Konzept zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit ... - Die Linke
Konzept zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit ... - Die Linke
Konzept zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit ... - Die Linke
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
17<br />
18<br />
19<br />
20<br />
21<br />
22<br />
23<br />
24<br />
25<br />
26<br />
27<br />
28<br />
29<br />
30<br />
31<br />
32<br />
33<br />
34<br />
35<br />
36<br />
37<br />
38<br />
39<br />
40<br />
41<br />
42<br />
43<br />
44<br />
45<br />
46<br />
47<br />
48<br />
49<br />
50<br />
51<br />
52<br />
53<br />
54<br />
55<br />
56<br />
57<br />
58<br />
59<br />
60<br />
61<br />
62<br />
war. Grundlegende Sicherungen für Krankheit, Erwerbslosigkeit,<br />
Alter sind <strong>von</strong> der Arbeiterbewegung und den<br />
Gewerkschaften hart erkämpft worden, auch Frauenbewegungen<br />
haben den Sozialstaat mit geformt. Doch noch<br />
heute subventioniert eine patriarchale Sozialpolitik die<br />
Hausfrauenehe durch das Ehegattensplitting, wonach der<br />
steuerliche Vorteil umso größer wird, je mehr der Mann<br />
und je weniger die Ehefrau verdient.<br />
DIE LINKE will nicht <strong>zur</strong>ück zu einem Sozialstaat, in dem<br />
die Männer Geld verdienen und die öffentlichen Geschicke<br />
steuern, während Frauen die Gratisarbeit zuhause<br />
und im Ehrenamt verrichten.<br />
So wie es ist, kann es nicht bleiben<br />
<strong>Die</strong> Idee des europäischen Sozialstaats – in den einzelnen<br />
Ländern höchst unterschiedlich entstanden und<br />
umgesetzt – geht aus <strong>von</strong> einer ausgleichenden Gerechtigkeit.<br />
Wer viel hat, trägt mehr bei <strong>zur</strong> sozialen Sicherheit<br />
und öffentlichen Infrastruktur im Interesse aller. Seit<br />
Beginn der neuen Entwicklungsetappe des Kapitalismus,<br />
des Neoliberalismus, wird dieses Modell ausgehöhlt, die<br />
aktuelle Gesellschafts- und Finanzkrise macht es kaputt.<br />
In Europa haben die Regierenden in der Lissabon-<br />
Strategie beschlossen, soziale Sicherungen und öffentliche<br />
Güter dem Markt preiszugeben resp. zu privatisieren,<br />
in der Welt wird diese Strategie durchgesetzt vom Internationalen<br />
Währungsfonds und der Weltbank. Nur wenige<br />
Länder, unter ihnen z.B. Norwegen, China oder Bolivien,<br />
gehen in diesen Fragen – teils – eigene Wege.<br />
In Deutschland wird der Sozialstaat inzwischen nicht<br />
mehr verstanden als Gebot des Grundgesetzes, sondern<br />
als Variable der Kassenlage mit unzähligen Leistungskürzungen,<br />
vor allem aber einer Weichenstellung in Richtung<br />
Individualisierung sozialer Risiken, etwa in der Altersvorsorge,<br />
hoher Hürden für den Erhalt sozialer Leistungen,<br />
z.B. Zumutbarkeitsregeln für Erwerbslose, und Sanktionen<br />
für Empfänger, wie Sperrzeiten für Hartz-IV-<br />
Beziehende. Wohlfahrt ist zu einem Markt geworden, auf<br />
dem sich Kunden je nach Vermögen <strong>Die</strong>nste und Leistungen<br />
kaufen, während der Staat, kontrollierend, strafend,<br />
restriktiv, die Bedürftigen vorm Verhungern und<br />
Erfrieren bewahrt und zunehmend in eigene Quartiere<br />
und Stadtviertel abschiebt. Auf dieser Linie wird der<br />
Sozialstaat zum Subsidaritätsstaat, der nur dort einspringt,<br />
wo Familien, Stiftungen, Ehrenamt, Suppenküchen<br />
und Tafeln mit ausrangierten Lebensmitteln nicht<br />
hinreichen.<br />
Nicht Verliererin, nicht Gewinnerin<br />
Strukturell bleiben Frauen auch in der Krise auf dem<br />
Arbeitsmarkt diskriminiert und gering bewertet. In ihrer<br />
Mehrheit können sie Beruf und Familie immer noch sehr<br />
schlecht vereinbaren. Besonders verletzlich sind Frauen<br />
auf dem Arbeitsmarkt, weil so viele <strong>von</strong> ihnen Teilzeit<br />
arbeiten oder geringfügig beschäftigt sind. Das kam<br />
ihnen paradoxer Weise in der Krise zugute, als Frauen in<br />
Minijobs und Teilzeit relativ weniger ihre Stellen verloren<br />
als Männer in Vollzeit, und die Frauendomäne des öffentlichen<br />
oder privaten <strong>Die</strong>nstleistungssektor sich als weniger<br />
konjunktur- und krisenanfällig erwies, als Branchen<br />
wie Bau oder Transport. <strong>Die</strong> – relative – Jobsicherheit <strong>von</strong><br />
Frauen spricht nicht <strong>von</strong> ihrem beruflichen Aufstieg auf<br />
breiter Basis. <strong>Die</strong> meisten <strong>von</strong> ihnen verharren vielmehr<br />
auf einem mittleren bis niedrigen Niveau <strong>von</strong> Einkommen,<br />
63<br />
64<br />
65<br />
66<br />
67<br />
68<br />
69<br />
70<br />
71<br />
72<br />
73<br />
74<br />
75<br />
76<br />
77<br />
78<br />
79<br />
80<br />
81<br />
82<br />
83<br />
84<br />
85<br />
86<br />
87<br />
88<br />
89<br />
90<br />
91<br />
92<br />
93<br />
94<br />
95<br />
96<br />
97<br />
98<br />
99<br />
100<br />
101<br />
102<br />
103<br />
104<br />
105<br />
106<br />
107<br />
108<br />
109<br />
110<br />
111<br />
112<br />
113<br />
114<br />
115<br />
116<br />
117<br />
118<br />
119<br />
120<br />
121<br />
122<br />
25<br />
auf das sie aber für sich selbst resp. ihre Familien angewiesen<br />
sind.<br />
Eine kleinere Schicht gut qualifizierter Frauen kann sich<br />
die geänderten Arbeitsanforderungen in der „Wissensgesellschaft“<br />
zunutze machen. Auf sie zielt die Familienpolitik<br />
der konservativ-liberalen Bundesregierung, die das<br />
Elterngeld nach Einkommen berechnet, Hartz-IV-Familien<br />
aber das Erziehungsgeld streicht und das Kindergeld voll<br />
auf die Regelsätze anrechnet. So findet auch unter Frauen<br />
und Familien die neoliberale Umverteilung <strong>von</strong> unten<br />
nach oben statt.<br />
Während mehr Frauen in den Arbeitsmarkt integriert<br />
werden, erodiert das männliche Ernährermodell. In einigen<br />
Bereichen gleichen sich die Arbeitsbedingungen der<br />
(vielen) Männer jenen der (vielen) Frauen nach unten an.<br />
Gleichzeitig bestehen auf allen Ebenen geschlechtliche<br />
Ungleichheiten fort.<br />
Sozialstaat und Demokratie<br />
Mit der Armut explodiert der Reichtum. Armut ist strukturelle<br />
Gewalt. Sie kann wütende Gegengewalt erzeugen.<br />
Staatlich geht der Rückbau des Sozialen einher mit dem<br />
Ausbau des Kriegerischen, mit Militarisierung, Waffentechnik,<br />
Waffenexport – und Kriegen! Sozial wirkt friedlich,<br />
anti-sozial aggressiv. Wer Aggression und Krieg den<br />
Boden entziehen will, sollte sich auch für einen aktiven<br />
Sozialstaat einsetzen und umgekehrt.<br />
<strong>Die</strong> ausgleichende Gerechtigkeit eines Sozialstaates wäre<br />
heute nötiger denn je als einigendes Band, das die Gesellschaft<br />
integriert. Fehlt es, zerfällt sie nicht nur in<br />
Einzelteile <strong>von</strong> Prekären und Besitzenden, Inländern und<br />
Ausländern, Jungen und Alten, Männern und Frauen; die<br />
Leerstelle des sozialen Ausgleichs wird vielmehr besetzt<br />
durch aggressive Ausgrenzungen. Dann sollen krude<br />
Interpretationen <strong>von</strong> Nation, Region, Ethnie, Kultur, Sprache<br />
oder Geschichte die Gesellschaft im Innersten zusammenhalten.<br />
Auf diesem Hintergrund gewinnen in ganz<br />
Europa nationalistische und rassistische Ideologien,<br />
Netzwerke, Parteien an Einfluss. Sie sind eine große<br />
Gefahr. So bedroht die Preisgabe des Sozialstaates die<br />
Demokratie in ihren Grundfesten.<br />
Ausbau und Erneuerung des Sozialstaates<br />
Der Sozialstaat muss verteidigt und gründlich aus- und<br />
umgebaut werden. <strong>Die</strong>ses Reformprojekt beginnt Hier<br />
und Heute und skizziert erste Schritte zu einer Gesellschaft<br />
der Freien und Gleichen. Es ist ein gesellschaftliches<br />
Gesamtkonzept, das aktiv und fortdauernd ausgleichende<br />
Gerechtigkeit herstellt, indem Geld und Vermögen,<br />
Einfluss und Macht <strong>von</strong> oben nach unten umverteilt<br />
werden. Es ist ein <strong>Konzept</strong> radikaler Gleichheit, in dem<br />
Frauen nicht mehr „das andere“ sind, sondern Männer<br />
und Frauen sich selbst verändern, indem sie die Umstände<br />
ändern. Aspekte dieses <strong>Konzept</strong>s sind:<br />
- Armut und Ausgrenzung wird verhindert.<br />
- Gewährleistet wird eine bedarfsdeckende, sanktionsfreie<br />
Grundsicherung.<br />
- Männern, Frauen und Kindern sind gleiche individuelle<br />
Rechtsansprüche auf soziale Leistungen garantiert.<br />
- Alle Menschen, die es wollen, können eine sinnvolle,<br />
Existenz sichernde Erwerbsarbeit aufnehmen.