17.03.2014 Aufrufe

Datei-Download - Kanzlernet.de

Datei-Download - Kanzlernet.de

Datei-Download - Kanzlernet.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

AUS DEN ORGANISATIONEN<br />

HELMUTH GRAMM | HAMBURG<br />

Auf <strong>de</strong>m Weg zu einem Konfliktmanagementsystem<br />

an <strong>de</strong>r Hochschule für<br />

Angewandte Wissenschaften Hamburg<br />

348<br />

Zusammenfassung<br />

Im Jahr 2005 wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Hochschule<br />

für Angewandte Wissenschaften<br />

Hamburg eine Dienstvereinbarung<br />

zum Umgang mit Konflikten<br />

abgeschlossen. In dieser wur<strong>de</strong>n<br />

u. a. ein Verfahren zur Konfliktbearbeitung<br />

und die Einsetzung von Konfliktlotsen<br />

geregelt. Der Autor, seit<br />

2003 an <strong>de</strong>n Prozessen zur Entwicklung<br />

und Etablierung von Konfliktmanagement<br />

an <strong>de</strong>r Hochschule<br />

betei ligt, beschreibt die Konzipierungsphase<br />

bis zum Abschluss <strong>de</strong>r<br />

Dienstvereinbarung und die Weiterentwicklung<br />

<strong>de</strong>s Konfliktmanagements<br />

in <strong>de</strong>r Zeit danach. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

wirft er einen Blick auf die<br />

Tätigkeit <strong>de</strong>r Konfliktlotsen.<br />

Schlüsselbegriffe<br />

Dienstvereinbarung, Konfliktlotsen,<br />

Konfliktmanagementsystem, Hochschule,<br />

interne Mediatoren<br />

1. JAHRGANG, HEFT 4/2012<br />

Entwicklung<br />

und Etablierung<br />

1<br />

In diesem Beitrag wird <strong>de</strong>r Einfachheit halber<br />

überwiegend die männliche Form verwen<strong>de</strong>t,<br />

um <strong>de</strong>m Leser ein angenehmes und flüssiges<br />

Lesen zu ermöglichen. Selbstverständlich<br />

gelten die Ausführungen auch für weibliche<br />

Personen.<br />

Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften<br />

Hamburg (bis 2001 Fachhochschule<br />

Hamburg) ist die zweitgrößte<br />

Hochschule <strong>de</strong>r Hansestadt<br />

und die drittgrößte ihrer Art in <strong>de</strong>r<br />

Bun<strong>de</strong>srepublik. Sie bietet an vier verschie<strong>de</strong>nen<br />

Standorten etwa 14 000<br />

Studieren<strong>de</strong>n ein vielseitiges und um -<br />

fassen<strong>de</strong>s Studienangebot mit Bachelor-<br />

und Masterabschlüssen. Rund<br />

1000 Mitarbeiter sind bei <strong>de</strong>r Hochschule<br />

beschäftigt. Zu ihren Tätigkeitsfel<strong>de</strong>rn<br />

zählen Lehre und Forschung,<br />

Verwaltung, technischer Betrieb und<br />

vieles mehr.<br />

2003 entstan<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r HAW zwei<br />

Initiativen zum Umgang mit Konflikten.<br />

Im Bereich Personalentwicklung<br />

wur<strong>de</strong> das Thema »Konfliktanlaufstelle«<br />

ergriffen und im Bereich Ar -<br />

beitsschutz (angestoßen vom damaligen<br />

Kanzler <strong>de</strong>r Hochschule) das<br />

Thema »Mobbing«. Die Impulse flossen<br />

zusammen in <strong>de</strong>r »Entwicklungsgruppe<br />

Streitkultur«, getragen von<br />

sechs Kollegen 1 aus <strong>de</strong>n Bereichen Personalentwicklung,<br />

Hausmeisterei, Ar -<br />

beitsschutz, Gebäu<strong>de</strong>management und<br />

Lehre.<br />

Die Ausgangslage für die Etablierung<br />

eines Konfliktmanagements (KM)<br />

war im Sinne <strong>de</strong>s Promotorenmo<strong>de</strong>lls 2<br />

sehr günstig.<br />

Ë<br />

Ë<br />

Ë<br />

Sowohl die Geschäftsführung als<br />

auch die Personalführung unterstützten<br />

die Initiative. (Machtpromotoren)<br />

Ein Mitglied <strong>de</strong>r Entwicklungsgruppe<br />

befand sich in einer Coaching-Ausbildung<br />

und ich war bereits<br />

ausgebil<strong>de</strong>ter Mediator. Außer<strong>de</strong>m<br />

lagen Erfahrungen bezüglich Projektmanagement<br />

und Organisationsentwicklung<br />

vor. (Fachpromotoren)<br />

Alle Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gruppe waren<br />

mit <strong>de</strong>n Strukturen <strong>de</strong>r Hochschule<br />

gut vertraut und im Kollegenkreis<br />

gut vernetzt. (Prozesspromotoren)<br />

Die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Entwicklungsgruppe<br />

entschie<strong>de</strong>n sich zu einer Vorgehensweise<br />

bei <strong>de</strong>r Etablierung, die<br />

die Beschäftigten und <strong>de</strong>ren Anliegen<br />

von Beginn an mit einbezog und Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>s Experimentierens einschloss:<br />

Erst im Anschluss an Be -<br />

2<br />

von Oertzen und Nöl<strong>de</strong>ke, 2011, S. 57<br />

konflikt<br />

Dynamik


KONFLIKTMANAGEMENTSYSTEM AN DER HOCHSCHULE<br />

standsaufnahme und Projektarbeit<br />

sollte ein Konzept in Form einer<br />

Dienstvereinbarung festgeschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Bestandsaufnahme<br />

Eine systematische Bestandsaufnahme<br />

konnte im Rahmen <strong>de</strong>r personellen<br />

und zeitlichen Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungsgruppe nicht erfolgen,<br />

<strong>de</strong>shalb wur<strong>de</strong>n stichpunktartige<br />

Interviews sowie Gespräche mit Führungskräften,<br />

Beschäftigten sowie In -<br />

teressenvertretungen durchgeführt.<br />

Zunächst bestehen an <strong>de</strong>r HAW für<br />

das Arbeitsleben typische Konstellationen,<br />

in <strong>de</strong>nen Konflikte auftauchen:<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen zwischen Mitarbeitern<br />

zählen genauso dazu wie<br />

Teamkonflikte o<strong>de</strong>r Schwierigkeiten<br />

zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern.<br />

Die beson<strong>de</strong>re Organisationsform<br />

einer Hochschule bedingt jedoch<br />

spezielle Spannungsfel<strong>de</strong>r und Situationen,<br />

die oft Konflikte mit sich bringen:<br />

konflikt<br />

Dynamik<br />

Ë Die Hochschule wird von zwei un -<br />

terschiedlichen Systemen geführt:<br />

<strong>de</strong>r Selbstverwaltung und <strong>de</strong>r Auftragsverwaltung.<br />

Die vom Grundsatz<br />

<strong>de</strong>r Freiheit von Lehre und<br />

Forschung geprägte Lehr- und Forschungstätigkeit<br />

steht im Gegensatz<br />

zur eher bürokratisch orientierten<br />

Hochschulverwaltung.<br />

Ë Das breite Studienangebot <strong>de</strong>r<br />

HAW (Ingenieurwissenschaften,<br />

Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,<br />

Design und Medien)<br />

bringt unterschiedliche Kulturen<br />

mit sich.<br />

Ë Durch die Politik gefor<strong>de</strong>rte Verän<strong>de</strong>rungsprozesse<br />

(z. B. Fakultätenbildung,<br />

Einführung von Bachelorund<br />

Masterabschlüssen) wer<strong>de</strong>n<br />

kaum professionell begleitet.<br />

Ë Infolge <strong>de</strong>r Verknappung von Ressourcen<br />

und Steigerung <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>nzahlen<br />

kommt es zu einer<br />

Arbeitsverdichtung.<br />

Ë Im wissenschaftlichen Bereich<br />

tätige Führungskräfte sehen die mit<br />

ihrer Personalverantwortung verbun<strong>de</strong>nen<br />

Aufgaben oft nicht.<br />

Die Mehrzahl <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ntifizierten Konfliktthemen<br />

bezog sich auf Aspekte<br />

von Kommunikation, Zusammenarbeit<br />

und Führung. Es gab bereits eine<br />

Vielzahl von Anlaufstellen für Beschäftigte<br />

in Konfliktsituationen, wie beispielsweise<br />

<strong>de</strong>n Personalrat, die Suchtberatung,<br />

<strong>de</strong>n arbeitsmedizinischen<br />

Dienst o<strong>de</strong>r die Stabsstelle für Gleichstellung.<br />

Insgesamt entstand jedoch<br />

<strong>de</strong>r Eindruck, dass <strong>de</strong>r Bearbeitung<br />

von Konflikten eher ausgewichen<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Projektphase<br />

Um <strong>de</strong>n Beschäftigten das Thema<br />

Konflikte näherzubringen, sie mit einzubeziehen<br />

und nicht zuletzt um<br />

Ängste zu nehmen, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Entwicklungsprozess<br />

ständig transparent<br />

gehalten. Dazu wur<strong>de</strong> an möglichst<br />

vielen Stellen das Thema Konflikte ins<br />

Gespräch gebracht (z. B. in Führungskräfterun<strong>de</strong>n,<br />

Personalversammlungen,<br />

Personalratssitzungen, Workshops<br />

zum Thema Konflikte).<br />

Mit <strong>de</strong>m Ziel, <strong>de</strong>n Beschäftigten<br />

eine neutrale Konfliktanlaufstelle und<br />

neue Instrumente zur Konfliktbearbeitung<br />

zu bieten, wur<strong>de</strong>n zwei Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungsgruppe, eine<br />

Kollegin und ich, als Konfliktlotsen 3<br />

eingesetzt. Ein Vorteil interner Kon-<br />

3<br />

Der Aufgabenzuschnitt orientierte sich an<br />

<strong>de</strong>m von Andrea Bud<strong>de</strong> veröffentlichten Konzept<br />

<strong>de</strong>r Konfliktlotsen: Bud<strong>de</strong>, 2003.<br />

PRAXISSCHEIBE MEDIATION<br />

Das innovative Lern- und Begleitmedium<br />

für die Mediation<br />

Informationen,<br />

Preise, Kontakt unter<br />

www.innovationen-leben.<strong>de</strong><br />

INNOVATIONENLEBEN<br />

Juliane Delkeskamp, M.A.<br />

Pädagogin · Mediatorin · Coach<br />

<br />

7<br />

Münchner FamilienKolleg<br />

Systemisches Institut<br />

Blutenburgstr. 57<br />

80636 München<br />

Fon: 089 – 22 29 92<br />

mfk.familienkolleg@t-online.<strong>de</strong><br />

http:/www.mfk-fortbildung.<strong>de</strong><br />

Fortbildung 2012<br />

Rüdiger Retzlaff:<br />

Familien-Stärken - Resilienz und Ressourcen<br />

in <strong>de</strong>r Beratung mit Eltern von Kin<strong>de</strong>rn mit Behin<strong>de</strong>rung<br />

19. - 20. Oktober 2012<br />

Annegret Sirringhaus-Bün<strong>de</strong>r:<br />

Marte-Meo-Beratung: Grundkurs Anwendung<br />

09. - 10. November 20102,<br />

11. - 12. Januar 2013, 08. - 09. März 2013<br />

Vorschau 2013<br />

Danie Beaulieu: Impact Therapy<br />

Depression, Burnout, Ängste<br />

19. - 20. April 2013<br />

Gerd F. Müller: Systemisch beraten - kompakt<br />

„Systemisches Mosaik“ 2013<br />

Weiterbildungsreihe 8 Seminare in 12 Monaten<br />

21. - 23. Juni, 26. - 27. Juli, 21. September,<br />

15. - 16. November 2013.<br />

Weitere Termine 2014.<br />

Stefan Hammel:<br />

Vom Ungesagten in <strong>de</strong>r Therapie: Implikationen<br />

22. - 23. November 2013<br />

Bitte for<strong>de</strong>rn Sie unser Programm an.<br />

1. JAHRGANG, HEFT 4/2012 349


AUS DEN ORGANISATIONEN<br />

350<br />

fliktberater 4 besteht in ihrem Wissen<br />

um die typischen Situationen an <strong>de</strong>r<br />

Hochschule. Hierin liegt an<strong>de</strong>rerseits<br />

die Gefahr <strong>de</strong>r Voreingenommenheit.<br />

Das Angebot wur<strong>de</strong> mittels Faltblatt,<br />

im Intranet und per Rundmail bekannt<br />

gemacht. Die Erfahrungen <strong>de</strong>r Konfliktlotsen<br />

in ihrer Tätigkeit als An -<br />

sprechpersonen und als Konfliktbearbeiter<br />

konnten direkt in die Konzeptentwicklung<br />

einfließen.<br />

Eine Möglichkeit <strong>de</strong>s Umgangs mit<br />

wenig eskalierten Konflikten ist die<br />

Unterstützung durch Kollegen. Um<br />

hierfür einen Rahmen zu bieten,<br />

schulten die Konfliktlotsen Beschäftigte<br />

in <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kollegialen<br />

Beratung. 5<br />

Entlang eines lösungsorientierten<br />

Verfahrens konnten in<br />

<strong>de</strong>n im Anschluss gegrün<strong>de</strong>ten Gruppen<br />

schwierige Situationen <strong>de</strong>s Ar -<br />

beitsalltags (also auch Konfliktlagen)<br />

besprochen und damit einer Eskalation<br />

vorgebeugt wer<strong>de</strong>n.<br />

Relativ bald nach <strong>de</strong>m Start <strong>de</strong>r<br />

Konzeptentwicklung vernetzten sich<br />

die Konfliktlotsen mit Kollegen (Personalentwickler,<br />

Personalräte, Berater ...)<br />

aus an<strong>de</strong>ren Hamburger Behör<strong>de</strong>n<br />

und Hochschulen. 6<br />

Bis heute fin<strong>de</strong>t<br />

im Rahmen dieser Plattform ein regelmäßiger<br />

Austausch und gegenseitige<br />

Unterstützung zum Thema KM statt.<br />

Konzepte und<br />

Dienstvereinbarung<br />

4<br />

Ein Konfliktberater hat die Funktion einer<br />

Konfliktanlaufstelle (Gläßer, U./Kirchhoff, L.,<br />

2011, S. 19). Im praktischen Gebrauch wird<br />

<strong>de</strong>r Begriff auch für Konfliktbearbeiter (z. B.<br />

Mediatoren) verwen<strong>de</strong>t.<br />

5<br />

Tietze, 2003.<br />

6<br />

Weiterführen<strong>de</strong> Informationen:<br />

ww.netzwerk-konfliktmanagement.<strong>de</strong><br />

1. JAHRGANG, HEFT 4/2012<br />

Nach <strong>de</strong>n ersten Erfahrungen in <strong>de</strong>n<br />

Projekten wur<strong>de</strong> in Rücksprache mit<br />

<strong>de</strong>r Hochschulleitung und <strong>de</strong>m Personalrat<br />

<strong>de</strong>r Entschluss gefasst, das Konzept<br />

zum Umgang mit Konflikten in<br />

<strong>de</strong>n Abschluss einer Dienstvereinbarung<br />

(DV) 7 mün<strong>de</strong>n zu lassen. Hierdurch<br />

sollte <strong>de</strong>r Stellenwert <strong>de</strong>s Themas<br />

unterstrichen wer<strong>de</strong>n. Für <strong>de</strong>n<br />

Entwurf <strong>de</strong>r DV wur<strong>de</strong> einerseits eine<br />

Vielzahl existieren<strong>de</strong>r Vereinbarungen<br />

(Behör<strong>de</strong>n, Wirtschaft, Hochschulen)<br />

verglichen und ausgewertet. An<strong>de</strong>rerseits<br />

wur<strong>de</strong>n die Erfahrungen aus <strong>de</strong>r<br />

Bestandsaufnahme und <strong>de</strong>n Projekten<br />

herangezogen, um <strong>de</strong>r HAW angemessene<br />

Regelungen zu formulieren.<br />

Eine grundlegen<strong>de</strong> Entscheidung be -<br />

stand darin, die Themen Konflikte,<br />

sexuelle Belästigung, Mobbing und<br />

Diskriminierung in einer gemeinsamen<br />

DV zu regeln.<br />

Die schließlich 2005 abgeschlossene<br />

DV beinhaltet Regelungen zu verschie<strong>de</strong>nen<br />

Elementen <strong>de</strong>s KM. Dazu<br />

zählen das Recht auf Beratung und<br />

Beschwer<strong>de</strong>, ein Verfahren zum Um -<br />

gang mit Konflikten, die Wichtigkeit<br />

präventiver Maßnahmen und die Institutionalisierung<br />

von Konfliktlotsen. 8<br />

Konfliktlotsen<br />

Die Konfliktlotsen haben die Aufgabe,<br />

Beratungsgespräche durchzuführen<br />

und Konfliktbearbeitungen zu mo<strong>de</strong>rieren.<br />

Sie sollen im Rahmen ihrer<br />

Möglichkeiten Präventionsmaßnahmen<br />

anregen und durchführen.<br />

7<br />

Vertrag, <strong>de</strong>r im öffentlichen Dienst zwischen<br />

<strong>de</strong>r Dienststellenleitung und <strong>de</strong>m Personalrat,<br />

also <strong>de</strong>r Vertretung <strong>de</strong>r Beschäftigten in<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Dienststelle, abgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n kann (rechtliche Grundlage: PersVG<br />

<strong>de</strong>s jeweiligen Bun<strong>de</strong>slan<strong>de</strong>s).<br />

8<br />

Unter folgen<strong>de</strong>r Adresse kann die DV nachgelesen<br />

wer<strong>de</strong>n: http://www.netzwerk-konfliktmanagement.<strong>de</strong>/konfliktmanagement/<br />

dienstvereinbarungen.html<br />

Weitere Regelungen:<br />

Ë<br />

Ë<br />

Ë<br />

Ë<br />

Ë<br />

Ë<br />

Die Konfliktlotsen sind ausreichend<br />

geschult.<br />

Eingesetzt wer<strong>de</strong>n min<strong>de</strong>stens zwei<br />

Konfliktlotsen (eine Frau und ein<br />

Mann).<br />

Sie wer<strong>de</strong>n für zwei Jahre durch<br />

Präsidium und Personalrat be -<br />

nannt.<br />

Die Tätigkeiten wer<strong>de</strong>n zusätzlich<br />

zu an<strong>de</strong>rweitigen Dienstaufgaben<br />

erledigt. Falls erfor<strong>de</strong>rlich, wer<strong>de</strong>n<br />

sie von diesen teilweise 9<br />

entbun<strong>de</strong>n.<br />

Die Konfliktlotsen sind neutral und<br />

allparteilich.<br />

Sie sind in <strong>de</strong>r Ausübung ihrer<br />

Tätigkeit weisungsfrei.<br />

Verfahren zum Umgang<br />

mit Konflikten<br />

Das Verfahren zum Umgang mit Konflikten<br />

ist in mehrere Stufen geglie<strong>de</strong>rt.<br />

Ist eine persönliche Klärung zwischen<br />

Konfliktparteien nicht möglich,<br />

können sie eine Konfliktanlaufstelle<br />

aufsuchen. Ziel ist es, die Ratsuchen<strong>de</strong>n<br />

emotional zu entlasten und ge -<br />

meinsam Umgehensweisen mit <strong>de</strong>r<br />

Situation zu entwickeln. Wenn nötig,<br />

wird daraufhin eine Vermittlung, z. B.<br />

durch Mediation, eingeleitet. Nach<br />

einer gescheiterten Vermittlung o<strong>de</strong>r<br />

falls diese nicht möglich ist, kann ein<br />

Konfliktrat einberufen wer<strong>de</strong>n (Zu -<br />

sammensetzung: Personalabteilung,<br />

Personalrat, am Konflikt unbeteiligter<br />

Vorgesetzter, Konfliktlotse), <strong>de</strong>r nach<br />

einer Anhörung, ähnlich wie ein<br />

Schlichter, fallbezogene Maßnahmen<br />

vorschlägt.<br />

9<br />

Ein bestimmter Zeitumfang wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r DV<br />

nicht festgelegt.<br />

konflikt<br />

Dynamik


KONFLIKTMANAGEMENTSYSTEM AN DER HOCHSCHULE<br />

1<br />

2<br />

Persönliche Klärung<br />

Beratung<br />

3 Klärung und Vermittlung<br />

4 Intensivierung <strong>de</strong>r Vermittlung<br />

5<br />

Konfliktrat<br />

Lösung<br />

Abbildung 1 Verfahren<br />

Arbeitsorganisation: fehlen<strong>de</strong> Führungsverantwortung,<br />

mangeln<strong>de</strong> Wertschätzung,<br />

Ausgrenzung im Team,<br />

gestörte Kommunikation, Arbeitsüberlastung,<br />

unklare Zuständigkeiten<br />

und Aufgabenzuschnitte, Unsicherheiten<br />

in Verän<strong>de</strong>rungsprozessen.<br />

Die Kontaktaufnahme zu <strong>de</strong>n Konfliktlotsen<br />

erfolgt einerseits telefonisch<br />

o<strong>de</strong>r per E-Mail. An<strong>de</strong>rerseits<br />

ergeben sich in vielen Fällen bei persönlichen<br />

Begegnungen Verabredungen<br />

zu einem Beratungstermin. An -<br />

gesprochen wer<strong>de</strong>n die Konfliktlotsen<br />

direkt durch Konfliktbeteiligte o<strong>de</strong>r<br />

durch <strong>de</strong>ren Vorgesetzte. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

vom Personalrat wer<strong>de</strong>n einige<br />

Fälle weitergeleitet.<br />

Erfahrungen und<br />

Weiterentwicklung<br />

Vor etwa acht Jahren haben die Konfliktlotsen<br />

ihre Beratungstätigkeit aufgenommen.<br />

Zeit für eine Bilanzierung!<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n wird ein Einblick<br />

in die gesammelten Erfahrungen und<br />

in die Weiterentwicklung <strong>de</strong>s KM ge -<br />

geben.<br />

Nachfrage <strong>de</strong>r Beratungsund<br />

Vermittlungsangebote<br />

<strong>de</strong>r Konfliktlotsen<br />

Anfänglich wur<strong>de</strong>n vor allem über<br />

Jahre verhärtete o<strong>de</strong>r stark eskalierte<br />

Konflikte an die Konfliktlotsen herangetragen.<br />

Hier bestand die Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

darin, <strong>de</strong>n Auftraggebern, aber<br />

auch <strong>de</strong>n Konfliktparteien <strong>de</strong>utlich zu<br />

machen, dass die Instrumente <strong>de</strong>r<br />

Konfliktlotsen keine »Zaubermittel«<br />

sind: Eine erfolgreiche Lösung von<br />

Konflikten ist nur möglich, wenn die<br />

Konfliktparteien sich auf einen Klärungs-<br />

o<strong>de</strong>r Mediationsprozess einlassen<br />

und wenn Führungskräfte <strong>de</strong>n<br />

konflikt<br />

Dynamik<br />

Mut haben, notwendige Entscheidungen<br />

zu treffen.<br />

Die Anzahl <strong>de</strong>r Fallbearbeitungen<br />

ist im Laufe <strong>de</strong>r Jahre stark angestiegen.<br />

Etwa 130 Fälle wur<strong>de</strong>n mittlerweile<br />

bearbeitet. Es ist anzunehmen,<br />

dass die Grün<strong>de</strong> für diese hohe Nachfrage<br />

in <strong>de</strong>r kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit<br />

(s. u.), in <strong>de</strong>r Unterstützung<br />

seitens <strong>de</strong>r Hochschulleitung, in<br />

<strong>de</strong>r Wirkung erfolgreicher Konfliktbearbeitungen<br />

und nicht zuletzt in<br />

<strong>de</strong>m begeisterten Weiterentwickeln<br />

<strong>de</strong>s Konfliktmanagements liegen. Die<br />

Beratungsanfragen kamen zunächst<br />

aus <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r Verwaltungsangestellten<br />

und aus <strong>de</strong>n technischen<br />

Betriebseinheiten. Mittlerweile wird<br />

das Angebot auch verstärkt von <strong>de</strong>n in<br />

Forschung und Lehre Beschäftigten<br />

angenommen. Eine Ursache hierfür<br />

liegt vermutlich darin, dass infolge <strong>de</strong>r<br />

steigen<strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>nzahlen und<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsverdichtung auch in diesem<br />

Bereich <strong>de</strong>r Bearbeitung von<br />

Konflik ten nicht mehr ausgewichen<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Die meisten <strong>de</strong>r bearbeiteten Konfliktthemen<br />

ergaben sich in <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn<br />

Team- und Betriebsklima, Führen<br />

und Sich-Führen-Lassen sowie<br />

Eingesetzte Instrumente<br />

In einem Teil <strong>de</strong>r Fälle konnte <strong>de</strong>n<br />

Konfliktparteien bzw. Vorgesetzten<br />

bereits im Erstgespräch geholfen wer<strong>de</strong>n,<br />

mit einer schwierigen Situation<br />

umzugehen. In vielen Fällen wur<strong>de</strong><br />

die Situation mittels Mediation o<strong>de</strong>r<br />

Konfliktmo<strong>de</strong>ration geklärt bzw. vermittelt.<br />

In an<strong>de</strong>ren Fällen wur<strong>de</strong>n Personen<br />

über einen längeren Zeitraum<br />

mittels Konflikt-Coaching begleitet.<br />

Beispielsweise zur Vorbereitung auf<br />

eine Mediation o<strong>de</strong>r im Anschluss an<br />

eine gescheiterte Vermittlung zur psychologischen<br />

Stärkung. Der Konfliktrat<br />

wur<strong>de</strong> bisher nur in zwei Fällen<br />

eingesetzt.<br />

In <strong>de</strong>r Folge einiger Konfliktbearbeitungen<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Konfliktlotsen<br />

Workshops zum Thema »Zusammenarbeit<br />

im Team« mo<strong>de</strong>riert. 10 Die<br />

positiven Erfahrungen mit diesen<br />

Maßnahmen führten dazu, dass die<br />

Konfliktlotsen mittlerweile mehrfach<br />

für die Mo<strong>de</strong>rationen von Teamwork-<br />

10<br />

Über <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen systematischer<br />

Konfliktbehandlung und Teamentwicklung<br />

vgl. Kilburg, S. et al., 2012, S. 110 – 118<br />

1. JAHRGANG, HEFT 4/2012 351


AUS DEN ORGANISATIONEN<br />

352<br />

shops und Führungskräfterun<strong>de</strong>n an -<br />

gefragt wur<strong>de</strong>n.<br />

Kollegiale Beratungsgruppen<br />

11<br />

Projekt »Lehren lernen – Coaching <strong>de</strong>r Lehren<strong>de</strong>n<br />

zur nachhaltigen Verbesserung <strong>de</strong>r<br />

Lehre«, geför<strong>de</strong>rt vom Stifterverband für die<br />

Deutsche Wissenschaft und von <strong>de</strong>r Kultusministerkonferenz<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s Wettbewerbs<br />

für exzellente Lehre. Weitere Informationen:<br />

http://www.haw-hamburg.<strong>de</strong>/<br />

weiterbildung/zentrum-fuer-lehren-und-lernen.html<br />

1. JAHRGANG, HEFT 4/2012<br />

Die Teilnehmer an <strong>de</strong>n kollegialen<br />

Beratungsgruppen kommen vor allem<br />

aus <strong>de</strong>m Verwaltungsbereich und aus<br />

<strong>de</strong>m aka<strong>de</strong>mischen Mittelbau. Nach<br />

etwa sechsjährigem Bestehen haben<br />

sich einige <strong>de</strong>r zu Projektbeginn ge -<br />

grün<strong>de</strong>ten Gruppen aufgelöst. An<strong>de</strong>rerseits<br />

wur<strong>de</strong>n durch die Konfliktlotsen<br />

weitere Kollegen methodisch<br />

geschult, so dass neue Gruppen hinzukommen<br />

konnten. In einem vierstündigen<br />

Workshop wer<strong>de</strong>n Interessenten<br />

in das lösungsorientierte Beratungsverfahren<br />

mittels Vortrag und<br />

Übungseinheiten eingeführt. Im An -<br />

schluss besteht die Möglichkeit zur<br />

Bildung von Beratungsgruppen, welche<br />

anfänglich von einem <strong>de</strong>r Konfliktlotsen<br />

begleitet wer<strong>de</strong>n, um die<br />

Verfahrenskompetenz und die Me -<br />

tho<strong>de</strong>nkompetenz (u. a. Mo<strong>de</strong>ration,<br />

Brainstorming, Sharing, Feedback<br />

und Prozessbeobachtung) zu festigen.<br />

Erstmalig wur<strong>de</strong> in diesem Jahr eine<br />

ausschließlich aus Führungskräften<br />

zusammengesetzte Gruppe gegrün<strong>de</strong>t.<br />

Für Professoren wird zurzeit an<br />

an<strong>de</strong>rer Stelle 11<br />

eine vergleichbare<br />

Maßnahme etabliert.<br />

Die Gruppen treffen sich jährlich<br />

etwa fünf Mal für zwei Stun<strong>de</strong>n. Mit<br />

wachsen<strong>de</strong>m Vertrauen untereinan<strong>de</strong>r<br />

nahm die Intensität und Tiefe <strong>de</strong>r<br />

behan<strong>de</strong>lten Themen zu. Je<strong>de</strong> Gruppe<br />

fand letztlich ihren eigenen Arbeitsstil.<br />

Die Rückmeldungen <strong>de</strong>r Teilnehmer<br />

zu Arbeitsweise und Erfolg <strong>de</strong>r<br />

Maßnahme sind durchweg positiv. Die<br />

Normalität von Konflikten wur<strong>de</strong> er -<br />

lebbar (»Es ist okay, wenn du einen<br />

Konflikt hast und dich dann erst mal<br />

schlecht fühlst!«) und Möglichkeiten<br />

zum kreativen Umgang mit <strong>de</strong>rartigen<br />

Situationen wur<strong>de</strong>n erlernt (»Jetzt<br />

weiß ich, wie ich es hinbekomme, eine<br />

schwierige Situation mal mit Abstand<br />

anzuschauen«).<br />

Diskussionsveranstaltungen<br />

und Themen-Workshops<br />

Mit <strong>de</strong>m Ziel, das Thema »Konflikte«<br />

weiter in <strong>de</strong>r Hochschulkultur zu etablieren,<br />

wird seit etwa drei Jahren eine<br />

Diskussionsreihe durchgeführt. Zweimal<br />

jährlich halten die Konfliktlotsen<br />

gemeinsam Impulsreferate zu einem<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Thema (z. B. Gewaltfreie<br />

Kommunikation o<strong>de</strong>r Wertschätzung)<br />

und mo<strong>de</strong>rieren eine daran<br />

anschließen<strong>de</strong> Gesprächsrun<strong>de</strong>. Im<br />

Schnitt nehmen jeweils 15 Beschäftigte<br />

an <strong>de</strong>n etwa zweistündigen Veranstaltungen<br />

teil. Ein positiver Nebeneffekt<br />

<strong>de</strong>r Veranstaltung liegt darin, dass<br />

die Teilnehmer die Konfliktlotsen und<br />

ihre Kompetenzen kennenlernen können.<br />

Parallel dazu wur<strong>de</strong> von Führungskräften<br />

aus <strong>de</strong>m Verwaltungsbereich<br />

<strong>de</strong>r Wunsch nach Workshops zu As -<br />

pekten aus <strong>de</strong>m Bereich KM geäußert.<br />

Den Auftakt bil<strong>de</strong>te eine Veranstaltung<br />

zum Thema »Achtsamkeit und Wertschätzung«.<br />

Vertrauensstelle<br />

Das Aufgabenfeld <strong>de</strong>r Konfliktlotsen<br />

ist ausgerichtet auf Konflikte zwischen<br />

Beschäftigten. Vor etwa zwei Jahren<br />

wur<strong>de</strong> zusätzlich eine neutrale Anlaufstelle<br />

für Konflikte zwischen Beschäftigten<br />

und Studieren<strong>de</strong>n versuchsweise<br />

aufgebaut. »Ihre Aufgabe ist es<br />

Beschwer<strong>de</strong>n entgegenzunehmen, bei<br />

<strong>de</strong>r Klärung schwieriger Situationen<br />

<strong>de</strong>s Studienalltags zu unterstützen<br />

und in Konfliktfällen zu vermitteln.« 12<br />

Die Anlaufstelle wird von einem Tan<strong>de</strong>m<br />

aus Stu<strong>de</strong>ntin und Professorin<br />

gebil<strong>de</strong>t. Das Beratungsangebot wird<br />

von <strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n mittlerweile<br />

sehr gut angenommen: Im laufen<strong>de</strong>n<br />

Semester wur<strong>de</strong>n etwa 15 Fälle bearbeitet.<br />

Interne Bekanntmachung<br />

Bis heute ist eine intensive Bekanntmachung<br />

<strong>de</strong>r Möglichkeiten zum<br />

Umgang mit Konflikten ein wichtiges<br />

Tätigkeitsfeld <strong>de</strong>r Konfliktlotsen. Sehr<br />

hilfreich ist die regelmäßige Präsenz<br />

<strong>de</strong>r Konfliktlotsen auf Versammlungen<br />

und Veranstaltungen. Das persönliche<br />

Gespräch eignet sich beson<strong>de</strong>rs<br />

gut zum Vertrauensaufbau.<br />

Um die Vielzahl <strong>de</strong>r Konfliktanlaufstellen<br />

transparent zu machen, erstellten<br />

die Konfliktlotsen nach Abschluss<br />

<strong>de</strong>r DV in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r<br />

Stabsstelle für Gleichstellung ein Faltblatt,<br />

in <strong>de</strong>m alle Konfliktansprechpersonen<br />

und die Unterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Beratungsangebote aufgeführt wur<strong>de</strong>n.<br />

Eine Vorstellung <strong>de</strong>r Konfliktlotsen<br />

im Intranet wur<strong>de</strong> eingerichtet,<br />

aber mangels zeitlicher Ressourcen<br />

kaum gepflegt.<br />

Qualitätssicherung<br />

Den anfänglich bestehen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>nken<br />

gegenüber einer zu engen kollegialen<br />

Verbindung zwischen Konfliktlotsen<br />

und Konfliktparteien konnte<br />

dadurch begegnet wer<strong>de</strong>n, dass ggf.<br />

Berater von einem unbeteiligten<br />

Standort <strong>de</strong>r HAW eingesetzt wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Weisungsfreiheit <strong>de</strong>r Konfliktlotsen<br />

wur<strong>de</strong> im gesamten Zeitraum respektiert.<br />

12<br />

Gramm et al., 2011, S. 182<br />

konflikt<br />

Dynamik


KONFLIKTMANAGEMENTSYSTEM AN DER HOCHSCHULE<br />

Voraussetzungen für die Tätigkeit<br />

als Konfliktlotse sind fundierte Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten bezüglich Beratung<br />

und Vermittlung. Sollte ein neu<br />

benannter Konfliktlotse diese nicht<br />

bereits an an<strong>de</strong>rer Stelle erworben<br />

haben, wird ihm eine zweijährige<br />

Ausbil dung zum betrieblichen Konfliktberater<br />

an <strong>de</strong>r Universität Hamburg<br />

finanziert. 13<br />

Notwendig ist <strong>de</strong>s<br />

Weiteren die Reflektion <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n<br />

Beratungstätigkeit. Seit drei Jahren<br />

wird <strong>de</strong>n Konfliktlotsen seitens <strong>de</strong>r<br />

Dienststelle Supervision im Umfang<br />

von jährlich 12 Stun<strong>de</strong>n ermöglicht:<br />

Hier geht es etwa um einzelne Konfliktfälle,<br />

die Zusammenarbeit im<br />

Konfliktlotsen-Team und die Weiterentwicklung<br />

<strong>de</strong>s KM. Wenn erfor<strong>de</strong>rlich,<br />

treffen sich die Konfliktlotsen zu<br />

einer fallbezogenen Intervision. Teilweise<br />

sind sie Mitglie<strong>de</strong>r in externen<br />

Intervisionsgruppen und nehmen zur<br />

Weiterbildung an Fachveranstaltungen<br />

teil.<br />

Eine Evaluation <strong>de</strong>r Tätigkeit <strong>de</strong>r<br />

Konfliktlotsen wur<strong>de</strong> mangels zeitlicher<br />

Ressourcen bisher nicht durchgeführt.<br />

Einen Hinweis auf die<br />

grundsätz lich positive Wirkung <strong>de</strong>r<br />

Maßnahmen liefert jedoch die Erfahrung,<br />

dass sowohl im Präsidium als<br />

auch im Personalrat und beim arbeitsmedizinischen<br />

Dienst weniger Konfliktfälle<br />

auflaufen als vor Projektbeginn.<br />

Personelle Ausstattung<br />

Das Projekt Konfliktlotsen startete<br />

anfänglich mit zwei Personen. Die<br />

Ausweitung <strong>de</strong>s Tätigkeitsfel<strong>de</strong>s und<br />

die Zunahme <strong>de</strong>r Fallzahlen führten<br />

jedoch zu einer Auslastung, die nicht<br />

mehr mit <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r<br />

Regelaufgaben vereinbar war. Durch<br />

eine Erhöhung <strong>de</strong>r Konfliktlotsenzahl<br />

auf mittlerweile vier und einer Ge -<br />

währung von Lehrentlastungsstun<strong>de</strong>n<br />

konnte <strong>de</strong>m Problem teilweise entgegengesteuert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

2011 wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Konfliktlotsen<br />

als neues Thema die Etablierung eines<br />

Bedrohungs- und Krisenmanagements<br />

aufgegriffen. Ziel ist u. a. die<br />

Implementierung von Konzepten zur<br />

Prävention und Intervention für Be -<br />

drohungssituationen mit mittlerer<br />

und hoher Gefährdungslage. Zu <strong>de</strong>n<br />

mittleren Gefährdungslagen zählt beispielweise<br />

die Nötigung von Lehren<strong>de</strong>n<br />

zur Vergabe bestimmter Noten<br />

unter Androhung von Gewalt o<strong>de</strong>r<br />

Aggression gegen Beschäftigte im<br />

Studie ren<strong>de</strong>nservice. Extreme Gefährdungslagen<br />

liegen u. a. im Falle von<br />

Amok vor. In vielen <strong>de</strong>utschen Schulen<br />

sind infolge <strong>de</strong>r Amokläufe in<br />

Erfurt (2002) und Ems<strong>de</strong>tten (2006)<br />

dies bezüglich Vorsorgemaßnahmen<br />

ergriffen wor<strong>de</strong>n. 14<br />

An <strong>de</strong>utschen<br />

Hochschulen fin<strong>de</strong>n mittlerweile entsprechen<strong>de</strong><br />

Überlegungen statt. 15 Für<br />

dieses Arbeitsfeld und für die Steuerung<br />

und Weiterentwicklung <strong>de</strong>s KM<br />

wur<strong>de</strong> daraufhin eine halbe Mitarbeiterstelle<br />

geschaffen, die ich seit Mitte<br />

2011 übernommen habe.<br />

Vernetzung<br />

Eine geregelte Kooperation zwischen<br />

<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Akteuren <strong>de</strong>s KM<br />

gibt es bisher nicht. Gleichwohl hat<br />

sich die Zusammenarbeit zwischen<br />

<strong>de</strong>n Konfliktlotsen und <strong>de</strong>m Personalrat<br />

sehr positiv entwickelt. Hier hat<br />

sich gezeigt, wie wichtig die gegenseitige<br />

Kenntnis von Zuständigkeiten<br />

und das Vertrauen in die jeweilige<br />

Kompetenz sind. Das KM hat eine<br />

Reihe von Schnittstellen zu an<strong>de</strong>ren<br />

Managementfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Hochschule.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r seit eineinhalb Jahren<br />

laufen<strong>de</strong> Prozess zur Etablierung<br />

eines betrieblichen Gesundheitsmanagements<br />

an <strong>de</strong>r HAW bietet viele<br />

Möglichkeiten zur gemeinsamen Konzept-<br />

und Maßnahmenentwicklung<br />

im Hinblick auf die Personalentwicklung,<br />

die Gesundheitsför<strong>de</strong>rung und<br />

das Konfliktmanagement.<br />

Fazit<br />

Im Verlaufe <strong>de</strong>r Etablierungs- und<br />

Betriebsphase <strong>de</strong>s KM an <strong>de</strong>r HAW<br />

Hamburg sind die Konfliktlotsen als<br />

Konfliktberater, Mediatoren und Mo -<br />

<strong>de</strong>ratoren ein akzeptierter und fester<br />

Bestandteil <strong>de</strong>r Organisation gewor<strong>de</strong>n.<br />

Sie sind vergleichsweise schnell<br />

erreichbar und die Schwelle zu ihrer<br />

Inanspruchnahme ist niedrig. 16 Zu -<br />

sätzlich zu <strong>de</strong>n reinen Konfliktbearbeitungen<br />

haben die Konfliktlotsen<br />

weitere Aufgaben im Rahmen <strong>de</strong>s KM<br />

übernommen. Aufgrund <strong>de</strong>r teilweise<br />

starken zeitlichen Belastung <strong>de</strong>r Konfliktlotsen<br />

bedarf es jedoch einer Nachsteuerung.<br />

Hier stellt sich u. a. die<br />

Frage, ob einige <strong>de</strong>r von ihnen getragenen<br />

Angebote von an<strong>de</strong>ren Kollegen<br />

übernommen wer<strong>de</strong>n können. Wichtige<br />

nächste Schritte auf <strong>de</strong>m Weg zu<br />

einem Konfliktmanagementsystem 17<br />

sind eine stärkere Vernetzung <strong>de</strong>r<br />

Akteure <strong>de</strong>s KM sowie eine Systema-<br />

13<br />

Arbeitsstelle für Weiterbildung <strong>de</strong>r Universität<br />

Hamburg: weiterbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Studium<br />

»Wege aus <strong>de</strong>m Konflikt«. Weiterführen<strong>de</strong><br />

Informationen: http://www.aww.uni-hamburg.<strong>de</strong>/konflikt/in<strong>de</strong>x.html<br />

und Schroeter<br />

K. et al., 2012, S. 148 – 149.<br />

konflikt<br />

Dynamik<br />

14 Einen Überblick über <strong>de</strong>n aktuellen Stand im<br />

nord<strong>de</strong>utschen Raum fin<strong>de</strong>n Sie hier: http://<br />

www.ndr.<strong>de</strong>/regional/schulsicherheit101.<br />

html<br />

15<br />

Beispiel TU Darmstadt: http://www.intern.<br />

tu-darmstadt.<strong>de</strong>/bedrohungsmanagement/<br />

in<strong>de</strong>x.<strong>de</strong>.jsp<br />

16 Diese und an<strong>de</strong>re Vorteile betriebsinterner<br />

Konfliktbearbeiter <strong>de</strong>cken sich mit <strong>de</strong>n in<br />

verschie <strong>de</strong>nen Wirtschaftsunternehmen ge -<br />

machten Erfahrungen. Weiterführen<strong>de</strong> Information:<br />

Gramm, 2011.<br />

17<br />

Vgl. hierzu: Gläßer/Kirchhoff, 2011.<br />

1. JAHRGANG, HEFT 4/2012 353


AUS DEN ORGANISATIONEN<br />

tisierung <strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r Konfliktbearbeitungsverfahren.<br />

Hierzu zählen<br />

zum einen die Zusammenstellung <strong>de</strong>r<br />

Verfahren sowie <strong>de</strong>r Verfahrensexperten<br />

und zum an<strong>de</strong>ren die Schulung<br />

<strong>de</strong>r Konfliktansprechpersonen hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r einer Konfliktlage<br />

angemessenen Instrumente.<br />

Des Weiteren sollte die Professionalisierung<br />

<strong>de</strong>s KM durch eine gezielte<br />

Einführung von Evaluations- und Qualitätssicherungsmaßnahmen<br />

vorangetrieben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

On the Way to a Conflict Management<br />

System at the University of Applied<br />

Sciences Hamburg<br />

Abstract In 2005 the Hamburg University<br />

of Applied Sciences (HAW) installed<br />

a works agreement for <strong>de</strong>aling<br />

with conflicts between employees. Therein<br />

e. g. a systematic approach to conflict<br />

management and the assignment<br />

of peer mediators were regulated. Since<br />

2003 the author has been participating<br />

in the <strong>de</strong>velopment and establishment<br />

of conflict management at the University.<br />

In this paper he <strong>de</strong>scribes the process<br />

of implementation from the <strong>de</strong>sign<br />

stage to the completion of the<br />

works agreement and, eventually, the<br />

advancement of conflict management.<br />

In particular, he takes a close look at the<br />

activities of the peer mediators.<br />

Literatur<br />

Bud<strong>de</strong>, A. (2003). Betriebliche Konfliktlotsen.<br />

Der Einsatz interner Mediatoren in einem<br />

Integrierten Konfliktmanagementsystem. In<br />

Harald Pühl (Hg.): Mediation in Organisationen.<br />

Neue Wege <strong>de</strong>s Konfliktmanagements<br />

– Grundlagen und Praxis. Berlin:<br />

Leutner, S. 97 – 113.<br />

Gläßer, U.; Kirchhoff, L. (2011). Konfliktmanagement<br />

– Elemente, Komponenten, Systeme.<br />

In: PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

und Europa-Universität<br />

Viadrina (Hg.): Konfliktmanagement – von<br />

<strong>de</strong>n Elementen zum System, S. 15 – 24.<br />

Gramm, H. (2011). Innerbetriebliche Mediatoren<br />

und Mediatorenpools. In PricewaterhouseCoopers<br />

AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

und Europa-Universität Viadrina<br />

(Hg.): Konfliktmanagement – von <strong>de</strong>n Elementen<br />

zum System, S. 34 – 44.<br />

Gramm, H.; Gransee, C.; Hoeft, L.; Wolfrum, F.<br />

(2011). Konflikte haben Potenzial – Über die<br />

Arbeit <strong>de</strong>r Vertrauensstelle. In: Standpunkt<br />

Sozial (2+3), S. 182 – 185.<br />

Kilburg, S.; Otto, M.; Redlich, A. (2012). Konfliktbehandlung<br />

in Arbeitsgruppen – ein Beitrag<br />

zur Teamentwicklung? Konfliktdynamik<br />

2/2012.<br />

Oertzen, J. von; Nöl<strong>de</strong>ke, M. (2011). Konfliktmanagement<br />

– Etablierungsprozesse und –<br />

strategien. In: PricewaterhouseCoopers AG<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Europa-<br />

Universität Viadrina (Hg.): Konfliktmanagement<br />

– von <strong>de</strong>n Elementen zum System,<br />

S. 56 – 67.<br />

Schroeter, K; Rogmann, J.; Redlich, A. (2012).<br />

Interne Konfliktberatung in Organisationen.<br />

Konfliktdynamik 2/2012.<br />

Tietze, K. (2003). Kollegiale Beratung. Problemlösungen<br />

gemeinsam entwickeln. Reinbek<br />

bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch<br />

Verlag.<br />

•<br />

Der Autor<br />

Helmuth Gramm<br />

Hochschule für Angewandte<br />

Wissenschaften Hamburg<br />

Berliner Tor 5<br />

20099 Hamburg<br />

helmuth.gramm@haw-hamburg.<strong>de</strong><br />

www.haw-hamburg.<strong>de</strong><br />

Helmuth Gramm ist als Konfliktlotse,<br />

als Koordinator <strong>de</strong>s Konfliktmanagements<br />

sowie <strong>de</strong>s Bedrohungs- und<br />

Krisenmanagements, als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter und als Laborbetriebsleiter<br />

an <strong>de</strong>r HAW Hamburg<br />

tätig. Er ist Mediator (M.A.), psychologischer<br />

Berater und Diplom-Ingenieur.<br />

Als Mitbegrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Netzwerks Konfliktmanagement<br />

<strong>de</strong>r Hamburger<br />

Behör<strong>de</strong>n koordiniert er <strong>de</strong>n behör<strong>de</strong>nübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Pool <strong>de</strong>r Konfliktberater<br />

und Coachs.<br />

Keywords Works agreement, peer<br />

mediators, conflict management system,<br />

university, intern mediators<br />

354<br />

1. JAHRGANG, HEFT 4/2012<br />

konflikt<br />

Dynamik


www.online-merkur.<strong>de</strong><br />

Experten in <strong>de</strong>r Krise<br />

Experten führen in <strong>de</strong>n Medien das große Wort, sie sind in <strong>de</strong>r Finanzkrise<br />

zur Stelle, sie wer<strong>de</strong>n in Europaangelegenheiten konsultiert,<br />

sie beraten Ministerien und Parteien, ja sie übernehmen in einigen<br />

Län<strong>de</strong>rn sogar die Regierungsgeschäfte.<br />

Worauf beruht die Bereitwilligkeit, mit <strong>de</strong>r wir ihnen all das zutrauen?<br />

Was macht uns so sicher, dass sie sich nicht irren?<br />

Bestellungen über<br />

www.online-merkur.<strong>de</strong><br />

Doppelheft 760/761<br />

September/Oktober 2012<br />

€ 21,90 (D) / sFr 29,90<br />

ISBN 978-3-608-97142-2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!