Ernährungspraktikum Theorie Proteine - d - Kantonsschule Wil
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<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Wil</strong><br />
Ernährungspraktikum<br />
Biologiepraktikum: 3. Semester<br />
<strong>Theorie</strong><br />
1.1. Vitamine – Biobuch Seiten 123 – 126<br />
1.2. Zucker – Biobuch Seiten 110 – 116<br />
1.3. <strong>Proteine</strong> – Biobuch Seiten 118 – 121<br />
<strong>Proteine</strong> ‐ die Bausteine des Lebens<br />
Eiweiße, die <strong>Proteine</strong> (von griechisch: proteios = erstrangig), sind an vielen Strukturen und Funktionen eines<br />
Organismus beteiligt. Sie sind die vielseitigsten Biomoleküle und daher Grundstoffe des Lebens. Schon Bakterien<br />
besitzen mehrere tausend verschiedene Proteinmoleküle, die unterschiedliche lebensnotwendige Aufgaben<br />
innerhalb der Zelle wahrnehmen. Den menschlichen Körper bauen wahrscheinlich bis zu 100.000 verschiedene<br />
<strong>Proteine</strong> auf.<br />
Beispielsweise treten sie als Enzyme oder Hormone in Erscheinung und sorgen so dafür, dass Reaktionen<br />
überhaupt erst stattfinden können und für uns wichtige Informationen ‐ auch von außen ‐ durch Botenstoffe<br />
übertragen werden. Unsere Muskeln bestehen zu einem großen Teil aus <strong>Proteine</strong>n und unsere Haut enthält<br />
elastische Proteinfasern. Im Unterschied zu diesen unlöslichen Gerüstproteinen übernehmen die wasserlöslichen<br />
<strong>Proteine</strong> wichtige Aufgaben im Stoffwechsel.<br />
Auch durch die Nahrung nehmen wir eine Vielzahl von <strong>Proteine</strong>n auf, die durch die Verdauung zu körpereigenem<br />
Eiweiß umgeformt werden. Insbesondere Milch ist hinsichtlich der Proteinzufuhr eines der wichtigsten<br />
Grundnahrungsmittel überhaupt (<strong>Proteine</strong> der Milch). In vielen Lebensmitteln liegen die <strong>Proteine</strong> nicht mehr<br />
in ihrer ursprünglichen, d. h. natürlichen Form vor, sondern sind durch die Bearbeitung (Erhitzen, Ansäuerung<br />
etc.) in ihrer räumlichen Gestalt verändert worden. Man bezeichnet diese Veränderung in der Gestalt und<br />
dadurch bedingt im chemischen Verhalten als Denaturierung.<br />
Die Wirkung eines Proteins hängt maßgeblich von dessen räumlicher Struktur ab. Wird die Proteinstruktur<br />
durch physikalische oder chemische Einflüsse verändert, so verliert das Protein seine ursprünglichen biologischen<br />
Eigenschaften. Man bezeichnet die Strukturveränderung von <strong>Proteine</strong>n als Denaturierung. Bei der<br />
Denaturierung werden bis auf wenige Ausnahmen gleich mehrere Ordnungsstufen zerstört, unangetastet<br />
bleibt jedoch die Primärstruktur. Du kannst das prima mit einem selbstgestrickten Pullover vergleichen: Ribbelst<br />
du den Pullover auf und wickelst den Faden zu einem Knäuel zusammen, so hast du deinen Pullover "denaturiert".<br />
Nun kannst du dir den gleichen Pullover neu stricken oder machst dir etwas anderes aus der Wolle,<br />
z. B. einen Schal. Strickst du den "alten" Pullover wieder neu, hast du ihn "renaturiert". Im übertragenen Sinne<br />
bedeutet das, dass Strukturveränderungen im Protein wieder rückgängig gemacht werden können. Der Vorgang<br />
ist also reversibel. Ein Beispiel aus der Praxis ist das Aufschlagen von Eiklar oder Sahne, sowohl der entstandene<br />
Eischnee als auch die steife Sahne wird nach einiger Zeit wieder flüssig. Kann das Protein nicht in<br />
seine ursprüngliche Form zurück ‐ das wäre dein neu gestrickter Schal ‐ ist die Denaturierung irreversibel und<br />
das Protein zerstört. So ergeht es einem hartgekochten Ei, das nicht wieder verflüssigt werden kann, da sich<br />
die Peptidketten nach der Auffaltung einfach neu arrangiert haben. Die meisten Denaturierungsvorgänge<br />
sind nicht umkehrbar.<br />
Die Veränderung von Proteinstrukturen ist sowohl ernährungsphysiologisch als auch lebensmitteltechnologisch<br />
von großer Bedeutung. So werden Nahrungsproteine nur von Enzymen abgebaut, wenn sie zuvor denaturiert<br />
worden sind (z. B. durch Kochen oder durch die starke Salzsäure in unserem Magen), und Joghurt oder<br />
Käse kann nur hergestellt werden, wenn die Caseine der Milch zuvor durch Lab oder Säure ausgefällt worden<br />
sind.<br />
Folgende Faktoren können eine Denaturierung bewirken<br />
<br />
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Hitze<br />
pH‐Wert‐Änderungen<br />
Organische Lösemittel<br />
Detergentien (waschaktive Substanzen)<br />
Harnstoff<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Mechanische Einflüsse (Rühren, Schlagen)<br />
Alkohole<br />
Reaktionen mit Sulfiden (Dauerwelle)<br />
Ultraschalleinwirkung<br />
Bestrahlung<br />
Kn/Sy/Zö/Ws Seite 1 04.10.2011
<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Wil</strong><br />
Räumlicher Aufbau<br />
Biologiepraktikum: 3. Semester<br />
Die räumliche Struktur bedingt die Wirkungsweise der <strong>Proteine</strong>. Die Proteinstruktur<br />
lässt sich auf vier Betrachtungsebenen beschreiben:<br />
Als Primärstruktur eines Proteins wird die Abfolge (Sequenz) der einzelnen<br />
Aminosäuren einer Polypeptidkette bezeichnet. Vereinfacht gesagt<br />
könnte man sich eine Kette vorstellen, in der jedes Kettenglied eine Aminosäure<br />
darstellt (Schreibweise: AS 1 –AS 2 –AS 3 –AS 4 ‐ ...). Die Primärstruktur<br />
beschreibt lediglich die Amino‐säurensequenz, jedoch nicht den räumlichen<br />
Aufbau des Proteins.<br />
Als Sekundärstruktur wird die Zusammensetzung des Proteins aus besonders<br />
häufig auftretenden Motiven für die räumliche Anordnung der Aminosäuren<br />
bezeichnet. Man unterscheidet dabei hauptsächlich zwei Strukturtypen:<br />
α‐Helix, β‐Faltblatt. Diese Strukturen ergeben sich durch Wasserstoffbrückenbindungen<br />
zwischen den Peptidbindungen des Polypeptid‐Rückgrates.<br />
Die Tertiärstruktur ist die der Sekundärstruktur übergeordnete räumliche<br />
Anordnung der Polypeptidkette. Sie wird von den Kräften und Bindungen<br />
zwischen den Resten (d. h. den Seitenketten) der Aminosäuren bestimmt.<br />
Als Bindungskräfte, die diese dreidimensionale Struktur stabilisieren, wirken<br />
beispielsweise Disulfid‐brücken, (kovalente Bindungen zwischen den<br />
Schwefelatomen zweier Cysteinreste) oder vor allem nicht‐kovalente<br />
Wechselwirkungen wie die zuvor genannten Wasserstoffbrückenbindungen.<br />
Zusätzlich spielen hydrophobe, ionische und Van‐der‐Waals‐Kräfte<br />
eine wichtige Rolle. Durch diese Kräfte und Bindungen faltet sich das Protein<br />
weiter.<br />
Viele <strong>Proteine</strong> müssen sich, um funktionsfähig sein zu können, zu einem<br />
Proteinkomplex zusammenlagern, der so genannten Quartärstruktur.<br />
Dies kann entweder eine Zusammenlagerung von unterschiedlichen <strong>Proteine</strong>n<br />
sein oder ein Verband aus zwei oder mehr Polypeptidketten die<br />
aus ein und derselben Polypeptidkette, dem sog. Precursor, hervorgegangen<br />
sind (vgl.: Insulin). Dabei sind die einzelnen <strong>Proteine</strong> häufig durch<br />
Wasserstoffbrücken und Salzbrücken aber auch durch kovalente Bindungen<br />
miteinander zu Komplexen verknüpft. Als Beispiel für aus mehreren<br />
<strong>Proteine</strong>n zusammengelagerte Komplexe können die Immunglobuline<br />
(Antikörper) dienen, bei denen jeweils zwei identische schwere und zwei<br />
identische leichte <strong>Proteine</strong> über insgesamt vier Disulfidbrücken zu einem<br />
funktionsfähigen Antikörper verbunden sind.<br />
Einige <strong>Proteine</strong> ordnen sich noch in einer über die Quartärstruktur hinausgehenden,<br />
molekular aber bereits ebenso prädeterminierten "Überstruktur"<br />
oder "Suprastruktur" an, wie Kollagen in der Kollagenfibrille o‐<br />
der Aktin, Myosin und Titin im Sarkomer.<br />
Die Einteilung in Primär‐ bis Quartärstruktur erleichtert das Verständnis und<br />
die Beschreibung der sequentiellen Faltung von <strong>Proteine</strong>n. Unter physiologischen<br />
Bedingungen muss eine definierte Primärstruktur zu einer definierten<br />
Tertiärstruktur (oder Quartärstruktur) führen. Anders gesagt: Der Informationsgehalt,<br />
der sich in einer bestimmten dreidimensionalen Proteinstruktur<br />
Abb. 1: Die vier Ebenen der Proteinstruktur,<br />
von oben nach unten: Primärstruktur,<br />
Sekundärstruktur (β‐<br />
Faltblatt links, α‐Helix rechts), Tertiärund<br />
Quartärstruktur.<br />
äußert, ist bereits in der linearen Primärstruktur (d.h. in der "eindimensionalen" Aminosäuresequenz) enthalten.<br />
Viele komplexe <strong>Proteine</strong> können sich nicht spontan falten, also ihre physiologische Struktur einnehmen, sondern brauchen<br />
dazu Faltungshelfer, sogenannte Chaperone. Die Chaperone binden an neugebildete (oder auch beschädigte, denaturierte)<br />
Aminosäureketten, und verhelfen ihnen unter Verbrauch chemischer Energie zu ihrer Struktur.<br />
Man unterscheidet zwei Hauptgruppen von <strong>Proteine</strong>n:<br />
die globulären <strong>Proteine</strong>, deren Tertiär‐ oder Quartärstruktur annähernd kugel‐ oder birnenförmig aussieht und die<br />
meist in Wasser oder Salzlösungen gut löslich sind (beispielsweise das Protein des Eiklars, Ov‐Albumin genannt).<br />
die fibrillären <strong>Proteine</strong>, die eine fadenförmige oder faserige Struktur besitzen, meist unlöslich sind und zu den Stützund<br />
Gerüstsubstanzen gehören (beispielsweise die Keratine in den Haaren und Fingernägeln, Kollagen, Actin und<br />
Myosin für die Muskelkontraktion).<br />
Kn/Sy/Zö/Ws Seite 2 04.10.2011