Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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der Dachverband Ende 2007 in einer großen Koalition des<br />
Sports eine gemeinsame Vertretung mit dem starken <strong>Deutsche</strong>n<br />
Fußball-Bund geschaffen, zum Büro-Bund gehören<br />
auch die Fußball-Liga DFL, die <strong>Deutsche</strong> Sport-Jugend (dsj),<br />
der Behindertensport-Verband (DBS) und die Sport-Vermarktungsgesellschaft<br />
DSM. "10 Minuten zum Kanzleramt und<br />
zum Reichstag, nahe den verschiedenen Ministerien", so<br />
beschreibt Christian Sachs den Standortvorteil. "Der Sport hat<br />
hier die kürzesten Wege."<br />
Der 41-Jährige ist Leiter dieser Nebenstelle. Fern dem DOSB-<br />
Mutterhaus in Frankfurt ist sie in eine Hauptrolle gewachsen,<br />
die vom Main aus gesehen nicht nur mit Wohlgefallen<br />
betrachtet wird. DOSB-Präsident Thomas Bach ist mindestens<br />
einmal pro Woche auf Stippvisite und arbeitet dabei seine<br />
Termine mit Spitzenvertretern aus Politik und <strong>Gesellschaft</strong> ab.<br />
Das gilt auch für Generaldirektor Michael Vesper als prominentester<br />
Seitenwechsler aus der Politik in den Sport. Der<br />
ehemalige Spitzen-Grüne und Sportminister aus Nordrhein-<br />
Westfalen ist mit den politischen Netzwerken aus seiner<br />
Parlamentarierzeit noch bestens vertraut.<br />
Ein Seitenwechsler ist auch Sachs. Der Politologe und Journalist<br />
diente als stellvertretender Pressesprecher im Innenministerium<br />
von Wolfgang Schäuble, was über sein damaliges<br />
Spezialgebiet Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hinaus manchen<br />
Erkenntnisgewinn brachte. Den kann er seit Oktober<br />
2007 als Leiter des dreiköpfigen DOSB-Büros, das auch den<br />
DFB vertritt, nutzbar machen. Das Innenressort ist als größter<br />
staatlicher Sponsor des Spitzensports die erste Anlaufadresse.<br />
"Jedes Jahr muss der Kampf um Unterstützung neu geführt<br />
werden", sagt Sachs. Für <strong>2009</strong> sind es 142 Millionen Euro und<br />
damit 15 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Über alle<br />
Ministerien hinweg wird der Sport im laufenden Jahr mit 230<br />
Millionen Euro unterstützt.<br />
Auch wegen der unterschiedlichsten gemeinsamen Kooperationen<br />
und Kampagnen gehören die Ministerien zu den<br />
wichtigsten Partnern des Sports. Die Jubiläumsveranstaltung<br />
zu 20 Jahren "Integration durch Sport" hat das am 10. Juni in<br />
Berlin deutlich gemacht. Wichtige Adressen sind die politischen<br />
Parteien. Die Tatsache, dass der Sport für sein Wahlhearing<br />
am 1. Juli mit Schäuble (CDU), Frank-Walter Steinmeier<br />
(SPD), Guido Westerwelle (FDP), Claudia Roth (Die Grünen)<br />
und Gregor Gysi von den Linken ohne große Mühe eine<br />
Elefantenrunde zusammenbringen konnte, spricht dafür, dass<br />
der Sport mit seinen in 91.000 Vereinen organisierten 27<br />
Millionen Mitgliedern von den Parteien zumindest in Wahljahren<br />
als eine bedeutsame gesellschaftliche Kraft wahrgenommen<br />
wird.<br />
In Bundespräsident Horst Köhler und Kanzlerin Angela Merkel<br />
hat der Sport an der Spitze des Staates zwei ganz wichtige<br />
Verbündete. Sport-Schirmherr Köhler mit seiner Frau als<br />
eifrige Sportabzeichensammler, Frau Merkel als begeisterter<br />
Tribünengast - das gibt Bilder von doppeltem Lobbyismus, die<br />
Politik und Sport gleichermaßen gut tun. Das gilt auch für<br />
ein von Bach erbetenes Treffen, zu dem die Regierungschefin<br />
am 2. Juni potenzielle Sponsoren für die Bewerbung Münchens<br />
um die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2018 ins Kanzleramt<br />
eingeladen hatte. Es war in einem von einer großen ökonomischen<br />
Krise geprägten Umfeld notwendige Lobby für das<br />
größte Gemeinschaftsprojekt des nächsten Jahrzehnts von<br />
Sport, Politik und Wirtschaft.<br />
Zur politischen Landschaft für den Sport zählt besonders<br />
auch der Bundestags-Sportausschuss. Dort spielt der ehemalige<br />
Turn-Weltmeister und DOSB-Vizepräsident Eberhard<br />
Gienger als CDU-Abgeordneter eine nicht ganz unproblematische<br />
Doppelrolle. Was der Sportfunktionär Gienger als<br />
Verbandsverantwortlicher für den Spitzensport wünscht, kann<br />
der Politiker Gienger mit beeinflussen. Allerdings hat das<br />
Gremium, ganz offensichtlich zum Verdruss seines Vorsitzenden<br />
Peter Danckert, nur eine beratende Funktion. Der in<br />
Selbstdarstellung geübte SPD-Politiker und ehemalige Strafverteidiger<br />
erweckt immer wieder den Eindruck, als sei der<br />
Ausschuss eine Nebenregierung des Sports.<br />
Bei allen Gemeinsamkeiten vertreten die in der Bürogemeinschaft<br />
zusammengefassten Sport-Organisationen auch sehr<br />
unterschiedliche Ziele. Dem DOSB geht es neben der ausreichenden<br />
Unterstützung des Spitzensports und den verschiedensten<br />
Kooperationen um die Anerkennung des Sports als<br />
Staatsziel im Grundgesetz. Zudem möchte er für das Ehrenamt<br />
in Vereinen eine Haftbefreiung erreichen. Der vergleichsweise<br />
eigennützige Bundesliga-Fußball kämpft gegen staatliche<br />
Eingrenzungen im Wettgeschäft, gegen ein Alkoholwerbeverbot<br />
im Sport, die Besteuerung von Stadion-Logen, die<br />
Quellensteuer von 25 Prozent auf Transfererlöse und Kartellamts-Restriktionen<br />
bei der Fernsehvermarktung der Bundesliga.<br />
"Den Strauß der Interessen des Sport zu bündeln", das ist<br />
nach Einschätzung von Christian Sachs die wichtigste Aufgabe<br />
der Ständigen Vertretung. Sie müsse "den täglichen Dialog<br />
mit der Bundesregierung führen, in Netzwerken vertreten<br />
sein, ständig als Interessensvertreter des Sports wahrgenommen<br />
werden, sich als attraktiver Partner anbieten, gemeinsame<br />
Auftritte des Sports organisieren". Mit ihren Räumlichkeiten<br />
sei sie auch "eine kleine Heimat für die Spitzenverbände"<br />
des DOSB. Thomas Bach spricht von einer "bewährten, unverzichtbaren<br />
Einrichtung" auch deshalb, weil sie die Beziehungen<br />
zu anderen gesellschaftlichen Gruppierungen stärken<br />
hilft. Er hat in Berlin häufiger zu tun als in der Frankfurter<br />
Zentrale. Den Sport einen Lobbyisten zu nennen, dem es<br />
zuallererst um das Gemeinwohl gehe, dagegen hat der DOSB-<br />
Präsident keinen Einwand, "aber eine Pressure Group, das sind<br />
wir nicht".<br />
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