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Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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heitsports auch einen eigenen Verband für Gesundheitssport,<br />

in dem sich gesundheitssportlich ausgerichtete Vereine<br />

zusammen geschlossen haben. Obwohl dies alles nicht gerade<br />

als Konkurrenz anzusehen ist, stellt sich die Frage, was das<br />

"Besondere" der Vereinsangebote ist.<br />

Gesundheit und "Spaß"<br />

Wenn man gesundheitssportliche Angebote genauer betrachtet,<br />

stellt man fest, dass es in ihnen keineswegs nur um<br />

Gesundheit gehen soll. Gesundheit taucht nämlich durchweg<br />

in Verbindung mit "Spaß" auf; "Spaß" (oder "Fun") zu haben<br />

oder zu bekommen, spielt in Begründung und Ankündigung<br />

von gesundheitsförderlichen Angeboten eine wichtige Rolle.<br />

"Fit for Fun" heißt zum Beispiel ein verbreitetes Motto. "Fit for<br />

Fun" hieß der Titel einer Leibes- und Lebensertüchtigungszeitschrift,<br />

die man an Zeitungskiosken kaufen konnte. Mit "Fit for<br />

Fun" wurde auch ein Artikel des Trend- und Lebensstil-Magazins<br />

MAX eingeleitet: Dieses "neue Selbstbewusstsein", so<br />

konnte man lesen, "seinen Körper und seine Seele zu hegen<br />

und zu pflegen, sich täglich etwas Gutes zu tun", und dies mit<br />

"lauter Aktivitäten, die Spaß machen, Optimismus wecken,<br />

Erotik steigern". Heiko Ernst versah eines seiner Bücher mit<br />

dem Titel: "Gesund ist, was Spaß macht". Ein Hotel am Rhein<br />

wirbt mit "Gesundheit zum Mitnehmen" und "High Level<br />

Wellness" für ein Wochenendprogramm, das zwei Übernachtungen<br />

mit Frühstücksbuffet, Begrüßungscocktail, naturheilkundliche<br />

Betreuung, chinesische Massage, Yoga, Kosmetikbehandlung<br />

und ein "sportliches Begleitprogramm", das aus<br />

Sauna, Warmwasserpool und Wassertretbecken besteht,<br />

umfasst. Von einem Berghotel wird "Winterwellness" mit<br />

"Bergwiesen-Heubad, Relaxmassage, Moorpackung, Magnetfeldtherapie"<br />

offeriert. Ein bekannter Kurort bietet "Gesundheit,<br />

Wellness, Beauty und Lifestyle" an. Um Gesundheit<br />

herum bildet sich inzwischen offensichtlich ein eigener<br />

"Gesundheitsmarkt", auf dem "Spaß", "Fun", "Gesundheit zum<br />

Wohlfühlen", "Fitness zum Wohlfühlen", manchmal auch als<br />

"wellness" bezeichnet, zu Werbezwecken eingesetzt werden.<br />

Damit soll die öffentliche Aufmerksamkeit erreicht werden, die<br />

das Wachstum dieses Markts sichert. Was aber Spaß in Verbindung<br />

mit Gesundheit konkret heißt, wird nirgendwo erklärt.<br />

Die Vereine haben ihre Angebote bislang allerdings von Werbe-<br />

und Marketingsprüchen dieser Art weitgehend frei halten<br />

können; zu einem großen Teil ihrer Angebote passen sie auch<br />

nicht.<br />

Allerdings stößt diese Entwicklung auch auf Kritik. In vorderster<br />

Reihe der Kritiker steht der Arzt, Psychiater und Theologe<br />

Manfred Lütz. Er versieht sein Buch "Lebenslust" mit dem<br />

Untertitel "Über Risiken und Nebenwirkungen des Gesundheitswahns".<br />

In einer <strong>Gesellschaft</strong>, in der die traditionellen<br />

Religionen für viele Menschen offenbar an Bedeutung verlören,<br />

so stellt er fest, sei eine neue Religion entstanden. Er<br />

44<br />

nennt sie "Gesundheitsreligion". Wir "glauben nicht mehr an<br />

den lieben Gott, sondern an die Gesundheit", und alles, was<br />

man früher für ihn tat - fasten, wallfahren, gute Werke vollbringen<br />

- das "tut man heute für die Gesundheit". Gesundheits-<br />

und Fitnessstudios werden zu "Wellnesstempeln".<br />

So betrachtet ist es nicht verwunderlich, dass auf dem<br />

Gesundheitsmarkt nicht nur "Gesundheit" angeboten wird,<br />

sondern neben "Spaß" auch noch unterstützende Mittel in<br />

Form von Medikamenten, Kräutern, Tees, Getränken, Mineralien,<br />

Massagen, Salben, Nahrungsergänzungsmitteln, Geräten,<br />

Expandern, Seilen, Fahrrädern, Hometrainern, Zeitschriften,<br />

Broschüren - und zu allem das passende Outfit. Die Nachfrage<br />

nach "Gesundheit" wird noch dadurch verstärkt, dass in<br />

Gesundheitssendungen der Medien, kostenlosen Apothekenzeitschriften,<br />

Ratgeberspalten von Illustrierten und Tageszeitungen<br />

ständig darüber informiert wird, was man tun muss,<br />

um sich gesund zu halten oder es wieder zu werden. Ganze<br />

Regale der Buchhandlungen sind gefüllt mit entsprechender<br />

Ratgeberliteratur.<br />

Für diesen großen, inzwischen aber auch unübersichtlichen<br />

und in manchen seiner Fehlentwicklungen sicher kritikwürdigen<br />

Bereich ist die Bezeichnung "Gesundheitssport", manchmal<br />

auch "Fitnesssport" üblich geworden. Allerdings ist der<br />

Begriff "Gesundheitssport", unter dem sehr unterschiedliche<br />

Angebote zusammengefasst werden, ebenso unpräzise wie der<br />

ihm zugrundeliegende Gesundheitsbegriff.<br />

Was heißt Gesundheitssport?<br />

Natürlich gibt es für die öffentliche Bedeutung des Gesundheitsthemas<br />

und des Gesundheitsports überzeugendere Gründe<br />

als das Spaßargument: Bewegungsmangelkrankheiten<br />

nehmen in unserer bewegungsarmen <strong>Gesellschaft</strong> bekanntlich<br />

zu. Und im Hinblick auf Krankheitsbilder, die insbesondere<br />

durch Bewegungsmangel verursacht oder mit verursacht<br />

werden - beispielsweise Herz- und Kreislauferkrankungen,<br />

Gelenkbeschwerden oder Übergewicht -, gelten Bewegung<br />

und körperliche Übungen als besonders geeignete Mittel der<br />

Therapie, Rehabilitation und Prävention. Auch bei anderen<br />

Krankheitsbildern haben sie offensichtlich positive körperliche<br />

und auch seelische Wirkungen. Die gestiegene Nachfrage<br />

nach Sport und Körperübungen hängt zweifellos auch mit<br />

diesen Gründen zusammen, die mit dazu geführt haben, dass<br />

"Gesundheit" zu einem wichtigen Beweggrund des Sporttreibens<br />

vieler Menschen und zu einem ebenso wichtigen Argument<br />

für die öffentliche Anerkennung und Förderung des<br />

Sports geworden ist.<br />

Der in Vereinen und Verbänden organisierte Sport konnte mit<br />

seinen bereits bestehenden, aber auch neu entwickelten<br />

gesundheitsbezogenen Angeboten einen großen Teil der

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