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Stellungnahme zum Vorschlag einer Richtlinie des Europäischen ...

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<strong>Stellungnahme</strong> von Transparency International Deutschland<br />

e.V. <strong>zum</strong> <strong>Vorschlag</strong> <strong>einer</strong> <strong>Richtlinie</strong> <strong>des</strong> Europäischen<br />

Parlaments und <strong>des</strong> Rates zur Änderung der <strong>Richtlinie</strong>n<br />

78/660/EWG und 83/349/EWG<br />

Transparency International Deutschland begrüßt den <strong>Vorschlag</strong>, dass<br />

Unternehmen ab <strong>einer</strong> definierten Größenordnung zur Offenlegung nichtfinanzieller<br />

Informationen verpflichtet werden sollen. Wir sehen darin einen<br />

wichtigen Schritt zur Förderung von Nachhaltigkeitsdenken und -handeln<br />

sowie zu mehr Transparenz. Wir haben jedoch Bedenken, ob der<br />

<strong>Vorschlag</strong> in s<strong>einer</strong> jetzigen Form geeignet ist, die angestrebten Ziele,<br />

insbesondere ein level playing field und comparability zu erreichen.<br />

Der <strong>Vorschlag</strong> sieht vor, dass die betroffenen Unternehmen in ihrem<br />

Geschäftsbericht (Annual Report) eine verbindliche Erklärung mit Angaben<br />

wenigstens zu Umwelt-, sozialen und mitarbeiterbezogenen Fragen,<br />

Beachtung der Menschenrechte sowie Anti-Korruption und Bestechung<br />

abgeben müssen. Dabei soll jeweils eine Beschreibung der Strategien<br />

(policies), der Ergebnisse sowie von Risikoaspekten gegeben werden.<br />

Diese Erklärung ist abzugeben, unabhängig davon, ob die Informationen<br />

für das Verständnis der finanziellen Bewertung <strong>des</strong> Unternehmens<br />

relevant sind. Die nicht-finanzielle Erklärung soll Teil <strong>des</strong> Lageberichts sein<br />

und unterliegt damit der Abschlussprüfung. Allerdings ist den<br />

Unternehmen ins Belieben gestellt, welche Tatbestände sie aufgreifen und<br />

darüber berichten. Das Fehlen bestimmter Tatbestände muss allerdings<br />

erklärt werden. Die positive Begründung für diese Vorgehensweise (report<br />

or explain) wird in der damit verbundenen Flexibilität gesehen. Sie<br />

schränkt unseres Erachtens den Wert der Berichte und deren<br />

Vergleichbarkeit ein. Es ist außerdem die Erfahrung von Transparency,<br />

dass vor allem Tatbestände der Korruption und der Bestechung als erstes<br />

keine Berücksichtigung finden.<br />

Bei der Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Vorschlag</strong> geht die Kommission offensichtlich –<br />

unserer Meinung nach zu Recht - davon aus, dass diese allgemeine<br />

Formulierung der Informationsanforderungen nicht ausreichend ist und<br />

präzisiert werden sollte. Deshalb führt er eine Reihe von Standards und<br />

Rahmenwerke auf, an denen die Unternehmen sich bei ihrer<br />

Berichterstattung orientieren können. Mehrere dieser Standards sind<br />

allerdings primär als Verhaltensnormen und nicht als <strong>Richtlinie</strong>n für eine<br />

Berichterstattung konzipiert. Die Aufzählung ist auch nur beispielhaft<br />

gemeint (wie die Formulierung such as aussagt), so dass die<br />

Unternehmen berechtigt sind, auch andere Standards zu benutzen.<br />

Schließlich ist eine Orientierung an einem Standard überhaupt nur eine<br />

Kann-Vorschrift („In providing such information the company may rely on<br />

Vorsitzende: Prof. Dr. Edda Müller<br />

Stellv.: Dr. Peter von Blomberg, Dr. Hedda von Wedel<br />

Geschäftsführerin: Dr. Christian Humborg<br />

Transparency International Deutschland e.V.<br />

Alte Schönhauser Str. 44<br />

D-10119 Berlin<br />

GLS Bank<br />

Konto 11 46 00 37 00<br />

BLZ 430 609 67<br />

IBAN: DE07 4306 0967<br />

1146 0037 00<br />

BIC: GENODE M1GLS


– 2 –<br />

national, EU-based or international frameworks and, if so, shall specify<br />

which frameworks it has relied upon“), so dass die Unternehmen in der<br />

Ausgestaltung ihrer Berichterstattung im Rahmen der oben genannten<br />

allgemeinen Vorgabe frei sind. Die beabsichtigte Berichtspflicht läuft daher<br />

mangels Präzisierung weitgehend ins Leere, Vergleichbarkeit und<br />

Transparenz werden so nicht annähernd realisiert.<br />

Wir sind daher der Meinung, dass für die nicht-finanzielle Berichterstattung<br />

Rahmenwerke mit hohen Anforderungen an die Umwelt-, Sozial- und<br />

Arbeitnehmerbelange, zur Achtung der Menschenrechte und zur<br />

Bekämpfung von Korruption und Bestechung wie die UN-Leitprinzipien für<br />

Wirtschaft und Menschenrechte und die OECD-Leitsätze für multinationale<br />

Unternehmen verbindlich vorgegeben werden sollten. Darüber hinaus<br />

müssen eindeutige Standards und Kernindikatoren entwickelt werden.<br />

Dies ermöglicht den Unternehmen eine bessere Orientierung und eine<br />

größere Transparenz und Vergleichbarkeit. Als Beispiel nennen wir die<br />

GRI-<strong>Richtlinie</strong>n.<br />

Diese Thematik hängt zusammen mit der Frage der Prüfung der<br />

Berichterstattung. In Vorbemerkung (14) geht der <strong>Vorschlag</strong> kurz darauf<br />

ein. Wir sind der Ansicht, dass diese Erwähnung expliziter ausfallen und<br />

auch Eingang in den Text der eigentlichen Direktive finden sollte. Wir<br />

meinen, dass die Prüfung der nicht-finanziellen Berichterstattung auf dem<br />

gleichen Niveau wie beim übrigen Geschäftsbericht (Jahresabschluss,<br />

Lagebericht) stattfinden sollte. Die Prüfung sollte sich sowohl auf die<br />

Vollständigkeit als auch die Richtigkeit der Informationen beziehen. Dazu<br />

aber sind detaillierte Formulierungen der Informationsanforderungen, also<br />

ein präziser Standard notwendig. Es würde sicher auch die Arbeit der<br />

Wirtschaftsprüfer erschweren und weniger verlässlich machen, wenn sie<br />

sich <strong>einer</strong> Vielzahl unterschiedlicher Standards gegenüber sehen. Auch<br />

diese Überlegungen sprechen für einen einheitlichen verbindlichen<br />

Standard.<br />

Unser Eintreten für eine umfassende und wirkungsvolle Prüfung der<br />

Nachhaltigkeitsberichterstattung basiert auf empirischen Erkenntnissen.<br />

Mehrere kürzlich durchgeführte Untersuchungen auf nationaler<br />

(Deutschland 1 , Spanien 2 , Australien) und internationaler 3 Ebene zeigen<br />

1<br />

Transparency International Deutschland e.V.: Nachhaltigkeitsberichte deutscher Großunternehmen –<br />

Untersuchung der Übereinstimmung mit den GRI-<strong>Richtlinie</strong>n im Bereich Antikorruption. November 2012.<br />

http://transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Wirtschaft/Nachhaltigkeitsberichte_deutscher_Grossunterneh<br />

men_12-11-28_aktualisiert.pdf<br />

Burckhardt, Gisela: Soziale Indikatoren in Nachhaltigkeitsberichten – Freiwillig, verläßlich, gut? Friedrich-<br />

Ebert-Stiftung. November 2012. http://library.fes.de/pdf-files/wiso/09459.pdf<br />

2<br />

Observatorio de Responsabilidad Social Corporativa: La Responsabilidad social corporativa en las memorias<br />

anuales de las Empresas del Ibex 35 – Analisis del Ejercicio 2010.<br />

http://www.observatoriorsc.org/images/documentos/publicaciones/informes_estudios/ibex35_vf_2010.pdf<br />

3<br />

Transparency International: Transparency in Corporate Reporting: Assessing the World´s Largest<br />

Companies.Juli 2012.<br />

http://www.transparency.org/whatwedo/pub/transparency_in_corporate_reporting_assessing_the_worlds_larg<br />

est_companies<br />

Vorsitzende: Prof. Dr. Edda Müller<br />

Stellv.: Dr. Peter von Blomberg, Dr. Hedda von Wedel<br />

Geschäftsführerin: Dr. Christian Humborg<br />

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– 3 –<br />

übereinstimmend, dass die Nachhaltigkeitsberichte von Großunternehmen<br />

überwiegend den selbst gewählten Standards nicht genügen sowie falsche<br />

Angaben über die Erfüllung der jeweiligen Informationsanforderungen<br />

enthalten. Dabei haben viele dieser Berichte den Application Level Check<br />

von GRI bestanden und eine „unabhängige betriebswirtschaftliche<br />

Prüfung“ (external assurance, diese bezieht sich aber meist nur auf einen<br />

kleinen Ausschnitt der Berichte) durchlaufen. Diese empirischen<br />

Ergebnisse haben uns überzeugt, dass der Bereich der Prüfung dringend<br />

<strong>einer</strong> Reglementierung bedarf.<br />

Manfred zur Nieden, Paul Hell<br />

22.05.2013<br />

Somo, Centre for Research on Multinational Corporations: Use of the Global Reporting Initiative (GRI) in<br />

Sustainability Reporting by European Electricity Companies. Dezember 2012. http://somo.nl/publicationsen/Publication_3918<br />

Die Ergebnisse <strong>einer</strong> noch unveröffentlichten Studie der Wirtschaftsuniversität Wien und <strong>einer</strong> australischen<br />

Untersuchung werden mitgeteilt im Blog von Elaine Cohen: False Claims in Sustainability Reports.<br />

November 2012. http://csr-reporting.blogspot.nl/2012/11/false-claims-in-sustainabilityreports.html?showComment=1354124743084<br />

Einen Überblick über verschiedene relevante Untersuchungen gibt ein Artikel von GRI : Taking<br />

responsibility adiscussion about report quality, Januar 2013.<br />

https://www.globalreporting.org/information/news-and-press-center/Pages/Taking-responsibility-adiscussion-about-report-quality.aspx?dm_i=4J5,1707E,1DV32H,43N<br />

7D,1.<br />

Vorsitzende: Prof. Dr. Edda Müller<br />

Stellv.: Dr. Peter von Blomberg, Dr. Hedda von Wedel<br />

Geschäftsführerin: Dr. Christian Humborg<br />

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