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Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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fiel und Bezahlung und<br />

vor allem Werbung<br />

gestattet wurden." Auch<br />

wenn Wülbeck die exorbitanten<br />

Beträge sieht,<br />

die heute Spitzenleichtathleten<br />

erhalten, spiegelt<br />

der Satz "Ich will<br />

mich nicht beklagen."<br />

seine Lebenseinstellung.<br />

"Ich habe auch mein<br />

Geld verdienen und als<br />

Student manches auf die<br />

hohe Kante legen können,<br />

so gering die Beträge<br />

waren." Zwei Mehrfamilienhäuser in Duisburg und ein<br />

Einfamilien-Reihenhaus in Oberhausen, das er mit seiner<br />

Partnerin bewohnt, tragen zu der ihm wichtigen sozialen<br />

Abgesichertheit bei.<br />

Mit einer Anstellung als Lehrer wäre er seiner finanziellen<br />

Sorgen ledig gewesen. Doch nach dem Biologie- und Sport-<br />

Studium fand sich im Schulbetrieb jener Jahre kein Platz für<br />

ihn. Ulrike Meyfarth,<br />

der zweifachen Olympiasiegerin<br />

im Hochsprung,<br />

und anderen<br />

Spitzensportlern ging<br />

es ähnlich. "Das<br />

waren enttäuschende<br />

gesellschaftliche<br />

Zustände, in denen<br />

herausragenden<br />

Athleten keine Chance<br />

gegeben wurde."<br />

Nach zwei Jahren<br />

Halbtagstätigkeit<br />

beim Kommunalverband<br />

Ruhrgebiet blieb<br />

dem Weltmeister<br />

nichts anderes übrig,<br />

als sich auf dem Feld<br />

der Selbstständigen<br />

durchzuschlagen. Das<br />

Spektrum reichte von Sport-Promotion über PR-Auftritte bis<br />

hin zu journalistischer Tätigkeit. Seine mit Humor gewürzten<br />

Kolumnen kamen gut an. "Nur war ich enttäuscht, wenn ich<br />

hörte, was einer wie Udo Lattek dafür bekam, während ich für<br />

ein paar hundert Mark schrieb. Da schnappte ich mir lieber<br />

20.000, 30.000 Mark für die Organisation von Veranstaltungen."<br />

So betreute Wülbeck mit seiner Agentur lange Jahre den mit<br />

Weltklasse-Teilnehmern besetzten Silvesterlauf und vor allem<br />

das renommierte Mehrkampfmeeting des TV Ratingen. In<br />

diesem Verein engagierte er sich als Leiter der Leichtathletik-<br />

Abteilung und trainierte mit Freude und dem Gewinn zahlreicher<br />

Landes- und Kreismeistertitel Kinder und Jugendliche ab<br />

zwölf Jahre. Die fruchtbare Zusammenarbeit ging im vergangenen<br />

Jahr zu Bruch, "als ich zwischen die Stühle von Interessensparteien<br />

im Verein geriet, das tat sehr weh". Gegen<br />

Horst Becker, den früheren Vorsitzenden des Vereins, wurde<br />

Strafantrag gestellt. Der Streitpunkt: Aus Sicht des Vereins<br />

soll er sich über Honorar, das er als freier Mitarbeiter von<br />

Wülbecks Agentur erhielt, unrechtmäßig bereichert haben.<br />

Heute wendet sich der Spitzensportler von einst der Fitness-<br />

Szene zu. Gegenwärtig ist er in Aktionen wie "Fitness mit der<br />

WAZ, Fit mit dem Weltmeister" eingebunden. Er betreut<br />

weiter die "RWE-Schulstaffelläufe", bei denen in neun Städten<br />

Schüler 8 mal 100 Meter laufen und sich in der Gesamtzeit<br />

immer noch die Zähne am Rekord ihres Vorbilds ausbeißen.<br />

Der Läufer von einst ist niemals vom Sport losgekommen,<br />

weder beruflich noch privat. Beim Blick auf die deutsche<br />

Leichtathletik fürchtet er, dass die einstige olympische Kernsportart<br />

hierzulande verkümmert. "Der Nachwuchs scheint ja<br />

recht gut zu sein. Aber es fehlt die Kontinuität, ihn an die<br />

Spitze zu führen."<br />

Beim Thema Doping<br />

wirkt er resignierend:<br />

"Anscheinend ist das<br />

systemimmanent. Die<br />

Verlockung wegen der<br />

kommerziellen Möglichkeiten<br />

ist riesengroß."<br />

Auch Wülbeck<br />

wurde bei sportmedizinischenUntersuchungen<br />

in Versuchung<br />

geführt: "Wenn<br />

ich mal was brauchte<br />

oder mal was ausprobieren<br />

wollte, sollte<br />

ich es nur sagen. Zum<br />

Glück habe ich mich<br />

nicht darauf eingelassen<br />

und gezeigt, dass<br />

ich auch ,ohne' in der<br />

Weltspitze mitlaufen konnte." Kritisch ist sein Blick auf den<br />

Fußball: "Ich sehe die Profis mehr als Söldner." Deshalb hängt<br />

er auch keinem Bundesliga-Club als Fan an.<br />

Sport treiben bezeichnet der einstige Athlet als Lebenselixier<br />

für die Menschen. Das gilt auch für ihn selbst. Hin und wieder<br />

läuft er eine halbe Stunde. Besonders gern fährt Willi Wülbeck<br />

mit dem Crossbike durch die Natur des Ruhrgebiets, wo<br />

er sich heimisch fühlt. Hier kennen und lieben sie "Williiii",<br />

den Weltmeister.<br />

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