
& Geiser 1996) wird <strong>im</strong> Folgenden als<br />
Bildungsbereich dem akademischen<br />
Selbstkonzept zugeordnet. Denn es ist<br />
davon auszugehen, dass sich in einer<br />
technisch geprägten Lebenswelt, <strong>im</strong><br />
Umgang mit <strong>Technik</strong> ein akademisches<br />
Teilkonzept als Bildungsbereich entwickelt,<br />
welches Kognitionen über<br />
die eigenen Fähig- und Fertigkeiten<br />
<strong>im</strong> Bereich <strong>Technik</strong> repräsentiert, die<br />
das Handeln einer Person beeinflussen.<br />
Dabei ist vor dem Hintergrund<br />
der Befundlage anderer Teilkonzepte<br />
zu vermuten, dass die Ausprägung<br />
dieses Teilkonzepts mit Leis<strong>tu</strong>ngen <strong>im</strong><br />
Bereich <strong>Technik</strong> korreliert. Ob diese<br />
Leis<strong>tu</strong>ngen mit Leis<strong>tu</strong>ngen in anderen<br />
Bereichen korrelieren, ist zu klären.<br />
Außerdem ist anzunehmen, dass sich<br />
ein solches durch außerschulische<br />
<strong>Technik</strong>sozialisation entwickeltes Teilkonzept<br />
durch schulische Bildung beeinflussen<br />
lässt. So könnte beispielsweise<br />
ein überhöhtes technisches<br />
Selbstkonzept durch Auseinandersetzung<br />
mit dem Gegenstand <strong>Technik</strong> und<br />
entsprechender Rückmeldung einer<br />
realistischeren Einschätzung der eigenen<br />
Fähig- und Fertigkeiten weichen.<br />
Durch das Erleben von Selbstwirksamkeit<br />
<strong>im</strong> Umgang mit <strong>Technik</strong> kann<br />
Generelles<br />
Selbstkonzept<br />
Akademisches<br />
Selbstkonzept<br />
Soziales<br />
Selbstkonzept<br />
Emotionales<br />
Selbstkonzept<br />
Körperliches<br />
Selbstkonzept<br />
Englisch Geschichte Mathematik Biologie Freunde Andere Gefühle Fitness Aussehen<br />
Abbildung 1: Hierarchisches Selbstkonzeptmodell in Anlehnung an Shavelson et al. (1976)<br />
6 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Frühe Technische Bildung<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
dagegen ein niedriges technisches<br />
Selbstkonzept entsprechend positiv<br />
entwickelt werden.<br />
Wirkung<br />
Was das Kind über sich denkt, beeinflusst<br />
sein Verhalten in unterschiedlichen<br />
Si<strong>tu</strong>ationen und steuert dadurch<br />
auch seine Entwicklung. Selbstkonzepte<br />
können dabei potentiell in allen<br />
Phasen eines Handlungsprozesses<br />
bedeutsam werden. Die Initiierung von<br />
Verhalten wird auch gelenkt von der<br />
Erwar<strong>tu</strong>ng der eigenen Wirksamkeit.<br />
In schulischen Kontexten bevorzugen<br />
Schüler/-innen mit geringer Selbstwirksamkeitserwar<strong>tu</strong>ng<br />
als Teilaspekt<br />
des Selbstkonzepts z. B. leichtere<br />
Aufgaben und zeigen bei schwierigen<br />
Problemen eine geringere Anstrengungsbereitschaft<br />
und eine niedrigere<br />
Persistenz als Schüler/-innen mit einer<br />
höheren Selbstwirksamkeitserwar<strong>tu</strong>ng<br />
(Moschner & Dickhäuser 2006). Aufgrund<br />
bereichsspezifischer Facetten<br />
des Selbstkonzepts scheinen sich dadurch<br />
Verhaltensvorhersagen ableiten<br />
zu lassen (Meyer 1984).<br />
Der Zusammenhang zwischen Selbstkonzept<br />
und Leis<strong>tu</strong>ng ist gegeben<br />
(Helmke 1997). Dabei ist die kausale<br />
Wirkrich<strong>tu</strong>ng jedoch unklar. Der skilldevelopment-Ansatz<br />
geht davon aus,<br />
dass die erbrachten Leis<strong>tu</strong>ngen das<br />
Selbstkonzept beeinflussen, während<br />
der self-enhancement-Ansatz davon<br />
ausgeht, dass das Selbstkonzept die<br />
Leis<strong>tu</strong>ng beeinflusst. Für beide Ansätze<br />
konnten <strong>im</strong> Grundschulalter Belege<br />
erbracht werden (Hellmich 2010).<br />
Lern- und Leis<strong>tu</strong>ngsmotivation wird<br />
ebenfalls vom Selbstkonzept beeinflusst<br />
(Hellmich 2010). So sind Kinder<br />
mit einem sehr positiven bereichsspezifischen<br />
Selbstkonzept motivierter,<br />
in die Auseinandersetzung mit einem<br />
bereichsspezifischen Gegenstand zu<br />
treten als solche, die ihre Fähig- und<br />
Fertigkeiten nicht so positiv einschätzen.<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Um ein positives technisches Selbstkonzept<br />
zu entwickeln, welches die<br />
Leis<strong>tu</strong>ngsbereitschaft und die Motivation<br />
zur Auseinandersetzung mit technischen<br />
Problemen erhöht, scheinen<br />
vor dem Hintergrund ak<strong>tu</strong>eller <strong>Technik</strong>sozialisation<br />
schulische Interventionsmaßnahmen<br />
in Form von <strong>Technik</strong>unterricht<br />
sinnvoll.<br />
Genese<br />
Die Entwicklung des Selbstkonzepts<br />
setzt eine realistische Selbstwahrnehmung<br />
voraus (Müller 2002). Dabei sind<br />
Kinder ab dem dritten Lebensjahr in<br />
der Lage, den Begriff des Selbst korrekt<br />
zu verwenden, und haben schon<br />
früh physische Konzepte (Größe, Geschlecht,<br />
Alter, Aussehen). Bereits <strong>im</strong><br />
Vorschulalter benennen sie Merkmale<br />
und Eigenschaften, die sie sich <strong>selbst</strong><br />
zuschreiben. Diese Zuschreibungen<br />
sind jedoch noch nicht umfassend und<br />
wenig detailliert. Etwa mit acht Jahren<br />
werden sich Kinder vermehrt ihrer geistigen<br />
Fähigkeiten bewusst. „Anders<br />
sein“ zeigt sich nun nicht mehr nur<br />
in physischen Konzepten, sondern<br />
auch <strong>im</strong> Fühlen und Denken. Nach<br />
Müller (2002) verfügen Kinder <strong>im</strong> Alter<br />
zwischen sechs und zehn Jahren<br />
bereits über ein Konzept der individuellen<br />
Fähigkeiten und Begabungen.<br />
Dabei ist aber die Bewer<strong>tu</strong>ng eigener<br />
Leis<strong>tu</strong>ngen und Fertigkeiten zu Beginn<br />
der Grundschulzeit hoch, sodass Kinder<br />
sich stark überschätzen. Erst <strong>im</strong><br />
weiteren Verlauf des Anfangsunterrichts<br />
wird diese Überzeugung korrigiert<br />
und weicht einer realistischen,<br />
recht stabilen Selbsteinschätzung<br />
(Helmke 1998). „Diese Entwicklungss<strong>tu</strong>fen<br />
des Selbstkonzepts bilden die<br />
Basis für den Prozess der Identitätsentwicklung<br />
während der Pubertät und<br />
Adoleszenz“ (Müller 2002, S. 51).<br />
Die Genese des Selbstkonzepts vollzieht<br />
sich nicht aus eigenem Antrieb,<br />
sondern wird entscheidend von zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen<br />
geprägt. Dabei werden die eigenen<br />
Fähigkeiten nun mit denen anderer<br />
Kinder verglichen und auch Informationen<br />
über Zuschreibungen von Personen<br />
<strong>im</strong> sozialen Umfeld aufgenommen<br />
(Müller 2002; Pior 1998; Hellmich<br />
2010). Das sich entwickelnde Selbstkonzept<br />
beeinflusst auch die weitere<br />
Informationsaufnahme und das Verhalten.<br />
So werden Informationen nicht<br />
selten so interpretiert, dass sie zum<br />
bereits bestehenden Selbstkonzept<br />
passen „[...] unabhängig davon ob es<br />
positiv oder negativ ist“ (Müller 2002,<br />
S. 53). Individuen neigen dazu, sich<br />
in Übereinst<strong>im</strong>mung mit ihrem Selbstkonzept<br />
zu verhalten und sich dadurch<br />
eine Erfahrungswelt zu schaffen, in der<br />
das bestehende Selbstkonzept <strong>im</strong>mer<br />
wieder bestätigt wird (Moschner 1998).<br />
Mangelnde <strong>Technik</strong>sozialisation in der<br />
frühen Kindheit kann demnach dazu<br />
beitragen, ein negatives Selbstkonzept<br />
<strong>im</strong> Zusammenhang mit technischen<br />
Auseinandersetzungen aufzubauen.<br />
Entsprechend der Aufrechterhal<strong>tu</strong>ng<br />
des sich entwickelnden Selbstkonzepts<br />
werden dann nachfolgend Auseinandersetzungen<br />
mit <strong>Technik</strong> vermieden<br />
oder verlaufen negativ. Solche<br />
Erfahrungen schlagen sich nicht selten<br />
in einem geringen Selbstvertrauen<br />
und einer negativen Bewer<strong>tu</strong>ng der<br />
eigenen technischen Kompetenz nieder.<br />
Furcht vor Misserfolgen und Leis<strong>tu</strong>ngsversagen<br />
können dann eine Abwärtsspirale<br />
in Gang setzen, in der die<br />
Kompetenzeinschätzung „mangelnde<br />
Fähigkeiten“ den Blick auf <strong>Technik</strong><br />
verstellt (Ziefle & Jakobs o. J., S. 18).<br />
Schule und Entwicklung<br />
eines technischen<br />
Selbstkonzepts<br />
Schule hat die Aufgabe, die Persönlichkeit<br />
von Kindern auch durch die<br />
Entwicklung überdauernder Fähigkeiten,<br />
Wissensbestände und Verhaltensdispositionen<br />
aufzubauen (Pekrun<br />
& Helmke 1991). Dabei muss sie<br />
mangelnde Erfahrungsräume ausgleichen<br />
und ggf. Möglichkeiten zur<br />
Auseinandersetzung schaffen (vgl.<br />
Mammes 2001). Neben der pr<strong>im</strong>ären<br />
technischen Sozialisation vor allem <strong>im</strong><br />
Elternhaus können dann auch schulische<br />
Rahmenbedingungen die <strong>Technik</strong>sozialisation<br />
beeinflussen. Auch<br />
Kinder und Eltern sehen hier Entwicklungschancen:<br />
Danach befragt,<br />
wer für die <strong>Technik</strong>erziehung verantwortlich<br />
ist, nennen bereits 12-Jährige<br />
wie auch ihre Eltern am häufigsten die<br />
Insti<strong>tu</strong>tion Schule. Doch nur in wenigen<br />
Schulen gibt es einen Schwerpunkt<br />
„<strong>Technik</strong>bildung“ oder ein Fach<br />
„<strong>Technik</strong>“. Oft ist es der Eigenverantwor<strong>tu</strong>ng<br />
einzelner Lehrkräfte überlassen,<br />
technische Bildung anzubieten<br />
7
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Frühe Technische Bildung<br />
(Ziefle & Jacob o. J.). Dies gilt besonders<br />
für eine intensive Entwicklungsphase<br />
des Selbstkonzepts: Während<br />
der Grundschulzeit finden technische<br />
Sozialisationsprozesse wenig schulische<br />
Unterstützung. Technische Inhalte<br />
sind zwar inzwischen in nahezu<br />
allen Pr<strong>im</strong>ars<strong>tu</strong>fencurricula vertreten,<br />
dennoch scheinen sie <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong><br />
der Grundschule unterrepräsentiert zu<br />
sein (Biester o. J.; Möller et al. 1996;<br />
Mammes & Schäffer (<strong>im</strong> Druck)). Ursache<br />
scheint auch die mangelnde<br />
technische Kompetenz der Lehrkräfte<br />
zu sein (vgl. Mammes & Schaper<br />
2012; Mammes et al. 2012; De Vries<br />
2013; Sun & Strobel 2013).<br />
Befundlage<br />
Die Befundlage zum Selbstkonzept <strong>im</strong><br />
Allgemeinen und zum akademischen<br />
Selbstkonzept ist vielfältig. Dabei ist<br />
auch das Grundschulalter gut erforscht<br />
(Hellmich 2010). Mannigfaltige<br />
Ergebnisse zu Teilkonzepten liegen<br />
vor allem für das mathematische und<br />
sprachliche, aber auch für das na<strong>tu</strong>rwissenschaftliche<br />
vor (OECD 2007;<br />
TIMSS 2007; Bos et al. 2004; Bos et al.<br />
2004). Aufgrund dieses umfangreichen<br />
Datenmaterials werden <strong>im</strong> Folgenden<br />
nur solche berücksichtigt, die Informationen<br />
über das Teilkonzept „<strong>Technik</strong>“<br />
geben.<br />
Das technische Selbstkonzept kann<br />
als Forschungsdesiderat bezeichnet<br />
werden. Nur wenige Untersuchungen<br />
ermitteln das technische Selbstkonzept<br />
(Baumert & Geiser 1996; acatech<br />
& VDI 2009). Zumeist fokussieren<br />
sie Teilaspekte wie z. B. die Selbsteinschätzung<br />
<strong>im</strong> <strong>Technik</strong>verständnis<br />
oder Einstellungen zu <strong>Technik</strong> (Ziefle<br />
& Jacob o. J.; Angele 1976). Daher ist<br />
es problematisch, die Ergebnisse zu<br />
systematisieren. Im Folgenden sollen<br />
deshalb die Einzelbefunde zu <strong>selbst</strong>bezogenen<br />
Kognitionen <strong>im</strong> Bereich<br />
<strong>Technik</strong> aus dem deutschsprachigen<br />
Raum vorgestellt werden.<br />
Baumert und Geiser (1996) erfassen<br />
in ihrer S<strong>tu</strong>die CROSSTEL u. a. Zusammenhänge<br />
zwischen Erfahrungswissen<br />
der Kinder aus alltäglichen<br />
Begegnungen mit technischen Gegenständen<br />
sowie dem insti<strong>tu</strong>tionell<br />
erworbenen sachkundlichen Wissen<br />
und dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten,<br />
technische Aufgaben und<br />
Probleme erfolgreich zu lösen. Dabei<br />
fokussieren sie die vierte Jahrgangss<strong>tu</strong>fe<br />
(10- bis 11-Jährige) und erheben<br />
neben dem allgemeinen schulischen<br />
auch das Selbstkonzept der<br />
technischen Befähigung, welches sie<br />
zu Erfolgs- bzw. Misserfolgsattribuierungen,<br />
ebenso wie zum technischen<br />
Interesse in Beziehung setzen.<br />
Bezüglich der Beschäftigungen geben<br />
51% der Kinder an, außerschulisch<br />
zu basteln oder zu bauen. Dabei<br />
scheinen die Erfahrungsdomänen von<br />
Mädchen und Jungen klar definiert.<br />
Technische Gegenstände sind Jungensache,<br />
während Mädchen den<br />
musisch-expressiven Bereich besetzen.<br />
Die Ergebnisse der S<strong>tu</strong>die zeigen<br />
auch, dass das Interesse an <strong>Technik</strong><br />
in dieser Altersgruppe positiv gerichtet<br />
und größer ist als das Selbstvertrauen<br />
in die eigene technische Befähigung.<br />
Dabei ist das Selbstvertrauen<br />
der Mädchen schwächer als das der<br />
Jungen. Hinsichtlich ihres allgemeinen<br />
schulischen Selbstkonzepts unterscheiden<br />
die Geschlechter sich<br />
dagegen nicht.<br />
Die Ergebnisse zeigen auch, dass ein<br />
ausgeprägtes technisches Interesse<br />
mit einem hohen Selbstvertrauen<br />
einhergeht. In diesem Fall wird das<br />
Auftreten von Misserfolgen auf unzureichende<br />
Anstrengung zurückgeführt.<br />
Über 60% der untersuchten Kinder<br />
bevorzugen dieses <strong>selbst</strong>wertschützende<br />
Attributionsmuster. Diese Kinder<br />
werden sich offen und zuversichtlich<br />
der Erfahrungswelt der <strong>Technik</strong><br />
zuwenden. Dagegen ist ein geringes<br />
technisches Interesse mit Zweifeln an<br />
der eigenen Befähigung verbunden,<br />
die dann auch das Scheitern <strong>im</strong> Falle<br />
eines Misserfolgs erklären. In diesem<br />
Fall wird technisches Lernen eher von<br />
Selbstzweifeln begleitet. Mädchen neigen<br />
dabei jedoch eher dazu, Versagen<br />
auf entsprechenden Fähigkeitsmangel<br />
zurückzuführen (48%), während diese<br />
Misserfolgserklärung nur von 25% der<br />
Jungen verfolgt wird.<br />
Die S<strong>tu</strong>die konnte zeigen, dass das<br />
Vertrauen in die eigenen technischen<br />
Fähigkeiten die Mediatorvariable zwischen<br />
aktiv-konstruktiven technischen<br />
Alltagerfahrungen sowie sachkundlichem<br />
Schulwissen und technischem<br />
Problemlösen ist.<br />
ACATEC & VDI untersuchten 2009<br />
Schüler/-innen der siebten bis dreizehnten<br />
Jahrgangss<strong>tu</strong>fe, S<strong>tu</strong>dierende<br />
unterschiedlicher Fachrich<strong>tu</strong>ngen<br />
sowie Ingenieur/-innen und<br />
Na<strong>tu</strong>rwissenschaftler/-innen, um die<br />
Hintergründe der fachspezifischen<br />
S<strong>tu</strong>dien- und Berufswahl zu ergründen.<br />
Dabei ermittelten sie insgesamt<br />
ein schwach ausgeprägtes technikbezogenes<br />
Selbstkonzept bei etwa der<br />
Hälfte der in dieser S<strong>tu</strong>die befragten<br />
Schüler/-innen. Im Umgang mit technischen<br />
Gegenständen und be<strong>im</strong><br />
Lösen technischer Alltagsprobleme<br />
haben sie nur ein geringes Vertrauen<br />
in die eigenen Fähigkeiten. Mädchen<br />
sind besonders davon betroffen.<br />
Ein Drittel der Proband/-innen verfügt<br />
dagegen über ein starkes Selbstkonzept.<br />
Sie trauen sich die Lösung technischer<br />
Probleme zu, erproben neue<br />
Geräte und fühlen sich <strong>im</strong> Umgang<br />
mit unerwarteten Problemen oder<br />
technischen Schwierigkeiten kompetent.<br />
Dabei korrespondieren ein hohes<br />
technisches Selbstkonzept und<br />
die Präferenz für einen technischen<br />
oder ingenieurwissenschaftlichen Beruf<br />
stark miteinander (acatech & VDI<br />
2009).<br />
Stereotype besitzen Gültigkeit. Dem<br />
Statement wie „Jungen besitzen bessere<br />
Kenntnis über <strong>Technik</strong>“ wird<br />
mehrheitlich zugest<strong>im</strong>mt. Hier gewichten<br />
besonders die technisch interessierten<br />
Jungen das Item positiv.<br />
Die MoMotech-S<strong>tu</strong>die (Ziefle & Jacobs<br />
o. J.) hat zum Ziel, Bedingungskonstellationen<br />
einer <strong>Technik</strong>sozialisation zu<br />
ermitteln und zu beschreiben. Dabei<br />
werden auch <strong>selbst</strong>bezogene Kognitionen<br />
fokussiert. Befragt wurden hierzu<br />
Kinder und Jugendliche <strong>im</strong> Alter zwischen<br />
10 und 20 Jahren.<br />
Insgesamt ermitteln die Autorinnen<br />
eine eher positive Selbsteinschätzung<br />
<strong>im</strong> <strong>Technik</strong>verständnis, wobei die<br />
weibliche Selbsteinschätzung deutlich<br />
schlechter ausfällt. Die Einschätzung<br />
der eigenen <strong>Technik</strong>begeisterung fällt<br />
dagegen sowohl bei Schülerinnen als<br />
auch bei Schülern deutlich niedriger<br />
aus. Mädchen sprachen sich dabei<br />
8 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Frühe Technische Bildung<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
eine signifikant geringere <strong>Technik</strong>begeisterung<br />
zu als Jungen. Die Daten<br />
zeigen, dass die Mädchen bereits in<br />
der Mittels<strong>tu</strong>fe ihre technikbezogene<br />
Problemlösefähigkeit und Kompetenzen<br />
<strong>im</strong> Vergleich zu gleichaltrigen<br />
Jungen deutlich schlechter einschätzen.<br />
Dieses negative Selbstbild wächst<br />
sich mit zunehmendem Alter nicht aus,<br />
sondern hält an.<br />
Solch ein negatives Selbstkonzept hat<br />
jedoch auch negative Folgen für die<br />
Entwicklung des technischen Interesses,<br />
welches ein Einflussfaktor bei der<br />
späteren Berufswahl ist. Dagegen korreliert<br />
ein technikinteressiertes Verhalten<br />
hoch mit einer hohen Selbstwirksamkeitsüberzeugung<br />
(Ziefle & Jacob<br />
o. J.).<br />
Das Ausmaß, in dem sich Jugendliche<br />
<strong>Technik</strong>verständnis be<strong>im</strong>essen,<br />
beeinflusst auch ihre Grundhal<strong>tu</strong>ng<br />
gegenüber <strong>Technik</strong>: Wer überzeugt<br />
ist, ein gutes <strong>Technik</strong>verständnis zu<br />
haben, zeigt eine insgesamt viel positivere<br />
Einstellung und eine größere<br />
Neigung, sich für technische Fragen<br />
zu interessieren und sich mit <strong>Technik</strong><br />
zu beschäftigen. Je besser sich Jugendliche<br />
einschätzen, desto besser<br />
sind auch ihre faktischen Leis<strong>tu</strong>ngen<br />
in technikrelevanten Bereichen. Dabei<br />
ist denkbar, dass entweder ein hohes<br />
<strong>Technik</strong>verständnis eher den Umgang<br />
mit <strong>Technik</strong> fördert, oder dass der erfolgreich<br />
erlebte Umgang mit <strong>Technik</strong><br />
zur verstärkten Auseinandersetzung<br />
mit <strong>Technik</strong> führt und darüber zu einem<br />
hohen <strong>Technik</strong>verständnis.<br />
Ziefle und Jacobi resümieren, dass es<br />
daher wichtig ist, den Kindern frühzeitig<br />
die Möglichkeit zu geben, zu einer<br />
positiven Einschätzung ihres eigenen<br />
Verständnisses zu gelangen. „Dies<br />
kann beispielsweise dadurch erfolgen,<br />
dass Kinder nach erfolgreicher Intervention<br />
Leis<strong>tu</strong>ngsrückmeldung erhalten,<br />
die es ihnen erlaubt,en sich <strong>selbst</strong><br />
realistisch einzuschätzen“ (Zielfe & Jacobi<br />
o. J., S. 120).<br />
Angele (1976) untersuchte Einstellungen,<br />
Wissen, Verständnis und<br />
Erfahrungen <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />
<strong>Technik</strong>. Er konnte positive Einstellungen<br />
von Schüler/-innen der fünften<br />
Klasse zur <strong>Technik</strong> ermitteln. Auch<br />
stellte er eine positive Korrelation zwischen<br />
Einstellungen zur <strong>Technik</strong>, dem<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Wissen über technische Sachverhalte,<br />
dem technischen Verständnis und den<br />
Erfahrungen mit <strong>Technik</strong> fest. Die Einstellungen<br />
und die Erfahrungen mit<br />
<strong>Technik</strong> stehen in einem besonderen<br />
Zusammenhang. Dabei unterscheiden<br />
sich die Schüler/-innen verschiedener<br />
Schulformen hinsichtlich ihrer Einstellungen<br />
nicht. Es besteht ein überzufälliger<br />
Zusammenhang zwischen dem<br />
Geschlecht und den Beziehungen<br />
der Schüler/-innen zur <strong>Technik</strong>. Dabei<br />
haben Jungen eine positivere Einstellung,<br />
mehr technisches Wissen und<br />
Verständnis und wesentlich mehr Erfahrungen.<br />
Die meisten Einstellungen prägen sich<br />
bereits früh aus (10–11 Jahre), um sich<br />
dann nicht mehr gravierend über das<br />
betrachtete Alter hinweg zu verändern.<br />
Angele konstatiert daher, dass technikbezogene<br />
Förderprogramme früh einsetzen<br />
sollten.<br />
Insgesamt werden zur Erforschung<br />
<strong>selbst</strong>bezogener Kognitionen von<br />
Schüler/-innen <strong>im</strong> Gegenstandsbereich<br />
„<strong>Technik</strong>“ unterschiedliche<br />
Konstrukte verwendet, sodass eine<br />
generalisierende Aussage über das<br />
technische Selbstkonzept kaum möglich<br />
erscheint. Dennoch verweisen die<br />
Befunde relativ einheitlich auf:<br />
– durchschnittlich mittelmäßige<br />
<strong>selbst</strong>bezogene Kognitionen zum<br />
Gegenstandsbereich „<strong>Technik</strong>“;<br />
– geschlechtsspezifische Ausrich<strong>tu</strong>ng<br />
der Kognitionen;<br />
– die Bedeu<strong>tu</strong>ng der Erfahrungen für<br />
die Ausbildung entsprechender Kognitionen;<br />
– die positive Beziehung zwischen<br />
positiven <strong>selbst</strong>bezogenen Kognitionen<br />
und dem Handeln;<br />
– sowie die frühe Entwicklung der Kognitionen<br />
mit relativer Stabilität.<br />
Die Befundlage lässt jedoch kaum<br />
Rückschlüsse über die Entwicklung<br />
<strong>selbst</strong>bezogener Kognitionen unter<br />
dem Einfluss insti<strong>tu</strong>tionalisierter <strong>Technik</strong>sozialisation<br />
zu. Dabei kann eine<br />
solche zielgerichtete Auseinandersetzung<br />
mit <strong>Technik</strong> Erfahrungshorizonte<br />
öffnen und einen Prozess einleiten, der<br />
entsprechende Kognitionen ausbildet.<br />
Technische Bildung kann dann nicht<br />
nur zum Kompetenzgewinn beitragen,<br />
sondern darüber hinaus die Persönlichkeitsentwicklung<br />
von Kindern und<br />
Jugendlichen unterstützen.<br />
Projekt: Selbstkonzept und<br />
Identitätsentwicklung<br />
unter dem Einfluss<br />
technischer Bildung<br />
Das Vorhaben ist ein Kooperationsprojekt<br />
der Universität Duisburg-Essen<br />
und der Bergischen Universität Wuppertal.<br />
Dabei soll zunächst der Stand<br />
des technischen Selbstkonzepts bei<br />
Schulanfängern (Ø 8 Jahre) ermittelt<br />
werden, denn die ak<strong>tu</strong>elle <strong>Technik</strong>sozialisation<br />
mit wenig aktiv-handelnder<br />
Auseinandersetzung macht eine Bestandsaufnahme<br />
notwendig.<br />
Darauf aufbauend soll eine Auseinandersetzung<br />
mit Handlungsfeldern<br />
der <strong>Technik</strong> erfolgen, um auf diese<br />
Weise einen aktiv-konstruktiven und<br />
analytisch-reflexiven Umgang mit ihr<br />
einzuleiten. Diese nicht alltägliche<br />
Auseinandersetzungsform, die auch<br />
technische Problemlösehandlungen<br />
umfasst, soll Einfluss auf die Ausbildung<br />
eines positiven Selbstkonzepts<br />
und damit verbundenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
<strong>im</strong> Umgang<br />
mit <strong>Technik</strong> gewinnen, in dem sie in<br />
aktiven Auseinandersetzungen positive<br />
Erfahrungen ermöglicht. Beispielsweise<br />
steht in der ersten Interventionseinheit<br />
die Problemlösung <strong>im</strong><br />
Vordergrund. Ted der Bär sitzt auf einer<br />
einsamen Insel fest. Einzig die vom<br />
Meer an Land gespülten Gegenstände<br />
können ihm vielleicht helfen, die Insel<br />
zu verlassen und sicher ans Festland<br />
zurückzukehren (Mammes 2012). Die<br />
Schülerinnen und Schüler sollen Ted<br />
nun die Ret<strong>tu</strong>ng ermöglichen und einen<br />
Gegenstand (z. B. Fluggerät, Schiff)<br />
konstruieren, der Ted sicher ans Land<br />
bringt. Dabei ermöglicht die offene Lösung<br />
den Lernenden in dieser Einheit<br />
besonders Erfahrungen <strong>im</strong> Umgang<br />
mit dem (Nach)Erfinden. Diese Interventionen<br />
berücksichtigen technische<br />
Denk-, Arbeits- sowie Handlungsweisen<br />
und werden schulischer Realität<br />
angepasst (GDSU 2013).<br />
Zwischenerhebungen während der<br />
Intervention geben <strong>im</strong>mer wieder Aufschluss<br />
über den Entwicklungsstand.<br />
9
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Zielsetzung<br />
Das Forschungsprojekt hat zum Ziel,<br />
Erkenntnisse über das technikbezogene<br />
Selbstkonzept von Grundschulkindern<br />
und seiner Entwicklung unter<br />
dem Einfluss technischer Bildung zu<br />
gewinnen. Dabei sollen Subgruppenanalysen<br />
Aufschlüsse über Disparitäten<br />
geben. Das Projekt will damit<br />
einen Beitrag zur Erhellung der Frage<br />
nach Befähigung <strong>im</strong> Umgang mit <strong>Technik</strong><br />
sowie der technischen Elementarbildung<br />
leisten.<br />
Design<br />
Entsprechend der Zielsetzung der<br />
S<strong>tu</strong>die wird ein quasi-exper<strong>im</strong>entelles<br />
Vorher-Nachher-Design entwickelt.<br />
Siehe Tabelle rechts<br />
Zeitrahmen<br />
Das Projekt wird <strong>im</strong> Zeitraum von<br />
2014–2017 durchgeführt. Ak<strong>tu</strong>ell befinden<br />
sich die Erhebungsinstrumente<br />
in der Entwicklung und Erprobung. Dabei<br />
soll weitgehend auf standardisierte<br />
Befragungsinstrumente zurückgegriffen<br />
werden und ggf. Modifikationen <strong>im</strong><br />
Hinblick auf das Alter der Proband/-innen<br />
vorgenommen werden. Es wird auf<br />
Skalen zur Erfassung des schulischen<br />
Selbstkonzepts (SESSKO) sowie Skalen<br />
zur Erfassung der Lern- und Leis<strong>tu</strong>ngsmotivation<br />
(SELMO) ebenso<br />
auf solche zur technischen Befähigung<br />
von Baumert & Geiser (1996) zurückgegriffen.<br />
Ausblick<br />
Im Laufe ihrer Entwicklung bilden<br />
Kinder und Jugendliche <strong>selbst</strong>bezogene<br />
Kognitionen best<strong>im</strong>mten Gegenstandsbereichen<br />
gegenüber aus.<br />
Diese Kognitionen beeinflussen nicht<br />
nur die Auseinandersetzung mit diesen<br />
Gegenstandsbereichen, sondern<br />
auch die in der Auseinandersetzung<br />
gezeigte Leis<strong>tu</strong>ngsmotivation und Attribuierung<br />
der Leis<strong>tu</strong>ng mit. Aktiv<br />
handelnde Auseinandersetzungen mit<br />
dem Gegenstandsbereich „<strong>Technik</strong>“<br />
Grundschulkindern und seiner Entwicklung unter dem Einfluss technischer Bildung zu gewinnen.<br />
Dabei sollen Subgruppenanalysen Aufschlüsse über Disparitäten geben. Das Projekt will damit einen<br />
Beitrag zur Erhellung der Frage nach Befähigung <strong>im</strong> Umgang mit <strong>Technik</strong> sowie der technischen<br />
Elementarbildung leisten.<br />
Design<br />
Frühe Technische Bildung<br />
Entsprechend der Zielsetzung der S<strong>tu</strong>die wird ein quasi-exper<strong>im</strong>entelles Vorher-Nachher-Design<br />
t 1 Erhebung des schulischen Selbstkonzepts & technischen Subkonzepts (N = 700)<br />
2. Halbjahr/2. Klasse<br />
Kontrollgruppe (N = 200)<br />
Interventionsgruppe (N = 250)<br />
Durchführung der Intervention Teil 1<br />
1. Halbjahr/3. Klasse<br />
Durchführung der Intervention Teil 2<br />
2. Halbjahr/3. Klasse<br />
t 2 Erhebung des schulischen Selbstkonzepts & technischen Subkonzepts (N = 450)<br />
2. Halbjahr/3. Klasse<br />
Durchführung der Intervention Teil 3<br />
1. Halbjahr/4. Klasse<br />
Durchführung der Intervention Teil 4<br />
2. Halbjahr/4. Klasse<br />
t 3 Erhebung des schulischen Selbstkonzepts & technischen Subkonzepts (N = 450)<br />
2. Halbjahr/4. Klasse<br />
Zeitrahmen<br />
Das Projekt wird <strong>im</strong> Zeitraum von 2014-2017 durchgeführt. Ak<strong>tu</strong>ell befinden sich die Erhebungsinstrumente in<br />
gewinnen der Entwicklung an und Bedeu<strong>tu</strong>ng, Erprobung. Dabei ermöglichen<br />
zurückgegriffen sie doch werden die und Entwicklung ggf. Modifikationen eines <strong>im</strong> Hinblick auf das Alter der ProbandInnen vorgenommen<br />
soll weitgehend Litera<strong>tu</strong>r auf standardisierte Befragungsinstrumente<br />
A Campo, A. & Graube, G. (Hrsg.) (2011):<br />
für werden. <strong>Technik</strong>mündigkeit Es wird auf Skalen zur notwendigen<br />
Erfassung des schulischen Selbstkonzepts (SESSKO) sowie Skalen zur<br />
Erfassung der Lern- und Leis<strong>tu</strong>ngsmotivation (SELMO) ebenso<br />
Übergänge<br />
solche zur technischen<br />
gestalten.<br />
Befähigung<br />
Na<strong>tu</strong>rwissenschaftliche<br />
und technische Bildung<br />
von Baumert<br />
<strong>Technik</strong>verständnisses & Geiser (1996) zurückgegriffen. und können<br />
darüber hinaus einen Beitrag zur am Übergang von der Pr<strong>im</strong>ars<strong>tu</strong>fe<br />
Ausblick<br />
Ausbildung technikwissenschaftlichen<br />
zur Sekundars<strong>tu</strong>fe. Bad Heilbrunn:<br />
Im Laufe ihrer Entwicklung bilden Kinder und Jugendliche Klinkhardt. <strong>selbst</strong>bezogene Kognitionen best<strong>im</strong>mten<br />
Nachwuchses Gegenstandbereichen gegenüber leisten. aus. Eine Diese solche Kognitionen beeinflussen nicht nur die Auseinandersetzung mit<br />
Angele, E. (1976): <strong>Technik</strong> <strong>im</strong> Verständnis<br />
der mit Kinder. dem Gegenstandsbereich Empirische Untersu-<br />
„<strong>Technik</strong>“<br />
<strong>Technik</strong>sozialisation diesen Gegenstandbereichen, sondern scheint auch aber die in in der Auseinandersetzung gezeigte Leis<strong>tu</strong>ngsmotivation und<br />
Attribuierung der Leis<strong>tu</strong>ng mit. Aktiv handelnde Auseinandersetzungen<br />
der<br />
gewinnen<br />
Welt<br />
an<br />
uneinsehbarer<br />
Bedeu<strong>tu</strong>ng, ermöglichen<br />
Produktionsprozesse<br />
<strong>Technik</strong>verständnisses und zunehmender und können darüberhinaus Compu-einen Beitrag Verständnis zur Ausbildung und Erfahrungen. technikwissenschaftlichen Biele-<br />
sie doch die Entwicklung chungen eines für über <strong>Technik</strong>mündigkeit Einstellung, Wissen, notwendigen<br />
terisierung konstruktive Begegnungen feld: Pfeffersche Buchhandlung.<br />
mit <strong>Technik</strong>, in der Funktionszusammenhänge<br />
entdeckt werden können,<br />
Baumert, J. & Geiser, H. (1996): Alltagserfahrungen,<br />
Fernsehverhalten,<br />
8<br />
Selbstvertrauen, sachkundliches<br />
solche Realbegegnungen kaum mehr Wissen und na<strong>tu</strong>rwissenschaftlichtechnisches<br />
Problemlösen <strong>im</strong> Grund-<br />
zu ermöglichen. Dies muss Auswirkungen<br />
auf die Entwicklung der <strong>selbst</strong>bezogenen<br />
Kognitionen haben, denn<br />
schulalter. CROSSTEL. O. O.<br />
Bertram, B. (2012): Lippenstift und<br />
Motoröl. Eine Untersuchung zur<br />
keine Erfahrungen <strong>im</strong> Umgang mit<br />
Technologiekompetenz weiblicher<br />
<strong>Technik</strong> können entweder ein überhöhtes<br />
Gefühl der Selbstwirksamkeit fahrzeugmechatronikern. Bielefeld:<br />
Auszubildender am Beispiel von Kraft-<br />
oder aber das der Unfähigkeit oder Bertelsmann Verlag.<br />
sogar <strong>Technik</strong>feindlichkeit erzeugen. Biester, W. (Hrsg.) (o. J.): Praktisches<br />
Lernen und technische Bildung in der<br />
Daher ist es notwendig, Erkenntnisse<br />
Grundschule. O. O.<br />
über die durch <strong>Technik</strong>sozialisation<br />
Bos, W., Bonsen, M., Baumert, J., Prenzel,<br />
M., Selter, C. & Walther, G.<br />
erworbenen <strong>selbst</strong>bezogenen Kognitionen<br />
zu gewinnen und unter den (Hrsg.) (2008): TIMSS 2007. Mathematische<br />
und na<strong>tu</strong>rwissenschaftliche<br />
beschriebenen Umständen auch die<br />
Förderung positiver Selbstkonzepte Kompetenzen von Grundschulkindern<br />
in Deutschland <strong>im</strong> internationalen Vergleich.<br />
Münster, New York, München,<br />
in den Blick zu nehmen. Schließlich<br />
scheint es, als könne eine insti<strong>tu</strong>tionalisierte<br />
<strong>Technik</strong>sozialisation in Form Bos, W.; Lankes, E.-M.; Prenzel, M.;<br />
Berlin: Waxmann.<br />
technischer Bildung Einfluss auf die Schwippert, K.; Valtin, R. & Walther,<br />
Entwicklung der Selbstkonzepte von G. (Hrsg.) (2004): IGLU. Einige Länder<br />
der Bundesrepublik Deutschland<br />
Schüler/-innen nehmen und so auch<br />
<strong>im</strong> nationalen und internationalen Vergleich.<br />
Münster, New York, München,<br />
einen Beitrag zur Berufs- und Identitätsfindung<br />
leisten.<br />
Berlin: Waxmann.<br />
10 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Frühe Technische Bildung<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
De Vries, M. (2013): Frühe technische<br />
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11
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Spielen, Lernen und <strong>Technik</strong> –<br />
Das Konstruktionsspiel<br />
Von Gabriele Graube<br />
Ausgangssi<strong>tu</strong>ation und<br />
Problemstellung<br />
Bildung wird <strong>im</strong> Allgemeinen als reflektiertes<br />
Verhältnis des Einzelnen<br />
zu sich <strong>selbst</strong>, zu anderen und zur<br />
Welt beschrieben. Auch Fink (1965)<br />
versteht Bildung als „Prozess der geistigen<br />
Auseinandersetzung des Menschen<br />
mit der ihn umgebenden und<br />
einbegreifenden Welt und die in solcher<br />
Auseinandersetzung aufgehende<br />
Selbstverständigung über uns selber“<br />
(ebd., S. 37). Wenn man Bildung in<br />
dieser Weise fasst, dann muss es bei<br />
der Elementarbildung darum gehen,<br />
Kindern von Anfang an vielfältige und<br />
reichhaltige Erfahrungen mit ihrem eigenen<br />
Vermögen und mit der sie umgebenden<br />
Welt zu ermöglichen, die sie<br />
reflektieren können, um dabei Präkonzepte<br />
zu entwickeln. Wichtig ist, dass<br />
sie Vertrauen in die eigene Erkenntnisfähigkeit<br />
und Lernfähigkeit aufbauen<br />
können. Technische Elementarbildung<br />
beschreibt somit das reflektierte Verhältnis<br />
des Kindes zur Welt der <strong>Technik</strong>,<br />
das die Selbstverständigung zu<br />
sich <strong>selbst</strong> und zu anderen einschließt.<br />
Wie sieht die Welt der <strong>Technik</strong> nun aus,<br />
mit der sich das Kind geistig auseinandersetzen<br />
und zu einem reflektierten<br />
Verhältnis kommen soll? <strong>Technik</strong> als<br />
essentieller Teil von Kul<strong>tu</strong>r ist heute<br />
mehr denn je durch Allgegenwärtigkeit<br />
(Omnipräsenz), steigende Komplexität<br />
und Vernetzung gekennzeichnet. Insofern<br />
wächst der Einzelne, so auch das<br />
Kind, unmerklich in eine durch <strong>Technik</strong><br />
geprägte Kul<strong>tu</strong>r hinein. <strong>Technik</strong> ist also<br />
Element von Enkul<strong>tu</strong>ration. Pr<strong>im</strong>äre<br />
<strong>Technik</strong>sozialisation versteht sich daher<br />
als unbewusste und ungeplante<br />
Erfahrung und Begegnung mit <strong>Technik</strong><br />
<strong>im</strong> Alltag. Kindern begegnet <strong>Technik</strong> <strong>im</strong><br />
Kinderz<strong>im</strong>mer, <strong>im</strong> Haushalt und in ihrer<br />
nahen und ferneren Umgebung. Kinder<br />
sind heute mi<strong>tu</strong>nter auch schon Bediener<br />
hochtechnisierter technischer<br />
Geräte (z. B. Fernbedienungen oder<br />
Mobiltelefone). S<strong>tu</strong>dien weisen jedoch<br />
gleichzeitig auf fehlende Erfahrungen<br />
mit <strong>Technik</strong> <strong>im</strong> Elternhaus hin (acatech<br />
und VDI 2009). Insbesondere n<strong>im</strong>mt<br />
der Anteil spielerischen technischen<br />
Handelns ab.<br />
Akkul<strong>tu</strong>ration bzw. Enkul<strong>tu</strong>rationshilfe,<br />
ein bewusstes und geplantes Hineinwachsen<br />
in die technisch geprägte<br />
Welt ist also notwendig, um ein <strong>Technik</strong>bild<br />
und <strong>Technik</strong>mündigkeit entwickeln<br />
zu können, das verantwor<strong>tu</strong>ngsbewusstes<br />
Handeln ermöglicht. Und<br />
genau hier finden Kindergärten, Kindertagesstätten<br />
und Schulen ihre Aufgabe,<br />
Möglichkeiten und Anregungen<br />
zur frühen Begegnung und Auseinandersetzung<br />
mit <strong>Technik</strong> zu eröffnen.<br />
Vor dem Hintergrund einer vorhandenen<br />
Akkul<strong>tu</strong>rationsstruk<strong>tu</strong>r (Bildungseinrich<strong>tu</strong>ngen<br />
und Angebote<br />
von Organisationen <strong>im</strong> Elementar- und<br />
Pr<strong>im</strong>arbereich) und dem Wesen von<br />
<strong>Technik</strong>, das sich, wie es scheint, zunächst<br />
einer direkten Erschließung<br />
entzieht, ist die Frage zu stellen, wie<br />
kindgerechte Enkul<strong>tu</strong>rationshilfe bzw.<br />
Akkul<strong>tu</strong>ration gestaltet werden kann<br />
und muss, um Kindern frühe Erfahrungen<br />
mit <strong>Technik</strong> zu ermöglichen,<br />
die über ein bloßes Bedienen und<br />
Benutzen hinausgehen und die zu<br />
Grund erkenntnissen über den Gegenstand<br />
<strong>Technik</strong> führen. Insbesondere<br />
soll der Frage nachgegangen werden,<br />
inwieweit sich Kinder <strong>im</strong> Konstruktionsspiel<br />
dem Kern von <strong>Technik</strong> in seinen<br />
Grundkonzepten nähern können.<br />
Daraus soll folgende These abgeleitet<br />
werden: Im Konstruktionsspiel<br />
können sich Kinder mit dem Kern<br />
von <strong>Technik</strong> auseinandersetzen.<br />
Frühe Technische Bildung<br />
Kern von <strong>Technik</strong><br />
Der <strong>Technik</strong>begriff hat sich auch mit<br />
der Entwicklung von <strong>Technik</strong>, dem<br />
Stellenwert von <strong>Technik</strong> in der Gesellschaft<br />
und den Wirkungen von <strong>Technik</strong><br />
sowie einer diesbezüglichen wissenschaftlichen<br />
Reflexion (beispielsweise<br />
aus philosophischer Perspektive) gewandelt<br />
und ausdifferenziert. <strong>Technik</strong><br />
wird daher heute durch theoretische<br />
Konstrukte auf unterschiedlichen Ebenen<br />
beschrieben und beschreibbar<br />
(vgl. Banse 2013). Schmayl (2010)<br />
fasst den Kern von <strong>Technik</strong> als ein<br />
Handeln zur Erzeugung zweckhafter<br />
Artefakte, um menschliche Bedürfnisse<br />
zu befriedigen. <strong>Technik</strong> lässt<br />
sich also in seinem Kern in einer Triade<br />
„Bedürfnis – technisches Handeln<br />
– zweckhafte Artefakte“ verorten<br />
(Graube 2013). In dem technikdidaktischen<br />
systemischen Modell „Produktlebenslauf“<br />
(Graube, 2009) wird diese<br />
Triade zum konsti<strong>tu</strong>ierenden Merkmal<br />
des Modells: Das Artefakt steht als<br />
technisches Produkt <strong>im</strong> Mittelpunkt<br />
des Produktlebenslaufes, der durch<br />
Handlungsphasen von der Idee bis zur<br />
Entsorgung gekennzeichnet ist und die<br />
Befriedigung von Bedürfnissen zum<br />
Ausgangspunkt hat. Die Phasen sind<br />
zirkulär verknüpft, d. h. sie folgen nicht<br />
nur nacheinander, sondern haben<br />
Rückflüsse in vorangegangene Phasen.<br />
Durch kommunikative Prozesse<br />
in den Phasen und kommunikativer<br />
Schließung der Phasen erfolgt eine<br />
Einbet<strong>tu</strong>ng in soziale Systeme (vgl.<br />
Luhmann 2002).<br />
Zum Konstruktionsspiel<br />
<strong>im</strong> spielepädagogischen<br />
Diskurs<br />
Aus entwicklungspsychologischer Perspektive<br />
wird das Spiel „als Entwicklungs-<br />
und Lernmotor, durch welchen<br />
sich kognitive und soziale Fähigkeiten<br />
entfalten“ (Leuchter 2013, 577) verstanden.<br />
Das Spielen und die Wirkungen<br />
des Spiels sind jedoch unter<br />
einer ökologischen Perspektive von<br />
vielfältigen Faktoren wechselseitig<br />
beeinflusst: vom Kind <strong>selbst</strong>, vom<br />
Spielpartner, vom Erwachsenen, vom<br />
Spielmittel, vom Spielraum und von<br />
der Spielzeit (He<strong>im</strong>lich 2001; Renner<br />
1997). Das heißt, auch wenn das Kon-<br />
12 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Frühe Technische Bildung<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Tabelle 1: Traditionelle Einteilung der Konstruktionsspiele<br />
struktionsspiel den Kern von <strong>Technik</strong><br />
beinhalten und eine hohe Inhaltsqualität<br />
besitzen sollte, muss sich noch keine<br />
Bildungswirkung einstellen.<br />
Die aufeinanderfolgenden, nicht <strong>im</strong>mer<br />
klar abgrenzbaren Spielformen<br />
sind abhängig von der Entwicklung<br />
des Kindes. He<strong>im</strong>lich (2001) unterscheidet<br />
in der frühen Kindheit u. a.<br />
zwischen Explorationsspiel (oder Informationsspiel)<br />
und Konstruktionsspiel.<br />
Be<strong>im</strong> Explorationsspiel, das als<br />
Vors<strong>tu</strong>fe aller anderen Spielformen<br />
gilt, werden der eigene Körper, der<br />
Raum und Gegenstände erkundet (Piaget<br />
1976). Das Kind durchläuft drei<br />
entwicklungsspezifische Vors<strong>tu</strong>fen<br />
des Konstruktionsspiels, bis es sich<br />
zunehmend ein Bild von einer Sache<br />
machen kann und einen Begriff dafür<br />
hat (Renner 1997). Das Konstruktionsspiel<br />
erwächst also aus dem explorierenden<br />
Umgang mit Gegenständen,<br />
die Kinder nun in einen Bezug<br />
zueinander setzen und in Phantasiespielszenen<br />
eingebetten (He<strong>im</strong>lich<br />
2001).<br />
Konstruktionsspiele weisen eine große<br />
Breite <strong>im</strong> spielerischen Handeln <strong>im</strong><br />
Umgang mit Gegenständen auf. Mit<br />
zunehmendem Alter entwickelt sich<br />
der Gebrauch von Werkzeugen (z. B.<br />
Schere, Stift, Lineal, Nadel, Schrauber),<br />
wodurch sich die handwerklichen<br />
Fähigkeiten (z. B. Schneiden, Falten,<br />
Kleben, Nähen, Weben, Schrauben,<br />
Sägen) erweitern und gleichzeitig eine<br />
größere Bandbreite an Material- und<br />
Werkstoffnutzung (z. B. Na<strong>tu</strong>rmaterialien,<br />
Papier, Pappe, Holz, Stoff,<br />
Wolle) möglich wird. Übung und Anlei<strong>tu</strong>ng<br />
mit Material und Werkzeugen<br />
unterstützen diese Entwicklung (Renner<br />
1997). Die zunehmenden handwerklichen<br />
Fähigkeiten beeinflussen<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
die entstehenden Produkte, die <strong>im</strong>mer<br />
differenzierter werden (ebd.). So<br />
stellen Kinder „jetzt Spielzeugmodelle<br />
her, basteln und nähen Kleidung für<br />
ihre Spielpuppen“ (vgl. Sutton-Smith<br />
1986, zit. in He<strong>im</strong>lich 2001, 38). Auch<br />
dem Hüttenbau wird eine besondere<br />
Bedeu<strong>tu</strong>ng beigemessen. Nach Renner<br />
(1997) ist das Hüttenbauen in allen<br />
Kul<strong>tu</strong>ren zu beobachten und mit<br />
dem Bedürfnis nach Geborgenheit,<br />
Sicherheit und Schutz verknüpft. Kinder<br />
spielen aber auch mit extra dafür<br />
vorgesehenen Bausätzen, um etwas<br />
zu bauen oder zu errichten (z. B. Konstruktionsbaukästen).<br />
In der Litera<strong>tu</strong>r finden sich unterschiedliche<br />
Einteilungen zum Konstruktionsspiel,<br />
die keinem schlüssigem Schema<br />
folgen. So unterscheidet Renner<br />
(1997) zwischen Konstruktionsspielen<br />
handwerklicher Na<strong>tu</strong>r und Konstruktionsspielen<br />
mit dazu vorgesehenen<br />
Bausätzen. Konstruktionsspiele handwerklicher<br />
Art werden durch den Umgang<br />
mit Materialien und Werkzeugen<br />
gekennzeichnet. Konstruktionsspiele<br />
mit dazu vorgesehenen Bausätzen<br />
basieren auf einem begrenzten System<br />
von zusammenfügbaren Bausteinen,<br />
das den Kindern die symbolische<br />
und technisch-konstruktive<br />
Nachbildung von Welt erleichtert<br />
(ebd.). He<strong>im</strong>lich (2001) betrachtet eine<br />
Unterscheidung in Bauspiele und<br />
Konstruktionsspiele als sekundär, da<br />
Konstruieren herstellende, bauende,<br />
kombinierende und errichtende Tätigkeiten<br />
zusammenfasst. Insofern kann<br />
von Konstruktionsspielen <strong>im</strong> erweiterten<br />
Sinne gesprochen werden, in<br />
dem Gegenstände bzw. Dinge <strong>hergestellt</strong>,<br />
gebaut, errichtet oder zusammengesetzt<br />
werden (vgl. He<strong>im</strong>lich<br />
2001, Einsiedler 1994).<br />
Identifikation von<br />
Kategorien der <strong>Technik</strong><br />
Merkmale des Konstruktionsspiels<br />
Aus den allgemeinen Merkmalen des<br />
Spiels, die aus einer psychologischen<br />
Perspektive heraus unterschieden<br />
werden (Oerter 1999), lassen sich für<br />
das Konstruktionsspiel folgende Aussagen<br />
ableiten:<br />
● Das Merkmal „Spiel als eine besondere<br />
Art der Handlung“ bezieht<br />
sich zum einen auf die Zweckfreiheit<br />
und zum anderen auf die intrinsische<br />
Motivation bzw. das Flusserleben<br />
in der Spielhandlung (ebd.).<br />
Das Spielmittel erfährt <strong>im</strong> Spielverlauf<br />
eine intendierte Veränderung.<br />
Das heißt, <strong>im</strong> Spiel <strong>selbst</strong> werden<br />
Zwecke angestrebt, um Wünsche<br />
und Bedürfnisse zu befriedigen.<br />
Das Spielen und das Spielergebnis<br />
haben aber keine Zwecksetzung<br />
darüber hinaus, insofern<br />
bleibt Spielen eine besondere Art<br />
der Handlung, das keine Konsequenzen<br />
hat. Dieses Merkmal lässt<br />
sich mit der Entstehung und Verwendung<br />
von <strong>Technik</strong> – also technischem<br />
Handeln – verbinden. Im<br />
Konstruktionsspiel findet sich eine<br />
besondere Art des technisches<br />
Handelns wieder, das zwar keine<br />
Konsequenzen über das Spiel hinaus<br />
hat, jedoch einen Zweck anstrebt<br />
– das Entstehen von Dingen<br />
und Gegenständen.<br />
● Das allgemeine Merkmal „Wechsel<br />
des Realitätsbezuges“ führt den<br />
Handlungsaspekt dahingehend<br />
weiter, als dass <strong>im</strong> Konstruktionsspiel<br />
durch spielerisch-technisches<br />
13
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Frühe Technische Bildung<br />
Handeln eine andere, neue Realität<br />
gegenständlich erschaffen<br />
und verändert werden kann.<br />
● Aus dem allgemeinen Merkmal<br />
„Wiederholung und Ri<strong>tu</strong>al“ lässt<br />
sich für das Konstruktionsspiel ein<br />
Qualitätsmerkmal dahingehend ableiten,<br />
ob das jeweilige Konstruktionsspiel<br />
Wiederholungen zulässt.<br />
He<strong>im</strong>lich (2001) sieht das Konstruktionsspiel<br />
grundsätzlich in einem<br />
Spannungsverhältnis zwischen<br />
Trennung und Verbindung. Das<br />
best<strong>im</strong>mende Wesensmerkmal des<br />
Konstruktionsspiels ist daher die „Verbindung“,<br />
wodurch Herstellen, Bauen,<br />
Errichten oder Zusammensetzen von<br />
Gegenständen bzw. Dingen zusammengefasst<br />
werden können. Vorher<br />
Getrenntes (z. B. Bauklötze) werden<br />
in eine Verbindung gebracht, die eine<br />
neue Qualität besitzt (z. B. Kombination<br />
der Bauklötze zu einem Turm).<br />
Diese Verbindung kann dann auch<br />
wieder zerstört werden, was einen<br />
Ausgangspunkt für eine neue, kreative<br />
Verbindung der getrennten Elemente<br />
nach eigenen Vorstellungen ermöglicht<br />
(z. B. neuer Turm oder Haus).<br />
Als ein weiteres, sich daraus ergebendes<br />
Wesensmerkmal des Konstruktionsspiels,<br />
das das allgemeine<br />
Merkmal „Wechsel des Realitätsbezuges“<br />
ausdifferenziert, wird die Ausrich<strong>tu</strong>ng<br />
auf ein fertiges Produkt<br />
(z. B. Knetfigur, Zeichnung, Bauwerk)<br />
bzw. eine gezielte Herstellung von Beziehungen<br />
zwischen Gegenständen<br />
(z. B. Kombination von Bauklötzen zu<br />
einem Turm, Kombination von Einrich<strong>tu</strong>ngsgegenständen<br />
zu einer Höhle)<br />
angesehen (vgl. Renner 1997; He<strong>im</strong>lich<br />
2001; Leuchter 2013).<br />
Da das Konstruktionsspiel eine S<strong>im</strong>ulation<br />
und Variation der Welt<br />
ermöglicht, können sich Kinder „ein<br />
Abbild von der Welt in symbolischer<br />
und technisch-konstruktiver Hinsicht“<br />
(Renner 1997) machen. Durch die<br />
Nachahmung entstünde so ein „subjektives<br />
Bild von Na<strong>tu</strong>r und Kul<strong>tu</strong>r“.<br />
In Handwerkerspielen sieht Renner<br />
(1997) daher den „spielerischen Versuch,<br />
die Bewältigung der Na<strong>tu</strong>r durch<br />
Werkzeug (Kul<strong>tu</strong>r) <strong>im</strong> Spiel nachzuvollziehen“<br />
(ebd., 30). Das heißt aber<br />
auch, dass Kinder durch den Bau von<br />
Dingen die Welt nicht nur nachahmen<br />
und s<strong>im</strong>ulieren, sondern sie die Dinge<br />
<strong>selbst</strong> und damit auch die Welt <strong>im</strong>mer<br />
wieder variieren und verändern (ebd.).<br />
Die oben dargelegten Merkmale des<br />
Konstruktionsspiels verweisen deutlich<br />
auf die technikdidaktischen Kategorien:<br />
technisches Handeln und technisches<br />
Produkt zur Veränderung und<br />
Gestal<strong>tu</strong>ng von Welt.<br />
Ausdifferenzierung des<br />
Konstruktionsspiels aus einer fertigungstechnischen<br />
Perspektive<br />
<strong>Technik</strong> kann auf die Wandlungsprozesse<br />
von Stoff, Energie und Information<br />
von einem definierten Ausgangszustand<br />
in einen definierten Endzustand<br />
fokussiert werden. Das Konstruktionsspiel<br />
richtet sich damit auf die Wandlung<br />
von Stoff in Form von Spielmitteln,<br />
die als Arbeitsgegenstand in der Kategorie<br />
Stoffe bezeichnet werden können.<br />
Da eine neue stoffliche Gestalt <strong>im</strong><br />
Zentrum des Konstruktionsspiels steht,<br />
erfolgt hier in einem ersten Schritt eine<br />
Ausdifferenzierung auf Grundlage<br />
fertigungstechnischer Kategorien. Die<br />
Stoff-Formung erfolgt durch Fertigungsverfahren,<br />
die in DIN 8580 nach<br />
der Art der Änderung des Stoffzusammenhalts<br />
in unterschiedliche Fertigungsverfahren<br />
eingeteilt werden (vgl.<br />
Tabelle 2).<br />
Das Konstruieren mit Spielmaterialien<br />
ermöglicht eine große Breite der Fertigungsverfahren<br />
und erfordert den<br />
Einsatz von Werkzeugen. Das Konstruieren<br />
mit Spielzeugen (Baukästen)<br />
hingegen lässt die Fertigungsverfahren<br />
nur eingeschränkt deutlich werden.<br />
Lediglich die Fertigungsverfahren<br />
Fügen (und hier nur lösbare Verbindungen<br />
durch Zusammenstecken oder<br />
ggf. Verschrauben von in Grundfunktionen<br />
vordefinierten Konstruktionselementen)<br />
sowie das Trennen (hier nur<br />
das Lösen der lösbaren Verbindungen)<br />
sind <strong>im</strong> Spiel angelegt.<br />
Zusammenfassend erfolgt in Tabelle 3<br />
eine Gegenüberstellung der Konstruktionsspiele<br />
mit Spielmaterial und der<br />
mit Spielzeugen (Baukästen). Deutlich<br />
wird, dass man das Konstruktionsspiel<br />
als spielerisch technisches Handeln<br />
beschreiben kann, in dessen Ergebnis<br />
ein technisches Artefakt entsteht. Die<br />
fertigungstechnische Perspektive lässt<br />
jedoch noch keinen ausreichenden<br />
Zusammenhang zur Bedürfnisbefriedigung<br />
zu, so dass eine Weiterführung<br />
an anderer Stelle als notwendig erachtet<br />
wird.<br />
Zusammenfassung,<br />
Ausblick und Fazit<br />
Wenn technische Elementarbildung<br />
das reflektierte Verhältnis des Kindes<br />
zur Welt der <strong>Technik</strong> beschreibt, das<br />
die Selbstverständigung zu sich <strong>selbst</strong><br />
und zu anderen einschließt, dann ermöglicht<br />
das Konstruktionsspiel eine<br />
solche Auseinandersetzung. Im Konstruktionsspiel<br />
lassen sich die Basiskonzepte<br />
von <strong>Technik</strong> (Bedürfnisse,<br />
konstruktives Handeln, Produkt) identifizieren:<br />
● Im Ergebnis des Konstruktionsspiels<br />
entstehen Produkte, in denen<br />
die Vorstellungen, Wünsche<br />
und Bedürfnisse der Kinder zum<br />
Ausdruck kommen und befriedigt<br />
werden.<br />
● Das Konstruktionsspiel hat einen<br />
Gegenstandsbezug hinsichtlich<br />
des Spielprozesses (Spielmittel,<br />
Werkzeug) und hinsichtlich des<br />
Spielergebnisses (Produkt).<br />
● Die Handlung <strong>im</strong> Konstruktionsspiel<br />
bezieht sich auf konstruktive<br />
Tätigkeiten, wie Manipulation, Zusammensetzen,<br />
Kombinieren, Gestalten,<br />
Bauen und Herstellen.<br />
Besonderes Merkmal des Konstruktionsspiels<br />
ist neben der Trennung<br />
und Verbindung, dass das Spielmittel<br />
<strong>im</strong> Spielverlauf eine intendierte Veränderung<br />
erfährt. Jedoch ist darauf<br />
hinzuweisen, dass der Spielcharakter<br />
<strong>im</strong> Vordergrund steht. Somit ist das<br />
Konstruktionsspiel nicht identisch mit<br />
der Konstruktionsaufgabe aus dem<br />
Methodenrepertoire der <strong>Technik</strong>didaktik,<br />
kann diese jedoch vorbereiten.<br />
Das Konstruktionsspiel bleibt also ein<br />
Spiel, mit dem das Kind durch sein<br />
technisches Handeln in der Realität<br />
zwar technische Artefakte kreiert,<br />
die se Artefakte jedoch in ihrer Funktionalität<br />
durchaus quasireal bleiben<br />
können, d. h. technische Funktionen<br />
können auch nur in der Vorstellung<br />
der Kinder ablaufen. Das scheint<br />
14 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Frühe Technische Bildung<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Tabelle 2: Fertigungsverfahren <strong>im</strong> Konstruktionsspiel<br />
Tabelle 3: Gegenüberstellung von Spielmaterial und Spielzeugen <strong>im</strong> Konstruktionsspiel (Graube 2014, <strong>im</strong> Druck)<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
15
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik<br />
Frühe Technische Bildung<br />
neben der prinzipiellen Zweckfreiheit<br />
des Spiels (aus Sicht des Kindes) der<br />
entscheidende Unterschied zur Konstruktionsaufgabe<br />
zu sein.<br />
Die hier in Anfängen erfolgte fertigungstechnische<br />
Ausdifferenzierung<br />
des Konstruktionsspiels ist der Beginn<br />
einer neuen fachdidaktischen Auseinandersetzung<br />
mit dem Zusammenhang<br />
zwischen Spielen – Lernen –<br />
<strong>Technik</strong>. Die <strong>Technik</strong>didaktik kann und<br />
muss hier weitere Untersuchungen<br />
folgen lassen und auch andere Wissenschaftsgebiete<br />
einbeziehen (z. B.<br />
Entwicklungspsychologie, Spielepädagogik),<br />
wenn sie eine technische<br />
Bildung von Anfang an intendiert. Zu<br />
einer technikdidaktischen Durchdringung<br />
gehören neben der fertigungstechnischen<br />
Betrach<strong>tu</strong>ng weitere<br />
Ausdifferenzierungen beispielsweise<br />
hinsichtlich Konstruktionstechnik,<br />
Werkstofftechnik oder Bautechnik sowie<br />
eine weitere technikdidaktische<br />
Analyse. Zu klären sind beispielsweise<br />
die weitere Abgrenzung des Konstruktionsspiels<br />
zur Konstruktionsaufgabe<br />
und auch zur Herstellungsaufgabe.<br />
Erst dann kann das Potential des<br />
Konstruktionsspiels als Lern- und Entwicklungsmotor<br />
für <strong>Technik</strong> theoretisch<br />
gefasst werden. Zur Umsetzung<br />
in pädagogischen Spiel- und Lernsi<strong>tu</strong>ationen<br />
bzw. zur Entfal<strong>tu</strong>ng der Bildungswirkung<br />
bei den Kindern bedarf<br />
es jedoch auch der Berücksichtigung<br />
weiterer Faktoren, wie beispielsweise<br />
des Umfeldes. Das schließt eine<br />
didaktische Auseinandersetzung mit<br />
<strong>Technik</strong> und deren pädagogischer Refl<br />
exion auf Seiten des pädagogischen<br />
Personals ein. Nicht zuletzt geht es<br />
auch um Einstellungen und Selbstkonzepte<br />
in Bezug zum Zusammenhang<br />
von Spielen – Lernen – <strong>Technik</strong>.<br />
Erzieherinnen, Erzieher und Lehrkräfte<br />
sollen sich aber schon jetzt ermutigt<br />
fühlen, Kindern mit dem Konstruktionsspiel<br />
pädagogische St<strong>im</strong>uli zur Auseinandersetzung<br />
mit <strong>Technik</strong> zu geben.<br />
Pädagogische Spiel- und Lernräume<br />
müssen dazu nicht grundsätzlich neu<br />
gemacht werden, jedoch neu gedacht<br />
werden. Bildungsinsti<strong>tu</strong>tionen sollten<br />
sich wieder mehr und bewusst dem<br />
Spiel und damit dem Zusammenhang<br />
von Spielen und Lernen widmen.<br />
Kommt dann noch <strong>Technik</strong> ins Spiel,<br />
dann ist bereits ein grundlegender Beitrag<br />
zur technischen Elementarbildung<br />
gegeben.<br />
Litera<strong>tu</strong>rverzeichnis<br />
acatech und VDI (2009): Nachwuchsbarometer<br />
<strong>Technik</strong>wissenschaften. München/Düsseldorf:<br />
acatech und VDI.<br />
BANSE, G. (2013): Erkennen und Gestalten<br />
– oder: über Wissenschaften und<br />
Machenschaften. In W. Bienhaus, &<br />
W. Schlagenhauf, Technische Bildung<br />
<strong>im</strong> Verhältnis zur na<strong>tu</strong>rwissenschaftlichen<br />
Bildung (S. 21-49). Offenbach<br />
am Main: BE.ER-Konzept.<br />
DIN 8580 (2003-09): Fertigungsverfahren<br />
– Begriffe, Einteilung.<br />
FINK, E. (1965): Zur Bildungstheorie der<br />
technischen Bildung. In H. Roth:<br />
<strong>Technik</strong> als Bildungsaufgabe der<br />
Schulen (S. 33-50). Hannover u.a.:<br />
Hermann Schrodel Verlag.<br />
GRAUBE, G. (2009): <strong>Technik</strong> und Kommunikation<br />
– ein systemischer Ansatz<br />
technischer Bildung. Göttingen:<br />
Cuvillier Verlag.<br />
GRAUBE, G. (2013): Erfi nden, Entdecken<br />
und Enttarnen: Didaktische Leitfragen<br />
für die Auseinandersetzung mit Basiskonzepten<br />
der <strong>Technik</strong>. In I. Mammes:<br />
Technisches Lernen <strong>im</strong> Sachunterricht.<br />
Nationale und internationale<br />
Perspektiven (S. 22-44). Baltmannsweiler:<br />
Schneider.<br />
GRAUBE, G. (2014) (<strong>im</strong> Druck): Hier ist<br />
<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> Spiel – Das Konstruktionsspiel<br />
neu entdeckt. Grundschulzeitschrift.<br />
Friedrichverlag.<br />
HEIMLICH, U. (2001): Einführung in die<br />
Spielpädagogik. Rieden: Klinkhardt.<br />
LEUCHTER, M. (2013): Die Bedeu<strong>tu</strong>ng des<br />
Spiels in Kindergarten und Schuleingangsphase.<br />
Zeitschrift für Pädagogik,<br />
Heft 4, S. 575-592.<br />
LUHMANN, N. (2002): Einführung in die<br />
Systemtheorie. Heidelberg: Carl-<br />
Auer-Systeme Velag.<br />
OERTER, R. (1999): Psychologie des<br />
Spiels. Weinhe<strong>im</strong>: Beltz Verlag.<br />
PIAGET, J. (1976): Die Äquilibration der<br />
kognitiven Struk<strong>tu</strong>ren. S<strong>tu</strong>ttgart: Klett-<br />
Cotta.<br />
RENNER, M. (1997): Spieltheorie und Spielpraxis:<br />
Eine Einführung für pädagigische<br />
Berufe. 2. Aufl age. Freiburg <strong>im</strong><br />
Breisgau: Lamber<strong>tu</strong>s.<br />
SCHMAYL, W. (2010): Didaktik allgemeinbildenden<br />
<strong>Unterricht</strong>s. Baltmannsweiler:<br />
Schneider Verlag Hohengehren.<br />
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16 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Methoden<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Warentest:<br />
Schüler testen Laubsägen<br />
Vorstellung und Diskussion<br />
einer <strong>Unterricht</strong>ssequenz<br />
von Martin Binder<br />
In der ersten Ausgabe des Testheftes der Stif<strong>tu</strong>ng Warentest <strong>im</strong> Jahr 1964<br />
hieß es: „Ratlos stehen die Käufer vor vollen Schaufenstern. [...] Es gibt<br />
heute rund 150 Nähmaschinenmarken, 80 Staubsauger, 70 Heizkissen“<br />
(zit. nach Faller und Brackemann 2013, S. 48). Heute, so H. Brackemann<br />
von der Stif<strong>tu</strong>ng Warentest, sind allein schon 1300 verschiedene Kameras<br />
<strong>im</strong> Angebot. Die Ratlosigkeit von Nutzern müsste entsprechend größer sein.<br />
<strong>Technik</strong>unterricht sollte eine Aufgabe auch darin sehen, Schülerinnen und<br />
Schülern dabei zu helfen, technischen Produkten und den Interessen der<br />
Anbieter eigenständig und sachkundig gegenüberzutreten. An dieser<br />
Stelle setzt die <strong>Unterricht</strong>smethode des Warentests an.<br />
<strong>Unterricht</strong>sverlauf<br />
Der hier vorgestellte <strong>Unterricht</strong> fand <strong>im</strong><br />
Rahmen eines Schulpraktikums der<br />
Pädagogischen Hochschule Weingarten<br />
an der Grund- und Hauptschule<br />
Berg statt. Die S<strong>tu</strong>dierenden konnten<br />
an einer idealen Stelle anknüpfen:<br />
Die Kinder einer vierten Klasse hatten<br />
zuvor Laubsägen eingesetzt und<br />
sich über deren schlechte Funktionalität<br />
beklagt. Die Sägeblätter rutschten<br />
<strong>im</strong>mer wieder aus den Spannkloben<br />
heraus, be<strong>im</strong> Sägen klemmte oft das<br />
Sägeblatt, sodass die Arbeit unerwartet<br />
anstrengend verlief. Ein glücklicher<br />
Umstand war, dass die Schule den<br />
<strong>Technik</strong>raum neu einrichtete und neue<br />
Sägen beschafft werden sollten.<br />
so die S<strong>tu</strong>dierenden, die Monita der<br />
Kinder in vier Testfragen zusammengefasst:<br />
1. Wie gut lässt sich das Sägeblatt<br />
einspannen?<br />
2. Wie liegt die Säge in der Hand?<br />
3. Wie stabil ist die Säge?<br />
4. Wie lässt sich mit der Säge arbeiten?<br />
Die Kinder arbeiteten in Vierergruppen<br />
und bekamen ein Exemplar von<br />
jeder Säge, Laubsägeblätter, kleinere<br />
Bild 1: Gemeinsam geht manches besser.<br />
Stücke Pappelsperrholz (6 mm Dicke),<br />
eine Übersicht mit Informationen<br />
zu den Sägen aus den Verkaufsprospekten<br />
(incl. des Preises) und einen<br />
Bewer<strong>tu</strong>ngsbogen. Sie hatten 30 Minuten<br />
Zeit, die Sägen zu testen und ihre<br />
Empfehlung auszuarbeiten.<br />
Die Testphase<br />
Die Kinder arbeiteten mit großer Ernsthaftigkeit,<br />
sie waren beeindruckt, dass<br />
sie als Fachleute für den Gebrauch<br />
von Werkzeugen angesehen wurden.<br />
Sie halfen sich während der Tests gegenseitig,<br />
ohne dass sie dazu aufgefordert<br />
werden mussten – sowohl be<strong>im</strong><br />
Handling mit den Sägen als auch be<strong>im</strong><br />
Ausfüllen der Bewer<strong>tu</strong>ngsbögen. Es<br />
Die Aufgabenstellung<br />
Die Kinder hatten bislang noch keinen<br />
vergleichenden Warentest <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong><br />
durchgeführt. Die S<strong>tu</strong>dierenden<br />
informierten die Kinder darüber,<br />
dass sie drei verschiedene Laubsägen<br />
testen sollten mit dem Ziel, der<br />
Schullei<strong>tu</strong>ng eines der Modelle zur<br />
Anschaffung zu empfehlen. Es sollten<br />
20 Sägen gekauft werden, wofür 300<br />
€ zur Verfügung stünden. Sie hätten,<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Bild 2: Eine Schülergruppe be<strong>im</strong> Testen. Der Lehrer E. Ehinger konnte sich be<strong>im</strong> Test weitgehend<br />
in die Beobachter- und Beraterrolle zurückziehen.<br />
17
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Methoden<br />
Erfahrungen mit best<strong>im</strong>mten Produkten<br />
oder Herstellern. Und sie informieren<br />
sich <strong>im</strong>mer öfter über Kundenrezensionen<br />
in Verkaufsportalen.<br />
Tests von Laien<br />
Bild 3: Eine Schülergruppe präsentiert ihre Ergebnisse.<br />
entbrannten zahlreiche Diskussionen<br />
über die Beantwor<strong>tu</strong>ng der Fragen. Die<br />
erste bereitete den Kindern keine Probleme:<br />
Sie spannten das Sägeblatt ein,<br />
zupften daran, zogen etwas fester, ob<br />
es auch sicher saß. Über den Sinn der<br />
Fragen 2 und 3 waren sie uneinig. Sie<br />
stellten hier keine Unterschiede zwischen<br />
den Werkzeugen fest, sodass<br />
sie eine Erörterung unnötig fanden.<br />
Dabei waren die Griffe der Modelle<br />
durchaus unterschiedlich geformt. Den<br />
Begriff „stabil“ konnten sie nicht zuordnen.<br />
Ein Schüler kommentierte: „Die<br />
sind doch alle stabil, sie sind schließlich<br />
aus Eisen.“ Zu Frage 4 bestand die<br />
größte Uneinigkeit. Die Schülerinnen<br />
und Schüler machten Probeschnitte,<br />
wechselten sich ab, konnten sich aber<br />
nur schwer auf eine Bewer<strong>tu</strong>ng einigen.<br />
Der eine fand, dass das schwer<br />
ginge, die andere hatte keine Mühe.<br />
„Du hast halt falsch gesägt.“ „Bei der<br />
anderen ging es aber leichter.“<br />
Zum Test der Gebrauchstauglichkeit<br />
von Produkten<br />
Was die Kinder hier durchführten, ist<br />
in den großen Bereich der Analyse<br />
von Sachsystemen, und dort des Testens<br />
der Gebrauchstauglichkeit 1 von<br />
Produkten einzuordnen. Nutzer technischer<br />
Produkte machen das ständig,<br />
meistens ohne eine gezielte Fragestellung,<br />
wenn sie einen Gegenstand<br />
verwenden und dabei Vorlieben oder<br />
Abneigungen entwickeln. Sie machen<br />
es manchmal in der beschriebenen,<br />
vergleichenden Form, wenn sie vor<br />
einer Kaufentscheidung stehen. Das<br />
Handy wird von allen Seiten betrachtet,<br />
die Menüführung ausprobiert und<br />
mit anderen verglichen. Der Füller wird<br />
in die Hand genommen, die Griffigkeit<br />
des Gehäuses erfühlt, ein paar Worte<br />
werden geschrieben, der Vorgang wird<br />
mit anderen Stiften wiederholt. Mit den<br />
Schuhen wird eine kleine Strecke <strong>im</strong><br />
Laden zurückgelegt, sie werden vor<br />
dem Spiegel betrachtet. In diesen Fällen<br />
wird versucht, die Handlung, bei<br />
der der Gegenstand eingesetzt werden<br />
soll, zu s<strong>im</strong>ulieren. Es ist unklar, inwieweit<br />
dabei systematisch vorgegangen<br />
wird. Eine bedeutende Rolle spielen<br />
emotionale Momente: Wie spricht das<br />
Produkt optisch an? Wie fühlt es sich<br />
an? Welcher symbolische Wert wird<br />
ihm zugeschrieben („Sta<strong>tu</strong>ssymbol“)?<br />
In der Regel ist Nutzern aber sehr<br />
wohl bewusst, welche Merkmale eines<br />
Produktes für sie bedeutsam sind. Sie<br />
informieren sich über technische Kennwerte,<br />
mit deren Hilfe sie verschiedene<br />
Exemplare vergleichen können. Sie<br />
können dazu auf die Stif<strong>tu</strong>ng Warentest<br />
oder auf Tests in Fachzeitschriften<br />
bzw. von Onlineanbietern zurückgreifen.<br />
Sie fragen Bekannte nach deren<br />
1 „Gebrauchstauglichkeit: Eigenschaft,<br />
die die Wirksamkeit, Effizienz und<br />
Lernbarkeit durch den Anwender<br />
festlegt“ (DIN EN 60601-1-6:2006, zit.<br />
nach Adler 2010, S. 13).<br />
2 Alle folgenden Zitate sind aus den<br />
Kundenrezensionen bei Amazon übernommen,<br />
samt ihren sprachlichen und<br />
orthografischen Eigenheiten.<br />
Eine Recherche in den Rezensionen<br />
bei „Amazon“ zu einem E-Book-Reader<br />
ergab eine breite Streuung von<br />
Meinungen. Eine Auswahl 2 :<br />
5 Punkte: Nutzer A beschreibt, dass<br />
er zuvor zwei Reader über das Internet<br />
bestellt, ausprobiert und wieder<br />
zurückgeschickt habe. Er bemängelt<br />
deren schlechte Hintergrundbeleuch<strong>tu</strong>ng<br />
und dass er nur E-Books des Anbieters<br />
lesen könne. Das dritte Produkt<br />
(das hier bewertete) traf dann seinen<br />
Geschmack, da die Hintergrundbeleuch<strong>tu</strong>ng<br />
besser ist und er damit auch<br />
Videos anschauen kann.<br />
4 Punkte: Nutzer B moniert zunächst,<br />
dass andere Kunden nur einen Punkt<br />
vergeben hätten: „Das sind Leute die<br />
genau null Ahnung haben oder sich<br />
nicht informieren.“ Dann zählt er die<br />
Vorzüge des Produktes auf: positive<br />
Haptik, „dezenter Style der Knöpfe“,<br />
scharfes Display, gute Abspieleigenschaften<br />
von Videos und Spielen,<br />
gutes Preis-Leis<strong>tu</strong>ngsverhältnis. Er<br />
wertet die von anderen bemängelte<br />
geringe Speicherkapazität und den<br />
fehlenden HDMI-Anschluss nicht ab.<br />
(„Ich persönlich brauche das nicht.“)<br />
1 Punkt: Nutzer C schreibt: „[...] aber<br />
es sind uralte Spiele drauf ... nur ein<br />
Beispiel ... Werden Sie Millionär ...<br />
wer ist der Bundespräsident? Antwort<br />
Christian Wulff ... da gibt es noch mehrere<br />
Dinge die nicht ak<strong>tu</strong>ell sind. So<br />
etwas sollte bei einem ak<strong>tu</strong>ellen Gerät<br />
nicht drauf sein.“ Andere Rezensenten<br />
führen rationalere Gründe für die Bewer<strong>tu</strong>ng<br />
mit nur einem Punkt an: zu<br />
geringe Speicherkapazität, Abschot<strong>tu</strong>ng<br />
des Produktes gegen andere Anbieter,<br />
fehlende Übereinst<strong>im</strong>mung mit<br />
den Versprechungen der Werbung des<br />
Herstellers, zu geringer Funktionsumfang<br />
(Filme und Spiele werden nicht<br />
opt<strong>im</strong>al abgespielt).<br />
In den Rezensionen zeigt sich eine<br />
große Bandbreite an berücksichtigten<br />
Merkmalen. Es bestehen keine einheitlichen<br />
Vorstellungen davon, welche<br />
18 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Methoden<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Funktionen ein E-Book-Reader erfüllen<br />
soll. Dass er Filme wiedergeben und<br />
spieletauglich sein muss, ergibt sich<br />
nicht aus dem Zweck, zu dem er ursprünglich<br />
entwickelt wurde. Mehrere<br />
Anbieter werben aber mit diesen Möglichkeiten,<br />
und die Nutzer erwarten sie<br />
ganz offensichtlich. Traebert und Gleitz<br />
sprechen von einer komplexen Bedürfnisstruk<strong>tu</strong>r,<br />
die sich in einem Produkt<br />
verwirkliche. Ihre Elemente sind rationaler<br />
(„Gebrauchsnutzen“) und emotionaler<br />
Art („Gel<strong>tu</strong>ngsnutzen“; Gleitz<br />
und Traebert 1972, S. 78). Stauss<br />
und Wagner unterscheiden zwischen<br />
praktischen, ästhetischen, Anzeichenund<br />
symbolischen Produktfunktionen<br />
(Stauss und Wagner 2008).<br />
Nutzer C beispielsweise äußert sich<br />
hauptsächlich subjektiv-emotional.<br />
Nutzer B führt dagegen rationale Gründe<br />
für seine Bewer<strong>tu</strong>ng an. Allerdings<br />
ist auch sie stark subjektiv geprägt,<br />
indem er einzelne Merkmale berücksichtigt,<br />
die Speicherkapazität und die<br />
Geräteschnittstellen aber für bedeu<strong>tu</strong>ngslos<br />
erklärt. Intransparent sind<br />
hier also nicht nur die Bewer<strong>tu</strong>ngsverfahren,<br />
sondern auch die Hierarchie,<br />
nach der Merkmale als wesentlich oder<br />
als unbedeutend eingeordnet werden.<br />
Das Beispiel des E-Book-Readers<br />
zeigt auch, wie die von Traebert und<br />
Gleitz angesprochene „Bedürfnisstruk<strong>tu</strong>r“<br />
durch Nutzungsvorschläge<br />
des Herstellers erst generiert werden<br />
kann. Die Hersteller der Geräte haben<br />
aus Konkurrenzgründen mit der funktionalen<br />
„Aufrüs<strong>tu</strong>ng“ <strong>selbst</strong> begonnen.<br />
Wenn sich die Bewer<strong>tu</strong>ngen auf das<br />
Anschauen von Filmen oder auf Spiele<br />
beziehen, dann ist das nur bedingt unpassend,<br />
da sie den Werbeversprechungen<br />
folgen.<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Foren wie bei Amazon treten mit dem<br />
Habi<strong>tu</strong>s auf, authentische Hilfe bei<br />
Kaufentscheidungen zu bieten. „Normale“<br />
Nutzer berichten von ihren Erfahrungen.<br />
Die Leser können erwarten,<br />
dass damit alltägliche Einsatzformen<br />
beschrieben und bewertet werden,<br />
also solche, die auch auf sie zukommen<br />
werden. Dass die Bewer<strong>tu</strong>ngen<br />
keinesfalls durchgängig von neutralen<br />
Kunden stammen, ist allerdings bekannt.<br />
Der „Spiegel“ berichtet über eine<br />
Untersuchung, nach der zwischen<br />
20 und 30 Prozent der Produktbewer<strong>tu</strong>ngen<br />
<strong>im</strong> Internet gefälscht sind<br />
(SPIEGEL ONLINE 2012). Es hat sich<br />
ein Markt für Dienstleister entwickelt,<br />
die fingierte Nutzerbewer<strong>tu</strong>ngen entwerfen<br />
und in Plattformen einstellen.<br />
Die „Süddeutsche Zei<strong>tu</strong>ng“ machte publik,<br />
dass Amazon einflussreiche Rezensenten<br />
in den sogenannten „Vine-<br />
Club“ aufn<strong>im</strong>mt. Sie können einmal <strong>im</strong><br />
Monat best<strong>im</strong>mte Produkte auswählen,<br />
die ihnen zur Bewer<strong>tu</strong>ng zugeschickt<br />
und in der Regel anschließend überlassen<br />
werden (vgl. Kuhr 2013). Dass<br />
hier keine Authentizität mehr gewährleistet<br />
werden kann, ist offensichtlich.<br />
Trotz allem erfreuen sich diese Kundenrezensionen<br />
großer Beliebtheit.<br />
Tests unter stark<br />
insti<strong>tu</strong>tionalisierten<br />
Bedingungen<br />
Allerdings sind auf Kundenplattformen<br />
durchaus Tests zu finden, die mit großem<br />
Fachwissen und sehr systematisch<br />
durchgeführt wurden. Es stellt<br />
sich die Frage, worin nun der grundlegende<br />
Unterschied zwischen einer<br />
Kundenrezension und einer Bewer<strong>tu</strong>ng<br />
der Stif<strong>tu</strong>ng Warentest liegt.<br />
Joerges schlägt als signifikantes<br />
Merkmal das Ausmaß der Insti<strong>tu</strong>tionalisierung<br />
von Rahmenbedingungen<br />
vor. Während laienhafte Handlungen<br />
Regeln folgen, die „verhältnismäßig<br />
vielsinnig, <strong>im</strong>plizit, interpretationsoffen<br />
und verhandlungsfähig von Person zu<br />
Person, von Gruppe zu Gruppe, von<br />
Si<strong>tu</strong>ation zu Si<strong>tu</strong>ation [...]“ sind (Joerges<br />
1988, S. 31), werden professionelle<br />
Handlungen ausgerichtet auf<br />
Systematisierung, Berechenbarkeit,<br />
Zuverlässigkeit, Eindeutigkeit, Effektivität<br />
usw. – Joerges spricht davon, solche<br />
Vorgehensweise entspreche dem<br />
Werthorizont technischer Normen (vgl.<br />
a. a. O., S. 36f.). Auch Handlungen in<br />
Alltagskontexten können mit großem<br />
Wissen und Können durchgeführt sein.<br />
Sie unterliegen aber nicht, wie das für<br />
professionelle Handlungen gilt, der<br />
Verpflich<strong>tu</strong>ng, das Wissen und Können<br />
systematisch einzusetzen, dieses<br />
zu dokumentieren und zu überprüfen<br />
bzw. überprüfbar zu machen.<br />
Auf Produktbewer<strong>tu</strong>ngen bezogen:<br />
Der Unterschied zwischen Nutzermeinungen<br />
und Bewer<strong>tu</strong>ngen der Stif<strong>tu</strong>ng<br />
Warentest besteht weniger darin,<br />
dass die laienhaften Bewer<strong>tu</strong>ngen zu<br />
„schlechteren“ Ergebnissen führten –<br />
wie gut sie sind, hängt in erster Linie<br />
vom Zweck ab, hier also davon, ob<br />
derjenige, der den Rat sucht, mit seiner<br />
Hilfe eine „bessere“ Entscheidung<br />
treffen kann. Vielmehr ist bei Stif<strong>tu</strong>ng<br />
Warentest die gesamte Vorgehensweise<br />
weitgehend systematisiert und<br />
dokumentiert, sodass ihre Einschätzungen<br />
von anderen nachvollzogen<br />
werden können.<br />
In der Konsumforschung wird davon<br />
ausgegangen, dass die „Informationsanstrengungen“<br />
von Käufern umso<br />
höher sind, je größer das Risiko ist,<br />
das mit dem Kauf eingegangen wird.<br />
Je teurer ein Produkt, aber auch je<br />
folgenreicher die Verwendung ist, desto<br />
eher sind Nutzer bereit, sich vorab<br />
intensiv zu informieren. Die von den<br />
Herstellern gezielt bereitgestellten Informationen<br />
(„signaling“; Halbes 2003,<br />
S. 25) werden vom Leser durchaus als<br />
interessegeleitet und als nur begrenzt<br />
aussagekräftig erkannt.<br />
Um sich in der Vielfalt der Informationen<br />
orientieren zu können, vertrauen<br />
Kaufinteressenten daher zunehmend<br />
auf Gütesiegel, wobei die von staatlichen<br />
oder „gesellschaftspolitischen“<br />
Insti<strong>tu</strong>tionen vergebenen als besonders<br />
glaubwürdig einges<strong>tu</strong>ft werden<br />
(a. a. O., S. 28). Die Consumer‘s<br />
Union, die 1936 in den USA gegründet<br />
wurde, gilt als Vorbild für verbraucherpolitische<br />
Testorganisationen. In<br />
Deutschland wurden die ersten Vergleichstest<br />
zur Gebrauchstauglichkeit<br />
von Produkten 1961 von der Zeitschrift<br />
„DM“ veröffentlicht. 1964 wurde auf Initiative<br />
von Ludwig Erhard die Stif<strong>tu</strong>ng<br />
Warentest gegründet. Sie ist satzungsgemäß<br />
zur Neutralität verpflichtet, was<br />
dazu führt, dass ihre Publikationen<br />
werbefrei sein müssen (Auflage der<br />
Hefte 2001: 630.000 Stück). Aus diesem<br />
Grund bekommt sie Zuschüsse<br />
aus Steuermitteln (ca. 11% ihres Umsatzes;<br />
vgl. a. a. O., S. 33). Weitgehend<br />
unbekannt ist, dass sie ca. 25%<br />
ihrer Tests gemeinsam mit anderen<br />
Organisationen durchführt. Das sind<br />
beispielsweise der österreichische<br />
„Verein für Konsumenteninformation“<br />
(Auflage: 100.000), der ebenfalls als<br />
privatrechtliche Stif<strong>tu</strong>ng organisiert ist,<br />
19
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Methoden<br />
die britische „Consumers‘ Association“<br />
und der niederländische „Consumentenbond“<br />
(Auflage 660.000; beide sind<br />
industrieunabhängige Verbraucherorganisationen).<br />
Die Consumers‘ Association<br />
3 ist mit fast 1 Mio. Mitgliedern<br />
die größte ihrer Art in Europa (a. a. O.,<br />
S. 21).<br />
Zur Struk<strong>tu</strong>r vergleichender<br />
Produktbewer<strong>tu</strong>ngen<br />
Traebert und Gleitz betonen, dass<br />
es für Produktbewer<strong>tu</strong>ngen „eines<br />
Standortes oder besser eines Auswahlprinzips<br />
[bedarf], das die aus<br />
einer best<strong>im</strong>mten Sicht (nämlich unserer)<br />
wesentlichen Merkmale festlegt,<br />
even<strong>tu</strong>ell sogar nach Maßgabe ihrer<br />
Wichtigkeit hierarchisiert und dadurch<br />
gleichzeitig die Anzahl der in Betracht<br />
kommenden Merkmale auf ein überschaubares<br />
Maß reduziert“ (Gleitz und<br />
Traebert 1972, S. 77). Für eine transparente<br />
Bewer<strong>tu</strong>ng müssen demnach<br />
offengelegt werden:<br />
– die Merkmale, die in die Bewer<strong>tu</strong>ng<br />
einbezogen werden;<br />
– die Verfahren, mit denen Merkmalsausprägungen<br />
ermittelt werden;<br />
– die Hierarchie der Bewer<strong>tu</strong>ng, nach<br />
der die Merkmalsausprägungen<br />
gewichtet werden.<br />
Je nach Zweck, der mit ihnen verbunden<br />
ist, können Produktbewer<strong>tu</strong>ngen<br />
nach verschiedenen Gesichtspunkten<br />
differenziert werden:<br />
– Transparenz der Bedingungen und<br />
Kriterien: Werden die drei oben genannten<br />
Aspekte offengelegt, kann<br />
von einem transparenten Bewer<strong>tu</strong>ngsverfahren<br />
gesprochen werden.<br />
– Systematisierung: Bewer<strong>tu</strong>ngen<br />
können unter einer Fragestellung<br />
erfolgen, die einen einzelnen Gesichtspunkt<br />
erfasst und die eine<br />
unmittelbare Entscheidung erlaubt.<br />
Beziehen sie sich auf einen komplexeren<br />
Zusammenhang, können<br />
sie auf einer mehr oder weniger<br />
unbedachten Auswahl an Kriterien<br />
beruhen oder auf einer, die systematisch<br />
die gesamte Funktionalität<br />
des Produktes zu erfassen versucht<br />
und die u. U. auf normierte<br />
Testverfahren zurückgreift. Ein<br />
Beispiel dafür ist die DIN 66052 zur<br />
Überprüfung der Gebrauchstauglichkeit<br />
von Produkten: „Warentest<br />
ist die Prüfung und Bewer<strong>tu</strong>ng der<br />
für die Gebrauchstauglichkeit maßgebenden<br />
Eigenschaften von ihrer<br />
Herkunft nach best<strong>im</strong>mbaren Waren.<br />
Sein Ziel ist, dem Käufer die als<br />
Grundlage für den Kaufentschluss<br />
notwendigen sachlichen Informationen<br />
in allgemein verständlicher<br />
Form zugänglich zu machen. In<br />
der Regel umfasst ein Warentest<br />
den Vergleich einer repräsentativen<br />
Auswahl der für denselben Verwendungszweck<br />
angebotenen Waren“<br />
(zit. nach Eickelkamp 2013, S. 1).<br />
– Signifikanz der Bewer<strong>tu</strong>ngsinstanz:<br />
Ein wichtiger Gesichtspunkt ist<br />
die Vertrauenswürdigkeit derjenigen,<br />
die bewerten. Diese kann dadurch<br />
entstehen, dass der Nutzer<br />
dem Bewertenden vertraut, dass<br />
die Bewer<strong>tu</strong>ngsinstanz als unabhängig<br />
und als kompetent gilt,<br />
aber auch, wie <strong>im</strong> Fall von Bewer<strong>tu</strong>ngsplattformen,<br />
durch die Anzahl<br />
der Bewertenden und durch den<br />
(vermeintlich) vergleichbaren Nutzungshabi<strong>tu</strong>s.<br />
Der letzte Punkt darf in seiner Wirkung<br />
nicht unterschätzt werden. Vertraut<br />
man einer Bewer<strong>tu</strong>ngsinstanz,<br />
so wird ihre Vorgehensweise selten <strong>im</strong><br />
Einzelnen hinterfragt – man verlässt<br />
sich darauf, dass man es grundsätzlich<br />
<strong>tu</strong>n könnte. Eine große allgemeine<br />
Signifikanz <strong>im</strong> Hinblick auf Produktbewer<strong>tu</strong>ngen<br />
haben der TÜV oder die<br />
Stif<strong>tu</strong>ng Warentest. Beispiele für ein<br />
großes Grundvertrauen in einzelnen<br />
Segmenten sind das Siegel des „Umweltengels“,<br />
die Zeitschrift „Ökotest“<br />
3 Auf ihrer Homepage findet sich beispielsweise<br />
auch ein Test zu E-Book-<br />
Readern: www.which.co.uk, dort in<br />
der Suche „ebook reader“ eingeben.<br />
4 Auch wenn sich das „Kompendium“<br />
auf Nutzungszusammenhänge <strong>im</strong> 21.<br />
Jahrhundert bezieht, verbinden seine<br />
Autoren das Sachsystem Staubsauger<br />
zwangsläufig mit dem gesellschaftlichen<br />
Modell der Hausfrau. Es<br />
scheint Stereotypen zu geben, die<br />
in manchen Kreisen nur schwer zu<br />
überwinden sind.<br />
oder spartenbezogene Publikationen<br />
wie das „c‘t-Magazin“ (veröffentlicht<br />
als Zeitschrift, online und <strong>im</strong> NDR als<br />
monatliches TV-Magazin).<br />
Ein Beispiel für das<br />
Entwickeln objektiver<br />
Testkriterien<br />
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmedizin zeigt in ihrem „Ergonomiekompendium“<br />
am Beispiel<br />
eines Staubsaugers, wie <strong>im</strong> professionellen<br />
Bereich versucht wird, von<br />
Anforderungen der Nutzer zu Bewer<strong>tu</strong>ngskriterien<br />
zu gelangen. An einem<br />
Ausschnitt soll der Vorgang dargestellt<br />
werden (siehe Tabelle 1).<br />
Im Kontextszenario 4 wird eine übliche<br />
Nutzungshandlung beschrieben. Mit<br />
der Definition der Aufgabenerfordernisse<br />
werden den Teilen der Nutzungshandlung<br />
Teilfunktionen des Produktes<br />
zugeordnet. Daraus werden Anforderungen<br />
an das Produkt formuliert:<br />
Im zitierten Beispiel werden zu jeder<br />
Aufgabe, die dem Produkt gestellt<br />
wird, zwei Anforderungen formuliert.<br />
Anschließend wird für jede Nutzungsanforderung<br />
festgelegt, wie sie sich<br />
am Gerät nachweisen lässt. Die kursiv<br />
formatierten Bereiche sind Leerstellen<br />
bei Adler und wurden hier ergänzt. Sie<br />
lassen sich nur empirisch ermitteln, so<br />
wie das bei der „üblichen“ S<strong>tu</strong>fentiefe<br />
von 26 cm bei Wohnungstreppen bereits<br />
getan und in einer Norm festgehalten<br />
wurde.<br />
Die Ablei<strong>tu</strong>ngsmethodik, wie sie <strong>im</strong> Ergonomiekompendium<br />
eingesetzt wird,<br />
weist folgende Struk<strong>tu</strong>r auf (siehe Abbildung<br />
1):<br />
Die ersten beiden Arbeitsschritte der<br />
Ablei<strong>tu</strong>ng dienen dazu, eine konkrete<br />
Handlungssi<strong>tu</strong>ation zu analysieren.<br />
Dazu müssen die in ihr enthaltenen<br />
Teilhandlungen isoliert werden. Für<br />
jede einzelne wird dann eine Anforderung<br />
auf der Produktebene definiert:<br />
Was muss mit dem Sachsystem gemacht<br />
werden, damit die Funktion erfüllt<br />
werden kann? Im letzten Schritt<br />
muss für jede Anforderung festgelegt<br />
werden, woran genau erkannt werden<br />
kann, dass sie erfüllt ist.<br />
20 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Methoden<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Arbeitsschritte<br />
Kontextszenario<br />
festlegen<br />
Konkretisierung und Ablei<strong>tu</strong>ng von Bewer<strong>tu</strong>ngskriterien<br />
Be<strong>im</strong> Saugen von Treppen trägt Frau Muster den<br />
Staubsauger von S<strong>tu</strong>fe zu S<strong>tu</strong>fe und stellt ihn dort ab.<br />
Kontextszenario<br />
festlegen<br />
Der Staubsauger muss<br />
tragbar sein.<br />
Der Staubsauger muss auf einer<br />
Treppens<strong>tu</strong>fe abstellbar sein.<br />
Nutzungsanforderungen<br />
Der Staubsauger<br />
muss über mindestens<br />
einen Tragegriff<br />
verfügen.<br />
Das Gerät<br />
muss leicht<br />
tragbar<br />
sein.<br />
Der Staubsauger<br />
muss sich auf<br />
Treppen abstellen<br />
lassen können.<br />
Das Gerät muss mit einer<br />
Hand tragbar und mit der<br />
zweiten Hand gleichzeitig<br />
bedienbar (saugen) sein.<br />
Objektiver<br />
Nachweis<br />
Das Gerät<br />
verfügt<br />
über zwei<br />
Tragegriffe.<br />
Die ergonomische<br />
Qualität der Griffe und<br />
das als leicht empfundene<br />
Gewicht müssen<br />
in einem Gebrauchstest<br />
bewertet werden.<br />
Das Gerät lässt<br />
sich auf einer<br />
üblichen Wohnungstreppe<br />
problemlos<br />
abstellen. [...]<br />
Die Bedienbarkeit<br />
in dem genannten<br />
Sinn muss durch<br />
einen Gebrauchstest<br />
bewertet werden.<br />
Tabelle 1: Ablei<strong>tu</strong>ng von Nutzungsanforderungen nach Adler (2010, S. 201f.; Formulierungen bis auf die kursiven Passagen wörtlich<br />
übernommen)<br />
Didaktische Überlegungen<br />
Nun sollen Schülerinnen und Schüler<br />
keine Warentests durchführen, damit<br />
Gebrauchsgegenstände besser verkauft<br />
oder zweckmäßiger gestaltet<br />
werden können. Die bisher dargestellten<br />
Sachverhalte müssen auf Fragen<br />
der Bildung übertragen werden, um<br />
sie für den <strong>Unterricht</strong> erschließbar machen<br />
zu können.<br />
Die <strong>Unterricht</strong>smethode<br />
„Warentest“<br />
Wenn die große Bedeu<strong>tu</strong>ng des Verwendens<br />
von Sachsystemen <strong>im</strong> Alltag<br />
von Kindern und Jugendlichen bedacht<br />
wird, müsste der Warentest <strong>im</strong><br />
<strong>Technik</strong>unterricht regelmäßig präsent<br />
sein. Es ist kaum eine Lebenssi<strong>tu</strong>ation<br />
denkbar, in der sie nicht auf <strong>Technik</strong><br />
zurückgreifen. Dabei sind gerade Kinder<br />
oft dem Angebot ausgeliefert, das<br />
ihnen Erwachsene zur Verfügung stellen.<br />
Nicht nur die Auswahl der Eltern<br />
ist aber best<strong>im</strong>mend, längst sind Kinder<br />
als Konsumentengruppe <strong>im</strong> Visier<br />
finanzkräftiger Interessensgruppen,<br />
die sich gerade die Unsicherheit der<br />
in ihrer Persönlichkeit noch nicht stabilen<br />
Altersgruppe zunutze machen.<br />
Ein Blick in die Werbeblöcke, die das<br />
Fernsehprogramm dieser „Zielgruppe“<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Anforderung<br />
1.1<br />
Nachweis<br />
Handlungselement<br />
1<br />
Anforderung<br />
1.2<br />
Nachweis<br />
Handlung<br />
Anforderung<br />
1.3<br />
Nachweis<br />
Abbildung 1: Struk<strong>tu</strong>r der Ablei<strong>tu</strong>ngsmethode nach Adler<br />
begleiten, zeigt das Ausmaß an Beeinflussung.<br />
Es wäre <strong>im</strong> Sinne einer<br />
persönlichkeitsorientierten, emanzipatorischen<br />
Ausrich<strong>tu</strong>ng von Bildungsprozessen<br />
dringend erforderlich,<br />
Schülerinnen und Schüler dabei zu<br />
unterstützen, eine kompetente und kritisch-distanzierte<br />
Hal<strong>tu</strong>ng gegen über<br />
Produkten zu entwickeln.<br />
Traebert und Gleitz nennen eine Reihe<br />
von Lernzielen rund um das Bewerten<br />
der Gebrauchstauglichkeit von Sachsystemen,<br />
die einen wertvollen Beitrag<br />
dazu leisten können. Schülerinnen<br />
Handlungselement<br />
n<br />
Anforderung<br />
n.1<br />
Nachweis<br />
Anforderung<br />
n.n<br />
Nachweis<br />
Handlungsebene<br />
Produktebene<br />
und Schüler sollen u. a. „Merkmale des<br />
Gebrauchs analysieren und <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
mit praktischen Untersuchungen<br />
nach ihrer Bedeu<strong>tu</strong>ng hierarchisieren<br />
können“ (Gleitz und Traebert<br />
1972, S. 83). 5 Die Autoren konkretisieren<br />
diese allgemein gehaltene Formu-<br />
5 Mit dieser Publikation führen Traebert<br />
und Gleitz die „vergleichende Testaufgabe<br />
mit exper<strong>im</strong>entellen Einschüben<br />
zur Erkundung der Gebrauchstüchtigkeit<br />
technischer Geräte“ in die<br />
didaktische Diskussion ein<br />
(Wilkening 1982, S. 49).<br />
21
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Methoden<br />
lierung (vgl. ebd.): Die Schülerinnen<br />
und Schüler sollen <strong>im</strong> Rahmen der<br />
Analyse ein Sachsystem beschreiben<br />
und für die Funktion bedeutsame Wirkzusammenhänge<br />
erklären können. Sie<br />
sollen aus der Nutzung abgeleitete<br />
Prüfverfahren entwickeln, die Prüfung<br />
vorbereiten, durchführen und auswerten<br />
können. Das Entwickeln des Prüfverfahrens<br />
beinhaltet, das Ziel der Untersuchung<br />
formulieren zu können, die<br />
Untersuchungsbedingungen festlegen<br />
und auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen<br />
zu können. Zum Durchführen des<br />
Tests müssen sie die Versuchsanlagen<br />
aufbauen und den Test wie geplant<br />
durchführen und protokollieren können.<br />
Für die Auswer<strong>tu</strong>ng müssen sie<br />
die Messungen und Beobach<strong>tu</strong>ng so<br />
transformieren (verbalisieren, visualisieren)<br />
können, dass ein Vergleich zwischen<br />
mehreren Produkten möglich ist<br />
und dass sie ihre Ergebnisse anderen<br />
vermitteln können. Außerdem müssen<br />
sie reflektieren können, welche Stärken<br />
und Schwächen ihre Vorgehensweise<br />
<strong>im</strong> Abgleich mit ihrer Zielsetzung hatte.<br />
In Bildungsprozessen werden die Bedürfnisse<br />
der Kinder, die Perspektive<br />
des Faches bzw. des durch ein Schulfach<br />
repräsentierten Wirklichkeitsbereiches<br />
und derer, die den Lernprozess<br />
organisieren, miteinander in Berührung<br />
gebracht. Ordnet man die bislang dargestellten<br />
Aspekte in die Struk<strong>tu</strong>r des<br />
(etwas aus der Mode gekommenen)<br />
didaktischen Dreiecks ein, so ergibt<br />
sich folgende Übersicht:<br />
Warentest-Aufgaben bieten die Möglichkeit,<br />
Schülerinnen und Schülern<br />
erkennen zu lassen, dass sie dort, wo<br />
sie technische Gegenstände verwenden,<br />
nicht zum Befolgen und Einhalten<br />
vorgegebener „Nutzungspfade“<br />
verurteilt sind. Sie können (und sollen)<br />
durch die bewusste Auswahl best<strong>im</strong>mter<br />
Produkte und durch die Art<br />
des Umgangs mit ihnen eigenständig<br />
Entscheidungen treffen und ihre Umgebung<br />
aktiv gestalten, anstatt sich<br />
passiv-konsumtiv anzupassen. Sie<br />
sollen lernen, Interessen der Hersteller<br />
und Anbieter eines Produktes zu<br />
ermitteln und nach Versuchen der Beeinflussung<br />
des Nutzerverhaltens zu<br />
suchen. Produkte, sei es bei Neu- oder<br />
bei Weiterentwicklungen, werden eben<br />
nicht grundsätzlich auf eine Erhöhung<br />
der Produktqualität hin gestaltet wie <strong>im</strong><br />
Staubsaugerbeispiel. Die wirksam werdenden<br />
Gestal<strong>tu</strong>ngskriterien ergeben<br />
sich aus einer Abwägung der Interessen<br />
und Machtpotentiale derjenigen,<br />
die Einfluss auf die Produktentwicklung<br />
ausüben können. So lässt sich das gezielte<br />
Einbauen von Sollbruchstellen<br />
aus ökonomischem Kalkül heraus an<br />
zahlreichen Beispielen demonstrieren,<br />
z. B. bei der gezielten Herabsetzung<br />
der Lebensdauer von Glühlampen, bei<br />
zu schwach d<strong>im</strong>ensionierten Lagern in<br />
Waschmaschinen, bei der auf Inkompatibilität<br />
ausgelegten Gestal<strong>tu</strong>ng der<br />
Schnittstellen zwischen Ladegerät und<br />
Smartphone oder bei Druckern, deren<br />
Zählwerke dafür sorgen, dass das Gerät<br />
nach einer best<strong>im</strong>mten Seitenzahl<br />
den Dienst verweigert.<br />
Sachs beschreibt die Mechanismen<br />
dieser Form technischer Wirklichkeit:<br />
„Technisches Handeln ist daher generell<br />
Handeln <strong>im</strong> Zielkonflikt. [...] Die Widersprüchlichkeit<br />
der Bewer<strong>tu</strong>ngskriterien<br />
spiegelt die Widersprüchlichkeit<br />
der Interessen von Herstellern, Benutzern<br />
und Folgebetroffenen. Sie ist Ausdruck<br />
nicht etwa willkürlicher, sondern<br />
struk<strong>tu</strong>reller gesellschaftlicher Interessenkonflikte“<br />
(Sachs 1985, S. 108).<br />
Das Kind als Entscheidender und<br />
Gestalter:<br />
wählt Produkte aus (rational und<br />
emotional)<br />
bewertet Produkte (bewusst und<br />
unbewusst) auf ihre<br />
Zweckdienlichkeit hin<br />
entwirft selber Produkte und stellt<br />
sie her<br />
Das Kind als Betroffener:<br />
nutzt Produkte<br />
übern<strong>im</strong>mt die „Nutzungschoreographie“<br />
des Produzenten<br />
übern<strong>im</strong>mt, was Erwachsene zur<br />
Verfügung stellen<br />
wird umworben von den Verkäufern<br />
lernt gesellschaftliche Modelle<br />
Interessen des Kindes<br />
Das didaktische<br />
Dreieck des<br />
Warentests<br />
Wirklichkeitsbereich <strong>Technik</strong><br />
Intentionen des <strong>Technik</strong>unterrichts<br />
Die Schülerinnen und Schüler lernen ...<br />
Funktionen und Merkmale eines Sachsystems zu benennen<br />
technische Varianten zu beschreiben<br />
Merkmale zu gewichten<br />
Kriterien und Prüfverfahren zu entwickeln<br />
Prüfverfahren durchzuführen<br />
Ergebnisse darzustellen<br />
Ergebnisse zu bewerten<br />
zwischen den Interessen unterschiedlicher Handlungssubjekte<br />
zu unterscheiden<br />
Interessen des <strong>Technik</strong>anbieters:<br />
Ökonomische Interessen<br />
Marktforschung<br />
Positionierung <strong>im</strong> Konkurrenzkampf<br />
Gestal<strong>tu</strong>ng des Produktes unter<br />
ausgewählten Gesichtspunkten<br />
Professionelle Produktbewer<strong>tu</strong>ngen:<br />
Systematisches Erfassen von<br />
Aufgabenerfordernissen<br />
Systematisches Ableiten von<br />
Nutzungsanforderungen<br />
Methodische Testverfahren<br />
Transparenz in der Bewer<strong>tu</strong>ng<br />
mit Bewer<strong>tu</strong>ngen verbundene ökonomische<br />
Interessen<br />
Laienhafte Produktbewer<strong>tu</strong>ngen:<br />
in<strong>tu</strong>itive Alltagserfahrungen (emotional)<br />
rationale Verfahren (Merkmale, Verfahren,<br />
Wertehierarchien)<br />
Vertrauen in die Bewer<strong>tu</strong>ngen Anderer<br />
Abbildung 2:<br />
Die didaktische<br />
Struk<strong>tu</strong>r von<br />
Warentest-Aufgaben<br />
können.“ (Gleitz und Traebert 1972, S. 83) 5 Die Autoren konkretisieren diese<br />
allgemeingehaltene Formulierung (vgl. ebd.): Die Schülerinnen und Schüler sollen <strong>im</strong><br />
Rahmen der Analyse ein Sachsystem beschreiben und für die Funktion bedeutsame<br />
Wirkzusammenhänge erklären können. Sie sollen aus der Nutzung abgeleitete Prüfverfahren<br />
entwickeln, die Prüfung vorbereiten, durchführen und auswerten können. Das Entwickeln des<br />
Prüfverfahrens beinhaltet, das Ziel der Untersuchung formulieren zu können, die<br />
Untersuchungsbedingungen festlegen und auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen zu können.<br />
Zum Durchführen des Tests müssen sie die Versuchsanlagen aufbauen und den Test wie<br />
geplant durchführen und protokollieren können. Für die Auswer<strong>tu</strong>ng müssen sie die<br />
Messungen und Beobach<strong>tu</strong>ng so transformieren (verbalisieren, visualisieren) können, Was dass bedeutet das konkret für die <strong>Unterricht</strong>splanung<br />
und – durchführung<br />
ein Vergleich zwischen mehreren Produkten möglich ist und dass sie ihre Ergebnisse<br />
anderen vermitteln können. Außerdem müssen sie reflektieren können, welche Stärken einer und Warentest-Aufgabe? Zunächst<br />
Schwächen ihre Vorgehensweise <strong>im</strong> Abgleich mit ihrer Zielsetzung hatte. muss der Unterschied zwischen der<br />
In Bildungsprozessen werden die Bedürfnisse der Kinder, die Perspektive des Faches Analyse bzw. eines Sachsystems und eines<br />
des durch ein Schulfach repräsentierten Wirklichkeitsbereiches und derer, die den Produktes beachtet werden. Bei der<br />
Lernprozess organisieren, miteinander in Berührung gebracht. Ordnet man die bislang Warenanalyse werden wirtschaftliche<br />
dargestellten Aspekte in die Struk<strong>tu</strong>r des (etwas aus der Mode gekommenen) didaktischen Aspekte stärker in den Fokus gerückt,<br />
Dreiecks ein, so ergibt sich folgende Übersicht:<br />
der Gegenstand wird als Handelsgut<br />
zwischen Marktteilnehmern<br />
mit unterschiedlichen<br />
Einflussmöglichkeiten<br />
betrachtet und<br />
nicht nur als Mittel zum<br />
Zweck des Nutzers.<br />
Zweitens muss entschieden<br />
werden, ob<br />
ein Warentest unter<br />
dem Gesichtspunkt<br />
stark systematisierter<br />
technischer Analysen<br />
betrachtet wird (Perspektive<br />
der <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
bzw.<br />
der beruflichen Praxis)<br />
oder mit der Zielrich<strong>tu</strong>ng,<br />
Schülerinnen und<br />
Schülern bei der Orientierung<br />
in der durch<br />
<strong>Technik</strong> geprägten<br />
Wirklichkeit und bei der<br />
eigenständigen Teilhabe<br />
an ihr zu unterstützen.<br />
Im ersten Fall<br />
bestünde die Gefahr,<br />
22Abbildung 2: Die didaktische Struk<strong>tu</strong>r von Warentest-Aufgaben<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
5
Methoden<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
ein Bild von <strong>Technik</strong>bewer<strong>tu</strong>ng als<br />
„Geschäft von Experten“ zu vermitteln.<br />
Dies kann nicht Intention Allgemeiner<br />
Technischer Bildung sein. Noch einmal<br />
Sachs: „Die Schüler sollen als<br />
eine Voraussetzung für Meinungsbildungs-<br />
und Entscheidungsprozesse<br />
den Interessenbezug technischer Entwicklungen<br />
kennen, sowie die Qualität<br />
und den Nutzen technischer Mittel und<br />
Verfahren kritisch beurteilen“ (a. a. O.,<br />
S. 113f.).<br />
Außerdem würde der Zugang zum<br />
Warentest von den Schülerinnen und<br />
Schülern weg und hin zu formalisierten<br />
Verfahren verschoben. Eine systematisierte<br />
Vorgehensweise ist mit Sicherheit<br />
nicht die Form des Umgangs<br />
mit <strong>Technik</strong>, die sich bei Kindern und<br />
Jugendlichen <strong>im</strong> Rahmen der technischen<br />
Sozialisation entwickelt. Sie<br />
kann allenfalls am Ende eines Lernprozesses<br />
stehen, nicht schon am Anfang.<br />
Wenn sich Kinder in technischen<br />
Dingen als Gestaltende und Entscheidende<br />
erleben sollen, dann müssen sie<br />
<strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> die Möglichkeit haben,<br />
aus eigenen Kräften Entscheidungen<br />
zu treffen. <strong>Unterricht</strong> sollte dort ansetzen,<br />
wo sich die Schüler befinden, und<br />
sollte sich dann in Rich<strong>tu</strong>ng der gesetzten<br />
Ziele voranarbeiten. Schüler sollen<br />
lernen, „systematischer, vorausschauender,<br />
abwägender, <strong>selbst</strong>kritischer<br />
und kritischer“ zu handeln (a. a. O., S.<br />
119; Hervorhebungen MB).<br />
Aus diesen Überlegungen heraus wird<br />
dafür plädiert, bei der Auseinandersetzung<br />
mit der Gebrauchstauglichkeit<br />
von Sachsystemen an in<strong>tu</strong>itiven<br />
Bewer<strong>tu</strong>ngsformen der Schülerinnen<br />
und Schüler anzusetzen, um sie dann,<br />
Schritt für Schritt, zu einer reflektierten<br />
Vorgehensweise und damit auch zu<br />
differenzierten Bewer<strong>tu</strong>ngen zu führen.<br />
Drei Auswirkungen dieses Konzeptes<br />
sollen betont werden:<br />
Warentest-Aufgaben organisieren<br />
komplexe Lernprozesse. Sie können<br />
nicht einmalig „abgehandelt“, sie müssen<br />
<strong>im</strong>mer wieder durchgeführt werden.<br />
Dabei sollte auf einen Fortschritt<br />
in der Vorgehensweise hingearbeitet<br />
werden: zu Beginn in<strong>tu</strong>itiv, dann zunehmend<br />
differenzierter und kontrollierter.<br />
Ein Aspekt von Warentest-Aufgaben ist<br />
die „Verbrauchererziehung“, aber nicht<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
<strong>im</strong> Sinne einer unkritischen, reibungslosen<br />
Gewöhnung an die Angebote<br />
der Warenwelt. Vielmehr soll eine Verbraucherqualifizierung<br />
angestrebt werden.<br />
Schülerinnen und Schüler sollen<br />
lernen, sich differenziert zu informieren,<br />
die Beeinflussungen anderer zu<br />
erkennen, angemessen und souverän<br />
zu entscheiden.<br />
Der Gedanke des Testens der Gebrauchstauglichkeit<br />
eines technischen<br />
Systems sollte drittens nicht als isolierte<br />
Fragestellung einer einzelnen<br />
Methode verstanden werden, sondern<br />
als in unterschiedlichen Formen<br />
wiederkehrende grundsätzliche<br />
technische Fragestellung. Wenn ein<br />
Bücherregal gebaut wird – wenn ein<br />
Fahrradanhänger mit einer <strong>selbst</strong>gebauten<br />
Halterung an einen Gepäckträger<br />
montiert wird – wenn eine Löthilfe<br />
konstruiert und <strong>hergestellt</strong> wird:<br />
Immer müssen eigene Gestal<strong>tu</strong>ngen<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf die verfolgten Ziele,<br />
die Rahmenbedingungen und die zu<br />
erwartenden Folgen bewertet werden.<br />
Dieser „lebendige“ Zusammenhang<br />
technischen Handelns darf nicht verloren<br />
gehen unter der Absicht, einer formalen,<br />
methodisierten Vorgehensweise<br />
zu genügen. <strong>Unterricht</strong>smethoden<br />
sind Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck.<br />
Letztlich soll mit einer Warentest-Aufgabe<br />
nicht die Bewährung<br />
eines Produktes getestet, sondern die<br />
Bewährung von Kindern und Jugendlichen<br />
in ihrer Lebenswirklichkeit unterstützt<br />
werden – Duncker nennt das<br />
die „prozesshafte Entfal<strong>tu</strong>ng eines<br />
Spannungsverhältnisses von Individuum<br />
und Kul<strong>tu</strong>r“ (Duncker 1994, S.<br />
11). Dies wird <strong>im</strong> didaktischen Dreieck<br />
durch die Beziehungspfeile zwischen<br />
Kind und Sache dargestellt.<br />
Diskussion der <strong>Unterricht</strong>ssequenz<br />
„Warentest von<br />
Laubsägen“ unter didaktischen<br />
Gesichtspunkten<br />
Dass die Arbeitsphase be<strong>im</strong> Test der<br />
Laubsägen intensiv verlaufen ist, wurde<br />
bereits geschildert. Allerdings blieb<br />
bislang unklar, was die Schülerinnen<br />
und Schüler tatsächlich lernen konnten<br />
und inwieweit sich in ihren Bewer<strong>tu</strong>ngen<br />
gezielte Befragungen des<br />
Sachsystems erkennen lassen.<br />
Nach der Analysephase stellten die<br />
Gruppen ihre Arbeitsergebnisse vor,<br />
wobei engagierte Diskussionen entstanden.<br />
„Bei der Säge ist uns das Sägeblatt<br />
<strong>im</strong>mer wieder rausgerutscht.“<br />
Es wurde vermutet, dass der Spannhebel<br />
nicht „satt“ angedreht worden war.<br />
Aus einer anderen Gruppe kam daraufhin<br />
der Einspruch: „Nein, das war bei<br />
uns auch so. Und wir haben ganz fest<br />
zugedreht.“ Ein Schüler aus der ersten<br />
Gruppe entgegnete: „Wir auch. Woher<br />
wollt ihr wissen, dass ihr fester zugedreht<br />
habt?“<br />
Hier erkennen die Kinder, dass sie<br />
kein vergleichbares Prüf- bzw. Messverfahren<br />
vereinbart hatten. Es wurde<br />
der Vorschlag gemacht, diesen Teil<br />
der Prüfung zu wiederholen, wobei ein<br />
Schüler alle Sägen einspannen sollte,<br />
sodass er das gut vergleichen könne.<br />
Sie sind mit dieser Lösung nur einen<br />
kleinen Schritt weitergekommen, da sie<br />
nach wie vor kein objektives Ergebnis<br />
erhalten würden. Hier wäre eine gute<br />
Gelenkstelle für eine Intervention der<br />
Lehrkraft gegeben. Ein Umsetzungsbeispiel<br />
mit vielfältigen Lösungen einer<br />
Entwicklung von Prüfverfahren findet<br />
sich bei Traebert (1979; Warentest<br />
Trockenbatterien).<br />
Genau betrachtet erkennen die Kinder<br />
an dieser Stelle nur Probleme auf<br />
der Benutzerebene – die Struk<strong>tu</strong>r der<br />
Sache wird nicht herausgearbeitet.<br />
Das Problem des Einspannens des<br />
Sägeblattes wird von mehreren Einflussfaktoren<br />
best<strong>im</strong>mt: Die Spannvorrich<strong>tu</strong>ngen<br />
sind einmal mit einer<br />
Flügelmutter, einmal mit einer Mutter<br />
mit ergonomisch besser geformter<br />
Kunststoffabdeckung und einmal mit<br />
einem Spannhebel zu bedienen (s.<br />
Abbildung 3).<br />
Die bei Traebert und Gleitz genannten<br />
Ziele, dass die Schülerinnen und<br />
Schüler technische Gestal<strong>tu</strong>ngen beschreiben<br />
und vergleichen sollen und<br />
dass sie für die Funktion bedeutsame<br />
Wirkmechanismen erklären sollen,<br />
wurden <strong>im</strong> hier vorgestellten <strong>Unterricht</strong><br />
nicht berücksichtigt. Besonders<br />
das Untersuchen des Klemmens des<br />
Sägeblattes wäre wünschenswert gewesen.<br />
Bei der rechts abgebildeten<br />
Säge verbiegen sich die Spannbleche<br />
leicht, sodass das Sägeblatt nur gehalten<br />
werden kann, wenn es direkt an der<br />
23
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Methoden<br />
Abbildung 3: Die Spannvorrich<strong>tu</strong>ngen der drei getesteten Sägen<br />
Spannschraube angelegt wird. Dies ist<br />
ein für die Ermittlung des Gebrauchswertes<br />
wichtiger Zusammenhang und<br />
hätte daher erkundet werden sollen.<br />
Man muss die Schwerpunktsetzung<br />
der S<strong>tu</strong>dierenden nicht genauso treffen<br />
– unbestritten bleibt aber, dass<br />
die Kinder in dieser kurzen Sequenz<br />
erkannten, dass sie ihren Test in manchen<br />
Bereichen besser hätten planen<br />
müssen und dass sie ihre Antworten<br />
auf die Testfragen nur mit Einschränkung<br />
anderen plausibel machen konnten.<br />
Und sie erkannten, dass die gestellten<br />
Testfragen teilweise unklar<br />
formuliert waren, dass beispielsweise<br />
genauer hätte angegeben sein müssen,<br />
was unter „stabil“ zu verstehen ist.<br />
Damit haben sie wichtige Ziele eines<br />
Gebrauchswert-Tests erreicht, und<br />
gleichzeitig ergab sich ein wertvoller<br />
Ansatzpunkt für weitere technische<br />
Analysen.<br />
Problemraumerweiterung<br />
in realen Handlungssi<strong>tu</strong>ationen<br />
Der Begriff der Bewer<strong>tu</strong>ng erstreckt<br />
sich sowohl in technischen Handlungen<br />
als auch in <strong>Unterricht</strong>sprozessen<br />
nicht nur auf das Endergebnis.<br />
Vielmehr werden <strong>im</strong>mer dann, wenn<br />
Entscheidungen zwischen Alternativen<br />
getroffen werden, Bewer<strong>tu</strong>ngen<br />
vorgenommen. Sehr interessant war in<br />
der <strong>Unterricht</strong>ssequenz, wie die Schülerinnen<br />
und Schüler auf die Bedingungen,<br />
die ihnen gesetzt wurden, reagierten.<br />
Die S<strong>tu</strong>dierenden hatten den<br />
Betrag von 300 € so gewählt, dass er<br />
nicht für 20 Sägen des teuersten Typs<br />
ausreichte. Da dieser aber in der Gunst<br />
der Kinder weit vorne lag, mussten sie<br />
über Kompromisse diskutieren.<br />
Es wurde darüber nachgedacht, ob<br />
sich nicht zwei Schüler eine Säge<br />
teilen könnten. Dieser Vorschlag fand<br />
zunächst Beifall, dann erinnerte ein<br />
Junge daran, dass manche bei der<br />
letzten Aufgabenstellung Mühe gehabt<br />
hatten, das Werkstück rechtzeitig<br />
fertigzustellen – der Vorschlag wurde<br />
verworfen. Daraufhin schlug eine<br />
Schülerin vor, die Klassensprecher<br />
könnten zum Schulleiter gehen und<br />
versuchen, einen „Nachschlag“ von<br />
50 € zu bekommen. Das wurde als<br />
utopisch abgelehnt, die 300 € schienen<br />
den Kindern sehr viel Geld zu<br />
sein. Man könnte doch in der Pause<br />
Kuchen verkaufen wie bei der Klassenfahrt,<br />
wurde eingeworfen. Da die<br />
Kinder befürchteten, das dauere zu<br />
lange, kam der Vorschlag, zunächst<br />
nur 15 Sägen und <strong>im</strong> kommenden<br />
Jahr die restlichen 5 anzuschaffen.<br />
Es wurde sogar der Lehrer und Konrektor<br />
der Schule, Ewald Ehinger, befragt,<br />
wie viele Schüler in den unteren<br />
Klassen wären – vielleicht würden 15<br />
Sägen ja vollkommen genügen?<br />
Eine Schülergruppe hatte schon während<br />
der Tests überlegt, die Sägen<br />
aus dem mittleren Preissegment zu<br />
empfehlen, weil dann noch Geld übrig<br />
bliebe, um Sägeblätter und Ersatzteile<br />
zu kaufen. Sie hatten einen entsprechenden<br />
Vorschlag schon durchgerechnet,<br />
der nun heftig diskutiert und<br />
nachgerechnet wurde.<br />
Die Qualität dieser Auseinandersetzung<br />
sollte nicht übersehen werden:<br />
Mit ihrer Argumentation erweitern die<br />
Kinder das Feld, innerhalb dessen sie<br />
nach einer Lösung suchen. Ihr Blick<br />
bleibt nicht auf das Problem der Kaufempfehlung<br />
beschränkt, sie öffnen ihn<br />
auf die Umgebungsbedingungen, ohne<br />
dass sie dazu aufgefordert werden<br />
müssen. Sie lösen sich von der Aufgabenstellung,<br />
gehen eigene Denkwege<br />
und organisieren sich dabei innerhalb<br />
ihrer Lerngruppe weitgehend <strong>selbst</strong> –<br />
in der Bildungspolitik würde man von<br />
Handlungs- und Sozialkompetenz<br />
sprechen. Allein dass sich diese Wendung<br />
ergeben hat, zeigt die Breite dessen,<br />
was in einer technischen Analyse<br />
gelernt werden kann, wenn sie „den<br />
Nerv“ der Kinder trifft.<br />
Es stellt sich die Frage, weshalb sich<br />
der Lernprozess so entwickelt hat.<br />
Hier werden drei tragende Gründe gesehen:<br />
Erstens konnten sich die Kinder mit<br />
Realtechnik beschäftigen. Sie zeigten<br />
großes Interesse an den Werkzeugen,<br />
sie untersuchten und erprobten<br />
sie mit der Neugier, die Kindern zu<br />
eigen ist. Es konnte gut beobachtet<br />
werden, dass Schülerinnen und Schüler<br />
keineswegs auf handwerkliche Tätigkeiten<br />
fixiert sind, sondern auch<br />
andere Zugänge zur <strong>Technik</strong> sehr<br />
schätzen. Bleher ermittelte in seiner<br />
S<strong>tu</strong>die zum Methodenrepertoire von<br />
<strong>Technik</strong>lehrerinnen und -lehrern, dass<br />
die Produktanalyse an sechster Stelle<br />
(von neun erfassten Methoden) rangiert.<br />
Er fasst zusammen: „[...] <strong>Unterricht</strong>smethoden<br />
wie die ‚Produktanalyse‘<br />
und das ‚Technische Exper<strong>im</strong>ent‘,<br />
welche in der analytischen Auseinandersetzung<br />
mit technischen Objekten<br />
bzw. Problemstellungen grundlegende<br />
Informationen [...] liefern können, werden<br />
nur gelegentlich bis selten eingesetzt“<br />
(Bleher 2001, S. 271). Es bleibt<br />
zu hoffen, dass <strong>im</strong> <strong>Technik</strong>unterricht<br />
mehr handelnd-analysierende Zugänge<br />
zur <strong>Technik</strong> ermöglicht werden –<br />
dieser Beitrag möchte dahingehend<br />
anregen. Anregungen sind zu finden<br />
bei Ullrich und Klante (1973, S. 119ff.),<br />
wo am Beispiel der Raspel, des<br />
Schraubendrehers und der Schere<br />
24 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Methoden<br />
<strong>tu</strong>: Fachdidaktik / <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Wege gezeigt werden, wie Werkzeuge<br />
unter großer Eigenaktivität der Kinder<br />
analysiert werden können. Und es sei<br />
an „Die Werkaufgabe“ von Mehrgardt<br />
(1963) erinnert, in der Produktanalysen<br />
einen festen Platz einnehmen.<br />
Zweitens stand für die Kinder ein<br />
echtes Problem <strong>im</strong> Raum: Die Sägen<br />
sollten angeschafft werden, die Schülerinnen<br />
und Schüler hatten bereits<br />
Erfahrungen mit ihnen gesammelt.<br />
Es war „mit Händen greifbar“, wie<br />
ernsthaft sie sich mit dieser Aufgabe<br />
beschäftigten. Sie hatten ein eigenes<br />
Interesse an der Bewältigung, folglich<br />
brachten sie ihr ganzes Wissen<br />
und Können ein. Anlässe für vergleichende<br />
Warentests <strong>im</strong> Dienste des<br />
Schullebens gibt es viele: Wenn neue<br />
Stühle, Sitzkissen für die Leseecke,<br />
ein Regal für die Klassenbücherei<br />
oder Spielgeräte für die Pause angeschafft<br />
werden. Wenn am Elternabend<br />
Reflektoren für die Kleidung oder für<br />
das Fahrrad, Karteikästen für den<br />
Rechtschreibunterricht, Füller oder Lineale<br />
empfohlen werden sollen. Hier<br />
gilt es, mit offenen Augen durch den<br />
Schulalltag zu gehen.<br />
Und drittens konnten die Kinder den<br />
Lernprozess weitgehend <strong>selbst</strong> steuern.<br />
Es kann an dem gewählten Zugang<br />
der S<strong>tu</strong>dierenden kritisiert werden,<br />
dass fachliche Aspekte zu kurz<br />
kamen. So wurden keine Uhrmachersägen<br />
getestet, die sich für Kinderhände<br />
sehr wohl eignen würden. Auch<br />
Hilfen wie Laubsägebrettchen, die teilweise<br />
mit Halterungen versehen sind,<br />
in denen der Bügel zusammengedrückt<br />
und dadurch das Einspannen<br />
deutlich erleichtert wird, wurden nicht<br />
berücksichtigt. Auf der anderen Seite<br />
erreichten sie mit ihrer Reduktion nicht<br />
nur eine Konzentration auf wenige Aspekte,<br />
sondern auch einen Grad an<br />
innerer Beteiligung der Schülerinnen<br />
und Schüler, der beeindruckend war<br />
und zu einem effektiven Lernprozess<br />
in anderen Bereichen führte. Auch<br />
hierzu liegt eine empirische Untersuchung<br />
aus dem Bereich des <strong>Technik</strong>unterrichts<br />
vor. Beinbrech verglich die<br />
Lerneffekte eines lehrergeführten und<br />
eines <strong>selbst</strong>gesteuerten <strong>Unterricht</strong>s.<br />
Es zeigte sich, dass die Leis<strong>tu</strong>ngen<br />
auf kognitiver Ebene in beiden <strong>Unterricht</strong>sformen<br />
vergleichbar waren. Allerdings<br />
führte eine starke Steuerung<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
durch den Lehrer tendenziell zu einer<br />
schematischen Übertragung von Problemlösungen<br />
(bis hin zu häufiger auftretenden<br />
falschen Analogiebildungen)<br />
und zu einer geringeren Bereitschaft,<br />
Hilfsmittel zu nutzen (vgl. Beinbrech<br />
2003). Die Kehrseite der stärkeren<br />
Selbststeuerung ist allerdings, und<br />
das muss bedacht werden, dass an<br />
dem angesetzt werden muss, was die<br />
Kinder in die Lernsi<strong>tu</strong>ation einbringen,<br />
und das kann nie „perfekt“ sein.<br />
Abschließend sei noch auf den Wettbewerb<br />
„Jugend testet“ der Stif<strong>tu</strong>ng<br />
Warentest hingewiesen, der einen<br />
weiteren Anlass bieten kann, sich mit<br />
Realtechnik analysierend auseinanderzusetzen.<br />
Er ist auf der Homepage<br />
der Stif<strong>tu</strong>ng umfassend dokumentiert.<br />
Litera<strong>tu</strong>r<br />
Adler, Michael (2010): Ergonomiekompendium.<br />
Anwendung ergonomischer<br />
Regeln und Prüfung der<br />
Gebrauchstauglichkeit von Produkten.<br />
Dortmund: BAuA.<br />
Beinbrech, Christina (2003): Zur Förderung<br />
des Problemlöseverhaltens <strong>im</strong><br />
technikbezogenen Sachunterricht.<br />
In: Diethard Cech und Hans-Joach<strong>im</strong><br />
Schwier (Hg.): Lernwege und Aneignungsformen<br />
<strong>im</strong> Sachunterricht. [12.<br />
Jahrestagung der GDSU <strong>im</strong> März<br />
2002 in Halle/Saale]. Bad Heilbrunn/<br />
Obb: Klinkhardt, S. 125–142.<br />
Bleher, Werner (2001): Das Methodenrepertoire<br />
von Lehrerinnen und Lehrern<br />
des Faches <strong>Technik</strong>. Eine empirische<br />
Untersuchung an Hauptschulen<br />
in Baden-Württemberg. Hamburg:<br />
Kovac.<br />
Duncker, Ludwig (1994): Lernen als<br />
Kul<strong>tu</strong>raneignung. Schultheoretische<br />
Grundlagen des Elementarunterrichts.<br />
Weinhe<strong>im</strong>: Beltz.<br />
Eickelkamp, Andreas (2013): Vergleichende<br />
Warentests. Universität<br />
Leipzig. Leipzig, zuletzt geprüft am<br />
27.12.2013.<br />
Faller, Heike; Brackemann, Holger<br />
(2013): 50 Jahre Stif<strong>tu</strong>ng Warentest.<br />
In: Zeit Magazin, 12.12.2013 (51), S.<br />
40–49.<br />
Gleitz, Wolfgang; Traebert, Wolf Ekkehard<br />
(1972): Produkte – Gegenstände<br />
des Gebrauchs – Mittel des Profits. In:<br />
Uwe Mämpel (Hg.): <strong>Technik</strong>unterricht,<br />
Arbeitslehre, polytechnische Bildung.<br />
S<strong>tu</strong>ttgart: Klett, S. 76–87.<br />
Halbes, Silja (2003): Der vergleichende<br />
Warentest zur Unterstützung des<br />
nachhaltigen Konsums. Testpraxis der<br />
Stif<strong>tu</strong>ng Warentest und vergleichbarer<br />
europäischer Testorganisationen.<br />
Hg. v. Insti<strong>tu</strong>t für Betriebsforschung.<br />
Universität Hannover. Hannover.<br />
Joerges, Bernward (1988): Gerätetechnik<br />
und Alltagshandeln. Vorschläge zur<br />
Analyse der Technisierung alltäglicher<br />
Handlungsstruk<strong>tu</strong>ren. In: Bernward<br />
Joerges (Hg.): <strong>Technik</strong> <strong>im</strong> Alltag.<br />
Frankfurt am Main: Suhrkamp, S.<br />
20–50.<br />
Kuhr, Daniela (2013): Zweifelhafte Sternchen.<br />
In: Süddeutsche Zei<strong>tu</strong>ng 2013,<br />
10.10.2013, S. 19.<br />
Mehrgardt, Otto (1963) (Hg.): Die Werkaufgabe.<br />
Wolfenbüttel: Kallmeyer.<br />
Sachs, Burkhard (1985): Produktgestal<strong>tu</strong>ng<br />
und Warentest <strong>im</strong> <strong>Technik</strong>unterricht.<br />
In: Wolf Ekkehard Traebert<br />
(Hg.): Gesellschaft und Wirtschaft <strong>im</strong><br />
<strong>Technik</strong>unterricht. Mit Beiträgen von<br />
… Düsseldorf: VDI-Verl (<strong>Technik</strong> als<br />
Schulfach, 5), S. 105–128.<br />
SPIEGEL ONLINE (2012): Manipulierte<br />
Online-Kommentare: Firmen zahlen<br />
für positive Produktbewer<strong>tu</strong>ngen.<br />
Hamburg. Online verfügbar unter<br />
http://www.spiegel.de/wirtschaft/<br />
unternehmen/amazon-und-co-produktbewer<strong>tu</strong>ngen-<strong>im</strong>-internet-sind-kaeuflich-a-830655-druck.html,<br />
zuletzt<br />
geprüft am 24.12.2013.<br />
Stauss, Thomas; Wagner, Roman (2008):<br />
Einführung Produktsemiotik. Hg. v.<br />
Zentrale Projektgruppe – Gestal<strong>tu</strong>ng<br />
und Medien. Landesinsti<strong>tu</strong>t für<br />
Schulentwicklung. S<strong>tu</strong>ttgart. Online<br />
verfügbar unter http://lehrerfortbildung-bw.de/kompetenzen/gestal<strong>tu</strong>ng/<br />
forum_m_g/08_produktgestal<strong>tu</strong>ng/<br />
08_3b_prod_sprache/ps-einfuehrung.<br />
html#Abbildung, zuletzt ak<strong>tu</strong>alisiert<br />
am 17.11.2008, zuletzt geprüft am<br />
27.12.2013.<br />
Traebert, Wolf Ekkehard; Huslik, Otto<br />
(1979): Warentest. Exper<strong>im</strong>entelle<br />
Ermittlungen der Gebrauchstauglichkeit.<br />
Ein <strong>Unterricht</strong>sbeispiel aus dem<br />
8. Schuljahr. In: Forum Technische<br />
Bildung (1), S. 3–24.<br />
Ullrich, Heinz; Klante, Dieter (1973):<br />
<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> der Grundschule.<br />
Didaktische Grundlegung, <strong>Unterricht</strong>smodelle,<br />
<strong>Unterricht</strong>smaterialien.<br />
2. Aufl. Ravensburg: Maier.<br />
Wilkening, Fritz (1982): <strong>Unterricht</strong>sverfahren<br />
<strong>im</strong> Lernbereich Arbeit und<br />
<strong>Technik</strong>. 4. Aufl. Villingen-Schwenningen:<br />
Neckar-Verlag.<br />
25
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
<strong>Messschieber</strong> –<br />
<strong>selbst</strong> <strong>hergestellt</strong><br />
Von Wilhelm Dold<br />
In gut ausgestatteten <strong>Technik</strong>räumen ist<br />
eine genügende Anzahl an <strong>Messschieber</strong>n<br />
vorhanden und die Schüler werden auch<br />
sachgerecht in die Handhabung derselben<br />
eingeführt. Mit Mess- und Ableseübungen<br />
lernen sie den Zweck dieses Messwerkzeuges<br />
kennen und setzen es auch bei verschiedenen Werkstücken ein.<br />
In keinem anderen Fach werden sie in so differenzierte Bereiche eingeführt<br />
und angelernt. Das ist dann auch der Erfahrungsbereich der Schülerinnen<br />
und Schüler, aus dem die folgende Aufgabe inhaltlich realisiert wird:<br />
Ein vollwertiger <strong>Messschieber</strong> aus Kunststoff soll mit Hilfe des<br />
Koordinatentisches KOSY <strong>hergestellt</strong> werden …<br />
Geschichtliches<br />
Der älteste Fund stammt aus dem 6.<br />
Jahrhundert vor Chris<strong>tu</strong>s. Man fand in<br />
einem griechischen Schiffswrack ein<br />
aus Holz gefertigtes Messwerkzeug,<br />
das zum Feststellen von Baumstammdurchmessern<br />
diente. Die Forstwirtschaft<br />
bedient sich unter der Bezeichnung<br />
„Messkluppe“ bis zum heutigen<br />
Tage solcher Messwerkzeuge. Eine<br />
beliebte Variante für die Tasche ist das<br />
„Knopfmaß“, mit dem ursprünglich die<br />
Größe der Knöpfe best<strong>im</strong>mt wurde und<br />
das oft <strong>im</strong> Bereich der Gas- und Wasserinstallation<br />
verwendet wird.<br />
Verwendung und Bauarten<br />
<strong>Messschieber</strong> sind meist aus nichtrostendem<br />
Stahl. Es gibt sie für best<strong>im</strong>mte<br />
Einsatzfelder auch aus<br />
Messing, Bronze und Kunststoff.<br />
<strong>Messschieber</strong> aus Messing und Bronze<br />
sind funkenfrei und ant<strong>im</strong>agnetisch,<br />
solche aus Kunststoffen sind darüber<br />
hinaus elektrisch isolierend.<br />
Im Bereich der Prüftechnik unterscheidet<br />
man die Methoden des „Messens“<br />
und des „Lehrens“ und als Prüfmittel<br />
die „Messgeräte“ und die „Lehren“.<br />
Messgeräte ermöglichen die Best<strong>im</strong>mung<br />
eines genauen Maßes, während<br />
mit Lehren nur festgestellt werden soll,<br />
ob ein best<strong>im</strong>mtes Maß vorliegt oder<br />
nicht. Der normale <strong>Messschieber</strong> ist<br />
ein Messgerät und keine Schiebe-Lehre.<br />
Hat er jedoch eine Feststellschraube,<br />
so kann er auch als „Maß-Lehre“<br />
eingesetzt werden.<br />
Vor allen Dingen in den metalltechnischen<br />
Bereichen sind <strong>Messschieber</strong><br />
heutzutage wichtige Instrumentarien,<br />
um in einfacher Handhabung Maße<br />
festzustellen, die in den Zwischenbereichen<br />
von 1 Mill<strong>im</strong>eter liegen. So werden<br />
mit den gängigen <strong>Messschieber</strong>n<br />
1/10 mm ablesbar, genauere zeigen<br />
1/20 mm an. Diese Ablesegenauigkeit<br />
ist möglich durch die 1-mm-Skala<br />
einerseits und der Noniusskala andererseits.<br />
Dies wird in einem weiteren<br />
Abschnitt genau erklärt (Abb. 1).<br />
Die digitalen <strong>Messschieber</strong> sind in der<br />
Lage, auch 1/100 mm – Maße anzuzeigen.<br />
Es bleibt hierbei allerdings die<br />
Frage, ob nicht schon durch leichtes<br />
Verkanten der Messzungen Ungenauigkeiten<br />
entstehen, welche die prinzipiell<br />
mögliche Genauigkeit dann noch<br />
nicht erreichen lassen.<br />
Neben der genauen Ablesbarkeit hat<br />
ein <strong>Messschieber</strong> drei Messbereiche:<br />
Außen – Innen – Tiefenmessung.<br />
Für diese drei Messarten sind jeweils<br />
gesonderte Messkanten vorgesehen<br />
(Abb. 2).<br />
Einzelteile<br />
Abb. 1: Mechanischer und elektronischer <strong>Messschieber</strong><br />
Der typische Aufbau eines <strong>Messschieber</strong>s<br />
sieht so aus:<br />
26 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Abb. 2: Außen-, Innen- und Tiefenmessung<br />
1. Stab mit festen Messschenkeln und<br />
Maßskala in Mill<strong>im</strong>eterschritten<br />
2. Schieber mit Noniusskala und<br />
Grundplatte<br />
Der Stab und der Schieber sind in<br />
einem Nutsystem so verbunden, dass<br />
sie sich gegenseitig verschieben lassen.<br />
Die Messwerte der verschiedenen<br />
Messzungenpaare für die Außen-, Innen-<br />
und Tiefenmessungen werden an<br />
den Skalen abgelesen.<br />
Nonius<br />
Werden Zwischenwerte einer 1-mm-<br />
Skala angezeigt, so kann das menschliche<br />
Auge diesen nur abschätzen<br />
– nicht wirklich best<strong>im</strong>men. Mit Hilfe<br />
einer Noniusskala lassen sich jedoch<br />
sehr wohl zwei Teilstriche, die sich<br />
gegenüberliegen hinreichend genau<br />
erkennen und sind damit ablesbar.<br />
Die Noniusskala hat eine um 1/10<br />
verkürzte Längeneinheit. Deshalb<br />
kann die Marke auf dem Nonius erst<br />
dann einer Marke der Hauptskala exakt<br />
gegenüberliegen, wenn die Nullmarke<br />
des Nonius um die entsprechende<br />
Differenz verschoben wurde.<br />
Liegt die Nullmarke des Nonius hinter<br />
einem Teilstrich der Hauptskala (1), so<br />
kommt einer der Teilstriche des Nonius<br />
mit einem Teilstrich der Hauptskala<br />
zur Deckung (2) und das ist dann<br />
der 1/10 Wert. An den Beispielen <strong>im</strong><br />
Arbeitsblatt 1 (ABL1) kann man das<br />
Prinzip erkennen und mit dem Arbeitsblatt<br />
2 (ABL2) entsprechende<br />
Übungen machen.<br />
Didaktische Hinführung<br />
Die Thematik wird ganz praktisch mit<br />
den vorhandenen <strong>Messschieber</strong>n eingeführt.<br />
Das Messgerät wird wie jedes<br />
Werkzeug analysiert, Einzelteile benannt,<br />
Fachbegriffe erläutert, Handhabung<br />
und Möglichkeiten besprochen.<br />
Einsatzgebiete müssen herausgefunden<br />
werden. Wo ist ein <strong>Messschieber</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Technik</strong>raum oder zu Hause von<br />
Nutzen?<br />
Durchmesser von Schrauben müssen<br />
gemessen werden, um den richtigen<br />
Bohrerdurchmesser zu best<strong>im</strong>men.<br />
Bohrlöcher müssen abgemessen<br />
werden, um die richtige Schraube <strong>im</strong><br />
Durchmesser und in der Tiefe zu verwenden.<br />
Die Bohrtiefe muss festgestellt<br />
werden, um sie an den richtigen<br />
Dübel anzupassen. Bei verschiedenen<br />
<strong>Technik</strong>aufgaben müssen genaue<br />
Werte best<strong>im</strong>mt werden, damit Teile<br />
zueinander passen. Vorrich<strong>tu</strong>ngen<br />
und Lehren erfordern zuweilen Maße,<br />
die mit einem Federmaßstab mit Mill<strong>im</strong>eterangabe<br />
nicht zu ungenau werden.<br />
Verschiedene Messobjekte sind<br />
bereitzulegen, um zu demonstrieren,<br />
ABL1 – Kopiervorlage siehe Seite 32 ABL2 – Kopiervorlage siehe Seite 33 ABL3 – Kopiervorlage siehe Seite 34<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
27
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
dass es um mehr geht, als um Mill<strong>im</strong>eter,<br />
sondern um Werte, die dazwischenliegen.<br />
Mit dem <strong>Messschieber</strong> wird auch das<br />
Gefühl für genaue Maße geweckt und<br />
die Schülerinnen und Schüler werden<br />
dafür sensibilisiert. Regelmäßige<br />
Mess übungen an verschiedenen Objekten<br />
unterstützen diese Fähigkeiten,<br />
das Erkennen feiner Unterschiede<br />
macht ihnen zudem Spaß.<br />
Gezielte Messübungen<br />
Wer wert legt auf genaues Messen mit<br />
dem <strong>Messschieber</strong>, der sollte solche<br />
differenzierten Messübungen als <strong>Unterricht</strong>sthema<br />
einplanen und entsprechend<br />
vorbereiten. Um vergleichbare<br />
Ergebnisse zu bekommen, sollten verschieden<br />
große Körper (Holzquader)<br />
<strong>hergestellt</strong> werden. Buchenholz eignet<br />
sich besonders dazu: In die sechs<br />
Seitenflächen werden mit dem KOSY<br />
Rechtecke, Quadrate, Kreise, Rauten,<br />
Dreiecke und Langlöcher oder zusammengesetzte<br />
Figuren als Sacklöcher<br />
oder Tasche in verschiedenen Tiefen<br />
eingefräst<br />
Je zwei oder drei Schüler teilen sich<br />
ein Messobjekt, unterstützen sich gegenseitig<br />
be<strong>im</strong> Messen der verschiedenen<br />
Längen-, Innen- und Tiefenmaße.<br />
Ein vorbereitetes Arbeitsblatt<br />
erleichtert das systematische Vorgehen<br />
und die Messergebnisse lassen<br />
sich besser vergleichen. Dort können<br />
die Ergebnisse jeder Gruppe in einer<br />
Tabelle festgehalten werden. Schließlich<br />
werden die Messergebnisse der<br />
einzelnen Gruppen verglichen und bewertet<br />
(Abb. 3).<br />
Messübungen dieser Art dürfen nicht<br />
ausgedehnt werden, sondern sollten<br />
<strong>im</strong>mer wieder einmal in den <strong>Unterricht</strong><br />
einfließen. Weitere Übungen mit<br />
Schrauben, Muttern, Drähten, Rundhölzern,<br />
Leisten, Platten, Blechen,<br />
Gewinden mit Gegenständen aus dem<br />
Werkraum usw. bilden den Transfer zu<br />
den Möglichkeiten und auch Notwendigkeiten<br />
<strong>im</strong> Alltag des <strong>Technik</strong>unterrichts.<br />
Abb. 3: Messübungen an durchnummerierten Körpern<br />
<strong>Messschieber</strong> aus Kunststoff<br />
<strong>selbst</strong> herstellen<br />
Für die Schule eignet sich zweischichtiger<br />
Kunststoff in einer Stärke von<br />
1,5 mm [Gravoply 2 von Gravograph<br />
(www.gravograph.de)].<br />
Die einzelnen Teile werden exakt mit<br />
einen 2-mm-Fräser ausgefräst, die<br />
Hauptskala und der Nonius werden mit<br />
einem 30°-Stichel graviert. Die Werkzeuge<br />
(Fräser/Stichel) müssen nach<br />
Ablauf eines Arbeitsschrittes gewechselt<br />
werden. Entsprechend werden die<br />
Layer sichtbar beziehungsweise unsichtbar<br />
gemacht. Das zu bearbeitende<br />
Plattenmaterial wird mit doppelseitigem<br />
Klebeband (Folienträger – kein<br />
Gewebeträger!) auf eine Spanplatte<br />
geklebt. Soweit die technischen Vorgaben<br />
zur Bearbei<strong>tu</strong>ng.<br />
Zeichnungen der<br />
Einzelteile anfertigen<br />
mit nccad<br />
Fünf Teile müssen in der<br />
Form so gezeichnet werden,<br />
dass sie aufeinander<br />
passen und zusammengefügt<br />
werden können. Das in<br />
Eigenregie zu entwickeln,<br />
erfordert viel Vorstellungsvermögen<br />
und Erfahrung<br />
und würde die Aufgabe für<br />
Schüler <strong>im</strong> Alleingang äußerst<br />
schwer machen (was jedoch bei<br />
entsprechendem Wunsch nicht verhindert<br />
werden sollte!).<br />
Deshalb sind <strong>im</strong> Arbeitsblatt 4 die Teile<br />
mit Bemaßung dargestellt und hier zusätzlich<br />
beschrieben (ABL4). Dies ist<br />
als Vorlage zu übernehmen. Zur besseren<br />
Unterscheidung und zur Bearbei<strong>tu</strong>ng<br />
sind die Teile in verschiedenen<br />
Layern gezeichnet. Die Positionen auf<br />
der Zeichnung sind zudem so gewählt,<br />
dass man sie leicht zusammenfügen<br />
und verschieben kann. Die abgeschrägten<br />
Formen der Messschenkel<br />
sind nicht näher bemaßt, so dass individuelle<br />
Verläufe möglich sind.<br />
1. Der Stab besitzt zwei Messschenkel<br />
für Außen- und Innenmessung,<br />
die Messkanten derselben liegen<br />
auf einer Fluchtlinie.<br />
Abb. 4: Explosionszeichnung – Zusammensetzung der<br />
Einzelteile<br />
28 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
2. Der Schieber besitzt einen Messschenkel<br />
für die Innenmessung und<br />
den Messstab für die Tiefenmessung.<br />
3. Die Noniusleiste hat den zweiten<br />
Messschenkel für die Außenmessung<br />
und dort ist die Noniusskala<br />
eingraviert.<br />
4. Die obere Leiste zusammen mit<br />
der Noniusleiste geben dem Stab<br />
die Führung. Beide werden auf den<br />
Schieber aufgeklebt.<br />
5. Das als Fenster bezeichnete Teil<br />
wird auf die beiden Leisten geklebt.<br />
Innerhalb des Fensters sind die Ableseskalen<br />
sichtbar.<br />
Oberhalb des offenen Fensters ist eine<br />
Fläche, die beschriftet (graviert) werden<br />
kann, so dass jeder Schüler den<br />
<strong>Messschieber</strong> mit Namen versehen<br />
kann.<br />
Sind alle Teile nach der Vorlage gezeichnet,<br />
so müssen sie so verschoben<br />
werden, dass sie möglichst wenig<br />
Material in Anspruch nehmen (ABL5).<br />
Die Teile sind in verschiedenen Layern<br />
gezeichnet, damit man bei versehentlich<br />
falschem Verschieben durch<br />
Sperren der anderen Layer problemlos<br />
nachkorrigieren kann. Sieht man<br />
einen Abstand der Teile von 2 mm<br />
vor, dann entspricht dies dem Fräserdurchmesser.<br />
Schließlich wird die<br />
ganze Anordnung so zum Nullpunkt<br />
hin verschoben, dass 5 mm Abstände<br />
zur X- und Y-Achse bestehen. Zeichnet<br />
man ein Rechteck darum herum, so<br />
ergibt sich ein Materialbedarf von 120<br />
mm x 100 mm. St<strong>im</strong>mt die Anordnung<br />
aller Teile, ist der 2-mm-Abstand überall<br />
eingehalten, so werden die Teile mit<br />
EIGENSCHAFT ÄNDERN in den Layer<br />
9 überführt.<br />
In den Innenecken der Messschenkel<br />
des Stabes wird mit Layer 6 jeweils ein<br />
PUNKT gesetzt. Denn dort treffen die<br />
rechtwinkligen Ecken der Noniusleiste<br />
und der Leiste in diese Ecken. Durch<br />
den Fräserdurchmesser entsteht dort<br />
ein Kurvenradius, der ohne dieses<br />
Ausfräsen zu ungenauen Messergebnissen<br />
führen würde.<br />
Mit POLYGON werden nun die Fräslinien<br />
einerseits, die Trennungslinien<br />
genau zwischen den Teilen, wie auch<br />
die Außenkon<strong>tu</strong>r gezeichnet (ABL6).<br />
Zur klaren Unterscheidung der bisherigen<br />
Layer wird ein neuer Layer (Layer<br />
7) verwendet.<br />
Die Skalen sollten zunächst unabhängig<br />
von ihrer vorgesehenen Position<br />
außerhalb der Einzelteile und wiederum<br />
mit einem neuen Layer (z. B.<br />
8) mit GERADE gezeichnet werden:<br />
Zunächst wird die Hauptskala auf 30<br />
mm (oder mehr!) in 1-mm-Abständen<br />
gezeichnet. Mit großem Ausschnitt und<br />
mit Fang 1 mm lässt sich das gut bewerkstelligen.<br />
Für den Nonius stellt man den Fang<br />
auf 0,1 mm ein und zeichnet die Linien<br />
wiederum vom gleichen Nullpunkt<br />
wie bei der Hauptskala jedoch <strong>im</strong> Abstand<br />
von 0,9 mm. Der letzte Teilstrich<br />
des Nonius liegt dem 9 mm-Strich der<br />
Hauptskala gegenüber!<br />
Nun müssen die beiden Skalen einzeln<br />
verschoben werden: Sie haben<br />
von den Messschenkeln für die Außenmessung<br />
jeweils einen Abstand<br />
von 8 mm. Das bedeutet eben, dass<br />
sie auf der Fräszeichnung sich um<br />
2 mm versetzt gegenüberliegen. Vor<br />
dem Verschieben muss der Fang<br />
0,5 mm eingeschaltet werden, so dass<br />
die Skalen um einen halben Mill<strong>im</strong>eter<br />
in die Fräsbahn des 2-mm-Fräsers hineinragen.<br />
Dadurch ist gewährleistet,<br />
dass bis ganz zur Kante graviert wird.<br />
Technologiedaten zuordnen: Für alle<br />
Layer kann der Vorschub mit 180<br />
genommen werden. Die<br />
Drehgeschwindigkeit wird auf den Wert<br />
3 gesetzt.<br />
Die Punkte <strong>im</strong> Layer 6 können mit einer<br />
Zustellung gefräst werden. Da das<br />
Material 1,5 mm stark ist, wird 1/10 mm<br />
hinzugegeben, so dass der Endwert<br />
1,6 mm beträgt.<br />
Der Polygonzug <strong>im</strong> Layer 7 wird in zwei<br />
Zustellungen gefräst: Geamttiefe 1,6<br />
mm, Teilzustellung 1,0 mm. Wird gleich<br />
in einem Zug durchgefräst, so besteht<br />
die Gefahr, dass die Kunststoffplatte<br />
ABL 4 – Kopiervorlage siehe Seite 35 ABL 5 – Kopiervorlage siehe Seite 36 ABL 6 – Kopiervorlage siehe Seite 37<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
29
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
Abb. 5: Doppelseitiges Klebeband auf der Rückseite<br />
Abb. 6: Gravieren der Skalen mit Stichel<br />
sich durch die seitlichen Kräfte von der<br />
Trägerplatte löst. Selbstverständlich<br />
sollte über die S<strong>im</strong>ulation die Zeichnung<br />
mit der Technologie kontrolliert<br />
werden.<br />
Soweit die Vorberei<strong>tu</strong>ng mit nccad am<br />
PC.<br />
Ausführung am<br />
Koordinatentisch<br />
Die Kunststoffplatte wird mit zwei Streifen<br />
doppelseitigem Klebeband auf eine<br />
Spanplatte aufgeklebt (Abb. 5).<br />
Die vordere linke Ecke wird als Werkstücknullpunkt<br />
festgelegt.<br />
Es ist gleichgültig, ob man die Skalen<br />
oder die Kon<strong>tu</strong>ren zuerst fräst, es ist in<br />
jedem Fall zu beachten:<br />
1. Werkzeugwechsel erfordert<br />
grundsätzlich einen neuen Nullpunkt<br />
in der Z-Achse. Vor allen<br />
Dingen der Nullpunkt für das Gravieren<br />
der Skala muss sehr exakt<br />
gesetzt sein. Deshalb fährt man mit<br />
der Stichelspitze über den Bereich<br />
der Skala, senkt die Spitze auf das<br />
Material und kontrolliert mit einem<br />
Papierstück, bis sie genau die<br />
Oberfläche berührt. Dann wird mit<br />
Selektivem Nullen die Tastenkombination<br />
gedrückt und<br />
der exakte Z-Wert ist eingestellt. X-<br />
und Y-Wert bleiben <strong>im</strong>mer gleich an<br />
der linken unteren Ecke.<br />
2. Werden die Skalen mit dem Stichel<br />
graviert, müssen Layer 6 und<br />
Abb. 7: Gravieren der Trennlinien und Außenkon<strong>tu</strong>r mit 2-mm-Fräser<br />
Layer 7 unsichtbar gemacht werden.<br />
Werden die Kon<strong>tu</strong>ren mit dem<br />
2-mm-Fräser ausgefräst, muss<br />
Layer 8 unsichtbar gemacht werden.<br />
Zur Sicherheit sollte vor jedem<br />
Bearbeiten die S<strong>im</strong>ulation durchgeführt<br />
werden (Abb. 6 und 7).<br />
Es sollten mehrere Spanplatten zur<br />
Verfügung gestellt werden, so dass das<br />
Aufkleben einerseits und der Fräsvorgang<br />
andererseits parallel zueinander<br />
erfolgen können. Der Werkzeugwechsel<br />
kann auch <strong>im</strong>mer nur nach zwei Arbeitsgängen<br />
erfolgen, da zwei Vorgänge<br />
hintereinander auf verschiedenen<br />
Platten die gleichen sein können.<br />
Ist ein <strong>Messschieber</strong> gefräst und graviert,<br />
wird die Platte ausgespannt und<br />
sodann werden die Einzelteile gelöst.<br />
Das Klebeband muss entfernt werden<br />
(Abb. 8).<br />
Die beiden Leisten und das Fenster<br />
werden auf der Rückseite mit Klebebandstreifen<br />
versehen (Abb. 9).<br />
Dann ist das exakte Zusammenfügen<br />
der Teile notwendig.<br />
Der „Schieber“ ist der Grundträger.<br />
Die obere Leiste wird genau an die<br />
obere rechte Kante des Schiebers geklebt.<br />
Ein „Hilfswinkel“ aus Sperrholz<br />
oder Hartfaserplatte in der Stärke von<br />
30 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Abb. 8: Ausgefräste Einzelteile<br />
3 mm, der die obere und die rechte<br />
Kante begrenzt und auf eine Unterlage<br />
gele<strong>im</strong>t ist, dient hierzu als Anschlag.<br />
Dadurch kann man die beiden Teile<br />
exakt positionieren. Der Stab wird an<br />
die Leiste angefügt, die Messkanten<br />
für die Innenmessung berühren sich<br />
exakt. Die Noniusleiste wird von der<br />
unteren Seite an den Stab so angelegt,<br />
dass sich die Nullwerte von Hauptskala<br />
und Nonius gegenüberstehen.<br />
Dann wird das Fenster darüber gesetzt.<br />
Der Stab sollte sich mit einem<br />
geringen Widerstand bewegen lassen.<br />
Somit hat jeder einen eigenen <strong>Messschieber</strong>.<br />
Eigenheiten und Grundlagen<br />
wird kein Schüler mehr vergessen<br />
(Abb. 10).<br />
Abb. 9: Doppelseitiges Klebeband auf „Leisten“ und „Fenster“<br />
Ausblick<br />
Wollte man einen solchen <strong>Messschieber</strong><br />
von Schülerinnen oder Schülern<br />
<strong>selbst</strong> entwickeln lassen, wären sie in<br />
aller Regel überfordert. Der Anspruch<br />
ist sehr hoch, da das Vorstellungsvermögen<br />
für die Notwendigkeiten und die<br />
Zusammenhänge einfach noch nicht<br />
vorhanden ist.<br />
Deshalb sind die Vorgaben eng gesetzt,<br />
gefordert ist die Übernahme<br />
derselben, was aber auch noch genug<br />
Konzentration und Ausdauer voraussetzt.<br />
Die Arbeitsblätter sind so gestaltet,<br />
dass sie als vollständige Arbeitsunterlage<br />
angesehen werden können.<br />
Ergänzende Erläuterungen sind von<br />
Fall zu Fall notwendig, denn die Erfahrung<br />
des Fachlehrers kann man nicht<br />
einfach in ein Arbeitsblatt integrieren.<br />
Es ist allemal ein pfiffiges Thema und<br />
in diesem Sinne viel Erfolg und viel<br />
Spaß.<br />
Litera<strong>tu</strong>r:<br />
W. Dold: KOSY-Handbuch (Siehe „<strong>tu</strong>“<br />
143, S. 143–145)<br />
Abb. 10: Varianten in Größe, Farbe und Form<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
31
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
ABL 1<br />
32 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
ABL 2<br />
33
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
ABL 3<br />
34 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
ABL 4<br />
35
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
ABL 5<br />
36 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Produktionstechnik / Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
ABL 6<br />
37
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Opt<strong>im</strong>ierte Fahrs<strong>tu</strong>hlsteuerung<br />
mit der Kleinsteuerung<br />
„Nanoline“<br />
Informationstechnik<br />
Das Projekt gliederte sich in drei Phasen<br />
mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad:<br />
1. Bau des Fischertechnikmodells<br />
2. Anpassung von Sensorik und Aktorik<br />
an die Nanoline<br />
3. Programmierung der Nanoline<br />
Ein Schüler-Projekt aus der<br />
Ravensberger Erfinderwerkstatt<br />
Von Dominik Fockel, Jari Tlatlik, Lars Wortmeier und<br />
Kirsten Biedermann<br />
Warum sind die Wartezeiten vor Fahrstühlen länger als die eigentlichen<br />
Fahrzeiten? Wo warten die Fahrstühle, wenn sie mal keinen Auftrag haben?<br />
Gibt es Möglichkeiten der Opt<strong>im</strong>ierung? Um diese und weitere Fragen zur<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hlsteuerung zu klären, haben wir, drei Obers<strong>tu</strong>fenschüler zweier<br />
Gymnasien in Ostwestfalen, aus Fischertechnik das Modell einer<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hlanlage mit zwei Schächten gebaut und dieses mit einer<br />
„Nanoline“-Kleinsteuerung von Phoenix Contact [ähnl. der Siemens<br />
„LOGO!“; Anm. d. R.] versehen.<br />
Mit dem Projekt haben wir am Nanoline Contest 2013 der Firma Phoenix<br />
Contact teilgenommen und dort nicht nur einen 4. Platz belegt, sondern<br />
sind zusätzlich eingeladen worden, unser Projekt auf der HannoverMesse<br />
Industrie vorzustellen. In diesem Beitrag stellen wir Ihnen Probleme und<br />
Lösungswege vor und bieten Ihnen für Ihren <strong>Unterricht</strong> zusätzlich weiteres<br />
Material wie Schaltpläne, Fotos, ein Video und eine Präsentation zum<br />
Download an.<br />
Abb. 1: Fahrs<strong>tu</strong>hlteam<br />
Bau des<br />
Fischertechnikmodells<br />
Zielsetzung: Bau eines Fahrs<strong>tu</strong>hls für<br />
fünf Etagen mit zwei Kabinen in zwei<br />
Schächten<br />
Beachtenswerte Punkte: Stabilität der<br />
Konstruktion, leichtes Auf- und Abbewegen<br />
der Kabinen, Schalter müssen<br />
zuverlässig auf Kabinen reagieren.<br />
Erst nach mehreren Versuchen ist es<br />
uns gelungen, die Anforderungen zu<br />
erfüllen. Der Aufbau der Schächte ist<br />
fast quadratisch. Die Aufhängung der<br />
Kabinen weicht etwas von der Form<br />
ab. Die Kabinen sind quadratisch und<br />
haben vier Laufradpaare für die Schienen<br />
an den Seiten. Aufgrund metallischer<br />
Streben wiegt jede Kabine ca.<br />
0,5 kg. Der Fahrs<strong>tu</strong>hl selber hat zwei<br />
Schächte mit je fünf Etagen (EG, 1. E,<br />
2. E, 3. E, 4. E); Motorik und Sensorik<br />
kommen vom selben Hersteller. Pro<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hlschacht befindet sich in jeder<br />
Etage ein Positionsschalter, der durch<br />
einen Aufsatz an der Fahrs<strong>tu</strong>hlkabine<br />
gedrückt wird, sobald sich die Kabine<br />
in dem Stockwerk befindet. Außerdem<br />
befinden sich in 1.–3. Etage je zwei<br />
Rufschalter, einer für hoch und einer<br />
für runter. Nur ein Rufschalter befindet<br />
sich <strong>im</strong> EG und der 4. E, da es dort<br />
jeweils nur eine Rich<strong>tu</strong>ng gibt.<br />
Die Aufzüge werden mit zwei 9 Volt-<br />
Motoren betrieben, die mit je zwei Relais<br />
geschaltet werden (mehr dazu bei<br />
den Schaltplänen).<br />
Auf dem Dach des gesamten Aufzugsystems<br />
befindet sich eine Anzeige,<br />
die mit Hilfe von LEDs anzeigt,<br />
– wo sich die Kabinen befinden,<br />
– wo ein Fahrs<strong>tu</strong>hl gerufen wurde und<br />
– ob die Türen offen sind.<br />
Wegen der unten beschriebenen<br />
Anpassung an die Nanoline wurde<br />
hier auf Fischertechnik-Elemente verzichtet.<br />
38 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Die Wahl der Etage erfolgt aus Platzgründen<br />
nicht in der Kabine, sondern<br />
auf der ausgelagerten Tasta<strong>tu</strong>r der Nanoline.<br />
Hier musste auf Fischertechnik-<br />
Sensorik verzichtet werden, weil die<br />
Nanoline dafür keine weiteren freien<br />
Anschlussmöglichkeiten gehabt hätte.<br />
Anpassung von Sensorik<br />
und Aktorik an die Nanoline<br />
Ausstat<strong>tu</strong>ng der Nanoline: Die verwendete<br />
24-V-DC-Nanoline-Basiseinheit<br />
verfügt über 8 digitale Eingänge und<br />
2 analoge Eingänge (0–10 V) sowie 4<br />
digitale PNP-Ausgangskanäle (24 V;<br />
0,5 A). Die (max<strong>im</strong>al) 3 Erweiterungsmodule<br />
verfügen über je 6 digitale<br />
Eingangs- und 4 digitale PNP-Ausgangskanäle.<br />
Insgesamt stehen somit<br />
26 Eingangs- und 16 Ausgangskanäle<br />
sowie zusätzlich 2 analoge Eingänge<br />
zur Verfügung.<br />
Darüber hinaus kann das Nanoline-<br />
„Bedienterminal“ zur Eingabe und Visualisierung<br />
genutzt werden.<br />
Zielsetzung: Anpassung der Sensorik<br />
und Aktorik an die Nanoline<br />
Beachtenswerte Punkte: Aktoren (Fischertechnik-Motoren<br />
und LEDs) vertragen<br />
keine 24 V, Herstellung einer<br />
Motordrehrich<strong>tu</strong>ngssteuerung, Anzahl<br />
der Eingänge ist begrenzender Faktor<br />
für die Anzahl der Fischertechnik-<br />
Sensoren.<br />
Unser erstes Problem 1 war die Ausgangsspannung<br />
des eingesetzten<br />
Nanoline-Controllers. Diese beträgt<br />
24 Volt und ist somit für die von uns<br />
verwendeten 9-Volt-Motoren nicht verträglich.<br />
Auch der Einsatz eines Vorwiderstands<br />
ist aus folgenden Gründen<br />
nicht angezeigt:<br />
● belas<strong>tu</strong>ngsabhängiger Widerstand<br />
des Motors<br />
Erstens ist es nicht möglich, einen<br />
für alle Fälle geeigneten Vorwiderstand<br />
zu wählen, da der Widerstand<br />
des Motors von der Belas<strong>tu</strong>ng<br />
abhängt.<br />
1 Dieses Problem entfällt be<strong>im</strong> Einsatz<br />
der alternativ erhältlichen 24-V-DC-<br />
Nanoline-Basiseinheit, die mit potentialfreien<br />
Relais-Ausgängen ausgestattet<br />
ist.<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
● hohe Wärmeentwicklung am Widerstand<br />
Zweitens müsste am Vorwiderstand<br />
sehr viel mehr Energie als am Motor<br />
umgewandelt werden, damit am<br />
Motor nur 9 V anliegen. Die max<strong>im</strong>al<br />
zulässige Stromstärke am 24-<br />
V-Ausgang der Nanoline beträgt<br />
0,5 A. Um den Motor mit 9 V und<br />
0,5 A zu betreiben, müssten dann<br />
(24 V – 9 V) x 0,5 A = 15 V x 0,5 A =<br />
7,5 W am Vorwiderstand umgewandelt<br />
werden. Einerseits würde dafür<br />
ein spezieller Leis<strong>tu</strong>ngswiderstand<br />
benötigt und andererseits ist es ja<br />
wohl ziemliche Energieverschwendung,<br />
einen 4,5-Watt-Motor über<br />
einen 7,5-Watt-Vorwiederstand laufen<br />
zu lassen.<br />
● Gefahr der Zerstörung der Nanoline<br />
Drittens besteht die große Gefahr<br />
der Zerstörung der Nanoline, wenn<br />
der Motor durch Blockade <strong>im</strong> Aufzug<br />
feststeht und keine Energie<br />
mehr umwandeln kann. Da fällt der<br />
Widerstand des Motors auf nahezu<br />
null ab. Das könnte dazu führen,<br />
dass die zulässige Stromstärke<br />
von 0,5 A überschritten wird, was<br />
die Transistorausgänge der Nanoline<br />
zerstören würde.<br />
Wir setzen deshalb eine externe 9-V-<br />
Gleichstromquelle ein, die auch noch<br />
bei der zweiten Problemstellung, dem<br />
Auf- und Abwärtsfahren, hilft. Dafür<br />
haben wir zwei 24-V-Wechselrelais gewählt.<br />
Der Schaltplan hierfür ist unter<br />
dem Download-Link verfügbar.<br />
Über 12 LEDs wollen wir die Position,<br />
den Türsta<strong>tu</strong>s und die Fahrs<strong>tu</strong>hlrufe<br />
anzeigen lassen. Dafür haben wir<br />
die LEDs mit passenden Vor widerständen<br />
versehen, deren Größe wir<br />
mit Hilfe der LED-Kennwerte für Spannung<br />
und Stromstärke (z. B. 2 V, 2 mA)<br />
best<strong>im</strong>men:<br />
Für die LED:<br />
2 V / 0,002 A = 1000 Ω = 1 k Ω<br />
Somit für den Vorwiderstand:<br />
22 V / 0,002 A = 11 k Ω ➞<br />
RVorwiderstand = 10 k Ω + 1 k Ω<br />
Der vollständige Schaltplan steht zum<br />
Download (s. u.) zur Verfügung.<br />
Da wir neben den 18 Fischertechnik-<br />
Tastern auch noch Sensoren für die<br />
Etagenwahl in den beiden Kabinen,<br />
d. h. je 5 Sensoren, benötigen, kommen<br />
wir auf insgesamt 28 Sensoren.<br />
Das übersteigt die Anzahl der Eingänge<br />
an der Nanoline. Wir benutzen<br />
deshalb hierfür das Bedienfeld der<br />
Nanoline. Über „Drücken“ bzw. „Nicht<br />
Drücken“ der [shift-]Taste wird die Kabine<br />
gewählt, über die weiteren Tasten<br />
das gewünschte Stockwerk.<br />
Programmierung<br />
der Nanoline<br />
Zielsetzung: Programmierung einer<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hlsteuerung und anschließende<br />
Opt<strong>im</strong>ierung<br />
Beachtenswerte Punkte: Da die Programmierung<br />
sehr komplex ist, sollte<br />
jemand mit Vorkenntnissen in der Programmierung<br />
von Schleifen, Bedingungen<br />
und Arrays am Projekt teilnehmen<br />
oder dieses begleiten.<br />
Unser fertiges Programm besteht aus<br />
22 Logik- bzw. Ablaufdiagrammen<br />
(„Threads“) mit insgesamt 556 Bausteinen<br />
bzw. Elementen (siehe Abb. 2).<br />
Insgesamt bieten sich 3 mögliche<br />
Konzepte/Steuermethoden mit unterschiedlichen<br />
Opt<strong>im</strong>ierungs- und<br />
Schwierigkeitsgraden an:<br />
Bei der Druckknopfsteuerung wartet<br />
der Fahrs<strong>tu</strong>hl erst auf eine Knopfeingabe.<br />
Danach stellt er fest, ob er sich<br />
ak<strong>tu</strong>ell oberhalb oder unterhalb des<br />
Zielstockwerks befindet. Anschließend<br />
fährt er dann in diese Rich<strong>tu</strong>ng, bis der<br />
Positionsschalter auf dem angeforderten<br />
Stockwerk aktiviert wird, und<br />
hält wieder an. Die Position des Fahrs<strong>tu</strong>hls<br />
kann dabei über eine Variable<br />
festgehalten werden, die <strong>im</strong>mer ak<strong>tu</strong>alisiert<br />
wird, wenn ein Positionsschalter<br />
gedrückt wird. Diese Steuerung ist<br />
einfach zu programmieren, aber sehr<br />
ineffizient.<br />
Besser ist es, wenn der Fahrs<strong>tu</strong>hl<br />
sich alle Anfragen merkt und in einer<br />
möglichst günstigen Reihenfolge abfährt.<br />
Es ist zur Erarbei<strong>tu</strong>ng der Steuerung<br />
sehr sinnvoll, sich zuerst auf<br />
einen einzelnen Fahrs<strong>tu</strong>hlschacht mit<br />
nur einem Rufschalter pro Stockwerk<br />
(Aufwärts-Abwärts-Sammelsteuerung)<br />
zu beschränken. Dieses System ist<br />
zwar weniger opt<strong>im</strong>iert, wird aber später<br />
auch für die Erarbei<strong>tu</strong>ng der Voll-<br />
39
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Informationstechnik<br />
Abb. 2 Ausschnitt aus einem Ablaufdiagramm<br />
sammelsteuerung benötigt, da beide<br />
Systeme auf dem gleichen Grundprinzip<br />
funktionieren.<br />
Unser Fahrs<strong>tu</strong>hlsystem arbeitet nach<br />
dem Prinzip der Vollsammelsteuerung.<br />
Das bedeutet, dass an jedem Stockwerk<br />
gedrückt werden kann, ob man<br />
nach oben oder nach unten möchte,<br />
und die Anforderungen dann von beiden<br />
Fahrstühlen opt<strong>im</strong>iert abgearbeitet<br />
werden.<br />
Die Fahrs<strong>tu</strong>hlsteuerung kann in allen<br />
3 verschiedenen S<strong>tu</strong>fen programmiert<br />
werden:<br />
– Druckknopfsteuerung für 1 Fahrs<strong>tu</strong>hlschacht<br />
– Aufwärts-Abwärts-Sammelsteuerung<br />
für 1 Fahrs<strong>tu</strong>hlschacht<br />
– Vollsammelsteuerung für 2 Fahrs<strong>tu</strong>hlschächte<br />
Wir haben die einfach programmierbare<br />
Druckknopfsteuerung übersprungen,<br />
da sie für die eigentliche<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hlentwicklung irrelevant ist.<br />
Begonnen haben wir mit der Programmierung<br />
einer Aufwärts-Abwärts-Sammelsteuerung<br />
für einen<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hlschacht, die wir dann auf<br />
eine Vollsammelsteuerung und zwei<br />
Schächte erweitert haben.<br />
Aufwärts-Abwärts-Sammelsteuerung<br />
für einen Fahrs<strong>tu</strong>hlschacht<br />
Problem: Keine Arrays<br />
Damit der Fahrs<strong>tu</strong>hl die Anforderungen<br />
auch in einer anderen Abfolge als der<br />
Drückreihenfolge anfahren kann, suchen<br />
wir nach einer Möglichkeit, die<br />
bisher angeforderten Stockwerke abzuspeichern.<br />
Einfache Variablen oder<br />
Register bieten sich hier nicht an, weil<br />
sie es nicht ermöglichen, für ein beliebiges,<br />
per Variable best<strong>im</strong>mbares<br />
Stockwerk abzufragen, ob eine Anfrage<br />
besteht. Bei mehr als vier Stockwerken<br />
wird es nahezu unmöglich, <strong>im</strong>mer<br />
mit Abfragen herauszufinden, auf welchen<br />
Stockwerken noch Anfragen vorliegen.<br />
Hier soll deshalb eine Schleife<br />
auf einmal prüfen, ob in irgendeinem<br />
Stockwerk über dem Fahrs<strong>tu</strong>hl ein<br />
Knopf gedrückt wurde.<br />
Zum Speichern der Anfragen haben<br />
wir deshalb ein „Boolean-Array“ eingesetzt.<br />
Da die Nanoline-Steuerung eher<br />
auf Prozesssteuerung ausgelegt ist<br />
und nicht für komplexe logische Operationen,<br />
stellt sie einige Funktionen,<br />
wie auch Arrays, nicht „von Haus aus“<br />
zur Verfügung. Wir mussten uns daher<br />
<strong>selbst</strong> eine Lösung für die Datenspeicherung<br />
überlegen und lösten das<br />
Problem auf Basis eines Binärcode-<br />
Registers, dessen Beschreibung hier<br />
leider den Rahmen sprengen würde.<br />
Die Informationen hierzu sind über den<br />
Download-Link zu erhalten.<br />
Unsere Lösung: Fahrs<strong>tu</strong>hlsteuerung<br />
Zur Steuerung eines Fahrs<strong>tu</strong>hls verwenden<br />
wir drei unabhängig durchlaufende<br />
Systeme:<br />
– Eingabe<br />
– Anfahren<br />
– Datenverarbei<strong>tu</strong>ng<br />
Das erste System ist die Eingabe. Sie<br />
besteht aus mehreren Ablaufdiagrammen<br />
2 , die jeweils auf Fahrs<strong>tu</strong>hlanforderungen<br />
von den verschiedenen<br />
Eingabemöglichkeiten (Knöpfe am<br />
Schacht, Schalter <strong>im</strong> Fahrs<strong>tu</strong>hl/Nanoline-Bedienfeld)<br />
reagieren. Die Ein-<br />
2 Ablaufdiagramme sind die Programmierebenen<br />
der Nanoline-Steuerung.<br />
Darin können die verschiedenen<br />
Programmblöcke abgelegt werden.<br />
Be<strong>im</strong> Starten des Programms laufen<br />
alle Ablaufdiagramme parallel. In der<br />
klassischen Programmierung lassen<br />
sie sich am ehesten mit „Threads“<br />
vergleichen.<br />
40 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Informationstechnik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
gabe wird dann in das zentrale Array<br />
eingespeist.<br />
Das zweite System ist das Anfahren-<br />
System. Es wartet zunächst darauf,<br />
dass das zentrale Array einen Wert<br />
höher als null ann<strong>im</strong>mt. In diesem<br />
Fall besteht eine Anfrage und der<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hl muss eine Anforderung anfahren.<br />
Da die Reihenfolge der anzufahrenden<br />
Anforderungen nicht <strong>im</strong>mer<br />
der Drückreihenfolge entspricht, muss<br />
zunächst festgestellt werden, welche<br />
Anforderung als Nächstes angefahren<br />
wird.<br />
Dazu werden zunächst ak<strong>tu</strong>elle Fahrtrich<strong>tu</strong>ng<br />
und Position an das dritte<br />
System, die Datenverarbei<strong>tu</strong>ng weitergeleitet.<br />
Diese hat die s<strong>im</strong>ple Aufgabe<br />
zurückzugeben, ob der Fahrs<strong>tu</strong>hl<br />
zuerst hoch- oder runterfahren soll.<br />
Dafür soll zunächst überprüft werden,<br />
ob sich in der ak<strong>tu</strong>ellen Fahrtrich<strong>tu</strong>ng<br />
noch eine Anforderung befindet.<br />
Wenn ja, soll die Fahrtrich<strong>tu</strong>ng<br />
beibehalten werden. Wenn nein, wird<br />
die ak<strong>tu</strong>elle Fahrtrich<strong>tu</strong>ng zunächst<br />
annulliert und dann in einem neuen<br />
Programmdurchlauf die neue Fahrtrich<strong>tu</strong>ng<br />
festgelegt.<br />
Diese wird dann an das zweite System<br />
zurückgeliefert. Dieses lässt nun den<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hl in die eingegebene Rich<strong>tu</strong>ng<br />
starten. Da in der Fahrtzeit jederzeit<br />
neue Anfragen entstehen können, fährt<br />
der Fahrs<strong>tu</strong>hl nicht einfach die nächste<br />
Anforderung in der Reihenfolge an,<br />
sondern prüft an jedem Stockwerk, an<br />
dem er vorbeikommt, ob dafür eine<br />
Anfrage vorliegt. Da in Fahrtrich<strong>tu</strong>ng<br />
auf jeden Fall mindestens ein Stockwerk<br />
angefordert sein muss (ansonsten<br />
gäbe es eine andere oder gar<br />
keine Fahrtrich<strong>tu</strong>ng), fährt er einfach<br />
so lange weiter, bis er ein Stockwerk<br />
mit Anfrage gefunden hat. Dort öffnet<br />
er die Türen (LED leuchtet), wartet einige<br />
Sekunden und löscht die Anforderung<br />
auf dem ak<strong>tu</strong>ellen Stockwerk.<br />
Danach beginnt das Programm von<br />
vorne. Selbst wenn das Stockwerk,<br />
auf dem der Fahrs<strong>tu</strong>hl gehalten hat,<br />
nicht das ist, wegen dem er ursprünglich<br />
die Fahrtrich<strong>tu</strong>ng eingeschlagen<br />
hat, sorgt die Datenverarbei<strong>tu</strong>ng durch<br />
dieses Prinzip automatisch dafür, dass<br />
auch die andere Anforderung noch angefahren<br />
wird, bevor die Fahrtrich<strong>tu</strong>ng<br />
gewechselt wird.<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Erweiterung auf zwei Fahrstühle<br />
mit Vollsammelsteuerung<br />
Um das System auf zwei Fahrstühle zu<br />
erweitern, müssen natürlich zuerst weitere<br />
Ablaufdiagramme für die zusätzlich<br />
hinzukommenden Schalter erstellt<br />
werden. Außerdem müssen die Ablaufdiagramme<br />
für System zwei und drei,<br />
also die eigentliche Fahrs<strong>tu</strong>hlsteuerung,<br />
für den zweiten Fahrs<strong>tu</strong>hl kopiert<br />
werden, <strong>selbst</strong>verständlich mit umbenannten<br />
Variablen.<br />
Als Download und Unterstützung<br />
für Ihren <strong>Unterricht</strong> stellen<br />
wir zu unserem Projekt unter<br />
http://www.phoenixcontact.de/<br />
fahrs<strong>tu</strong>hlprojekt<br />
folgende Dateien zur<br />
Verfügung:<br />
– Fotos: Fahrs<strong>tu</strong>hlmodell<br />
– Bauteilliste für Steuerung, Sensorik<br />
und Aktorik<br />
– Details zur Array-Programmierung<br />
– Schaltpläne: Gesamtplan und Motorsteuerung<br />
– Video: Das Fahrs<strong>tu</strong>hlprojekt (3<br />
min)<br />
– Präsentation: Fahrs<strong>tu</strong>hlprojekt<br />
– Programmcode: Fahrs<strong>tu</strong>hl.Nano<br />
Abb. 3: Fahrs<strong>tu</strong>hlprojekt<br />
Die größte Änderung ist, dass zwischen<br />
das erste und zweite System<br />
ein weiteres Ablaufdiagramm eingefügt<br />
wird, welches die eingehenden Anforderungen<br />
aus System 1 intelligent<br />
auf die beiden Fahrstühle verteilt. Die<br />
Anforderungen aus System 1 werden<br />
dazu nicht direkt in die Abarbei<strong>tu</strong>ngs-<br />
Arrays der Fahrstühle, sondern in eine<br />
Gesamt-Anforderungs-Datei geschrieben.<br />
Diese wird dann von dem<br />
neu eingeführten Ablaufdiagramm<br />
(von uns „Controller“ genannt) ausgelesen,<br />
das dann entscheidet, welcher<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hl die Anforderung anfahren<br />
soll. Die Anforderung wird dann in das<br />
Auftrags-Array des besser geeigneten<br />
Fahrs<strong>tu</strong>hls geschrieben. Die Entscheidung<br />
dafür sollte alle entscheidenden<br />
Parameter berücksichtigen, also Fahrtrich<strong>tu</strong>ng<br />
der Fahrstühle, die jeweilige<br />
Entfernung vom angeforderten Ziel,<br />
die Rich<strong>tu</strong>ng, die auf dem Stockwerk<br />
gedrückt wurde. Hierbei kommen<br />
die zwei Schalter pro Stockwerk zum<br />
Tragen. Das Controller-Diagramm ist<br />
letztlich auch der Punkt, an dem die<br />
Bewegung der Fahrstühle durch Verändern<br />
der Rechenparameter opt<strong>im</strong>iert<br />
werden kann.<br />
Die Ravensberger<br />
Erfinderwerkstatt<br />
In der vielfach ausgezeichneten Ravensberger<br />
Erfinderwerkstatt (u. a.<br />
Ideenmacher-Preis, European Science<br />
on Stage Festival, ...) finden<br />
MINT-begeisterte Schüler/-innen von<br />
Förderschule bis Gymnasium nicht<br />
nur gleichgesinnte Projektpartner,<br />
sondern auch kompetente, engagierte,<br />
ehrenamtliche Betreuung durch<br />
den Lehrer Kirsten Biedermann, der<br />
bei Bedarf von weiteren (Senior-)<br />
Experten, z. B. Wissenschaftlern, Ingenieuren,<br />
Handwerkern etc., unterstützt<br />
wird.<br />
Die Betreuung orientiert sich an den<br />
individuellen Bedürfnissen, so dass<br />
auch inklusive Projektgruppen erfolgreich<br />
begleitet werden können.<br />
In öffentlichen Präsentationen wird<br />
besonderer Wert auf Barrierefreiheit<br />
gelegt. Die betreuten Schüler/-innen<br />
kommen derzeit aus einem Umkreis<br />
von bis zu 250 km um Bielefeld. Neben<br />
dem Nanoline-Contest wird die<br />
Betreuung für diverse weitere MINT-<br />
Wettbewerbe angeboten.<br />
Kontakt:<br />
kirsten.biedermann@uni-bielefeld.de<br />
41
<strong>tu</strong>: Veranstal<strong>tu</strong>ngen / Tagungen<br />
DGTB<br />
Deutsche Gesellschaft für Technische Bildung e. V. – www.dgtb.de<br />
Ankündigung einer Tagung und Einwerbung<br />
von Beiträgen<br />
Die DGTB veranstaltet ihre Jahrestagung 2014<br />
zum Thema<br />
Technische Bildung und MINT –<br />
Chance oder Risiko?<br />
Tagungsort: Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg<br />
Termin:<br />
26. September 2014, Beginn der Tagung – 13.00 Uhr<br />
27. September 2014, Ende der Tagung – 14.00 Uhr<br />
Thematisch offenes Nachwuchsforum – 14.00 bis 17.00 Uhr<br />
(derzeitiger Planungsstand)<br />
Alles redet von MINT. Dieses Kürzel<br />
ist inzwischen zu einer geläufigen,<br />
populären, vielbenutzten Vokabel <strong>im</strong><br />
Bildungsgeschehen unserer Republik<br />
geworden. Doch was steckt dahinter?<br />
Von welcher bildungstheoretischen<br />
Vorstellung ist auszugehen? Trotz<br />
hochfliegender Zielsetzungen liegt<br />
bis heute noch kein Entwurf vor, der<br />
Mathematik, Informatik, Na<strong>tu</strong>rwissenschaft<br />
und <strong>Technik</strong> in Verflech<strong>tu</strong>ng<br />
zugänglich macht. Zu unterschiedlich<br />
scheinen die jeweiligen Phänomene<br />
und die Wege ihrer Erschließung zu<br />
sein. Wird man der Allgemeinbildung<br />
am Ende durch erkennbare Fachlichkeit<br />
besser gerecht?<br />
Die Jahrestagung der DGTB wird sich<br />
grundsätzlich mit dem Thema beschäftigen,<br />
wird Fragen aufwerfen. Vor allem<br />
interessiert, ob sich für das Schulfach<br />
<strong>Technik</strong> innerhalb von MINT Chancen<br />
oder Risiken ergeben, ob damit eine<br />
allgemeine Technische Bildung, die<br />
<strong>Technik</strong> nicht auf na<strong>tu</strong>rale Aspekte reduziert,<br />
an Boden gewinnt oder verliert.<br />
Insofern unterscheidet sich die Tagung<br />
von vielen anderen zum Themenfeld.<br />
Die Tagung dient dem Diskurs auf allen<br />
didaktischen Ebenen: von den Hochschulen<br />
über die Insti<strong>tu</strong>te für Lehrerbildung<br />
der „zweiten Phase“ bis hin zu<br />
den Schulen und zur Bildungspolitik.<br />
Darüber hinaus sollen auf der Tagung<br />
interessante Beispiele aus dem<br />
<strong>Technik</strong>unterricht vorgestellt werden,<br />
auch ohne Spezialisierung auf<br />
das Thema MINT.<br />
Wir wollen Sie, die Sie <strong>im</strong> Bereich<br />
Technische Bildung wissenschaftlich<br />
und schulpraktisch agieren, ermuntern,<br />
Ihre Themenvorschläge be<strong>im</strong><br />
Geschäftsführer Herrn Martin Binder<br />
(binderm@ph-weingarten.de) einzureichen.<br />
Bitte lassen Sie uns bis zum<br />
30.04.2014 einen Arbeitstitel und eine<br />
kurze Beschreibung (1 DIN-A4-Seite)<br />
zukommen. Lassen Sie uns wissen,<br />
ob Sie Ihren Beitrag als Vortrag zum<br />
Tagungsschwerpunkt oder als Beispiel<br />
aus der Praxis vorstellen wollen. Der<br />
Vorstand wird sich intensiv mit der Auswahl<br />
befassen.<br />
Wir möchten anregen, die Tagung<br />
in Ihrem Umfeld bekannt zu machen<br />
und mögliche Teilnehmer zu gewinnen.<br />
Dazu gehören auch Vertreter der<br />
Politik, der Wirtschaft, also alle Entscheidungsträger,<br />
denen an einer Allgemeinbildung<br />
gelegen ist, die den Bereich<br />
<strong>Technik</strong> als wichtigen Bestandteil<br />
verstehen.<br />
Die DGTB sieht <strong>im</strong> Anschluss an die<br />
Tagung ein Nachwuchsforum vor.<br />
Dieses ist themenoffen und soll jungen<br />
<strong>Technik</strong>didaktikerinnen und -didaktikern<br />
eine Plattform bieten, ihre<br />
Projekte vorzustellen. Ziel ist langfristig<br />
die Etablierung eines Zirkels, der<br />
Aktivitäten der technikdidaktischen<br />
Forschung sichtbar macht und den<br />
regen wissenschaftlichen Austausch<br />
zwischen den unterschiedlichen Hochschulstandorten<br />
befördert.<br />
Anmeldungen hierzu bitte an die Ausschussvorsitzende<br />
Frau Dr. Maja Jeretin-Kopf<br />
(jeretinkopf@ph-karlsruhe.<br />
de).<br />
Der Vorstand der DGTB<br />
Vertreten durch den 1. Vorsitzenden<br />
Prof. Dr. C. Wiesmüller<br />
42 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Carmen Skupin<br />
Das große Baubuch:<br />
Abenteuer Elektronik<br />
18 geniale Projekte für coole Kids<br />
mit allen elektronischen Bauteilen<br />
Umfang 24 Seiten<br />
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Abenteuer Elektronik bietet viele spannende Ideen rund um die Elektronik, die<br />
sich ganz einfach mit ein paar Handgriffen nachbauen lassen. Alle elektronischen<br />
Teile, die benötigt werden, sind <strong>im</strong> Buch enthalten. Vorkenntnisse sind nicht nötig:<br />
Selbst kleine <strong>Technik</strong>muffel werden überrascht sein, wie einfach sich Elektronik in<br />
geniale Bastelprojekte umsetzen lässt. So entstehen z.B. ganz einfach ein Raumschiff<br />
mit LED-Beleuch<strong>tu</strong>ng, ein Rennboot mit Solarantrieb, ein tolles Elektroboot<br />
und vieles mehr.<br />
Ob Glühbirnchen, Leuchtdiode, Schalter oder Kabel – alle elektronischen Bauelemente,<br />
die für die Bastelprojekte benötigt werden, sind in diesem Buch enthalten.<br />
Zu besorgen sind nur noch zwei 1,5-Volt-Batterien (Typ AA). Das übrige Bastelmaterial<br />
findet sich in jedem Haushalt.<br />
Das Buch<br />
18 spannende Elektronik-Projekte werden auf 24 Seiten Schritt für Schritt erklärt.<br />
Leicht verständliche Anlei<strong>tu</strong>ngen und große farbige Abbildungen sorgen dafür,<br />
dass nichts schief gehen kann.<br />
Außerdem: „Wissen plus“ für alle Kids, die wissen wollen, was es mit Strom<br />
und Spannung auf sich hat.<br />
Überzeugen Sie sich <strong>selbst</strong> – bestellen Sie noch heute<br />
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<strong>tu</strong>: Werkstoffe<br />
Sachinformationen<br />
Verbundwerkstoffe – Teil 1 –<br />
Grundlagen und Übersicht<br />
Von Harald Hölz<br />
Der folgende Artikel soll den Einstieg in die Welt der Verbundwerkstoffe<br />
erleichtern und einen Überblick über die verschiedenen Gruppen<br />
ermöglichen. In weiteren Artikeln werde ich dann auf die einzelnen<br />
Gruppen detaillierter eingehen.<br />
Abb. 2: Wespennest<br />
Geschichtliches<br />
Die Na<strong>tu</strong>r <strong>selbst</strong> setzt Verbundwerkstoffe<br />
schon seit Urzeiten um, sei es<br />
<strong>im</strong> Holz der Pflanzenwelt oder auch in<br />
den Knochen der Lebewesen.<br />
Holz enthält ca. 45% Cellulose und<br />
Hemicellulose. Diese sogenannten<br />
Gerüstsubstanzen sind für die Festigkeit<br />
der Zellwände verantwortlich. Das<br />
hydrophobe Lignin als Na<strong>tu</strong>rklebstoff<br />
verbindet die hydrophilen Mikrofibrillen<br />
und einzelnen Zellen untereinander,<br />
steigert die Druck- und Biegefestigkeit<br />
und schützt das Holz vor Wasser, Sonne<br />
und anderen Umwelteinwirkungen<br />
(Abb. 1).<br />
Die hohe Zugfestigkeit der Mikrofibrillen<br />
in Längsrich<strong>tu</strong>ng hat zur bekannten<br />
Folge, dass Holz in Faserrich<strong>tu</strong>ng<br />
deutlich fester ist als quer zur Faser. 1<br />
Seit über 3 Milliarden Jahren kommen<br />
Verbundwerkstoffe in der Na<strong>tu</strong>r be<strong>im</strong><br />
Nestbau der Vögel und Insekten vor.<br />
Feldwespen z.B. zerkleinern mit ihren<br />
Kauwerkzeugen abgeschabte Holzfasern<br />
(Zellulosefasern) und verkürzen<br />
diese chemisch mit ihrem wässrigen<br />
Verdauungssekret. Aus diesem Brei<br />
bauen sie ihre Nester (Abb. 2). Be<strong>im</strong><br />
Trockenvorgang an der Luft kommt es<br />
zur Verfilzung der Fasern und zur Aushär<strong>tu</strong>ng<br />
des Sekretklebstoffes.<br />
Im Vergleich hierzu nutzt der Mensch<br />
bautechnisch Verbundwerkstoffe erst<br />
seit ca. 8000 – 10000 Jahren. Be<strong>im</strong><br />
Lehmhüttenbau z. B. setzte er hierzu<br />
als verstärkende Phase Pflanzenfasern<br />
(z. B. Häcksel, Langstroh), Reisig,<br />
Schilf und Holz mit ein und verbesserte<br />
dadurch die Rissneigung, Schrumpfung,<br />
Bruchfestigkeit und die Feuchtigkeitsregulation.<br />
Seit 1849 ist der in Deutschland bis<br />
heute wichtigste Baustoff bekannt,<br />
der Stahlbeton. Die positiven Eigen-<br />
Be<strong>im</strong> Wachs<strong>tu</strong>m einer Zelle werden<br />
von innen an die Pr<strong>im</strong>ärwand zahlreiche<br />
Schichten, so genannte Sekundärwand,<br />
angelagert.<br />
P = Pr<strong>im</strong>ärwand<br />
Sl, S2 = einzelne Schichten<br />
der Sekundärwand<br />
T = Tertiärschicht<br />
ML = Mittellamelle<br />
Die Mikrofibrillen verlaufen in der<br />
Sekundärwand als steile Spiralen,<br />
meist nahezu parallel zur Zellachse.<br />
Abb. 1: Aufbau einer Holzzelle<br />
Abb. 3: Flatiron Building, NY<br />
schaften des Betons und des Bewehrungsstahls<br />
wurden kombiniert zu<br />
einem neuen Werkstoffverbund mit<br />
verbesserten Gesamteigenschaften.<br />
Der bewehrte Beton ist dadurch nicht<br />
nur auf Druck, sondern auch auf Zug<br />
belastbar. Dies ermöglichte u. a. 1902<br />
den Bau des 87 Meter hohen weltberühmten<br />
Flatiron Buildings in New York<br />
(Abb. 3), das damals höchste Gebäude<br />
der Welt.<br />
1 Vgl. Wolfgang Fiwek: Holz biegen,<br />
Holzwerken, 2011, Vincentz Network<br />
GmbH & Co. KC, Hannover<br />
44 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Sachinformationen<br />
<strong>tu</strong>: Werkstoffe<br />
Während der industriellen Revolution<br />
dominierten die Metalle.<br />
Heute hängen 70% technischer Neuerungen<br />
direkt oder indirekt von den<br />
Werkstoffen ab. Der Anteil der Verwendung<br />
von Verbundwerkstoffen<br />
wächst dabei überdurchschnittlich. 2<br />
Deutschland ist ein weltweit führender<br />
Composite-Standort.<br />
Begriffsklärungen<br />
Das Wort Verbundwerkstoff (engl.:<br />
composite) setzt sich aus den Begriffen<br />
„Verbund“ und „Werkstoff“ zusammen.<br />
Definition von Verbund:<br />
„(<strong>Technik</strong>) feste Verbindung von Teilen,<br />
Werkstoffen o. Ä. zu einer Einheit.“ 3<br />
Definition von Werkstoff:<br />
„Werkstoffe sind jener Teil der Materie,<br />
die der Mensch zur Herstellung von<br />
Gütern aller Art benutzt, um seine Bedürfnisse<br />
zu befriedigen.“ 4<br />
Zu erwähnen und zu klären sind zwei<br />
weitere Begriffe, die be<strong>im</strong> Thema Verbundwerkstoffe<br />
<strong>im</strong>mer wieder auftauchen<br />
und zu Unsicherheiten führen:<br />
Verbundkonstruktionen und Werkstoffverbunde<br />
Verbundkonstruktionen<br />
„Verbundkonstruktionen bestehen<br />
aus zwei oder mehr Werkstücken, die<br />
aus verschiedenen Fertigungsgängen<br />
stammen und durch Fügen zu einem<br />
Bauteil kombiniert werden. Solche Lösungen<br />
können konstruktiv oder aus<br />
2 Vgl. Verbundwerkstoffe: Walter<br />
Krenkel: 17. Symposium Verbundwerkstoffe<br />
und Werkstoffverbunde,<br />
Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA;<br />
Auflage: 1. Auflage (15. April 2009),<br />
Weinhe<strong>im</strong><br />
3 http://www.duden.de/rechtschreibung/Verbund<br />
Stand: 30.09.2013<br />
4 Wolfgang Weißbach: Werkstoffkunde:<br />
Struk<strong>tu</strong>ren, Eigenschaften, Prüfung,<br />
18. Auflage, Vieweg + Teubner Verlag,<br />
Springer Fachmedien, Wiesbaden<br />
GmbH 2012<br />
5 Weißbach<br />
6 Weißbach<br />
7 Weißbach<br />
<strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014<br />
Abb. 4: Holz-Beton-Verbundträger<br />
Gründen einer wirtschaftlicheren Fertigung<br />
gewählt werden.“ 5<br />
Auf dem Bau werden z. B. in Deckenkonstruktionen<br />
Holz-Beton-Verbundträger<br />
(Abb. 4) eingesetzt, die enorme<br />
Verbesserungen in puncto Tragfähigkeit<br />
und Steifigkeit erreichen und die<br />
Anfälligkeit für Schwingungen verringern.<br />
Werkstoffverbunde<br />
„Kennzeichen ist das Fügen der Werkstoffe<br />
durch unlösbare Verbindungen.<br />
Einen großen Anteil haben die Schichtverbunde,<br />
sie werden als Halbzeug<br />
oder durch Beschich<strong>tu</strong>ng von Bauteilen<br />
<strong>hergestellt</strong>.“ 6<br />
Ein Beispiel für einen Werkstoffverbund<br />
aus dem Schüleralltag ist die<br />
Getränkeverpackung für Flüssigkeiten,<br />
z. B. Milch. Sie besteht aus 5 Schichten:<br />
Abb. 5: Platine<br />
1. PE (Polyethylen)<br />
2. innen Al-Folie<br />
3. PE-Verbindungsschicht<br />
4. Karton<br />
5. PE außen<br />
Ein weiteres Schulpraxisbeispiel ist<br />
das Hartpapier. Schüler kennen es<br />
z. B. als Basismaterial von Platinen<br />
(Leiterplatten) (Abb. 5) unter dem<br />
Markennamen Pertinax. Es besteht<br />
aus Papier und Phenol-Formaldehyd-<br />
Kunstharz (Phenoplast).<br />
Unter dem Markennamen Duropal oder<br />
auch Resopal sind mit Melamin kaschierte<br />
Hartpapiere als Tischplatten,<br />
Küchenplatten bekannt.<br />
Verbundwerkstoffe<br />
„Bei Verbundwerkstoffen werden in<br />
der Regel Stoffe kombiniert, die der<br />
Bindungsart nach zu verschiedenen<br />
Gruppen gehören.“ 7<br />
Überblick über die Bindungsarten<br />
(Abb. 6):<br />
Metalle<br />
Polymere<br />
Keramik<br />
Abb. 6: Bindungsarten<br />
Metallbindung<br />
vorherrschend<br />
Zwischenmolekulare<br />
Bindung der<br />
Makromoleküle<br />
Ionen- oder<br />
Elektronenpaarbindung<br />
und<br />
Mischformen<br />
Für die Auswahl der Stoffe des Verbundwerkstoffs<br />
sind drei Grundbedingungen<br />
von entscheidender Bedeu<strong>tu</strong>ng<br />
für die Qualität und Haltbarkeit:<br />
Benetzung, Haf<strong>tu</strong>ng und Verträglichkeit.<br />
Unter Benetzung versteht man ein<br />
leichtes Befeuchten, Anfeuchten, das<br />
für die Haf<strong>tu</strong>ng der beiden Stoffe notwendig<br />
ist.<br />
Die Faser-Matrix-Haf<strong>tu</strong>ng (Interface)<br />
wird durch vorherige Oberflächenbehandlung,<br />
z. B. Reinigung, Laserbehandlung<br />
oder mittels Schutzüberzug,<br />
eine geeignetes Oberflächenfinish<br />
45
Nach der Geometrie des Verbunds (Abb. 7) unterscheidet man<br />
1. Teilchenverbundwerkstoffe (Dispersionswerkstoffe)<br />
2. Faserverbundwerkstoffe<br />
3. Schichtverbundwerkstoffe (Laminate)<br />
4. Durchdringungsverbundwerkstoffe<br />
<strong>tu</strong>: Werkstoffe<br />
5. Struk<strong>tu</strong>rverbundwerkstoffe<br />
Sachinformationen<br />
Abb. 7: Einteilung der Verbundwerkstoffe nach der Geometrie des Verbunds<br />
Abb. 7: Einteilung der Verbundwerkstoffe nach der Geometrie des Verbunds<br />
(Schlichte), eine Beschich<strong>tu</strong>ng (coating)<br />
mit Sprays oder Pasten verbessert.<br />
Stoffliche Einteilung<br />
„Verbundwerkstoffe bestehen aus<br />
mindestens zwei Phasen“, der Matrix<br />
und der verstärkenden Phase. „Kennzeichen<br />
ist eine gewisse Homogenität<br />
bei makroskopischer der Verbundwerkstoffe<br />
Betrach<strong>tu</strong>ng.<br />
Bezeichnung<br />
Ausnahmen sind Schichtverbunde und<br />
gradierte Werkstoffe.“ 8<br />
Verbundwerkstoffe können nach ihrer<br />
Geometrie eingeteilt werden oder stofflich.<br />
Nach der Geometrie des Verbunds<br />
(Abb. 7) unterscheidet man<br />
1. Faserverbundwerkstoffe<br />
2. Teilchenverbundwerkstoffe<br />
(Dispersionswerkstoffe)<br />
3. Durchdringungsverbundwerkstoffe<br />
4. Schichtverbundwerkstoffe<br />
Man unterscheidet polymere, metallische, keramische und organische Werkstoffe.<br />
(Laminate)<br />
5. Struk<strong>tu</strong>rverbundwerkstoffe<br />
Stoffliche Einteilung<br />
Verbundwerkstoffe nach<br />
der Matrix:<br />
PMC - Polymer Matrix<br />
Composites<br />
MMC - Metal Matrix Composites<br />
CMC - Ceramic Matrix<br />
Composites<br />
Vielfältigkeit der<br />
Verbundwerkstoffe<br />
Durch die mannigfaltigen<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
von drei verschiedenen<br />
Werkstoffen (Kunststoff, Metall,<br />
Keramik) sowohl für die<br />
Matrix, als auch für die verstärkende<br />
Phase und den<br />
fünf möglichen Struk<strong>tu</strong>ren ergibt<br />
sich eine Vielzahl von möglichen<br />
Verbundwerkstoffen mit definierten<br />
Eigenschaftsprofilen und den daraus<br />
resultierenden Einsatzgebieten und<br />
-möglichkeiten.<br />
<strong>Vorschau</strong><br />
Im nächsten Beitrag soll auf die Teilchenverbundwerkstoffe<br />
und die Faserverbundwerkstoffe<br />
eingegangen<br />
Bei der Bezeichnung werden der Werkstoff Man und unterscheidet die Form der polymere, verstärkenden metallische,<br />
keramische und organische werden.<br />
Phase<br />
der Die Matrix Matrix, vorangestellt. auch Mutterphase 10<br />
genannt,<br />
übern<strong>im</strong>mt die Form des Bauteils<br />
und Stützung F der anderen K Phase = Glasfaserverstärkter Kunststoff Abbildungs- und Quellenangaben:<br />
Werkstoffe.<br />
G<br />
Werkstoff bei Beanspruchung Form und gewährleistet Matrix<br />
Abb. 1: Wolfgang Fiwek: Holz biegen,<br />
Glas eine Schutzfunktion Faser vor Nässe Kunststoff Bezeichnung der Verbundwerkstoffe<br />
Holzwerken, 2011, Vincentz Network<br />
und<br />
GmbH & Co. KC, Hannover S. 161<br />
Chemikalien.<br />
Abb. 2: Foto von Fabio Brambilla Quelle:<br />
Verbundphase, verstärkende Bei der Bezeichnung werden der Werkstoff<br />
und die Form der verstärkenden<br />
http://upload.wik<strong>im</strong>edia.org/wikipedia/<br />
Diese Einteilung wirkt sich auch auf die Bezeichnung der Verbundwerkstoffe aus.<br />
Phase, kompensiert negative Eigenschaften<br />
der Matrix und opt<strong>im</strong>iert positive<br />
Matrixeigenschaften oder gene-<br />
G F K = Glasfaser<br />
Phase der Matrix vorangestellt. 10<br />
riert neue Eigenschaften, zu der die<br />
verstärkter<br />
Matrix allein nicht in der Lage wäre.<br />
Kunststoff<br />
„In einem Verbundwerkstoff sind zueinander<br />
passende Einzelwerkstoffe mit-<br />
Glas Faser Kunststoff<br />
Werkstoff Form Matrix<br />
einander kombiniert, so dass sich die<br />
Diese Einteilung wirkt sich auch auf<br />
guten Eigenschaften der Einzelstoffe<br />
die Bezeichnung der Verbundwerkstoffe<br />
aus.<br />
<strong>im</strong> neuen Werkstoff vereinen. Die<br />
nachteiligen Eigenschaften werden<br />
überdeckt.“ 9<br />
Entscheidende Eigenschaften, wie<br />
thermisches Verhalten oder auch<br />
Verformung, führten ferner zu einer<br />
Übersicht / Einteilungen übergeordneten Gliederung der<br />
8 Weißbach<br />
9 Dillinger u. a.: Fachkunde Metall,<br />
Europa-Lehrmittel, 56. Auflage 2010<br />
10 Weißbach<br />
commons/thumb/e/e2/Nido_di_<br />
vespe.jpg/320px-Nido_di_vespe.jpg<br />
Abb. 3: Foto von Imelenchon, Quelle:<br />
http://upload.wik<strong>im</strong>edia.org/wikipedia/<br />
commons/c/c3/Edificio_Fuller_<br />
(Flatiron)_en_2010_desde_el_<br />
Empire_State_crop_boxin.jpg<br />
Abb. 4: Quelle: http://upload.wik<strong>im</strong>edia.<br />
org/wikipedia/commons/2/25/<br />
HBV-Modell_gr.jpg<br />
Abb. 5: Quelle: http://upload.wik<strong>im</strong>edia.<br />
org/wikipedia/commons/thumb/4/4b/<br />
GPO_706_Line_balancing_reverse.<br />
JPG/320px-GPO_706_Line_<br />
balancing_reverse.JPG<br />
Abb. 6: Wolfgang Weißbach: Werkstoffkunde:<br />
Struk<strong>tu</strong>ren, Eigenschaften,<br />
Prüfung, 18. Auflage, Vieweg +Teubner<br />
Verlag, Springer Fachmedien,<br />
Wiesbaden GmbH 2012, S. 280<br />
Abb. 7: http://old.gefuehrtes-lernen.at/_<br />
www/media/files/Flash_Kap4/4.12-<br />
Verbundwerkstoffe.swf Stand:<br />
19.10.2011<br />
46 <strong>tu</strong> 151 / 1. Quartal 2014
Jahresübersicht <strong>tu</strong> 2007–2013<br />
kompakt<br />
2014<br />
ISBN 978-3-7883-9863-7<br />
Best.-Nr. 9863<br />
Preis e 19,90<br />
e 7,90 für Abonnentinnen/Abonnenten<br />
Systemvoraussetzungen:<br />
IBM-kompatibler PC 486 oder höher, mit CD-ROM- oder DVD-Laufwerk,<br />
Windows 9x/NT/2000/XP; Adobe ® Acrobat-Reader ®<br />
Inhalt aller 28 Ausgaben <strong>im</strong> PDF-Format auf dieser CD.<br />
Die Jahrgangs-CD ist mehr als eine Zusammenfassung aller Artikel, denn verschiedene Ansichten helfen Ihnen<br />
bei der Suche. Neben einem Ausgabenverzeichnis finden Sie eine Autorenübersicht mit Verlinkungen direkt in die<br />
jeweiligen Artikel des Verfassers. Im Bereich Rubriken sind alle Themenbereiche aufgelistet und Sie können sich alle<br />
erschienenen Artikel zum gewünschten Themenbereich anzeigen lassen und direkt in die Beiträge klicken.<br />
Neckar-Verlag<br />
Neckar-Verlag GmbH • Klosterring 1 • 78050 Villingen-Schwenningen<br />
Tel. +49 (0)77 21 / 89 87-81 (Fax -50) • bestellungen@neckar-verlag.de • www.neckar-verlag.de<br />
Journal Dampf & Heißluft<br />
Sonderausgabe: Dampf auf Tour 2<br />
ISSN 1616-9298<br />
€ 9,60 [D] € 9,90 [A]<br />
€ 9,90 [EU] sfr 15,90<br />
E 54336<br />
Sonderheft<br />
Journal<br />
S O N D E R -<br />
AU S G A B E<br />
Heißluft<br />
Dampf auf Tour<br />
2<br />
Nostalgische<br />
Ausflugsziele, Museen,<br />
Dampfschiffe und Bahnen<br />
Journal Dampf & Heißluft<br />
Dampf auf Tour<br />
2<br />
Umfang 84 Seiten,<br />
DIN A4<br />
Best.-Nr. 43-2013-01<br />
Preis e 9,60 [D]<br />
„Dampf auf Tour 2“ befasst sich mit dem thematischen Schwerpunkt Dampfmaschinen<br />
<strong>im</strong> musealen Umfeld. Dabei sind alle Sparten der Dampftechnik<br />
vertreten. Das Spektrum reicht vom Dampf auf der Schiene über Dampfschiffe<br />
und stationäre Dampfmaschinen bis hin zum Straßendampf. „Dampf auf<br />
Tour 2“ n<strong>im</strong>mt Sie mit auf große Dampfreise. Auf dieser Reise kommen auch<br />
die Dampfmodellbauer nicht zu kurz. So soll das Sonderheft auch zum Nachbau<br />
der gezeigten originalen Dampfmaschinen anregen. „Dampf auf Tour<br />
2“ ist überwiegend in Deutschland unterwegs mit einigen Abstechern nach<br />
Österreich und in die Schweiz. Die längste Reise führt in das New York Fire<br />
Museum.<br />
Neckar-Verlag<br />
Neckar-Verlag GmbH • Klosterring 1 • 78050 Villingen-Schwenningen<br />
Tel. +49 (0)77 21 / 89 87-38 (Fax -50) • bestellungen@neckar-verlag.de • www.neckar-verlag.de
Beste Qualität aus langer Tradition<br />
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– Adressfeld –<br />
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Kostenlose Infos zum Sägen, Schleifen, Drechseln – mit vielfältigem Zubehör von:<br />
Hegner Präzisionsmaschinen GmbH • Postfach 3250 • 78021 Villingen-Schwenningen<br />
Tel.: 07720 / 99530 • Fax: 07720 / 9953-10 • E-Mail: info@hegner-gmbh.com • Homepage: www.hegner-gmbh.com<br />
Zembrod<br />
Der Shop für Sperrholz, Balsa und Zubehör<br />
Ostlandstraße 5<br />
72505 Krauchenwies<br />
info@sperrholz-shop.de<br />
www.sperrholzshop.de Telefon<br />
07576 / 2121<br />
Fax<br />
07576 / 901557<br />
Mobil<br />
0170 / 9381058<br />
KOSY<br />
Das Koordinatentisch-System<br />
In mehr als 4000 Schulen bewährt.<br />
Eine <strong>Technik</strong>, die Schüler motiviert und Lehrer begeistert.<br />
Erziehung zu Kreativität, Qualität, Planung, Sicherheisbewußtsein<br />
und Systemdenken. Hilfreich bei der vorberuflichen Orientierung.<br />
Machen Sie was .....<br />
Schöne und praktische Dinge für den <strong>Unterricht</strong> oder das Schulfest.<br />
Herstellen von präzisen Teilen mit der Maschine, ergänzt durch handwerkliches<br />
Geschick be<strong>im</strong> Montieren.<br />
Die dritte Generation .....<br />
KOSY3 als weitere Alternative ist da. Maschinen mit integrierter<br />
Schutzzelle, sehr leiser Bearbei<strong>tu</strong>ngseinheit und neuer Steuerung.<br />
Das 3D-Bundle für grundbildende Schulen<br />
- SolidWorks - Schullizenz<br />
- Weit verbreitetes professionelles Konstruktionsprogramm<br />
- Gleichzeitiges Arbeiten an max. 20 Rechnern<br />
- Lehrbuch für den Schulgebrauch<br />
- Der erste Schritt mit Unterstützung<br />
- Viele Beispiele für Lehrer und Schüler<br />
- Sonderversion von nccad9<br />
- Einfache Organisation für den Import<br />
- Mehrseitenbearbei<strong>tu</strong>ng<br />
Neu:<br />
3D Drucken - KOSY kann´s<br />
- Jetzt fräsen und drucken dreid<strong>im</strong>ensional, universell für alle Fälle.<br />
Tauschen Sie die Frässpindel mit einem Druckkopf<br />
- Sie können nicht alles fräsen, aber auch nicht alles drucken.<br />
Erweitern Sie Ihren KOSY zum Drucker<br />
- Das Zubehörteil “Extruder” ist die Basis<br />
- Der Umbau Ihres Systems ist kein Problem<br />
Die Sofware macht es einfach<br />
- Der Druck-Assistent hilft ohne Handbuch