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Jens Ph. Wilhelm 1 Strafrechtliche Aufbauschemata ... - jwilhelm.de

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<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> 1<br />

<strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong><br />

Inhaltsübersicht:<br />

A.1.1.1. Das vollen<strong>de</strong>te vorsätzliche Begehungs<strong>de</strong>likt<br />

A.1.1.2. Das vollen<strong>de</strong>te vorsätzliche unechte Unterlassungs<strong>de</strong>likt (§ 13 StGB)<br />

A.1.1.2.a Das vollen<strong>de</strong>te vorsätzliche echte Unterlassungs<strong>de</strong>likt<br />

A.1.2.1. Das versuchte Begehungs<strong>de</strong>likt<br />

A.1.2.2. Das versuchte unechte Unterlassungs<strong>de</strong>likt<br />

A.2.1. Das fahrlässige Begehungs<strong>de</strong>likt<br />

A.2.2. Das fahrlässige unechte Unterlassungs<strong>de</strong>likt<br />

A.3. Das erfolgsqualifizierte Delikt<br />

B. Täterschaftliche Beteiligung (§ 25 Abs. 1 2. Fall, Abs. 2 StGB)<br />

C. Teilnahme (§§ 26, 27 StGB) unter Einbeziehung <strong>de</strong>r §§ 28, 29 StGB<br />

D. Versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 StGB)<br />

E. Der Erlaubnistatbestandsirrtum<br />

Allgemeine Hinweise<br />

Die nachfolgen<strong>de</strong>n <strong>Aufbauschemata</strong> sollen Handreichungen für die Deliktsprüfung sein, nicht mehr und<br />

nicht weniger. Der "kunstgerechte" Deliktsaufbau ist nicht (formaler) Selbstzweck, son<strong>de</strong>rn Ausdruck einer<br />

dogmatisch durchdachten, in sich geordneten und (dadurch) nachvollziehbaren Deliktsprüfung. Die<br />

nachfolgen<strong>de</strong>n <strong>Aufbauschemata</strong> sollen hierzu einen Weg vorschlagen und dabei - gleichsam als<br />

Kurzfassung <strong>de</strong>s jeweiligen Deliktstyps - die zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong>n dogmatischen Fragen anreißen. Sie zeigen<br />

also beispielhaft, wie die in Strafrechtsfällen auftreten<strong>de</strong>n Probleme systematisch vertretbar und in einem<br />

sinnvollen Zusammenhang erörtert wer<strong>de</strong>n können.<br />

Da <strong>de</strong>r jeweilige Deliktsaufbau nur zu einem geringen Teil dogmatisch bzw. logisch zwingend vorgegeben<br />

ist, sind Abweichungen hiervon möglich und unter Umstän<strong>de</strong>n sogar geboten, sei es aus Sachgrün<strong>de</strong>n<br />

zur Anpassung an <strong>de</strong>n zu prüfen<strong>de</strong>n Tatbestand <strong>de</strong>s Beson<strong>de</strong>ren Teils <strong>de</strong>s StGB o<strong>de</strong>r sei es aus<br />

Zweckmäßigkeitserwägungen. Zu<strong>de</strong>m ist die Prüfungsabfolge auch durch <strong>de</strong>n eigenen dogmatischen Standpunkt<br />

<strong>de</strong>s Verfassers bedingt, gera<strong>de</strong> hinsichtlich <strong>de</strong>r vertretenen Verbrechenslehre (vgl. hierzu<br />

Wessels/Beulke, AT, Rn. 811-817; auf einige Abweichungen in Aufbau- und/o<strong>de</strong>r Sachfragen wird im<br />

folgen<strong>de</strong>n in Klammern hingewiesen). Hieraus folgt, daß abweichen<strong>de</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> grundsätzlich<br />

ebenso "richtig" o<strong>de</strong>r "brauchbar" sind wie die nachfolgen<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Regel wird man sich an <strong>de</strong>m von<br />

<strong>de</strong>m Übungsleiter verwen<strong>de</strong>ten Aufbau orientieren, doch kann ein (in sich richtiger, dogmatisch vertretbarer)<br />

alternativer Aufbau niemals "falsch" sein (vgl. Wessels/Beulke, AT, Rn. 873). In diesem Zusammenhang<br />

ist darauf hinzuweisen, daß (1) <strong>de</strong>r gewählte Aufbau nie zu begrün<strong>de</strong>n ist (<strong>de</strong>r Aufbau spricht für sich<br />

selbst), und (2) innerhalb einer Arbeit bei gleichartigen Sachfragen nicht verschie<strong>de</strong>n aufgebaut wer<strong>de</strong>n<br />

darf (die Arbeit muß auch insofern in sich stimmig sein).<br />

Bei <strong>de</strong>r praktischen Anwendung <strong>de</strong>r Schemata ist darauf zu achten, daß in einer Fallbearbeitung die<br />

Ausführungen sich auf jene Punkte beschränken, auf die es im konkreten Fall ankommt, also daß nicht alle<br />

gedanklichen Überlegungen auch tatsächlich nie<strong>de</strong>rgeschrieben wer<strong>de</strong>n müssen. Dies gilt insbeson<strong>de</strong>re für<br />

die allgemeinen Vorfragen, die Frage <strong>de</strong>r objektiven Zurechnung sowie die Prüfung von Rechtswidrigkeit<br />

und Schuld (insoweit ist die Prüfung ohnehin nur eine "negative"), ferner für die persönlichen<br />

Strafausschließungs- und -aufhebungsgrün<strong>de</strong> bzw. Strafverfolgungsvoraussetzungen und -hin<strong>de</strong>rnisse.<br />

Hierauf ist nur einzugehen, wenn <strong>de</strong>r Sachverhalt hierzu Anlaß gibt.<br />

(Ergänzend sei auf meine "Hinweise zur Anfertigung strafrechtlicher Übungsarbeiten" verwiesen.)<br />

(Fassung: 5. Aufl., April 2001)


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 2<br />

A.1.1.1. Das vollen<strong>de</strong>te vorsätzliche Begehungs<strong>de</strong>likt<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen <strong>de</strong>s anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Rechts (interlokales und internationales Strafrecht), <strong>de</strong>r (fehlen<strong>de</strong>n)<br />

Handlungsqualität und <strong>de</strong>r Abgrenzung von positivem Tun und Unterlassen<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand (= Tatbild)<br />

a) etwaige beson<strong>de</strong>re objektive Merkmale <strong>de</strong>s (Handlungs-/) Tatsubjekts<br />

b) Merkmale <strong>de</strong>r Tathandlung (einschließlich beson<strong>de</strong>rer Tatmodalitäten)<br />

c) Merkmale <strong>de</strong>s (Handlungs-/) Tatobjekts<br />

d) bei <strong>de</strong>n Erfolgs<strong>de</strong>likten:<br />

aa) Eintritt <strong>de</strong>s Taterfolgs<br />

bb) Kausalität zwischen Tathandlung und Taterfolg i.S.d. Äquivalenz- bzw. Bedingungstheorie: Kann die<br />

Tathandlung hinweggedacht wer<strong>de</strong>n, ohne daß <strong>de</strong>r tatbildmäßige Erfolg in seiner konkreten Gestalt<br />

entfiele (sog. conditio-sine-qua-non-Formel)?<br />

cc) objektive Zurechenbarkeit <strong>de</strong>s Taterfolgs (str.): Hat sich in <strong>de</strong>m konkreten, voraussehbaren und vermeidbaren<br />

Erfolg die von <strong>de</strong>m Täter geschaffene, rechtlich mißbilligte Gefahr realisiert?<br />

2. Subjektiver (Unrechts-) Tatbestand<br />

a) Tatbestandsvorsatz (§ 15 StGB) in bezug auf alle Tatbildmerkmale (einschl. Erfolg und Kausalität bei <strong>de</strong>n<br />

Erfolgs<strong>de</strong>likten) bzw. Vorliegen eines (Tatbild-/) Tatbestandsirrtums, § 16 StGB [nach a.A. ist <strong>de</strong>r Vorsatz<br />

eine Schuldform und dort zu prüfen]<br />

b) etwaige beson<strong>de</strong>re subjektive Tatbestandsmerkmale (z.B. Absichten, Gesinnungen, Ten<strong>de</strong>nzen)<br />

- Tatbestandsannex: objektive Bedingungen <strong>de</strong>r Strafbarkeit [o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r Schuld prüfen]<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

1. Fehlen bzw. Vorliegen von Rechtfertigungsgrün<strong>de</strong>n<br />

a) objektive Rechtfertigungselemente: Rechtfertigungslage und -handlung (ggf. zu<strong>de</strong>m Berücksichtigung rechtswidrigkeitsausschließen<strong>de</strong>r<br />

Zurechnungserwägungen, z.B. hypothetische Einwilligung; i.e. str.)<br />

b) subjektives Rechtfertigungselement (str.) [bei <strong>de</strong>ssen Fehlen kommt nur eine Strafbarkeit wegen versuchter<br />

statt vollen<strong>de</strong>ter Straftat in Betracht, str.]<br />

2. ggf. positive Feststellung <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeit (so bei §§ 240, 253 StGB)<br />

III. Schuld<br />

1. Schuldfähigkeit einschl. <strong>de</strong>s evtl. Vorliegens einer actio libera in causa (soweit an dieser Rechtsfigur mit<br />

BGH JR 1997, 391 auch nach BGHSt 42, 235 festgehalten wird) [die aufbaumäßige Behandlung <strong>de</strong>r a.l.i.c.<br />

hängt von <strong>de</strong>ren dogmatischer Begründung ab, ggf. ist zu einer neuen Prüfung anzusetzen]<br />

2. etwaige spezielle (vertypte) Schuldmerkmale (sog. Schuldtatbestand; soweit anerkannt)<br />

- persönliche Vorwerfbarkeit:<br />

3. Vorsatz-Schuldvorwurf (entspr. <strong>de</strong>r Lehre von <strong>de</strong>r "Doppelnatur" <strong>de</strong>s Vorsatzes, str.) bzw. Vorliegen eines<br />

sog. Erlaubnistatbestandsirrtums [nach a.A. ist <strong>de</strong>r Erlaubnistatbestandsirrtum bereits in <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeit<br />

zu erörtern, dies gilt insbeson<strong>de</strong>re bei Annahme eines Vorsatzunrechts- statt bloßen Vorsatzschuldausschlusses]<br />

4. (aktuelles o<strong>de</strong>r potentielles) Unrechtsbewußtsein bzw. Vorliegen eines Verbots- o<strong>de</strong>r Erlaubnisirrtums, § 17<br />

StGB<br />

5. Fehlen bzw. Vorliegen von Entschuldigungsgrün<strong>de</strong>n<br />

IV. Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

V. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong><br />

- ggf. Regelbeispiele (z.B. § 243 StGB) [nach a.A. ist das (objektive) Vorliegen <strong>de</strong>s Regelbeispiels im Anschluß an<br />

<strong>de</strong>n objektiven Tatbestand zu prüfen und die Vorsatzprüfung dann auch hierauf zu erstrecken]<br />

1. (objektives) Vorliegen <strong>de</strong>s Regelbeispiels (Strafzumessungstatsache)<br />

2. Vorsatz insoweit bzw. Vorliegen eines Tatbestandsirrtums analog §§ 15, 16 StGB<br />

VI. Strafverfolgungsvoraussetzungen (z.B. Strafantrag)<br />

VII. Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse (z.B. Verjährung)


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 3<br />

A.1.1.2. Das vollen<strong>de</strong>te vorsätzliche unechte Unterlassungs<strong>de</strong>likt (§ 13 StGB)<br />

Merke: Nur bei <strong>de</strong>n Erfolgs<strong>de</strong>likten, nicht aber bei <strong>de</strong>n (schlichten) Tätigkeits<strong>de</strong>likten, kommt ein unechtes Unterlassungs<strong>de</strong>likt<br />

nach § 13 StGB in Betracht.<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen (wie A.1.1.1.)<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand (= Tatbild)<br />

a) Eintritt <strong>de</strong>s Taterfolgs<br />

b) beson<strong>de</strong>re Merkmale <strong>de</strong>s Tatobjekts<br />

c) Nichtvornahme <strong>de</strong>r zur Erfolgsabwendung objektiv erfor<strong>de</strong>rlichen und rechtlich gebotenen Handlung<br />

d) trotz tatsächlicher (physisch-realer) Handlungsmöglichkeit <strong>de</strong>s Täters (sog. Erfolgsabwendungsmöglichkeit)<br />

[nach m.M. ist hier nur die objektive Erfolgsabwendungsmöglichkeit und im Rahmen <strong>de</strong>r Schuld die<br />

subjektive Erfolgsabwendungsmöglichkeit zu prüfen]<br />

e) hypothetische Kausalität <strong>de</strong>s Unterlassens für <strong>de</strong>n Taterfolg: Kann die rechtlich gebotene Handlung hinzugedacht<br />

wer<strong>de</strong>n, ohne daß <strong>de</strong>r tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten (nach Rspr. abstrakten) Gestalt<br />

mit an Sicherheit grenzen<strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeit (h.M., abweichend Risikoerhöhungslehre) entfiele?<br />

f) etwaige beson<strong>de</strong>re objektive Merkmale <strong>de</strong>s Tatsubjekts<br />

g) Garantenstellung <strong>de</strong>s Unterlassen<strong>de</strong>n (aufgrund einer Schutz- o<strong>de</strong>r Obhutspflicht für bestimmte Rechtsgüter<br />

[Beschützergarant] o<strong>de</strong>r Sicherungspflicht für bestimmte Gefahrenquellen [Überwachergarant], sei es aus<br />

Rechtsvorschriften, Lebens- o<strong>de</strong>r Gefahrengemeinschaften, freiwilliger Pflichtenübernahme, <strong>de</strong>r Stellung als<br />

Amtsträger o<strong>de</strong>r Organ juristischer Personen, Verkehrssicherungs- o<strong>de</strong>r Gefahrabwendungspflichten o<strong>de</strong>r aus<br />

gefahrbegrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m, pflichtwidrigem [str.] Vorverhalten, sog. Ingerenz)<br />

h) objektive Zurechenbarkeit <strong>de</strong>s Taterfolgs (unstreitig)<br />

i) Gleichwertigkeit <strong>de</strong>s Unterlassens im Vergleich zum positiven Tun (sog. Entsprechensklausel; nur bei <strong>de</strong>n<br />

verhaltensgebun<strong>de</strong>nen Delikten, str.)<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Tatbestandsvorsatz (auch hinsichtlich <strong>de</strong>r die Garantenstellung begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>) bzw. Vorliegen<br />

eines Tatbestandsirrtums, § 16 StGB<br />

b) etwaige beson<strong>de</strong>re subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

- Tatbestandsannex: objektive Bedingungen <strong>de</strong>r Strafbarkeit<br />

II. Rechtswidrigkeit (wie A.1.1.1.)<br />

III. Schuld<br />

1. Schuldfähigkeit einschl. <strong>de</strong>s evtl. Vorliegens einer omissio libera in causa (str.)<br />

2. etwaige spezielle Schuldmerkmale (wie A.1.1.1.)<br />

- persönliche Vorwerfbarkeit:<br />

3. Vorsatz-Schuldvorwurf (wie A.1.1.1.)<br />

4. Unrechtsbewußtsein bzw. Vorliegen eines Gebotsirrtums hinsichtlich <strong>de</strong>r Garantenpflicht o<strong>de</strong>r eines<br />

Erlaubnisirrtums, § 17 StGB<br />

5. Fehlen bzw. Vorliegen von Entschuldigungsgrün<strong>de</strong>n<br />

6. (Un-) Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens [nach a.A. objektives Tatbestandsmerkmal]<br />

IV. Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

V. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong><br />

- ggf. Regelbeispiele<br />

VI. Strafverfolgungsvoraussetzungen<br />

VII. Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 4<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen (wie A.1.1.1.)<br />

A.1.1.2.a Das vollen<strong>de</strong>te vorsätzliche echte Unterlassungs<strong>de</strong>likt<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand (= Tatbild)<br />

a) Vorliegen <strong>de</strong>r die Handlungspflicht begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Tatbildmerkmale<br />

b) Nichtvornahme <strong>de</strong>r gebotenen Handlung (ausreichend ist eine Handlung mit Gebotserfüllungsten<strong>de</strong>nz)<br />

c) trotz tatsächlicher (individueller) Handlungsmöglichkeit <strong>de</strong>s Täters<br />

d) (Un-) Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens [nach a.A. Schuldmerkmal]<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Tatbestandsvorsatz bzw. Vorliegen eines Tatbestandsirrtums, § 16 StGB<br />

b) etwaige beson<strong>de</strong>re subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

- Tatbestandsannex (wie A.1.1.1.)<br />

II. Rechtswidrigkeit (wie A.1.1.1.)<br />

III. Schuld<br />

1. Schuldfähigkeit einschl. <strong>de</strong>s evtl. Vorliegens einer omissio libera in causa (str.)<br />

2. etwaige spezielle Schuldmerkmale (wie A.1.1.1.)<br />

- persönliche Vorwerfbarkeit:<br />

3. Vorsatz-Schuldvorwurf (wie A.1.1.1.)<br />

4. Unrechtsbewußtsein bzw. Vorliegen eines Verbots- o<strong>de</strong>r Erlaubnisirrtums, § 17 StGB<br />

5. Fehlen bzw. Vorliegen von Entschuldigungsgrün<strong>de</strong>n<br />

IV. Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

V. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong><br />

VI. Strafverfolgungsvoraussetzungen<br />

VII. Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 5<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen (wie A.1.1.1.)<br />

A.1.2.1. Das versuchte Begehungs<strong>de</strong>likt<br />

O. (Beson<strong>de</strong>re) Vorfragen <strong>de</strong>r Versuchsstrafbarkeit [vgl. dazu Wessels/Beulke, AT, Rn. 874]<br />

1. Feststellen fehlen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r nicht zurechenbarer Vollendung <strong>de</strong>s objektiven Tatbestands [falls problematisch,<br />

zunächst das vollen<strong>de</strong>te vorsätzliche Begehungs<strong>de</strong>likt anprüfen]<br />

[nach hier vertretener Ansicht ist analog <strong>de</strong>n Versuchsregeln auch zu bestrafen, wenn es (nur) am subjektiven<br />

Rechtfertigungselement fehlt, s.o. A.1.1.1 - str.)<br />

2. Strafbarkeit <strong>de</strong>s Versuchs <strong>de</strong>s fraglichen Delikts gemäß § 23 Abs. 1 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

1. Subjektiver Tatbestand<br />

a) (unbedingter) Tatentschluß (= Tatbestandsvorsatz) in bezug auf alle Tatbildmerkmale (hier ggf. auch Feststellen<br />

<strong>de</strong>s Vorliegens eines [straflosen] Wahn<strong>de</strong>likts)<br />

b) etwaige beson<strong>de</strong>re subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

2. Objektiver Tatbestand (= Tatbild)<br />

a) Betätigung <strong>de</strong>s Tatentschlusses durch unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung <strong>de</strong>s objektiven Tatbestands,<br />

§ 22 StGB (ggf. Abgrenzung zur Vorbereitungshandlung)<br />

(fehlen<strong>de</strong> Tatvollendung mangels Fortschreitens mit <strong>de</strong>r Ausführungshandlung, wegen Untauglichkeit <strong>de</strong>s<br />

Tatmittels, <strong>de</strong>s Tatobjekts o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Tatsubjekts [dann ggf. Erörterung <strong>de</strong>r Strafbarkeit <strong>de</strong>s untauglichen<br />

Versuchs in Abgrenzung zum (nach h.M. straflosen) abergläubischen Versuch und grob unverständigen<br />

Versuch i.S.v. § 23 Abs. 3 StGB (i.d.R. Absehen von Strafe)] o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Erfolgs<strong>de</strong>likten mangels<br />

Zurechenbarkeit <strong>de</strong>s eingetretenen Taterfolgs)<br />

b) etwaige beson<strong>de</strong>re objektive Merkmale <strong>de</strong>s Tatsubjekts (bei Untauglichkeit <strong>de</strong>s Tatsubjekts ggf. Abgrenzung<br />

zum [straflosen] Wahn<strong>de</strong>likt)<br />

- Tatbestandsannex (wie A.1.1.1.)<br />

II. Rechtswidrigkeit (wie A.1.1.1.)<br />

III. Schuld (wie A.1.1.1.)<br />

IV. Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

V. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong>,<br />

hier insbeson<strong>de</strong>re Rücktritt vom Versuch, nachfolgend beim Alleintäter:<br />

1. Nichtvorliegen (bzw. Vorliegen) eines sog. fehlgeschlagenen Versuchs (bei erkanntem Fehlschlagen <strong>de</strong>s<br />

Versuchs ist nach h.M. ein Rücktritt ausgeschlossen)<br />

2. Feststellung, ob ein unbeen<strong>de</strong>ter o<strong>de</strong>r been<strong>de</strong>ter Versuch vorliegt<br />

3. Prüfung <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Rücktrittsvoraussetzungen<br />

a) unbeen<strong>de</strong>ter Versuch, § 24 Abs. 1 Satz 1 (1. Fall) StGB: freiwillige Aufgabe <strong>de</strong>r weiteren Ausführung <strong>de</strong>r Tat<br />

b) been<strong>de</strong>ter Versuch nach § 24 Abs. 1 Satz 1 (2. Fall) StGB: freiwillige Verhin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Vollendung durch<br />

Zutun <strong>de</strong>s Täters (tätige Reue)<br />

c) been<strong>de</strong>ter Versuch nach § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB: freiwilliges und ernsthaftes Bemühen um die Verhin<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r ohne Zutun <strong>de</strong>s Täters fehlen<strong>de</strong>n Vollendung (so bei untauglichem Versuch o<strong>de</strong>r Eingreifen Dritter;<br />

analog anwendbar bei fehlen<strong>de</strong>r Zurechenbarkeit <strong>de</strong>s Taterfolgs)<br />

[bei Beteiligung mehrerer, § 24 Abs. 2 StGB: freiwilliges Verhin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Vollendung (Satz 1) o<strong>de</strong>r freiwilliges und<br />

ernsthaftes Bemühen um die ohne sein Zutun fehlen<strong>de</strong> (Satz 2 1. Fall = aussichtsloser Versuch) bzw. unabhängig<br />

von seinem Tatbeitrag eingetretene Vollendung (Satz 2 2. Fall)]<br />

- ggf. [auch versuchte (str.; Aufbau entspr. oben I.)] Regelbeispiele<br />

VI.<br />

VII.<br />

Strafverfolgungsvoraussetzungen<br />

Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 6<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen (wie A.1.1.1.)<br />

A.1.2.2. Das versuchte unechte Unterlassungs<strong>de</strong>likt<br />

O. Vorfragen <strong>de</strong>r Versuchsstrafbarkeit (wie A.1.2.1)<br />

1. Feststellen fehlen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Nichtzurechenbarkeit <strong>de</strong>r Vollendung <strong>de</strong>s objektiven Tatbestands<br />

2. Strafbarkeit <strong>de</strong>s Versuchs <strong>de</strong>s fraglichen Delikts gemäß § 23 Abs. 1 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

1. Subjektiver Tatbestand<br />

a) (unbedingter) Tatentschluß (= Tatbestandsvorsatz) in bezug auf<br />

- <strong>de</strong>n Eintritt <strong>de</strong>s Taterfolgs,<br />

- die Merkmale <strong>de</strong>s Tatobjekts,<br />

- etwaige beson<strong>de</strong>re objektive Merkmale <strong>de</strong>s Tatsubjekts,<br />

- die die Garantenstellung <strong>de</strong>s Unterlassen<strong>de</strong>n begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>,<br />

- die Erfolgsabwendungsmöglichkeit <strong>de</strong>s Täters,<br />

- die hypothetische Kausalität<br />

b) etwaige beson<strong>de</strong>re subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

c) Gleichwertigkeit <strong>de</strong>s Unterlassens im Vergleich zum positiven Tun, sog. Entsprechensklausel<br />

2. Objektiver Tatbestand (= Tatbild)<br />

a) Betätigung <strong>de</strong>s Tatentschlusses durch unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung <strong>de</strong>s objektiven Tatbestands,<br />

§ 22 StGB (ggf. Abgrenzung von Vorbereitungshandlung, hierzu wer<strong>de</strong>n insbeson<strong>de</strong>re die folgen<strong>de</strong>n drei<br />

Ansichten vertreten: (1) Verstreichenlassen <strong>de</strong>r ersten Rettungsmöglichkeit; (2) Versäumen <strong>de</strong>r letzten<br />

Rettungsmöglichkeit; (3) unmittelbare Gefährdung <strong>de</strong>s geschützten Rechtsguts)<br />

b) etwaige beson<strong>de</strong>re objektive Merkmale <strong>de</strong>s Tatsubjekts<br />

- Tatbestandsannex (wie A.1.1.1.)<br />

II. Rechtswidrigkeit (wie A.1.1.1.)<br />

III. Schuld (wie A.1.1.2.)<br />

1. Schuldfähigkeit einschl. <strong>de</strong>s evtl. Vorliegens einer omissio libera in causa (str.)<br />

2. etwaige spezielle Schuldmerkmale (wie A.1.1.1.)<br />

- persönliche Vorwerfbarkeit:<br />

3. Vorsatz-Schuldvorwurf (wie A.1.1.1.)<br />

4. Unrechtsbewußtsein bzw. Vorliegen eines Gebotsirrtums hinsichtlich <strong>de</strong>r Garantenpflicht o<strong>de</strong>r eines Erlaubnisirrtums,<br />

§ 17 StGB<br />

5. Fehlen bzw. Vorliegen von Entschuldigungsgrün<strong>de</strong>n<br />

6. (Un-) Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens [nach a.A. objektives Tatbestandsmerkmal]<br />

IV.<br />

Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

V. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong>, hier insbeson<strong>de</strong>re Rücktritt vom Versuch (wie A.1.1.2.)<br />

- ggf. Regelbeispiele<br />

VI.<br />

VII.<br />

Strafverfolgungsvoraussetzungen<br />

Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 7<br />

A.2.1. Das fahrlässige Begehungs<strong>de</strong>likt<br />

Merke: Bei <strong>de</strong>n Fahrlässigkeits<strong>de</strong>likten gibt es we<strong>de</strong>r "Versuch" noch "Teilnahme".<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen (wie A.1.1.1.)<br />

I. Tatbestand<br />

1. Tatbildverwirklichung<br />

a) etwaige beson<strong>de</strong>re objektive Merkmale <strong>de</strong>s Tatsubjekts<br />

b) Merkmale <strong>de</strong>r Tathandlung<br />

c) Merkmale <strong>de</strong>s Tatobjekts<br />

d) bei <strong>de</strong>n Erfolgs<strong>de</strong>likten:<br />

aa) Eintritt <strong>de</strong>s Taterfolgs<br />

bb) Kausalität zwischen Handlung und Taterfolg<br />

2. Objektiver Sorgfaltsverstoß (Art und Maß <strong>de</strong>r anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Sorgfalt ergeben sich aus einer ex-ante-<br />

Betrachtung <strong>de</strong>r Gefahrenlage anhand von Rechts- und Verkehrsnormen sowie einer differenzierten Maßfigur<br />

[= einsichtiger, gewissenhafter und besonnener Mensch <strong>de</strong>s Berufs- und Verkehrskreises, <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong><br />

angehört, in <strong>de</strong>r konkreten Lage <strong>de</strong>s Täters])<br />

a) objektive Sorgfalts-/Pflichtwidrigkeit und Vermeidbarkeit (nach m.M. unter Berücksichtigung etwaiger<br />

Son<strong>de</strong>rfähigkeiten <strong>de</strong>s Täters), ggf. begrenzt durch <strong>de</strong>n sog. Vertrauensgrundsatz<br />

b) objektive Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>r Tatbildverwirklichung unter Berücksichtigung etwaigen Son<strong>de</strong>rwissens <strong>de</strong>s<br />

Täters<br />

c) etwaiger gefor<strong>de</strong>rter gesteigerter Sorgfaltsverstoß (Leichtfertigkeit)<br />

[abweichend wird teilweise <strong>de</strong>r Sorgfaltsverstoß nicht wie hier (objektiv) im Tatbestand und (subjektiv) in <strong>de</strong>r<br />

Schuld, son<strong>de</strong>rn - nach festgestellter zurechenbarer Gefahrerhöhung - als individuelle Fahrlässigkeit in einem<br />

beson<strong>de</strong>ren subjektiven Tatbestand geprüft; tw. wird auch die (objektive) Pflichtwidrigkeit erst in <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeit<br />

zusammen mit etwaigen Rechtfertigungsgrün<strong>de</strong>n erörtert]<br />

3. bei <strong>de</strong>n Erfolgs<strong>de</strong>likten: objektive Zurechnung <strong>de</strong>s Taterfolgs (unstreitig)<br />

- Tatbestandsannex<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

Fehlen bzw. Vorliegen von Rechtfertigungsgrün<strong>de</strong>n, begrenzt auf die objektiven Rechtfertigungselemente (str.)<br />

III. Schuld<br />

1. Schuldfähigkeit einschl. <strong>de</strong>s evtl. Vorliegens einer actio libera in causa (str.)<br />

2. etwaige spezielle Schuldmerkmale (wie A.1.1.1.)<br />

- persönliche Vorwerfbarkeit:<br />

3. Subjektiver Sorgfaltsverstoß<br />

a) subjektive Sorgfalts-/Pflichtwidrigkeit und Vermeidbarkeit einschl. Übernahmefahrlässigkeit<br />

b) subjektive Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>r Tatbildverwirklichung (unbewußte Fahrlässigkeit) bzw. <strong>de</strong>ren Voraussicht<br />

bei Vertrauen auf ihr Ausbleiben (bewußte Fahrlässigkeit)<br />

4. Möglichkeit <strong>de</strong>r Unrechtseinsicht (virtuelles Unrechtsbewußtsein) bzw. Vorliegen eines Verbots- o<strong>de</strong>r<br />

Erlaubnisrrtums, § 17 StGB<br />

5. Fehlen bzw. Vorliegen von Entschuldigungsgrün<strong>de</strong>n<br />

6. ggf. Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens (bei bewußter Fahrlässigkeit) [nach a.A. im Tatbestand zu<br />

prüfen]<br />

IV. Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

V. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong><br />

VI. Strafverfolgungsvoraussetzungen<br />

VII. Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 8<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen (wie A.1.1.1.)<br />

A.2.2. Das fahrlässige unechte Unterlassungs<strong>de</strong>likt<br />

I. Tatbestand<br />

1. Tatbildverwirklichung<br />

a) Eintritt <strong>de</strong>s Taterfolgs<br />

b) beson<strong>de</strong>re Merkmale <strong>de</strong>s Tatobjekts<br />

c) Nichtvornahme <strong>de</strong>r zur Erfolgsabwendung objektiv erfor<strong>de</strong>rlichen Handlung<br />

d) trotz tatsächlicher Handlungsmöglichkeit <strong>de</strong>s Täters (sog. Erfolgsabwendungsmöglichkeit)<br />

e) hypothetische Kausalität <strong>de</strong>s Unterlassens für <strong>de</strong>n Taterfolg<br />

f) etwaige beson<strong>de</strong>re objektive Merkmale <strong>de</strong>s Tatsubjekts<br />

g) Garantenstellung <strong>de</strong>s Unterlassen<strong>de</strong>n<br />

h) Gleichwertigkeit <strong>de</strong>s Unterlassens im Vergleich zum positiven Tun, sog. Entsprechensklausel<br />

2. Objektiver Sorgfaltsverstoß<br />

a) objektive Sorgfalts-/Pflichtwidrigkeit und Vermeidbarkeit<br />

b) objektive Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>r Tatbildverwirklichung<br />

3. Objektive Zurechnung <strong>de</strong>s Taterfolgs (unstreitig)<br />

- Tatbestandsannex<br />

II. Rechtswidrigkeit (wie A.2.1.)<br />

III. Schuld<br />

1. Schuldfähigkeit einschl. <strong>de</strong>s evtl. Vorliegens einer omissio libera in causa (str.)<br />

2. etwaige spezielle Schuldmerkmale (wie A.1.1.1.)<br />

- persönliche Vorwerfbarkeit:<br />

3. Subjektiver Sorgfaltsverstoß<br />

a) subjektive Sorgfalts-/Pflichtwidrigkeit und Vermeidbarkeit<br />

b) subjektive Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>r Tatbildverwirklichung (unbewußte Fahrlässigkeit) bzw. <strong>de</strong>ren Voraussicht bei<br />

Vertrauen auf ihr Ausbleiben (bewußte Fahrlässigkeit)<br />

4. Möglichkeit <strong>de</strong>r Unrechtseinsicht (virtuelles Unrechtsbewußtsein) bzw. Vorliegen eines Gebots- o<strong>de</strong>r<br />

Erlaubnisirrtums, § 17 StGB<br />

5. Fehlen bzw. Vorliegen von Entschuldigungsgrün<strong>de</strong>n<br />

6. (Un-) Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens (wie A.2.1.)<br />

IV.<br />

Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

V. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong><br />

VI. Strafverfolgungsvoraussetzungen<br />

VII.<br />

Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 9<br />

A.3. Das erfolgsqualifizierte Delikt (§ 18 StGB)<br />

I. Vollständige Prüfung <strong>de</strong>s vorsätzlichen (bzw. fahrlässigen) Grund<strong>de</strong>likts<br />

(tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Verwirklichung <strong>de</strong>s Grundtatbestands)<br />

[Abweichend kann auch sogleich unter das erfolgsqualifizierte Delikt subsumiert wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m die Merkmale <strong>de</strong>r<br />

Erfolgsqualifikation im Anschluß an <strong>de</strong>n Tatbestand o<strong>de</strong>r in diesen integriert geprüft wer<strong>de</strong>n.]<br />

II. Prüfung <strong>de</strong>r Erfolgsqualifikation ("beson<strong>de</strong>ren Tatfolge")<br />

[Beachte: Die beson<strong>de</strong>re Tatfolge muß zumin<strong>de</strong>st fahrlässig herbeigeführt sein (§ 18 StGB), teilweise<br />

for<strong>de</strong>rt das Gesetz (wenigstens) Leichtfertigkeit o<strong>de</strong>r auch Vorsatz (dann ist u.U. zu klären, welche<br />

Vorsatzform vorausgesetzt wird). Soweit eine vorsätzliche Verwirklichung <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Folge<br />

vorliegt, das Gesetz aber nicht ausdrücklich eine vorsätzliche Begehung erfor<strong>de</strong>rt, ist zu klären, ob<br />

auch eine vorsätzliche Erfolgsherbeiführung möglich ist (str.).<br />

Nachfolgend allein zur fahrlässigen beson<strong>de</strong>ren Tatfolge:]<br />

1. Objektive Merkmale<br />

a) Eintritt <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Folge<br />

b) (kausale) Verursachung <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Folge<br />

c) sowie tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang (nach Rspr. bei § 227 StGB: sog. Unmittelbarkeitserfor<strong>de</strong>rnis)<br />

[vgl. hierzu die Kriterien objektiver Zurechnung] zwischen Grund<strong>de</strong>likt und <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Folge<br />

(hierbei auch Erörterung, ob die beson<strong>de</strong>re Folge in bezug auf <strong>de</strong>n Grundtatbestand handlungs- o<strong>de</strong>r<br />

erfolgsbezogen zu verstehen ist)<br />

d) Objektive Fahrlässigkeitselemente *) : Objektive Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Folge einschl. <strong>de</strong>s tatbestandsspezifischen<br />

Gefahrzusammenhangs<br />

e) etwaiger gefor<strong>de</strong>rter gesteigerter Sorgfaltsverstoß (Leichtfertigkeit)<br />

2. Subjektive Merkmale<br />

- Subjektive Fahrlässigkeitselemente *) : Subjektive Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Folge einschl. <strong>de</strong>s<br />

tatbestandsspezifischen Gefahrzusammenhangs<br />

*)<br />

Die Pflichtwidrigkeit <strong>de</strong>r Erfolgsherbeiführung folgt regelmäßig schon aus <strong>de</strong>r Verletzung <strong>de</strong>s Grundtatbestands<br />

und ist insofern nach h.M. nicht mehr geson<strong>de</strong>rt zu prüfen; nach a.A. ist zumin<strong>de</strong>st noch die subjektive<br />

Pflichtwidrigkeit (/Vermeidbarkeit) zu prüfen.


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 10<br />

B. Täterschaftliche Beteiligung (§ 25 Abs. 1 2. Fall, Abs. 2 StGB)<br />

Für die Prüfung <strong>de</strong>r mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 2. Fall StGB) und <strong>de</strong>r Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB)<br />

bedarf es aufgrund <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Zurechnung frem<strong>de</strong>r Tatbeiträge einer Ergänzung <strong>de</strong>s Prüfungsaufbaus. Allgemein<br />

gilt, daß die beson<strong>de</strong>ren Täterschaftsmerkmale grundsätzlich dort zu erörtern sind, wo sie <strong>de</strong>liktssystematisch<br />

anzusie<strong>de</strong>ln sind, also die objektiven Täterschaftsmerkmale im objektiven Tatbestand und die subjektiven Täterschaftsmerkmale<br />

im subjektiven Tatbestand. Doch kann die "Täterschaftsprüfung" auch am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tatbestands<br />

als eigenständiger Punkt erfolgen, siehe dazu unten. Eine vorgezogene, abstrakte Erörterung <strong>de</strong>r Beteiligung (Täterschaftsform<br />

sowie Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme) ist unzulässig.<br />

- Mittelbare Täterschaft (zusätzliche Prüfungspunkte)<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) beson<strong>de</strong>re Täterqualifikation und weitere <strong>de</strong>liktsspezifische Tätermerkmale *)<br />

b) Ausführung <strong>de</strong>r tatbildmäßigen Handlung durch <strong>de</strong>n (nicht voll verantwortlich han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n) Tatmittler<br />

c) Unterlegene Stellung (sog. Werkzeugqualität) <strong>de</strong>s Tatmittlers (gegenüber <strong>de</strong>m Hintermann) infolge von<br />

Umstän<strong>de</strong>n, welche die Tatherrschaft <strong>de</strong>s mittelbaren Täters (= Hintermannes) begrün<strong>de</strong>n<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Tatbestandsvorsatz insoweit<br />

b) beson<strong>de</strong>re subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

- Mittäterschaft (zusätzliche Prüfungspunkte)<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) beson<strong>de</strong>re Täterqualifikation und weitere <strong>de</strong>liktsspezifische Tätermerkmale *)<br />

b) gemeinschaftliche Tatbildverwirklichung in Form von unmittelbarer Täterschaft o<strong>de</strong>r infolge Zurechnung über<br />

§ 25 Abs. 2 StGB (zumin<strong>de</strong>st bedarf es eines, von <strong>de</strong>r Tatherrschaft getragenen, kausalen objektiven Tatbeitrags)<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) gemeinsamer Tatentschluß (Tatplan) und Tatbestandsvorsatz **)<br />

b) beson<strong>de</strong>re subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

3. ggf. Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 StGB<br />

(vgl. hierzu die Ausführungen bei <strong>de</strong>r Teilnahmeprüfung)<br />

*)<br />

**)<br />

Da eine täterschaftliche Beteiligung an einer Tat ausschei<strong>de</strong>t, wenn <strong>de</strong>r mittelbare Täter o<strong>de</strong>r Mittäter etwaige<br />

beson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>liktsspezifische Tätermerkmale in seiner Person nicht erfüllt, sollte die Prüfung hiermit beginnen.<br />

Teilweise wird abweichend empfohlen, auf <strong>de</strong>n gemeinsamen Tatplan <strong>de</strong>r Mittäter im objektiven Tatbestand (vor<br />

1.b)) o<strong>de</strong>r in einem geson<strong>de</strong>rten Aufbaupunkt vor diesem (nicht empfehlenswert!) einzugehen; dies erübrigt<br />

allerdings nicht die (spätere) Feststellung <strong>de</strong>s subjektiven Tatbestands.<br />

Da bei <strong>de</strong>n Erfolgs<strong>de</strong>likten die Leistung eines kausalen Tatbeitrags ausreicht (ob ein solcher für die Beihilfe erfor<strong>de</strong>rlich<br />

ist, ist allerdings str.), ist hier auch ein abweichen<strong>de</strong>r Prüfungsaufbau möglich, wonach im objektiven Tatbestand<br />

zunächst nur <strong>de</strong>r kausale Tatbeitrag festgestellt und dann im Anschluß an <strong>de</strong>n subjektiven Tatbestand in einem<br />

geson<strong>de</strong>rten Prüfungspunkt die Frage <strong>de</strong>r Beteiligung (etwa Abgrenzung Mittäterschaft/Teilnahme) erörtert wird:<br />

a) Täterschaft (Tatherrschaft bzw. animus auctoris)<br />

b) (beson<strong>de</strong>re) objektive und subjektive Täterschaftsmerkmale<br />

Dieser Aufbau empfiehlt sich etwa auch dann, wenn eine (mit)täterschaftliche Tatbeteiligung am subjektiven Tatbestand<br />

(z.B. wegen fehlen<strong>de</strong>r Zueignungsabsicht) scheitert (<strong>de</strong>nn Mittäter kann nur sein, wer <strong>de</strong>n vollen subjektiven<br />

Tatbestand in seiner Person verwirklicht).<br />

Bei <strong>de</strong>r Prüfung mehrerer Tatbeteiligter (dies gilt auch - und wegen <strong>de</strong>r Akzessorietät gera<strong>de</strong> - für die Anstiftung und<br />

Beihilfe) ist stets mit <strong>de</strong>m tatnächsten Beteiligten zu beginnen. Also ist <strong>de</strong>r Tatmittler vor <strong>de</strong>m mittelbaren Täter, <strong>de</strong>r<br />

tatnähere Mittäter vor <strong>de</strong>m tatferneren Mittäter sowie <strong>de</strong>r Haupttäter vor <strong>de</strong>m Teilnehmer zu prüfen.<br />

Bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>r Mittäterschaft gilt zu<strong>de</strong>m: Verwirklichen alle Mittäter für sich das gesetzliche Tatbild, so empfiehlt<br />

sich eine gemeinsame Prüfung mit einem kurzen Hinweis auf ihr mittäterschaftliches Han<strong>de</strong>ln. Bedarf es <strong>de</strong>r<br />

gegenseitigen Zurechnung <strong>de</strong>r verwirklichten objektiven Tatbestandsmerkmale, um die Tatbestandsmäßigkeit für alle<br />

Mittäter bejahen zu können, so sind sie (ebenfalls) gemeinsam zu prüfen (abw. Wessels/Beulke, AT, Rn. 882 unter<br />

c); wie hier noch Wessels, AT [27. Aufl.], Rn. 871).


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 11<br />

C. Teilnahme (§§ 26, 27 StGB) unter Einbeziehung <strong>de</strong>r §§ 28, 29 StGB<br />

A) Prüfung <strong>de</strong>r Haupttat (diese muß zumin<strong>de</strong>st eine vorsätzliche und rechtswidrige, nicht notwendig schuldhafte<br />

Tat sein und min<strong>de</strong>stens das Stadium <strong>de</strong>s strafbaren Versuchs erreicht haben)<br />

B) Teilnahmeprüfung<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Feststellen <strong>de</strong>s Vorliegens einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat, dabei auch Feststellen etwaiger durch<br />

<strong>de</strong>n Haupttäter verwirklichter beson<strong>de</strong>rer Tatbestandsmerkmale<br />

b) Teilnahmehandlung ("Bestimmen" bzw. "Hilfeleisten") zur konkreten Haupttat<br />

2. Subjektiver Tatbestand (Teilnehmervorsatz)<br />

a) Vorsatz hinsichtlich <strong>de</strong>r Verwirklichung (Vollendung) <strong>de</strong>r Haupttat* ) , und zwar in bezug auf alle objektiven<br />

und subjektiven, einschließlich <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Tatbestandsmerkmale <strong>de</strong>r Haupttat<br />

Umfaßt <strong>de</strong>r Teilnehmervorsatz nicht die beson<strong>de</strong>ren Tatbestandsmerkmale, so schei<strong>de</strong>t wegen dieses<br />

Tatbestandsirrtums eine akzessorische Haftung <strong>de</strong>s Teilnehmers aus, doch kann die Akzessorietät <strong>de</strong>r<br />

Teilnahme nach § 28 Abs. 2 StGB durchbrochen wer<strong>de</strong>n, s.u. 3.<br />

* ) Ist <strong>de</strong>r Teilnehmervorsatz weiterreichend, so kommt (daneben) versuchte Teilnahme in Betracht, die<br />

allerdings nur als versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 1 StGB) strafbar ist.<br />

b) Vorsatz hinsichtlich <strong>de</strong>r Teilnahmehandlung<br />

3. ggf. Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 StGB<br />

Gibt es einen auf täterbezogenen beson<strong>de</strong>ren persönlichen Merkmalen grün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Qualifizierungs- o<strong>de</strong>r<br />

Privilegierungstatbestand, welcher die Haupttat o<strong>de</strong>r das darin enthaltene - <strong>de</strong>m Teilnehmer bekanntermaßen<br />

verwirklichte - Grund<strong>de</strong>likt schärft o<strong>de</strong>r mil<strong>de</strong>rt, so ist zu prüfen, ob <strong>de</strong>r Teilnehmer einen solchen an<strong>de</strong>ren<br />

Tatbestand als <strong>de</strong>r Haupttäter erfüllt:<br />

a) Gibt es keinen solchen Tatbestand, so ist <strong>de</strong>r Teilnehmer akzessorisch zum Haupttäter zu bestrafen,<br />

b) gibt es einen solchen Tatbestand, so ist auf <strong>de</strong>n Teilnehmer jene Norm anzuwen<strong>de</strong>n (Qualifizierung o<strong>de</strong>r<br />

Privilegierung), <strong>de</strong>ren Merkmale er verwirklicht (§ 28 Abs. 2 StGB).<br />

[Aufbauhinweis: Dies kann auch erst unter IV.2. (mit-) geprüft wer<strong>de</strong>n.]<br />

II. Rechtswidrigkeit (wie A.1.1.1.)<br />

III. Schuld (wie A.1.1.1.)<br />

Nach h.M. fin<strong>de</strong>t auf die bei <strong>de</strong>m Teilnehmer vorliegen<strong>de</strong>n allgemeinen (nach a.A. auch speziellen) Schuldmerkmale<br />

§ 29 StGB Anwendung.<br />

IV. Zurechnung beson<strong>de</strong>rer persönlicher Merkmale nach § 28 StGB (siehe auch oben I.3)<br />

1. Verwirklicht <strong>de</strong>r Haupttäter beson<strong>de</strong>re Tatbestandsmerkmale? (falls nein, mit 2. fortfahren)<br />

a) Sind die durch <strong>de</strong>n Haupttäter verwirklichten beson<strong>de</strong>ren Tatbestandsmerkmale täterbezogene, beson<strong>de</strong>re<br />

persönliche Merkmale i.S.v. §§ 28, 14 Abs. 1 StGB?<br />

[Bei tatbezogenen Merkmalen bleibt es bei <strong>de</strong>n allgemeinen Akzessorietätsregeln.]<br />

b) Sind die täterbezogenen, beson<strong>de</strong>ren persönlichen Merkmale (aa) strafbegrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r (bb) strafmodifizieren<strong>de</strong>r<br />

Art?<br />

aa) Teilt <strong>de</strong>r Teilnehmer das strafbegrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Merkmal <strong>de</strong>s Haupttäters, so ist er aus <strong>de</strong>mselben Straftatbestand<br />

und -rahmen wie <strong>de</strong>r Haupttäter zu bestrafen;<br />

teilt <strong>de</strong>r Teilnehmer es nicht, so ist er gemäß § 28 Abs. 1 StGB zwar aus <strong>de</strong>mselben Straftatbestand wie<br />

<strong>de</strong>r Haupttäter zu bestrafen, die Strafe aber nach § 49 Abs. 1 StGB zu mil<strong>de</strong>rn - sofern nicht nach <strong>de</strong>m<br />

BGH ein Fall gekreuzter gleichartiger Mordmerkmale vorliegt.<br />

bb) Teilt <strong>de</strong>r Teilnehmer das strafmodifizieren<strong>de</strong> Merkmal <strong>de</strong>s Haupttäters, so ist er aus <strong>de</strong>mselben Straftatbestand<br />

und -rahmen wie <strong>de</strong>r Haupttäter zu bestrafen;<br />

teilt <strong>de</strong>r Teilnehmer es nicht, so ist er nach § 28 Abs. 2 StGB aus <strong>de</strong>m Grundtatbestand zu bestrafen.<br />

2. Gibt es einen auf beson<strong>de</strong>ren persönlichen Merkmalen grün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n persönlichen Strafausschließungsgrund<br />

(z.B. tätige Reue nach vollen<strong>de</strong>tem Delikt, Angehörigeneigenschaft bei <strong>de</strong>r Strafvereitelung, § 258 Abs. 6<br />

StGB), welcher die Strafbarkeit ausschließt, so ist zu prüfen, ob <strong>de</strong>r Teilnehmer diesen erfüllt:<br />

a) Gibt es keinen solchen Strafausschließungsgrund, so än<strong>de</strong>rt sich nichts,<br />

b) gibt es einen solchen Strafausschließungsgrund, so ist er - unabhängig davon, ob er für <strong>de</strong>n Haupttäter<br />

eingreift - auf <strong>de</strong>n Teilnehmer anzuwen<strong>de</strong>n, wenn er diese Merkmale verwirklicht (§ 28 Abs. 2 StGB).


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 12<br />

- ggf. allgemeine Vorfragen (wie A.1.1.1.)<br />

D. Versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 StGB)<br />

O. (Beson<strong>de</strong>re) Vorfragen <strong>de</strong>r Versuchsstrafbarkeit<br />

1. Feststellen fehlen<strong>de</strong>r erfolgreicher Anstiftung<br />

2. Verbrechenscharakter <strong>de</strong>r Haupttat (§ 12 Abs. 1 StGB; ggf. ergibt sich dieser auch erst infolge einer Tatbestandsverschiebung<br />

nach § 28 Abs. 2 StGB, str. [siehe dazu Cramer u. Heine in: Schönke/Schrö<strong>de</strong>r, StGB,<br />

§ 30 Rn. 11 ff]<br />

I. Tatbestand<br />

1. Subjektiver Tatbestand<br />

a) Vorsatz hinsichtlich <strong>de</strong>r Verwirklichung (Vollendung) eines teilnahmefähigen Verbrechens,<br />

ggf. erstreckt sich dieser Vorsatz auch auf beson<strong>de</strong>re - nur in <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s Hintermannes vorhan<strong>de</strong>ne -<br />

persönliche Tatbestandsmerkmale i.S.v. § 28 Abs. 2 StGB (vgl. oben C. unter B.I.2. u. 3.)<br />

b) Vorsatz hinsichtlich <strong>de</strong>r Anstifterhandlung (Herbeiführung <strong>de</strong>s Tatentschlusses)<br />

2. Objektiver Tatbestand<br />

Unmittelbares Ansetzen i.S.d. § 22 StGB zur Einwirkung auf <strong>de</strong>n Anzustiften<strong>de</strong>n<br />

(diese bleibt erfolglos, weil entwe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re keinen Tatentschluß faßt, diesen zwar faßt, aber nicht<br />

ausführt o<strong>de</strong>r er schon zuvor zur Tat entschlossen war [omnimodo facturus])<br />

II. Rechtswidrigkeit (wie A.1.1.1.)<br />

III. Schuld (wie A.1.1.1. bzw. C.)<br />

IV. ggf. zu<strong>de</strong>m Prüfung <strong>de</strong>r Zurechnung beson<strong>de</strong>rer persönlicher Merkmale nach § 28 StGB (wie C.)<br />

V. Persönliche Strafausschließungsgrün<strong>de</strong><br />

VI. Persönliche Strafaufhebungsgrün<strong>de</strong>,<br />

hier insbeson<strong>de</strong>re Rücktritt vom Versuch <strong>de</strong>r Beteiligung:<br />

a) Nichtvorliegen eines sog. fehlgeschlagenen Anstiftungsversuchs (bei erkanntem Fehlschlagen ist ein Rücktritt<br />

ausgeschlossen)<br />

b) endgültige und freiwillige Aufgabe <strong>de</strong>s Anstiftervorsatzes<br />

c) Rücktrittshandlung: eigene Abwendungstätigkeit, soweit die Gefahr entstan<strong>de</strong>n ist, daß <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re die Tat<br />

begeht; ansonsten genügt das Aufgeben <strong>de</strong>r weiteren Einwirkung auf <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren, § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB<br />

bzw.<br />

unterbleibt die Tat ohne Zutun <strong>de</strong>s Zurücktreten<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten<br />

begangen, so genügt das freiwillige und ernsthafte Bemühen, die Tat zu verhin<strong>de</strong>rn, § 31 Abs. 2 StGB<br />

VII. Strafverfolgungsvoraussetzungen<br />

VIII. Strafverfolgungshin<strong>de</strong>rnisse<br />

An<strong>de</strong>re Formen versuchter Beteiligung sind (1) das Sichbereiterklären (= Sicherbieten und Annahme einer Auffor<strong>de</strong>rung)<br />

zur Begehung eines Verbrechens o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Anstiftung zu diesem, § 30 Abs. 2 1. Fall StGB, (2) die (ernstgemeinte)<br />

Annahme <strong>de</strong>s Erbietens eines an<strong>de</strong>ren, ein Verbrechen zu begehen o<strong>de</strong>r zu ihm anzustiften, § 30 Abs. 2<br />

2. Fall StGB und (3) die Verabredung mit einem an<strong>de</strong>ren ein Verbrechen als Mittäter zu begehen o<strong>de</strong>r einen an<strong>de</strong>ren<br />

gemeinschaftlich zu <strong>de</strong>ssen Begehung anzustiften, § 30 Abs. 2 3. Fall StGB


<strong>Jens</strong> <strong>Ph</strong>. <strong>Wilhelm</strong> <strong>Strafrechtliche</strong> <strong>Aufbauschemata</strong> 13<br />

E. Der Erlaubnistatbestandsirrtum (Prüfungsschritte)<br />

Nachfolgen<strong>de</strong>s Aufbauschema beruht auf <strong>de</strong>m dreistufigen Verbrechensbegriff und <strong>de</strong>r eingeschränkten, hier: rechtsfolgenverweisen<strong>de</strong>n<br />

Schuldtheorie; zu <strong>de</strong>m Aufbau bei abweichen<strong>de</strong>n dogmatischen Ansichten siehe Wessels/Beulke,<br />

AT, Rn. 888 ff.)<br />

Tatbestand<br />

...<br />

Rechtswidrigkeit<br />

hier: objektive Rechtfertigungselemente<br />

1) Feststellung, daß es für <strong>de</strong>n fraglichen (das ist <strong>de</strong>r aufgrund <strong>de</strong>r irrig angenommenen Sachlage einschlägige)<br />

Rechtfertigungsgrund an <strong>de</strong>ssen objektiven Voraussetzungen, <strong>de</strong>r rechtfertigen<strong>de</strong>n Sachlage, fehlt und eine<br />

Rechtfertigung ausschei<strong>de</strong>t.<br />

[Nach a.A., nämlich auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r Lehre von negativen Tatbestandsmerkmalen (dann direkte Anwendung<br />

von § 16 Abs. 1 StGB) o<strong>de</strong>r bei Annahme eines Vorsatzunrechtsausschlusses im Rahmen <strong>de</strong>r eingeschränkten<br />

Schuldtheorie (dann analoge Anwendung von § 16 Abs. 1 StGB) ist <strong>de</strong>r Irrtum, genauer: sind die<br />

Irrtumsfolgen, bereits in <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeitsprüfung, hier <strong>de</strong>n subjektiven Rechtfertigungsvoraussetzungen, zu<br />

erörtern.]<br />

Schuld<br />

...<br />

hier: Vorsatz-Schuldvorwurf<br />

2) Darstellung <strong>de</strong>r Irrtumskonstellation, wobei die Fehlvorstellung <strong>de</strong>s Täters hinsichtlich <strong>de</strong>r rechtfertigen<strong>de</strong>n<br />

Sachlage herauszuarbeiten ist.<br />

3) Wäre <strong>de</strong>r Täter bei Zugrun<strong>de</strong>legung seiner die Rechtfertigungslage betreffen<strong>de</strong>n Fehlvorstellung aus <strong>de</strong>m<br />

einschlägigen Rechtfertigungsgrund gerechtfertigt? Das heißt, die Rechfertigungshandlung muß auch <strong>de</strong>n<br />

gesetzlichen Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s (angenommenen) Rechtfertigungsgrun<strong>de</strong>s genügen, insbeson<strong>de</strong>re also erfor<strong>de</strong>rlich<br />

und angemessen sein.<br />

Bei Überschreiten <strong>de</strong>r rechtlichen Grenzen <strong>de</strong>s Rechtfertigungsgrun<strong>de</strong>s liegt zugleich ein Erlaubnisirrtum vor,<br />

und solch ein Doppelirrtum ist nach h.M. allein nach <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>s Erlaubnisirrtums (§ 17 StGB) zu<br />

behan<strong>de</strong>ln!<br />

4) Erörterung <strong>de</strong>r Rechtsfolgen <strong>de</strong>s Erlaubnistatbestandsirrtums (erst hier Eingehen auf <strong>de</strong>n Theorienstreit zwischen<br />

<strong>de</strong>r Lehre von <strong>de</strong>n negativen Tatbestandsmerkmalen, <strong>de</strong>r eingeschränkten und <strong>de</strong>r rechtsfolgenverweisen<strong>de</strong>n<br />

Schuldtheorie, <strong>de</strong>r [nach h.M. überholten] strengen Schuldtheorie und <strong>de</strong>r [kaum mehr erwähnenswerten]<br />

Vorsatztheorie)<br />

Dann: (Eigenständige) Fahrlässigkeitsprüfung<br />

5) Bei fehlen<strong>de</strong>r Bestrafung wegen vorsätzlicher Tat ggf. Prüfung eines einschlägigen Fahrlässigkeitstatbestands<br />

(Dabei kann die Fahrlässigkeitsprüfung im wesentlichen auf die Prüfung beschränkt wer<strong>de</strong>n, ob die irrige Annahme<br />

einer rechtfertigen<strong>de</strong>n Sachlage durch <strong>de</strong>n Täter auf Fahrlässigkeit beruht, d.h. ob <strong>de</strong>ren Nichtvorliegen<br />

bei Anwendung <strong>de</strong>r gebotenen Sorgfalt objektiv erkennbar war und ob <strong>de</strong>r Täter nach seinen persönlichen<br />

Kenntnissen und Fähigkeiten <strong>de</strong>n Irrtum und damit die Herbeiführung <strong>de</strong>s tatbestandlichen Erfolges hätte<br />

vermei<strong>de</strong>n können.)<br />

(Fassung: 5. Aufl., April 2001)

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