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Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Zöglingen zu: "Sei gesund!" Allerdings verstand man vor<br />

zweihundert Jahren, als die meisten Menschen schwer unter<br />

Armut, Hunger, Krankheit und Kälte leiden mussten, unter<br />

Gesundheit etwas Anderes als heute, und "Wohlbefinden",<br />

"Fitness" und "Wellness", die heute oft in Verbindung mit<br />

Gesundheit genannt werden, waren damals noch unbekannt.<br />

Wenn heute von Sport die Rede ist, denkt man vermutlich<br />

nicht zuerst an den Gesundheitssport, sondern an den Leistungssport<br />

oder den Breitensport. Mit dem Leistungs- und<br />

Spitzensport haben Gesundheit und Gesundheitssport allerdings<br />

nicht unmittelbar zu tun, abgesehen davon, dass<br />

Gesundheit eine der Voraussetzungen ist, überhaupt Sport auf<br />

hohem Niveau zu betreiben. Während der Gesundheitssport<br />

jedoch vor allem auf Gesundheit ausgerichtet ist, gelten<br />

Leistung und Wettkampf als Kennzeichen des sportlichen<br />

Selbstverständnisses. Gesundheit ist dabei keineswegs unwichtig;<br />

wichtig ist sie aber vor allem deshalb, weil bei den meist<br />

unvermeidlichen körperlichen Belastungen in Training und<br />

Wettkampf gesundheitliche Schäden und Folgeschäden möglichst<br />

ausgeschlossen werden sollen, auch wenn sie manchmal<br />

zur Leistungssteigerung in Kauf genommen werden. Diesen<br />

Unterschied sah wohl auch Coubertin; den Gesundheitssport<br />

nannte er deshalb auch "Hygienesport". Allerdings ist es auch<br />

im Gesundheitssport so, dass in ihm "Gesundheit" kaum zu<br />

haben ist, ohne dass man sich um sie bemüht; mess- und<br />

bewertbare Leistungen stehen aber nicht im Vordergrund.<br />

Im Freizeit- und Breitensport spielt Gesundheit dagegen eine<br />

größere Rolle; aber auch in ihm ist sie oft eher "Mittel zum<br />

Zweck" - man möchte fit fürs Skifahren sein, an einem Volkslauf<br />

teilnehmen oder ohne große Mühe sein Sportabzeichen<br />

machen können, bei Bergtouren nicht gleich außer Atem<br />

geraten und auch eine längere Fahrt mit dem Fahrrad nicht<br />

gerade erschöpft beenden.<br />

Im Gesundheitssport ist Gesundheit dagegen Ziel und Zweck<br />

zugleich; es geht um ihre Erhaltung, Wiederherstellung und<br />

Verbesserung, um den gezielten Ausgleich von gesundheitlichen<br />

Mängeln oder um Vorbeugung gegen gesundheitliche<br />

Beeinträchtigungen, sofern dies mit Hilfe körperlicher Aktivitäten<br />

möglich ist oder diese dabei nützlich sind. Oft sind es<br />

aber gar nicht die körperbezogenen Aktivitäten allein, die<br />

dabei von Bedeutung sind, sondern es sind - vor allem in<br />

psychischer und sozialer Hinsicht - die Gruppe, in die man<br />

gerne geht oder die sympathische Lehrkraft.<br />

Gesundheitsport - heute ein wichtiger<br />

Teil sportlicher Angebote<br />

Als 1945 nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft<br />

die Gründung von Turn- und Sportvereinen wieder<br />

erlaubt wurde, sich bald danach auch Landessportbünde und<br />

Fachverbände sowie 1950 der <strong>Deutsche</strong> Sportbund bilden<br />

konnten, wurde Gesundheit für sie von Anfang an zu einem<br />

wichtigen Thema. "Gesundheitsförderung" wurde ausdrücklich<br />

zu einer Aufgabe des Sports erklärt; in vielen Vereins- und<br />

Verbandsatzungen wurde dies eigens festgeschrieben. Da in<br />

den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die meisten Menschen<br />

in Deutschland unter Hunger, Unterernährung, Mangelkrankheiten,<br />

Kriegsverletzungen und heute kaum noch vorstellbaren<br />

Lebensbedingungen leiden mussten, war dies zwar<br />

ein naheliegendes Ziel, aber schon auf Grund fehlender Sportmöglichkeiten<br />

war es letztlich gar nicht erreichbar. Noch bis in<br />

die fünfziger Jahre gab es in Schulen und Universitäten die<br />

sogenannte "Hoover-Speisung", um wenigstens die schlimmsten<br />

Folgen von Hunger und Unterernährung bei Kindern und<br />

jungen Menschen zu lindern. Die Aufgabe der Gesundheitsförderung<br />

konnte deshalb in Sportvereinen auch nicht an erster<br />

Stelle stehen. Verständlicherweise hatte in jener Zeit, in der<br />

den meisten Menschen selbst das existentiell Nötigste fehlte,<br />

Gesundheit auch eine andere Bedeutung als heute.<br />

Das Thema "Gesundheit" selbst galt jedoch als wichtig, und<br />

das ist bis heute so geblieben. Der nach dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Fußball-Bund größte deutsche Verband, der <strong>Deutsche</strong> Turner-<br />

Bund, dem diese gesundheitssportliche Aufgabe besonders<br />

nahe liegt, erweiterte später sogar seinen Verbandsnamen um<br />

den Zusatz "Verband für Leistungs-, Freizeit- und Gesundheitssport";<br />

ein von ihm 1994 organisierter Kongress hieß<br />

"Gesundheitssport im Verein", allein der zweite Teil des Kongressberichts<br />

füllt mehr als 500 Seiten. Auch Landessportbünde<br />

und Bundesländer veröffentlichten Materialien zu gesundheitssportlichen<br />

Fragen. In der Fachliteratur wurden Gesundheit<br />

und Gesundheitsport zu viel bearbeiteten Themen. Heute<br />

umfasst der Gesundheitssport nicht mehr nur einen kleinen<br />

und unwichtigen Bereich des in Vereinen organisierten Sports.<br />

Der Forschungsbericht zur "Sozialberichterstattung des deutschen<br />

Sports" von Professor Breuer und Mitarbeitern zeigt,<br />

dass fast ein Viertel der von den rund 90.000 deutschen<br />

Sportvereinen gemachten Sportangebote "explizit auf die<br />

Vermeidung, Beseitigung oder Linderung gesundheitlicher<br />

Beeinträchtigungen" abzielt.<br />

Neben die Vereine sind in den letzten Jahrzehnten allerdings<br />

auch noch zahlreiche weitere Anbieter von "Gesundheit"<br />

getreten: Es handelt sich vor allem um gewerblich-kommerziell<br />

ausgerichtete, dann aber auch um kommunale, kirchliche<br />

und universitäre Einrichtungen; auch Urlaubs- und Erholungsorte<br />

machen gesundheitssportliche Angebote. Viele Menschen<br />

bemühen sich allerdings auch alleine um ihre Gesundheit,<br />

indem sie laufen, schwimmen, rad- und skifahren, Morgengymnastik<br />

betreiben, Yogaübungen machen oder Spazieren<br />

gehen. Viele von ihnen sind gleichzeitig auch Vereinsmitglieder<br />

oder gehen in Gesundheits- oder Fitnessstudios. Inzwischen<br />

gibt es außerhalb des im DOSB organisierten Gesund-<br />

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