30.10.2012 Aufrufe

Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

zu bejammern, was gerade nicht mehr geht. Manchmal<br />

waren das 50 Meter Stationsumrundung, manchmal sogar<br />

nur 5 Meter ins Bad, die mir vorkamen wie ein Marathon -<br />

und genauso glücklich machten. Geschafft. Ich lernte Bewegung<br />

als etwas Wohltuendes und niemals Schmerzhaftes,<br />

Zwanghaftes zu erleben - Schmerzen hatte ich genug. Wenn<br />

mich nach einer Lumbalpunktion, bei der Liquor entnommen<br />

wird und Medikamente direkt in den Rückenmarkkanal<br />

gespritzt werden, wieder tagelang stärkste Kopfschmerzen<br />

ans Bett fesselten, dann tanzte ich eben Salsa oder Rumba im<br />

Bett. Zumindest lockerte ich so auf meine Lieblingsmusik<br />

sanft das Becken und die Wirbelsäule- und meine Psyche.<br />

Noch heute arbeite ich mit Krebspatienten hauptsächlich<br />

tanztherapeutisch, dieses ganz spezielle Körpererleben, das bis<br />

in alle Winkel "genussvoll sich selbst entdecken", im eigenen<br />

Rhythmus, fließt auch in alle meine anderen sporttherapeutischen<br />

Kurse mit ein. Das funktioniert auch beim Nordic<br />

Walking. Auch Gehen ist Rhythmus, und die Wirkung verdoppelt<br />

sich, wenn man es aufmerksam und bewusst wahrnimmt.<br />

Oft bedarf es sanfter "Nachhilfe" um wieder mit seinem<br />

Körper in Kontakt zu kommen. Erst recht für Krebspatienten,<br />

Es ist noch nicht lange her, da galt als vorherrschende<br />

Meinung unter den <strong>Deutsche</strong>n: Sport schadet oft mehr<br />

als er nützt, er ruiniert die Gelenke, verursacht ein<br />

Ochsenherz und ist sowieso nur etwas für junge und vor<br />

allem gesunde Menschen. Vieles hat sich gewandelt. Heute<br />

jedoch gibt es kaum jemanden, der nicht weiß, wie wertvoll<br />

ein regelmäßiges Training für die Gesundheit ist. Sport tut<br />

gut - aber gilt das auch für Krebspatienten?<br />

Die Ergebnisse unterschiedlicher neuerer Studien jedenfalls<br />

geben darauf zahlreiche Hinweise: Sport hat eine positive<br />

Wirkung in der Krebsvor- wie Nachsorge und hilft schon<br />

während der Therapie, die körperliche Leistungsfähigkeit zu<br />

erhöhen. "Sie haben Krebs" - eine Diagnose, mit der nach<br />

Angaben des Robert-Koch-Instituts jährlich rund 436.000<br />

Menschen in Deutschland zum ersten Mal konfrontiert werden.<br />

An Krebs sterben in jedem Jahr 211.500 Menschen; die Krankheit<br />

ist damit nach den Folgen der Erkrankungen des Herz-<br />

Kreislaufsystems die häufigste Todesursache der <strong>Deutsche</strong>n.<br />

Sport, am besten regelmäßig und täglich, senkt das Risiko, an<br />

Krebs zu erkranken. Diese These ist durch Studien aus den USA,<br />

die oft jegliches Vertrauen in ihren Körper jäh verloren<br />

haben. Hat er sie nicht im Stich gelassen? Plötzlich funktioniert<br />

er nicht mehr. Körpereigene Zellen wenden sich scheinbar<br />

gegen einen. Scheinbar, denn oft zeigt uns der Körper<br />

nur unsere Grenzen und signalisiert, was wir sonst nicht<br />

wahrhaben wollen: So geht es nicht mehr weiter.<br />

Mein Nachhilfelehrer war ein sehr westlicher Qi-Gong-<br />

Lehrer. Bis heute nutze ich die Ruhe, Kraft und Balance aus<br />

der meditativen chinesischen Heilgymnastik. Yoga funktioniert<br />

ähnlich. Nur der westliche "Sport" kennt die Kombination<br />

von Körper, Geist und Seele nicht mehr. Seit René Descartes<br />

im 17. Jahrhundert den Mechanizismus begründete<br />

und die Trennung von Körper und Geist ausrief, betrachtet<br />

unsere Wissenschaft den Menschen als "Maschine"- bislang<br />

auch die junge Disziplin der Sportwissenschaft. Glücklicherweise<br />

bekommen innovative Sportwissenschaftler Schützenhilfe<br />

von Seiten der Neuroimmunologie, die handfest nachweisen<br />

kann: Sport, sagen wir lieber Bewegung, macht<br />

glücklich. Wir schütten Glückshormone aus. Bewegungsmangel<br />

hingegen macht krank und depressiv.<br />

Sport - eine gute und wirkungsvolle Medizin<br />

50<br />

aber auch aus Deutschland längst belegt. Zur Prävention<br />

gehören laut der <strong>Deutsche</strong>n Krebshilfe e.V. unter anderem auch<br />

eine gesunde Ernährung, der Verzicht auf Rauchen und ausgiebige<br />

Sonnenbäder und ein maßvoller Umgang mit Alkohol.<br />

Bewegung wirkt nicht nur vorbeugend gegen die Entstehung<br />

von Tumoren, sondern kann sogar schon während oder<br />

unmittelbar nach der Krankheitsbehandlung wie z. B. Chemotherapie<br />

oder Bestrahlung das Krankheitsbild günstig beeinflussen.<br />

Aus medizinischer Warte ist diese Erkenntnis eine<br />

kleine Revolution, riet man den Kranken doch noch vor<br />

einigen Jahren eindringlich dazu, sich zu schonen. Man<br />

befürchtete sogar, Sport sei eine Art Katalysator für neu<br />

entstehende Metastasen. Dabei wurde übersehen, dass übermäßige<br />

Bettruhe den Körper zusätzlich schwächt und nach<br />

und nach unbeweglicher macht.<br />

Die medizinischen Schritte bei der Behandlung einer Krebserkrankung<br />

- meist sind es Operation, Chemotherapie und<br />

Bestrahlung - sind mit Nebenwirkungen verbunden. Die<br />

häufigste Begleiterscheinung der Chemotherapie und<br />

Bestrahlung ist das so genannte Fatigue-Syndrom. Dieser

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!