Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Nachrichten der DOA<br />
„Biebricher Schlossgespräche“<br />
Gelungene Premiere einer neuen<br />
Veranstaltungsreihe<br />
"Unserer Anliegen ist es, im Blick auf drängende<br />
und übergreifende Fragen des Sports<br />
miteinander ins Gespräch zu kommen." Mit<br />
diesen Worten begrüßte Vorstandsmitglied<br />
Ingo-Rolf Weiss im Namen der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n Akademie (DOA) die zahlreichen<br />
Gäste, die am 15. Mai der Einladung ins<br />
Wiesbadener Schloss Biebrich gefolgt waren,<br />
um sich mit dem Leistungsgedanken in Sport<br />
und <strong>Gesellschaft</strong> zu beschäftigen.<br />
Auch und nicht zuletzt das engagierte<br />
Fachpublikum leistete seinen Beitrag zu einer<br />
gelungenen Premiere einer gemeinsamen<br />
Veranstaltungsreihe von DOA und hessischer<br />
Landesregierung, die unter dem beziehungsreichen<br />
Titel "<strong>Gesellschaft</strong> in Bewegung" im<br />
wunderbaren Ambiente hochherrschaftlicher<br />
Räumlichkeiten auch in Zukunft entsprechende<br />
Akzente setzen möchte. Dem besonderen<br />
Anliegen entspricht es dabei, das Phänomen<br />
Sport nicht isoliert, sondern explizit in seinen<br />
gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen<br />
und kulturellen Bezügen zu betrachten.<br />
In diesem Sinne war auch kein Sportwissenschaftler,<br />
sondern der Tübinger Moraltheologe<br />
Dietmar Mieth um das erste Wort und eine<br />
Betrachtung über die Perspektive der Leistungsgesellschaft<br />
gebeten worden, wobei er<br />
vor dem Hintergrund akuter Krisenerscheinungen<br />
sowohl deren Risiken und Nebenwirkungen<br />
als auch deren Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
thematisierte.<br />
Andreas Höfer im Gespräch mit Meike Freitag, Cornelia<br />
Hanisch, Edgar Itt und Roland Baar (von rechts).<br />
Anschließend wartete der vielfach ausgewiesene<br />
Darmstädter Soziologe Michael Hartmann<br />
mit einer höchst differenzierten und<br />
kritischen Analyse des Elitegedankens auf, die<br />
in einem Podiumsgespräch mit dem Hessischen<br />
Schulsportrefernten Thomas Hörold<br />
sowie dem Rektor der Wiesbadener Elly-<br />
Heuss-Schule, Reinhard Rzytki, weiter vertieft<br />
wurde. Dabei ging es<br />
nicht zuletzt um die<br />
Frage, ob und wie<br />
gerade die Schule<br />
der - empirisch<br />
nachgewiesenen -<br />
Benachteiligung<br />
Jugendlicher aus<br />
sozial unterprivilegierten<br />
Familien<br />
wirksam begegnen<br />
und spezifische<br />
Talente der Betroffenen<br />
trotz problematischer<br />
Mitgift<br />
langfristig zur<br />
Geltung bringen<br />
kann.<br />
Großen Beifall fand auch die ebenfalls höchst<br />
anregende und kritische Analyse von Eike<br />
Emrich zu "Strukturen, Defiziten, Perspektiven"<br />
des Leistungssports in Deutschland,<br />
zumal der renommierte Sportwissenschaftler<br />
der Universität Saarbrücken die Materie aus<br />
vielfältiger praktischer Erfahrung, unter<br />
anderem als Vizepräsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Leichtathletik-Verbandes kennt. Zu seinen<br />
zunächst überraschenden, dann gut nachvollziehbaren<br />
Befunde zählte etwa, dass sich eine<br />
frühe Spezialisierung und frühe Förderung<br />
talentierter Sportlerinnen und<br />
Sportler im Blick auf den ganz<br />
großen Erfolg potentiell als<br />
kontraproduktiv erweist. Wie<br />
angesichts solcher und anderer<br />
Systemfehler tatsächlich Abhilfe<br />
zu schaffen ist, blieb allerdings<br />
eine offene Frage.<br />
Praxisnah und zugleich auf<br />
hohem Niveau reflektierend<br />
waren auch die Ausführungen<br />
von Roland Baar, Meike Freitag,<br />
Cornelia Hanisch und Edgar Itt. In der von<br />
DOA-Direktor Andreas Höfer moderierten<br />
Abschlussrunde berichteten die ehemaligen<br />
Spitzenathleten über ihre Einstellung zum<br />
Leistungsprinzip und entsprechende Erfahrungen<br />
beim Übergang von sportlicher<br />
Karriere ins "Leben danach". Der vielfache<br />
Ruder-Weltmeister Roland Baar, für einige<br />
Interessiertes Publikum, wunderbares Ambiente<br />
Jahre auch als Athleten-Vertreter im IOC, wies<br />
etwa darauf hin, dass man auch nach einer<br />
großen Karriere im Sport im Berufsleben in<br />
der Regel bei Null, gleichsam als "Praktikant"<br />
beginnen und sich aufs Neue durch Leistung<br />
für höhere Aufgaben qualifizieren müsse. Alle<br />
Athleten bestätigten, dass sie sich ihrer<br />
Vorbildfunktion bewusst gewesen seien und,<br />
wie etwa Fecht-Olympiasiegerin Cornelia<br />
Hanisch, dieser auch in ihrem beruflichen<br />
Wirken - als Lehrerin - gerecht werden<br />
wollen. Der frühere 400-Meter-Hürdenläufer<br />
Edgar Itt unterstrich, wie offen junge Menschen<br />
für seine Erfahrungen und Anregungen<br />
sind, die er als Motivationscoach inzwischen<br />
professionell weitergibt.<br />
Auch wenn - nein, gerade weil im Rahmen<br />
einer Tagesveranstaltung zu einem solcherart<br />
anspruchsvollen Thema naturgemäß nicht<br />
alle relevanten Fragen aufgeworfen, geschweige<br />
denn erschöpfend beantwortet<br />
werden konnten, waren sich alle Beteiligten<br />
einig, dass der Auftakt Lust auf mehr gemacht<br />
hat. Dies bestätigte auch Heinz Zielin-<br />
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