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Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Der lange Weg zur Kunststoffbahn<br />

einer Leistungsexplosion auf solchen Synthetikbahnen, deren<br />

weitere Vorteile die geringe Pflege und Witterungsunabhängigkeit<br />

darstellen. Dies war das Ende einer Zeit, in der die<br />

Sprinter mit einem Schäufelchen Löcher als Starthilfe in die<br />

Asche und Schlacke gegraben haben und die Startmaschinen<br />

mit Nägeln einzeln festgehämmert werden mussten. "Von<br />

'regenschwerer' oder 'aufgeweichter' Bahn wird im Kunststoff-Zeitalter<br />

keine Rede mehr sein. Das Wasser wird einfach<br />

von der Bahn gekehrt, und schon herrschen Rekordbedingungen",<br />

beschrieb Leichtathletik-Experte Gustav Schwenk nach<br />

Mexiko die Laufbahn-Revolution.<br />

Kunststoffbahnen gab es schon vor Mexiko, beispielsweise<br />

in San Josè (USA). Wo die erste Kunststoffbahn gebaut<br />

wurde, ist schwer zu recherchieren. Hansjörg Wirz, Präsident<br />

des Europäischen Leichtathletik-Verbandes, schätzt aus der<br />

Erinnerung auf 1966 als Geburtsjahr für die erste Tartanbahn.<br />

Die erste Bahn dieser Art in Europa wurde 1968 in<br />

London im Chrystal Palace verlegt, Zürich erhielt im selben<br />

Jahr die erste Bahn auf dem europäischen Festland. Den Ruf<br />

als "piste magique" hatte sich der Letzigrund aber bereits<br />

Im Blickfeld der Berliner WM<br />

Nach der Streichung des Amateurparagrafen stieg die Erwartungshaltung<br />

an die erste WM, es herrschte große Betriebsamkeit,<br />

die eine Weltrekordflut zur Folge hatte. Allein bei<br />

den Frauen gab es 18, darunter die der <strong>Deutsche</strong>n Ulrike<br />

Meyfarth (Hochsprung 2,03 m) und Marlies Göhr (100 m<br />

10,81 sec). Heute ist vom damaligen Boom noch der 800-m-<br />

Weltrekord von Jarmila Kratochvilova (CSSR) (1:53,29 min)<br />

gültig. Die Weltmeisterschaften selbst waren geprägt von<br />

Athleten, die in Helsinki große Karrieren starteten: US-Sprinter<br />

Carl Lewis mit drei Goldmedaillen (100 m, Weitsprung,<br />

4x100 m); der gerade 19-jährige Sergei Bubka (UdSSR), der<br />

im Stabhochsprung seinen ersten von insgesamt sechs WM-<br />

Titeln gewann und heute IAAF-Vorständler und Mitglied im<br />

IOC ist; Heike Daute vom SC Motor Jena, 18 Jahre alt, siegte<br />

im Weitsprung mit 7,27 m und repräsentierte danach als<br />

Heike Drechsler in dieser Disziplin nahezu zwei Jahrzehnte<br />

Weltniveau.<br />

auf Asche verdient. In Stuttgart feierte die neue Laufbahn<br />

1969 beim Erdteilkampf Europa-Amerika Deutschland -<br />

Premiere.<br />

Bemerkenswert ist auch die Entwicklung in Afrika. 1971<br />

erhielt Dakar (Senegal) eine Rekortan-Bahn, wenig später<br />

kam dieselbe Bahn nach Südafrika. 1973 wurde anlässlich<br />

der All-African-Games in Lagos (Nigeria) die erste Tartanbahn<br />

gebaut. Die nächste Bahn von den Chinesen in Sansibar<br />

1974 verlegt. Rund 20 (von 52) afrikanischen Ländern<br />

besitzen auf dem Kontinent der Laufwunder und Wunderläufer<br />

immer noch keine Kunststoffbahn. Auch nicht<br />

Botswana, das seine Bahn schon mal zur Hunderennbahn<br />

umfunktionierte. Kenia erhielt erst 1981 mit deutscher<br />

Unterstützung eine Kunststoffanlage. Bis heute gibt es im<br />

Land der Läufer lediglich zwei Bahnen in Nairobi. Auch<br />

deshalb träumt 800 Meter-Olympiasieger Wilfred Bungei<br />

von einer solchen modernen Anlage im kleinen Ort Kabirisang<br />

in seinem Heimatland, das auf unzähligen Sandpisten<br />

viele Weltstars hervorbrachte.<br />

Ewald Walker<br />

Die Athleten des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verbands (DLV)<br />

erreichten acht Medaillen, darunter zwei goldene: über 3.000<br />

m Hindernis für Patriz Ilg und über 800 m für Willi Wülbeck<br />

mit dem noch heute gültigen deutschen Rekord von 1:43,65<br />

Minuten. Erfolgreicher waren die Athleten und Athletinnen<br />

aus der DDR. Mit zehn Siegen schnitten sie sogar besser ab<br />

als Amerikaner (8) und Russen (6).<br />

Dass die 83er-WM ohne jegliche Reibereien und politisch<br />

motivierte Auseinandersetzungen über die Bühne ging, war<br />

am Ende das wesentliche Verdienst der Veranstaltung in der<br />

finnischen Hauptstadt. Welchen Erfolg die 12. WM in Berlin<br />

zeitigt, muss sich noch erweisen. Vielleicht lässt sich ja von<br />

den Verantwortlichen wieder stärker ins Blickfeld rücken,<br />

dass die Leistung, der Rekord, immer nur eine Seite der<br />

Medaille darstellt; die andere ist geprägt von dem Anspruch,<br />

dass Athleten, die Träger der Leistung, gereift durch Erziehung<br />

und Selbstverantwortung, anderen dauerhaft Vorbilder<br />

sind.<br />

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