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Ausgabe 4/2010 - Karrieremagazin.net

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Staufenbiel <strong>Karrieremagazin</strong> 04 <strong>2010</strong><br />

Interview EINSTIEG<br />

Die Presse berichtete aber von einem<br />

Machtkampf...<br />

Kann sein. Und ich kann die Presse<br />

in gewisser Weise verstehen. Die Geschichte<br />

ist ja sonst fast schon langweilig:<br />

Da verstehen sich zwei und finden<br />

gemeinsam in ihre neuen Rollen.<br />

Martin Wittig und ich kennen uns seit<br />

vielen Jahren und wissen, wie wir denken.<br />

Natürlich sind wir unterschiedliche<br />

Persönlichkeiten, aber das ist gut<br />

so. Diese Vielfalt braucht man in einer<br />

partnerschaftlichen Organisation, um<br />

konstruktive Diskussionen führen zu<br />

können.<br />

Vielfalt bestimmte auch Ihren Bildungsweg.<br />

Das stimmt. Ich habe praktisch das<br />

deutsche Schulsystem einmal durchprobiert.<br />

Hauptschule, Realschule und<br />

Gymnasium. So konnte ich schließlich<br />

Mathematik und BWL studieren – was<br />

sich im Rückblick als eine glückliche<br />

Kombination herausgestellt hat. Damals<br />

wusste ich allerdings nicht genau,<br />

was ich studieren sollte. Ich fand das<br />

auch nicht so entscheidend.<br />

Wie das?<br />

In der Provinz kam die bewegte 68er-<br />

Zeit fünf bis zehn Jahre später an. So<br />

habe ich sie tatsächlich noch miterlebt<br />

und war politisch engagiert. Ich war<br />

damals so links, wie man nur sein<br />

konnte. Und das aus voller Überzeugung.<br />

Später habe ich mich dann selbst<br />

bekehrt…. Wie das auf dem Dorf so<br />

ist, hatten meine Eltern damals jedenfalls<br />

die Vorstellung, dass ich wie<br />

mein Vater Tischler werden sollte. Das<br />

wollte ich aber nicht, schon allein aus<br />

schierer Rebellion. Stattdessen wollte<br />

ich Architekt werden. Das war allerdings<br />

rasch wieder passé, als ich einen<br />

jungen Architekten aus einem renommierten<br />

Architekturbüro traf, der drei<br />

Jahre lang nur Fahrstuhlschächte geplant<br />

hatte.<br />

Und Ihr Studentenjob in einer Schraubenfabrik<br />

war anspruchsvoller?<br />

Das war ja nur ein Nebenjob. Außerdem<br />

hat er mir gutgetan. Ohne das zu<br />

überhöhen: Es gibt ja viele Studenten,<br />

die branchenfremd arbeiten. Ich finde<br />

das auch gut so. Denn so lernt man<br />

ganz andere Lebenswelten und Umstände<br />

kennen und entwickelt gleichzeitig<br />

eine gewisse Bodenständigkeit.<br />

Heute haben die Studenten keine Zeit mehr<br />

für Nebenjobs...<br />

Wenn das so ist, geht es in eine völlig<br />

falsche Richtung. Mit dem Bologna-Prozess<br />

haben wir ein wichtiges<br />

Gut aufgegeben, das wir gerade in<br />

Deutschland immer hochgehalten haben<br />

– nämlich unsere humanistische<br />

Vorstellung von Ausbildung. Statt an<br />

unserer breiten und interdisziplinären<br />

Bildung festzuhalten, kopieren wir nun<br />

das amerikanische Modell mit seiner<br />

Stromlinien-Ausbildung.<br />

Warum ist es so wichtig, auch in andere Themen<br />

und Fächer zu schauen?<br />

Zum Beispiel, weil Wirtschaft und<br />

Politik sich in Zukunft immer stärker<br />

vermischen. Politische und auch geopolitische<br />

Entscheidungen spielen bei<br />

Unternehmensstrategien eine immer<br />

wichtigere Rolle. Wer ins Consulting<br />

will, muss da Bescheid wissen. Jeder<br />

Student sollte sich während seines Studiums<br />

ganz bewusst bemühen, sich<br />

breit zu bilden und Interessensgebiete<br />

auszubauen. Dazu muss man sich gelegentlich<br />

zwingen. Niemand sollte sich<br />

damit herausreden, dass seine Ausbildung<br />

das einfach nicht zulässt.<br />

Was macht für Sie ein Top-Talent in der Beratung<br />

aus?<br />

Er oder sie sollte erstens überdurchschnittlich<br />

intelligent sein, das versteht<br />

sich von selbst. Zweitens vielseitig interessiert<br />

und breit ausgebildet. Das<br />

entwickelt sich natürlich über die Jahre.<br />

Aber auch bei jungen Absolventen<br />

spürt man schon, ob neue Entwicklungen<br />

sie wirklich faszinieren. Drittens<br />

ist Integrität ganz wichtig.<br />

Warum?<br />

Beratung ist eine anspruchsvolle Tätigkeit.<br />

Es geht nicht nur darum, einen<br />

guten und kreativen Rat zu geben, sondern<br />

auch darum, ihn inhaltlich zu vertreten.<br />

Man darf sich nicht vereinnahmen<br />

lassen. Gefälligkeiten haben dabei<br />

einfach keinen Platz. Berater müssen<br />

den Mut haben, eine eigene Meinung<br />

in einer Diskussion zu vertreten und<br />

persönlich zu überzeugen. Es ist wichtig<br />

zu erkennen, wann aus einem guten<br />

Vorschlag für ein Unternehmen ein<br />

schlechter Kompromiss wird.<br />

Gute Noten, eine kurze Studiendauer und<br />

Charakter sind bei Ihnen ja schon Mindestanforderungen<br />

an Einsteiger. Schrecken<br />

Sie damit nicht auch gute Leute ab?<br />

Da wird immer eine Welt aufgebaut, in<br />

der das alles zu viel verlangt ist. Dazu<br />

gibt es aber zu viele Gegenbeispiele.<br />

Nehmen Sie doch den angeblichen Gegensatz:<br />

Auf der einen Seite stehen die<br />

Muster- Absolventen mit guten Noten<br />

und auf der anderen Seite die Persönlichkeiten.<br />

Alles falsch. Man kann eine<br />

starke Persönlichkeit sein und trotzdem<br />

gute Noten haben. Aber es mag<br />

sein, dass manchmal auch ein wirklich<br />

exzellenter Bewerber durchfällt –<br />

schon wegen der schieren Anzahl der<br />

Bewerbungen. Wer behauptet, dass<br />

Auswahlverfahren unfehlbar sind, ist<br />

nicht ehrlich zu sich selbst. Das darf<br />

für einen Absolventen aber kein Grund<br />

sein, sich entmutigen zu lassen, wenn<br />

er wirklich von seinem Weg überzeugt<br />

ist.<br />

Wie Sie selbst sagen, braucht es ein wenig<br />

Zeit, sich zu entwickeln. Was ist, wenn das<br />

länger dauert als die Regelstudienzeit?<br />

Das ist in Ordnung. Und ich weiß, >>><br />

staufenbiel.de<br />

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